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Steigend oder fallend: Was aus den
Bauzinsen wird
Foto: © Eisenhans - Fotolia.com
Sie planen gerade eine Immobilienfinanzierung? Die Zinsen sind niedrig – aber
bleiben sie es auch? Sie müssen schon ein Guru sein, wenn Sie solche Fragen aus
dem Stehgreif beantworten können.
Allerdings gibt es auch ein paar greifbare Anhaltspunkte, die Ihnen bei Ihrer
Entscheidung helfen können.
Autor: Jörg Stroisch
Worum geht es?
•
Lohnt sich die Immobilienfinanzierung bei der Zinslage
Ein Blick auf den Leitzins der EZB und die Aushänge der Banken verrät: Die
Immobilienzinsen sind derzeit und weiterhin spottbillig. Der FMH-IndeX zeigt so
beispielsweise seit Monaten niedrige Durchschnittszinsen an.
Die Prognose sagt: Die Zinsen werden steigen
Indes: Mit stagnierenden oder gar sinkenden Zinsen lässt sich in der Jetzt-Zeit kein
Geschäft machen. So malt mancher Finanzvermittler auch eher ein Drohszenario für die
Zukunft: Natürlich, so die Aussage, bleibe es nicht bei diesen niedrigen Zinsen, sondern
sie würden schon sehr bald steigen.
Die angeblich steigenden Immobilienkosten in den USA, die womöglich drohende Inflation in
Europa, gerne auch die mutmaßlich weiterhin schwellende Eurokrise generell bringt manch
ein Immobilienkommentar als Argument für diese Prognose auf.
Nicht jede Zinsprognose stimmt
Sascha Kullig, Leiter des Bereichs Pfandbrief und Kapitalmarkt beim Verband Deutscher
Pfandbriefbanken, hält von solchen Prognosen wenig: „Wenn man nur daran denkt, was
für Turbulenzen die Vermutung ausgelöst hat, in den USA würde die lockere Geldpolitik
aufgegeben: Das zeigt anschaulich, wie schwierig es ist, diese Prognose langfristig
abzugeben.“
Der EZB- Leitzins ist ein guter Indikator für die künftige
Zinsentwicklung
Vor diesem Hintergrund muss man schon ein Guru sein, wenn man die tatsächlichen
Zinskonditionen in der mehr oder minder fernen Zukunft vorhersehen will. Zumal einige
der besagten Immobilienkommentare schon seit Jahren behaupten, dass die Zinsen
steigen werden, sie allerdings – mit gewissen Schwankungen – schon seit Jahren auf sehr
niedrigem Niveau verharren.
Dennoch gibt es einige gute Indikatoren, anhand derer zumindest die aktuelle und
kurzfristige Zinssituation erfassbar ist. „Für die kurzfristige Zinsentwicklung kann man
Indikatoren heranziehen“, so Kullig.
„Die Bauzinsen hängen an der Kapitalmarktentwicklung.“ So sei auch der EZBLeitzins natürlich ein Indikator, aber einer unter vielen. Man müsse sich auch immer die
regulatorische Entwicklung anschauen.
Finanzkrise sorgt für härtere Kreditkonditionen
„In Reaktion auf die Finanzkrise sind die Politiker sehr aktiv geworden und haben viele neue
Regeln für Banken eingeführt, die jetzt langsam aber sicher alle greifen“, so Kullig.
„Und das kann und hat in der Tat auch eine Auswirkung auf das Kreditvergabeverhalten
der Banken.“ So könne man feststellen, dass die Kreditvergabekonditionen der in der
Immobilienfinanzierung aktiven Banken nicht lockerer geworden seien.
Kleingedrucktes: Zinsbindung oft kürzer als gewollt!
Bei den oft plakatierten Niedrigzinsen der Banken mahnt Thomas Hentschel, Experte bei der
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, jedenfalls zur Vorsicht. Oftmals verbirgt sich die
Tücke im Kleingedruckten.
So wird der plakatierte Zins beispielsweise nur für eine Zinsbindung von fünf Jahren offeriert.
Das ist allerdings meistens inakzeptabel.
Jetzt noch längere Zinsbindung vereinbaren
Hentschel rät sogar eher dazu, 15 oder sogar 20 Jahre zu vereinbaren – dafür verlangt die
Bank dann einen Zinsaufschlag. Nach zehn Jahren könnte dann der Kreditnehmer ohne
Vorfälligkeitsentschädigung den Vertrag einseitig kündigen – und sich viel Zeit bei der
Suche nach einer Anschlussfinanzierung lassen.
Kreditvergabe: Bonitätsprüfungen werden verschärft
Noch mehr versteckt sich hinter einem weiteren Faktor: „Ein wichtiger Faktor ist die Bonität
des Kreditnehmers - also die Fähigkeit, die eingegangenen Kreditverbindlichkeiten zu
erfüllen“, sagt so Tanja Beller, Pressesprecherin Bundesverband deutscher Banken.
„Entscheidend ist also die finanzielle Situation des Bankkunden und seine persönlichen
Lebensumstände für die individuellen Konditionen.“ Dazu gehört auch das Barvermögen.
Thomas Hentschel: „Wenn der Kreditnehmer kein Eigenkapital einbringt, werden die
Zinsen höher ausfallen.“
Je höher der Beleihungswert, umso niedriger die Zinsen
Ebenfalls wichtig: der Beleihungswert. Den ermittelt die Bank anhand des Verkehrswertes
einer Immobilie und zieht davon einen eigenen Sicherheitsabschlag ab. Der kann bei
0 Prozent, aber auch bei 20 Prozent liegen. So würden zum Beispiel im Extremfall bei einem
Immobilienwert von 200.000 Euro nur 160.000 Euro als Beleihungswert akzeptiert.
Noch dazu gibt es Finanzierungsgrenzen, die gleich einen großen Sprung in den
Zinskonditionen bedeuten können: Thomas Hentschel: „Die Grundschuld im ersten Rang
ist für die Bank die sicherste. Im ersten Rang werden in der Regel bis zu 60 Prozent vom
Beleihungswert finanziert.“
Je höher das Eigenkapital, umso niedriger der Zins
Die Finanzierung ist deshalb günstig, weil die Bank mit großer Wahrscheinlichkeit im
Falle einer Zwangsversteigerung ihre Schuld auslösen könnte. Gerade die plakatierten
Niedrigstzinsen nehmen diese Grenze gerne als Ausgangslage.
Und am Beispiel: Wenn eine Bank A 0 Prozent Abschlag vornimmt, würde diese 60-ProzentGrenze bei 120.000 Euro liegen. Bei 20 Prozent Abschlag der Bank B sind es aber nur
96.000 Euro.
Es ist ein Rechenexempel: Aber sicher ist, je weniger Eigenkapital der Kunde einbringt,
desto mehr muss er über der günstigen 60-Prozent-Grenze finanzieren und desto teurer wird
es.
Da würde Bank A selbst bei deutlich schlechteren Zinskonditionen in den Gesamtkosten
immer noch günstiger bleiben. Deshalb ist neben dem Blick auf die Zinsen der Vergleich der
Restschuld des Darlehens nach Auslaufen der Zinsbindung ebenso wichtig.
100-Prozent-Finanzierung: Bank kassiert für hohes Risiko
Es gibt auch 100- oder 110-Prozent-Finanzierung, dann inklusive der Kaufnebenkosten
oder der Differenz zwischen Beleihungswert und tatsächlichem Kaufpreis: Aber hier geht
die Bank ein hohes Risiko ein und blickt besonders scharf auf die persönliche Bonität des
Kunden. Sie verlangt dann in der Regel einen deutlichen Zinsaufschlag.
Volltilgerdarlehen verringern den Zins
Hentschel ergänzt: „Wenn der Verbraucher einen höheren Anfangstilgungssatz wählt,
dann kann das auch Auswirkungen auf den Zinssatz haben. Wenn ich mehr tilge, kann
er auch niedriger sein, so zum Beispiel bei Volltilgerdarlehen.“ Volltilgerdarlehen sind
tatsächlich mit Ende der Kreditvertragslaufzeit komplett zurückbezahlt.
Der Anfangstilgungssatz bezeichnet den Prozentsatz, mit dem die Tilgung im ersten
Monat beginnt. Er kann ein Prozent betragen, aber auch deutlich höher sein – je höher er
ist, desto schneller ist das Darlehen komplett zurückgezahlt. Und desto geringer sind auch
die Gesamtkosten des Darlehens.
Darlehenshöhe: Kalkulieren Sie die Nebenkosten mit ein
Unabhängig davon fallen bei einer Bankenfinanzierung noch viele Nebenkosten an, die
nicht unbedingt über den Effektivzins eingerechnet sind. Tanja Beller: „Das können zum
Beispiel Bearbeitungskosten, Bereitstellungszinsen oder Schätzkosten für die Ermittlung des
Beleihungswertes der Immobilie sein.“
Die Expertin weist auch darauf hin, dass der Kaufpreis nicht der Endpreis für
die Immobilienanschaffung ist: Notar- und Gerichtsgebühren, Prämien für eine
Gebäudeversicherung und freiwillig abgeschlossene andere Versicherungen oder
Bausparverträge zählt sie als weitere Kostenpunkte auf.
Angeblich steigende Zinsen: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen
Es gibt also viele Faktoren, die für die tatsächliche Höhe der Bauzinsen eine große Rolle
spielen. Lassen Sie sich dennoch nicht durch Immobilienkommentare, die vermeintlich in der
Zukunft stark steigende Zinsen prognostizieren, unter Druck setzen.
Angst ist bei finanziellen Angelegenheiten ein schlechter Ratgeber. Viel wichtiger ist die
genaue Analyse der eigenen Ausgangssituation, ein vernünftiger Kauf – und auch ein
Vergleich der Zinskonditionen bei verschiedenen Kreditinstituten.
Dies sollte per „Anfrage Kreditkonditionen“ geschehen, damit es keine Verschlechterung bei
der Schufa gibt.
meineimmobilie.de-Tipp
Bevor Sie einen Darlehensvertrag bei einem Baugeldfinanzierer abschließen, sollten Sie auf
jeden Fall mehrere Angebote miteinander vergleichen. Doch Vorsicht: Nicht immer ist das
Angebot, das auf den ersten Blick am günstigsten erscheint, auch tatsächlich das beste.
Lassen Sie sich bei einer Verbraucherzentrale in Ihrer Nähe unabhängig und konkret
beraten, bevor Sie sich entscheiden.