33MalReiselust: Beirut wieder mondän
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33MalReiselust: Beirut wieder mondän
Zeitzeichen. Auf dem Place d‘Etoile ragt ein schlanker Uhrenturm in die Höhe. Das Wahrzeichen zeugt von der neuen Zeitrechnung. Comeback für das „Paris des Nahen Ostens“ beirut Weltoffen und modern – Libanons Hauptstadt entwickelt sich zu einem wahren Juwel für Urlauber. Die Stadt lockt mit modernen Designervierteln, luxuriösen Hotels und besonderem Flair. Das Beste: Im Frühjahr geht es von der Skipiste direkt an den Strand. K natternde Motorräder kurven geschickt an den wartenden Autos vorbei. Ein vertrautes Bild auf den Straßen in Beirut. Auch auf der zweispurigen Uferpromenade Corniche im Stadtteil Raouché staut sich der Verkehr. Auf dem schmalen Grünstreifen in der Mitte der Straße stehen ein paar vereinzelte Palmen auf bräunlich staubigem Grund. In den Geräuschpegel der Motoren und der Hupen in allen Tonlagen mischt sich Baulärm. Entlang der Straßenseite zum Landesinneren werden mehrere Hochhäuser mit heller Steinfassade er richtet und wachsen weit in die Höhe. Hier reihen sich die Geschäftsgebäude und Wohntürme aneinander. Cafés und Restaurants mit Panoramablick aufs Meer Etwa zwei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt Raouché auf dem felsigen Gelände, das an der westlichen Seite der Stadt wie eine Nase ins Mittelmeer ragt. Daher kommt auch der Name des Stadtteils, der vom französischen Wort „roche“, also Felsen abgeleitet ist. Auf der Uferseite der Straße lädt eine Promenade zum Bummeln ein. Sie führt unmittelbar an der Felsenküste entlang. Die beigefarbenen Klippen fallen steil ab und ragen direkt ins Wasser hinein. Auf den länger ge streckten Ausläufern stehen kasten artige Betonbauten mit breiten Fenster fronten wie draufgeklebt. Es sind Cafés und Restaurants, die den Besuchern Panoramablick aufs Meer bieten. ReiseLust 63 metropolen beirut Die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel. An dem sonnigen Mittag im März ist es milde 19 Grad warm, es weht ein leichter Wind. Auf dem Fuß weg herrscht entspanntes Treiben. Fa milien mit kleinen Kindern gehen spa zieren. Ein Jogger trabt vorbei. Junge Frauen in kurzen Röcken und mit hochhackigen Pumps flanieren hier zu zweit oder zu dritt. Sie haben das Handy stets griffbereit und in ihr Ara bisch mischen sich französische und englische Ausdrücke – man gibt sich gern vielsprachig und weltoffen in der libanesischen Hauptstadt. Der Felsen der Tauben ist ein Wahrzeichen Beiruts Spaziergänger haben hier einen fan tastischen Blick aufs Meer. Wer sich ein wenig über das Geländer zur Felsküste lehnt und dem Horizont entgegen reckt, lässt sogar den Straßenlärm hin ter sich und hört nur noch das sanfte Wellenrauschen. Ruhig liegt das Mit telmeer da. Sein sattes Blau ist durch zogen von smaragdgrünen Einfär bungen. Weiße Gischt umspielt ein Felsentor und einen weiteren schma len hoch aufragenden Brocken. Die freistehende Formation aus sonnen gegerbtem und tief gefurchtem Stein, die sich nahe vor dem Strand aus dem Wasser erhebt, ist ein Wahrzeichen der Stadt. Es wird „Felsen der Tauben“ oder schlicht „Felsen von Raouché“ ge nannt. Stolz posiert ein junger Mann mit seiner zweijährigen Tochter auf dem Arm vor dem Panorama. Seine Ehefrau, in schwarze Kleidung gehüllt und das Haar mit einem hellgrünen Kopftuch bedeckt, fotografiert ihre Lieben. Dann schlendert die junge Familie weiter. Nada Doueiry unter bricht kurz das Tippen auf ihrem Handy und lenkt die Aufmerksamkeit der Reisegruppe auf die nächste Bucht. „Da vorne gibt es einen schönen Sand strand, der sehr beliebt ist bei den Ein heimischen“, erzählt die 31-jährige PRManagerin aus Beirut den deutschen Besuchern. Am Rande des Fußweges hat ein junger Mann seinen silbergrauen 64 ReiseLust Bilder Beiruts. Dieser Stadt ist wahrlich so manch bittere Stunde widerfahren. Man kann die Kerben der Geschichte an vielen Ecken ablesen, freilich nicht in der Shopping Mall „Beirut Souk“, eher am zerbombten „Old Cinema“. Der Soldat vor dem Beiruter Parlamentsgebäude schaut trotz schwerer Bewaffnung freundlich – vielleicht auch, weil die Hauptstadt des Libanon seit 2008 keinen Anschlag mehr erleben musste. ReiseLust 65 metropolen beirut oller aufgebockt. Lässig hockt er auf R dem staubigen Fahrzeug. Mit dem dunkelroten Tuch, das er sich um den Kopf gewickelt hat, sieht er ein biss chen aus wie ein Pirat. Er raucht und beobachtet interessiert die kleine Gruppe, die da gerade aus dem MiniBus gestiegen ist. Europäische Tou risten sind hier nicht jeden Tag zu sehen. Denn immer noch gibt es Vor behalte gegenüber einer Reise nach Beirut. Dabei hat die Stadt die bedroh lichen Zeiten von Bürgerkrieg und An schlägen längst hinter sich gelassen. Die libanesische Hauptstadt präsen tiert sich als weltoffene Metropole, die sich rasant entwickelt. Eine Städtetour mit Besichtigungen und ShoppingTour lohnt sich, denn sie bietet über raschende Vielfalt. Doch den besonderen Reiz einer Reise im Frühjahr bildet die Kombina tion aus Strand- und Winterurlaub. Von Beirut aus lässt sich in nur etwa 45 Minuten Fahrzeit das Skigebiet Kfar debian erreichen. Dort liegt in der Regel noch bis in den April hinein Schnee. Auf rund 2000 Metern Höhe warten 80 Kilometer Piste und 18 Lifte auf die Wintersportler. Dick eingemum melt flitzen die Skifahrer die Berge hin ab. Große Schwünge an breiten Hängen oder rasante Abfahrt auf schwarzen Pisten – ob Anfänger oder Profi, für jeden ist etwas dabei. Die besondere Attraktion: Bei klarer Sicht sind in der Ferne das tiefblaue Meer und der Strand von Beirut zu sehen. Das heizt die Vor freude an. Denn das Tagesprogramm kann lauten: Vormittags Sport in der weißen Winterwelt und nachmittags bei milden Temperaturen am sonnigen Strand entspannen. Tagesprogramm in Beirut: morgens Ski, mittags baden Oder die Sportler bleiben gleich zum Après-Ski in den Bergen. Häuser mit Spitzdach und umlaufenden Balkonen aus Holz – das Intercontinental MzaarResort erinnert an Chalets in der Schweiz. Beim Eintritt in die Lobby des Haupthauses sorgt die große Decken konstruktion mit dicken Balken aus dunklem Holz für heimelige Atmo sphäre. Nostalgische alte Holz-Ski und Stöcke mit Lederschlaufen hängen dekorativ an den Wänden. Auf der Terrasse genießen die Gäste gerade noch die letzten Sonnenstrahlen – warm eingepackt in modische Dau nenjacken, dazu passend Schal und Mütze. In dieses Hotel fahren die reichen Beirutis. Sie verbringen dort mehrere Wochen im Winter. Aber auch Berg-Panorama. Vom Märtyrer-Platz bietet sich dem Betrachter ein eindrucksvoller Blick auf das Skigebiet Kfardebian, das etwa 45 Autominuten von Downtown Beirut entfernt liegt. 66 ReiseLust für Tagesausflüge ist der Ort beliebt. In Sichtweite der Erwachsenen bauen Kinder Schneemänner und quietschen vergnügt, während sie mit drei jungen Huskys herumtollen. Doch kaum ist die Sonne hinter dem Berg verschwunden, wird es schnell beißend kalt und alle strömen in den Innenraum. Dort sorgt das knisternde Kaminfeuer für wohlige Wärme. Ein junges Pärchen kuschelt sich auf einem der dunkelbraunen Ledersofas anein ander und genießt gemeinsam eine Wasserpfeife. Am Buffet locken ara bische Speisen aber auch Sushi. Der Schweizer Klassiker Raclette steht ebenfalls auf der Speisekarte. Während der Käse in den Pfännchen schmilzt, fangen die Gesichter an zu glühen von den schönen Stunden im Schnee. Auch so kann sich der Libanon anfühlen. Aus den arabischen Ländern, vor a llem aus Saudi Arabien, kommen v iele Besucher nach Beirut, für sie ist die libanesische Hauptstadt ein be liebtes Reiseziel. Bei den Europäern herrscht noch immer Zurückhaltung. Dabei gilt die Stadt, die von Deutsch land in rund vier Flugstunden zu er reichen ist, wieder als sicher. Seit 2008 hat es keinen Anschlag mehr gegeben. Die Angehörigen der verschiedenen Religionen leben friedlich nebenein ander. Sie sind Arbeitskollegen, private Freundschaften haben sich entwickelt. Vor allem Christen, Moslems und Dru sen sind in Beirut vertreten. Insgesamt sind es 18 offiziell anerkannte religiöse Gruppierungen. „Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos“, bestätigt Ge org Weinlaender. Der gebürtige Wiener ist General Manager der Hotel-Legende Phoenicia. In den 1960er Jahren – als Beirut noch als das Paris des Nahen Ostens galt – stiegen dort Stars wie Brigitte Bardot und Marlon Brando ab. Heute glänzt das Phoenicia wieder als erstes Haus der Stadt. Unter seinen 1200 Angestellten sind Angehörige a ller Religionen. „Der Zusammenhalt ist groß. Wir sind wie eine Familie. Man sollte nur nicht über Politik sprechen“, sagt Weinlaender. Das ist von den Beirutis nicht gewünscht. „Wir möchten ausgehen, feiern und das Leben genießen, ohne ständig an die vielen Konflikte in der Region zu denken“, bringt Nada die Stimmung auf den Punkt. Zum Feiern gibt es in Beirut reichlich Gelegenheit. Bei so vielen religiösen Gruppierungen steht ständig irgendein Festtag an. Deshalb bringt es der Libanon im weltweiten Vergleich auf die meisten offiziellen Feiertage. Clubs und Bars gibt es überall in der Stadt. Längst gilt Beirut als eine der trendig sten Party-Metropolen am Mittelmeer. Die High Society feiert im Phoenicia. Im Restaurant „Eau de Vie“ im elften Stock genießt sie ein feines Dinner mit Blick über die Stadt. Nach Mitternacht wechseln die Tanzlustigen in die haus eigene Diskothek „Whisky Mist“. In dunkler Livree und mit TotenkopfMaske servieren die Kellner Champag ner und Cocktails während die Party rockt und immer mehr Gäste auf den Tischen tanzen. Freudig und voller Neugier sprechen Einheimische die ausländischen Besucher an – so gut das eben geht bei der dröhnenden Musik in den frühen Morgenstunden. Auf dem Weg zurück zum „Paris des Nahen Ostens“ Wenn am nächsten Vormittag die ebensgeister zurückkehren, kuriert L eine ausgedehnte Shopping-Tour die aufkommende Katerstimmung. Vom Phoenicia sind es zu Fuß nur wenige Minuten zum Stadtzentrum. Direkt hinter dem Hotel ragt die Ruine eines Hochhauses empor. Das Holiday Inn war gerade fertig gestellt, als der Bürgerkrieg 1975 ausbrach. Es wurde nie eröffnet. Seitdem verfällt das Ge bäude, Einschusslöcher und andere Kriegsschäden sind deutlich zu sehen. Doch nur noch wenige Zeugnisse der Zerstörung dieser Art sind im Stadtzen trum zu finden. Mondäne Geschäfts häuser und Shopping-Center sind überall neu entstanden. Die g roßen Edelmarken der Welt sind längst in Downtown vertreten. Allen voran der Stardesigner Elie Saab. Der berühmte Modezar und gebürtige Beiruti hat in einem Geschäftsgebäude auf mehreren Etagen seine Ateliers eingerichtet und eine Boutique eröffnet. Zum Entspannen nach der ShoppingTour bietet sich ein Bummel zum Place d‘Etoile an. Der elegante Platz am Parlamentsgebäude wurde sorgfältig rekonstruiert. Cafés und Restaurants laden hier zur Einkehr ein. In der Mitte des Platzes steht ein schlanker Uhren turm – auch ein Wahrzeichen der Stadt. Seit dem Wiederaufbau zeigt er die neue Zeit an. ■ Meike Nordmeyer, Jg. 1969, ist seit mehr als zehn Jahren als Journalistin tätig. Thematischer Schwerpunkt der studierten Philosophin: Kulturreisen sowie Touren in den Nahen Osten. INFORMATIONEN Wahrzeichen. Nahe dem Stadteil Raouché findet sich der „Felsen der Tauben“ oder auch „Felsen von Raouché“ genannt – ein beliebtes Ausflugsziel der Beirutis. Beste Reisezeit: März bis Mai und September. Klima: Mediterranes Klima mit trocken und heißen Sommern und milden, regenreichen Wintern. Die Temperaturen liegen im Sommer bei um die 30 °C, im Winter bei angenehmen 18 °C. Regen fällt hauptsächlich zwischen Oktober und April. Zeitzone: MEZ plus 1 Stunde. Sprache: Arabisch, aber viele Libanesen sprechen Englisch oder Französisch. Geld: Libanesisches Pfund (LBP), 1 Euro = 1,94 LBP. Da das Libanesisches Pfund an den Dollar gebunden ist, sind teilweise Zahlung in Dollar möglich. Dokumente: Mindestens noch sechs Monate gültiger Reisepass plus Visum, das Touristen bei den libanesischen Auslandsvertretungen oder am Flughafen von Beirut erhalten. Gesundheit: Die medizinische Versorgung ist gut, aber teuer. Eine Auslandsversicherung ist ebenso empfehlenswert wie Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Polio und Hepatitis A. Tipp: Lebensmittelhygiene kann Durchfallerkrankungen vorbeugen. Essen & Trinken: Die libanesische Küche gilt als vielseitig und schmackhaft. Reis, Hülsenfrüchte, Gemüse, Fleisch (vor allem Lamm), Fisch und frisches Obst sind fester Bestandteil der Mahlzeiten. Zubereitet werden die Gerichte mit reichlich Olivenöl und Knoblauch. Bekannte Spezialitäten sind Kibbeh (rohes oder gebackenes Lammfleisch mit BulgurWeizen), Hummus (Kichererbsenmus) und Taboulé (Salat aus Bulgur gewürzt mit Petersilie). Empfehlenswert sind Mezze, eine Mahlzeit aus vielen kleinen Vorspeisen. Nach arabischer Tradition wird der Kaffee gern mit Kardamom gewürzt. Restaurants: Die Bar Moloko ist bekannt für ihre Cocktails. Sehenswert: Al-Burj/Place des Martyrs (Märtyrerplatz) mit Oper und Rathaus; CornicheKüstenstraße; traditionelle Häuser der Rue Clemenceau (Viertel Ain Mraise); Al-Omari Moschee, Khalil Gibran Garten, Römisches Bad, Nationalmuseum und Museum der amerikanischen Universität (AUB) mit archäologischen Schätzen. Unbedingt machen: Über den Souk el Barghout auf dem Märtyrerplatz schlendern. Unbedingt vermeiden: Da sich Touristen (besonders außerhalb Beiruts) überwiegend in religiösen Gesellschaftsgruppen bewegen, sollten sie sich entsprechend kleiden, nicht in Trägertop und Hot Pants gehen. Tipp: Im Küstengebiet wegen feuchter Hitze leichte Baumwolle statt Synthetik tragen. Beliebte Mitbringsel: Töpferwaren, Gegenstände aus Glas, Messing und Bronze, traditionelle Bekleidung wie die Abaya (bestickes Übergewand), Schmuck, Arrak (traditioneller Anisschnaps) u.a. aus den Einkaufsstraßen Verdun und Hamra. Auskünfte: Botschaft der Libanesischen Republik, Berliner Str. 127, 13187 Berlin. Tel: 030/474 98 60, www.destinationlebanon.gov.lb. Reiseangebot In Beiruts historischem Stadtviertel Ain El Mraysseh, nur wenige Gehminuten vom Meer und der Innenstadt entfernt, liegt das 5 Sternehotel Martinez Radisson Blu. Das stilvolle Boutique-Hotel verfügt über zwei Restaurants, die libanesische und internationale Köstlichkeiten anbieten. Außerdem gibt es u. a. ein Fitness-Center mit Hallenbad, Sauna und Dampfbad, Internet-Zugang. Gegen Gebühr werden (Bauch-) Tanzkurse angeboten. Die komfortablen Zimmer haben ca. 30 qm Größe. Preis: Dertour bietet Übernachtungen ab 74 Euro pro Person im DZ an. Information und Buchung: siehe Seite 175. ReiseLust 67