Was sie Lieben - Carrie Vonderhaar
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Was sie Lieben - Carrie Vonderhaar
das Alexandra Maria Lara ist 29 und witzelt manchmal über Leute, die erst 25 sind. „Ich bin froh, dass ich auf eine gewisse Entwicklung zurückblicken kann und anders denke als früher“, sagt sie -gespräch Menschen schützen, Produktion: Vanessa Maas; Haare & Make-up: Patricia Bontscheff / Bigoudi; Styling: Jane Garber / Bigoudi; Prop Styling: Ulli Gajsar / Bigoudi; Kleidung: Strenesse Was sie Lieben 22 Oktober 2007 Der Name Cousteau steht für Tauchen, Meeresforschung und Abenteuer. Berühmt geworden ist Jaques Cousteau mit seinen Dokumentarfilmen über die Unterwasserwelt. Seine Enkelin, Céline Cousteau, verfolgte zunächst ihren eigenen Weg, fand aber dann doch ins Familiengeschäft. Wir treffen die 36-jährige vor der Küste von Vancouver Interview Mila Hanke fotos Christian Schoppe D er Name Cousteau steht für Tauchen, Meeresforschung und Abenteuer. Berühmt geworden ist Jaques Cousteau mit seinen Dokumentarfilmen über die Unterwasserwelt. Seine Enkelin, Céline Cousteau, verfolgte zunächst ihren eigenen Weg, fand aber dann doch ins Familiengeschäft. Wir treffen die 36-jährige vor der Küste von Vancouver Island, im Nord-Westen Kanadas, wo sie mit ihrem Vater Jean-Michel und dem Team der „Ocean Futures Society“ einen Dokumentarfilm über die zunehmende Gefährdung von Orcas dreht. Céline Cousteau ist eine schlanke Frau mit Sommersprossen, aufgekratzt wie ein Teenager. Frau Cousteau, Thomas Mann hat einmal geschrieben: Das Meer ist keine Landschaft, es ist das Erlebnis der Ewigkeit. Das stimmt. Das Meer ist endlos und gleichzeitig verbindet es alles. Und darin zu tauchen ist fast wie Meditation. Während andere Großväter mit ihren Enkeln spazieren gehen, zeigte Jacques Cousteau Ihnen wahrscheinlich die Unterwasserwelt. Genau. Mein Vater erzählt gerne, wie er mit sieben einfach über Bord geschmissen wurde. Ich hoffe, ihr Großvater war sanfter zu ihnen. Das war er. Er zeigte mir die Ausrüstung und sagte: das ist deine Maske, so musst du sie anziehen, hier ist dein Tank, atme normal. Bequem? Dann los! Und dann war es plötzlich sehr ruhig unter Wasser und meine Augen waren für alles offen, ich vergass sogar die Ausrüstung. Es war einfach toll. Ich war 9 Jahre alt. Damals wollten sie sich um Tiere kümmern, dann änderten Sie Ihre Meinung. Warum studierten sie später Psychologie? Ich habe Tiere immer geliebt und für mich übersetzte sich das in den Beruf des Tierarztes. Aber als mir dann erstmal klar wurde, dass ich dafür Tiere aufschneiden und wieder zunähen musste, war ich mir nicht mehr so sicher. Also studierte ich Psychologie. Ich wollte verstehen, warum die Menschen bestimmte Dinge tun. Wie an jedem dieser Tage umhüllt dichter Nebel das Team wie ein Umschlag einen Brief. Es ist sieben Uhr morgens und Céline Cousteau schippert mit dem Team auf dem Boot „Manfish“ (Menschenfisch) durch das Wasser, dass zu dieser Uhrzeit wie Asphalt November 2008 23 das -gespräch aussieht. Der Radar ist kaputt, es geht nur tuckernd voran. Céline Cousteau steht mit geradem Rücken da, atmet die salzige Luft und unterhält sich hellwach mit der Fotografin über die besten Objektive für ihre Kameraausrüstung. Das Team Cousteau ist unterwegs zu einer kleinen Insel names Sointula, um einen Orcaforscher abzuholen. Der Film, den sie gerade drehen, behandelt die Orcas als unser Gegenstück im Meer. Sie sind hier oben, um die zunehmende Gefährdung durch die immer weniger werdenden Lachsläufe zu dokumentieren, dem vornehmlichen Nahrungsmittel der Orcas. »Ich bin ein Stadtmensch, der davon träumt, kein kein handy mehr zu haen« Nach dem Studium arbeiteten Sie in einem psychiatrischen Hospital, jetzt drehen Sie einen Film über Orcas. Anscheinend war der erste Wunsch, sich um Tiere zu kümmern, doch der richtige. Ja. Ich war emotional einfach zu involviert. Der Missbrauch, den die Patienten erfahren mussten – körperlich, geistig und sexuell – hat mich zu stark mitgenommen. Ich bin in den Feierabend gegangen und diese Geschichten sind immer mitgekommen. Alexandra Maria Lara ist 29 und witzelt manchmal über Leute, die erst 25 sind. „Ich bin froh, dass ich auf eine gewisse Entwicklung zurück Wie sind Sie dann aus den beklemmenden Hallen des Krankenhauses wieder ins Familiengeschäft gelangt? Ich habe es niemals richtig verlassen. Wenn man in so einer Familie aufwächst ist man durchdrungen mit dem, was die Familie tut. Meine Großeltern sind weit gereist, genau wie meine Eltern. Wir Kinder haben sie auf diese Abenteuer verabschiedet, bis sie dann mit den Geschichten zurückgekommen sind. Und durch die Bilder, die meine Mutter geschossen hat, konnte ich alle Expeditionen nacherleben. nungen mit der Natur und den Menschen dort. Ich dachte: Das ist genau das, was du tun willst. Plötzlich war ich voller Selbstvertrauen, dass das mein Weg ist. Wahrscheinlich weil ich ihn selber gesucht habe und nicht, weil ich ihn aus irgendeinem Familienzwang gegangen bin. Ausgerechnet Alaska. Irgendwie war es genau der richtige Ort. Wir waren in Barrow, die nördlichste Stadt des Kontinents. Dort ist nichts, keine Bäume, keine Büsche. Rau und trostlos. Aber die Menschen dort waren wirklich glücklich. Da war eine eine gewisse Form der Einfachheit, die mir wirklich gefiel. Es war nicht die schöne Karibik mit ihren angenehmen Temperaturen. Es war die Rohheit, die mich gefesselt hat, die Verbindung zu den Tieren und den Menschen. Das war ein Wendepunkt für mich. Auf Sointula holt eine Forscherin das Team mit dem Wagen ab und fährt es durch den dichten, moosüberwucherten Wald an einen Strand, an dem sich die Orcas im flachen Wasser an den Kieseln massieren. Céline nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und lauscht einer anderen Art von Musik aus den Lautsprechern: Orcagesänge, aufgenommen mit einem Wassermikrofon. Hier oben sind alle verrückt nach den Meeressäugern, die man in den 60ern noch für gefährliche Killer IHRE KARRIERE … ge- Fotos: XXXXXx Also hatten Sie diese Expeditionen eigentlich immer im Hinterkopf? 24 November 2008 Oh ja. Ich kam darauf zurück, als mein Vater richtig mit seinen „Ocean Adventures“ begann. Das Team drehte gerade einen Film über die Migration der Grauwale nach Alaska. Ich fragte, ob ich nicht helfen könne. Und plötzlich war ich in Alaska, Auge in Auge mit den Grauwalen, und hatte diese großartigen Begeg- „miss texas“ (2004) In diesem Drama von Francis Ford Coppola reist Alexandra Maria Lara in Trance in vergangene Zeiten und Identi- „Unter anderen Umständen“ (2007) Alexandra Maria Lara (mit Christian Ulmen) als Modeschöpferin November 2008 25 das -gespräch halten hat. Am Strand trifft Céline einen dieser Typen, den die Orcas nicht mehr loslassen. Seit 12 Jahren verbringt Troy jeden Sommer hier am Strand, um Orcas zu katalogisieren. Sein Lager besteht aus zwei Zelten, einer Pritsche, und einer Funkstation. Auf dem Boden hat er eine Karte ausgebreitet und zeigt mit dem Finger, wo die Wale heute sein könnten. Während alle auf einen Funkspruch warten, tauschen sie Geschichten aus, wie Orcas Menschen aus brenzligen Situation gerettet haben. Zwei Teammitglieder zeigen ihre Ringe. Sie haben gerade erst in Neuseeland geheiratet und sich Orcas eingravieren lassen. Dann rauscht das Funkgerät: Wir haben welche gesehen. Sie bewegen sich nach Westen. Der Nebel klart auf. Yes! Céline macht eine Beckerfaust und legt einen kleinen Freudentanz hin. Sie bewegt sich katzenhaft, fast möchte man sagen, französisch elegant. Bisweilen kann das auch affektiert wirken – immer um eine gute Pose bedacht. Also sind sie in die Firma ihres Vaters eingetreten, wie ihr Vater in jene ihres Großvaters. Woraus genau bestand und besteht ihre Arbeit? Ich bin vor der Kamera, mache Interviews, manchmal die Logistik. Außerdem Recherche IHRE FAMILIE … Celine Cousteau, 29, wurde in Bukarest (Ru- mänien) geboren. 1983 floh die Familie mit einem Tagesvisum nach Deutschland. Bereits mit elf Jahren stand Lara für eine Fernsehproduktion vor der Kamera, mit 16 bekam sie die Hauptrolle in der ZDF-Vorabendserie „Mensch, Pia!“. 2004 spielte sie Hitlers Privatsekretärin Traudl Junge im preisgekrönten Spielfilm „Der Untergang“ von Regisseur Oliver Hirschbiegel – und überzeugte auf Anhieb Hollywoodstarregisseur Francis Ford Coppola. Er schrieb ihr einen Brief und fragte an, ob sie eine der HauEr schrieb ihr einen Brief und fragte an, ob sie eine der Hauptrollen in „Jugend ohne Jugend“ (2007) spielen wolle. Bei den Dreharbeiten zu „Control“ (2007) lernte Lara ihren Freund, den englischen Schausp. Alexandra Maria Lara ist 29 und witzelt manchmal über Leute, die erst 25 sind. „Ich bin froh, dass ich auf eine gewisse Entwicklung zurück und Vorbereitung, aber das ist von Expedition zu Expedition anders. Was ich schon immer gemacht habe, ist viel reden. Immerhin geben Sie es zu! Meine Großmutter hat mich immer Wirbelwind genannt. Ich habe ein ständiges Bedürfnis, Geschichten zu erzählen. Gilt dieses Bedürfnis auch unter Wasser? Kopfjägern auf Papua Neuguinea war. Meine Großmutter hat mich immer Wirbelwind genannt. Ich habe ein ständiges Bedürfnis, Geschichten zu erzählen. Der Name ihres Großvaters ist ein weltweiter Begriff; er taucht in Büchern, Liedern und natürlich Filmen auf. Jedoch gab es eine Person, die noch mehr Zeit auf der Calypso, dem berühmten Expeditionsschiff, verbracht hat: Ihre Großmutter. Was war sie für eine Frau? Gilt dieses Bedürfnis auch unter Wasser? Nein, im Gegenteil. Es ist kein Ort zum Schwätzen. Es ist schon fast ein heiliger Ort, der einen lehrt zu beobachten und zuzuhören. Es ist wie das Kliché sagt: Hinter jedem großen Mann steht eine Frau. Sie war einfach eine sehr starke Persönlichkeit und ließ niemandem etwas durchgehen. Wenn ich in Frankreich war, wohnte ich bei ihr. Sie sagte dann immer: Was willst du denn mit deiner Oma rumhängen? Hier sind zehn Francs, geh’ an den Strand, hol dir ein Eis und sieh den Jungs nach. Sie sind nun die dritte Generation. Für ihre Eltern hieß eine Expedition noch monatelang weg und unerreichbar zu sein. Wie sind sie damit klar gekommen? 26 November 2008 Alexandra Maria Lara (mit Christian Ulmen) als Modeschöpf Ulmen) als Modeschöpferin erin Ulmen) als Modeschöpfedftrals Modeschöpferin Was genau hat sie auf der Calypso gemacht? Fotos: XXXXXx Natalia als Model Ulmen) als Modeschöpferin erin Ulmen) als Modeschöpferinfgh jhkhgkkuöiordeiouzoo Für mich war das normal. Alle vier Wochen würde ich einen Anruf von meiner Mutter kriegen; ich kannte es nicht anders. Aber die ersten neun Jahre ist mein Mutter nicht gereist. Natürlich habe ich sie vermisst, aber ich erinnere mich auch daran, wie glücklich und erfüllt sie immer zurückkam. Sie lebte ihren Traum. Doch vor gar nicht allzulanger Zeit hat sie mir mal erzählt, dass das größte Abenteuer von allen wir Kinder waren. Auch wenn sie bei den Damals war es nicht so wie heute, dass mein einfach ein- und ausfliegen konnte. Man saß auf diesem Boot fest. Sie war die Krankenschwester, die Friseuse, die Vertraute und die Mutter. Im Prinzip hat sie alle adoptiert. Man »ICH GLAUBE AN GOT, ABER NICHT AN DEN EIN ER BESTIMMTEN ONFDRZJ« nannte sie die Hirtin. Wenn wir schon von Spitznamen reden. Als welchen Menschen haben sie Jicque, Ihren Großvater, in Erinnerung? Er war sehr nachdenklich. Und rastlos. Man hat ihn selten sitzen sehen. Wenn er etwas sagte, dann hörten die Leute ihm zu. Er kannte überhaupt keine Hindernisse, sondern packte die Dinge einfach ein. Er war ein großer Mann, aber er war auch mein Großvater, der Mann, der immer noch so tun wollte, als würde der Weihnachtsmann existieren Der Nebel lichtet sich. Céline steht neben ihrem Vater, beide haben die Ferngläser an den Augen. Plötzlich ein dickes Sprotzen. Man November 2008 27 -gespräch »ICH GLAUBE AN GOTT, ABER NICHT AN DEN EINER BESTIMMTEN KONFESSION« hört sie, bevor man sie sieht. Keine 100 Meter entfernt schneiden schwarze Flossen durch das Wasser. Doch dann dreht der Wind und der Nebel ist zurück. Die Orcas verschwinden. Dafür taucht aus der weißen Wand eine Barkasse auf, so groß wie ein Kreuzfahrtschiff, voll beladen mit gefällten Baumstämmen aus den kanadischen Wäldern. Céline lässt angewidert ihre Kamera sinken. Die Suche geht weiter. Wenn es das Team nicht betrifft, unterhalten sich Vater und Tochter auf französisch. Der Vater ist jetzt 70. Er will, dass seine Tochter irgendwann weitermacht. Und genau darauf steuert sie zu, ist jetzt schon die Hälfte des Jahres auf Reisen. Ein Bekannter sagt, dass ihre Karriere steil nach oben gehen wird. Für Privatleben bleibt da anscheinend nicht viel Platz, auch nicht für eine Beziehung. Dieser Tage versucht sie ihr Haus in Santa Fe zu vermieten, in dem sie mit ihrem Freund, einem Verkäufer für einen Sportartikelhersteller, gelebt hat. Die Beziehung ist in die Brüche gegangen. Vielleicht war es hier ja mal andersrum und er wollte ein Nest bauen und sie fliegen. Céline begründet die Trennung mit „verschiedenen Vorstellungen vom Leben“. Weiter im Westen reißt die Sonne den Nebel auseinander. In der Ferne ein Schwarm Delfine, die einem Orca folgen. Plötzlich dreht der Orca, und kommt auf den „Manfish“ zu. Kurz davor taucht er ab und dann ist plötzlich sein Gesang zu hören, der sich durch den Metallboden überträgt. Das Team hat seine Bilder und macht sich auf den Heimweg. Während die Sonne untergeht, springt der Orca noch mal aus dem Wasser und klatscht satt auf die Oberfläche. Zweimal, wie zum Gruß. Céline freut sich so sehr, dass sie glatt vergisst zu fotografieren. Das meiste hat Ihr Großvater als Pionier getan, alles war neu. Mit seinen Methoden populari- 28 November 2008 sierte er das Tauchen und die Meeresforschung. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? Wir stehen inzwischen vor neuen Herausforderungen. Es geht nun nicht mehr um die Entdeckung, sondern darum, wie wir mit den Sachen umgehen, von denen wir nun wissen, dass sie existieren. Der nächste Schritt ist also nichts neues zu finden, sondern herauszufinden, was den Dingen in den letzten 30 Jahren widerfahren ist. Was meinen Sie genau? Die Welt ist viel bevölkerter als sie sein sollte. Wir haben eine starke Wirkung auf diesen Planeten. Manche Menschen versuchen nachhaltig zu leben, andere wiederum nicht. Sei es wegen mangelnder Bildung oder purer Rücksichtslosigkeit. Auf jeden Fall haben wir mehr als wir brauchen. Wir sind uns über den Kopf gewachsen, glaube ich. Den Teil, den ich tun möchte, ist die Verbindung zu den traditionellen Völkern und Kulturen zu suchen, und ihr Verständnis zur Natur erforschen. Wir haben uns weit davon entfernt. Leider glauben manche Menschen, dass ihre Handlungen als Einzelperson überhaupt keinen Einfluss haben. Es ist einfach überwältigt zu sein, das stimmt. Die Globale Erwärmung ist ein Riesenthema und deswegen muss man es in leicht verdauliche Stücke brechen. Es ist nicht belanglos, Wasser zu sparen oder Materialien wieder zu verwerten. Es gibt alltägliche Dinge, die man tun kann und vor allem sollte man daran glauben, dass man eine Wirkung hat. Natürlich kann eine Einzelner nicht die Welt verändern. Aber viele zusammen können es. In den letzten Jahren hat sich die öffentliche Meinung sensibilisiert, vor allem nach der Dokumentation von Al Gore und dem folgenden Nobelpreis. Hat sich ihre Arbeit damit auch verändert? Wir bekommen inzwischen wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Leute sind offener ehr über die Begegnung unseres Autors M mit der Schauspielerin Alexandra Maria Lara erfahren Sie unter www.emotion.de/lara Fotos: XXXXXx das Oktober 2007 29