Zukunft des Berufskraftfahrers

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Zukunft des Berufskraftfahrers
Zukunft des Berufskraftfahrers:
Konsequenzen für die Logistik
im Jahre 2025
Studie
Hochschule Furtwangen University
Veröffentlicht im Rahmen des Logistik Kongress Südwest
24. September 2013
Prof. Dr. Ing Jochen Baier
Jan Bergrath
Christof Mack
II
Vorwort
Vorwort
Die Logistik ist für eine funktionierende Wirtschaft von entscheidender
Bedeutung. Die Berufskraftfahrer selbst sind es, welche dabei ein wichtiges
Glied in der Logistikkette darstellen, denn ohne sie würden unsere
Güterstromsysteme nicht funktionieren. Leider jedoch hat das Image des
Berufskraftfahrers
in
den
vergangenen
Jahren
drastische
Einbußen
verzeichnen müssen. Früher bekannt als der nette Brummifahrer, ist diese
Vorstellung bei den meisten Menschen heutzutage nicht mehr vorhanden.
Durch die zahlreichen LKW entstehen Staus, sie gefährden den allgemeinen
Straßenverkehr und verursachen zudem Unfälle- So denkt ein Großteil der
Menschen heutzutage.
Gegenwärtig ist das Gewerbe des Straßengüterverkehrs mehr denn je auf der
Suche nach qualifizierten Berufskraftfahrern- Ein Resultat auch aufgrund des
schlechten Images. Hinzu kommen die oftmals misslichen Arbeits- und
Lohnbedingungen. Überlange Arbeitszeiten, tage- oder wochenlang kein
Kontakt zu Freunden und Verwandten und am Monatsende ein Lohn, welcher
gerade einmal zum Überleben reicht. Diese Tatsache trifft nicht für wenige
Fahrer zu. Lediglich ein kleiner Anteil der Jugendlichen träumt daher
heutzutage noch einen 40 Tonnen schweren LKW zu steuern.
Doch wie konnte das frühere Gefühl vieler Fahrer, die Freiheit auf der Straße
zu erleben, sich so drastisch verändern? Was ist heutzutage anders als noch
vor
30
Jahren
in
diesem
Gewerbe?
Wie
könnte
die
Zukunft
des
Berufskraftfahrers bis ins Jahr 2025 aussehen? Die durchgeführte Studie soll
genau an diesen Punkten ansetzen und hierauf Antworten geben. Ein
Zukunftsszenario
für
den
Fahrer
könnte
je
nachdem,
wie
sich
die
Einflussfaktoren des Fahrers entwickeln, positiv oder negativ geprägt sein.
Anhand der Fachkenntnisse von Experten aus der Logistikbranche, deren
Personen
schon
eine
langjährige
Erfahrung
im
Straßengüterverkehr
verzeichnen, werden Szenarien für den Kraftfahrerberuf im Jahre 2025
aufgezeigt. Somit kann verdeutlicht werden, was die Hauptaufgabe aller
Beteiligten sein sollte, um dem drohenden Fahrermangel in der Zukunft
entgegen zu wirken.
Inhalt
III
Inhalt
Vorwort .................................................................................................................................... II
Inhalt ....................................................................................................................................... III
1. Einleitung ............................................................................................................................. 1
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit ........................................................................ 2
2.1 Entwicklungen in der Nachkriegszeit ab 1945 ................................................ 4
2.2 Politische Regulierungen und Liberalisierung des Gewerbes ......................... 5
2.3 Die Entwicklung der Berufskraftfahrer-Ausbildung .......................................... 9
2.4 Die Entwicklungen der Arbeits- und Lohnbedingungen................................. 11
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers .................................................................................... 17
3.1 Szenarien des Berufskraftfahrers mit den logistischen Konsequenzen bis ins
Jahr 2025 ........................................................................................................... 17
3.1.1 Das Positive Trendszenario ................................................................................... 18
3.1.2 Das Negative Trendszenario ................................................................................. 24
3.1.3 Das Positive Extremszenario ................................................................................. 30
3.1.4 Das Negative Extremszenario ............................................................................... 33
4. Gesamtfazit ........................................................................................................................ 38
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 40
1. Einleitung
1
1. Einleitung
“Früher waren wir Lastkraftwagenfahrer, Kapitäne der Landstraße. Heute sind wir Sklaven
der Wirtschaft.“ Diese Aussage stammt von Udo Skoppeck. Udo Skoppeck ist seit 30 Jahren
Kraftfahrer und seine Aussage sollte einem nachdenklich stimmen. Ein Großteil der Güter in
Deutschland wird von LKW befördert. Im Jahre 2012 betrug hierzulande das
Transportaufkommen aller Verkehrsträger insgesamt ca. 4285 Mio. Tonnen. Davon wurden
ca. 2900 Mio. Tonnen von LKW befördert.1 Es sind die Kraftfahrer, welche einen großen
Anteil an der logistischen Leistung unserer Volkswirtschaft in Deutschland haben. Umso
beunruhigender ist es, dass diese Aussage von Udo Skoppeck keine Ausnahme, sondern
eher die Regel darstellt. Gespräche mit Kraftfahrern beim ADAC Truck – Grand Prix,
Europas größtem LKW-Treffen am Nürburgring, bestätigen diese Aussage. „Ja, die bekannte
Fernfahrerromantik, die gab es wirklich. Früher bin ich nach Barcelona gefahren und hatte
dazu eine Woche Zeit. Da blieb genügend Freizeit, um nach der Arbeit mit Gleichgesinnten
abends zusammen zu sitzen. Doch diese Zeit liegt lange zurück. Bereits Ende der 80er Jahre
war diese schon größtenteils vorüber“, so die Aussage eines weiteren Kraftfahrers.
In der heutigen Zeit hat die Branche ein Nachwuchsproblem. Rund ein Drittel der 770.000
Kraftfahrer gehen in den nächsten 15 Jahren in Rente. Doch lediglich ca. 3000 Menschen
beginnen derzeit pro Jahr eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer.2 Viele Kraftfahrer sind in
ihrem Beruf unter der Woche von zuhause weg.
Doch was genau war früher anders als heute? Warum gibt es heute den Kindheitstraum,
Kraftfahrer zu sein, immer weniger? Wie sind die Umstände des Berufskraftfahrers früher
und heutzutage zu beschreiben? Antworten dazu werden im Rahmen dieser Studie in
Kapitel 2 „ Der Beruf Kraftfahrer“ detailliert beschrieben. Doch wie könnte sich die Zukunft
des Berufskraftfahrers im Jahre 2025 gestalten? Das Hauptaugenmerk dieser Studie richtet
sich genau auf diese Fragestellung. In Kapitel 3 wird die sogenannte Szenario-Technik auf
die Fragestellung „Zukunft des Berufskraftfahrers – Konsequenzen für die Logistik im Jahre
2025“ angewendet.
1
Vgl. statista.com: Transportaufkommen in Deutschland im Jahresvergleich,
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/171383/umfrage/gueterverkehr-in-deutschland-nachtransportweg-transportmittel/
2
Vgl. Bundesamt für Güterverkehr, www.bag.bund.de
2
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
Das Angebot an Waren und Dienstleistungen ist in den letzten 100 Jahren rapide
angestiegen. Neue Vertriebsformen im Einzelhandel machen eine Vielfalt von einigen
100.000 verschiedenen Artikeln möglich. Diese Vielfalt ist keine Selbstverständlichkeit,
sondern basiert auf einem komplexen System logistischer Dienstleistungen, welche sich
parallel mit der Massenkonsumgesellschaft herausgebildet haben. In der Öffentlichkeit wird
heutzutage mehr als zuvor dieses immense Angebot an einer Vielfalt von Waren als
selbstverständlich hingenommen. Logistische Dienstleistungen zu erbringen erfordert
Infrastrukturen. Transporte werden auf der Straße, auf Eisenbahnen, per Luftfracht oder
auf dem Wasser mit Schiffen durchgeführt.3 Circa 80% aller transportierten Güter in
Deutschland werden heutzutage mit dem LKW befördert. Der Transport auf der Straße ist
somit die wichtigste Stütze der logistischen Leistungen unseres Landes. Somit kann man
überhaupt verstehen, wie wichtig der Berufskraftfahrer für unsere Wirtschaft und
Gesellschaft ist. Sie sind es, welche die Supermärkte mit Waren versorgen, damit wir als
Verbraucher nur noch bequem zugreifen brauchen. Sie sind es, welche Baustellen mit
Material versorgen, um Häuser zu bauen. Und sie sind es, welche Autoteile je nach Bedarf
zum erwünschten Zeitpunkt liefern, damit die Prozesse in der Automobilindustrie
reibungslos ablaufen. Doch das Bild des Berufskraftfahrers hat sich gewandelt. Durch viele
geleistete Arbeitsstunden war der Beruf früher durchaus gut bezahlt. Auch war er
besonders für Quereinsteiger geeignet, welche oftmals ihren Führerschein beim Bund
erwarben. Die Branche hat heute jedoch ein Nachwuchsproblem, welches es zu meistern
gilt. In diesem Kapitel werden die vergangenen Entwicklungen der letzten Jahre in der
Branche des Berufskraftfahrers beleuchtet, um die heutige Situation in dieser Branche
nachzuvollziehen.
3
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 9 ff
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
3
Abbildung 1: Verteilung des Transportaufkommens im Güterverkehr nach Tonnen, 1950 bis 2010 4
Die Statistik des BGL verdeutlicht, wie sich im Verlauf der letzten Jahre die beförderten
Güter auf die verschiedenen Verkehrsträger verteilt haben. Es ist hier schon erkennbar,
dass in den letzten rund 60 Jahren die Eisenbahn sowie der Lastkraftwagen eine drastische
Entwicklung genommen haben. Lag der Anteil an beförderten Gütern mit der Eisenbahn im
Jahre 1950 noch bei ca. 30%, hat sich dieser bis ins Jahr 2010 auf ca. 10% reduziert. Im
Gegensatz dazu verzeichnete die Beförderung mit dem LKW im gleichen Zeitraum einen
Zuwachs von über 20% auf rund 80%.
4
DIW, Berlin; Intraplan, München; Statistisches Bundesamt Wiesbaden und Berechnungen des BGL:
Modal-Split im Güterverkehr 1950 – 2010 nach Tonnen, September 2011
4
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
2.1 Entwicklungen in der Nachkriegszeit ab 1945
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Massenkonsumgesellschaft in Europa
Wirklichkeit, welche sich in der ersten Hälfte nur in Ansätzen entwickelt hatte.5 In den
1950er Jahren betrugen die Zuwachsraten des Automobilbestandes pro Jahr rund 20%.6
Jedoch war das bestehende Straßennetz für diese zunehmende Motorisierung in Europa
noch unzureichend. Auffällig ist jedoch, dass das Autobahnnetz in Deutschland und Italien
bereits im Jahre 1960 gut ausgebaut war, wie in Tabelle 1 zu erkennen ist.
Tabelle 1: Länge des Autobahnnetzes verschiedener Staaten in Europa 7
Länge des Autobahnnetzes verschiedener Staaten in Europa (in km)
Jahr
Deutschland
Frankreich
Italien
Niederlande
1960
2671
174
1065
358
Vereinigtes
Königreich
202
Belgien
183
Dieser Ausbau des Autobahnnetzes führte zu einem Zuwachs des LKW-Verkehrs und gab
somit den LKW-basierten Logistiksystemen einen starken Impuls. Jedoch wurde im Jahre
1956 die Maße und Gewichte des LKW per Rechtsverordnung reduziert, auch deshalb, weil
der LKW bei Millionen von Autofahrern unbeliebt war und die Verkehrspolitik sich dadurch
Wählerstimmen versprach.8 Auch sollte mit dieser Politik gegen den LKW-Verkehr die
Eisenbahn
als
Transportmittel
bestärkt
werden.
In
den
verabschiedeten
Güterkraftverkehrsgesetzen von 1952 gab es unter anderem eine Preisfestsetzung für LKWTransporte, wodurch die Transportpreise nun an die Bahntarife gebunden waren. Die
Gewerbefreiheit war somit massiv eingeschränkt, jedoch hatte diese Preisfestsetzung
erhebliche Gewinne der Speditionen zur Folge, da die festgesetzten Transportpreise weit
oberhalb der Selbstkosten der LKW-Transportunternehmer lagen.
9
Für die Fahrer
bedeutete dies, dass das Lohnniveau in dieser Zeit ausgezeichnet war. Dennoch war auch
das Angebot an verfügbaren Fahrern sehr hoch, da Ende der 40er Jahre viele Rückkehrer
des Militärs nun zur Verfügung standen. Mit der Gründung der Bundeswehr im Jahre 1955
konnte der stetige Zuwachs des LKW-Verkehrs mit Fahrern abgedeckt werden. Waren
Arbeiter damals mit ihrem erlernten Gesellenberuf unzufrieden, so konnte mit dem
5
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 223
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 225
7
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 226
8
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 234
9
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 287ff
6
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
5
Führerschein, welcher bei der Bundeswehr erworben wurde, gutes Geld verdient werden.10
Die untere Abbildung zeigt einen Berufskraftfahrer bei der Wartung im Jahre 1952.
Abbildung 2: Berufskraftfahrer bei der Wartung im Jahre 1952 11
2.2 Politische Regulierungen und Liberalisierung des Gewerbes
Aufgrund der hohen Preise im gewerblichen LKW-Fernverkehr nahm der Werkfernverkehr
in den folgenden Jahren ab 1960 spürbar zu. Viele Industrie- und Handelsunternehmen
führten also ihre Transporte von nun an mit einem firmeneigenen Fahrer und LKW durch.12
Ab 1970 bis ins Jahr 1975 hatte sich der Marktanteil im Werkfernverkehr von 6,9 auf 13,6%
fast verdoppelt. Jedoch verzeichnete der gewerbliche LKW-Fernverkehr dennoch Zuwachs,
da der Marktanteil der Eisenbahn in diesen Jahren kontinuierlich abnahm. Zwischen den
Jahren 1960 bis 1980 reduzierten sich die Marktanteile der Bahn im Langstreckentransport
von 70,3 % auf 52,6%. Das Ziel der Politik, die Eisenbahn zu schützen, war somit gescheitert.
Eine Übersicht dieser Entwicklungen zeigt die untere Tabelle 2.
10
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung, in KFZ-Anzeiger, April 2013, Seite 42ff
Deutsches Bundesarchiv: Königsborn, Wartung eines LKWs,
12
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 291
11
6
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
Tabelle 2: Marktanteile von Eisenbahn und LKW im Langstreckentransport 13
Marktanteile verschiedener Verkehrsträger im Langstreckentransport (in %)
Jahr
1960
1965
1970
1975
1980
Eisenbahn
70,3
66,7
66,4
54,9
52,6
Gewerblicher
24,5
26,7
26,7
31,5
33,3
5,2
6,6
6,9
13,6
14,2
LKW-Verkehr
LKW-Werkverkehr
Die Löhne der Kraftfahrer waren durch die strengen Regulierungen des Transportgewerbes
durch die Politik nach wie vor gut. Dies lag an den hohen Transportpreisen, deren positive
Entwicklung aus Fahrersicht und Unternehmern des Transportgewerbes, im Jahre 1990
eine entscheidende Wende nahm: In diesem Jahr wurden die festgelegten LKWTransportpreise im grenzüberschreitenden Verkehr aufgehoben. Jahrzehnte lang hatte sich
Deutschland gegen die Liberalisierung des LKW-Verkehrs gestemmt, um die Bahn zu
schützen14. Beispielsweise hatten die Niederlande und England bereits 1960 den LKWVerkehr liberalisiert und eine eisenbahnfreundliche Politik nicht unterstützt. Jedoch lag dies
vermutlich auch daran, dass die Autobahnen dieser beiden Staaten nicht so gut ausgebaut
waren und somit ein Wettbewerbsnachteil der Eisenbahnen gegenüber den LKW nicht so
stark gegeben war. Das gut ausgebaute Netz in Deutschland machte für die
Transportunternehmer den LKW meist zum Transportmittel erster Wahl. Durch diese
Aufhebung der LKW-Transportpreise im grenzüberschreitenden Verkehr, wurde dieser nun
zunehmend unattraktiver für die Unternehmer: Lag der Transportpreis für eine 20 TonnenPaletten-Ladung bei einer Strecke von 300km im Inland bei ca. 1300 DM, fiel dieser im
grenzüberschreitenden Verkehr auf ca. 700 DM.15
Desweiteren kam hinzu, dass mit dem Tarifaufhebungsgesetz im Jahre 1993 die
Preisbildung auch im inländischen LKW-Verkehr freigegeben wurde. Die Auswirkung bekam
die Branche nun drastisch zu spüren. Im Jahr 1994 fielen die Transportpreise im
inländischen LKW-Verkehr um 20-50%.16 Kritisiert wurde zudem, dass die Liberalisierung
ohne eine ausreichende Harmonisierung von statten ging. So fand im Juni 1993 eine
Großdemonstration in Bonn gegen die Liberalisierung des Gewerbes statt. 100 LKW
blockierten zwei Stunden lang den Autobahnring um Bonn, während 1000 Unternehmer in
13
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite
15
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite
16
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite
14
291
312ff
316
313
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
7
der Bonner Innenstadt eine Protestdemonstration abhielten.17 Beispielsweise wiesen sie
auf die drastischen Unterschiede in der Mineralölsteuer hin. Damals musste in Deutschland
ein Unternehmer ca. 10500 DM pro Jahr und Lastzug bezahlen, während Unternehmer in
den Niederlanden lediglich 3370 DM bezahlen mussten.18 Auch schwankte die steuerliche
Belastung eines LKW ohne Euro-Abgasnorm in den verschiedenen Staaten beträchtlich. In
Finnland betrug diese im Jahre 1996 umgerechnet ca. 414 DM pro Jahr, während sie in
Deutschland ca. 5180 DM pro Jahr betrug.19 Im Zuge der Liberalisierung stieg in den
nächsten Jahren auch die Anzahl zugelassener LKWs in den damaligen EU-Staaten.
Während es 1980 noch ca. 10,6 Mio. LKW waren, erhöhte sich die Anzahl bis 1998 auf fast
20 Mio.20 Auch baute der gewerbliche Güterkraftverkehr nun seine Marktanteile gegenüber
dem Werkverkehr aus. Hatte der Werkverkehr in Deutschland 1985 noch einen Anteil von
58,4 % so lag dieser 1995 noch lediglich bei 47,9 %.21 Die Gründe dieser Entwicklung liegen
auf der Hand: So erwähnte einst Mathias Krage, Vorsitzender des DSLV, dass sich bei der
Umwandlung von Werkverkehr zum gewerblichen Güterkraftverkehr der Fahrerlohn
halbieren würde.22
Die Schaffung des Europäischen Binnenmarktes im Jahre 1993 ging einher mit der
Liberalisierung des Gütertransportes, so waren beispielsweise ab sofort lange Wartezeiten
an der Grenze beim grenzüberschreitenden LKW-Verkehr nicht mehr notwendig. Somit
wurden Impulse für eine europaweite Logistik gesetzt. Waren beispielsweise die
Absatzsysteme von Herstellern und Handelshäusern bisher als Landesgesellschaft
organisiert, so erlaubte die EU nun länderübergreifende Organisationsformen mit
Zentrallagern, welche grenzüberschreitend ganze Regionen versorgen konnten.23 Für
Großspeditionen bedeutete dies, dass diese ihre Geschäfte europaweit ausdehnten. Durch
die Erschließung billiger Produktionsstandorte, z.B. in Osteuropa oder die Verkürzung der
Laufzeiten in der europaweiten Warendistribution, wurden für die Unternehmen
Kostensenkungspotentiale geschaffen.24 Länder wie Frankreich oder die Niederlande,
welche ihre Transportmärkte bereits vor 1990 liberalisierten, konnten ihre Speditionen zu
großen, leistungsstarken Unternehmen heranwachsen lassen. Die deutschen Speditionen
waren durch die davor strengen nationalen Regulierungen eher mittelständisch oder als
17
Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 317
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 317
19
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 314
20
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 305
21
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 315
22
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil 2, in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 24
23
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 324
24
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 324
18
8
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
Kleinbetriebe organisiert. So lag der prozentuale Anteil an Unternehmen, deren LKWAnzahl mehr als 10 betrug, bei lediglich 6%. In den Niederlanden lag dieser Anteil bei 23,1%
und bei Frankreich bei 13,3%. So kam es, dass in dieser Zeit viele mittelständische
Speditionen in Deutschland diesen Entwicklungen nicht standhalten konnten und daher von
niederländischen Speditionen gekauft wurden.25 Einen Ländervergleich, welche die Anzahl
der LKW in den Unternehmen verdeutlicht, zeigt die folgende Tabelle:
Tabelle 3: Ländervergleich: Anzahl der LKW in den Unternehmen 26
Anteile der Unternehmen in % nach Größenklasse
Größenklasse: 1-5 LKWs
6-10 LKWs
Mehr als 10 LKWs
Zahl der LKW
Niederlande
55,8 %
21,1%
23,1%
Frankreich
81,5%
5,2%
13,3%
England
82,0%
8,0%
10,0%
Deutschland
84,0%
10,0%
6,0%
Weitere Neuerungen prägten in den 90er Jahren die logistische Entwicklung.
Informationssysteme schafften nun endgültig den Durchbruch. Der Personal Computer
revolutionierte den Arbeitsalltag. Die prozessinternen Abläufe wurden automatisiert, um
die Effizienz zu steigern. So stieg beispielsweise Fuhrparkmanagement zu einem wichtigen
Thema in dieser Zeit auf: Mit PC-gestützten Kalkulationshilfen konnten nun die Preise der
Transportleistungen kalkuliert werden. Dies war für die Spediteure eine ungewohnte
Situation, da bei den davor bindenden Tarifen bequem nach Transport-Entfernung
abgerechnet wurde. Es war nun wichtig, die Kosten einer Transportleistung genau
aufzuschlüsseln, um zu einem Transportpreis zu kalkulieren, welcher für die Spedition
langfristig auch gewinnbringend war.27 Die gesunkenen Transportpreise am Markt mussten
nun durch eine effiziente, kostensparende Kalkulation ausgeglichen werden, um weiterhin
am Markt bestehen zu können. Auch musste sich mit der zunehmenden Just-in-TimeProduktion vieler Industrieunternehmen das Transportgewerbe anpassen: Durch
zeitgenaue Lieferungen von Waren können Industrieunternehmen ihre Kosten senken, da
durch diese produktionssynchrone Beschaffung der Waren, Lagerkosten eingespart
werden. Das japanische Just-in-Time-Prinzip hatte besonders die Automobilindustrie
25
Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 326
Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 326
27
Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 317ff
26
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
revolutioniert.
Durch
Auslagerung
der
9
Teileproduktion
der
Zulieferbetriebe
in
Niedriglohnländer konnten zusätzliche Kosten eingespart werden. Die Belieferung in die
Standorte der Automobilhersteller wurde größtenteils mit LKW-Verkehren durchgeführtUnd die Fahrer waren somit das „Standbein“ dieser Entwicklungen.28
2.3 Die Entwicklung der Berufskraftfahrer-Ausbildung
In den 1960er Jahren wurde vermehrt darüber diskutiert, welche Qualifikationen ein
Kraftfahrer beherrschen sollte. Zwar musste laut damaligen Experten der Fahrer keine
Zylinderkopfdichtung wechseln können, jedoch solle er beispielsweise die Bremsen
nachstellen oder den Luftverlust ermitteln können.29 Im Jahre 1973 wurde schließlich die
Ausbildungsordnung
des
Berufskraftfahrers
verabschiedet.
Die
Ausbildung
zum
Berufskraftfahrer wies laut dem Artikel von Folkher Braun, „40 Jahre BerufskraftfahrerAusbildung“, jedoch Defizite auf. Die Fachkunde der Ausbilder und Prüfer war damals nicht
ausreichend. Auch wurde der Umgang mit den meisten Aufbauarten des LKW nicht
thematisiert.30
Geleitet
wurde
die
Ausbildung
von
Speditionskaufleuten
u.
Kraftfahrzeugmeistern. Das Fahren erlernten die Fahrer in der Fahrschule, welche
beispielsweise Fahrzeugwartung oder Frachtpapierbearbeitung abdeckte. Doch wie konnte
den Fahrern alltägliche Situationen von Transporten beigebracht werden? Besonders das
Be- und Entladen sowie das dazugehörige Sichern der Ladung wurde laut Experten hierbei
vernachlässigt, denn in der fahrpraktischen Prüfung der Auszubildenden wurden lediglich
Rangierübungen mit An- und Abkuppeln gefordert.
Die Zahl jährlich abgeschlossener Ausbildungsverträge verdeutlichten dieses Problem an
qualifiziertem Ausbildungspersonal: Sie lag in der Zeit der frühen 80er Jahre lediglich in
einem dreistelligen Bereich.31 Doch da durch Bundeswehr ohnehin genügend Fahrer zur
Verfügung standen, wurde es wohl versäumt, die Ausbildungsinhalte weiter auszubauen.
Mit dem Mauerfall 1989 konnten die Probleme der Berufskraftfahrerausbildung endgültig
aufgeschoben werden: Es waren nun rund eine Million weitere Fahrer, welche ihre Lizenz
bei der Volksarmee der DDR erwarben, verfügbar.
28
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 319ff
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil 1, in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 42
30
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil 1, in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 44
31
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil 2, in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 22
29
10
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
Somit wurde die Neustrukturierung der BKF- Ausbildung bis ins Jahr 2001 aufgeschoben. 32
Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung, kurz BGL, sollte es
von nun an eine „neue Generation“ von gut ausgebildeten, technisch versierten
Berufskraftfahrern geben, da sich die Ausbildungszeit von zwei auf drei Jahre verlängerte,
um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.33 Somit habe der Auszubildende
genügend Zeit um Fahrpraxis, Verkehrssicherheit, Informations- und Kommunikationsmittel
sowie kaufmännische Kenntnisse zu erlernen.34
Jedoch konnte man ab dem Jahr 2001 zunächst keinen Zuwachs der Ausbildungszahlen
verzeichnen. Erst ab 2006 konnte die Anzahl an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen
jährlich kontinuierlich gesteigert werden, wie in Abbildung 3 deutlich wird. In den Jahren
2009 bis 2012 ist diese Anzahl weiter gestiegen. Laut der Deutschen Industrie und
Handelskammer haben im Jahre 2012 3254 Menschen einen Ausbildungsvertrag zum
Berufskraftfahrer abgeschlossen. Einige Unternehmen haben wohl die Situation des
drohenden Fahrermangels in den letzten Jahren bereits erkannt und bilden nun wieder
vermehrt Kraftfahrer im eigenen Betrieb aus.
Abbildung 3: Abgeschlossene Ausbildungsverträge zum Berufskraftfahrer 35
32
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil2 , in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 22ff
Vgl. BGL ; SVG: werde-kraftfahrer.de , http://www.werde-kraftfahrer.de/start.html , 29.07.2013
34
Vgl. BGL: http://www.bgl-ev.de/images/downloads/ausbildung/bkf_ausbildung_orange.pdf,
30.07.2013
35
Vgl. DIHK; Statistisches Bundesamt: Anzahl der Ausbildungsverträge zum Berufskraftfahrer in den
Jahren 2002-2011, http://de.statista.com/statistik/daten/studie/203002/umfrage/anzahl-derausbildungsvertraege-von-berufskraftfahrern-in-deutschland/
33
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
11
Die Ursache für diesen zunächst jedoch verhaltenen Zuwachs an jungen Auszubildenden lag
laut Experten auch darin, dass das Güterkraftverkehrsgewerbe ab 1986 liberalisierte wurde.
Von nun an standen vor allem im internationalen Verkehr genügend Arbeitskräfte zur
Verfügung, da sich durch die Liberalisierung große LKW-Flotten in den mittel- und
osteuropäischen Ländern bildeten36. Viele Unternehmen haben es wohl in dieser Zeit
versäumt, den eigenen Nachwuchs mit einer intensiven Ausbildungsarbeit zu fördern. In
diesem Zusammenhang wird auch die Wichtigkeit der Bundeswehr als „Fahrschule der
Nation“ deutlich: 1998 wurden dort noch ca. 19.000 Soldaten zu Kraftfahrern ausgebildet.
Im Jahr 2012 waren es aber lediglich noch 6600 Soldaten, welche dort ausgebildet wurden.
Dieser Rückgang ist vor allem mit dem Wegfall der Wehrpflicht zu erklären, welche Ende
2010 beschlossen wurde. Von den ausgebildeten Fahrern bei der Bundeswehr stiegen im
Jahre 2009 noch 894 ehemaligen Soldaten in die Transportbranche ein, im Jahre 2011
waren dies aber lediglich noch 712.37
2.4 Die Entwicklungen der Arbeits- und Lohnbedingungen
Die Arbeits- und Lohnbedingungen des Berufskraftfahrers wurden bereits im Jahre 1982
angeprangert. Der Autor Günther Plänitz kritisiert in seiner Doktorarbeit „Das bisschen
Fahren“ schon damals die schlechten Zustände in dieser Branche. Dazu zählten
beispielsweise lange Arbeitszeiten, lange Wartezeiten an den Be- und Entladestellen,
Termindruck sowie Mängel an der Fahrzeugsicherheit.38 Tatsächlich jedoch war das Image
des Fahrerberufes nicht immer so schlecht, wie es heutzutage in der Öffentlichkeit
erscheint. Der Journalist Jan Bergrath, welcher unter anderem für den Eurotransportmedia
Verlag arbeitet, fuhr in früheren Zeiten als Student im Fernverkehr. In seinem Artikel „Die
wilden Jahre“, kann man besonders die Freiheit, welche einen Fernfahrer vor gut 30 Jahren
prägte, herauslesen. Doch „Die wilden Jahre“ sind heutzutage nun endgültig vorbei,
beschreibt der Journalist in seinem Artikel. Telefon, Navigationsgeräte, Satellitenortung
oder Ladungssicherungszertifikate – Für die damaligen LKW-Touren fremde Begriffe. Da die
Arbeitszeiten nicht ausreichend geprüft werden konnten, war es damals einfach, sich nicht
daran zu halten und somit mit langen Arbeitstagen auch viel Geld zu verdienen. Das
Lohnniveau war daher, auch aufgrund des noch nicht liberalisierten Gewerbes, recht gut.
„Hat so manch ein Fahrer damals einen Termin auf der Tour verpasst, so konnte er es
36
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil2 , in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 24ff
Vgl. Roller, J: Fahrschule der Nation, http://www.eurotransport.de/news/fahrer-bei-derbundeswehr-fahrschuleder-nation-6485559.html , 17.05.2013
38
Vgl. Braun , F: 40 Jahre Berufskraftfahrer-Ausbildung- Teil2 , in KFZ-Anzeiger, 2013, Seite 32ff
37
12
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
ruhigen Gewissens auf die langwierigen Verzollungen an den Grenzen schieben“, schreibt
der Journalist.39
Heute sind die LKW mit modernen Telematiksystemen ausgestattet. Touren sind bis ins
Detail durchgeplant und kalkuliert, der aktuelle Standort der Fahrer kann durch die
modernen Systeme per GPS jederzeit bestimmt werden. Heute ist der Fahrerjob der wohl
am meisten überwachte Beruf, dazu sind nahezu alle LKW mit digitalen Tachografen
ausgestattet, wodurch Verstöße gegen die maximal erlaubten Lenk- und Ruhezeiten von
den Behörden leicht nachgeprüft werden können. Die digitalen Tachografen wurden mit
der Verordnung (EG) 561/2006 vom 15. März 2006 eingeführt.40 Überschreitet heute ein
Fahrer beispielsweise die maximal erlaubten Lenkzeiten, so wird dies im digitalen
Kontrollgerät auf dem Chip gespeichert. Bei Kontrollen werden nun Bußgelder fällig, welche
der Fahrer meistens selbst tragen muss.41 Die strengen Sozialvorschriften sowie die
Einführung des Tachografen haben die sogenannte „Fernfahrerromantik“, welche vor allem
die Freiheit der Fahrer auf ihren Touren beschreibt, stark eingeschränkt. „Dass es nicht so
weitergehen konnte wie früher, war klar“, schreibt Jan Bergrath in seinem Artikel. Der
Fahrerjob ist heute jedoch wohl der meist überwachte Beruf ohne Ermessensspielraum.42
Dies bestätigen auch neueste Gespräche mit Fernfahrern beim ADAC Truck- Grand- Prix am
Nürburgring. Ein gewerblich selbständiger Fahrer erwähnte dort, dass er an mehreren
Tagen im Monat spät abends seine Frau anrufen müsse, um ihn 30 km vor seiner Firma
abzuholen, da es Verzögerungen während der Tour gab und seine maximal erlaubte
Lenkzeit erreicht war.
Das Problem, die maximal erlaubte Lenkzeit einzuhalten, geht oftmals einher mit den
Problemen an den Be- und Entladestellen. Nach Paragraf 21a des Arbeitszeitgesetzes,
welches im Jahr 2007 verabschiedet wurde, dürfen die Fahrer maximal 10 Stunden am Tag
arbeiten und lenken.43 Viele Fahrer stellen an den Be- und Entladestellen ihren Tachograf
auf Pause, somit wird diese Zeit dort nicht als Arbeitszeit gerechnet. Im Klartext bedeutet
das für die Fahrer, dass dies Tätigkeiten sind, welche ihnen nicht bezahlt werden. Darüber
39
Vgl. Bergrath , J: „Die wilden Jahre“ , in Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 12/2009,
Seite 78ff
40
Vgl. eur-lex.europa.eu : http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:102:0001:01:DE:HTML
41
Vgl. Bergrath, J: Wer zahlt die Bussgelder? In: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin,
12/2011, Seite 46ff
42
Vgl. Bergrath , J: „Die wilden Jahre“ , in Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 12/2009 ,
Seite 78ff
43
Vgl. . Bergrath J., Dieckmann J. : Abladen – Ja oder Nein?, in: Fernfahrer 4/2013, Seite 98-99
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
13
hinaus begehen sie eine Ordnungswidrigkeit. Untersuchungen zufolge stellen 80% der
Fahrer ihren Tachografen an den Rampen auf Pause.44 In diesem Zusammenhang sind auch
recht einfach die täglichen Arbeitszeiten vieler Fahrer nachzuvollziehen. Schöpft ein Fahrer
seine maximal erlaubten 10 Stunden Arbeitszeit täglich voll aus und rechnet man die Zeit
hinzu, in dem er an den Rampen den Tachografen auf Pause gestellt hat, so ergeben sich
nicht selten Arbeitszeiten von 12 bis 13 Stunden am Tag. Der Kostendruck ist in der
heutigen Zeit für viele Spediteure immens, sodass viele Unternehmer ihre Fahrer zu diesem
unerlaubten Handeln zwingen. Folgende Statistik verdeutlicht die hohen Belastungen vieler
Fahrer durch die hohen Arbeitszeiten: Der Anteil an Fahrern, deren wöchentliche
Arbeitszeit 50h Stunden nicht überschreitet, beträgt lediglich 25% - Ein beunruhigendes
Ergebnis, wenn man bedenkt, dass hohe Arbeitszeiten nur eines der vielen Faktoren sind,
welche die schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrer in dieser Branche wiederspiegeln.
1%
Wöchentliche Arbeitszeit, in Stunden
11% 7%
9%
25%
16%
31%
über 80
71 - 80
61 - 70
51 - 60
41-50
35 - 40
keine Angabe
Abbildung 4: Wöchentliche Arbeitszeiten von Berufskraftfahrern 45
In diesem Zusammenhang ist auch die Just-in-Time-Produktion zu erwähnen, welche vor
allem ab den 1980er Jahren das Transportgewerbe veränderte.46 Pünktlicher und schneller
sollten die Prozesse durchgeführt werden, niedrigere Fehlerraten und Kontrollen der
Prozesse mithilfe von Computersystemen waren nun gefragt. Die Fahrer tragen in dieser
Prozesskette eine entscheidende Verantwortung. Bei verzögerter Lieferung erhalten die
Industriebetriebe kein Produktionsmaterial. Es würden enorme Kosten durch Standzeiten
am Fließband der Industriebetriebe entstehen. Die beladenen LKW der Zulieferer ersetzen
somit die Produktionslager der Industriebetriebe. Für die Industriebetriebe bedeutet dies
Kostensenkungen durch den Verzicht von Lagern, für die Fahrer hingegen weniger
44
Vgl. Bergrath J., Dieckmann J. : Abladen – Ja oder Nein?, in: Fernfahrer 4/2013, Seite 98-99
Vgl. Baier, J: Trends im Straßengüterverkehr – Aktueller Status und Meinungen der
Berufskraftfahrer in Deutschland , Hochschule Furtwangen, 2011
46
Vgl. Vahrenkamp, R: Die logistische Revolution, Seite 319ff
45
14
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
Spielraum bei Lieferverzögerungen, z.B. bei Staus. Im Jahre 2008 wurde vom
Oberlandesgericht in Stuttgart ein Spediteur verurteilt, da er einen Abliefertermin einer
Ladung bei einem Automobilkonzern aufgrund eines organisatorischen Fehlers nicht
realisierte. Das Urteil: Volle Kostenübernahme des Spediteurs in Höhe von 11500 Euro. 47
Für die Spediteure und Fahrer hatte die Entwicklung zur vermehrten
Just-in-Time-
Belieferung somit steigenden Zeitdruck bei erhöhtem organisatorischem Aufwand zur
Folge. Dies bestätigt auch ein Interview mit dem Berufskraftfahrer Bernhard Büttner,
welcher schon 30 Jahre in seinem Beruf tätig ist. Er beklagt heutzutage in seinem Beruf im
Gegensatz zu früher: „Es war entspannter, jedenfalls bei uns. Es gab vor 30 Jahren noch
keine Just-in-Time-Verkehre.“48
Viele Spediteure müssen also heutzutage im Gegensatz zu früher für Just-in-TimeBelieferungen bei den Industriebetrieben sorgen. Dies erfordert pünktliche Lieferungen an
den Entladestellen der Industriebetriebe. Wirft man jedoch einen Blick hinter die Kulissen
der Handelsunternehmen, so wendet sich das Blatt: Die Tatsache, dass die Fahrer an den
Entladestellen vieler Supermarktketten zuerst lange Wartezeiten in Kauf nehmen und
danach selbst die Lieferung entladen müssen, hat sich hier oftmals schon zur „Normalität“
entwickelt. Markus Rütters, Geschäftsführer der Westdeutschen Getränkelogistik (WGL),
mahnt heutzutage bei den Zentrallagern vieler Handelsunternehmen: „Rampen, welche
eigentlich als Entladestellen für die Fahrer vorgesehen sind, werden als Ausgangsrampen
missbraucht. Besonders bei Aktionsbevorratung der Waren sei dies der Fall.“ Von den
Transport- und Logistikdienstleistern geben 51 % an, dass die Wartezeiten an den
Handelsrampen ein bis zwei Stunden betragen.49 Dazu muss noch die Zeit gerechnet
werden, in der der Fahrer die Ware entladen muss. Die Zustände seien „inakzeptabel“,
kritisiert Rütters. Er kritisiert auch, dass in den Zentrallagern schlichtweg zu wenig Personal
vorhanden sei. Durch die Einsparung von Lagerpersonal ergeben sich für die
Handelsunternehmen Kostensenkungen, was bedeutet, dass diese Kosten auf die
Spediteure und Lieferanten umgelegt werden.50
47
Die Konsequenzen tragen dabei
Vgl. ekalog.de : http://www.ekalog.de/logistik/beitrag/eine-verspaetung-kann-zur-vollen-haftungfuehren-2514.html , 02.08.2013
48
Vgl. Bergrath , J: War früher alles besser?, in: eurotransport.de ,
http://www.eurotransport.de/news/ausbildung-vor-30-jahren-und-heute-war-frueher-alles-besser6493747.html , 2. Juli 2013
49
Vgl. Kümmerlen, R: Standpunkte - Rütters vs. Kunz, in: Deutsche Verkehrs-Zeitung , 28.06.2013,
Seite 8
50
Vgl Kümmerlen, R: Standpunkte - Rütters vs. Kunz, in Deutsche Verkehrs-Zeitung , 28.06.2013,
Seite 8
2. Der Beruf Kraftfahrer – Im Wandel der Zeit
15
diejenigen, welche das schwächste Glied der Kette darstellen. Dies sind die Fahrer, welche
ihre Tachografen auf Pause stellen, obwohl sie an den Rampen unbezahlt mehrere Stunden
warten und auch abladen müssen.
Zum 1. April 2004 gab es zudem ein entscheidendes Ereignis, welches das
Transportgewerbe und somit auch viele Fahrer stark beeinflusste: Ab diesem Zeitpunkt
wurde die EU um zehn weitere osteuropäische Mitgliedsstaaten erweitert. Der
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung warnte ausdrücklich davor, dass
schon alleine aufgrund des starken Lohngefälles zwischen westeuropäischen und
osteuropäischen Staaten diese Maßnahme zu starken Wettbewerbsverzerrungen führen
würde – jedoch ohne Erfolg.51 Zwar wurde die Kabotage im Güterkraftverkehr bereits zum
1. Juli 1998 freigegeben, jedoch war dies nur für die alten 15 Mitgliedsstaaten der EU gültig.
Ab dem 1. April 2004 galten für die neuen beigetretenen Staaten, mit der Ausnahme von
Malta, Slowenien und Zypern, zunächst Übergangsfristen. Erst nach Ablauf dieser Fristen
durften Unternehmen dieser Länder Transportleistungen innerhalb anderer EU-Länder
durchführen. Seit dem 1. Mai 2009 sind diese Übergangsfristen für die beigetretenen
Länder Polen, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Slowakei und Tschechien verstrichen.52
Zwar ist die Anzahl der Kabotagebeförderungen derzeit noch auf maximal drei pro Woche
gesetzlich beschränkt, jedoch hatte diese weitere Liberalisierung dennoch drastische
Auswirkungen zufolge. Nach der Mautstatistik des Bundesamtes für Güterverkehr entfallen
inzwischen mehr als 26% der Mautkilometer auf Deutschlands Autobahnen und
Bundesstraßen auf die neu beigetretenen EU-Staaten.53 Tausende deutsche Arbeitsplätze
gingen aufgrund des scharfen Wettbewerbes durch die osteuropäischen Unternehmen in
den letzten Jahren verloren. Die Ursache für diese Entwicklung: Transportunternehmen aus
Osteuropa können Transportleistungen zu Preisen anbieten, welche die Preise aus
westeuropäischen Ländern bei weitem unterbieten. Zudem haben sich frühzeitig deutsche
Speditionen in Osteuropa mit eigenen Flotten niedergelassen, um sich somit Kostenvorteile
zu verschaffen.54 Der Wettbewerbsdruck ist immens. Transportkosten setzen sich
größtenteils aus den Treibstoff-, Maut- und den Lohnkosten zusammen. Je rund 30%
beträgt alleine der Anteil von Treibstoff und Lohn. Die Treibstoffpreise variieren in den
51
Vgl. Bergrath , J: Nomaden, in: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 05/2013, Seite 6ff
Vgl. eu-osterweiterung.info : http://www.eu-osterweiterung.info/index.php?thema1=41
,07.08.2013
53
Vgl. Rathmann, M : BGL und Verdi machen Front gegen Dumping, in: eurotransport.de ,
http://www.eurotransport.de/news/kabotage-freigabe-bgl-und-verdi-machen-front-gegendumping-6496662.html , 16. Juli 2013
54
Vgl. Bergrath , J: „Preiskrieg“, in: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 06/2010, Seite 6ff
52
16
unterschiedlichen Ländern der EU nur mäßig. Jedoch liegt in den Lohnkosten das größte
Sparpotential für die Spediteure. Die Monatslöhne von Fahrern aus Süd-Osteuropa liegen
zwischen 400 und 800 Euro Brutto.55 Dies hat zur Folge, dass heutzutage Logistikkonzerne
wie beispielsweise Schenker oder DHL, welche nur über einen kleinen eigenen Fuhrpark
verfügen, vermehrt ihre Transportleistungen mit Frachtführern aus Ost- und Südosteuropa
abwickeln.56 Deren Fahrer sind oftmals drei Wochen auf Tour, machen ihre Pausen
unterwegs und kommen dann für ein Wochenende nach Hause. Doch laut Artikel 8 / Absatz
8 der VO (EG) 561/2006 dürfen regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten der Fahrer nicht im
LKW verbracht werden. Regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten sind mit 45 Stunden am
Stück definiert.
Doch Gesetze können nicht funktionieren, wenn sie nicht korrekt beschrieben und
angewendet werden. Der belgische Polizist, Raymond Lausberg, ist der Meinung, wenn es
schärfere Kontrollen hinsichtlich dieser Verordnung gäbe, so würde sich der
Wettbewerbsvorteil osteuropäischer Flotten schnell relativieren. Er selbst hatte einem
bulgarischen Fahrer, welcher zwei Monate unterwegs war, ein Bußgeld von 2500 Euro
verhängt.57 Doch die Verhängung solcher Bußgelder ist in der Regel nicht einfach
durchzusetzen, denn das Gesetz ist sehr ungenau definiert, da es lediglich besagt, dass die
regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im LKW verbracht werden darf – Außerhalb des
LKWs schon – und somit lassen sich solche Verstöße nicht vernünftig kontrollieren. Ein
Lösungsansatz für dieses Problem wäre laut Bernd Krekeler, welcher beim Bundesamt für
Güterverkehr arbeitet, dass alle zwei Wochen die Ruhezeit in der Heimat verbracht werden
müsste.58 Somit könnte die Lücke dieses Gesetzes geschlossen werden.
55
Vgl. Bergrath , J: „Kaputtage“, in: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 08/2013, Seite 6ff
Vgl. Bergrath , J: „Kaputtage“, in: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 08/2013, Seite 6ff
57
Vgl. Bergrath , J: „Nomaden“, in: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 05/2013, Seite 6ff
58
Vgl. Bergrath , J: „Hütte oder Hotel“, in: Fernfahrer – Das internationale Truckmagazin, 07/2013,
Seite 60ff
56
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
17
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
3.1 Szenarien des Berufskraftfahrers mit den logistischen Konsequenzen bis
ins Jahr 2025
Um Zukunftsszenarien bis ins Jahr 2025 beschreiben zu können, wurde zunächst festgelegt,
welche Entwicklungen von Schlüsselfaktoren miteinander in einem Szenario am ehesten
auftreten können. Als Datenbasis diente eine bewertete Einflussmatrix von Experten aus
der Logistikbranche.
Für die Zukunft des Berufskraftfahrers wurden vier verschiedene Szenarien erstellt.
Das erste Szenario stellt das positive Trendszenario dar. Dieses Szenario soll verdeutlichen,
wie sich die Situation des Berufskraftfahrers beschreiben lässt, wenn sich die heutige
Situation aus Sicht des Fahrers in der Zukunft positiv verändert. Da es ein Trendszenario ist,
werden nur jene Entwicklungen dort beschrieben, welche auch laut der Experten eine
realistische Eintrittswahrscheinlichkeit haben.
Das zweite Szenario stellt das Negative Trendszenario dar. Es ist der Gegenspieler zum
Positiven Trendszenario. Es soll dort aufgezeigt werden, wie sich die Zukunft des
Berufskraftfahrers darstellen könnte, wenn sich die Entwicklungen bis ins Jahr 2025 aus
Fahrersicht eher negativ bei einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit auswirken.
Die beiden Extremszenarien werden durch eine noch stärkere Ausweitung der negativen
und positiven Aspekte charakterisiert. Sie dienen dazu aufzuzeigen, wie eine Zukunft der
Fahrer im besten oder schlechtesten Falle aussehen könnte. Jedoch weisen diese beiden
Szenarien eine geringere Eintrittswahrscheinlichkeit als die beiden Trendszenarien auf.
Jedes Szenario wird mit einer abschließenden Bewertung zusammengefasst, welches sich
nach den folgenden Tabellen charakterisieren lässt:
18
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Beteiligte Kräfte:
Tabelle 4: Bewertungsbox für beteiligte Kräfte
Auswirkungen auf die beteiligten Kräfte
Speditionen (Inland)
Kunden
Fahrer
Wie wirkt sich das
Szenario auf die
Wie wirkt sich das Szenario
Kunden der
auf die Fahrer aus?
Speditionen
hierzulande aus?
Definition der Bewertung
☺☺= starke
= mittlere
=starke
☺=Zufriedenheit
=Unzufriedenheit
Zufriedenheit
Zufriedenheit
Unzufriedenheit
Wie wirkt sich das Szenario auf
die Speditionen hierzulande
aus?
Fahrerkapazität:
Tabelle 5: Bewertungsbox für die Fahrerkapazität
Auswirkungen auf die Fahrerkapazität
Fahrerkapazität im Jahre 2025
Fahrerkapazität nach 2025
Sind genügend Fahrer im Jahre 2025
Sind genügend Fahrer nach 2025
vorhanden?
vorhanden?
Definition der Bewertung
=
= Fahrermangel vor
☺= kein
Fahrermangel
= Fahrermangel
allem stark qualitativ,
Fahrermangel
stark qualitativ
qualitativ spürbar.
aber auch quantitativ
spürbar.
und quantitativ
spürbar.
spürbar.
3.1.1 Das Positive Trendszenario
Das positive Trendszenario ist bis ins Jahr 2025 geprägt durch den Fahrermangel und legt
zugrunde, dass die lückenhafte Gesetzgebung überarbeitet wird und die Gesetze im
Straßengüterverkehr korrekt angewendet werden.
Tabelle 6: Überwiegende Ausprägungen des Positiven Trendszenarios
Schlüsselfaktor:
Wettbewerb
Transportkosten
Arbeits-,Lenk- und Ruhezeiten
LKW-Technik
Überwiegende Ausprägungen:
mäßig
steigend
Einhaltung
Platooning, modern
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Familie u. Freizeit
Fahrerkapazität
Gesetzgebung u.
Gesetzanwendung
19
Fast täglich/ am Wochenende
Nicht ausreichend vorhanden (Fahrermangel)
Scharfe Kontrollen, einheitliche Bußgelder
Mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit ab dem Jahre 2014 konnten zahlreiche Berufskraftfahrer
aus Bulgarien u. Rumänien rekrutiert werden. Somit setzte sich der Zuwachs an
ausländischen Fahrern in den folgenden Jahren kontinuierlich fort. Dies bestätigt auch die
Mautstatistik. Der Mangel an Fahrern war zunächst nicht spürbar. Jedoch wurden die
Kontrollen der Fahrer in den Jahren bis 2025 weiter ausgebaut. Aufgrund der
Überarbeitung der Gesetze auf nationaler und europaweiter Ebene konnte die lückenhafte
Gesetzgebung größtenteils korrigiert werden. Die Polizei ist nun in der Lage gegen Verstöße
gezielt und konsequent vorzugehen. Auch tragen nun vor allem die EU-weit einheitlich
eingeführten Bußgelder zu einer positiven Entwicklung der Arbeitszeiten bei. Bereits im
Jahre 2013 hatte sich eine positive Entwicklung der Kontrollstatistik abgezeichnet, welche
sich durch die schärferen Kontrollen weitestgehend fortsetzen konnte. Ausländische Fahrer
waren durch die Überarbeitung der Gesetze nun gezwungen, sich vor allem an die
gesetzlich geregelten Zeiten zu halten, denn die einheitlichen Bußgelder führten zu hohen
Strafen bei Verstößen. Was im Jahre 2013 schon beispielsweise in Belgien oder Frankreich
konsequent mit hohen Bußgeldern geahndet wurde, galt somit nun auch auf den deutschen
Straßen u. Autobahnen. Der harte, oftmals unfaire Wettbewerb zwischen den
Unternehmen hatte sich bereits durch diesen Effekt etwas gelegt. Was jedoch die meisten
Fahrer hierzulande vermeiden, ist das Arbeiten im grenzüberschreitenden Fernverkehr. Für
einen Fahrer, welcher wohnhaft in Deutschland ist, sind hier die Löhne noch immer zu
gering. International agierende Speditionen haben sich hier ein breites Netzwerk, bestückt
mit Fahrern aus Osteuropa, aufgebaut. Auch wenn die Löhne unter denen im inländischen
Verkehr liegen, für die Fahrer aus Osteuropa ist dies akzeptabel, da sie dennoch mehr
verdienen, als sie in ihrer Heimat bekommen würden.
Die Arbeitsbedingungen haben sich aber im Nah- wie auch im Fernverkehr deutlich
verbessert. Dies liegt vor allem daran, dass es sich die Unternehmen nun nicht mehr leisten
können, dass die Fahrer gegen die vorgeschriebenen Arbeits-Lenk-und Ruhezeiten
verstoßen, denn scharfe Kontrollen u. einheitliche Bußgelder haben hier zur
entscheidenden Verbesserung beigetragen. Dies konnte jedoch nur mit einem neu
verabschiedeten Gesetz realisiert werden, welches die Unternehmer bei Verstößen seitens
20
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
der Fahrer zur Mithaftung zwingt. Darüber hinaus kam auch ein zweiter Aspekt hinzu: Die
Unternehmen sind mittlerweile gezwungen die Fahrer zu ordentlichen Konditionen
anzuwerben, denn alternative Angebote von anderen Unternehmen haben die Fahrer
ohnehin genug. Die Auswahl an Stellen ist nämlich riesig. Einerseits wegen der
angestiegenen Transportnachfrage der letzten Jahre. Andererseits gibt es in den Jahren bis
2025 schlichtweg zu wenig Fahrer.
Ausländische Fahrer arbeiten vermehrt nun auch in jenen Ländern, welche die besten
Bedingungen bieten. Beliebt sind hier beispielsweise auch die Niederlande oder Frankreich.
Daher sind viele Unternehmen in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, sich den
Tarifvertragsparteien anzuschließen, um sich die Chance zu wahren, überhaupt Fahrer zu
bekommen. Die Fahrer, welche bei Speditionen hierzulande eine Ausbildung zum
Berufskraftfahrer absolviert haben, sind überwiegend im Nahverkehr tätig. Dort können sie
fast täglich zuhause sein, denn dies ist der Anspruch der jungen Fahrergeneration. Genau
diesem Anspruch müssen die Unternehmen gerecht werden, denn einheimisch
ausgebildete Fahrer sind rar und sehr gefragt. Zwar sind die Ausbildungszahlen in den
vergangenen Jahren weiter angestiegen, jedoch noch nicht ausreichend, um den Bedarf an
Fahrern vollständig zu decken. Gewinner der letzten Jahre sind daher vor allem diejenigen
Unternehmen, welche die Lage früh erkannt haben und selbst den Fahrernachwuchs mit
eigenen Auszubildenden förderten. Die jungen Fahrer wurden in den letzten Jahren sehr
gut auf die Einhaltung der gesetzlich geregelten Zeiten geschult. Die meisten von Ihnen sind
daher in der Lage, sich bestmöglich dem digitalen Tachografen anzupassen. Da aufgrund
dieser Entwicklungen die gesetzlich geregelten Zeiten größtenteils nun eingehalten werden
mussten, wurde der Fahrermangel noch stärker spürbar.
Durch ausländische Fachkräfte konnte der Fahrermangel zwar etwas aufgefangen werden,
jedoch verzeichneten auch die Herkunftsländer der ausländischen Fachkräfte einen
Fahrermangel, wodurch die Anzahl der ausländischen Kräfte zu gering war, um diesem
vollständig entgegen zu wirken. Die über 250.000 Rentenabgänger in den letzten Jahren
kamen hinzu, somit sind nun Berufskraftfahrer im Nah-sowie im Fernverkehr händeringend
gesucht, um der weiter ansteigenden Transportnachfrage gerecht zu werden.
Durch eine Überarbeitung der gesetzlichen Richtlinien konnte auch die Situation an den Beund Entladestellen verbessert werden. Der nun vorgeschriebene Gewichtssensor brachte
hier den gewünschten Erfolg, die Be-und Entladetätigkeiten nun endlich als Arbeitszeit
festzuhalten. Mit der Koppelung des Gewichtssensors an den digitalen Fahrtenschreiber
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
21
konnten Arbeiten an den Rampen nun genauer nachkontrolliert werden. Die Fahrer sind
von dieser Maßnahme begeistert, denn nun werden die dortigen Tätigkeiten ihnen auch
bezahlt. Auch sehen die meisten Fahrer die Tätigkeit an sich als positiv an, denn somit
können sie sich während der Arbeit auch ausreichend bewegen. Überhaupt hat sich der
Gesundheitszustand der Fahrer im Schnitt deutlich verbessert. Der Fahrerberuf an sich
stellt zwar allgemein immer noch eine hohe Belastung des menschlichen Körpers dar,
jedoch konnten die zusätzlichen Belastungen wie überlange Arbeitszeiten und starker
psychischer Druck durch die Vorgesetzten , durch die positiven Entwicklungen deutlich
reduziert werden. In vielen Speditionen wurde sogar zunehmend beobachtet, dass Fahrer
die Kosten für die Nutzung von Fitnesskursen von ihrem Unternehmen erstattet
bekommen. Vor allem die junge Fahrergeneration nutzt diese Zusatzangebote.
Da der vorgeschriebene Gewichtssensor für alle LKW gilt, hatte diese Maßnahme für die
Unternehmer keine negativen Auswirkungen hinsichtlich des Wettbewerbes. Gesetzliche
Verstöße dieser Richtlinie werden außerdem mit einer erheblichen Geldstrafe geahndet.
Man hatte in den vergangenen Jahren die missliche Lage vieler Fahrer erkannt, denn ein
großer
Teil
der
schlechten
Arbeitsbedingungen
war
auch
auf
die
miserable
Rampensituation zurückzuführen.
Jedoch hatte die Einführung des Gewichtssensors eine starke Auswirkung auf die
Transportkosten, denn mittlerweile liegt der durchschnittliche Anteil des Lohnes von den
Transportkosten bei ca. 50%. Die steigenden Transportkosten wurden daher auf die Kunden
umgelegt, somit waren steigende Frachtkosten in den letzten Jahren bis 2025 die Folge.
Jedoch konnte der Anstieg der Transportkosten noch im Rahmen gehalten werden, was
überwiegend auf technische Neuerungen zurückzuführen ist:
Mit der vergünstigten Anschaffung der Hybrid-Motoren wurde nun ein breiter Einsatz
möglich, welcher in Kombination mit verbesserter Aerodynamik der LKW den
Treibstoffverbrauch um ca. 25% reduzieren konnte. Die Brennstoffzelle konnte zwar noch
keine Marktreife erlangen, daher sind weiterhin die Diesel- aber auch die Hybridmotoren
nun die meist eingesetzten Antriebsmotoren. LKW- Hersteller haben auch ihre
Dieselmotoren in den Jahren bis 2025 auf niedrige Treibstoffverbräuche weiter optimiert.
Einen breiteren Einsatz konnten zwar die LKW-Gasmotoren bis 2018 verzeichnen, jedoch
stagnierte dieser ab dort, da mit dem Verfall der steuerlichen Begünstigungen ab dem Jahre
2018 die Kosten auch für diese Antriebsart sich den Dieselkosten anglichen. Der Dieselpreis
konnte in einem kontinuierlich ansteigenden Rahmen gehalten werden. Hinzukam der
22
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
flächendeckende Einsatz des Lang-LKW, wodurch die Effizienz der durchgeführten
Transporte auch erhöht werden konnte. Gleichzeitig wurde somit der Fahrermangel etwas
abgeschwächt.
Die Frachtkosten sind daher vor allem wegen der höheren Fahrerlöhne angestiegen, denn
nur diejenigen Unternehmen bekommen nun Fahrer, welche auch mit guten Konditionen
und ordentlichen Löhnen werben. Die Kunden von Spediteuren u. Logistikunternehmen
mussten in den letzten Jahren akzeptieren, dass logistische Leistungen nicht zu
Dumpingpreisen in Anspruch genommen werden können. Ohnehin sind die Speditionen
nun nicht mehr gezwungen zu niedrigen Frachtpreisen zu fahren, denn Angebote für
Transporte liegen genügend vor, da eben der Fahrermangel die Branche in den letzten
Jahren entscheidend geprägt hat. Oftmals
müssen Transportfahrten seitens der
Speditionen sogar abgelehnt werden, da viele Speditionen volle Auslastung verzeichnen.
Diese Entwicklungen bekommen nun auch die Verbraucher zu spüren. Beispielsweise sind
kostenlose Rücksendungen von Waren, gekauft bei Amazon oder Zalando, schon seit
mehreren Jahren nicht mehr möglich. Jedoch konnte der Internethandel trotz der
gestiegenen Frachtraten sich kontinuierlich weiterentwickeln, da diese gestiegenen Preise
nicht das Kaufverhalten der Konsumenten spürbar beeinflusste. Die Vorteile des
Internethandels, wie bequemes Einkaufen oder eine breite Auswahl des Sortimentes
überwiegen hier den Nachteil der gestiegenen Frachtraten, sodass der Internethandel noch
immer boomt. Gleichzeitig konnten sich auch die Geschäfte in den Städten größtenteils
etablieren, da eben der Internethandel aufgrund dieser Entwicklungen nicht allzu stark
wachsen konnte.
Viele Unternehmen setzen nun vermehrt auf Transportkooperationen, um die Effizienz der
Transporte weiter zu steigern u. diesem enormen Anstieg der Transportnachfrage gerecht
zu werden. Besonders im inländischen Fernverkehr setzen Unternehmen vermehrt auf
Transportkooperationen wie E.L.V.I.S oder System Alliance. Die Weiterentwicklung der ITSysteme schaffte hier die Grundlage, um Transporte anhand solcher Kooperationen
unternehmensübergreifend durchzuführen.
Eine Revolution im Fernverkehr brachte desweiteren die Platooning-Technologie. Diese
wurde im Jahre 2024 eingeführt. Zwar ist die Technologie an sich schon längst marktreif,
jedoch konnten erst zu diesem Zeitpunkt einheitliche Gesetze hinsichtlich des Platooning in
der EU verabschiedet werden. Viele Unternehmen haben schon bei Markteintritt dieser
Technologie reagiert und neue LKW mit dieser vielversprechenden Technologie
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
23
angeschafft. Denn die Maut- und Spritkosten sind in einer Kolonne im Vergleich zur
Einzelfahrt der LKW günstiger. Zwar ist die Anschaffung eines LKW mit Platooning-Technik
merklich höher, jedoch versprechen sich die Unternehmer eine rasche Amortisation. Da die
Platooning-Technologie strengen gesetzlichen Richtlinien unterliegt, werden die ArbeitsLenk- und Ruhezeiten dort nahezu vollständig eingehalten. Auch haben die Leader des
jeweiligen Platoons eine hohe Verantwortung, daher müssen diese eine Zusatzqualifikation
ablegen, um einen Platoon überhaupt steuern zu dürfen. Fahrer, welche als Leader im
Platoon fungieren, verzeichnen daher in der Regel höhere Löhne.
Auch das Problem Parkplatzmangel wurde in den vergangenen Jahren konsequent
angegangen. Der Bedarf von 10.000 Parkplätzen bis 2015, sowie weiteren 8000 Parkplätzen
zwischen den Jahren 2015 bis 2025 konnte erfolgreich realisiert werden.59LKW-Fahrer auf
den Standstreifen, welche aufgrund überfüllter Parkanlagen keine Möglichkeit haben,
rechtzeitig im Rahmen der vorgeschriebenen Lenkzeiten einen Parkplatz zu bekommen,
sind nun erfreulicherweise nicht mehr zu beobachten. Sind Parkplätze zu stark
frequentierten Zeiten doch einmal belegt, so können durch moderne Telematiksysteme
rasch freie Plätze in nahegelegener Entfernung ermittelt werden. Da nahezu jeder LKW
mittlerweile über einen mobilen Internetzugang mit schneller Geschwindigkeit verfügt,
schaffen hier die integrierten Parksystem-Apps erfolgreich Abhilfe.
Der Fahrermangel ist im positiven Trendszenario vor allem qualitativ in den ersten Jahren
ab 2013 aufgrund der Umstrukturierungen innerhalb der Branche spürbar. Aufgrund
politischer Regulierungen konnten sich jedoch im Laufe der Jahre die Arbeits- und
Lohnbedingungen stark verbessern, sodass besonders junge Leute wieder Interesse an dem
Fahrerberuf haben. Mittelständische Unternehmen unterstützten diese Entwicklungen mit
einer stark angestiegenen Anzahl von Ausbildungsplätzen. Somit konnte die Qualität des
Berufes einerseits, aber auch die Qualität der logistischen Leistungen im Vergleich zu 2013
angehoben werden. Die Termintreue der Speditionen konnte vor allem aufgrund der
verbesserten Rampen- und Parkplatzsituation gesteigert werden. Zwar ist zu beobachten,
dass immer noch viele Speditionen
Aufträge aufgrund zu geringer Fahrerkapazitäten
ablehnen, jedoch ist dieser Anteil im weiteren zeitlichen Verlauf stark rückläufig.
59
Vgl. Bundesministerium für Verkehr Bau und Stadtentwicklung:
http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/73144/publicationFile/45249/lkw-parken-in-einemmodernen-bedarfsgerechten-rastanlagensystem.pdf
24
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Fazit Positives Trendszenario:
Besonders durch politische Maßnahmen, aber auch durch den spürbaren Fahrermangel
selbst haben sich die Arbeitsbedingungen für den einzelnen Fahrer verbessert.
Durch eine korrekte Verkehrspolitik
im Straßengüterverkehr konnten verheerende
Auswirkungen des Fahrermangels verhindert werden, denn die Ausbildungszahlen steigen
in diesem Szenario bis ins Jahr 2025 kontinuierlich an. Die Prognosen danach deuten auf
einen weiteren Anstieg der Ausbildungszahlen hin.
Das Image des Berufes hat eine spürbare Aufwertung erhalten.
Tabelle 7: Auswirkungen des Positiven Trendszenarios
Auswirkungen auf beteiligte Kräfte/ Fahrerkapazität:
Speditionen
(Inland)
Kunden
☺
Fahrer
Fahrerkapazität im
Fahrerkapazität
Jahre 2025
nach 2025
☺
☺
3.1.2 Das Negative Trendszenario
Das negative Trendszenario legt zugrunde, dass die lückenhafte Gesetzgebung
unzureichend überarbeitet wird und die Gesetze im Straßengüterverkehr nicht konsequent
angewendet werden. Daraufhin ergibt sich ein Szenario mit folgenden Ausprägungen:
Tabelle 8: Überwiegende Ausprägungen des Negativen Trendszenarios
Schlüsselfaktor:
Wettbewerb
Transportkosten
Arbeits-,Lenk- und Ruhezeiten
LKW-Technik
Familie u. Freizeit
Fahrerkapazität
Gesetzgebung u.
Gesetzanwendung
Überwiegende Ausprägungen:
stark
stagnierend
Nichteinhaltung
Platooning, modern
am Wochenende
Nicht ausreichend vorhanden (Fahrermangel)
Unzureichende Kontrollen, keine einheitlichen
Bußgelder
Mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit ab dem Jahr 2014 wurden weitere Berufskraftfahrer aus
Bulgarien u. Rumänien rekrutiert. Somit konnte der drohende Fahrermangel zunächst in
Schach gehalten werden. Der immense Lohnunterschied zwischen den meisten
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
25
osteuropäischen und den westeuropäischen Staaten blieb weiterhin bestehen. Für die
Osteuropäer bedeutete dies hierzulande recht gute Löhne, welche über den Löhnen in ihrer
Heimat liegen. Für die Fahrer mit Wohnsitz in Deutschland wurde jedoch die Lage in den
folgenden Jahren prekärer. Es war nun zunehmend schwierig Speditionen zu finden, welche
überhaupt einen angemessenen Lohn bezahlen. Maßgeblich unterstützt wurde diese
Entwicklung durch eine weitere Liberalisierung des Straßengüterverkehres der EU-Politik.
Jedoch konnten im Gegenzug dazu nur unzureichend einheitliche Gesetze geschaffen
werden, wie beispielsweise einheitliche Bußgelder in allen EU-Staaten. Die Kontrolldichte
blieb zudem noch immer mangelhaft. Dies führte mit den verhältnismäßig geringen
Bußgeldern im Vergleich zu anderen EU-Staaten dazu, dass die Arbeits-, Lenk- und
Ruhezeiten hierzulande sehr oft nicht eingehalten werden. Besonders konnten davon
osteuropäische Flotten profitieren, deren Fahrer hausen wie auch schon im Jahre 2013
weiterhin in den LKW auf den Parkplätzen. Besonders am Wochenende sind deshalb trotz
der Zunahme an Parkplatzbauten diese weiterhin überfüllt, da eben auch der Anteil an
ausländischen LKW weiter anstieg.
Diese Entwicklung ging mit der desolaten Situation an vielen Be- und Entladestellen einher.
Die Möglichkeit, den Tachografen beispielsweise beim Entladen auf Pause zu stellen, blieb
weiterhin bestehen. Hier wurde es versäumt, die bestehenden Gesetze beispielsweise
durch einen vorgeschriebenen Gewichtssensor zu erweitern, um bei Kontrollen die
Arbeitszeiten der Fahrer auch an den Rampen korrekt nachweisen zu können.
Aufgrund der lockeren, unzureichenden Gesetzgebung konnten diejenigen Speditionen
ihren harten Wettbewerb fortführen, welche ausländische Fahrer günstig anheuern. Durch
die vollkommene Kabotagefreigabe erreichte diese Entwicklung verstärkt auch den
inländischen Güternahverkehr. Besonders hier bauten nun auch die osteuropäischen
Speditionen ihren Marktanteil weiter aus. Zum einen liegt dies an den höheren Frachtraten
gegenüber den grenzüberschreitenden Verkehren. Zum anderen konnten an den Be- und
Entladestellen weiterhin bewusst die geregelten Zeiten umgangen werden, da die
Kontrolldichte unzureichend war.
Somit bekamen viele Speditionen hierzulande den harten Wettbewerb auch im
inländischen Verkehr zu spüren. Besonders bei den Handelsunternehmen setzte sich die
missliche Situation an den Rampen fort. Wozu sollte sich auch dort etwas ändern? Die
Nachfrage an Transporten seitens der Handelsunternehmen ist kontinuierlich hoch. Und sie
kann durch eine Vielzahl von Unternehmen, welche ihre Fahrer zu niedrigen Löhnen
26
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
beschäftigen, gedeckt werden. Denn Deutschland ist mittlerweile bei Spediteuren, welche
ihre Fahrer zu überlangen Arbeitszeiten zwingen beliebt, da dort Verstöße einerseits nicht
ausreichend kontrolliert und andererseits bei Kontrollen die Strafen sehr moderat im
Vergleich zu EU-Ländern wie Frankreich oder Belgien ausfallen.
Konkurrenzfähig sind deshalb jene Unternehmen, welche ihre Fahrer zwingen, die
geregelten Arbeitszeiten so effektiv wie möglich zu überziehen, ohne bei Kontrollen
nachweisbar gegen das Gesetz zu verstoßen.
Daher müssen viele Fahrer noch immer Überstunden leisten, welche sie nicht bezahlt
bekommen. Somit können deren Unternehmen Transportkosten einsparen. Nachsehen
haben jene Unternehmen, deren Fahrer die Arbeitszeiten einhalten. Diese Unternehmen
haben die Sachlage längst erkannt und spezialisieren daher ihre Transporte auf seriöse
Branchen, in denen die Verladung der Güter einigermaßen korrekt verläuft. Hierbei haben
besonders die Transportkooperationen mittelständischer Unternehmen einen guten Ruf,
denn dort sind die logistischen Prozesse gut organisiert, da die Unternehmen miteinander
und nicht gegeneinander arbeiten. Auch bieten für seriöse Unternehmen mit gut
ausgebildeten Fahren die Nischenmärkte Absatzpotential bei moderatem Wettbewerb.
Dies sind beispielsweise Schwer- oder Gefahrguttransporte. Auch die kundenorientierten
Just-in-Time Transporte bieten vielen Spediteuren die Möglichkeit, marktfähig zu bleiben –
auch wenn diese mit zusätzlichem Druck für die Fahrer einhergehen.
Einige Unternehmen, welche sehr geringe Löhne zahlen, konnten ihre relativen
Transportkosten im Vergleich zum Jahr 2013 sogar leicht senken, denn die technologischen
Fortschritte führten zu weiteren Kosteneinsparungen. Diese Einsparungen konnten mit
sparsameren Diesel- und Hybridmotoren und fortschrittlicher Aerodynamik der LKW
erreicht werden. Auch konnte mit der Einführung des Lang-LKW mehr Volumen geladen
werden und somit Transporte effizienter gestaltet werden. Moderne Telematiksysteme
haben in den folgenden Jahren auch zu weiteren Kosteneinsparungen führen können.
Das Platooning konnte zwar bereits rechtlich zugelassen werden, jedoch findet es weniger
Abnehmer als erwartet. Nur wenige Autofahrer sind bereit, sich einem führenden LKWFahrer anzuvertrauen. Speditionen nutzen das Platooning daher überwiegend für eine
Kolonne zwischen mehreren LKW, um Maut- und Spritkosten einzusparen. Als Leader
innerhalb eines Platoon besteht die Verordnung, dass weitere Zusatzqualifikationen der
Fahrer abgelegt werden müssen. Dies bietet seriösen Fahrern immerhin eine Gelegenheit,
sich weiterbilden zu können. Die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen, welche die
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
27
Platooning-Technik nutzen, sind zumindest dort recht annehmbar. Denn gesetzliche
Kontrollen der LKW werden intensiv auf Platoons gerichtet, da der Leader sowie dessen
Unternehmen eine hohe Verantwortung tragen und dieser gerecht werden müssen. Seriöse
Unternehmen, welche in der Regel gute Arbeitsbedingungen für ihre Fahrer bieten, haben
deshalb nun mit dieser neuen Technologie die Möglichkeit, sich von der „Billigkonkurrenz“
abzuheben und können sich dadurch einen rechtmäßigen Vorteil verschaffen, um
wettbewerbsfähig zu bleiben.
Alles in allem haben die Fahrer selbst jedoch von diesen technischen Neuerungen wenig
Vorteil, denn die eingesparten Transportkosten werden dazu genutzt, um in dem harten
Wettbewerb bestehen zu können. Profitieren von diesen Entwicklungen konnten die
Kunden der Spediteure, denn die Frachtkosten sind im Vergleich zu 2013 relativ gerechnet
gleichgeblieben. Der gestiegene Spritpreis konnte mit der Nutzung effizienterer LKWTechnologien sowie des geringen Lohnes der Fahrer ausgeglichen werden.
Es haben sich im Laufe der Jahre vor allem zwei Arten von Unternehmen im
Straßengüterverkehr etablieren können. Das sind zum einen Speditionen, welche mit
minimalem Aufwand arbeiten, Fahrer zu Dumpinglöhnen beschäftigen u. unzureichend
Investitionen in neue Technologien oder Optimierungen des Fuhrparks tätigen. Der Anteil
dieser unseriösen Unternehmen ist in den vergangenen Jahren eindeutig gestiegen. Zum
anderen können sich jene Speditionen behaupten, welche investieren u. ihre logistischen
Prozesse optimieren. Diese Unternehmen sind dort tätig, wo qualitativ hohe
Anforderungen an die logistischen Leistungen gestellt werden. Das sind beispielsweise wie
schon erwähnt die Nischenmärkte, Schwertransporte, Transporte für hochempfindliche
Waren oder Maschinen sowie Just-in-Time Verkehre. Also überall dort, wo Kunden noch
bereit sind qualitativ
gute logistische Leistungen auch zu bezahlen. Jedoch ist zu
beobachten, dass speziell für anspruchsvolle Transporte fast keine ausreichend
qualifizierten Fahrer gefunden werden können. Somit wiegt dort der Fahrermangel
besonders schwer. Im gleichen Zuge gingen die Ausbildungszahlen in den letzten Jahren
stark zurück, da das allgemeine Image des Kraftfahrers in diesem Szenario nicht
aufgewertet werden konnte.
Doch in den letzten Jahren bis 2025 machte sich ein schleichender Prozess allmählich
bemerkbar. Der Zuwachs an Fahrern aus osteuropäischen Staaten stagnierte, da zum einen
weitere Staaten der EU wie beispielsweise England oder Frankreich dringend Fahrer
benötigen. Zum anderen machte sich in den osteuropäischen Staaten selbst der
28
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Fahrermangel verstärkt bemerkbar. Durch die anhaltend, schlechten Arbeitsbedingungen
und die im Mittel sehr niedrigen Löhne hierzulande, bevorzugen ausländische Fahrer nun
vermehrt in Ländern zu arbeiten, welche ein ordentliches Lohnniveau bieten.
Der
Kraftfahrermangel betrifft mittlerweile nämlich die meisten EU-Staaten. Auch wandern
viele junge Fahrer, welche hierzulande ausgebildet wurden, in die Nachbarländer aus, wie
z.B. in die Niederlande oder die Schweiz. Das miserable Lohnniveau hat sich in Deutschland
somit in den Jahren bis 2025 wieder etwas angepasst u. entspricht nun wieder relativ
gerechnet dem durchschnittlichen Niveau aus dem Jahre 2013- was jedoch von einer
angemessenen Vergütung noch immer weit entfernt ist.
Derweil sind nun immer weniger Menschen in Deutschland bereit, eine Ausbildung zum
Berufskraftfahrer zu absolvieren. Schon längst hat sich das schlechte Image des Berufes vor
allem bei den jungen Menschen innerhalb der Gesellschaft massiv verbreitet. Vor allem das
Internet bietet nun für die sich in der Minderheit befindende junge Fahrergeneration
Gelegenheit, ihren Unmut loszuwerden. Doch eine starke Lobby, welche diesen Fahrern zur
Seite steht, konnte in den vergangenen Jahren leider nicht gebildet werden. Die
Ausbildungszahlen, welche im Jahre 2013 ihren Höhepunkt erreichten, waren seither stark
rückläufig. Zahlreiche Demonstrationen von Fahrern, welche jedoch nur wenig politisches
Gehör fanden, untermauerten dieses konstant schlechte Image des Fahrerberufes.
Aufgrund
des
merklichen
Fahrermangels
bis
2025
rekrutieren
Speditionen
u.
Logistikunternehmen unterdessen jeden Fahrer, welcher mindestens den LKW auf der
Strecke halten kann. Glücklicherweise haben moderne Verkehrssicherheitssysteme dazu
beitragen können, die gestiegenen Unfallzahlen durch LKW weitestgehend moderat zu
halten. Denn übermüdete u. überarbeitete Fahrer haben das Image des Berufes in den
letzten Jahren tief geprägt.
vorgeschriebenen
Zum Standard der LKW gehören nun die gesetzlich
Notbremsassistenten.
Auch
Technologien
wie
Spurhalte-
und
Spurwechselassistenten, Rückfahrkameras und Kurvenassistenten sind für alle LKW-Typen
erhältlich.
Da mit den konstant anhaltend schlechten Arbeitsbedingungen auch die Qualität der
logistischen Leistungen Einbußen verzeichnete, sind in den Jahren bis 2025 folgende
Konsequenzen zu beobachten: Aufgrund des anhaltend harten Wettbewerbes nehmen
viele Speditionen Aufträge an, müssen diese dann jedoch oftmals wieder absagen oder
führen diese verspätet durch. Auch werden nun vermehrt Aufträge von vorneherein
abgelehnt. Somit mussten die Kunden, welche logistische Leistungen in Anspruch nehmen,
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
29
längere Wartezeiten der Lieferungen in Kauf nehmen. Besonders in Branchen mit hohen
qualitativen Ansprüchen an die Logistik ist dies der Fall, da gut qualifizierte Fachkräfte dort
nur sehr schwierig zu bekommen sind.
In den ersten Jahren hatte sich zwar lediglich ein qualitativer Fahrermangel abgezeichnet,
jedoch war dem quantitativen Fahrermangel im Jahre 2025 nun nichts mehr entgegen zu
setzen. Die Prognosen sind für die kommenden Jahre danach für die Branche
außerordentlich schlecht. Das Image hat solch drastische Einbußen verzeichnen müssen,
sodass Unternehmen und Politik nun einer Mammutaufgabe gegenüberstehen.
Ausländische Fachkräfte sind im Jahr 2025 nämlich nicht mehr für jeden Preis zu
bekommen und bereitwillige auszubildende Berufskraftfahrer noch weniger. Ohnehin
brauchen diese mehrere Jahre, um überhaupt ausgebildet zu werden und dem qualitativen
Anspruch der Transporte gerecht zu werden.
Fazit:
Dem Fahrermangel wird in diesem Szenario auf langfristige Sicht nicht nachhaltig entgegen
gewirkt. Er kann zwar zunächst moderat gehalten werden, kommt im Laufe der Jahre
jedoch
mehr
und
mehr
zum
Vorschein.
Durch
immer
noch
unzureichende
Arbeitsbedingungen, vor allem durch lange Arbeitszeiten, geringe Entlohnung und das
anhaltend schlechte Image, kann für eine nachhaltige Fahrerkapazität nicht gesorgt
werden. In den Jahren bis und nach 2025 besteht eine Angebotslücke vor allem an
qualitativ anspruchsvollen Transporten. Der geringe Anteil an seriösen Speditionen, welche
Nischenmärkte bedienen, kann den wenig verbliebenen gut qualifizierten Fahrern eine
Zukunftsperspektive bieten.
Tabelle 9:Auswirkungen des Negativen Trendszenarios
Auswirkungen auf beteiligte Kräfte/ Fahrerkapazität:
Speditionen
(Inland)
Kunden
Fahrer
Fahrerkapazität im
Fahrerkapazität
Jahre 2025
nach 2025
30
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
3.1.3 Das Positive Extremszenario
Das Positive Extremszenario beinhaltet fast alle möglichen Entwicklungen, welche auf den
Fahrer selbst positiv wirken würden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für dieses Szenario, ist
im Gegensatz zum Positiven Trendszenario, wesentlich geringer.
Tabelle 10:Überwiegende Ausprägungen des Positiven Extremszenarios
Schlüsselfaktor:
Wettbewerb
Transportkosten
Arbeits-,Lenk- und Ruhezeiten
LKW-Technik
Familie u. Freizeit
Fahrerkapazität
Gesetzgebung u.
Gesetzanwendung
Überwiegende Ausprägungen:
schwach
steigend
Einhaltung
Platooning, modern
am Wochenende, fast täglich
ausreichend
Scharfe Kontrollen, einheitliche Bußgelder
Ab 2014 konnte der drohende Fahrermangel durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit von
Bulgarien und Rumänien zunächst einmal aufgefangen werden. Für das Image des
Fahrerberufes war diese Entwicklung jedoch kontraproduktiv. Die Ausbildungszahlen
hierzulande stagnierten in den folgenden Jahren, denn Unternehmen waren durch die
Rekrutierung ausländischer Fahrer nicht gezwungen bessere Arbeitsbedingungen zu
schaffen, eigenes Personal auszubilden und konkurrierten in diesen Jahren in einem harten
Wettbewerb. Jedoch konnte auch in dieser Zeit schon beobachtet werden, dass viele
ausländische Fahrer in anderen Ländern der EU arbeiten, da dort bessere Lohnbedingungen
als hierzulande herrschen. Viele ausländische Fahrer, beispielsweise einige Fahrer aus
Polen, ließen sich nun nicht mehr alles bieten und forderten wie viele Fahrer hierzulande
bessere Arbeits- und Lohnbedingungen. Im Laufe der Jahre näherten sich nämlich die
Lebenshaltungskosten in den osteuropäischen Staaten, denen in Westeuropa zunehmend
an. Es konnten zwar genügend Fahrer aus dem Ausland rekrutiert werden, der Mangel an
gut ausgebildeten Fahrern blieb aber weiterhin bestehen. Viele Speditionen begannen
somit in den Jahren ab 2015 an ihrer Unternehmensphilosophie zu zweifeln, denn
langjährig mitarbeitende Fahrer im eigenen Unternehmen mussten nun plötzlich mit neuen
Fahrern ersetzt werden. Manche Speditionen begriffen ihre prekäre Personallage erst zum
Zeitpunkt des wirklichen Ausscheidens der zahlreichen Rentenabgänger.
In diesen Jahren schaffte die nationale Verkehrspolitik sowie die Politik auf EU-Ebene
entscheidende Wendungen. Zunächst wurde die vollkommene Kabotagefreigabe aufgrund
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
31
der unzureichenden Harmonisierung innerhalb der EU-Staaten abgelehnt. Die Kabotage
machte somit in Deutschland weiterhin lediglich einen Anteil von wenigen Prozent aus.
Auch wurden EU-weit einheitliche Bußgelder eingeführt, wodurch sich diese hierzulande
nun drastisch erhöhten. Die Kontrolldichte wurde in den darauffolgenden Jahren weiter
ausgebaut, sodass die Situation für unseriöse Unternehmen, welche ihre Fahrer zu
überlangen Arbeitszeiten zwingen, sehr erschwert wurde. Eine weitere politische
Maßnahme brachte für viele Fahrer indessen eine entscheidende Verbesserung: Der
Tariflohn in der Ausbildung, sowie nach der Ausbildung, wurde flächendeckend in ganz
Deutschland neu ausgehandelt und als verbindlich erklärt. Diese Maßnahme sollte dazu
dienen, die gestiegenen Ausbildungszahlen mittel- und langfristig weiter auszuweiten sowie
den Fahrerberuf allgemein aufzuwerten. Mit diesem Schritt erhöhte sich nun auch die
Anzahl gut ausgebildeter Fahrer aus dem Ausland. Vor der Verabschiedung dieses Gesetzes
war zunehmend zu beobachten, dass deutsche Fahrer in Dänemark anheuerten, oder gut
ausgebildete ausländische Fahrer beispielsweise in den Niederlanden, Frankreich oder
Belgien. Aufgrund dieser Maßnahmen stiegen jedoch die Frachtpreise im innerdeutschen
Transport rasant um ca. 40%.
Die Rampensituation wurde nicht nur durch den gesetzlich vorgeschriebenen
Gewichtssensor
verbessert,
sondern
auch
durch
weitere
positive
Einflüsse:
Zeitfenstermanagementsysteme werden nun von nahezu allen Speditionen genutzt, auch
wurden die Rampenöffnungszeiten ausgebaut sowie die Anzahl der Expressrampen für
kleine Ladungsmengen bei den Entladestellen erhöht. Ohnehin handeln die Speditionen mit
ihren Kunden nun strengere Konditionen aus, da sie dem Fahrer die Wartezeiten an den Beund Entladestellen auch bezahlen müssen. Hier sind die Speditionen nun im Vorteil: Da
aufgrund der Entwicklungen die Fahrerlöhne stabil sind und der Wettbewerb dadurch
entschärft wurde, muss sich nun keine Spedition mehr Sorgen machen, Transportaufträge
an die Konkurrenz zu verlieren- zudem ist die Transportnachfrage seitens der Wirtschaft
ununterbrochen hoch. Deutsche sowie ausländische Speditionen, welche ihre Fahrer bisher
zu widrigen Bedingungen beschäftigten waren die großen Verlierer dieser Entwicklungen,
denn unseriöse Unternehmen hierzulande mussten nun nach Tarif bezahlen und für die
ausländischen Unternehmen galten weiterhin die Kabotagebeschränkungen sowie auch
strengen Kontrollen auf den Straßen hierzulande. Gewinner dieser Entwicklungen sind nun
vor allem jene Unternehmen, welche schon Jahre zuvor ordentliche Löhne boten, selbst
ausbilden und ihre Kosteneinsparungen so gut es geht auch durch moderne
Telematiksysteme erzielen, effiziente LKW u. vor allem strukturierte logistische Prozesse.
32
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Industrie- und Handelsunternehmen waren nun dazu verpflichtet, die gestiegenen
Frachtpreise zu akzeptieren. Da der Anteil an logistischen Leistungen an den Selbstkosten
der Industrie- und Handelsunternehmen jedoch einen sehr geringen Anteil aufweist,
verzeichneten die Güter und Waren lediglich moderate Preissteigerungen.
Der Nahverkehr stellt im Jahre 2025 noch immer den Großteil der durchgeführten
logistischen Dienstleistungen dar. Hier liegt daher auch der Ausbildungsschwerpunkt der
Betriebe hierzulande. Fernverkehre wurden zunehmend auch auf mittlere Entfernungen
umgelegt, dies konnte durch den Ausbau der Transportkooperationen zwischen den
Unternehmen realisiert werden. Somit können die meisten Fahrer täglich nach Feierabend
auch zuhause sein. Besonders im Güterfernverkehr brachte jedoch eine weitere Neuerung
Veränderungen für viele Fahrer: Das Platooning wurde rechtlich zugelassen u. prägt dort
bei vielen Fahrern den Arbeitsalltag. Die Arbeitszeiten werden dort streng nachgeprüft,
somit haben sich auch die harten Arbeitszeiten im Fernverkehr deutlich abgeschwächt. Da
die Spediteure durch Einführung der Platooning-Technologie Fahrten noch effizienter
durchführen, konnten die gestiegenen Transportkosten etwas eingedämmt werden.
Transporte im grenzüberschreitenden Fernverkehr führen jedoch vor allem ausgeflaggte
deutsche Unternehmen sowie osteuropäische Speditionen durch. Die Mehrheit der
hierzulande ausgebildeten Fahrer möchte abends zuhause sein und arbeitet daher im
innerdeutschen Nahverkehr, wo die Lohn und Arbeitsbedingungen derweil sehr fair sind.
Die verbesserten Arbeitsbedingungen bis 2025, sowie der verpflichtend geltende Tariflohn
führten dazu, dass viele Auszubildende in dem Fahrerberuf eine ordentliche persönliche
Perspektive sahen. Auch konnten ehemalige Fahrer hinzugewonnen werden, welche in
ihren Facharbeiterberufen unzufrieden waren. Sie sehen den Fahrerberuf inzwischen
wieder als gute Alternative. Vor allem aber auch die hohe Anzahl gut ausgebildeter
ausländischer Fahrer, welche durch die hohen Löhne u. guten Arbeitsbedingungen gerne
hierzulande arbeiten, trugen zu einer positiven Entwicklung des Fahrermangels bei. Hier ist
in den letzen Jahren ein europaweiter Wettbewerb um gut qualifizierte Fahrer entstanden,
welcher die meisten Staaten betrifft. Hierzulande hat man frühzeitig erkannt, dass man in
diesem Wettbewerb nur bestehen kann, wenn man den Fahrern eine ordentliche
Perspektive mit guten Bedingungen in ihrem Beruf bietet. Infolgedessen kam es dazu, dass
im Jahre 2025 sich der Fahrermangel weitestgehend abschwächte. Skeptiker fürchten
daher, dass die tariflich geltenden Löhne bald wieder rückgängig gemacht werden könnten.
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
33
Fazit Positives Extremszenario:
Besonders durch politische Maßnahmen, haben sich die Arbeitsbedingungen für den
einzelnen Fahrer verbessert. Vor allem die hierzulande gesetzlich geltenden Tariflöhne
haben in diesem Szenario stark zu dieser Entwicklung beigetragen.
Dadurch konnten größere Auswirkungen des Fahrermangels verhindert werden, denn die
Ausbildungszahlen steigen in diesem Szenario bis ins Jahr 2025 kontinuierlich an. Die
Prognosen danach deuten auf einen weiteren Anstieg der Ausbildungszahlen hin. Auch
konnte durch den hierzulande hohen Lohnstandard auch qualitativ gut ausgebildete
ausländische Fahrer gewonnen werden.
Tabelle 11: Auswirkungen des Positiven Extremszenarios
Auswirkungen auf beteiligte Kräfte/ Fahrerkapazität:
Speditionen
(Inland)
Kunden
☺
Fahrer
Fahrerkapazität
Fahrerkapazität
im Jahre 2025
nach 2025
☺
☺
☺
3.1.4 Das Negative Extremszenario
Das Negative Extremszenario beinhaltet fast alle möglichen Entwicklungen, welche auf den
Fahrer selbst negativ wirken würden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für dieses Szenario, ist
im Gegensatz zum Negativen Trendszenario, wesentlich geringer. Besonders wenn in der
nahen Zukunft schon einige Charakteristika dieses Szenarios erkennbar wären, sollten alle
Beteiligten schnellstmöglich handeln, um einem Eintreten dieses Szenarios entgegen zu
wirken.
Tabelle 12: Überwiegende Ausprägungen des Negativen Extremszenarios
Schlüsselfaktor:
Wettbewerb
Transportkosten
Arbeits-,Lenk- und Ruhezeiten
LKW-Technik
Familie u. Freizeit
Fahrerkapazität
Gesetzgebung u.
Gesetzanwendung
Überwiegende Ausprägungen:
stark
sinkend
Nichteinhaltung
Modern, Standard
Am Wochenende, über mehrere Wochen nicht
zuhause
ausreichend
Unzureichende Kontrollen, keine einheitlichen
Bußgelder
34
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Das Negative Extremszenario ist im Wesentlichen dadurch geprägt, dass der Beruf des
Kraftfahrers darauf ausgelegt ist, eine maximale wirtschaftliche Ausbeute der Arbeitskraft
zu erzielen, bei gleichzeitig minimaler Berücksichtigung des Menschen bzw. der
menschlichen Werte, die in diesem Beruf eigentlich eine maßgebliche Wichtigkeit
darstellen sollten. Abbilder dieses Szenarios waren in Teilen schon in dem von der ETF
veröffentlichten Bericht „Moderne Sklaverei in Europa“ zu erkennen. Diese Umstände sind
im Jahre 2013 quasi der Keim des Szenarios für 2025 und wirken in den folgenden Jahren
flächendeckend auf die Branche in Deutschland.
Zunächst konnten im Jahre 2014 weitere Kraftfahrer für die Branche aus Bulgarien und
Rumänien gewonnen werden. Im Jahre 2015 folgte die komplette Kabotagefreigabe
innerhalb ganz Europa. Dem immensen Druck großer internationaler Konzerne, welche
damit das einzige Ziel verfolgen, Kosten einsparen zu können, waren die EU-Politiker nicht
gewachsen. Der Mittelstand der Logistik-Branche machte in dieser Zeit immer wieder
erfolglos auf eine Harmonisierung der Gesetze und Richtlinien in den EU-Staaten
aufmerksam. So konnten beispielsweise Speditionen mit Fahrern aus Osteuropa, welche für
weit unter 1000 Euro Brutto pro Monat Arbeitsverträge unterschreiben kostengünstige
Transporte hierzulande durchführen. In Kombination mit den ausgestatteten 3000L Tanks
der LKW, welche es ermöglichen dort zu tanken, wo der Dieselpreis am günstigsten ist, war
dies noch besser möglich. Die vollkommene Kabotagefreigabe führte dazu, dass deutsche
Unternehmen also weiter nach Osteuropa ausflaggten, um auch hierzulande nun
uneingeschränkte Transporte zu den sich eingependelten geringen Frachtraten durchführen
zu können. Speditionen kleinerer und mittlerer Unternehmensgrößen, welche dieser
Veränderungen nicht nachkamen, gerieten somit zunehmend in Bedrängnis. Viele davon
waren nicht mehr wettbewerbsfähig und mussten ihr Unternehmen verkaufen.
Stark begünstigt wurde diese Entwicklung dadurch, dass die Verkehrspolitik hierzulande
ihre Kontrollen nicht weiter ausbaute. Dies ging einher mit dem Parkplatzproblem. Zwar
wurde ein Großteil der versprochenen Parkplätze gebaut, jedoch war die Kapazität der
Plätze stets unzureichend, denn ausländische Fahrer verbrachten weiterhin ihre
Wochenenden in den LKW auf den deutschen Parkplätzen. Diese haben im Jahre 2025
derweil laut der Mautstatistik einen prozentualen Anteil von fast 70%.
Doch auf Druck der großen Konzerne konnte es sich die Politik auch nicht leisten, die
Kontrollen auszubauen, denn dann würde das logistische Geschäftsmodell der
ausgeflaggten Unternehmen hierzulande nicht mehr wirtschaftlich greifen können. Die
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
35
Branche ist daher in diesem Szenario vor allem stark von der Deregulierung und
Liberalisierung seitens der EU-Politik geprägt. Dieses Modell ist vergleichbar mit dem
Konzept der Produktionsstätten der Textilindustrie. Diese verlagert die Produktion ins
Ausland an Subunternehmen, um Kosten einzusparen. Nun konnten Speditionen auch
uneingeschränkt von günstigen Logistikleistungen aus dem Ausland profitieren.
Die wenigen ausgebildeten Kraftfahrer vor den Jahren 2025 blieben daher vorzugsweise in
ihrem Ausbildungsbetrieb, sofern dieser dem Wettbewerb standhalten konnten. Die
Transportnetzwerke zwischen mittelständischen Unternehmen sowie Nischenmärkte
bieten hier einen Ausweg des harten Wettbewerbs.
Durch Imagekampagnen versuchte die Politik zwar das Bild des Fahrerberufes in der
Gesellschaft aufrecht zu erhalten, jedoch standen demgegenüber die leicht gestiegenen
Unfallzahlen durch LKW, trotz der moderneren technischen Systeme. Jedoch wog noch viel
schwerer, dass die langen Arbeitszeiten und schlecht bezahlten Löhne der Fahrer indes
längst bekannt waren.
Die Platooning-Technologie ist zwar längst marktreif, konnte durch die uneinheitliche
Gesetzeslage innerhalb der EU jedoch noch nicht rechtlich zugelassen werden. Jedoch
konnte mit der Einführung des Lang-LKW der Fahrermangel weiter abgeschwächt werden.
Für den einzelnen Fahrer ergab diese Neuerung aber keine Vorteile. Im Gegenteil: Dieses
Szenario ist für den einzelnen Fahrer vor allem deshalb so negativ, da eben der
Fahrermangel nicht zwingend spürbar war, damit sich die Bedingungen für den einzelnen
Fahrer bessern könnten.
Der Fahrermangel war hierzulande also lediglich qualitativ spürbar, denn Deutschland ist
inzwischen ein „EL Dorado“ für unseriöse Unternehmen, die Gesetzeslücken erlauben es für
diese Unternehmen sich kostensparende Vorteile zu verschaffen. Lediglich die Lenkzeiten
werden ausreichend
kontrolliert, jedoch sind die damit verhältnismäßig geringen
Bußgelder wenig abschreckend. Auch gibt es noch kein Gesetz, welches die Unternehmen
selbst bei Gesetzesverstößen der Fahrer, automatisch zur Kasse bittet. Die Kontrollen der
Lenkzeiten werden zwar durchgeführt, ob der Fahrer jedoch seine Ruhezeiten am
Wochenende im LKW verbringt oder an der Rampe die Ruhezeiten für Arbeitstätigkeiten
nutzt, wird in der Praxis weiterhin toleriert.
Die Leidtragenden dieses Szenarios sind daher die Fahrer selbst. Die überwiegend
ausländischen Fahrer wehren sich jedoch nicht gegen diese Entwicklungen, denn in ihren
36
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
Heimatländern sind in den vergangenen Jahren vermehrt asiatische Fahrer im Einsatz. Der
Fahrerbedarf wird dort eben auch durch ausländische Fahrer gedeckt, wodurch die
osteuropäischen Fahrer den einzigen Ausweg sehen, hierzulande zu „besseren Löhnen“ zu
arbeiten. Zwar unter meist miserablen Arbeitsbedingungen, jedoch zumindest ausreichend,
um die Familie zu Hause finanziell versorgen zu können.
Ein Großteil der Fahrer, welche in den letzten Jahren hierzulande eine Ausbildung
absolvierten, gab den Fahrerberuf auf und versuchte sich eine Perspektive in einem
anderen Beruf aufzubauen. Denn die Konkurrenz osteuropäischer Fahrer war in den Jahren
bis 2025 zu groß. Die Entwicklung der Löhne erreichte im Jahre 2025 einen Tiefstand von
durchschnittlich 1200 Euro. Der Fahrermangel war aber aufgrund der zahlreichen
Arbeitskräfte aus dem Ausland nicht spürbar. Eine Ausnahme stellen Unternehmen dar,
welche Sondertransporte u. Nischenmärkte bedienen. Jedoch pendelte sich auch dort ein
gesunkenes Lohnniveau im Vergleich zu 2013 ein, da die Unternehmen auch für qualitativ
anspruchsvolle Transporte nun überwiegend osteuropäischer Fahrer einsetzen- es waren
mittlerweile nämlich fast keine eigenen ausgebildeten Fahrer mehr verfügbar.
Die Qualität des Fahrerberufes ist in diesem Szenario wie auch im negativen Trendszenario
überwiegend als sittenwidrig einzuordnen. Da internationale Speditionen aufgrund der
lockeren Gesetzgebung hierzulande auch stark an inländischen Transporten im Nahverkehr
interessiert sind, macht sich der Fahrermangel lediglich qualitativ bemerkbar.
Diese Tatsache geht jedoch mit der Konsequenz einher, dass aufgrund der schlechten
Arbeits- und Lohnbedingungen die Qualität der logistischen Leistungen stark zurückging. Es
ist im Jahre 2025 schwer, individuelle anspruchsvolle logistische Leistungen schnell zu
bekommen. Denn der Anteil dieser Unternehmen ist stark gesunken. Nischenmärkte
konnten sich nicht weiter ausbauen, da qualitativ gut ausgebildete Fahrer fehlen.
Statistiken weisen auch auf einen höheren Anteil verspäteter Lieferungen hin. Dies ist unter
anderem auch eine Konsequenz der überfüllten Parkplätze u. langen Wartezeiten an den
Rampen. Die Anzahl des Personals ist in diesem Szenario also nicht das Kernproblem im
Jahre 2025, sondern vielmehr die miserablen Umstände innerhalb der Branche.
Jedoch ist eine Entwicklung für dieses Szenario absehbar: Die Prognosen nach 2025 für den
Fahrer selbst, können nur besser werden. Denn die Transportnachfrage wird kontinuierlich
steigen, die Anzahl an vorhandenen Fahrern bei schlechten Arbeitsbedingungen langfristig
jedoch eher nicht. Fahrer, welche hierzulande wohnhaft sind, haben in diesem Szenario auf
lange Sicht gesehen keine Zukunftsperspektive in diesem Beruf.
3. Die Zukunft des Berufskraftfahrers
37
Für die deutsche Marktwirtschaft birgt dieses Szenario daher ein außerordentlich hohes
Risiko: Würden nach 2025 auch die ausländischen Fahrer hierzulande abwandern, könnte
der quantitative Fahrermangel in einem großen Ausmaß schlagartig einsetzen. Die
Auswirkungen wären dann verheerend, da eine Versorgung der Menschen ohne
ausreichende Transporte nicht gewährleistet werden kann.
Fazit:
Das
negative
Extremszenario
beinhaltet
für
den
Fahrer
selbst
Lohn-
und
Arbeitsbedingungen, welche einem modernen Europa des 21. Jahrhunderts nicht
entsprechen. Die einheimische Fahrerausbildung bietet in diesem Szenario keine
Zukunftsperspektive. Bis 2025 sind in diesem Szenario genügend ausländische Fahrer bereit
Transporte durchzuführen. Es besteht somit noch kein spürbarer Fahrermangel- und somit
auch kein Anlass für bessere Arbeitsbedingungen.
Falls ausländische Fahrer jedoch auch aufgrund der miserablen Umstände abwandern,
könnte es dazu kommen, dass langfristig der Fahrermangel in hohem Ausmaß anhält. Somit
würde eine starke Angebotslücke im Fuhrgewerbe entstehen, welche durch Maßnahmen
wie Lohnerhöhungen oder Überarbeitungen der Gesetze kurz und mittelfristig nicht
behoben werden kann.
Tabelle 13: Auswirkungen des Negativen Extremszenarios
Auswirkungen auf beteiligte Kräfte/ Fahrerkapazität:
Speditionen
(Inland)
Kunden
Fahrer
Fahrerkapazität im
Fahrerkapazität
Jahre 2025
nach 2025
38
4. Gesamtfazit
4. Gesamtfazit
Nach Beschreibung möglicher Szenarien für das Jahr 2025 ist festzuhalten, dass sich die
Lohn- und Arbeitsbedingungen des Berufskraftfahrers in der Zukunft stark unterscheiden
können. Um die äußeren Umstände des Kraftfahrers im Jahre 2025 beschreiben zu können,
muss die europaweite Transportbranche und deren Faktoren betrachtet werden.
Besonders der harte Wettbewerb durch ausländische sowie ausgeflaggte deutsche
Unternehmen wird diese Lage beeinflussen. Dieser Wettbewerb kann jedoch wiederum von
der Politik beeinflusst werden. Der politische Einfluss ist als stärkster Faktor einzuordnen.
Dies wird nicht nur durch die Expertenmeinungen belegt. Betrachtet man die
Vergangenheit des Transportgewerbes, so können die starken Einflüsse durch die
gesetzlichen Regelungen und deren Anwendungen beobachtet werden.
Die hohe Diskrepanz des positiven und negativen Trendszenarios lässt sich vor allem mit
diesem Faktor erklären. Die Weichen im Jahre 2013 sind laut der Expertenmeinungen
derzeit eher für die Richtung des Negativen Trendszenarios gestellt. Solange die Löhne der
Fahrer durch die harte Konkurrenz nicht steigen, solange sich vor allem die Arbeitszeiten
der Fahrer nicht maßgeblich reduzieren lassen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich
der Kraftfahrer im Jahre 2025 im Bereich dieses Szenarios wiederfindet. Da jedoch bereits
heute in den ausländischen Staaten auch ein Fahrermangel sich abzeichnet, kann dieses
Szenario für die Transportbranche und vor allem für die deutsche Wirtschaft ein
außerordentliches Risiko mit sich bringen. Denn in der Zukunft werden auch ausländische
Fahrer europaweit gesucht sein, da der Fahrermangel die meisten Staaten in Europa
betrifft. Nicht nur Deutschland wird dringend Fahrer benötigen, sondern z.B. auch die
Niederlande, Frankreich, Spanien oder Italien. Die Erhöhung der Ausbildungszahlen sollte
daher für die Zukunft höchste Priorität haben, um die Transportwirtschaft im
Straßengüterverkehr aus eigener Kraft aufrecht zu erhalten.
Technische Neuerungen werden für die Situation des Fahrers in der Zukunft eher
zweitrangig sein. Diese prägen zwar auch den Arbeitsalltag der Fahrer, jedoch haben sie
wenig Einfluss darauf, ob sich das Lohnniveau entscheidend verbessert oder die
Arbeitszeiten wirklich eingehalten werden.
Am Zuge sind also nun vor allem die Politik und die Unternehmen selbst. Die Politik muss
zutreffende Harmonisierungen im Transportgewerbe für inländische sowie ausländische
4. Gesamtfazit
39
Unternehmen schaffen, durch Überarbeitung bestehender Gesetze, Einführung neuer und
korrekter Anwendung der geltenden Gesetze.
Ein erster Grundstein wurde durch die Politik immerhin mit dem Förderprogramm für Ausund Weiterbildung gelegt, welches von den Unternehmern hierzulande in den kommenden
Jahren auch genutzt werden muss. Viele Speditionen u. Logistikdienstleister müssen auch
ihre Unternehmensphilosophie ändern und auf Personal setzen, welches sie selbst
ausbilden. Nur wenn diese Faktoren in der Zukunft gemeinsam auftreten, kann der harte
Wettbewerb im Transportgewerbe in den kommenden Jahren langfristig entschärft und
dem drohenden Fahrermangel entgegengewirkt werden. Dies muss das Hauptziel sein,
ansonsten wird es ein Großteil der Unternehmen, welche ihre Fahrer heutzutage zu fairen
Konditionen beschäftigen, im Jahre 2025 hierzulande nicht mehr geben.
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