Was mache ich mit meinen Schulden (Teil 1)

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Was mache ich mit meinen Schulden (Teil 1)
So befreien Sie sich aus der Schuldenfalle
Überschuldung - was ist das
Schulden sind heute nichts Ehrenrühriges mehr. Mit der zunehmenden Kaufkraft der
privaten Haushalte und dem Vertrauen auf ein regelmäßiges Einkommen veränderte sich
auch das Verhältnis der Bevölkerung zu Krediten. Mehr und mehr werden Konsumgüter,
Immobilien und auch andere Käufe durch Darlehen finanziert. Ihre Aufnahme ist
unproblematisch - sofern:
1. genügend finanzieller Spielraum für die Rückzahlung der Raten bleibt und
2. bei der Kreditaufnahme einkalkuliert wird, dass einmal unvorhersehbare
Zusatzausgaben auftreten können oder erwartete Einnahmen plötzlich ausbleiben.
Ist dies jedoch nicht gesichert und reicht das monatliche Einkommen dauerhaft nicht aus,
die fixen Lebenshaltungskosten sowie fällige Raten und Rechnungen zu bezahlen, ist
Überschuldung eingetreten. Überschuldung macht Angst, macht handlungsunfähig, führt
auch zur psychosozialen Verunsicherung.
Wie kommt es zu Überschuldungen?
Häufigster Auslöser solch einer Notlage ist das Eintreten eines oder mehrerer kritischer
Lebensereignisse. Hierzu gehören der plötzliche Verlust des Arbeitsplatzes, eine
Ehescheidung oder die Trennung von geliebten Personen, eigene Krankheit oder der Tod
naher Angehöriger. Vielfach rühren daraus Depressionen, Antriebsverlust,
Orientierungslosigkeit und das Fehlen einer Lebensperspektive. Verstärkt werden solche
Schicksalsschläge durch Probleme, wie die mangelnde Fähigkeit, mit Geld umzugehen,
oder eine Anfälligkeit gegenüber Werbepraktiken von Anbietern. Die Folge sind weitere
Tiefschläge: Gleichen die monatlichen Einnahmen die monatlichen Ausgaben nicht mehr
aus, sperrt die Bank das Girokonto. Die Mahnungen häufen sich, die Kündigung der
Wohnung droht und der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür. Die daraus folgende Angst
macht viele Menschen erst recht handlungsunfähig.
Ist ein Schuldenberg der Anfang vom Ende?
Nein, das ist er nicht. Alle Fälle haben die Chance für einen Neubeginn! Zum einen leistet
ein ganzes System an professionellen Beratungsstellen den Betroffenen konstruktiven
Beistand. Sie helfen ihnen, ihre Schulden zu tilgen und Ihr Privatleben neu zu ordnen.
Zum anderen ermöglicht das seit 1999 geltende Verbraucherinsolvenzrecht mit seinen
zum 01.12.2001 in Kraft getretenen Änderungen auch in hohem Maße überschuldeten
Privathaushalten, nach Erteilung der Restschuldbefreiung wieder mit schwarzen Zahlen
zu haushalten. Dies setzt zwar ein langwieriges und nicht ganz einfaches Verfahren
voraus, doch es gibt Betroffenen reale Hoffnung auf einen echten Neuanfang. Eine
wichtige Voraussetzung ist die offene Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen
Überschuldeten und Beratungskräften der Schuldnerberatung.
Was Sie wissen und beachten sollten
Wie darf ein Gläubiger sein Geld wieder eintreiben?
Meist mahnt der Gläubiger die Zahlung der Schulden zunächst schriftlich an. Dieser Brief
ist ein erstes Signal, das nicht zu unterschätzen ist. Es ist wichtig, sofort zu überprüfen,
ob die gestellten Forderungen wirklich berechtigt sind. Bei Zahlungsverzug darf sich der
Gläubiger zur Beitreibung seiner Forderungen auch fremder Hilfen bedienen, etwa
vorgerichtlicher Inkassobüros. Dabei entstehende Kosten müssen
Schuldnerinnen/Schuldner tragen, der Gläubiger hat diese Kosten aber möglichst gering
zu halten (Schadensminderungspflicht).
Was tun, wenn ein Inkassovertreter vor der Tür steht?
Zunächst lässt man sich die Abtretungserklärung oder die Geldempfangsvollmacht
vorlegen. Sie muss vom Gläubiger unterschrieben sein. Jede Forderung, die das
Inkassobüro geltend macht, ist genau zu prüfen. Inkassobüros dürfen
Schuldnerinnen/Schuldner nicht unter Druck setzen. Wer sich hier unsicher oder
überfordert fühlt, sollte eine Schuldnerberatungsstelle konsultieren.
Was geschieht beim Ignorieren einer Mahnung?
Wird auf die schriftliche Mahnung nicht reagiert bzw. ein gesetzter Zahlungstermin nicht
eingehalten, beantragt der Gläubiger einen Mahnbescheid (früher Zahlungsbefehl
genannt). Er ist eine Aufforderung, dem Gläubiger eine bestimmte Geldsumme zu zahlen
oder seinem Anspruch zu widersprechen. Das zuständige Amtsgericht prüft dabei weder
Inhalt noch Richtigkeit der Angaben. So empfiehlt es sich zunächst, alle einem zur
Verfügung stehenden Unterlagen selbst zu checken. Gegen den Mahnbescheid kann
binnen zwei Wochen Widerspruch eingelegt werden, ohne diesen begründen zu müssen.
Dazu liegt dem Mahnbescheid ein entsprechendes Formular bei.
Tritt ohne Widerspruch die Vollstreckung ein?
Ja, wird kein Widerspruch erhoben, erlässt das Gericht einen Vollstreckungsbescheid.
Dieser ermöglicht dem Gläubiger, seine Forderung zwangsweise mit Hilfe von
Gerichtsvollzieherinnen/Gerichtsvollziehern oder durch Lohnpfändung einzufordern.
Gegen den Vollstreckungsbescheid kann binnen zwei Wochen Einspruch eingelegt
werden. Dieser bewirkt zwar, dass der Vollstreckungsbescheid nicht endgültig wird.
Dennoch kann zunächst weiterhin Habe oder Lohn gepfändet werden. Ohne Einspruch
gegen den Vollstreckungsbescheid wird dieser jedoch rechtskräftig. Er verjährt erst nach
30 Jahren.
Auf welche Weise können Forderungen zwangsvollstreckt werden?
Das ist auf Basis eines gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch
Sachpfändung, Eidesstattliche Versicherung und Forderungspfändung möglich. So dürfen
Gerichtsvollzieherinnen/ Gerichtsvollzieher die Wohnung von Schuldnerinnen/Schuldnern
mit deren Einwilligung nach pfändbaren Sachen durchsuchen. Gegenstände mit einem
Wert von unter 150 € werden jedoch meistens nicht gepfändet.
Was ist eine eidesstattliche Versicherung?
Diese können die Gerichtsvollzieherinnen/Gerichtsvollzieher auf Antrag eines Gläubigers
von Schuldnerinnen/Schuldnern verlangen. Sie hat zum Ziel, die gesamte
Vermögenssituation offen zu legen. Falschangaben werden dabei strafrechtlich verfolgt.
Angeordnet werden kann eine eidesstattliche Versicherung bereits im Rahmen eines
erfolglosen Vollstreckungsversuches in der Wohnung der Schuldnerinnen/Schuldner.
Meist geschieht dies, wenn nicht genug pfändbare Gegenstände vorhanden sind, die
Durchsuchung der Wohnung durch Gerichtsvollzieherinnen/Gerichtsvollzieher verweigert
wird oder trotz Ankündigung wiederholt niemand in der Wohnung anzutreffen ist.
Welche Konsequenzen drohen Schuldnerinnen/Schuldnern, die eine eidesstattliche
Erklärung nicht zum festgesetzten Termin abgeben?
Er oder sie kann auf Antrag eines Gläubigers in Erzwingungshaft genommen werden.
Diese kann maximal sechs Monate andauern.
Welche Gegenstände sind unpfändbar?
Hierunter fallen notwendige Kleidungsstücke, Möbel, Betten, Wäsche, Küchengeräte,
Nahrungs-, Feuerungs- und Beleuchtungsmittel sowie Gegenstände, die der persönlichen
Erwerbstätigkeit dienen (z.B. der Computer einer Studentin oder Lehrerin). Bei
Pfändungen von Lohn und Gehalt dürfen die Hälfte von Überstundenvergütungen, das
Urlaubsgeld sowie maximal 500 € des Weihnachtsgeldes nicht angerührt werden, ebenso
nicht Erziehungsgeld, Kindergeld, Unterhaltsvorschuss, Sozialleistungen und Pflegegeld.
Welche Einkommensteile genießen keinen Pfändungsschutz?
Pfändbar sind Lohn und Gehaltsanteile, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Renten- sowie
Hinterbliebenenbezüge (alle bis zur gesetzlichen Pfändungsgrenze).
Auch Steuerrückzahlungen vom Finanzamt, Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen,
soweit sie die Todesunfallsumme von 3.579,00 € übersteigen, Auszahlungen der
Bausparsumme nach Zuteilung, Giro- oder Sparguthaben bei Kreditinstituten,
Mieteinkünfte (auch aus Untermiete) sind pfändbar.
Hinweis:
Seit dem 01.01.2002 gilt eine neue Pfändungstabelle.
Was bewirkt eine Kontopfändung durch den Gläubiger?
Er erreicht damit, dass das Konto von Schuldnerinnen/Schuldnern gesperrt wird und die
darauf befindlichen Guthaben an ihn überwiesen werden. Damit können auch von
Überschuldeten angewiesene Daueraufträge für Miete, Strom u.ä. nicht mehr ausgeführt
werden. Sozialleistungen wie Wohngeld, Kindergeld und Erziehungsgeld sind nur für die
Dauer von sieben Tagen seit der Gutschrift unpfändbar. Schuldnerinnen/Schuldner
müssen schnell reagieren und innerhalb von sieben Tagen über das Geld verfügen (Frist
beginnt ab dem Tag, an dem das Geld auf Ihrem Konto ist).
Wie hoch liegen die Pfändungsfreigrenzen?
Nach der Anhebung der Pfändungsfreigrenzen vom 1. Januar 2002 können Lohn und
Gehalt bei einer alleinstehenden Person grundsätzlich erst ab einem monatlichen
Nettobetrag von 930,00 € gepfändet werden. Bei Eheleuten erhöht sich dieser Betrag auf
1.280,00 €, bei Familien mit einem Kind auf 1.470,00 €, bei Familien mit zwei Kindern
auf 1.670,00 €. Auf Antrag beim Amtsgericht kann die Pfändungsfreigrenze bei Vorliegen
besonderer Umstände angehoben werden (§ 850 f ZPO). Strengere Maßstäbe für
Pfändungsfreigrenzen gelten hingegen meist bei Unterhaltsschulden.
Kann man Bürginnen/Bürgen für ausstehende Schulden haftbar
machen?
Gläubiger sichern ihre Forderungen zuweilen durch Bürgschaften ab. Zahlen
Schuldnerinnen/Schuldner nicht, können Gläubiger sich bei der selbstschuldnerischen
Bürgschaft in der Regel direkt an Bürginnen/Bürgen halten, bei der Ausfallbürgschaft nur,
wenn Hauptschuldnerinnen/Hauptschuldner nicht zahlen.
Inwiefern haften Ehepartner für entstandene Forderungen mit?
Schulden, die für den angemessenen täglichen Lebensbedarf gemacht werden,
beispielsweise den Kauf notwendiger Kleidung beim Versandhandel, werden automatisch
auch von der Ehepartnerin/dem Ehepartner mit getragen. Bei Kreditverträgen haften
Verheiratete nur, wenn sie diese Verträge gemeinsam unterschrieben haben oder eine
Bürgschaftserklärung der Ehepartnerin/des Ehepartners notwendig war. Als
Mitkreditnehmerin/Mitkreditnehmer oder Bürgin/Bürge verpflichten sich Eheleute, für alle
Ansprüche der Bank aus diesem Kreditverhältnis einzustehen.
Wie können gegebenenfalls Ehepartner oder nahe Angehörige aus der
Bürgschaft herauskommen?
Mitunter haben Sie Kreditverträge bzw. Bürgschaftserklärungen mit unterschrieben, die
Sie wahrscheinlich nicht aus eigener Kraft zurückzahlen können. So stufen Gerichte die
von den Kreditinstituten geforderten Mitunterschriften und Bürgschaften zunehmend als
sittenwidrig ein und zwar dann, wenn
*die Bürgschaft erheblich die Leistungsfähigkeit der Bürgin/des Bürgen übersteigt
und
*bei Bürgschaftsübernahme die Entscheidungsfreiheit der Bürgin/des Bürgen durch die
Schuldnerin/den Schuldner in unzulässiger Weise beeinflusst wurde (z.B. wurden Sie als
bürgende Person durch massiven Druck zur Abgabe ihrer Unterschrift bewegt oder die
möglichen Konsequenzen der Unterschrift wurden Ihnen verharmlosend dargestellt.),
oder
*die Bürgschaft aus emotioneller Verbundenheit zur Partnerin/zum Partner übernommen
wurde, obwohl die Bürgin/der Bürge dadurch aufgrund ihrer/seiner Einkommens- und
Vermögenslage finanziell krass überfordert ist, und die Bürgschaft deshalb für den
Gläubiger sinnlos ist,
und
*an der Kreditaufnahme kein besonderes Eigeninteresse der bürgenden Person bestand.
Schuldnerberatung als professionelle Hilfe
Wo gibt es Schuldnerberatungsstellen?
Bundesweit unterstützen kostenlos rund 1100 Schuldnerberatungsstellen Menschen und
Familien in finanzieller und persönlicher Not. Träger sind der Deutsche Caritasverband,
das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche, das Deutsche Rote Kreuz, die
Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, die
Verbraucherberatungsstellen und die Sozialämter in Gemeinden, Städten und
Landkreisen. Ihre Adressen erfragen Sie unter der Telefonhotline:
0180 5 329 329 oder auf unseren Linkseiten
Warum lohnt der Weg zur Schuldnerberatung?
Weil er erwiesenermaßen für sehr viele Menschen das Ende einer Spirale bedeutet, aus
der sie nicht mehr selbst herausfinden. Etwa 2,8 Millionen Haushalte sind überschuldet.
Viele rutschen dann so tief in die roten Zahlen, dass es ihnen beinahe unmöglich
erscheint, je wieder ein Leben ohne Schulden zu führen. Aber selbst eine schier
aussichtslose finanzielle Lage ist noch längst kein Grund, den Kopf in den Sand zu
stecken. Schuldnerberatungsstellen helfen und unterstützen Betroffene beim Versuch der
Entschuldung.
Wer arbeitet in einer Schuldnerberatungsstelle?
Hier sind sowohl Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen(Sozialarbeit,
Rechtswissenschaft, Ökotrophologie, Bankwesen) tätig als auch Experten, die
Insidererfahrungen in Bankangelegenheiten aber auch Hauswirtschaftskunde mitbringen.
Allesamt sind sie sowohl mit den Nöten einer Überschuldung vertraut als auch mit den
Problemen, die sich oft daraus ergeben können. So raten und helfen sie Betroffenen
beispielsweise auch bei drohender Wohnungsnot. Vor allem aber versetzen sie
Hilfesuchende in die Lage, ihre finanzielle Situation wieder in den Griff zu bekommen.
Dazu sprechen sie u.a. bei Kreditinstituten und Inkassofirmen vor.
Kann mir denn eine Schuldnerberatung auch kurzfristig helfen, wenn
sich im Briefkasten schon Mahnungen und Vollstreckungsdrohungen
häufen?
Sie kann weit mehr, als viele Betroffene in ihrer momentanen Verzweiflung ahnen.
Gerade für diesen akuten Notfall weiß die Schuldnerberatung ein ganzes Register an
Hilfsmaßnahmen zu ziehen. So wird zunächst geprüft, ob bereits alle gesetzlichen
Sozialleistungen ausgeschöpft werden, z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe,
Sozialhilfe, Erziehungsgeld, Kindergeld, Wohngeld oder Unterhaltsvorschuss für die
Kinder. Dann wird gecheckt, ob die Forderungen von Gläubigern überhaupt rechtens
sind. Liegt bei einem Kreditvertrag etwa eine Sittenwidrigkeit vor, kann gegen den
Gläubiger sogar rechtlich vorgegangen werden. Sind die Forderungen dagegen
berechtigt, wird versucht neue realistische Rückzahlungsmöglichkeiten mit den
Gläubigern auszuhandeln.
Kann mir eine Schuldnerberatungsstelle auch noch gegen bereits
drohende Zwangsmaßnahmen helfen?
Ja, durchaus. Liegen schon Zwangsvollstreckungen, Zwangsräumungen o.ä. vor, prüft
die Schuldnerberatung, ob Einspruch dagegen erhoben werden kann. Es wird auch
versucht, einen Antrag auf Einstellung der Zwangsmaßnahmen zu stellen, um Zeit für
mögliche Entschuldungshilfen zu gewinnen. Auch wird in Gesprächen mit einem
Kreditinstitut die augenblickliche Lage der/des Betroffenen geschildert, um möglichst
einen Erlass zu vereinbaren. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der eigentliche Kredit
bereits abbezahlt ist und es nur noch um Zinszahlungen geht. Schließlich prüft die
Beratungsstelle, ob vielleicht ein Verbraucherinsolvenzverfahren möglich ist.
Weshalb ist es sinnvoll, sich bei drohenden Problemen schon sehr
frühzeitig an eine Beratungsstelle zu wenden?
Je eher man sich einer Schuldnerberatung anvertraut, desto eher lässt sich die
Abwärtsspirale stoppen. Denn wer überschuldet ist, gegen den arbeitet die Zeit zusätzliche Mahngebühren und Zinszahlungen laufen auf, Einspruchsfristen verstreichen
usw. Damit wird die spätere Schuldenregulierung immer schwieriger und langfristiger.
Wie bringt mich die Schuldnerberatung wieder von meinem
Schuldenberg herunter?
Da die Schuldnerberatung dies gemeinsam mit den Betroffenen unternimmt, hilft sie
Ihnen vor allem, die Auslöser der Überschuldung zu erkennen. Sehr wichtig für eine
erfolgreiche Entschuldung sind deshalb ein vertrauensvolles Verhältnis zu den
Beratungskräften sowie eigene Einsicht und der Wille, sich an die gemeinsam
erarbeiteten Vereinbarungen zu halten. Schuldnerberatung ist also in erster Linie Hilfe
zur Selbsthilfe, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Sind erst die
Ursachen einer Notlage erkannt (z.B. Ehe- oder Familienprobleme, Arbeitslosigkeit,
Alkohol oder Drogen), wird den Betroffenen zunächst der Weg aufgezeigt, auf dem sie
den Problemen psychisch - also im Kopf - begegnen können. Denn wer seine Lage in der
Phantasie meistert, schafft dies nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungen auch in
der Praxis. Schuldnerberatung arbeitet übrigens auch eng mit anderen Hilfeeinrichtungen
zusammen, etwa den sozialpsychologischen Diensten.
Wie läuft eine Schuldnerberatung praktisch ab?
Schuldnerberatung hilft den Betroffenen zunächst, sich einen Überblick über ihre
tatsächliche finanzielle Situation zu schaffen. Liegen dann alle Unterlagen übersichtlich
geordnet vor, mag das Ergebnis wohl ernüchternd sein. Doch fast immer finden sich
Wege aus der Krisensituation. Sind die Hilfesuchenden schließlich auch mental in die
Lage versetzt worden, die Bewältigung der Probleme anzupacken, wird gemeinsam die
weitere Vorgehensweise erörtert. Ziel ist es, ein Lebenskonzept zu entwickeln bzw. das
Leben für die nächste Zeit so zu gestalten, dass Betroffene ihre möglichen Ziele auf jeden
Fall auch erreichen können - wenn sie dies nur wollen.
Wo kommt das Geld zur Schuldenbegleichung her?
Die erste Regel lautet: Auskommen mit dem Einkommen! Wo erforderlich, empfiehlt es
sich, Einnahmen und Ausgaben genau in einem Haushaltsbuch zu erfassen. Zugleich
sucht die Schuldnerberatung gemeinsam mit den Betroffenen neben
Einsparmöglichkeiten nach neuen Einnahmequellen.
Wie lange dauert eine Schuldnerberatung?
Schulden lassen sich oft nur über mehrere Jahre tilgen.
Wie bereitet man sich auf eine erste Schuldnerberatung vor?
Schnelle Hilfe, vor allem wenn akute Probleme drücken, wird erleichtert, wenn vor dem
ersten Gespräch die finanzielle Situation im Haushalt klar ist. Hierzu gehört eine
Checkliste über monatliche Einnahmen und Ausgaben, eine aktuelle
Forderungsaufstellung und eine möglichst vollständige Schuldenliste. Außerdem sollten
der Schuldnerberatung, damit sie sofort unterstützend eingreifen kann,
Lohnbescheinigungen, Mahnungen, Pfändungsbescheide usw. zur Verfügung stehen.
Was sollte man vor einer vereinbarten Schuldnerberatung beachten?
1. Keine neuen Ratenzahlungen oder Kreditaufnahmen vereinbaren und auch keine
(notariellen) Schuldanerkenntnisse unterschreiben, auch nicht, um umzuschulden.
2. Prüfen, ob die einem möglicherweise zustehenden Unterhaltszahlungen der
gegenwärtigen Lebenssituation entsprechen.
3. Eingehende Mahn- und Vollstreckungsbescheide genau auf ihre Berechtigung prüfen
- und ggf. binnen 14 Tagen beim Amtsgericht Widerspruch gegen den Bescheid einlegen
(auch gegen zu hoch erscheinende Zinsforderungen).
4. Forderungen über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur vollständigen
Offenlegung der Vermögensverhältnisse unbedingt wahrnehmen, da sonst
Erzwingungshaft droht.
5. Wer wegen seiner Schulden kein Girokonto mehr besitzt, kann bei seinem bisherigen
Kreditinstitut oder der Kreis- oder Stadtsparkasse ein Konto auf Guthabenbasis
beantragen. Dieses Konto kann nicht überzogen werden.
6. Bei einer Kontopfändung sind die Sozialleistungen (z.B. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe,
Erziehungsgeld) bis zum siebten Tag nach Eingang auf dem Konto geschützt. Das
Geldinstitut muss in diesem Zeitraum den gesamten Betrag auszahlen.
Welche Verbindlichkeiten sollten im Falle einer Überschuldung zuerst
bzw. am schnellsten beglichen werden?
Dringend empfiehlt es sich, nicht bei Miete und Energiekosten in Verzug zu kommen, um
die fristlose Kündigung der Wohnung, eine Zwangsräumung oder den Verlust der
Stromversorgung, Koch- und Heizmöglichkeiten zu vermeiden. Eher sollten andere
Zahlungen zurückgestellt werden. Sind bereits Miet- oder Energieschulden aufgelaufen,
ist ein Gang zum Sozialamt ratsam, um deren Übernahme zu beantragen (§ 15 BSHG).
Das Sozialamt kann dies als einmalige Beihilfe oder als Darlehen gewähren. Anschließend
müssen alle anderen Gläubigerforderungen sortiert und notfalls auf den aktuellen Stand
gebracht werden.
Inwiefern kann eine Umschuldung helfen?
Nehmen die Mahnungen der Gläubiger überhand, versuchen Überschuldete oft durch
einen neuen Kredit bestehende Forderungen abzulösen. Doch nicht immer ändern sie
gleichzeitig ihr Ausgabeverhalten grundlegend. Eine Umschuldung ist aber nur sinnvoll,
wenn ihr zugleich ein Konzept zur Schuldensanierung zugrunde liegt. Ohne solch ein
Konzept kann eine Umschuldung bereits ein weiterer Schritt in Richtung Überschuldung
sein. Denn eine Umschuldung kostet zusätzliche Gebühren und die Zinsen für neue
Kredite sind oft höher, so dass sich daraus eine finanzielle Mehrbelastung ergibt, ohne
dass sich die Einkommensverhältnisse verändert haben.
Soll man seine Schulden im Arbeitsamt angeben?
Schulden können sich bei der Stellensuche als entscheidende Barriere erweisen. Sind der
Arbeitsvermittlung im Arbeitsamt die finanziellen Probleme eines Arbeitssuchenden
bekannt, kann sie sich aber darauf einstellen und entsprechende Initiativen einleiten.
Deshalb empfiehlt es sich, bei Arbeitslosigkeit auch der Arbeitsvermittlung eine
Überschuldung mitzuteilen. Da diese Aussagen unter Datenschutz stehen, werden sie
auch vertraulich behandelt. In einigen Arbeitsämtern sind zu bestimmten Zeiten auch
Schuldnerberaterinnen/Schuldnerberater anwesend.
Schuldenregulierung
Geht es auch ohne Gericht?
Der Versuch, sich mit dem Gläubiger außergerichtlich zu einigen, gilt als "Königsweg"
beim Regulieren von Schulden. Grundlage ist ein von beiden Seiten akzeptierter Plan.
Schuldnerinnen und Schuldner sollten sich dabei von einer als geeignet anerkannten
Schuldnerberatungsstelle bzw. geeigneten Personen(Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte,
Notarinnen, Notare, Steuerberaterinnen, Steuerberater) oder einer Verbraucherzentrale
unterstützen lassen. Dabei geht es darum, alle ausstehenden Zahlungen zu ordnen und
im Gespräch mit dem Gläubiger Regelungen zu treffen, die es den Hilfesuchenden
ermöglichen, die Hypothek abzutragen.
Was ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren?
Bis 1998 konnten Gläubiger aus rechtskräftigen Urteilen und Vollstreckungsbescheiden
30 Jahre lang die Zwangsvollstreckung betreiben. Die 1999 in Kraft getretene
Insolvenzordung (InsO) mit der Verbraucherinsolvenz, einschließlich der seit dem 01.12
2001 geltenden Änderungen, eröffnet überschuldeten Privathaushalten die Möglichkeit
des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit anschließender Restschuldbefreiung. Danach ist
für sie ein wirtschaftlicher Neuanfang möglich.
Wie läuft ein Verbraucherinsolvenzverfahren ab?
Es läuft in folgenden Stufen ab:
1. außergerichtliche Schuldenregulierung
2. gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
3. vereinfachtes Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung
Können sich beide Parteien nicht außergerichtlich einigen, können Schuldnerinnen und
Schuldner beim Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung des
Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen. Dazu ist von einer anerkannten
Schuldnerberatungsstelle bzw. einer geeigneten Person(z.B. Anwältin/Anwalt) schriftlich
zu bestätigen, dass eine Einigung mit den Gläubigern während der letzten sechs Monate
vor Antragstellung bei Gericht nicht zustande kam. Ferner sind u.a. nötig:
* ein Einkommens- und Gläubigerverzeichnis, das die gesamte Einkommens- und
Vermögenslage der Schuldnerin/des Schuldners beschreibt und alle Gläubiger und
Forderungen enthält;
* ein Schuldenbereinigungsplan;
* eine Abtretungserklärung für den vom Gericht eingesetzten Treuhänder;
* der Antrag auf Restschuldbefreiung.
Das Gericht versucht dann zunächst auf der Grundlage des Schuldenbereinigungsplans
erneut eine Einigung herbeizuführen. Gelingt dies nicht, eröffnet es das vereinfachte
Verbraucherinsolvenzverfahren.
Wann kann ein Gericht eine spätere Restschuldbefreiung ablehnen?
Dies kann geschehen, wenn
* falsche Angaben über wirtschaftliche Verhältnisse,
* Falschangaben im Vermögens- oder Gläubigerverzeichnis gemacht werden,
* Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten während des Verfahrens verletzt werden,
* die Durchführung eines Insolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung bzw. deren
Versagung während der letzten zehn Jahre oder
* eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat erfolgte.
Liegen solche Gründe nicht vor, bestimmt das Gericht einen Treuhänder für die
Insolvenzverwaltung. An diesen muss der Überschuldete über eine sogenannte
Wohlverhaltensperiode von in der Regel sechs Jahren den pfändbaren Anteil seines
Arbeitseinkommens zahlen. Die Frist von 6 Jahren beginnt mit Datum der gerichtlichen
Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Treuhänder verteilt diese Beträge dann an die
einzelnen Gläubiger. Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode setzt die beantragte
Restschuldbefreiung ein.
Was wird von Schuldnerinnen/Schuldnern während der
Wohlverhaltensperiode erwartet?
Wer arbeitslos ist, muss sich beispielsweise um eine "zumutbare Arbeit" bemühen und
dies auch detailliert nachweisen. Außerdem ist dem Gericht jeder Wechsel der
Arbeitsstelle oder des Wohnortes mitzuteilen. Werden die Auflagen erfüllt, erhalten
Schuldnerinnen/Schuldner im fünften Jahr zusätzlich zehn Prozent des pfändbaren Teils
seiner Einkünfte, im sechsten 15 Prozent.
Überschuldung vermeiden - einige Tipps
Bevor Sie sich für eine Fremdfinanzierung entscheiden und sich neu oder weiter
verschulden, sollten Sie eine Übersicht Ihrer Einnahmen und Ausgaben einschließlich
einer Auflistung aller Schulden erstellen. Sollten die Ausgaben höher als die Einnahmen
sein, verschieben Sie die Realisierung Ihres Wunsch auf einen späteren Zeitpunkt. Achten
Sie darauf, dass die monatlichen Raten Ihnen noch einen genügend großen finanziellen
Spielraum lassen für unvorhergesehene Ausgaben und planen Sie auch ein, dass sich die
Einnahmen verringern könnten.
Sind Sie sich nicht sicher und/oder brauchen Sie Rat, so stehen Ihnen Einrichtungen zur
Einkommens- und Budgetberatung zur Verfügung.
Was muss ich beim Abschluss eines Kreditvertrages beachten?
Ganz allgemein ist es ratsam folgende Tipps, im Umgang mit Banken, bei
Kreditgeschäften, aber auch im Umgang mit anderen Geschäftspartnern zu beachten, um
bösen Überraschungen aus dem Weg zu gehen:
1. Vor der Kreditaufnahme sollte ein Haushaltsplan erstellt werden, anhand dessen sich
die regelmäßigen Einnahmen mit den laufenden Haushaltsausgaben vergleichen
lassen. Ein gutes Instrument zur Selbstinformation und Selbstkontrolle ist das Führen
eines Haushaltsbuches. Hierin werden täglich die anfallenden Ausgaben für
Lebensmittel, Haushaltswaren etc. aufgeschrieben und am Monatsende den
Einnahmen gegenübergestellt. Wie sich Einnahmen und Ausgaben sinnvoll planen
lassen, erläutern u.a. Verbraucherberatungsstellen oder der schriftliche
Beratungsdienst "Geld und Haushalt" der Sparkassen.
2. Unbedingt ist zu prüfen, ob die regelmäßigen Einnahmen die aus einem Kredit
resultierenden zusätzlichen Kosten tragen können. Die monatlichen Raten müssen
noch einen genügend großen finanziellen Spielraum für unvorhersehbare Ausgaben
lassen. Auch anstehende Veränderungen der finanziellen Verhältnisse sollten
einkalkuliert werden.
3. Vor der Aufnahme eines Kredites ist es ratsam, sich bei mehreren Banken
genauestens über die Kreditkonditionen zu informieren und auch unabhängige Stellen
zu konsultieren, die regelmäßig Kreditkonditionen vergleichen (u.a. Stiftung
Warentest oder Verbraucherzentralen).
4. Bevor ein Kreditvertrag unterschrieben wird, ist genügend Bedenkzeit nötig.
Unterschreiben sollte man nur, was man wirklich verstanden hat.
5. Die eigene Unterschrift gehört auf keinen Fall auf Blanko-Formulare, sondern nur auf
vollständig ausgefüllte Verträge.
6. Empfehlenswert sind Kredite mit festen Vertragszinsen (Vorsicht bei ZinsgleitKlauseln!). So genannte variable Kredite ohne feste Zinssätze und Raten sind in der
Regel teuer und können zu weiterem Schuldenmachen verleiten.
7. Vorsicht bei Lohn- und Gehaltsabtretungsklauseln! Hierzu unbedingt vorher das
Kleingedruckte in den Vertragsbedingungen durchlesen. Mehr Informationen dazu
enthält die Broschüre "Mehr Schutz vor den Tücken des Kleingedruckten", die
kostenlos beim Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesjustizministeriums angefordert werden kann (Jerusalemer Str. 27, 10117
Berlin).
8. Ist der effektive Jahreszins für ein Darlehen doppelt so hoch wie der marktübliche
Zinssatz, deutet dies auf Kreditwucher hin. Hier sollte man einen Rechtsberater
hinzuziehen. Der marktübliche Zinssatz lässt sich bei Verbraucher- und
Schuldnerberatungsstellen erfragen. Derzeit sind Zinsen über 13 % fraglich.
9. Vorsicht geboten ist bei Werbeanzeigen, die eine schnelle und unproblematische
Kreditaufnahme - ohne Schufa-Auskunft - versprechen.
10. Kreditvermittler fungieren als Vermittler zwischen der Bank und den
Kreditnehmerinnen/Kreditnehmern. Deshalb sind meist bei einem vermittelten Kredit
zusätzlich zu den festgesetzten Zahlungen auch an ihn noch Bearbeitungs- und
Vermittlungsgebühren zu zahlen.
11. Schulden sollten nicht mit neuen Schulden beglichen werden. Denn dadurch gerät
man leicht in ein "Schulden-Karussell". Neue Darlehen erhöhen die finanziellen
Belastungen und der Handlungsspielraum wird noch enger. Diese Form der
Kreditablösung ist in der Regel auch teurer, da zusätzliche Gebühren und
Ablösungszinsen anfallen.
12. Lässt sich eine Kreditaufstockung nicht vermeiden, sollte der Ersatzkredit zunächst
beim selben Kreditinstitut wie der Erstkredit beantragt werden. Damit lassen sich
Gebühren für eine Kreditablösung sparen.
13. Sinnvoll kann es sein, Leasing- und andere Teilzahlungsverträge zu verlängern.
Dadurch werden die monatlichen Raten kleiner.
14. Bei Zahlungsschwierigkeiten ist es falsch, erst darauf zu warten, dass
Gerichtsvollzieherinnen/Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Sinnvoller ist es, sich bei
Problemen möglichst schnell an eine Schuldnerberatungsstelle zu wenden.
15. Die Verhandlungen mit einem Gläubiger versprechen mehr Erfolg, wenn auch dieser
über mögliche Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig informiert wird.
16. Empfehlenswert ist es unbedingt, alle Kreditverträge, Mahnungen und Rechnungen
sorgfältig aufzuheben. Das erleichtert den Überblick über die gegen einen gerichteten
Forderungen.
17. Unklug ist die regelmäßige Inanspruchnahme des Dispo-Kredits. Die Kosten dafür
sind hoch.

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