Ausgabe 01/2016 - Union Investment

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Ausgabe 01/2016 - Union Investment
RAUM mehr
Das Immobilienmagazin von Union Investment
Beobachten
Warum Immobilienexperten
noch keinen Marktabschwung
erwarten
Bewerten
Wieso Investoren in Polen nicht
nur Warschau interessant finden
Begegnen
Wie Hotels ihre Gäste mit neuen
Erlebniswelten überraschen
Urbanes Universum
Gebäude, die viele Nutzungen unter einem
Dach vereinen, faszinieren auch Investoren
Ausgabe 1 | 2016
RAUM mehr
Ausgabe 2 | 2015
Das Immobilienmagazin von Union Investment
Die Grüne Insel erholt sich
Irland hat die Immobilienkrise überwunden
Das Quartier lebt
inhalt
Erfolgreiche Büroparks funktionieren
Der Euro schwächelt
wie eine kleine Stadt
Was Währungsschwankungen für Investoren
bedeuten
Titel
4Mixed Use Gebäude, die verschiedene Nutzungen unter
­einem Dach vereinen, gewinnen an Bedeutung
RAUM mehr
Das Immobilienmaga
zin von Union Investm
Wieso Investoren in Polen nicht
nur Warschau interessant finden
in HotelWarum es sich lohnt,
n
projekte zu investiere
Steter Strom
Märkte
Beobachten
Warum Immobilienexperten
noch keinen Marktabschwung
erwarten
Bewerten
Früher Vogel
e London,
Was die Bürostädt
verbindet
New York und Tokio
zum
Wieso Datenmanagement
gehört
Immobiliengeschäft
Ausgabe 1 | 2016
Das Immobilienmagazin von Union Investment
ent
Erste Liga
RAUM mehr
Ausgabe 1 | 2015
Begegnen
Gelungener
Kraftakt
Wie Hotels ihre Gäste mit neuen
Erlebniswelten überraschen
von der
Berlins Büromarkt holt auf – und profitiert
Hauptstadt
wachsenden Wirtschaftskraft der deutschen
12Marktzyklus Ist der aktuelle Immobilienboom bald zu Ende?
Was Experten und Investoren erwarten
18Polen Das osteuropäische Land bietet auch außerhalb der
Hauptstadt Warschau interessante Investmentchancen
21Investitionsklimastudie Portfoliotransaktionen werden für
­internationale Immobilienanleger immer interessanter
KONZEPTE
22Infografik In Berlin gibt es viel Büro für wenig Geld, in Tokio
ist es umgekehrt. Eine Übersicht über Flächen und Kosten
24
Smart City Wien verordnet sich ein Langzeitprogramm, das
die Stadtentwicklung verändern wird
28
Digitalisierung Immobilienwirtschaftliche Hochschulen erforschen die Erfolgschancen von Big Data und Co
36Lifestyle-Hotels Mit welchen kreativen Ideen Anbieter ihre
Gäste überraschen und warum sie damit Erfolg haben
Real People
30Porträt Eric Cheah baut für Union Investment das Immobilienportfolio im asiatisch-pazifischen Raum auf
33Amerika Union Investment gewinnt einen neuen Investmentmanager und hat große Pläne in Nord- und Lateinamerika
Portfolio
34
27 27
43
Urbanes Universum
verfolgen, um
Immobilieninvestoren
Welche Strategien
zu bringen
ins Gleichgewicht
Sicherheit und Risiko
Gebäude, die viele Nutzungen unter
einem
Dach vereinen, faszinieren auch Investoren
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
herzlich willkommen zur aktuellen Ausgabe von RAUM & mehr!
Sie interessieren sich für Trends, Produkte und Entwicklungen
auf den nationalen und internationalen Investment- und
­Vermietungsmärkten? Dann halten Sie das passende Magazin
in Ihren Händen – RAUM & mehr bietet Ihnen Hintergründe,
Meinungen und Fakten aus der Immobilienbranche.
Ab sofort stehen Ihnen die Artikel des zweisprachigen Immobilienmagazins auch online auf einer eigenen Website zur Verfügung. Das Besondere daran: Die Themen im digitalen Magazin
werden laufend ergänzt, und Sie haben Zugriff auf die wichtigsten Beiträge der zurückliegenden Ausgaben. Setzen Sie ein
Lesezeichen in Ihrem Browser – es lohnt sich.
www.raum-und-mehr.com
Rendite Welche Steuerungsmöglichkeiten Manager von
Immobilienfonds haben, um die Performance zu steigern
Bestellmöglichkeiten und Download-Angebote für ­RAUM &
mehr sowie aktuelle Informationen über Union Investment
­finden Sie wie gewohnt auf unserer Homepage.
Weitwinkel
www.union-investment.de/realestate
42Stadtpläne Mal analog, mal digital weisen Karten den Weg
durch den Dschungel der Großstadt
3 Große
Spannweite
Zur Sache
Nachrichten
Impressum & Kontakt
Neu im Portfolio
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit mit RAUM & mehr – ­
analog oder digital – und freue mich auf Ihre Meinungen und
Anregungen.
Titelbild
The Shard im Londoner Stadtteil Southwark ist mit 310 Metern eines der
höchsten Gebäude in Europa. Der mit 11.000 Scheiben v­ erglaste MixedUse-Turm ist pyramidenförmig aufgebaut und vereint Büros, Luxuswohnungen, Restaurants, Geschäfte und ein Hotel unter einem Dach.
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Ihr Fabian Hellbusch
Leiter Marketing, Kommunikation
[email protected]
Raum & mehr 1 | 2016
inhalt
zur sache
Gleichung mit einer Unbekannten
Frank Billand über die Besonderheiten des aktuellen Immobilienzyklus und deren Folgen
E
Unter einem Dach
Immobilien, die viele Nutzungen
miteinander verbinden, gewinnen
immer mehr Anhänger.
rfahrene Immobilieninvestoren wissen: Märkte für Gewerbeimmobilien entwickeln sich zyklisch, auf jede Aufschwungphase folgt eine Periode des Abschwungs. In a­ ller
Regel vollziehen sie sich parallel zur ökonomischen Entwicklung
im jeweiligen Wirtschaftsraum, ebenso wie diese selbstverständlich beeinflusst von der Weltkonjunktur. Zweitens haben wir gelernt, dass die Immobilienkonjunktur auf Veränderungen später
reagiert als andere Wirtschaftszweige. Erst wenn der Aufschwung
bei den Nachfragern von Büro- und Einzelhandelsflächen angekommen ist, profitieren Immobilieneigentümer und Projektentwickler. Und drittens sagt die vorherrschende Lehrmeinung, dass
ein Zyklus normalerweise zwischen sieben und acht Jahren dauert, wobei Aufschwung- und Bodenbildungsphase mit jeweils vier
Jahren gleich lang sind.
Doch wie normal ticken eigentlich gegenwärtig die nationalen
Ökonomien? Und haben sich in Zeiten der Globalisierung nicht längst
auch die zyklischen Schwankungen auf den nationalen Immobilienmärkten einander angeglichen? Zumal sich diese immer enger mit
den weltweiten Kapitalmärkten verzahnen? Haben wir es also vielleicht in absehbarer Zeit nur noch mit der ­einen, sich weltweit im
Gleichschritt bewegenden Immobilienkonjunktur zu tun?
Unter Beobachtung
Wie lange hält der Immobilienboom an?
Das fragen sich viele Experten. Ein Stim­
mungsbild aus der Branche.
Seite 4
Seite 12
ellen Immobilienmarktzyklus prägen. Treiber des Aufschwungs sind
zum einen die vielfältigen, mehr oder weniger effizienten Hilfsprogramme, mit denen die Staaten der Euro-Zone, aber auch die USA
und Großbritannien ihre Volkswirtschaften unterstützten. Hinzu
kommt – und das ist in Anbetracht der historisch einmaligen Dimension noch bedeutsamer – das sehr niedrige Zinsniveau der
vergangenen Jahre, verordnet von den mächtigen Notenbanken
der Industrienationen. Wir alle wissen, wie sehr das nun schon seit
Jahren anhaltende Niedrigzinsumfeld die globalen Kapitalsammelstellen unter Druck setzt und dass ein Gutteil des aktuellen Booms
auf den Immobilieninvestmentmärkten dem Mangel an Anlage­
alternativen mit ähnlichem Rendite-Risiko-Profil geschuldet ist.
Unser Mann in Fernost
Eric Cheah baut das Immobilien­
portfolio von Union Investment in der
­Region Asien-Pazifik auf. Ein Porträt.
Seite 30
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Unter Freunden
Kreative Anbieter überraschen
mit neuen Hotelideen. Den
Gästen scheint das zu gefallen.
Seite 36
Titelfoto: Massimo Borchi/Bildagentur Huber; Fotos: Hollandse Hoogte/laif, Werner Dieterich/Westend61,
Stefen Chow, Stephan Lemke for 25hours Hotels, Union Investment/Jürgen Müller
Eine These mit Konsequenzen
Wenn dem so wäre, hätte dies für global agierende Investoren erhebliche Konsequenzen – vor allem auf ihre Diversifizierungsstrategien. Denn diese basieren unter anderem auf der Erfahrung, dass
sich Märkte unterschiedlich bewegen: Während der eine auf seinen
Höhepunkt zustrebt und sich dort gute Verkaufschancen ergeben,
hat ein anderer gerade erst die Talsohle überwunden und bietet
entsprechend attraktive Einstiegsmöglichkeiten.
Vor allem die Erfahrung der zurückliegenden Jahre hat der
These von sich angleichenden Zyklen Auftrieb gegeben. Der Eindruck ist, dass die weltweiten Immobilienmärkte nach der sogenannten Subprime-Krise in den USA und den maßgeblich durch sie
verursachten Verwerfungen auf den Finanz- und Kapitalmärkten
fast synchron in die Rezession rutschten. Auf unserem eigenen
Kontinent schwächte die 2010 beginnende Euro-Krise die Immobilienkonjunktur des vereinigten Währungsraums zusätzlich – und
auch dort waren die Folgen zwar vor allem, aber längst nicht ausschließlich auf wenige Märkte, insbesondere in Südeuropa, begrenzt.
Auch der seit etwa 2014 einsetzende Aufschwung vollzieht sich
parallel auf vielen Märkten und ist, so die Wahrnehmung, nur von
graduellen Unterschieden geprägt. Die Gründe liegen auf der Hand –
und sie beschreiben gleichzeitig die Besonderheiten, die den aktu-
Frank Billand ist Mitglied der Geschäftsführung der
Union Investment Real Estate GmbH.
Die Antwort auf die Frage, ob sich der aktuelle Zyklus von
jenen der Vergangenheit unterscheidet, hängt daher in erster Linie von der künftigen Entwicklung der Zinsen ab. Und hier zeichnen sich schon erste – wenn auch noch dezente – Unterschiede
zwischen den Zinsniveaus in den USA, Großbritannien und der
Euro-Zone ab. Daraus können sich unterschiedliche Chancen ergeben. Wir stellen fest, dass die Märkte von der Krise durchaus
unterschiedlich getroffen wurden und sie sich derzeit in noch unterschiedlichen Stadien der Markterholung befinden, auch wenn
sich diese in den kommenden 18 Monaten weiter annähern könnten. Und selbst wenn das Niedrigzinsumfeld anhält, wären zyklische Schwankungen des Preisniveaus und damit der Anfangsrendite wahrscheinlich. Sie strategisch geschickt zu nutzen, bleibt
also weiterhin eine der entscheidenden Aufgaben professioneller
Immobilieninvestoren.
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titel
The Shard in London ist mit seinen
310 Metern eines der weltweit höchsten Gebäude, das viele Nutzungen
­vereint: Auf 87 Etagen gibt es Büros,
Restaurants, Geschäfte, ein Hotel und
zehn Luxuswohnungen.
24/7 statt
nine-to-five
Innerstädtisches Wohnen ist angesagter denn je, Büroarbeiter bevorzugen urbane Lagen, und
sogar die Industrie will Produktionsstandorte ins städtische Umfeld verlagern. Dafür ist ein
Immobilientypus gefragt, den man in internationalen Metropolen schon häufiger antrifft: Mixed-
Foto: ddp images
Use-Gebäude. Sind sie auf dem Weg zur neuen Asset-Klasse? Von Miriam Beul-Ramacher
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titel
E
in neuer Immobilientypus schickt sich an, Europas Metropolen zu erobern. Er kommt in London vor, ebenso wie in Paris.
In Stockholm hat man ihn gesehen und auch in Rotterdam.
Und selbst hierzulande machen „Flip-Flop-Immobilien“ immer öfter
von sich reden. Es handelt sich dabei um Gebäude, in denen man wohnen und arbeiten, einkaufen und trainieren, sich amüsieren oder bilden
kann. Häuser, die so viele Nutzungen unter einem Dach vereinen wie
sonst nur ein ganzer Straßenzug. Fahrstühle ersetzen den Bürgersteig,
und so können Bewohner in Flip-Flops von der Wohnung ins Büro und
abends in den Fitnessclub gelangen – in Mixed-Use-Gebäuden gibt es
keine Pendelzeiten, liegen zwischen Arbeit und Freizeit nur wenige
Stockwerke. Das ist effizient, ressourcensparend und daher für viele
cool, hip und angesagt. Denn was in klassischen Mischquartieren eher
dörflich in die Fläche wächst, findet in Mixed-Use-Immobilien inte­griert
seinen Platz.
Einer der architektonisch spektakulärsten Vertreter dieser Gattung
ist in Rotterdam zu bewundern. Ein faszinierender, mehrfach prämierter Solitär, den sich die Rotterdamer Architekturschmiede MVRDV als
neuen Nukleus für eine frühere städtebauliche No-go-Area ausgedacht
hat. 2014 wurde der Bau von der niederländischen Königin Maxima
offiziell eröffnet. Die Markthal ist mit 120 Metern Länge, 70 Metern
Breite und einer Höhe von 40 Metern der erste überdachte Lebens­
mittelmarkt in den Niederlanden. Typologisch handelt es sich bei dem
Koloss um einen Hybriden aus Halle und Geschossbau. Die 4.000 Qua-
dratmeter große Hallenfläche teilen sich 96 Marktstände und acht
­Restaurants. In den beiden parallel zueinander stehenden Gebäuderiegeln sind 128 Eigentums- und 102 Mietwohnungen in Größen von
80 bis 300 Quadratmetern Fläche untergebracht. Die beiden unteren
Geschosse dienen als Büroetagen.
Jede Menge Synergien
„Städte sind die Herzen unserer Gesellschaften, Kulturen und Ökonomien, doch leider erfüllen viele unsere Erwartungen nicht“, haben die
MVRDV-Architekten festgestellt. Mit ihren eigenen Arbeiten wollen sie
eine hohe Lebensqualität für Bewohner und Nutzer schaffen und zugleich einen Mehrwert für die Städte kreieren. Was dem Team um die
Firmengründer Winy Maas, Jacob van Rijs und Nathalie de Vries auch
gelingt, wie die beachtliche Zahl der Auszeichnungen belegt. Was aber
vor allem zählt: Auch bei den Nutzern kommt das Wunderwerk Markthal mit seiner kunstvoll designten 3-D-Fassade bestens an. Sämtliche
Flächen sind vermietet beziehungsweise verkauft, und schon in den
ersten drei Wochen wurde eine Million Besucher gezählt. Kein Wunder,
denn auch beim oftmals schwierigen Thema Erreichbarkeit haben die
Planer alles richtig gemacht: Wer nicht einen der 1.200 Pkw-Stellplätze in Anspruch nehmen will, kann direkt mit der Straßenbahn, dem
Bus, der U-Bahn oder der Fernbahn anreisen.
„Die Markthal in Rotterdam erfüllt alle Kriterien, die für ein MixedUse-Objekt gelten“, lobt Thomas Beyerle, Managing Director bei C
­ atella
Das Centre d'Affaires Paris-Trocadéro im mondänen 16. Pariser Arrondissement verbindet hinter einer historischen Fassade Büros,
Einzel­handel und Wohnen. Es gehört zum Portfolio des Offenen Immobilien-Publikumsfonds UniImmo: Deutschland.
Eines der architektonisch
spektakulärsten Mixed-UseGebäude ist die Markthal in
Rotterdam. 96 Marktstände
und acht Restaurants teilen
sich die Hallenfläche. In den
beiden parallel zueinander
stehenden Gebäuderiegeln
sind Wohnungen und Büros
untergebracht.
10%
Fotos: mauritius images/Alamy, Union Investment
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Property Valuation, das niederländische Projekt. Jede Nutzung habe
Fünf-Sterne-Betrieb mit 200 Zimmern und 18.000 Quadratmetern Fläeinen Flächenanteil von mindestens 10 Prozent und sei nicht ausche, daran schließen 13 Stockwerke mit zehn Luxuswohnungen an, für
schließlich den Bewohnern zugänglich. Außerdem gebe es öffentlich
die Zeitungsberichten zufolge hohe zweistellige Millionenbeträge genutzbare Räume sowie jede Menge Synergieeffekte zwischen den einzahlt wurden. Entstanden ist eine Immobilienklasse für sich, die in
zelnen Nutzungen. Charakteristisch für ein waschechtes Mixed-UseLondon kein Einzelfall mehr ist. So arbeitet Architekt Piano auch schon
Objekt seien außerdem die urbane Dichte in dem Gebäude sowie die
am nächsten Wolkenkratzer mit verschiedenen Nutzungen unter einem
exzellente Verkehrsanbindung. In einer Studie lieferte Beyerle Anfang
Dach. Der kleine Bruder von The Shard soll am Bahnhof Paddington
2015 eine erste Übersicht – mit Definitionen und Beispielprojekten –
entstehen, „nur“ 224 Meter hoch werden, 65 Stockwerke umfassen
zu diesem Immobilientypus. Sein Fazit: Gemischt genutzte Immobilien
und Platz für 200 Wohnungen, Geschäfte, Büroräume, Restaurants und
sind Akteure einer neuen Stadtepoche, die Funktions­
Cafés haben. „Wir glauben, dass der neue Wolken­
trennungen aus der Industrialisierung aufheben.
kratzer ein Katalysator für eine positive Weiterentwick­Damit stellen sie eine Rückbesinnung auf die urban
lung des Paddington-Viertels sein kann, so wie es mit
gewachsene Stadt mit verschiedenen Funktionen in
The Shard am Standort London Bridge funktioniert hat“,
sollte der Flächenanteil pro
räumlicher Nähe dar.
zeigt sich Irvine Sellar, Vorstandsvorsitzender des InvesDa Baugrundstücke in den Innenstädten grund- Nutzungsart in einem Mixed-Use- tors Sellar Property Group, überzeugt.
sätzlich Mangelware sind, wird diese räumliche Nähe
Ein ähnliches, wenngleich kleineres Projekt steht
Objekt mindestens betragen.
vielfach durch vertikale Lösungen erreicht. Auf einen
in Frankfurt am Main in den Startlöchern. Auf dem Metzder höchsten Vertreter dieser Gattung trifft man in London: den 2012
ler-Areal plant der New Yorker Entwickler Tishman Speyer einen gefertiggestellten Mixed-Use-Turm The Shard. Der 310 Meter hohe Wolmischt genutzten Turm mit 185 Metern Höhe und rund 60.000 Quakenkratzer verfügt über 87 Stockwerke, 72 nutzbare Etagen sowie
dratmetern Nutzfläche. Wohnungen, Büros, Gastronomiebetriebe,
44 Aufzüge. Die verschiedenen Nutzungen hat Stararchitekt Renzo
Geschäfte und öffentliche Einrichtungen sollen an der Großen Gallus­
Piano übereinander angeordnet: Im Sockelgeschoss befinden sich Res­
straße 16–18 übereinander angeordnet werden. Mit dem Entwurf hat
taurants und Geschäfte, in den Etagen 4 bis 28 liegen die Büroräume
Tishman Speyer die Kopenhagener Architekten Bjarke Ingels Group
des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers mit
beauftragt. „Wir wollen einen neuen Typ Hochhaus kreieren, ein Haus,
rund 55.000 Quadratmetern Fläche, in den Etagen 31 bis 33 folgen
das sich öffnet und nahbar ist“, erklärte Deutschland-Chef Florian Reiff
Restaurants und Ausstellungsflächen. Darüber wird es luxuriös: Die
bei der Präsentation der Pläne im Sommer 2015. Dabei lobte er den
Hotelkette Shangri-La unterhält in den Stockwerken 34 bis 52 einen
architektonischen und städtebaulichen Ansatz des Projekts, das ▶
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7
titel
Auf dem Metzler-Areal in
Frankfurt am Main plant der
Entwickler Tishman Speyer
einen gemischt genutzten,
185 Meter hohen Turm mit
Wohnungen, Büros, Geschäften, Restaurants und öffentlichen Einrichtungen.
„Internationale Anleger haben
weniger Berührungsängste, weil sie
Mixed-Use-Objekte aus ihren
Heimatmärkten gut kennen.“
Andreas Völker, Geschäftsführer
BNP Paribas Real Estate Consult
Das Pariser Mischquartier Ilôt Vandamme entstand in den
1970er-Jahren und wird nun komplett neu gestaltet.
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wollen das komplexe Ensemble neu ordnen und den verloren gegangenen menschlichen Maßstab in das Viertel zurückbringen“, beschreiben die MVRDV-Architekten ihren Ansatz. Während beim Pariser Projekt die schon vorhandene Mischnutzung erhalten bleibt, zielt die
Mehrzahl der Redevelopments darauf ab, eine nicht mehr erfolgreiche
Monostruktur abzuschaffen und eine gemischt genutzte zu etablieren.
Raus aus der Nische
Planer und Investoren wollen mit diesen Maßnahmen nicht nur aus
dem Markt gefallene Immobilien fit machen für einen neuen Wertschöpfungszyklus. Häufig geht es auch darum, eine Auffrischung für
das jeweilige städtebauliche Umfeld zu erreichen – weg mit den Nineto-five-Objekten, hin zu Gebäuden mit 24-Stunden-Betrieb.
Als beispielhaft für eine ganze Reihe solcher Gebäudeumwandlungen mag das Projekt Klara Zenit in Stockholm gelten. Aus einem
monolithischen Postgebäude aus den 1970er-Jahren hat der schwedische Ableger des internationalen Büros Equator European Architects
ein gemischt genutztes Objekt mit Büros, Geschäften und rund
100 Mietwohnungen geformt. Das Besondere: Auf der gigantischen
Dachfläche sind im Zuge des Umbaus ein halbes Dutzend frei stehender Appartements entstanden. Für das als problematisch geltende
Quartier eine Art Startschuss in eine bessere Epoche. Denn auch in allen Neubauten im Viertel ist ein gewisser Wohnanteil seitdem Vorschrift.
Mixed-Use-Objekte führen in Europa – ob nun als Neubauten oder
als Redevelopments – zwar immer noch ein Nischendasein. Doch das
könnte sich ändern. „Es ist davon auszugehen, dass es künftig mehr
gemischt genutzte Immobilien geben wird, vor allem in den Großstädten“, ist sich Catella-Mann Thomas Beyerle sicher. Beyerle erwartet,
dass sich die Metropolen neu sortieren. Je citynaher, desto gemischter
würden Immobilien in den nächsten 10 bis 20 Jahren sein. Reinrassige
Nutzungen fände man künftig wohl eher in der Peripherie. Und zwar
nicht nur, weil sich Nutzer und Stadtplaner die räumliche Nähe zwischen Arbeit, Wohnen und Freizeit lautstark wünschen. Sondern auch
aus ökonomischer und ökologischer Vernunft. „Es ist unrentabel, Immobilien zu besitzen, die weite Teile des Tages nicht genutzt werden“,
sagt Peter Nageler, Architekt und Partner des Wiener Architekturbüros
Nonconform.
Doch ein Ende der Unternutzungen und Leerstände scheint in Sicht.
Denn nicht nur Wohnungsnutzer drängen in die Stadtzentren. Auch
Teile der Industrie. „Die zunehmende Digitalisierung führt dazu, dass
Produktionsprozesse kleinteiliger und emissionsärmer werden. Produzierende Unternehmen wollen und können damit wieder in die Stadt ▶
Fotos: l’autre image (Simulation), Bjarke Ingels Group (Simulation), BNP
auch in New York eine bekannte Größe sei. „Der Entwurf bricht die
übliche Trennung von Arbeiten, Wohnen und öffentlichem Leben auf“,
betonte Reiff.
Eine europäische Projektübersicht von Catella zeigt: Bei aktuellen
Mixed-Use-Entwicklungen handelt es sich keineswegs nur um Neubauten, sondern oftmals um Revitalisierungen. So soll etwa in Paris
eines der größten innerstädtischen Mischquartiere aus den 1970erJahren komplett „redesignt“, die vorhandenen Nutzungen neu angeordnet und ergänzt werden. Es handelt sich um das Viertel Ilôt Vandamme des La-Défense-Architekten Pierre Dufau. Den Zuschlag für diese
anspruchsvolle Aufgabe erhielten 2014 die Markthal-Architekten des
Büros MVRDV. Die Neuinterpretation soll ebenfalls ein Shoppingcenter,
ein Hotel, Büros sowie eine Bibliothek beherbergen. Neu hinzu kommen Wohnungen, ein Konferenzcenter sowie ein Kindergarten. „Wir
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titel
Fotos: Die Wohnkompanie / Nöfer Architekten (Simulation), Union Investment
„Der Managementaufwand für viele
kleinere Nutzungseinheiten ist
vergleichsweise hoch und daher teuer.“
zurück“, weiß Elmar Schütz, Leiter Projektentwicklung bei Aurelis Real
Estate. Während der Quartiersentwickler dem Trend zu mehr gemischten Gebäuden gelassen entgegensieht, weisen Asset-Manager auf den
erhöhten Managementaufwand hin, der sich insbesondere bei Wohnungen ergibt. „Grundsätzlich können wir alle Asset-Klassen, auch
Mischnutzungen, verwalten“, sagt Cathrin Schwartz, Leiterin Asset
Management Europa bei der Union Investment Real Estate GmbH, die
im Portfolio auch große Mixed-Use-Objekte wie das Centre d’Affaires
Paris-Trocadéro mit Büro-, Handels-, Wohn- und Gastronomienutzung
oder das Emporio in Hamburg mit Büro-, Handels- und Hotelmietern
hält. „Der Managementaufwand für viele kleinere Nutzungseinheiten
ist vergleichsweise hoch und daher teuer.“ Aurelis-Mann Schütz räumt
ebenfalls ein: „Der Betreuungsaufwand und die Betriebskosten sind
bei Mixed-Use-­Objekten höher. Daher können Skaleneffekte nicht so
leicht erzielt w
­ erden.“
Auch Investoren blicken mit gemischten Gefühlen auf den neuen
Immobilientypus. Zwar gilt die Diversifikation auf Gebäudeebene durch
die unterschiedlichen Nutzungen als reizvoll und vernünftig. „Trotzdem
bevorzugen insbesondere konservative Anleger noch immer reinrassige
Objekte“, berichtet Stephan Allner, geschäftsführender Gesellschafter
der Wohnkompanie in Berlin. Eines der aktuellen Bauprojekte des zur
Zech Group gehörenden Unternehmens ist das gemischt genutzte Ensemble Max und Moritz in Berlin-Friedrichshain. 463 Wohnungen, Büros und Geschäfte sollen nördlich des Ostbahnhofs bis 2017 entstehen.
Die Nutzungen werden aus Brand- und Lärmschutzgründen nicht gemischt und erhalten auch keine gemeinsame Erschließung, sondern
werden auf zwei Türme verteilt. Als Investmentprodukte bilden Max
und Moritz trotzdem eine Einheit. „Die Gewerbenutzungen haben wir
bewusst vom Wohnen abgekoppelt, weil die Einspruchsmöglichkeiten
von Wohnungsnutzern groß sind und Gewerbemieter immer das Nach-
Cathrin Schwartz, Leiterin Asset Management
Europa bei der Union Investment
Real Estate GmbH
sehen haben“, erläutert Developer Allner. Und spricht damit einen neuralgischen Punkt an, mit dem sich seit Herbst 2015 auch der größte
Immobilienverband in Deutschland befasst.
Nach Auffassung des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) ist
es nicht möglich, lebendige Städte mit räumlicher Nähe von Wohnen,
Arbeiten, Handel und Kultur zu schaffen, solange die Baunutzungsverordnung (BauNVO), das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
und die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) nicht
angepasst worden sind. „Die geltenden Regelwerke legen neuen städte­
In Berlin-Friedrichshain e­ ntsteht bis 2017 das Projekt
Max und Moritz (Bildmitte) mit ­Wohnungen, Büros und
­Geschäften. Aus Brand- und Lärmschutzgründen werden die Nutzungen auf zwei Türme verteilt.
10
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baulichen Ideen immer Steine in den Weg“, sagt ZIA-Präsident ­Andreas
Mattner. Der Verband plädiert daher sogar für die Einführung einer
neuen Gebietskategorie namens Urbanes Mischgebiet, sofern durch
diese „die Mischung aus typisch großstädtischen Wohn- und Arbeitsformen erleichtert wird“.
Doch finden Entwickler auch unter den geltenden Bestimmungen
Wege, um lupenreine Mixed-Use-Objekte zu realisieren, die zudem eifrig gekauft werden. Allerdings vor allem von Ausländern, wie Andreas
Völker aufgefallen ist. „Internationale Anleger haben weniger Berührungsängste, weil sie Mixed-Use-Objekte als Gebäudetypus und AssetKlasse aus ihren Heimatmärkten bereits gut kennen“, sagt der
­Geschäftsführer von BNP Paribas Real Estate Consult.
Dass sich einheimische Käufer die neuen Sterne am Immobilienhimmel einfach vor der Nase wegschnappen lassen, will Annette ­Kröger,
CEO der Allianz Real Estate, nicht auf sich sitzen lassen. „Wir verschließen uns dem Trend nicht. Die neue Generation der Mixed-Use-Immobilien repräsentiert jedoch eine neue Dimension, allein schon aufgrund
ihrer Größenordnungen.“ Ein Investment könne sie sich grundsätzlich
vorstellen. Doch aufgrund der Volumina und zur Vermeidung von
­Klumpenrisiken wünsche man sich einen Joint-Venture-Partner, der mit
in die Immobilie investiert und mit seiner Expertise gleichzeitig in der
Lage sei, das Management zu übernehmen. Ein Weg, den vielleicht
auch andere deutsche Großeinkäufer mit einem Faible für Mixed-Use
gehen werden.
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11
Märkte
W
as für ein Jahr: Fast 700 Milliarden US-Dollar investierten Immobilienanleger 2015 rund um den Globus in
Bürogebäude und Einzelhandelsflächen, in Hotels oder
Logistikhallen. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das zwar rein rechnerisch einem leichten Rückgang von 3 Prozent. Doch das, sagt Hela
Hinrichs, Leiterin des Europa-Researchs beim internationalen Immobilienberater JLL in London, sei allein eine Folge des starken Dollars.
Wäre die Rallye des Greenbacks gegenüber dem Euro und anderen Währungen 2015 ausgeblieben, hätte am Ende des Jahres statt
eines Minus ein Plus von mehr als 10 Prozent gestanden. Noch krasser
wirkt sich der gestiegene Dollarkurs auf die Investmentbilanz in Europa aus. Umgerechnet fiel das Transaktionsvolumen mit 253 Milliarden
US-Dollar 9 Prozent niedriger aus als 2014. In lokaler Währung allerdings investierten Anleger europaweit 8 Prozent mehr als 2014 in gewerblich genutzte Immobilien. Besonders nachgefragt waren die großen kontinentaleuropäischen Märkte, allen voran Deutschland und
Skandinavien. Dort stiegen die Transaktionsvolumina um sage und
schreibe jeweils knapp 30 Prozent – ein herausragendes Wachstum,
das eigentlich allen Grund zur reinen Freude böte.
Ein Fakt, der bei so manchem Marktbeobachter die Alarmglocken
schrillen lassen könnte. Acht Jahre nach dem desaströsen Absturz der
globalen Immobilienmärkte infolge der weltweiten Finanzmarktkrise
mag der Schock darüber zwar überwunden sein, die Erinnerung aber
ist keineswegs verblasst. Und so stellt sich unwillkürlich die Frage: Stehen die Märkte erneut vor einem zyklischen Abschwung? Und wenn
ja, hätte die Abwärtsbewegung ähnlich schmerzhafte Folgen für
­Immobilieninvestoren wie damals? „Eine Prognose zur Zukunft der
Immobilienmärkte war nach meiner Wahrnehmung noch nie so ▶
Märkte unter
Beobachtung
Die spannendste Frage, die Immobilienexperten derzeit umtreibt, ist die nach dem Ende des
Immobilieninvestmentbooms. Die gute Nachricht: Noch ist es nicht so weit. Von Anne Wiktorin
Für Immobilieninvestoren zählt
Frankfurt am Main zu den ersten
Adressen. Für Bürogebäude
­werden in Deutschlands Finanz­
metropole bereits Spitzenpreise
gezahlt. Auch der Mietmarkt ist im
Zyklus weit fortgeschritten.
Fotos: Matt Mawson/Corbis
Das Dilemma der Anleger
Doch von Euphorie keine Spur. „Die Stimmung unter den Investoren
scheint zu Jahresbeginn 2016 zurückhaltender zu sein“, beschreibt
David Green-Morgan, Capital Markets Research Director bei JLL Global, die Situation. Auch wenn er nicht von Pessimismus sprechen will,
so sei doch die allgemeine Gemütslage mindestens geprägt von Vorsicht, nicht selten sei gar eine unverhohlene Sorge spürbar.
Das hat gleich mehrere Gründe, wie Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH,
erläutert. „Es gibt auf den weltweiten Immobilienmärkten eine ganze
Reihe von Herausforderungen – exogene wie endogene –, denen sich
Investoren in naher Zukunft stellen müssen.“ Zu den äußeren Risiken
zählt der Chef des Hamburger Immobilien-Investmentmanagers geopolitische Krisen und das weiterhin sehr niedrige Zinsniveau auf den
globalen Kapitalmärkten. Das befeuert die Nachfrage nach Immobilien­
investments und verschärft die marktimmanenten Gefahren: Die ohne­
hin niedrigen Immobilienrenditen stehen weiterhin unter Druck, der
seit Jahren anhaltende Wettbewerb um erstklassige Objekte wird sich
intensivieren mit der Gefahr möglicher Überhitzungstendenzen.
Auch Timothy Horrocks, Head of Europe beim internationalen Investmenthaus TH Real Estate, sieht das Dilemma: „2015 hat der euro­
päische Immobilienmarkt einen Zufluss von Kapital aus der ganzen
Welt erlebt wie nie zuvor“, betont er und beschreibt gleich die Kehrseite: „Der Markt für Core- und Core-Plus-Immobilien wird dadurch
immer umkämpfter, und die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich.“ Was vor diesem Hintergrund viele Beobachter jedoch besonders
nachdenklich stimmt, ist das, was Horrocks so auf den Punkt bringt:
„Die Transaktionsvolumina und die Preise haben die Werte des letzten
Markthöhepunkts im Jahr 2007 bereits wieder erreicht.“
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Raum & mehr 1 | 2016
13
Märkte
„Noch ist von der Europäischen
Zentralbank, anders als von der Fed,
keine Zinserhöhung zu erwarten.“
schwierig wie heute“, sagt Jochen Schenk, Vorstand des Münchner
Asset-Managers Real I.S. Geopolitische Krisenherde und die nach wie
vor anfällige Weltwirtschaft mahnen auch ihn zur Vorsicht. So viel sei
weltweit in Bewegung, dass sich die Richtung kaum abschätzen lasse.
„Aus unserer Sicht kann man sich daher nur auf Basistrends beziehen“,
sagt der Immobilien-Asset-Manager.
Und die, so die überwiegende Wahrnehmung der Experten, sehen
überraschend positiv aus. „Erstens ist die Situation heute eine andere
als 2007, als Immobilien vom Tisch weg gekauft wurden“, sagt An­
dreas Wende, Mitglied der Geschäftsführung beim Immobilienberater
Savills und dort Leiter des Investmentbereichs Deutschland. „Käufer
Globale Renditen für Bürogebäude erreichen neuen Tiefpunkt
Durchschnittliche Spitzenrenditen in Prozent*
US-Markt dominiert
Geografische Verteilung des Transaktionsvolumens*
auf den globalen Gewerbeimmobilienmärkten in Prozent
Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der International Real Estate
Business School Regensburg
prüfen ihre Investments sehr viel genauer, schon deshalb, weil das die
finanzierenden Banken fordern.“ Daher werde durchweg deutlich mehr
Eigenkapital eingesetzt als vor der Finanzkrise, ergänzt Andreas Quint,
beim internationalen Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate
unter anderem verantwortlich für die Finanzierungsberatung. „Während wir damals regelmäßig Fremdkapitalquoten von mehr als 90 Prozent gesehen haben, sind wir heute bei 60, in Einzelfällen vielleicht
einmal bei 70 Prozent“, sagt Quint. „In den Jahren 2006 und 2007 –
also vor der Finanzkrise – waren Investoren an hochspekulativen Deals
interessiert“, bestätigt Marcus Cieleback, Research-Chef des deutschen
Immobilienunternehmens Patrizia. „Heute schauen Anleger sehr stark
* direktes gewerbliches Transaktionsvolumen in den
weltweit größten Märkten, 1. bis 3. Quartal 2015
USA
52 %
Großbritannien
17 %
Deutschland
8%
Japan
7%
China
4%
Frankreich
4%
Australien
4%
Kanada
2%
Spanien
2%
Quelle: JLL, Dezember 2015
durch die sicherheitsorientierte Brille“, sagt er. Investoren sind sich
daher bewusst, dass das Preisniveau auf den meisten internationalen
Märkten bereits sehr hoch ist – die Renditen also entsprechend niedrig sind.
Das gilt besonders für Büroinvestments. Die von JLL für 21 globale Märkte berechnete durchschnittliche Spitzenrendite sank um fast
200 Basispunkte von knapp 7 Prozent im Jahr 2009 auf aktuell unter
5 Prozent. Fundamental sehen die wenigsten Experten darin ein Problem: Anders als in den Vorkrisenjahren 2006 und 2007 liegen die
Immobilienrenditen mit gut 300 Basispunkten deutlich oberhalb der
Verzinsungen von vergleichbar sicheren Staatsanleihen. Ein Risiko­
abstand, den die meisten Beobachter für absolut ausreichend halten.
Sogar große Deals gehen in Spanien wieder: Für 400 Millionen Euro fand das 1924 im Look der Pariser Kaufhäuser eröffnete
­Gebäude auf der Gran Vía in Madrid einen Käufer.
14
Raum & mehr 1 | 2016
Fotos: action press, Christian Buck/Universität Regensburg
Erträge rücken in den Vordergrund
Zudem wüssten professionelle Käufer, dass es beim aktuellen Preisniveau auf den Businessplan ankomme, sagt Patrizia-Manager Cieleback.
Dieser müsse auf die individuelle Investmentstrategie und das jeweilige Objekt fein abgestimmt sein. „Entscheidend sind in der gegenwärtigen Marktphase nachhaltig langfristige Erträge“, ist er überzeugt.
Auch in dieser Hinsicht sehen die Fundamentaldaten überwiegend
freundlich aus. „Wir beobachten international stabile, teilweise sogar
wieder dynamische Mietmärkte“, sagt Union Investment-Manager
Reinhard Kutscher. Beispiel Büromärkte: „Wir sehen, dass die Nachfrage nach Flächen in einer Vielzahl von Branchen steigt und die Vermietungsaktivitäten weltweit wieder deutlich zugenommen haben“,
erläutert JLL-Researcherin Hela Hinrichs. Noch schlage sich dies nicht
in den Spitzenmieten nieder: Der Anstieg auf 25 globalen Märkten
liegt 2015 bei moderaten 3 Prozent zum Vorjahr. „Im laufenden Jahr
wird sich der Anstieg aber auf 4 Prozent erhöhen“, prognostiziert die
Expertin. Denn die Mietmärkte in Südeuropa erholten sich zusehends.
„In Madrid und Barcelona etwa sind die Preisanstiege im Spitzen­
bereich durchaus berechtigt“, sagt Frank Billand, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH und zuständig
für Investments in Europa. Der Grund: Es gebe vergleichsweise wenige
8
7
6
5
4
3
2
1
0
6,83
5,44
2007
4,83
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
* basierend auf 21 Märkten: Boston, Brüssel, Chicago, Frankfurt am Main, Hongkong,
London, Los Angeles, Madrid, Mexiko-Stadt, New York City, Paris, Peking, San Francisco,
Seoul, Schanghai, Singapur, Stockholm, Sydney, Tokio, Toronto, Washington D. C.
Quelle: JLL, Dezember 2015
geeignete Objekte, „bei Core-Assets ist die Nachfrage deutlich höher
als das Angebot“. Entsprechend werden wieder Höchstpreise gezahlt,
nicht zuletzt von einheimischen Investoren. So erwarb im vergangenen
Jahr die Immobilieninvestmentfirma des Inditex-Gründers Amancio
Ortega Gaona, eines der reichsten Männer der Welt, das vielleicht bekannteste Gebäude auf der Gran Vía in Madrid: das Einzelhandels- und
Bürohaus mit der Hausnummer 32, das 1924 im Look der Pariser Kaufhäuser eröffnet wurde. 400 Millionen Euro zahlte Pontegadea den
­kanadischen Voreigentümern Longshore und Drago Capital.
Aber auch die Mietmärkte in Deutschland, in den nordischen Ländern und in London bleiben stark, sagt JLL-Researcherin Hela Hinrichs.
Vor allem ihr Urteil über die Bürovermietungsmärkte in der britischen
Hauptstadt dürfte so manchen Investor beruhigen. Zwar war 2015 für
den Immobilienmarkt in Großbritannien erneut ein sehr erfolgreiches
Jahr – zum dritten Mal in Folge lagen die Zuwachsraten bei den Kapital­
werten im zweistelligen Bereich, berichtet Fondsmanager Guy Glover
von BMO Real Estate Partners in London, dem Immobilien-Asset-­
Manager der kanadischen BMO Financial Group. „Daraus aber ergibt
sich automatisch die Frage, wie lange diese positive Stimmung noch
anhalten wird“, fügt der London-Kenner hinzu. Bei seiner Antwort
bleibt er optimistisch: „Obwohl es durchaus Risiken und potenziellen
Gegenwind gibt, ist unser Ausblick für 2016 positiv.“
Auch Andreas Schultz, Mitglied der Geschäftsführung von WarburgHIH Invest Real Estate, konstatiert: „Die Renditen auf dem Londoner
Gewerbeimmobilienmarkt sind auf ein Allzeittief gefallen.“ In jüngster
Zeit sei nun eine Seitwärtsbewegung zu erkennen. „Daraus aber zu
schließen, die Talsohle bei den Renditen sei bereits erreicht, ist noch
zu früh.“ Nach wie vor sei ein deutlicher Rendite-Unterschied zwischen
Core-Immobilien in guter bis sehr guter Lage und langfristig gesichertem Cashflow und anderen Objekten zu erkennen. BMO-Fondsmanager Glover erwartet, dass sich der Rückgang der Immobilienrenditen
in London 2016 verlangsamen oder sogar zum Stillstand kommen
könnte. „Deshalb dürften die Höhe und die Qualität der Erträge stärker in den Fokus der Investoren rücken und – noch wichtiger – die ▶
Raum & mehr 1 | 2016
15
„Das Marktumfeld verlangt Disziplin
und ein vorausschauendes
Risikomanagement.“
Reinhard Kutscher, Vorsitzender
der Geschäftsführung der Union Investment
Real Estate GmbH
Möglichkeit, diese zu steigern.“ Größtes Risiko für den Londoner Markt,
auch da sind sich die Beobachter einig, wäre ein Brexit – ein Austritt
Großbritanniens aus der Europäischen Union. Ein Votum der Wähler
für den Verbleib in der EU ist zwar nach Umfragen wahrscheinlich, aber
nur mit knapper Mehrheit. „Wir gehen davon aus, dass sowohl einheimische als auch Investoren aus Übersee vorsichtiger agieren und sich
bei neuen Investitionen eher zurückhalten werden, je näher das Datum
für die Abstimmung rückt“, sagt deshalb Guy Glover und begründet
dies mit den unabsehbaren Auswirkungen für den Fall, dass die Wähler
für einen Austritt aus der EU stimmten. „Auf den Markt für gewerb­
liche Immobilieninvestitionen dürfte sich eine solche Entscheidung
kurzfristig in jedem Fall auswirken, wobei der Büromarkt in Central
London in besonderem Maße betroffen wäre“, sagt er. Langfristig jedoch wären die Folgen möglicherweise weniger gravierend, da London
weiterhin internationaler Standort für Unternehmen und Institutionen
in den Bereichen Finanzen, Recht und Wirtschaft bleiben werde.
USA bietet große Chancen
Weitgehend positiv beurteilen Investoren auch den US-Markt – der
bereits 2015 den größten Anteil des globalen Immobilienkapitals anzog. „Dort sehen wir so gut wie keine dunklen Wolken am Himmel“,
sagt Marcus Cieleback. Die konjunkturellen Fundamentaldaten des
Landes sind vielversprechend, was nicht zuletzt die im Dezember von
der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) eingeleitete
Erhöhung der Leitzinsen widerspiegelt.
Auch Union Investment sieht die US-Immobilienmärkte im Aufwind.
Im Dezember 2015 erweiterten die Hamburger ihr ImmobilienfondsPortfolio in Seattle und erwarben dort zum Preis von 299 Millionen­
US-Dollar die Büroimmobilie Amazon Phase VI für den Offenen Immobilien-Publikumsfonds UniImmo: Europa. „Als eine der am schnellsten
wachsenden US-Städte mit hoher Attraktivität für junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte bietet Seattle Rahmenbedingungen, die für unsere
verstärkten internationalen Engagements mustergültig sind“, erläutert
Martin Brühl, Geschäftsführer der Union Investment Real Estate­GmbH
und verantwortlich für das internationale Investment ­Management.
Und nicht nur auf den Büroimmobilien-, sondern auch auf den Hotel­
immobilienmärkten des Landes suchen die Immobilienspezialisten von
Union Investment ihre Chancen.
Ebenfalls für den UniImmo: Europa investierten sie zuletzt etwa
180 Millionen US-Dollar in The Godfrey Boston, ein Boutique-Hotel mit
242 Zimmern. Für Reinhard Kutscher sind die Erschließung neuer Märkte – etwa Australien – und der Einstieg in zyklisch wieder erstarkende
Märkte – wie die USA – eine strategische Entscheidung und eine der
besten Möglichkeiten, sich gegen eine mögliche Wende auf den einheimischen europäischen Märkten abzusichern. Diese erwartet er jedoch frühestens für 2018. „Das aktu­elle­Jahr wird für Immobilieninvestoren ein ähnlich chancenreiches Jahr wie 2015. Das Marktumfeld
verlangt jedoch besonderes Augenmaß bei der Markt- und Objektauswahl, ein diszipliniertes Investitions­programm und ein vorausschauendes Risikomanagement“, sagt Kutscher.­
Aufschwung an den meisten Büromärkten
Position ausgewählter globaler Büromärkte im Mietpreiszyklus*
Mexiko-Stadt
Frankfurt / M.
Berlin, Dallas
San Francisco
Stockholm
Los Angeles
London, Hongkong
Tokio
New York City
Chicago
Amsterdam, Sydney
Madrid
Mailand
Paris
Singapur, Houston
Toronto
verlangsamtes
Mietpreiswachstum
beschleunigter
Mietpreisrückgang
beschleunigtes
Mietpreiswachstum
verlangsamter
Mietpreisrückgang
* Die globale Immobilienuhr zeigt, wo sich die Büromärkte innerhalb ihrer Mietpreis-Kreisläufe
befinden. Der lokale Markt kann sich in der Uhr in verschiedene Richtungen und mit verschiedenen
Geschwindigkeiten bewegen. Die Uhr ist eine Methode zum Vergleich der Positionen der Märkte
in ihrem Kreislauf. Die Positionen sind nicht zwingend repräsentativ für den Investment- und
16
Raum & mehr 1 | 2016
Ende 2015 erwarb Union Investment
für den Offenen Immobilienfonds
UniImmo: Europa die Büroimmobilie
Amazon Phase VI in Seattle, einer
der am schnellsten wachsenden
Städte des Landes.
Moskau
Warschau
São Paulo
Seoul
Brüssel, Prag, Zürich, Washington D. C.
Projektentwicklungsmarkt. Die Positionen der Märkte beziehen sich auf die Spitzenmieten.
Es gibt Märkte, die keinem konventionellen Zyklus folgen und sich eher zwischen neun und zwölf
Uhr bewegen. In diesem Fall repräsentiert neun Uhr einen Mietanstieg nach einer Periode der
Mietstabilität.
Quelle: JLL, Dezember 2015
Denn irgendwann, da sind sich alle Experten einig, wird sie kommen, die Wende auf den internationalen Immobilieninvestmentmärkten. Sobald die Europäische Zentralbank die Leitzinsen­erhöht und
damit die Anleiherenditen steigen, wird sich das Investoren­interesse
auf andere Asset-Klassen verlagern.
Wolfgang Kubatzki, Immo­bilienmarktexperte bei dem Bad Homburger Analysehaus Feri Eurorating Services, glaubt allerdings noch
nicht einmal, dass in den kommenden18 Monaten das Zinsniveau auch
nur leicht anziehen könnte. Steffen Sebastian, Experte für Immobilienfinanzierung an der ­International Real Estate Business School der Universität Regensburg, ist ebenfalls sicher: „Anders als von der US-amerikanischen Notenbank Fed ist von der Europäischen Zentralbank
vorerst keine Zinserhöhung zu erwarten.“ Was das heißt, liegt auf der
Hand: Die Anlagerenditen bleiben niedrig, die Immobilienpreise hoch.
Dies aber, warnt der Universitätsprofessor mit Blick auf das eigene
Land, bedeute auch: „Für die deutschen Immobilien­märkte werden
sich die Tendenzen zu Übertreibungen fortsetzen.“
•
The Godfrey Boston, ein Boutique-Hotel mit
242 Zimmern, gehört zum Portfolio des Offenen
Immobilienfonds UniImmo: Europa.
Raum & mehr 1 | 2016
Fotos: The Godfrey Boston, Union Investment, Benjamin Benschneider/Union Investment
Märkte
17
Märkte
„Es mangelt an
guten Produkten,
die zum Verkauf stehen.“
Es muss nicht immer
Warschau sein
Marcin Medrzecki,
Associate Director Investment Services, Colliers
W
er einmal an einem lauen Frühlingsabend auf dem ­Rynek
Glowny, dem prachtvollen Marktplatz von Krakau, ein
Bier getrunken und das polnische Nationalgericht B­ igos
gegessen hat, wird die Schönheit der einstigen polnischen Königs­
residenz so schnell nicht wieder vergessen. Und auch Breslau mit der
Dominsel und Danzig mit der Katharinenkirche gelten als Touristen­
ziele ersten Ranges. Doch in den polnischen Regionalstädten sind nicht
nur kulturinteressierte Touristen unterwegs, sondern auch immer mehr
scharf rechnende Immobilieninvestoren. Denn Krakau, Breslau und die
sogenannte Trojmiasto oder Dreistadt (Danzig, Gdingen, Zoppot), aber
auch Kattowitz, Posen und Lodz gewinnen als Immobilienstandorte an
Bedeutung.
Während der Markt für Shoppingcenter in der Hauptstadt Warschau­
als hochattraktiv gilt, betrachten Experten den dortigen Büromarkt
kritischer. „Im Gegenzug fließt Investitionskapital in die Regionalstäd­
te, wo höhere Renditen das Risiko der lokalen Märkte kompensieren
und wo die Mieten stabiler sind“, konstatiert Marcus Lemli, Head of
Investment Europe bei der Beratungsgesellschaft Savills.
Diese im Vergleich zu anderen europäischen Ländern recht unge­
wöhnliche Verlagerung des Interesses auf B-Städte hängt unter ande­
rem mit der Entwicklung auf dem Büromarkt der Hauptstadt zusam­
men. „Der Warschauer Markt durchschreitet einen klassischen
Schweinezyklus“, stellt Karl Bier fest, CEO des in Polen sehr aktiven
österreichischen Projektentwicklers UBM. „Mit der Realisierung vieler
neuer Projekte ist die Leerstandsquote stark gestiegen, was einen Druck
auf die Mietpreise nach sich zieht.“
Ein stabiles Wirtschaftswachstum, eine gut ausgebildete Bevölkerung und eine steigende
Nutzernachfrage: Polen weckt das Interesse von immer mehr Investoren. Im Fokus stehen
dabei Städte aus der zweiten Reihe. Von Christian Hunziker
schaft Tholons steht Breslau auf Platz neun unter den weltweit bes­
ten 100 dieser für Backoffice-­Tätigkeiten besonders gut geeigneten
Standorte.
Neben der stabilen Nutzernachfrage schätzen Investoren an BStädten den Renditevorteil. Für hochwertige Büroimmobilien in Regio­
nalstädten konnten Investoren eine Rendite zwischen 6,5 und 7 Pro­
zent erwarten, während es in Warschau höchstens 6 Prozent sind.
Dabei sind „aus Sicht der Investoren Krakau und Breslau die attrak­
tivsten Standorte“, sagt Boleslaw Kolodziejczyk, Bewertungs­experte
bei Cushman & Wakefield. Aber auch Lodz zieht Kapital an, wie das
Beispiel des Green Horizon zeigt: Diesen 33.000 Quadratmeter großen
Büroneubau hat die Investmentgesellschaft Griffin Real Estate im Früh­
jahr 2015 von Skanska erworben.
Trotzdem ist das Transaktionsvolumen in diesen Städten relativ
gering. „Desinvestments gestalten sich deshalb außerhalb von Krakau
und Breslau noch sehr schwierig“, erklärt Karl Bier von UBM. Dies gilt
hauptsächlich für B-Lagen in Zweitstädten. Auch aus diesem Grund
beschränkt Union Investment laut Philip La Pierre das Engagement auf
die besten Lagen und Immobilien am jeweiligen Standort.
Ohnehin ist der polnische Investmentmarkt für ein Land mit gut
38 Millionen Einwohnern recht klein. Vorläufigen Zahlen zufolge
wechselten im Jahr 2015 in ganz Polen gewerblich genutzte Immo­
bilien für etwa 3 Milliarden Euro den Eigentümer; im bevölkerungs­
mäßig gut doppelt so großen Deutschland waren es rund 55 Milli­
arden Euro. „Es mangelt an guten Produkten, die zum Verkauf
stehen“, erklärt Marcin Medrzecki, Associate Director Investment ▶
Das 1876 errichtete und bis 1980 genutzte Gebäude der ehemaligen Brauerei Browar Huggerow in Posen ist seit 2003 ein Einkaufszentrum. Stary Browar (Alte Brauerei) beherbergt heute 100 Geschäfte, Büros und zahlreiche Restaurants.
18
Raum & mehr 1 | 2016
Fotos: Maciej Kuszela/Stary Browar, Poznan, Igor Mitoraj's sculpture, Colliers
Starke Mietnachfrage in kleineren Städten
Tatsächlich stehen in der Hauptstadt rund 14 Prozent aller Büroflächen
leer, während es in Krakau nur etwa 4 Prozent sind. Weil nach Anga­
ben der Immobilienberater von Colliers in Warschau in den kommen­
den drei Jahren 660.000 Quadratmeter Bürofläche zusätzlich auf den
Markt kommen, wird sich der Kampf um Büromieter verschärfen.
Umgekehrt verzeichnen Vermieter in B-Städten eine starke
­Nachfrage. So mietete zum Beispiel Hewlett Packard im Bürogebäu­
de Dominikanski in Breslau 17.000 Qua­dratmeter Bürofläche.
­Insgesamt war das von Skanska entwickelte Objekt, das jetzt zum
Immobilienportfolio von Union Investment gehört, bereits vor Fertig­
stellung zu 85 Prozent vermietet. „Breslau und Krakau zeichnen sich
durch ein großes Angebot an günstigen Büroflächen und gut ausge­
bildeten Mitarbeitern aus“, nennt Philip La Pierre, Leiter Investment
Management Europa bei der Union Investment Real Estate GmbH,
zwei Gründe, warum diese Universitätsstädte für Mieter attraktiv
sind – und zwar besonders für internationale Großkonzerne, die hier
im Rahmen des Business Process Outsourcing sogenannte Shared
Service Center ansiedeln. Laut jüngstem Report der Beratungsgesell­
Verzinsung für Immobilieninvestments
Durchschnittliche Spitzenrenditen für Bürogebäude in Prozent
Zehnjahreshoch
10
8
6
8,50
6,75
9,50
8,00
6,50
6,00
4
8,50
7,00
9,50
8,00
7,25
8,50
6,00
6,50
6,25
Zehnjahrestief
6,25
7,00
5,25
2
0
Durchschnittliche Spitzenrenditen für Einzelhandelsgebäude in Prozent*
12
11,50
11,25
8 8,25
6
8,25
8,00
11,25
10,25
10
8,25
8,00
8,00
10,50
8,25
8,00
7,75
8,00
9,50
7,00
7,00
4
2
0
Breslau
Kattowitz
Krakau
* Flächen in zentralen Einkaufslagen
Lodz
Posen
Warschau
Quelle: Cushman & Wakefield, September 2015
Raum & mehr 1 | 2016
19
Märkte
„Der Warschauer Markt
durchschreitet
einen klassischen Schweinezyklus.“
Fotos: imago, Union Investment/Daniel Sumesgutner, UBM
Karl Bier,
Vorstandsvorsitzender UBM
Services bei der Beratungsgesellschaft Colliers in Polen, das geringe
Transaktionsvolumen.
Auf eine weitere Besonderheit des polnischen Marktes macht
­Marcus Lemli aufmerksam: In den ersten drei Quartalen des Jahres
2015 seien mehr als 80 Prozent der Transaktionen mit ausländischem
Kapital realisiert worden. Besonders aktiv seien dabei deutsche Fonds­
gesellschaften, US-amerikanische Investmentgesellschaften sowie
­britische, französische und österreichische Investoren.
Im Blick haben sie auch den Einzelhandelsmarkt. So erwarb etwa
das Unternehmen Deutsche Asset & Wealth Management das in Posen
gelegene Einkaufszentrum Stary Browar, während sich Union Invest­
ment das Riviera in Gdingen, ein 2014 erweitertes Shoppingcenter mit
gut 70.000 Quadratmetern Mietfläche, sicherte. Inte­resse ziehen dabei
durchaus auch kleinere Großstädte auf sich. „Wir achten aber immer
darauf, dass ein Center eine überregionale Ausstrahlung hat“, betont
Henrike Waldburg, Leiterin Investment Management Shoppingcenter
bei der Union Investment Real Estate GmbH.
Ebenfalls aktiv ist Union Investment auf dem Hotelmarkt. Zu den
jüngsten Akquisitionen zählt das Holiday Inn Warschau-City Center,
ein Haus mit 254 Zimmern, das UBM Development 2018 fertigstellen
wird. „Polen gewinnt bei Touristen sowohl aus dem In- als auch aus
dem Ausland immer mehr an Beliebtheit“, erklärt Adam Konieczny,
Country Head Poland der Hotelberatungsgesellschaft Christie + Co.
Als besonders lohnende Ziele für Hotelinvestoren nennt Konieczny die
Städte Krakau, Warschau und die Dreistadt Danzig-Zoppot-Gdingen.
Auch in Zukunft wird Polen für Nutzer, Projektentwickler und Investo­
ren attraktiv bleiben. „Die polnische Wirtschaft bleibt stark“, argumen­
tiert Ullrich Müller, Mitteleuropa-Experte bei der Beratungsgesellschaft
Aengevelt. Ökonomen erwarten, dass 2016 und 2017 das Wirtschafts­
wachstum 3,5 beziehungsweise 3,4 Prozent betragen und damit er­
neut den EU-Durchschnitt übertreffen wird. Positiv zu Buche schlägt
laut Union Investment-Manager La Pierre zudem die Transparenz des
polnischen Marktes.
Politische Turbulenzen
Daran dürfte wohl auch die Debatte um die Politik der im Herbst 2015
gewählten nationalkonservativen Regierung der Partei Prawo i Spra­
wiedliwosc (PiS – Recht und Gerechtigkeit) nicht viel ändern, obwohl
das neue Kabinett mit manchen seiner Beschlüsse im Ausland auf
­Unverständnis stößt. Einen Einfluss auf die Immobilienbranche könnte
etwa die Absicht haben, künftig Einzelhandelsflächen von mehr als
250 Quadratmetern mit einer am Umsatz bemessenen Zusatzsteuer
zu belegen. Unklar ist, ob Händler die Steuer über höhere Preise auf
ihre Kunden abwälzen können oder ob sie verlangen, dass sich ihre
Vermieter an den Kosten beteiligen.
Dennoch bleibt Joanna Mroczek, Head of Research bei CBRE in
Polen, zuversichtlich. „Polen ist Teil der Europäischen Union“, argu­
mentiert sie. „Unabhängig von der Veränderung der politischen Aus­
richtung ist so ein hoher Grad an Stabilität gewährleistet. Und das ist,
was aus wirtschaftlicher Sicht am meisten zählt.“ Und auch Michal
Cwiklinski, Managing Director bei Savills in Polen, ist überzeugt: „Auch
auf lange Sicht wird Polen ein wichtiger Investmentmarkt bleiben.“ •
In Lodz erwarb Griffin Real Estate im Frühjahr 2015 das Bürogebäude Green Horizon (links). Union Investment sicherte sich das
2014 auf 70.000 Quadratmeter Mietfläche erweiterte Shoppingcenter Riviera in Gdingen.
20
Raum & mehr 1 | 2016
Gutes Klima für Portfoliodeals
Investitionsklima Der Immobilienmarkt wird für
Investoren zu einer Gleichung mit immer mehr
Unbekannten. Doch erlegen sich die europäischen
Immobilienprofis selbst in diesem fortgeschrittenen
Immobilienmarktzyklus keine gesteigerte Zurück­
haltung auf. Im Gegenteil: Rendite ist im Vergleich
zum Vorjahr für noch mehr Investoren zum zen­
tralen Anlagemotiv geworden. Treiber der weiter
gestiegenen Risikobereitschaft sind der anhalten­
de Renditedruck und ein Marktumfeld, in dem sich
Klopfgeräusche einer Trendumkehr erst sehr ver­
halten vernehmen lassen. Dies ist das Ergebnis der
aktuellen, im halbjährlichen Turnus durchgeführten
Immobilien-Investitionsklimastudie von Union
­Investment, für die diesmal 171 professionelle
­Immobilienanleger in Deutschland, Frankreich und
Großbritannien repräsentativ befragt wurden. Folgt
man den Einschätzungen der interviewten Inves­
toren, dann zeichnet sich ein Umschwung in kei­
nem der drei europäischen Immobilienkernmärkte
ab: 86 Prozent der Profianleger sind überzeugt,
dass sich in den nächsten zwölf Monaten die ge­
nerelle Investitionsbereitschaft auf den gewerbli­
chen Immobilienmärkten in ihrem jeweiligen Land
noch weiter verbessern oder zumindest nicht ab­
schwächen wird. „Europa steht gut da. Das makro­
ökonomische Gesamtbild ist weiterhin positiv. Das
hohe Investitionsinteresse in Europa auch aus
Übersee trägt dazu bei, dass sich das Klima für
Immobilieninvestments in den maßgeblichen euro­
päischen Märkten trotz schwieriger werdender
Rahmenbedingungen als vergleichsweise stabil
erweist“, sagt Olaf Janßen, Leiter Immobilien­
research bei der Union Investment Real Estate
GmbH. „Gleichzeitig zwingen die sinkende Ver­
fügbarkeit und das Preisniveau von Prime Assets
den Immobilieninvestoren jedoch eine wachsende
Risiko­orientierung auf.“ So glauben 51 Prozent
der Studienteilnehmer, dass sie in den kommenden
drei Jahren ihre selbst gesteckten Renditeziele nicht
erreichen werden. Und selbst auf Fünfjahressicht
fürchtet jeder zweite Befragte, die erhoffte Verzin­
sung seiner Investments zu verfehlen. Mehr Risiken
eingehen ist folglich für viele Immobilieninvestoren
die Devise, um den drohenden weiteren Fall der
Renditen abzufedern. 81 Prozent der britischen
Investoren geben in der Umfrage an, Immobilien­
investments hauptsächlich beziehungsweise nur
nach Rendite­gesichtspunkten zu beurteilen. Wie
die Union ­Investment-Umfrage zeigt, werden auf
der Suche nach renditestarken Investments auch
Immobilienportfolios immer interessanter. So gibt
die Hälfte aller Befragten an, sich aktiv mit dem
Ankauf von Immobilienportfolios zu beschäftigen.
In Frankreich fällt das Interesse mit 74 Prozent
­besonders stark aus, gefolgt von den britischen
Investmentprofis mit 67 Prozent. Besonders auf­
schlussreich ist dabei die Erwartung von 80 Pro­
zent der Befragten, dass 2016 vor allem risikobe­
haftetere Portfolios verstärkt gehandelt werden
dürften. 74 Prozent der befragten Immobilienpro­
fis sind überzeugt, dass Investoren aus Asien und
Nordamerika verstärkt in Europa auftreten werden.
­Internationale Investoren könnten Paketdeals als
Möglichkeit zum raschen Einstieg in den gesamt­
europäischen Markt nutzen: Mit 70 Prozent er­
wartet die überwiegende Mehrheit der befragten
Marktteilnehmer, dass mehr und mehr paneuro­
päische Portfolios auf den Markt kommen werden.
Und immerhin 58 Prozent glauben, dass dabei
Pakete mit Immobilien unterschiedlicher Nutzungs­
arten stärker gehandelt werden. „Unter dem Ein­
fluss der derzeit niedrigen Finanzierungskosten
und der ausgeprägten Fähigkeit, große Kapital­
mengen für eine einzige Transaktion bereitzustel­
len, wird das Interesse an paneuropäischen Port­
folios stark befeuert“, so Olaf Janßen. „Hinzu
kommt, dass Investoren aus Übersee ihre Alloka­
tion in Europa erhöhen und das Zinsfenster sowie
den schwachen Euro nutzen wollen, um große
Deals in diesem Jahr über die Ziellinie zu bringen.“
Die hierin liegenden Chancen zur Portfolioberei­
nigung beziehungsweise zur Mitnahme von Ver­
kaufsgewinnen wollen die europäischen Immobi­
lieninvestoren in gesteigertem Maß nutzen. Sowohl
70 Prozent der deutschen als auch der britischen
Investoren kündigen an, in den nächsten zwölf
Monaten verstärkt als Verkäufer von Gebäuden in
Erscheinung zu treten. Seit der letzten Umfrage im
Mai 2015 verzeichnet das Klima für Immobilien­
investments nur noch in Deutschland einen ­leichten
Aufwärtstrend. Der unter deutschen Investoren
erhobene nationale Index legte um 0,6 Punkte zu.
Damit beurteilen die deutschen Investoren das
Klima für Immobilieninvestments in ihrem Land
erstmals seit 2013 wieder besser als ihre Coun­
terparts sowohl in Frankreich als auch in UK.
•
Leichter Aufwärtstrend nur in Deutschland
Investitionsklimaindex* in Punkten
Frankreich
Deutschland
75
Großbritannien
70
65
60
55
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: Union Investment, Investitionsklimastudie, Februar 2016
* Erhebung im Frühjahr und im Herbst
Selbst gesteckte Renditeziele schwer zu erreichen
Anteil der Immobilieninvestoren, die ihre erwarteten Immobilienrenditen auf Dreijahressicht
verfehlen werden, Einschätzung in Prozent nach Herkunft der Befragten
Deutschland
47
Frankreich
64
Großbritannien
49
gesamt
51
0
10
20
Anzahl Befragte = DE: 75, FR: 42, GB: 54, gesamt: 171
Basis: alle Befragten; Mittelwerte
30
40
50
60
70
Quelle: Union Investment, Investitionsklimastudie, Februar 2016
Raum & mehr 1 | 2016
21
konzepte
22 m2
574 €
Wie viel Raum
darf es sein?
42,5 m2
16 m2
22
Raum & mehr 1 | 2016
10 m2
1.002 €
1.689 €
10 m2
37 m2
14,9 m2
803 €
Helsinki
Paris2)
Recherche: Miriam Beul-Ramacher; Grafik: infografiker.com
34 m2
15 m2
Tokio
Berlin
23 m2
35 m2
45 m2
617 €
monatliche Mietkosten
pro Mitarbeiter in Euro
(bezogen auf die Spitzenmieten, Februar 2015)
13 m2
853 €
12,9 m2
25,7 m2
durchschnittliche
Wohnfläche in m2
pro Einwohner
(Daten aus den
Jahren 2010 bis 2013)
51 m2
New York1)
Frankfurt
am Main
durchschnittliche
Bürofläche in m2
pro Mitarbeiter
(Daten aus den
Jahren 2010 bis 2015)
1.169 €
Göteborg
1.380 €
27,6 m2
1.063 €
Wären die Raumkosten bei der Wahl des Unternehmensstandorts das einzige Kriterium, dann wäre Berlin für internatio­
nale Firmen mit Abstand die erste Wahl. Denn dort ist das Verhältnis zwischen der durchschnittlichen Größe des
Arbeitsplatzes und den monatlichen Kosten mit 617 Euro besonders günstig. In anderen europäischen Städten wie Paris
und London herrschen hingegen asiatische Verhältnisse: Für viel Geld gibt es nur wenig Platz
39,2 m2
London2)
Hongkong
1) Büromieten in Midtown 2) Büromieten im CBD
Quellen: Colliers; Corenet Global; CoStar Data base; Eurostat; Hong Kong Free Press, Alfred Ho;
Institute of Future Cities (IOFC) at The Chinese University of Hong Kong (CUHK); Knight Frank;
Savills; Taiwan Construction and Planning Agency Ministry of the Interior; Tokyo Metropolitan
Government; UK-Government; Van Meel/Judy Voss (Haworth)
Raum & mehr 1 | 2016
23
konzepte
Der Wiener
W
ien hat sich ein Langzeitprogramm verordnet, das
­weitreichende Auswirkungen auf die Stadtentwicklung
haben wird. Schon heute präsentiert sich die siebtgrößte­
Stadt der Europäischen Union selbstbewusst als „Smart City“. Ziel ist
es, die beste Lebensqualität zu garantieren und Ressourcen durch umfassende Innovationen zu schonen.
Seit 2011 läuft der von Bürgermeister Michael Häupl initiierte Prozess, der in die Smart-City-Wien-Rahmenstrategie mündete und vom
Wiener Gemeinderat am 25. Juni 2014 beschlossen wurde. Mit der
Dachstrategie bis zum Jahre 2050 „haben wir uns einer konsequenten
und kontinuierlichen Modernisierung der Stadt verschrieben, um
Energie­verbrauch und Emissionen zu senken, ohne dabei auf Konsum
oder Mobilität verzichten zu müssen oder den sozialen Zusammenhalt
Geschickt, gewandt, gewitzt – typisch
smart eben – will sich die österreichische
„Wir haben uns einer konsequenten
und kontinuierlichen Modernisierung
der Stadt verschrieben.“
Maria Vassilakou,
Vizebürgermeisterin und Stadträtin
von Wien
Hauptstadt den Herausforderungen des 21.
Weg
Jahrhunderts stellen. Von Elke Hildebrandt
zu gefährden“, erklärt Maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin von Wien.
„Das Wiener Smart-City-Konzept hat einen erfreulich ganzheitlichen
Ansatz“, bestätigt Karl Bier, CEO beim österreichischen Projektentwickler UBM Development. „Das damit nicht nur wie sonst üblich reine Umweltziele definiert, sondern auch sämtliche Lebenswelten der
Stadtbewohner umfasst werden, begrüße ich ausdrücklich.“ Die rechtliche Umsetzung habe zwar „Soft-Law-Charakter“ und stellt damit
zunächst eine weniger strenge Selbstbindung dar, aber die Rahmenstrategie werde mit der Zeit in immer mehr Rechtsvorschriften ihren Niederschlag finden. Wien hat sich weitreichende Ziele gesetzt: Bis 2050
sollen die Kohlenstoffdioxid-Emissionen um 80 Prozent sinken und
50 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen, bis 2030
soll sich der motorisierte Individualverkehr von derzeit 28 auf 15 Pro-
zent reduzieren. Im Gebäudebestand soll der Energieverbrauch pro
Kopf für Heizen, Kühlen und Warmwasser jedes Jahr um 1 Prozent fallen. Der Grünflächenanteil im Stadtgebiet soll auf dem hohen Niveau
von 50 Prozent erhalten bleiben. Ausgebaut werden sollen die Informations- und Kommunikationstechnologien, die als zentrale Treiber der
Innovation gesehen werden. Bis 2020 will Wien die fortschrittlichste
europäische Stadt in allen Belangen des Open Government werden.
Wie sollen die ehrgeizigen Ziele umgesetzt und wie ­finanziert werden? Und was sagen die Bürger zu einer smarten und damit auch digitalisierten Stadt? Die Herausforderungen sind enorm, und doch startet Wien aus der Poleposition: Zahlreiche Studien und Rankings
attestieren Wien eine ausgezeichnete Stellung im globalen Wettbewerb.
Der Stadtentwicklungsexperte Boyd Cohen veröffentlicht seit 2011 einen Smart-City-Index. Im ersten Ranking lag Wien auf Platz eins und
damit vor Toronto, Paris und New York. 2012 erreichte Wien in einer
differenzierteren Auswertung den vierten Platz in Europa hinter Kopenhagen, Stockholm und Amsterdam. Zahlreiche Auszeichnungen wie
„Die Stadt mit höchster Lebensqualität“ (Mercer-Studie 2015) unter-
streichen Wiens führende Rolle. Das Wachstum Wiens um derzeit etwa
25.000 Menschen jährlich und der angestrebte sinkende Ressourcenverbrauch sind für Vassilakou aktuell die größten Herausforderungen.
Die Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung muss Lösungen für den steigenden Bedarf an Energie, an günstigem wie zweckmäßigem Wohnraum
und an umweltfreundlichen Verkehrskonzepten auf den Weg bringen.
Wien organisiert hierfür die Zusammenarbeit vieler Inte­ressenträger
aus Stadtverwaltung, Forschung, Wirtschaft und Bürgerschaft. Ein Beispiel sind die „BürgerInnen-Solarkraftwerke“. „Wir h­ aben durch die
Finanzierung von Bürgern und deren Investitionsgeist in nur vier Jahren
16 Solar- und zwei Windkraftwerke geschaffen“, berichtet Vassilakou
stolz. Bei diesem Beteiligungsmodell errichtet Wien Energie, ein Unternehmen der Wiener Stadtwerke, einzelne Fotovoltaikmodule für private Investoren, die diese an Wien Energie vermieten. Wiener, die kein
eigenes Haus besitzen und in der Stadt zur Miete wohnen – wie 80 Prozent der Wiener Bevölkerung –, haben so die Möglichkeit, am Ausbau
der erneuerbaren Energien aktiv mitzuwirken.
Um die Lebensqualität der Stadt zu erhalten und zu steigern,
­arbeitet die Stadtverwaltung auch kontinuierlich daran, den öffentlichen Raum attraktiver zu machen. Die Stadträtin nennt als Vorbild die
Neugestaltung der größten Einkaufsstraße von Wien, der Mariahilfer
Straße, mit zusätzlichem Platz zum Flanieren, neuen Brunnen, mehr
Grün, weniger Lärm, besserer Luft. „Wer in der Stadt findet, was er
braucht, der hat keine Einkaufsfahrten in irgendwelche Einkaufsparks
an der Peripherie nötig. Das spart Geld, Emissionen und hält die Investitionen in der Stadt.“ Den größten Erfolg verzeichnet Wien bisher bei
der ­Mobilität dank eines konsequenten Ausbaus der öffentlichen Verkehrsmittel und günstiger Ticketpreise.
Wien besteht zur Hälfte aus
Grünflächen. Ein Spitzenwert, den die Donaumetropole trotz Bevölkerungswachstum beibehalten will.
An der Alten Donau befindet sich beispielsweise eine
23.000 Quadratmeter große
öffentliche Liegewiese.
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Fotos: Christian Fuerthner/MA 18, Die Grünen Wien
Viele Interessenträger arbeiten eng zusammen
Zu den herausragenden Projekten zählt die Seestadt Aspern im 22. Wiener Gemeindebezirk. Sie gehört zu den größten Stadtentwicklungsvorhaben Europas. Das Gebiet umfasst 240 Hektar – mit einem fünf Hektar großen See als Zentrum. In mehreren Etappen wird hier über die
nächsten 20 Jahre eine neue Stadt des 21. Jahrhunderts entstehen.
Vorgesehen sind großzügige Flächen für Büros, Produktions- und Dienstleistungsunternehmen, Wissenschaft, Forschung und Bildung, weiterhin
Geschäfte, Lokale und Kleingewerbe sowie 10.500 hochwertige Wohneinheiten. Bereits 2014 wurden die ersten Wohnungen bezogen. Die
Seestadt ist ein Ort, an dem intelligente Ideen,­Konzepte und Technologien miteinander kombiniert und unter realen Bedingungen ausprobiert werden sollen. Wien wünscht sich daher auch von der
­Immobilienbranche Innovation und Kreativität. „Die Errichtung neuer
Stadtteile unter den Maß­ga­ben­der Smart City – weniger Energieverbrauch, i­ntelligente Mobilität, vernetztes Arbeiten – braucht neue ▶
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konzepte
Smart
nachrichten
bedeutet so viel wie intelligent,
clever, schlau, klug, elegant, gerisCity ist eine Stadt, in der durch den
Lösungen“, fordert Vassilakou und ergänzt: „Gleichdafür bekommen: ­„bezahlbare Wohnungen mit
zeitig erwarten wir, dass Wohnen bezahlbar bleibt.“
höchstem Standard und eines der besten öffentEinsatz innovativer Technologien (vor
Immobilienexperten sind da keineswegs ­abgeneigt. allem Informations- und Kommunikalichen Verkehrsnetze“. Dass die Stadt noch ÜberAuch für Karl Bier von UBM hat das Thema Smart
zeugungsarbeit leisten muss, zeigte in Wien eine
tionstechnologien) intelligente
City höchste Priorität: „Nicht aus politischer KorrektKonferenz mit dem ­Titel „Digitale Wolken und
Lösungen für ganz unterschiedliche
heit, sondern aus wirtschaftlicher Überzeugung. Die
urbane Räume – Stadt als Informationssystem“.
Bereiche
der
Stadtentwicklung
Primärziele decken sich mit unseren Entwicklungs­
Kritisch ­wurde hinterfragt, wie Urbanität zuneh(Infrastruktur, Gebäude, Mobilität,
linien. Man ist als Immobilienentwickler gut beraten,
mend von digitalen Technologien geformt wird.
die Grundsätze schon jetzt in die Projekte einfließen
Der US-Amerikaner Adam Greenfield, Verfasser
Dienstleistungen oder Sicherheit)
zu lassen.“ Reinhard Schertler, Vorstand bei der S+B
­einer Streitschrift gegen die Smart City, warnt:
erzielt werden.
Gruppe, bestätigt: „Als Immobilienprojektentwickler
„Die Smart City ist eine technokratische ­Vision,
haben wir die Chance, bei jedem Projekt die ­Umgebung langfristig zu
in der die Bewohner überwacht werden.“
prägen. Das schafft eine persönliche Verantwortlichkeit für unser Tun
Walter Hammertinger, Geschäftsführer von IC Projektentwicklung,
und macht Themen wie Ressourcenverbrauch und Lebensqualität zu
fordert daher: „Die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer müssen im
gleichbedeutenden Größen wie rein ökonomische Faktoren.“ Schertler
Mittelpunkt stehen.“ Der für das Wiener Stadtentwicklungsgebiet Viernennt ein Beispiel: „Beim Projekt Greenworx in Wien ist es uns geluntel Zwei verantwortliche Immobilienentwickler nennt ein Beispiel: „Ich
gen, den Altbestand so clever mit einer hochökologischen Neubebausehe besonders große Chancen in einem intelligenten Stellplatz­
ung zu kombinieren, dass mit reduziertem Ressourcenverbrauch ein
management zur besseren Auslastung von Garagen. Moderne Techgeniales Projekt umgesetzt werden konnte.“ Greenworx ist Österreichs
nologien können uns dabei unterstützen, Nutzungen zu optimieren.“
erstes LEED-Platin-zertifiziertes Bürohaus und gehört seit 2013 zum
Auch Immobilienexperte Zekely bleibt gelassen: „Unser Gefühl ist zurPortfolio des Offenen Immobilienfonds ­UniImmo: Deutschland von
zeit, dass sich die Smart City Wien auf dem richtigen Weg befindet.“
Union Investment. Felix Zekely vom Immobiliendienstleister CBRE nennt
Und Kurt Rossmüller, Mitglied des Vorstandes der Immo Kapitalauch Risiken der Smart-City-Strategie wie ein hohes Steuerniveau und
anlage AG, der österreichischen Immobilienfonds-Tochtergesellschaft
ein hohes Maß an Regulierung. D
­ ennoch ist der Leiter der Bürovermieder ­Union Investment Gruppe, denkt bereits über die Wiener Stadttung Wien überzeugt: „Die Chancen überwiegen deutlich.“ Vor- und
grenzen ­hinaus: „Ich würde mir wünschen, dass das Wiener Programm
Nachteile muss auch jeder einzelne Wiener abwägen.­Vassilakou weiß
den gesamten Ballungsraum der Stadt umfasst.“ Nur so könne im Sinvon Konflikten, vor allem wenn Veränderungen den Lebensbereich der
ne der Gesamtbevölkerung das zukunftsgerichtete Konzept der Smart
Bürger beeinflussen, wie flächendeckende Kurzpark­zonen und
City in allen seinen Teilaspekten koordiniert und auch tatsächlich realisiert werden.
­gebührenpflichtiges Parken. Aber die Wiener h­ onorierten auch, was sie
•
Institutionelles Immobiliengeschäft ausgebaut
Foto: Collignon Architektur (Simulation)
Fotos: IC Projektentwicklung/Visualisierung: Office Le Nomade (Simulation), imago
sen, pfiffig oder geschickt. Die Smart
Für den Spezialfonds UII Hotel Nr. 1 sicherte sich Union Investment das projektierte Hampton by Hilton in Berlin-Mitte.
Neuer Rekord: sieben auf einen Streich
Nachhaltiges Investment in den Niederlanden
Hotelinvestment Die Union
Investment Real Estate GmbH
blickt bei ihren Hotelinvestments
auf ein Rekordjahr zurück. Mit
sechs Objektakquisitionen und
einem Objektverkauf im
Gesamtvolumen von rund
500 Millionen Euro gehören die
Hamburger Immobilieninvestmentmanager in der Asset-Klasse Hotel 2015 zu den Topakteuren in Europa. Das Spektrum der
Neuankäufe für die Publikums-
und Spezialfonds reicht vom
Holiday Inn in Warschau über
das Konferenzhotel Andel’s in
Berlin bis zum Godfrey Hotel in
Boston. Das Hotelportfolio von
Union Investment ist mit den
Neuakquisitionen auf ein
Volumen von insgesamt
2,6 Milliarden Euro angewachsen. Zum Portfolio gehören mehr
als 25 globale Hotelmarken –
vom Budget- bis zum VierSterne-Hotel.
•
Spezialfonds Der auf europäische
Einzelhandelsimmobilien
fokussierte Offene ImmobilienSpezialfonds UII Shopping Nr. 1
investierte erstmals in den
Niederlanden. Erworben wurde
das im Jahr 2004 fertiggestellte
Center De Klanderij in Enschede
mit 20.000 Quadratmetern
Verkaufsfläche. 2014 wurde es
als erstes Shoppingcenter mit
dem BREEAM-NL-Zertifikat in
der Stufe „Very Good“
Impressum
RAUM & mehr
Das Immobilienmagazin von
Union Investment
Herausgeber
Union Investment Real
Estate GmbH
Valentinskamp 70/EMPORIO
D-20355 Hamburg
Urbanes Wohnen: Studio Zwei wird Österreichs erstes Vertical
Green Building (oben) mit 91 Wohnungen; auch die Seestadt
Aspern testet neue ökologische Wohnkonzepte (rechts).
Verantwortlich für den Inhalt
Fabian Hellbusch (Leiter Marketing,
Kommunikation bei der Union
Investment Real Estate GmbH).
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben die Meinung der
Autoren wieder.
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•
ausgezeichnet. Das Bestandsportfolio des rund
470 Millionen Euro großen UII
Shopping Nr. 1 umfasst damit
sieben Objekte in Belgien,
Deutschland, Frankreich, den
Niederlanden und Polen. Mit
diesem Ankauf sei das Produktkonzept des Fonds ausinvestiert,
sagt Christoph Schumacher,
Mitglied der Geschäftsführung
der Union Investment
Institutional Property GmbH.
•
Kontakt
Chefredaktion
Elke Hildebrandt (für Union
Investment)
Anne Wiktorin (für C3 Creative Code
and Content GmbH)
Art-Direktion
Frauke Backer/backerdesign.com
Senior Managing Editor
Benjamin Schnitzer
Bildredaktion
Annegret Strauß
Infografik
Markus Kluger (fr), Lena Teuber (fr)
Lektorat Christiane Barth (fr)
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Verlag C3 Creative Code and
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RAUM & mehr erscheint
halbjährlich im 21. Jahrgang in
deutscher und englischer Sprache.
Aktuelle Auflage: 24.000 Exemplare
E-Mail an die Redaktion [email protected]
26
Insgesamt umfasst das
institutionelle Anlagevolumen
von Union Investment rund
7,4 Milliarden Euro. Positiv auch
die Bilanz auf der Transaktionsseite. Im Zeitraum von Januar bis
November 2015 erwarb Union
Investment für ihre institutionellen Publikums- und Spezialfonds
zwölf Objekte. Im gleichen
Zeitraum wurden aus den
institutionellen Immobilienfonds
sieben Objekte verkauft. Auch
2016 stehen die Zeichen auf
Wachstum: Das Angebot soll
weiter diversifiziert und um zwei
neue Themenfondsprodukte
erweitert werden.
Jahresbilanz Das institutionelle
Anlagevolumen im Immobilienbereich ist bei Union Investment
im Jahr 2015 so stark gewachsen wie nie zuvor. Die Assets
under Management stiegen im
Jahresverlauf um rund
380 Millionen Euro auf über
4,9 Milliarden Euro zum
30. November 2015 – trotz
eines Verkaufsvolumens von
310 Millionen Euro. Erfreulich
verlief auch die Entwicklung der
Service-KVG-Mandate und
Bündelungsvehikel. Hier konnten
Mittelzuflüsse und Kapitalzusagen in Höhe von rund 750 Millionen Euro eingeworben werden.
Union Investment Real Estate GmbH
Valentinskamp 70/EMPORIO, D-20355 Hamburg
Telefon: +49 (40) 349 19-0, Fax: -4191
E-Mail: [email protected]
- Investment Management
- Europa Tel.: -4127
- International Tel.: -4401
- Hotel Tel.: -4121
- Shopping Center Tel.: -4183
- Asset Management
- Deutschland Tel.: -4990
- Europa Tel.: -4227
- International Tel.: -4439
- Shopping Center/Hotel Tel.: -4176
- Projektmanagement Tel.: -4208
- Marketing Kommunikation Tel.: -4160
Papier und Druck dieses Magazins sind
nach FSC® zertifiziert.
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eine umweltgerechte Produktionskette.
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konzepte
„Digitalisierte Unternehmen sind
profitabler und wachsen schneller.“
Thomas Nern, HAWK Hochschule
für angewandte Wissenschaft und
Kunst Holzminden
Daten
als Rohstoff
Ausnahme: Geschlossene Immobilienfonds, die Geld bei privaten
­Kapitalanlegern einsammeln, böten den Crowdinvesting-Plattformen
eine große Angriffsfläche. Offene Fonds hingegen seien aufgrund ihrer
Bankennähe und der Größe ihrer Portfolios „im Moment“ nicht
­gefährdet.
Skeptisch, was die Relevanz der Finanz-Start-ups für die Immobilien­
branche betrifft, ist auch Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Universität Regensburg. Crowdfunding ist nach
seinen Worten „entweder ineffizient oder Bauernfängerei“. Bei der
gewerblichen Immobilienfinanzierung sieht Sebastian denn auch „wenig­
Potenzial“ für Start-ups. Ganz anders stellt sich dies beim Vertrieb von
Finanzprodukten im Internet dar: „Daran“, ist der Wissenschaftler überzeugt, „kommen die Fondsinitiatoren nicht vorbei.“
Die Auswirkungen der Fintechs sind aber nicht der einzige Aspekt
der Digitalisierung, mit dem sich die führenden immobilienwirtschaftlichen Hochschulen – oft in Kooperation mehrerer Institute – auseinandersetzen. „Uns interessieren die Möglichkeiten, die die Entwicklung
der Business Intelligence für die Immobilienwirtschaft bietet“, erläutert
Thomas Nern, Studiengangleiter Immobilienwirtschaft/-management
an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in
Holzminden. Der Begriff der Business Intelligence bezeichnet Prozesse
und Verfahren, die zur elektronischen Datenanalyse eingesetzt werden.
„Digitalisierte Unternehmen“, ist Nern überzeugt, „sind profitabler und
wachsen schneller. Umgekehrt werden in Zukunft Unternehmen, die
Business-Intelligence-Potenziale im Zusammenspiel mit Big-Data-Strukturen nicht nutzen, Wettbewerbsnachteile haben.“
Die Digitalisierung verändert
die Wirtschaft grundlegend.
Welche Chancen in der
Auswertung von großen
Datenmengen liegen und wie
sich Internet-Suchanfragen
für den Geschäftserfolg
nutzen lassen, wird auch an
immobilienwirtschaftlichen
Hochschulen erforscht. Von
Christian Hunziker
D
isrupt“ ist der Schlachtruf des Silicon Valley und steht für die
Erfindung vollkommen neuer Geschäftsmodelle. „Tech Crunch
Disrupt“ heißt denn auch die jährlich in San Francisco stattfindende Innovationskonferenz, die sich den Umsturz hergebrachter
Geschäftsmodelle auf die Fahnen geschrieben hat. Denn Disruption
(wörtlich: Unterbrechung, Bruch) geht über die Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle weit hinaus. Als Paradebeispiel für einen
solchen Umsturz gilt der Übergang der Musik-CD zu Internetmarktplätzen wie iTunes, die Musik per Streaming zum Kunden bringen.
Wie sich die Digitalisierung auf künftige Erfindungen auswirkt,
treibt auch die Immobilienbranche um. „Werden Innovationen nicht
von der Immobilienwirtschaft selbst gesteuert, droht das Risiko, dass
die Potenziale neuer Geschäftsfelder durch Google und Co besetzt
werden“, gibt Michael Müller zu bedenken, Partner und Leiter Real
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Estate bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Wie groß die
Herausforderungen sind, zeigt ein Blick auf die Finanzbranche: Nach
Angaben der Beratungsgesellschaft Catella hat sich die Zahl der
­sogenannten Fintechs (Start-ups im Finanzsektor, die modernste und
internetorientierte Technologien initiieren) in Deutschland zuletzt innerhalb eines Jahres auf 250 versechsfacht. Viele dieser jungen
­Unternehmen sind in der indirekten Kapitalanlage und der Finanzierung tätig – und drängen damit in Bereiche, die auch professionelle
Akteure am Immobilienmarkt tangieren.
Lernen von den Fintechs
Tobias Just, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter der Irebs
Immobilienakademie, sieht die Auswirkungen dieser Ansätze auf die
professionelle Immobilienbranche allerdings noch beschränkt. Mit ­einer
Illustration: Karsten Petrat; Foto: privat
Die Chancen von Big Data
Big Data – das ist der Begriff, den die Immobilienexperten im Zusammenhang mit der Digitalisierung am häufigsten anführen. Dabei haben
sie nicht nur die Daten im Blick, die die Immobilien selbst (etwa in Bezug auf Energieverbrauch und Nutzerverhalten) liefern. Noch größere
Hoffnungen verbinden sie mit Daten, die es ermöglichen, immobilienwirtschaftliche Vorhersagen zu treffen. Das, sagt Nern, gelinge vor allem­
dann, „wenn öffentlich zugängliche Daten, unternehmensinterne Daten sowie Daten aus dem Social-Media-Umfeld miteinander kombiniert
werden. Das ermöglicht es, sehr frühzeitig zu erkennen, wie sich zum
Beispiel Einstellungen von Nutzern zu Lagen entwickeln.“
Doktoranden von Tobias Just untersuchen deshalb beispielsweise,
welche Erkenntnisse sich aus Google Trends ableiten lassen. Dieses
Analysetool verzeichnet, wie sich die Zahl von Anfragen nach bestimmten Stichwörtern im Zeitverlauf entwickelt. Die Überlegung: Häufen
sich Anfragen nach Wohnungen oder Büros zum Beispiel in BerlinNeukölln, so könnte dies ein Indikator für künftig steigende Immobilien­
preise sein. Mit einer ähnlichen Arbeitshypothese analysiert die Irebs
Immobilienakademie Daten des Zimmervermittlers Airbnb. Eine steigende Nachfrage nach bestimmten Gegenden wird dabei als Indikator
für eine zunehmende immobilienwirtschaftliche Bedeutung dieser Gegenden gewertet.
Die grundlegende Bedeutung dieser Ansätze unterstreicht Wilhelm
Bauer, Institutsleiter des Fraunhofer IAO (Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation). „Das Internet und die immer stärkere
Vernetzung und Nutzung von Daten sind die Basis für neue Geschäftsmodelle, die teilweise revolutionär andere Prinzipien aufweisen“, betont­
Bauer. Sein Institut untersucht beispielsweise, wie sich in der künftigen
digitalen Stadt Menschen, Maschinen, Immobilien und Umwelt vernetzen. Ein anderes Themenfeld ist laut Fraunhofer IAO die „digitalisierte
Arbeitswelt, in der sich Kundenwünsche, der Stand der Technik und die
Ansprüche an die Unternehmen immer schneller ändern“. Gemeinsam
mit dem Branchenverband Bitkom entwickelt das Institut deshalb ein
Benchmarking-Tool, das Unternehmen bei der Weiterentwicklung der
Kompetenzen ihrer Mitarbeiter unterstützen soll.
„Alles basiert auf Daten“, sagt Kai Zimprich, der beim Immobilien­
dienst­leister JLL die neu geschaffene Position des Head of Digital S­ ervices
Germany besetzt. Entscheidend für den Erfolg von Immo­bilienunternehmen
sei es deshalb, so viele Daten wie möglich zu erheben,­auszuwerten und
in Geschäftsmodelle umzusetzen. Die Chancen­der Digitalisierung will
Zimprich dabei nicht nur bei der Vermittlung von Mietobjekten nutzen,
sondern auch auf dem Investmentmarkt; so plant JLL eine internetbasierte Transaktionsplattform zur einfachen Kontaktaufnahme zwischen
Verkäufer und Käufer für kleinere Gewerbe­immobilien.
Welche Vorteile die Digitalisierung bei Transaktionen bringt, zeigt
das Beispiel des Aqua-Portfolios, das Union Investment 2015 an den
französischen Asset-Manager Amundi Immobilier verkauft hat. „Durch
den Einsatz innovativer digitaler Technologien konnten wir die Transaktion sicher, effizient und profitabel umsetzen“, sagt Philip La Pierre,
Leiter Investment Management Europa bei der Union Investment Real
Estate GmbH.
Dabei setzte die Fondsgesellschaft auf die Technologie des Berliner
Unternehmens Leverton. Dieses hat eine Software entwickelt, die es
erlaubt, eine Vielzahl an gewerblichen Mietverträgen in unterschiedlichen Sprachen nach bestimmten Stichwörtern zu analysieren. „Dadurch
erhalten potenzielle Käufer im virtuellen Datenraum einen schnelleren
Zugang zu allen für sie relevanten Daten“, schildert Leverton-CEO Emilio Matthaei den zentralen Vorteil. Das Ergebnis: Obwohl das AquaPortfolio 17 Bürogebäude mit 278.000 Quadratmetern Mietfläche und
etwa 145 Mietern in sechs Ländern umfasste, konnte der komplexe
Verkaufsprozess innerhalb von nur fünf Monaten umgesetzt werden.
Das mag man nicht Disruption nennen – für das Transaktionsgeschäft
aber war die Lösung ein echter Quantensprung.
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Real People
Er arbeitet häufig abends und holt sich seinen Schlaf oft
Türöffner
im Flieger: Eric Cheah baut von Singapur aus das
Immobilienportfolio von Union Investment im asiatischpazifischen Raum auf. Von Miriam Beul-Ramacher
in Fernost
H
eimat ist für Eric Cheah ein Begriff, mit dem er nicht sehr viel
anfangen kann. Geboren wurde er in Malaysia. Als er ein
Jahr alt war, zogen seine Eltern mit ihm und seinem älteren
Bruder nach Australien. Er fühlt sich zwar als Australier und er besitzt
einen australischen Pass. Doch sein Wohnsitz ist Singapur. Von dort
aus steuert er das Immobilientransaktionsgeschäft von Union Investment für den asiatisch-pazifischen Raum. Sich selbst bezeichnet der
Investmentmanager mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Immobiliensektor als „kulturellen Hybriden“. Weil er als Kind und Jugendlicher
durch asiatische und internationale Einflüsse geprägt wurde. Und weil
er heute jeden Tag mit Menschen aus unterschiedlichen Kultur- und
Sprachräumen zusammentrifft. „Für meinen Job ist diese Mischung
geradezu ideal“, sagt Cheah. Wohl wissend, dass seine zahlreichen
Geschäftspartner viele verschiedene Immobilienmärkte, Marktzyklen,
Steuer­systeme und Rechtsräume repräsentieren, mit denen auch er
sich bei Immobilienankäufen auseinandersetzen muss. Doch genau
diese Vielfalt macht für den Dealmaker den Reiz seiner Arbeit aus. „In
meinem Geschäft braucht man starke kommunikative Fähigkeiten. Das
ist wichtig, damit man schnell Vertrauen aufbauen kann“, sagt Cheah.
Dass der 46-Jährige sprachlich „nur“ aus dem angelsächsischen
Fundus schöpft, scheint seinem Akquisitionserfolg in der Region keinerlei Abbruch zu tun. Das von ihm aufgebaute Portfolio umfasst neben Objekten in Singapur Liegenschaften in Japan, Malaysia und Austra­
lien. Darunter befinden sich Büroimmobilien ebenso wie Wohngebäude­
und Einzelhandelsobjekte.
Eric Cheah vor der Kulisse des
Hotels Marina Bay Sands in
Singapur. Das Credo des
­Immobilienprofis: „Man muss
die lokalen Markt­verhältnisse
akzeptieren.“
Foto: Stefen Chow
Risiken minimieren
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Den Sprung auf den fünften Kontinent im Jahr 2014 hat er, der erst
Ende 2013 zum Unternehmen kam, an maßgeblicher Stelle mit vorbereitet. Für Union Investment war es ein wichtiger Schritt, für den ­Neuling
im Konzern eine erste Bewährungsprobe. Und die hat er mit Bravour
bestanden.
Bei dem ersten Investment in Down Under handelt es sich um eine
Projektentwicklung in Brisbane. Für 200 Millionen australische Dollar
sicherte sich Union Investment das im Bau befindliche Büro- und
­Geschäftshaus Southpoint in der South Bank von Brisbane. Das
27.900 Quadratmeter große Multi-Tenant-Gebäude der Kategorie
­Grade A wird Mitte 2016 seinen Nutzern übergeben und ist schon
heute vollständig vermietet. Hauptnutzer des Büroteils ist die Flight
Centre Travel Group, die in dem Gebäude ihren neuen internationalen
Hauptsitz etabliert hat. Für 30 Prozent der 4.300 Quadratmeter
­Einzelhandelsfläche hat sich der Discounter Woolworth entschieden.
Komfortabel aus Sicht der international erfahrenen Union Investment sind die vergleichsweise langen Laufzeiten der Mietverträge: Der
größte australische Reiseveranstalter unterschrieb einen Vertrag über
zehn Jahre, Handelsmieter Woolworth verpflichtete sich gar für 20 Jahre. Im asiatisch-pazifischen Raum keinesfalls die Regel, wie Cheah
hervorhebt. Und nennt als Gegenbeispiel Japan, wo sich Büromieter
üblicherweise „nur“ für zwei bis drei Jahre an eine Fläche binden.
Wie geht man als Langfrist-Investor mit solchen Ländertraditionen
um? Wie definiert man da „Core“? „Man muss die lokalen Marktverhältnisse akzeptieren und Risiken auf Länderbasis minimieren“, stellt
der Investmentprofi klar. Bei einem aktuellen Investment-Universum
in Asien-Pazifik von immerhin sieben verschiedenen Märkten in fünf
Ländern keine Kleinigkeit. Doch Cheah ist es gewohnt, in Teams und
mit Partnern zu arbeiten, lokal versierte Rechtsanwälte, Steuerexperten
und technische Berater in Entscheidungsprozesse einzubinden. „Bei
allem, was wir tun, geht es auch darum, kalkulierte Risiken einzugehen. Das Ziel ist immer, die beste Lösung für die Anleger zu finden“, ▶
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Real People
Karriere
Eric Cheah absolvierte eine profunde immobilienwirtschaftliche
Ausbildung am Royal Melbourne
sagt Cheah, der aus einer Wirtschaftsprüferfamilie
mit Eureka Funds Management ausfindig. Die Lage
Institute of Technology und an der
stammt und vielleicht auch darum Disziplin, struktukönnte besser kaum sein: Die zweite Down-UnderMelbourne Business School.
riertes Denken und Nervenstärke als Kern­tugenden
Immobilie von Union Investment befindet sich im
Nach verschiedenen Karrierestatiseines täglichen Schaffens bezeichnet. „Die VerantTeilmarkt Western Corridor und damit im Geonen, unter anderem beim Bauunwortung ist groß. Gefühle muss man aus Entscheidunschäftszentrum von Sydney.
gen ganz heraushalten.“
„Wir sind ein Core-Investor und daher austernehmen Fletcher Construction
Für allzu viele Emotionen wäre auch gar keine Zeit
schließlich auf reife Märkte fokussiert“, erläutert
und dem Immobilienunternehmen
bei der Taktzahl, die Cheah in seiner Marktregion
Cheah die Ankaufskriterien. „Das sind im asiatischPacific Star Group, ist er seit Ende
­vorlegt. Kaum 16 Monate nach dem Markteintritt in
pazifischen Raum nach unserer Auffassung vor
2013 bei Union Investment als
Australien hat sich Union Investment eine erste Büro­
allem japanische und australische Metropolen. Bei
Head
of
Investment
­Management
immobilie in Sydney gesichert. Für 120 Millionen ausder Standortsuche in diesen beiden Ländern konfür den asiatisch-pazifischen
tralische Dollar ging das Objekt 155 Clarence Street
zentrieren wir uns vorwiegend auf Central Business
Raum zuständig.
in das Portfolio des Offenen Immobilien-PublikumsDistricts“, sagt der Profi.
fonds UniImmo: Global über.
Die Erwartungen des deutschen Headquarters
Damit setzen die Hamburger den Kurs fort, den sie sich für ihre
an seine Marktexpertise sind groß. Doch mit dem Druck kann ein ­kühler
Immobilienfonds vorgenommen haben: Diese werden internationaler,
Kopf wie Cheah gut umgehen. Als Dealmaker ist er zwar per definitiojünger und diversifizierter. Anders als bei dem Projektankauf in Brisnem zum Machen verdammt. Aber nicht zu jedem Preis. Die Marktverbane fiel die Wahl in Sydney auf eine historische Bestandsimmobilie.
nunft setzt der Union Investment-Manager klar über den persönlichen
Das 1938 als Lagerhaus errichtete Gebäude wurde 2015 vollständig
Track Record. „Manchmal ist der beste Deal der, den man nicht gemacht
renoviert und umfasst rund 12.000 Quadratmeter Bürofläche der Kahat“, sagt Cheah, der schon mit Mitte 40 die Gelassenheit eines ­alten
Hasen hat. Er weiß, was er kann. Und auch der Markt weiß es.
tegorie Grade A sowie weitere 530 Quadratmeter Einzelhandelsfläche.
So ist es gewiss kein Zufall, dass ihm keineswegs ein Headhunter
Cheah machte das zwölfgeschossige Multi-Tenant-Gebäude mit Dachterrasse und historischer Art-déco-Fassade in enger Zusammenarbeit
den Weg zu Union Investment geebnet hat, sondern eine direkte
In Sydney erwarb Union Investment das historische, im Jahr
1938 als Lagerhaus errichtete Gebäude 155 Clarence Street.
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Fotos: Stefen Chow (2), Union Investment /Peter Bennets, Union Investment (Simulation), Union Investment
Arbeitsalltag in Singapur: „In meinem Geschäft braucht man
starke kommunikative Fähigkeiten“, weiß Eric Cheah.
­Empfehlung an Martin Brühl, Investmentchef International und Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH,
an den Cheah direkt berichtet.
In enger Abstimmung arbeiten beide am selben Ziel: den Anteil
an Immobilien in der asiatisch-pazifischen Region in den kommenden
Jahren schrittweise zu erhöhen. Zwar weisen die Märkte wegen ihrer
Einbettung in lokale Strukturen unterschiedliche Rendite-Risiko-Profile­
auf. Doch genau das ist gewollt. Es geht vor allem darum, eine breitere Streuung der Investmentrisiken zu erreichen, indem man in unterschiedliche Märkte investiert, die möglichst unabhängig voneinander sind. Daher streckt der perfekt vor Ort verdrahtete Mann längst
in alle Richtungen seine Fühler aus. So prüft er unter anderem die
Ankäufe möglicher Bestandsobjekte in den australischen Großstädten
Sydney, Melbourne, Brisbane und Perth.
Ein- bis zweimal im Monat ist Cheah für drei bis fünf Tage in verschiedenen Regionen und Zeitzonen unterwegs. Viel Zeit für die Familie – sein zweijähriger Sohn hat gerade einen kleinen Bruder bekommen – bleibt ihm dabei nicht. „Facetime hilft“, sagt Cheah, der
für sein Leben gern unterwegs ist und eigentlich einmal Architekt
werden wollte. Als ausgebildeter Immobilienprojektmanager kann er
nun für einen Großinvestor boomende Metropolen bereisen – eine
ideale Verbindung zwischen der Liebe zum Reisen und der Leidenschaft für Gebäude.
•
Erstes Investment in Down Under für Union Investment: das
projektierte Büro- und Geschäftshaus Southpoint in Brisbane.
US-Profi nimmt Kurs auf
amerikanische Märkte
Mit Matthew Scholl holt Union Investment einen
ausgewiesenen Transaktionsexperten an Bord
Nicht nur auf den Immobilienmärkten im asiatisch-pazifischen Raum will Union
Investment die Aktivitäten
verstärken. Auch in Amerika hat
der Hamburger Immobilien­
investmentmanager große
Pläne. In den kommenden drei
Jahren will Union Investment in
Nord- und Lateinamerika für
ihre Offenen Immobilienfonds
umgerechnet rund 2 Milliarden
US-Dollar anlegen. Investitionsschwerpunkte sind die USA und
Mexiko-Stadt.
Eine zentrale Rolle im operativen Geschäft wird dabei
Matthew Scholl spielen. Der
ausgewiesene Transaktionsexperte wechselte von der AFIAA
Swiss Foundation for International Real Estate Investments
zum 1. Februar 2016 ins
Union Investment-Team. Von
der New Yorker Niederlassung
aus verantwortet der in Atlanta,
Georgia, geborene 37-Jährige
als Leiter Investment Management Americas den strategischen Ausbau der Immobilienakquisitionen in den
amerikanischen Märkten.
Bereits in den beiden zurückliegenden Jahren ist das AmerikaPortfolio der beiden international investierenden Fonds
UniImmo: Europa und UniImmo:
Global um 1,6 Milliarden Euro
auf aktuell 3,3 Milliarden Euro
gewachsen. Der Schwerpunkt
der Neuinvestitionen liegt auf
den Metropolen an der
US-West- und -Ostküste sowie
auf Sekundärstädten der
USA – darunter Austin, Boston,
Houston, Minneapolis und
Seattle. In Lateinamerika will
sich Union Investment auf den
Portfolioausbau in Mexiko-Stadt
konzentrieren.
Matthew Scholl, der auch auf
Erfahrungen als Portfoliomanager bei Prudential Real Estate
Investors zurückgreifen kann,
werde das „Amerika-Geschäft
mit seiner Expertise und
langjährigen Marktkontakten
weiter nach vorne bringen“, ist
Martin Brühl, Investmentchef
International und Mitglied der
Geschäftsführung der Union
Investment Real Estate GmbH,
überzeugt.•
Matthew Scholl verantwortet
den Ausbau des
Immobilienportfolios von
Union Investment in Amerika.
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portfolio
„Die Ankaufsrendite muss stets
dem Chancen-Risiko-Profil des
Investments entsprechen.“
Die Rendite ist eine wichtige Kennzahl für Immobilieninvestoren. Doch welche
Thomas Röhrs, Fondsmanager des Offenen
Immobilienfonds UniImmo: Deutschland
Steuerungsmöglichkeiten hat ein Fondsmanager, um die Performance eines Fonds
langfristig zu steigern? Von Alexander Heintze
Fein abgestimmt –
D
genau justiert
urchschnittlich erwirtschafteten deutsche Offene Immobilienzu halten, setzen Fondsmanager an verschiedenen strategischen PunkPublikumsfonds 2015 eine Fondsrendite von 2,4 Prozent,
ten an. So kann es die Renditechancen erhöhen, bei Ankäufen den
hat der Bundesverband Investment und Asset Management
Aktionsradius auf neue Märkte mit Zukunftspotenzial auszudehnen
(BVI) errechnet. Angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds keine
oder Immobilien-Neubauprojekte zu erwerben. Dies ermöglicht es,
schlechte Ausbeute für eine risikoarme Anlage. Immerhin liegt die Ren­attraktive Objekte zu einem frühen Zeitpunkt und zu einem interesdite einer zehnjährigen Bundesanleihe aktuell bei unter 0,5 Prozent.
santen Preis mit höherer Ankaufsrendite zu sichern.
Die nachhaltige Entwicklung der Rendite ist ein Gradmesser dafür,
wie gut das Fondsmanagement seine Arbeit getan hat – oder anders
Risiken sicher einschätzen
ausgedrückt, wie erfolgreich die Rendite gesteuert wurde: etwa ob die
Ähnliche Vorteile bietet die umfassende Modernisierung und ErweiteKosten der Bewirtschaftung in einem angemessenen Verhältnis zum
rung von Bestandsobjekten, um Gebäude marktgängig zu erhalten
Ertrag standen oder ob durch gute Einkaufs- und Verkaufsentscheioder sie so aufzuwerten, dass die Mieterträge und Mietrendite gesteidungen oder Investitionen in den Bestand ein hoher Wertzuwachs ergert werden können. „Wir investieren verstärkt in unsere Gebäude,
zielt wurde. So beträgt beispielsweise die Bruttomietrendite im UniImmo:­
wenn wir es uns besonders gut leisten können“, sagt Thomas Röhrs,
Fondsmanager des Offenen Immobilienfonds UniImmo: Deutschland,
Deutschland 5,7 Prozent zum Berichtsstichtag 31. März 2015. Nach
Abzug der Bewirtschaftungskosten liegt die Nettomietrendite bei guten­
und ergänzt: „Außergewöhnliche Investitionen in Instandhaltungen
4,7 Prozent. Positiv oder negativ darauf angerechnet werden weitere
beispielsweise werden in Jahren umgesetzt, in denen die GebäudeRenditekomponenten wie Wertveränderungen, Steuern, Darlehensaufwerte gestiegen sind.“ Voraussetzung ist dabei immer, dass die Risiken
wand und Währungskurseffekte. Das Ergebnis dieser Berechnung ist
kalkulierbar sind und tragfähig bleiben.
die Immobilienrendite. Sie liegt naturgemäß unterhalb der ursprüngliDie Risikoabschätzung der Ankaufsrendite gehört zu den wichtigschen Mietrendite.
ten Entscheidungen des Fondsmanagements. Auch im aktuellen Markt­
In die Fondsrendite fließt nach dem Berechnungsverfahren des BVI
umfeld differieren die Renditen je nach Standort deutlich. Bei Büro­
zusätzlich zur Immobilienrendite auch die gewichtete, aus liquiden Animmobilien etwa werden derzeit in London Ankaufsrenditen zwischen
lagen erwirtschaftete Liquiditätsrendite eines Offenen Immobilienfonds
3 und 4 Prozent für Spitzenobjekte genannt. In Deutschland liegen die
ein. Nach Abzug der Fondskosten ergibt sich beispielsweise für den
Renditen für sogenannte Core-Objekte zwischen 4 und 5 Prozent. Bei
UniImmo: Deutschland der rechnerische Anlageerfolg von 2,7 Prozent
einer Immobilie mit hohem Leerstand oder in schwieriger Lage können
zum Stichtag 31. März 2015.
es auch einmal 7 Prozent sein.
Die Optimierung der einzelnen RenditekomOb die Ankaufsrendite im Vergleich zum Risiko
ponenten ist die zentrale Aufgabe des Fondsmavom Fondsmanagement als angemessen beurteilt
nagements. Es gilt, alle Werttreiber zu jeder Zeit
wird, hängt nicht allein vom Objekt und seiner Mabestmöglich zu nutzen. „Vor allem kommt es dakro- und Mikrolage ab, sondern auch von der AnProzent beträgt die reine Nettomiet­
bei darauf an, verschiedene Renditequellen aktiv
lagestrategie des Investors. Beispielsweise entscheirendite des Offenen Immobilienfonds
zu erschließen und die entscheidenden Stellschrauden der Standort des Gebäudes, die Beschaffenheit
UniImmo: Deutschland.
ben zu justieren“, erklärt Martin Brühl, in der Geder Immobilie, die Mieterstruktur und -bonität und
schäftsführung der Union Investment Real Estate
die Dauer der Mietverträge darüber, ob eine ImmoGmbH für das Fondsmanagement verantwortlich.
bilie ins Portfolio passt und welche Anfangsrendite
Um die Fondsrendite stabil und schwankungsarm
akzeptabel erscheint. „Die Ankaufsrendite muss
Foto: Union Investment
4,7
2,7
stets dem Chancen-Risiko-Profil des Investments entsprechen“, sagt
Fondsmanager Thomas Röhrs. Allerdings führe die geringe Verzinsung
von Liquiditätsanlagen dazu, dass Immobilieninvestoren derzeit niedrigere Ankaufsrenditen als in der Vergangenheit akzeptierten, beobachtet Röhrs. Solange die Zinsen auf dem aktuellen Niveau verharren,
werde sich daran wohl nicht viel ändern.
Hohe Mieterträge nicht um jeden Preis
Umso bedeutsamer wird die Sicherung der Renditen auf der Ertragsseite. „Unsere hohen Vermietungsquoten sind die Grundlage für einen
regelmäßigen Cashflow“, sagt Röhrs. Stabile Zahlungsströme sind eine
wichtige Voraussetzung, um das Ziel des risikoaversen Produkts Offener Immobilienfonds zu erreichen: den langfristig schwankungsarmen
Wertzuwachs des Portfolios. Die Stellschrauben auf der Ertragsseite
werden im Asset Management justiert – und sie dürfen nicht allein auf
die Mietenseite verengt werden, sagt Thomas Röhrs: „Hohe Mieterträge sind wichtig, aber nicht um jeden Preis.“ Darüber hinaus lassen sich
Marktphasen mit hohen Preisen und niedrigen Ankaufsrenditen für
performancesteigernde Verkäufe nutzen. Sie bieten die Chance zur
­Optimierung und Verjüngung des Immobilienbestands.
Den Erfolg auf der Ertragsseite misst die Objektrendite. Sie berücksichtigt alle Einnahmen und Ausgaben, die während der Halte- oder
Anlagedauer anfallen, sowie den anvisierten Verkaufserlös. Außen vor
lässt die Messzahl die Finanzierungskosten, da diese für die Bewertung
der eigentlichen Immobilie nicht notwendig sind. Bei der Berechnung
wird daher stets angenommen, dass die Immobilie vollständig aus Eigenkapital finanziert ist. So lassen sich Immobilieninvestitionen gut
miteinander vergleichen und auch Modellrechnungen durchführen.
Beispielsweise können Investoren anhand der Objektrendite erkennen, ob sich der Einsatz von Fremdkapital lohnt, um die Verzinsung des
eingesetzten Kapitals – die Eigenkapitalrendite – zu steigern. „Die als
Leverage-Effekt bekannte Hebelwirkung des Fremdkapitals ist positiv,
wenn der Zins zur Bedienung des Fremdkapitals nach Steuern niedriger
ist als die Objektrendite. In diesem Fall kann es sich aus Rendite­
gesichtspunkten für ein Immobilieninvestment lohnen, Fremdkapital
einzusetzen“, erläutert Thomas Röhrs. Der Effekt des Einsatzes von
Fremdkapital: Die Objektrendite bezieht sich in diesem Fall auf entsprechend geringere Eigenmittel, wodurch die Eigenkapitalrendite nach
oben gehebelt wird. Der Einsatz von Fremdkapital ist jedoch stets vor
dem Hintergrund der Gesamtsituation des Fonds abzuwägen.
Werden schließlich auch im Liquiditäts- und Währungsmanagement
alle Möglichkeiten der Optimierung ausgeschöpft und zur Risikoanalyse und -steuerung das Instrumentarium der Wertpapierseite genutzt,
schließt sich der Kreis. Alle Stellschrauben im Blick zu haben und sie
fein zu justieren, ist der sicherste Weg zum nachhaltigen Anlageerfolg –
und in Zeiten niedriger Zinsen wichtiger denn je.
•
Renditestellschrauben im Überblick
Die sechs wichtigsten Werkzeuge zur Steigerung der Fondsperformance
Stellschrauben
Renditequellen
Risikomanagement
Instrumentarium der
Wertpapierseite nutzen
Spielräume erweitern
Qualitätsverbesserung
durch Umschichtung
Sourcing
Erweiterung Sourcingbasis:
neue Märkte mit Potenzial
Projektentwicklung
Liquidität/
Währung
Mehrrendite bei überschaubarem Risiko
Fondsrendite
PortfolioOptimierung
Asset
Management
Erträge – aber nicht
um jeden Preis
Quelle: Union Investment, Dezember 2015
Prozent bilden nach Einrechnung
aller weiteren Renditekomponenten
und Abzug der Fondskosten den
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rechnerischen Anlageerfolg.
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konzepte
Das 25hours Hotel Hamburg-Hafen­
city ist eine Hommage an die Seefahrt und das Leben im Hafen. Zur
seemännischen Ausstattung gehört
auch ein original Hapag-Lloyd-Seefrachtcontainer. Er hat alle sieben
Weltmeere bereist und dient als
­stylisher Besprechungsraum.
Das Gegenteil
Foto: Stephan Lemke for 25hours Hotels
von langweilig
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Gegen Lagerkoller, Lustlosigkeit und Lahmheit hilft eine ordentliche
Portion Lifestyle. Kreative Anbieter überraschen mit neuen, trendigen
Hotels. Den Gästen macht das offenbar großen Spaß. Von Elke Hildebrandt
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▶
konzepte
Im Citizen M Amsterdam-Schiphol sorgt vor allem
das Bad für eine Überraschung: WC, Waschtisch und
Dusche stehen offen im Raum. ­Runde Glastüren
schirmen die Regendusche ab und sind über Sensoren mit den ­Armaturen gekoppelt.
„Der Wunsch nach mehr Design,
­Erlebnis, Emotion und Spaß ist genau
das, was Lifestyle-Hotels heute
­ausmacht.“
Ursula Schelle-Müller, Motel One Group
K
ann das wirklich ein Hotel sein? Der Blick wandert über Seekisten aus Holz, einen Seefrachtcontainer von Hapag Lloyd,
robuste Stahlregale, lange Schiffsplanken, gelbe Bodenmarkierungen für Lagerplätze, einen Pegelstand vor dem Aufzug mit Drahtkorb als Kabine: Im 25hours Hotel Hamburg-Hafencity wird sie zele­
briert, die raue Welt der Seefahrt, und das in überraschend wohnlicher
Atmosphäre mit Restaurant und Bar, Rezeption, Kiosk, Lobby und
Lounge. Seemännisch ausgestattet sind auch die Korridore, die in den
Obergeschossen zu den 170 Zimmern führen. Die heißen hier Kojen
und sind liebevoll mit Design-Elementen und Geschichten zu Seefahrt
und Hafen dekoriert: Ein großer Überseekoffer dient als Schreib- und
Arbeitsplatz, die reich illustrierte blau-weiße Seefahrertapete erzählt
die Geschichten von 25 waschechten Seeleuten. Im Dachgeschoss verblüfft ein Seefrachtcontainer als finnische Sauna mit Blick über den
Hamburger Hafen. Sein hochseetaugliches Pendant in der Lounge des
Erdgeschosses ist ein ebenso kurioser wie stylisher Besprechungsraum.
Eine „Mischung aus Altem und Neuem, Lautem und Poetischem,
Fernweh und Heimweh“ nennt Bruno Marti, Markenmanager der
25hours Hotel Company, das kontrastreiche Ambiente, das eine Hommage an die Seefahrt und das Leben im Hafen sein will. „Unser Erfolg
basiert auf Individualität und Authentizität. Wir machen Hotels mit
klarem Charakter und wohnlicher Atmosphäre“, ist Marti überzeugt.
„Kennst du eins, kennst du keins“ lautet der Slogan – und jedes der
mittlerweile sieben 25hours-Hotels ist tatsächlich ein Unikat, maß­
geschneidert für den Standort: mal cool, mal bunt, mal nostalgisch,
mal mondän. „Solche Konzepte passen zur allgemeinen Stimmung in
der Gesellschaft: Erlaubt ist, was gefällt“, sagt Till Runte, Geschäftsführer von Certified, einem Anbieter für Hotelzertifizierungen.
Fotos: CitizenM, Andreas Riedmiller
Hauptsache unkonventionell und kommunikativ
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Das alles resultiert aus einer Idee, deren Anfänge gut 30 Jahre zurückreichen. Bereits 1984 entwickelte der US-Amerikaner Ian Schrager sein
Konzept der Boutique-Hotels. Es sollte die klassische Hotellerie revolutionieren. Der Vater der sogenannten Boutique- und heutigen Lifestyle-Hotellerie – ein schillernder Unternehmer, bekannt auch als
­Mitgründer des legendären New Yorker Nachtclubs Studio 54 – ersetzte 1984 im Hotel Morgans New York das herkömmliche Hotelinterieur
durch unkonventionelle Möbel, ausgefallene Farben, besondere Licht­
akzente und viel Kunst an den Wänden. DJs und Livemusik schafften
eine Bar- und Lounge-Atmosphäre, die neben den Hotelgästen auch
Besucher aus der Nachbarschaft anlocken sollte. Das Ziel: eine entspannte Kommunikation zwischen fremden und einheimischen Gästen.
Was mit Ian Schrager begann, ist heute eines der wichtigsten Erkennungsmerkmale von Lifestyle-Hotels: „Während die Hotelzimmer hochgradig private Orte sind, schaffen wir im Restaurant, in der Bar, in der
Lounge oder Lobby möglichst viel Freiraum für Interaktion“, erklärt
25hours-Hotel-Experte Marti. Als erste Kette die langweiligen Lobbys
aufzubrechen und in Orte der Kommunikation verwandelt zu haben,
dieses Verdienst kann das US-Unternehmen Starwood Hotels für sich
reklamieren. Die Gruppe, die zu den Kreativsten der Branche zählt,
setzte die Idee erstmals 1998 im Luxussegment mit ihrer Marke W
­Hotels an New Yorks Lexington Avenue um. Die „DNA“ der W-Hotels
ist seit 2005 auch in der preisgünstigeren Schwestermarke Aloft erlebbar, zunächst in den USA, später auch im Rest der Welt.
Kultige Hotspots fürs Hotelgäste und Nachbarn
Zum luxuriösen W-Lifestyle gehören eine überraschende, provozierend
coole wie theatralisch inszenierte Umgebung, ein hippes Entertainmentprogramm und Gästezimmer in progressivem Design. Dazu verfügt jedes W Hotel über kultige Restaurant- und Barbereiche, die auch
Menschen aus der Nachbarschaft anziehen. Das Herzstück ist der ­Living
Room, die W Lounge. Hier trifft elegantes Design auf lokale Einflüsse.
Im W London Leicester Square, inmitten des quirligen Theaterdistrikts
der britischen Hauptstadt, dominiert ein radikales Styling, wo Disco­
kugeln auf eleganten Tweed treffen und die Moderne sich rebellisch
mit der Klassik vereint. Das Ambiente will die gespaltene Persönlichkeit
der konventionell-innovativen Londoner perfekt widerspiegeln. Das
Hotel ist berühmt dafür, dass hier Trendsetter und Stars logieren. Die
Zimmerkategorien haben klangvolle Namen wie Wonderful, Spectacular und Fabulous. Das größte Zimmer mit 150 Quadratmetern und
exklusivem Blick auf die funkelnde Silhouette des Londoner Westend
nennt Starwood Hotels Extreme Wow Suite. So klingt hier der globale
Lifestyle-Jargon. Und der hat seinen Extreme-Wow-Preis: 3.800 Euro
kostet die Suite pro Nacht.
Doch keine Sorge: 2008 begann die niederländische Hotelmarke
Citizen M damit, das auf Luxus fixierte Lifestyle-Konzept neu zu interpretieren und in Europa auf einem erschwinglicheren Preisniveau
­anzubieten. Nur 14 Quadratmeter misst ein Hotelzimmer im ersten
Citizen M Amsterdam-Schiphol und überrascht sowohl durch die raffinierte Anordnung der Möbel als auch durch das Kingsize-Komfortbett
mit feinster Edelbettwäsche. Das Besondere: Die Designerzimmer wurden kostengünstig vorgefertigt und sind wie Schuhkartons aufeinandergestapelt. Für Verblüffung sorgt vor allem das Bad: WC, Waschtisch
und Dusche stehen offen im Raum. Runde Glastüren schirmen die
Regen­dusche ab und sind über Sensoren mit den Armaturen gekoppelt. „Wir haben mit diesem Konzept den Nerv der Jungen und Junggebliebenen getroffen“, sagte Citizen-M-Pionier und CEO Michael
Levie zur Eröffnung. Im hochwertig möblierten Erdgeschoss gehen die
Aktivitäten der Gäste ganz nach dem bewährten Lifestyle-Prinzip nahtlos ineinander über. Damit entspricht auch das Citizen-M-Angebot dem
luftig-leichten, kommunikativ-interaktiven Ambiente der W Hotels, nur
▶
eben preiswerter ab rund 100 Euro pro Nacht.
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konzepte
Nach europäischem Vorbild bietet das Pentahotel Hongkong
Kowloon ein großes Unterhaltungs- und Freizeitangebot.
­Modernste Kommunikationstechnik ist ebenfalls Standard.
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sagt die Motel-One-Managerin und ergänzt: „Ich glaube, der Wunsch
nach mehr Design, Erlebnis, Emotion und Spaß ist genau das, was
Lifestyle-Hotels heute ausmacht.“
Mit den weltweit angesagten Lifestyle-Attributen spielt auch die
Hotelmarke Indigo. Die Individualität eines Boutique-Hotels wird hier
mit den Vorzügen einer Hotelkette, der IHG Intercontinental Hotels
Group, verbunden. Im Lifestyle-Konzept greift das Indigo Alexanderplatz in Berlin beispielsweise die nahe gelegenen Sehenswürdigkeiten
der deutschen Hauptstadt auf und setzt diese gekonnt in Szene. Cooles Highlight ist der Blue Room im Look der Berliner Performancekünstler Blue Man Group. Die drei blau maskierten Schauspieler zelebrieren
am Potsdamer Platz ein kultiges Aktionsvarieté. Das außergewöhnliche
und separat buchbare Zimmer ist exklusiv mit Themen und Requisiten
der Liveshow ausgestattet.
Stylishe Angebote für Freizeit und Unterhaltung
Till Runte von Certified glaubt, dass der Lifestyle-Trend „noch eine
Weile anhalten wird“. Vorsichtig gibt er jedoch zu bedenken: „Erfinden sich die Lifestyle-Hotels nicht zur passenden Zeit neu, ist das, was
eventuell mal hip und chic war, plötzlich das krasse Gegenteil und zieht
keine Gäste mehr an.“ Alastair Thomann, Geschäftsführer bei den internationalen Pentahotels, ist zuversichtlich: „Wir sind seit 2006 in der
Lifestyle-Hotellerie zu Hause. Vor fünf Jahren haben wir einen Markttest in Asien durchgeführt und das erste Pentahotel in Schanghai eröffnet. Aufgrund der sehr positiven Resonanz folgten danach die
Pentahotels Beijing und Hongkong Kowloon.“
In Bezug auf Look, Feel & Taste unterscheiden sich Pentahotels in
Asien nicht von jenen in Europa. Einziger Unterschied zu den internationalen Standards ist die asiatische Küche. Nach europäischem Vorbild
sind in Asien sämtliche Lounges mit vielfältigen Unterhaltungs- und
Interaktionsmöglichkeiten ausgestattet wie Billard, Tischfußball, Spielkonsolen, Brettspielen oder Flipperautomaten. Neben dem Freizeit­
angebot „Pentafun“ wird Gästen mit „Connect“ moderne Kommunikationstechnik geboten: Ladestationen für Mobiltelefone und Tablets,
Free WiFi und kostenlos nutzbare Apple-Mac-Stationen gehören dazu.
Alles eingekleidet in das „Home away from home“-Design zum C
­ hillen
und Wohlfühlen für Hotelgäste und Anwohner.
In dem touristisch noch nicht erschlossenen Stadtteil San Po Kong
ist das Pentahotel Hongkong damit ein angesagter Vorreiter. „Vor a­ llem
Businessreisende schätzen das Fitnessstudio, den Außenpool und die
gute Erreichbarkeit des Zentrums“, sagt Thomann. Der Hotelexperte­
ist sicher: „Die Region wird sich in den kommenden Jahren stark
­entwickeln.“
Und solange auch der Lifestyle-Trend anhält, dürfen sich anspruchsvolle und unkonventionelle Weltenbummler weiterhin auf neue Hotspots freuen. In Hamburg beispielsweise will die 25hours Hotel Company im März 2016 ihr achtes Lifestyle-Hotel eröffnen – vier weitere
Hotels in Zürich, München, Düsseldorf und Köln sollen 2017 und 2018
folgen. Langweilig wird es also nicht.
•
Fotos: Pentahotel Hongkong, W London
Seit 2000 engagiert sich – zunächst ganz im Stillen – auch die
deutsche Budget-Hotelkette Motel One im vielfältigen Lifestyle-Genre.
Das Leben der mehrfach ausgezeichneten Budget-Design-Marke pulsiert in der kommunikativen One Lounge. Individuell gestaltet, überrascht sie jeweils mit einem regionalen Thema und dient den Gästen
zugleich als Frühstückscafé, Bar und Lobby. „Wenn die Budget-Hotellerie die richtigen Akzente setzt, kommt am Ende ein Luxus vermittelndes Hotelprodukt heraus, das für jeden bezahlbar ist“, erklärt Ursula
Schelle-Müller, bei der Motel One Group verantwortlich für Marketing
und Design. „Im Unterschied zu hochpreisigen Lifestyle-Marken sprechen wir eine sehr vielschichtige Zielgruppe an, die Wert legt auf ein
gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ansprechendes Design“, ergänzt
die Hotelexpertin. Im Motel One Wien-Staatsoper ist das auf besondere Weise gelungen.
Im zentralen 1. Wiener Bezirk, in direkter Nachbarschaft zur Staatsoper, checken die Gäste in einem historischen, vollständig sanierten
Gründerzeitgebäude ein. In jedem der 400 Zimmer wird der Charme
der K.-u.-k.-Monarchie modern zelebriert: mit Samtvorhängen, edler
Tapete und einem bequemen Boxspringbett – und das für 69 Euro pro
Übernachtung. Auch in der mit restauriertem Stuck üppig dekorierten
One Lounge werden der klassische Wiener Stil und die nahe Staatsoper nobel inszeniert. Lampen haben die Form von Tutus, Egg Chairs
von Arne Jacobsen sind in türkisfarbenen Samt gekleidet und Ledersessel von B&B Italia ergänzen das stylishe Ambiente. „Eine Besonderheit ist der handgefertigte Kronleuchter, der dann eben auch mal
30.000 Euro kostet“, berichtet Schelle-Müller nicht ohne Stolz. „Das
sind Dinge, die in einem Budget-Hotel nicht üblich sind, aber die Wertigkeit und das Thema Staatsoper auf einmalige Weise weitertragen“,
Im luxuriösen Lifestyle-­
Hotel W London Leicester
Square, inmitten des quirligen Theaterdistrikts der
­britischen Hauptstadt,
­dominiert ein unkonventio­
nelles Styling. Hier soll sich
die Moderne rebellisch mit
der Klassik vereinen.
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Weitwinkel
Neu im Portfolio
In der Stadt läuft alles nach Plan
4085 Campbell
Avenue, Menlo Park
Für etwa 62 Millionen US-Dollar erwarb Union Investment
das voll vermietete Büroobjekt
im kalifornischen Silicon Valley, einem der aktivsten Büro­
immobilienmärkte der Ver­
einigten Staaten. Das 2013
fertiggestellte Gebäude mit
59.000 Quadratfuß Mietfläche
ergänzt das Bestandsportfolio
des UniImmo: Global. Im Portfolio des Offenen Immobilienfonds ist es die zweite Liegenschaft in den USA.
Stadtpläne und Landkarten sind Multitalente. Sie zeigen den Weg durch das Dickicht moderner Großstädte und
bieten mancherlei Zusatznutzen. Von Elke Hildebrandt
Farbenfrohe Details
Was Städte weltweit zu bieten haben, zeigt die
junge irische Illustratorin Fatti Burke mit liebe­
voll gezeichneten bunten Karten. Zu ihren
künstlerischen Werken gehören nicht nur
Stadtpläne, sondern auch das 2015 mit dem
„Irish Book Award“ ausgezeichnete Bilder­
lexikon „Irelandopedia“ – mit wunderbaren
Detailansichten ihres Heimat­landes.
Vertium, Dublin
Interaktiv und virtuell
Straßenzüge ertasten
Die Solidscan-Technologie ermöglichst es,
auf dem Bildschirm oder im 3-D-Holo­
grammraum in Sekundenschnelle einen
­beliebigen Punkt wie hier die Peterskirche
in Wien im Detail anzusteuern und für
Stadt- und Architekturplanung fotorealis­
tisch zu bearbeiten.
In der Tourist Information am Frankfurter
­Römerberg steht blinden und sehbehinderten
Menschen ein taktiler Lageplan der Frankfurter
Innenstadt zur Verfügung. Straßen, Wege,
­Fußgängerzonen, Grünflächen und Gewässer
­haben eine eigene Struktur, um ertastet wer­
den zu können.
Zwei Jahre vor Fertigstellung
sicherte sich Union Investment
Mitte 2015 die Büroimmobilie
im Geschäftszentrum von
Dublin für den Offenen
Immobi­lienfonds UniImmo:
Deutschland. Entwickelt wird
das Gebäude mit circa 16.000
Quadratmetern Mietfläche
vom britischen Projektentwickler Development Securities. Für Union Investment ist
es das zweite Investment
in Irland.
De Klanderij, Enschede
Immer der Nase nach
Weich und robust
Im Gebäude navigieren
Palomar stellt Stadtpläne her, die man nicht
mehr falten muss. Die Crumpled City Map
ist federleicht, wasserfest und knitterfrei,
passt in Hosen- oder Jackentasche, kann
auch bemalt werden und ist bei Großstadt­
nomaden beliebt.
Mit den Indoor-Karten von Google Maps
­können Gebäudepläne von Flughäfen, Kauf­
häusern und Einkaufszentren abgerufen
­werden, damit man sich in den großen Immo­
bilien schnell zurechtfindet. Den Service gibt es
für ausgewählte Standorte.
Für den Offenen ImmobilienSpezialfonds UII Shopping
Nr. 1 ist es das erste Center in
den Niederlanden: Das im Jahr
2004 fertiggestellte Einkaufszentrum mit rund 20.000 Quadratmetern Einzelhandels­
fläche und 54 Geschäften ist
vollständig vermietet und
zählt zu den nachhaltigsten
Centern der Niederlande. 2014
wurde es als erstes Shoppingcenter mit dem BREEAM-NLZertifikat in der Stufe „Very
Good“ ausgezeichnet.
Fotos: fotolia (2), Meixner, Rossano Schifanella, Google Maps, Palomar - www.palomarweb.com, 2015 Jones Lang LaSalle, IP, Inc / Joel Avila, Union Investment (Simulation),
Union Investment; Illustration: Kathi Burke
Geruchskarten – zum Beispiel für Barce­
lona – zeigen, welche Geruchserfahrungen
Bewohner vor Ort machen („Smelly Maps:
The Digital Life of Urban Smellscapes“). Ein
erstes urbanes Geruchslexikon enthält allein
285 englische Begriffe für gute und schlech­
te Gerüche.
+++ Die nächste RAUM & mehr erscheint im September 2016 +++
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Raum & mehr 1 | 2016
Raum & mehr 1 | 2016
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Märkte
Gemeinsam Meilensteine setzen.
Vorausschauende Immobilien-Investments sind unser Geschäft. Weltweit.
Sich in einem dynamischen Umfeld sicher zu bewegen, erfordert mehr als langjährige Markterfahrung.
Worauf es ankommt, sind die Fähigkeit und Kraft zur Veränderung – und die Verlässlichkeit von Partnerschaften. Diesem Prinzip folgen wir weltweit in 24 Ländermärkten. In Europa, Amerika, Asien und
Australien. Und wir denken weiter voraus. Für unsere Mieter, Anleger und Investmentpartner. Mit
klaren Investitionsstrategien, Best-in-Class-Prozessen und aktivem Asset Management für ein
Immobilienportfolio von heute schon über 25 Milliarden Euro. Union Investment – setzen Sie mit
uns Meilensteine.
Entdecken Sie mehr unter www.union-investment.de/realestate
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