Einbürgerung in letzter Minute wäre Rettung Olympiasieger

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Einbürgerung in letzter Minute wäre Rettung Olympiasieger
Westfälisches Volksblatt vom 15.2.05
Einbürgerung in
letzter Minute wäre
Rettung
Olympiasieger Ramazanov soll abgeschoben
werden
Von Hubertus Hartmann und Ulrich Grotewold
Paderborn (WV). Mekmahn Ramazanov gehört zur Weltelite - aber Deutschland will ihn nicht. Seine
internationalen Erfolge bewahren den Spitzensportler wahrscheinlich nicht vor der Abschiebung. Morgen soll
der Olympiateilnehmer im Gewichtheben aus der Justizvollzugsanstalt Büren nach Aserbaidschan geflogen
werden. Falls nicht noch in letzter Minute das Gericht oder Bundespräsident Horst Köhler die Abschiebung
stoppen.
Mit einer Verzweiflungstat hatte Ramazanov vergangenen Mittwoch die Öffentlichkeit auf sein Schicksal
aufmerksam gemacht. Der 34-Jährige drohte im Ausländeramt der Stadt Paderborn mit Selbstmord. Aus Angst
vor der drohenden Abschiebung wollte sich der beidseitig beinamputierte Mann umbringen. Die von einem
Großaufgebot an Sicherheitskräften begleitete Aktion endete erst nach mehr als zwei Stunden. Eine Ärztin
konnte den Rollstuhlfahrer zur Aufgabe bewegen.
Seitdem sitzt Mekmahn Ramazanov in Büren, den Flug hat die Zentrale Ausländerbehörde schon gebucht.
»Mit zweierlei Maß messen«
»Mein Mandant ist völlig verzweifelt und akut suizidgefährdet«, sorgt sich sein Rechtsanwalt Gerd Bauer. »Aber
ich habe noch Hoffnung« Er hat einen eiligen Asylfolgeantrag gestellt. Bauer versteht nicht, dass der
aserbaidschanische Olympiakandidat, Europameister und Internationale Deutsche Meister nicht längst einen
deutschen Pass hat. »Andere Spitzensportler wie Sean Dundee, Paolo Rink oder die halbe
Eishockeynationalmannschaft sind praktisch über Nacht eingebürgert worden.« Doch an einem
Behindertensport1er sei das öffentliche Interesse
wohl nicht so groß. »Dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, ist der eigentliche Skandal«, findet Bauer.
Dabei hatte der Deutsche Behindertensportverband (DBS) schon vor den Paralympics vergangenes Jahr in Athen
versucht, den Athleten, der 220 Kilo stemmt, für Schwarz-Rot-Gold zu gewinnen und sich beim Auswärtigen
Amt für die Einbürgerung Ramazanovs stark gemacht. Der Verbandswechsel scheiterte damals am Veto aus
Aserbaidschan. »Der Sportverband wollte sich die Freigabe fürstlich entlohnen lassen«, ärgert sich Dr. Karl
Quade, Vizepräsident Sport des DBS, über die zweifelhafte Ethik der Funktionäre. Die Rede ist von 50 000 USDollar.
Im November 2004 bezogen dann auch die Kollegen der DBS-Abteilung Gewichtheben Position für Ramazanov
als sie per Post bei Bundespräsident Horst Köhler um Hilfe für den Ausnahmeathleten baten.
Wenn die allerdings nicht ganz schnell kommt, sitzt Mekmahn Ramazanov morgen im Flugzeug nach
Aserbaidschan. »Wir gehen im Moment davon aus, dass die Abschiebung planmäßig vollzogen wird«, sagte
gestern Paderborns Ordnungsamtsleiter Udo Olschewski.
Stichwort Einbürgerung
In den Verwaltungsvorschriften zu § 8 des Staatsangehörigkeitsrechts (StAR) heißt es:
»Einbürgerungserleichterungen kommen auch in Betracht, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der
Einbürgerung besteht. Die geforderte Aufenthaltsdauer soll aber drei Jahre nicht unterschreiten. Ein besonderes
öffentliches Interesse an der Einbürgerung kann vorliegen, wenn der Einbürgerungsbewerber durch die
Einbürgerung für eine Tätigkeit im deutschen Interesse, insbesondere im Bereich der Wissenschaft, Forschung,
Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes gewonnen oder erhalten werden
soll.«
Mekmahn Ramazanov stemmt 220 Kilo und zählt zu den stärksten Behindertensportlern der Welt. Doch sein
Einbürgerungsantrag wurde abgelehnt, morgen soll der beidseitig Beinamputierte nach Aserbaidschan
abgeschoben werden. Foto: WV