Pfeilarten - Bogensport Rheinland

Transcrição

Pfeilarten - Bogensport Rheinland
Rheinischer Schützenbund 1872 e.V.
Trainer C Ausbildung 2007 / 2008
Referat
Thema 19: Vorstellung verschiedener Pfeilarten
Dozenten: Julia Berdi und Peter Lange
Vorgelegt am 9. Februar 2008
Hendrik Hofmann
Bahnhofstraße 32
56751 Polch
Inhaltsverzeichnis
Einführung.........................................................................................................................1
1. Physik des Pfeils und des Pfeilfluges............................................................................2
1.1 Geschwindigkeit als Maß aller Dinge.....................................................................2
1.2 Die Biegung des Pfeils............................................................................................3
1.3 Konstruktionsweise von Pfeilen.............................................................................5
2. Zum Pfeilbau verwendete Materialien..........................................................................6
2.1 Holz.........................................................................................................................6
2.2 Aluminium..............................................................................................................6
2.3 Carbon.....................................................................................................................7
2.4 Aluminium-Carbon-Komposit................................................................................8
3. Pfeilauswahl anhand der Easton-Tabelle.....................................................................10
3.1 Vorab zu klärende Parameter................................................................................10
3.1.1 Bestimmung der korrekten Pfeillänge...........................................................10
3.1.2 Bestimmung des (maximalen) Zuggewichtes...............................................10
3.1.3 Bestimmung der sonstigen Einflußfaktoren..................................................10
3.2 Handhabung der Tabelle.......................................................................................11
Schlußbetrachtung...........................................................................................................12
Literaturverzeichnis.........................................................................................................14
Anhang I: Maße und Gewichte........................................................................................15
Anhang II: Die Easton-Tabelle, Teil 1............................................................................16
Anhang III: Die Easton-Tabelle, Teil 2...........................................................................17
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Dynamischer Spine......................................................................................3
Abbildung 2: Biegung des Pfeils beim Abschuß...............................................................4
Abbildung 3: Messung des Spinewertes (Easton).............................................................5
Übersichtsverzeichnis
Übersicht 1: Vor- und Nachteile von Aluminiumschäften................................................7
Übersicht 2: Vor- und Nachteile von Carbonschäften.......................................................7
Übersicht 3: Vor- und Nachteile von parallelen Kompositschäften..................................9
Übersicht 4: Vor- und Nachteile von barreled Kompositschäften....................................9
III
Einführung
Neben dem Bogen selbst ist der Pfeil das wichtigste Ausrüstungsstück des Bogenschützen. Wenn Bogen und Pfeil nicht perfekt aufeinander eingestellt sind, ist das Streben
nach besseren Schießleistungen schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt. Zudem
kostet ein guter Satz Pfeile auch einen ordentlichen Geldbetrag. Ein Fehlkauf ist also
nicht nur sportlich ärgerlich, sondern macht sich auch schmerzlich im Portemonnaie bemerkbar.
Bei der Auswahl des Pfeils ist also größte Sorgfalt anzuwenden. Doch selbst, wenn der
Schütze diese erforderliche Sorgfalt beim Pfeilkauf anwenden will, macht es ihm die
große und für den Laien verwirrende Vielfalt an unterschiedlichen Pfeilarten sehr
schwer, den perfekten Pfeil zu finden. Da sind zunächst einmal die unterschiedlichen
Materialien, aus denen Pfeile bestehen. Es gibt Holz-, Aluminium- und Carbonpfeile.
Dazu kommen noch Kompositpfeile, die aus einem Aluminiumkern mit Ummantelung
aus Carbon bestehen, oder seit Neuestem auch umgekehrt, einen Carbonkern mit Metallhülle besitzen.
Dazu kommen dann noch nichts sagende, verwirrende oder martialische Bezeichnungen
wie z.B. X7, X10, „Navigator“ oder „Full Metal Jacket“. Aber auch ein Begriff wie
„barreled“ ist zunächst einmal nicht selbst erklärend.
Wer den richtigen Pfeil für seinen Bogen (oder den eines Vereinskameraden) finden
will, muß sich also Wohl oder Übel mit den umfangreichen Prospekten und Tabellen
der Pfeilhersteller befassen: Was sagen diese Tabellen aus ? Wie benutzt man sie ? Und
welche Daten müssen für die Anwendung der Tabellen vorher erfasst worden sein ?
Um diese Fragen leichter beantworten zu können ist das Wissen um die physikalischen
Grundlagen des Pfeilfluges eine wesentliche Hilfe, wenn nicht sogar eine Notwendigkeit.
In der vorliegenden Ausarbeitung werden diese physikalischen Grundlagen erläutert
und wichtige Fachbegriffe erklärt. Die verschiedenen Pfeilmaterialien werden mit ihren
Vor- und Nachteilen vorgestellt. Dann wird anhand der Easton-Tabelle der Weg zum
richtigen Pfeil aufgezeigt und ein Fazit gezogen.1
1 Generell wird in dieser Arbeit wegen der großen praktischen Bedeutung nur auf Produkte der Firma
Easton eingegangen. Alle Aussagen gelten aber analog auch für Produkte anderer Hersteller.
1
1. Physik des Pfeils und des Pfeilfluges
In diesem Abschnitt werden die dem Pfeil und dem Pfeilflug zugrunde liegenden physikalischen Gegebenheiten erläutert. Zunächst wird gezeigt, daß eine möglichst hohe Geschwindigkeit für einen Pfeil wesentlich ist und wie diese prinzipiell erreicht werden
kann. Dann wird dargelegt, daß ein Pfeil auch biegsam sein muß. Auch dies muß bei der
Auswahl eines Schaftes unbedingt berücksichtigt werden.
1.1 Geschwindigkeit als Maß aller Dinge
Eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen ist die wichtigste Anforderung, welche ein Pfeil erfüllen muß. Je höher die Geschwindigkeit des Pfeils, desto flacher und
somit kürzer ist die Flugbahn und desto kürzer ist somit auch die Flugzeit. Und je kürzer die Flugzeit, desto weniger anfällig ist die Flugbahn für Witterungseinflüsse.
Das erreichte Tempo des Pfeils hängt zum einen von der Kraft des Bogens ab und zum
anderen von dem Gewicht und dem Durchmesser des Pfeils. Je geringer die Masse, desto schneller fliegt der Pfeil. Jedoch haben leichtere Pfeile größere Probleme mit dem
Luftwiderstand, was die Geschwindigkeit wieder senkt. Schwerere Pfeile fliegen zwar
generell langsamer, können dies aber durch einen geringeren Luftwiderstand wieder
wett machen. Vor- und Nachteile des Gewichtes gleichen sich daher in einem bestimmten Rahmen aus.
Der Durchmesser des Pfeils beeinflusst ebenfalls den Luftwiderstand. Je kleiner der
Durchmesser, desto geringer der Luftwiderstand, desto schneller der Pfeil.2
Merke: Dünne, leichte Pfeilschäfte sind besser, weil schneller und aerodynamischer.
Aber Achtung ! Dies gilt nur mit Einschränkungen auch für den Compoundbogen. Denn
dort gilt ein Mindestgewicht für Pfeile. Der Compoundbogen ist anders konstruiert als
der Recurvebogen. Er gibt die Energie sehr viel effizienter an den Pfeil ab und ist in der
Regel auch deutlich stärker als ein olympischer Bogen. Wäre der Pfeil zu leicht, würde
er nicht genug Energie aufnehmen und der Bogen selbst müßte einen Großteil der Wurfkraft bei jedem Schuß absorbieren. Somit wäre es nur eine Frage der Zeit, bis der Bogen
wegen dieser Belastung bricht !
2 Vgl. Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, aus dem Englischen übersetzt von
Wolfgang Höber, http://home.arcor.de/vsgbogen/training/pfeil_&_pfeilflug.htm, Stand 01.02.2008.
2
Als Faustregel beträgt das Mindestgewicht nach der International Bowhunting Organization (IBO) 5 grains pro lb3 Zuggewicht. Jeder Hersteller hat aber eigene Vorschriften,
welche tunlichst beachtet werden sollten - aus Sicherheitsgründen, und um die Garantie
auf den Bogen nicht zu verlieren.4
1.2 Die Biegung des Pfeils
Leider ist es nicht damit getan, einfach nur den leichtesten / dünnsten und somit
schnellsten Pfeil auszuwählen. Der Pfeil muß auch eine exakt zum Bogen passende
Biegsamkeit haben. Denn nach dem Abschuß erfährt der Pfeil eine Krümmung, da die
von hinten wirkende Kraft des Bogens den Pfeil nach vorne bewegen will, dem jedoch
am anderen Ende des Schaftes die Massenträgheit der Pfeilspitze entgegen steht. Dadurch wird der hintere Bereich des Pfeils schneller beschleunigt als der vordere Teil.
Abbildung 1: Dynamischer Spine
Quelle: Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen,
a.a.O., modifiziert durch den Verfasser
Die dadurch entstehende Biegung nennt man auch den dynamischen „Spine“ (engl. spine = Wirbelsäule, Rückgrat).5 Dieser Spine bewirkt während des ganzen Fluges eine
schlängelnde Bewegung des Pfeils. Der Pfeil wird zuerst in eine Richtung gebogen und
gleicht dies dann immer wieder durch eine Biegung in die jeweils entgegengesetzte
Richtung aus.
Ist der Spine nun zu groß oder zu klein, d.h. der Pfeil zu weich oder zu hart, so führt
dies einerseits zu einem unruhigen Pfeilflug und somit zu ungenauen Schußergebnissen.
Zum anderen kann auch die Befiederung den Griff berühren, weil der Pfeil sich nicht in
ausreichendem Maße um das Mittelstück biegen kann. Dies führt wiederum zu mangelnder Zielgenauigkeit und außerdem zu Beschädigungen des Pfeils.6
3 Zu Einheiten von Maßen und Gewichten siehe Anhang I.
4 Vgl. Meissner, Harald: Grundsätzliches zum Thema Carbon-Pfeile und Compoundbogen,
http://www.compoundbow.de/pfeilgedanken.htm, Stand 01.02.2008.
5 Vgl. Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O.
6 Ebenda.
3
Die nachfolgende Abbildung zeigt anschaulich den dynamischen Spine des Pfeils nach
dem Lösen.7
Abbildung 2: Biegung des Pfeils beim Abschuß
Quelle: Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O., modifiziert durch den Verfasser
Eine Messung des dynamischen Spine wäre sehr aufwendig und nur mit enormen technischen Mitteln (Hochgeschwindigkeitskamera) überhaupt durchführbar. Sehr viel einfacher kann der statische Spine gemessen werden. Dieser läßt Rückschlüsse auf den dynamischen Spine zu und ist somit ein akzeptables und vor allem praktikables Kennzeichen für die Biegsamkeit eines Schaftes. Gemessen wird die statische Biegung, indem
ein Pfeilschaft auf zwei Auflagepunkte gelegt wird und dann in der Mitte des Schaftes
ein Gewicht befestigt wird. Die dann gemessene Durchbiegung nach unten ist der Spine-Wert, wie er in jeder Pfeiltabelle auftaucht. Wenn im Zusammenhang mit Pfeilen
also vom Spine oder Spinewert die Rede ist, dann ist diese Durchbiegung des Schaftes
unter statischer Last gemeint.
Bei der Firma Easton wird zur Messung ein 29 inches langer Blankschaft bei einer
28 Zoll Spanne mit einem Gewicht von 1,94 lbs versehen. Der resultierende Spine wird
gemessen und ebenfalls in Zoll angegeben.8 Die nachfolgende Abbildung stellt die
Messmethode grafisch dar.
7 Interessante Hochgeschwindigkeits-Videofilme zum Pfeilflug gibt es auf der Internetseite der Firma
Beiter: http://www.wernerbeiter.com/de/informationen/videoclips/der_weg_ins_zentrum.php
8 Vgl. Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O.
4
Abbildung 3: Messung des Spinewertes (Easton)
Quelle: Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O., modifiziert durch den Verfasser
1.3 Konstruktionsweise von Pfeilen
Pfeile müssen also einerseits zwingend biegsam sei, andererseits müssen sie jedoch
auch stabil genug sein, um den mechanischen Beanspruchungen Stand zu halten. Sie
sollen sich schließlich weder verbiegen noch brechen.
Die meisten Pfeile sind daher hohle Röhren, denn Röhren sind bei gleicher Materialmenge stabiler als solide Stäbe. Hohle Holzpfeile herzustellen ist jedoch sehr aufwendig, daher bestehen Holzpfeile meist aus einem soliden Schaft. Weiterhin sind bei gegebener Materialmenge Röhren mit größerem Durchmesser und dünneren Wänden steifer,
doch mechanisch schwächer, als dünnere Röhren mit dickeren Wänden. Hier müssen
also Kompromisse geschlossen werden.9
Im nächsten Kapitel werden nun die unterschiedlichen Materialien für den Schaftbau
vorgestellt und es wird gezeigt, welche Vor- und Nachteile sie unter Berücksichtigung
der obigen Grundsätze haben.
9 Vgl. Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O.
5
2. Zum Pfeilbau verwendete Materialien
Pfeilschäfte können aus den unterschiedlichsten Werkstoffen bestehen. Welche dies
sind und welche Eigenschaften diese haben wird nachfolgend erläutert.
2.1 Holz
Holz diente jahrtausendelang als Baumaterial für Pfeile. Heute jedoch haben Holzpfeile
im Sport so gut wie keine Bedeutung mehr. Für Langbogenschützen sind sie weiterhin
vorgeschrieben10, aber sonst wird man wohl niemanden mehr sehen, der Holzpfeile benutzt.
Zwar können heute auch Holzschäfte sehr genau hergestellt werden, doch bleibt Holz
ein Naturprodukt, das natürlichen Schwankungen in der Qualität unterliegt. Dies bedeutet, daß selbst auf der Länge eines Schaftes sowohl die Dichte des Materials als auch der
Spinewert variieren können. Einen weitgehend zueinander passenden Satz Holzpfeile zu
finden ist nur mit viel Arbeit und großem Materialeinsatz möglich.
Zudem ist Holz sehr witterungsempfindlich. Sowohl hohe Feuchtigkeit als auch Trockenheit beeinträchtigen das Material. Der Pfeil kann sich leicht krümmen oder beschädigt werden.
Vorteile bietet der Holzschaft also keine (nicht einmal beim Preis), dafür jedoch sehr
viele Nachteile, welche moderne Materialarten nicht aufweisen.
2.2 Aluminium
Vor dem Aufkommen von Carbonschäften war Aluminium das ideale Material für Pfeile - und das ist es in einigen Bereichen auch heute noch. Aluminium ist leicht und
feuchtigkeitsunempfindlich. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil ist der Preis.
Aluminiumpfeile sind sehr günstig. Somit ist der Alupfeil auch ideal für Anfänger.
Allerdings kann ein Aluminiumpfeil leicht verbogen werden. Dies kann schon beim ungeschickten Pfeilziehen passieren, aber ebenso auch wenn der Pfeil auf den Ständer
oder andere harte Gegenstände trifft. Einen einmal verbogenen Pfeil kann man zwar ansatzweise wieder gerade biegen. Zum Schießen ist er jedoch nicht mehr zu gebrauchen.
Der Durchmesser von Aluminiumschäften muß vergleichsweise groß sein, weil das Material nicht sehr steif ist. Durch die Dicke sind sie weniger aerodynamisch. Zudem sind
sie schwerer als Carbon oder Komposit Schäfte. Daher sind sie insgesamt windanfälli10 Vgl. FITA: CONSTITUTION AND RULES, Book 4, Field Archery Rules, Abschnitt 9.3.7.2, Seite 8,
Stand 01.04.2006.
6
ger und langsamer als diese.11 Für Draußen und auf große Entfernungen sind sie also
nicht gut geeignet.
In der Halle spielen Windeinflüsse jedoch keine Rolle. Daher sind diese Nachteile hier
irrelevant. Im Gegenteil: Ein dicker Aluminiumpfeil mit großer Befiederung und schwerer Spitze beruhigt sich nach dem Abschuß sehr schnell und fliegt besser. 12 Und ganz
nebenbei kann man auch noch den einen oder anderen höheren Ring „ankratzen“.
Übersicht 1: Vor- und Nachteile von Aluminiumschäften
Nachteile
Vorteile
Sehr Preisgünstig
Verbiegt sich leicht
Ideal für Anfänger
Großer Durchmesser, dadurch langsam
Ideal für die Halle
Relativ Schwer, dadurch langsam
Gut zum „Ringe kratzen“
Nicht für Draußen und große Entfernungen geeignet
Bekannte Vertreter von Aluminiumschäften sind die Baureihen X7 (Eclipse, Cobalt)
und XX75 (Platinum, Blues, Jazz) von Easton.
2.3 Carbon
Carbon ist sehr leicht und extrem steif und stabil. Daher sind diese Pfeile nur schwer zu
beschädigen und gar nicht zu verbiegen. Ist ein solcher Pfeil jedoch defekt, muß er sofort aussortiert werden, da Carbon leicht splittert und dies unangenehme Verletzungen
verursachen kann. Daher müssen die Pfeile regelmäßig auf Beschädigungen geprüft
werden.13
Übersicht 2: Vor- und Nachteile von Carbonschäften
Nachteile
Vorteile
Billiger als Kompositschäfte
Etwas teuer als Aluminiumschäfte
Robust
Regelmäßige Materialkontrolle nötig
Kleiner Durchmesser, dadurch schnell
Sehr leicht, dadurch schnell
Gut für Draußen und große Entfernungen
geeignet
11 Vgl. Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O.
12 Vgl. Leach, Mark: Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen, a.a.O.
13 Vgl. Easton: Target 2008 (Produktprospekt), Warnhinweise, S. 27.
7
Wegen ihrer hohen Geschwindigkeit, bedingt durch ihr geringes Gewicht und den kleinen Durchmesser, eignen sich Carbonschäfte sehr gut für die großen Entfernungen der
FITA im Freien. Natürlich können sie auch problemlos in der Halle genutzt werden.
Preislich liegt Carbon schließlich zwar etwas über den Aluminiumpfeilen, ist aber immer noch günstig.
Carbonschäfte sind z.B. die Modelle Fatboy, Lightspeed und Redline von Easton.
2.4 Aluminium-Carbon-Komposit
Kompositschäfte bestehen meist aus einem Aluminiumkern, welcher von einer Carbonschicht ummantelt wird. Seit Kurzem ist auch der umgekehrte Fall auf dem Markt, also
Carbonkern mit Metallhülle („Full Metal Jacket“). Der Sinn dieser Kombinationen ist,
die Vorteile beider Materialien zu verbinden. So wird ein stabiler, robuster Pfeil mit
sehr kleinem Durchmesser und geringem Gewicht geschaffen. Da hier wieder Metall
verwendet wird, ist es prinzipiell (wenn auch nur sehr schwer) möglich, daß sich der
Pfeil verbiegt. Bei Schäften mit Carbonhülle gelten die selben Angaben zur Materialkontrolle und Verletzungsgefahr wie bei Carbon.
Diese Schaftart gibt es in zwei Varianten: Parallel und „barreled“ (engl. barrel = Faß).
Parallele Schäfte sind an jeder Stelle gleich dick. Barreled bedeutet, daß der Pfeil an einem Punkt, der ca. 2/3 seiner Gesamtlänge entspricht, ein wenig dicker ist als an den
beiden Enden und zu diesen hin langsam dünner wird. Der Schaft ist also ähnlich geformt wie ein Faß. Dies bezweckt, daß der Pfeil an der Stelle, an der beim Abschuß die
stärksten Kräfte wirken, auch am stabilsten ist. Auf der übrigen Länge des Schaftes wird
jedoch auf das Gewicht einer dickeren Wand verzichtet.14 Dies führt zu einem extrem
dünnen bzw. leichten Pfeil (X10 bzw. A/C/E).
Wie Carbonpfeile auch, eignen sich Kompositschäfte wegen Ihres geringen Gewichtes
und dem kleinen Durchmesser sehr gut für Draußen. Auch sie können selbstverständlich
in der Halle geschossen werden.
Leider bilden diese Pfeile nicht nur in der Leistung die Spitze, sondern auch im Preis.
Parallele Schäfte sind ca. 2 bis 3 mal so teuer wie Aluminium, für einen barreled Schaft
kann man sogar schon 5 Aluminiumschäfte erstehen.
Parallele Kompositschäfte sind z.B. A/C/C, Navigator und Navigator FMJ (Full Metal
14 Vgl. Meissner, Harald: Auswahl des richtigen Pfeiles, http://www.compoundbow.de/welchepfeile.htm, Stand 01.02.2008.
8
Jacket). Barreled Varianten sind der A/C/E, X10 und X10 Protour. Der Protour ist eine
X10 Variante für den Compoundbogen.
Übersicht 3: Vor- und Nachteile von parallelen Kompositschäften
Nachteile
Vorteile
Robust
Kann sich theoretisch verbiegen
Kleiner Durchmesser, dadurch schnell
Regelmäßige Materialkontrolle nötig
Leicht, dadurch schnell
Teuer
Gut für Draußen und große Entfernungen
geeignet
Übersicht 4: Vor- und Nachteile von barreled Kompositschäften
Nachteile
Vorteile
Robust
Kann sich theoretisch verbiegen
Sehr kleiner Durchmesser, dadurch schnell Regelmäßige Materialkontrolle nötig
Sehr Leicht, dadurch schnell
Sehr Teuer
Gut für Draußen und große Entfernungen
geeignet
Nachdem nun die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Materialarten und Schaftmodelle dargestellt wurden, soll gezeigt werden, wie der zum Schützen passende Pfeil
gefunden werden kann.
9
3. Pfeilauswahl anhand der Easton-Tabelle
Ausgestattet mit dem Wissen welchen Einfluß Gewicht, Durchmesser und Material des
Schaftes haben, kann nun mit der Suche nach passenden Schaftmodellen begonnen werden. Dazu wird eine Tabelle des Pfeilherstellers benötigt. In diesen Tabellen sind die
Schafttypen nach dem Zuggewicht des Bogens und der Auszugslänge des Schützen sortiert. Sind diese Kriterien bekannt, können die passenden Schäfte leicht abgelesen werden. Zur Veranschaulichung wird hier im Weiteren die Easton-Tabelle benutzt, welche
im Anhang II und III zu finden ist.
3.1 Vorab zu klärende Parameter
Zunächst gilt es, die zur Benutzung der Tabelle nötigen Variablen zu bestimmen. Dies
sind zum einen technische und zum anderen vom Schützen bestimmte Faktoren.
3.1.1 Bestimmung der korrekten Pfeillänge
Um die Pfeillänge zu bestimmen, zieht man einen überlangen Pfeil (ein Messpfeil bietet
sich hier an) auf dem Bogen bis in den Vollauszug,. Dann wird die Strecke vom Boden
des Nocks (wo die Sehne anliegt) bis zu dem Punkt an der Pfeilauflage gemessen, an
dem der Pfeil vorne gerade noch aufliegt. Diese Länge in Zoll + 1 weiteres Zoll (!) ist
das Maß, welches in der Tabelle benötigt wird.15
3.1.2 Bestimmung des (maximalen) Zuggewichtes
Zur Feststellung des Zuggewichtes bzw. des maximalen Zuggewichtes bei Compoundbögen ist der Einsatz einer Waage nötig. Diese gibt es als Federwaagen oder in elektronischer Form. Sofern im Verein eine solche Waage nicht zur Verfügung steht, kann die
Messung bei jedem Bogensporthändler erfolgen. Dazu wird die Waage an der Sehne befestigt und dann bis zum Vollauszug ausgezogen.
3.1.3 Bestimmung der sonstigen Einflußfaktoren
Neben den rein technischen Faktoren gilt es auch noch sonstige Umstände zu klären.
Dies sind Einsatzbereich (Halle, FITA, 3D, Feldbogen), Erfahrung des Schützen (Anfänger, Fortgeschrittener, Profi) und nicht zu vergessen auch das zur Verfügung stehende Budget.
15 Vgl. Easton: Target 2008 (Produktprospekt), S. 24 für eine englischsprachige Beschreibung des Meßvorgangs und eine hilfreiche Zeichnung. Diese Seite ist auch im Anhang II zu finden.
10
3.2 Handhabung der Tabelle
Nachdem alle Faktoren bestimmt sind, ist die Nutzung der Tabelle recht einfach. Zur
Veranschaulichung soll ein Schaft für einen fortgeschrittenen FITA-Recurve-Schützen
mit einer errechneten Schaftlänge von 27 Zoll und einem Zuggewicht von 39 lbs mit
mittlerem Budget gesucht werden.
Zunächst sucht man in der Tabelle die passende Spalte, die durch die errechnete Schaftlänge in Zoll bestimmt wird (hier: 27''). Innerhalb dieser Spalte bewegt man sich dann
nach unten, bis zur Zeile mit dem passenden Zuggewicht (hier: 36-40 lbs). Die Zugkraft
für Recurvebögen befinden sich rechts in der Tabelle, die für Compoundbögen links.
Bei Compoundbögen muß zusätzlich noch die Art der benutzen Cams berücksichtigt
werden.
Am Kreuzungspunkt von Spalte und Zeile findet sich nun ein Code (hier: T4). Unter der
Tabelle sind nun die passenden Schäfte nach Gruppen sortiert. Unter „Group T4“ finden
sich nun zu verschiedenen Pfeilmodellen („Model“) die jeweils passenden Größen
(„Size“). Ein „R“ bei der Größe kennzeichnet dabei die Empfehlung für Recurvebögen.
Zusätzlich ist auch noch das Gewicht („Weight“) in grains pro Zoll angegeben. Leider
fehlen Angaben zum Schaftdurchmesser.
Der Beispielschütze schießt Draußen auf große Entfernungen. Also kann er keinen Aluminiumpfeil gebrauchen und daher entfallen die Modelle X7 und XX75. Wegen des
Budgets und seines Leistungsstandes verbieten sich auch A/C/E, X10 und Protour. Somit bleiben zwei Varianten des Navigators und des A/C/C übrig sowie eine Größe des
Redline-Carbonschaftes. Da leichterer Schäfte schneller sind, entscheidet es sich zwischen dem Navigator 710, einem Kompositpfeil, und dem Redline 690 Carbonpfeil.
Beide Pfeile sind gleich schwer (das Gewicht des 710er Navigators findet man in Gruppe T3) und gleich gut für FITA geeignet. Somit kann hier letztendlich der persönliche
Geschmack des Schützen entscheiden.
Analog zu diesem Beispiel läßt sich nun für jeden Schützen ein passender Schaft finden.
Neben der großen Tabelle gibt es auch noch eine kleinere Variante („Youth Target“),
die stärker nach Zuggewicht differenziert und für den Jugend-/Anfängerbereich gedacht
ist. Sie funktioniert exakt so wie die große Tabelle, ist jedoch nur für Recurvebögen gedacht.
11
Schlußbetrachtung
Das Auffinden passender Pfeilschäfte laut Tabelle und das Treffen einer Auswahl aufgrund des Wissens um die Pfeilphysik und der Materialeigenschaften ist leider noch keine Garantie für den „perfekten Pfeil“. Denn trotz aller Sorgfalt und Erfahrung, welche
die Hersteller in ihre Tabellen einfließen lassen, ist jeder Bogen unterschiedlich. Trotz
gleicher Zugkraft und gleicher Schaftlänge muß ein und derselbe Schaft nicht zwingend
bei zwei nominell gleichen Bögen gleich gut funktionieren. Schießstil, Button, Befiederung, Nock und Spitze beeinflussen den Pfeilflug ebenfalls. Somit sind alle Pfeiltabellen
nur als gute, aber eben doch grobe Richtlinie zu verstehen. Die Tabelle kann zufällig exakt passen, dies wird sie jedoch in den meisten Fällen nicht tun.
Es führt daher für einen ambitionierten Schützen kein Weg am Pfeil-Tuning vorbei. 16
Ein Vergleich der Gruppierung von befiederten und unbefiederten Pfeilen gibt gute Hinweise darauf, ob ein Pfeil für den Bogen doch noch ein wenig zu weich oder zu hart ist.
Liegen die unbefiederten Pfeile links von den befiederten, dann sind die Pfeile zu hart,
liegen sie rechts, sind sie zu weich (dies gilt so für Rechthandschützen, für Linkhandschützen ist es umgekehrt).
In einem bestimmten Rahmen läßt sich der Pfeil dann noch auf den Bogen abstimmen.
Dies kann auf mehrere Arten geschehen. Zum Einen könnte die Schaftlänge geändert
werden. Ein kürzerer Schaft wird härter, ein längerer Schaft wird weicher. Natürlich
läßt sich ein Schaft nicht mehr verlängern, also bleibt in der Praxis nur das Kürzen. Da
aber die nach Easton bestimmte Pfeillänge eigentlich ziemlich ideal ist, und eine Kürzung auch nur in sehr engen Grenzen möglich ist, stellt das Kürzen des Pfeils praktisch
keine sinnvolle Option dar.
Bliebe als weitere Möglichkeit noch die Veränderung des Zuggewichtes. Ist der Pfeil zu
hart, müßte das Gewicht vergrößert werden, bei zu weichen Pfeilen verringert. Die
Wurfkraft läßt sich in der Tat bei den meisten Bögen verstellen. Aber auch dieser Weg
ist nicht ideal, weil er das gewohnte Bogen-Setup verändert und die Kraft des Schützen
überfordern könnte.
16 Pfeiltuning ist ein umfangreiches Thema. Hier wird daher nur auf nötige Grundlagen eingegangen. Jeder Schütze sollte sich jedoch genauer mit diesem Thema beschäftigen. Der Easton Tuning Guide ist
dazu ein guter Einstieg.
12
Somit bleibt als bester Weg die Veränderung der Pfeilspitze. Eine leichtere Spitze
macht den Pfeil härter, eine schwerere macht ihn weicher. Spitzen werden in vielen Gewichten angeboten, so daß sich darüber der Pfeil sehr gut anpassen läßt. Außerdem löst
dieser Ansatz das Problem an der Ursache (dem Pfeil) und läßt die übrige Ausrüstung
des Schützen unberührt.
Fazit:
Wer die Physik des Pfeils kennt, ist gut darauf vorbereitet, einen passenden Schaft für
jede Gelegenheit auszusuchen. Durchmesser und Gewicht eines Schaftes, der Spinewert
und das verwendete Material beeinflussen das Flugverhalten und müssen bei der Auswahl berücksichtigt werden. Zusätzlich müssen auch der Einsatzbereich, der Leistungsstand des Schützen und auch das zur Verfügung stehende Budget in die Entscheidung
einfließen.
Die Schaftauswahl wird technisch durch die individuelle Schaftlänge und das Zuggewicht des Bogens begrenzt. Anhand dieser Faktoren lassen sich passende Schaftmodelle
leicht in den Tabellen der Hersteller finden. Zwischen den zur Auswahl stehenden Modellen sollte der Schütze nun eine technisch fundierte Entscheidung treffen können jenseits von Hörensagen und Werbeversprechen.
Um eine Feinabstimmung des Pfeils auf den eigenen Bogen kommt der Schütze jedoch
nicht herum. Dann jedoch sollte er den „perfekten Pfeil“ sein Eigen nennen.
13
Literaturverzeichnis
Easton Company:
Target 2008, Produktprospekt, Stand 01.02.2008
FITA:
CONSTITUTION AND RULES, Book 4, Field Archery Rules,
Stand 01.04.2006
Leach, Mark:
Pfeile und Pfeilflug - beim Bogenschiessen,
aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Höber,
http://home.arcor.de/vsgbogen/training/pfeil_&_pfeilflug.htm,
Stand 01.02.2008
Meissner, Harald:
Auswahl des richtigen Pfeiles,
http://www.compoundbow.de/welchepfeile.htm,
Stand 01.02.2008
Meissner, Harald:
Grundsätzliches zum Thema Carbon-Pfeile und Compoundbogen,
http://www.compoundbow.de/pfeilgedanken.htm,
Stand 01.02.2008
14
Anhang I: Maße und Gewichte
Maße:
1 inch ('')
= 2,54 cm,
engl. inch = Zoll
1 grain (gr)
= 4,79891 Milligramm,
engl. grain = Korn
1 pound (lb)
= 453,59237 Gramm,
engl. pound = Pfund
Gewichte:
15
Anhang II: Die Easton-Tabelle, Teil 1
16
Anhang III: Die Easton-Tabelle, Teil 2
17

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