Einmischung erwünscht!
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Einmischung erwünscht!
Einmischung erwünscht! Wege zur Stärkung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen Dokumentation der Veranstaltung vom 23. März 2007 Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen Inhalt Begrüßung Oliver Keymis, Vizepräsident des Landtags NRW................................................................................3 Einführung Andrea U. Asch MdL......................................................................................................................3 Nils Wiechmann, Landesvorstandssprecher Bündnis 90/ DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz und bis 2006 MdL, berichtet über die Enquete-Kommission „Distanz zwischen jungen Menschen und Politik überwinden – Beteiligung weiterentwickeln, Demokratie stärken“..............................................5 Sigrid Meinhold-Henschel, Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh, berichtet vom Projekt der Bertelsmann-Stiftung „mit-Wirkung“ mit Ergebnissen der empirischen Untersuchung über Partizipationserfahrungen junger Menschen in den Kommunen und Erarbeitung von Referenzmodellen....................................................................8 Ludwig Weitz, „Stiftung Mitarbeit“, Bonn, Informationsstelle Jugendforum- Beteiligungsprojekte, berichtet von den Erfahrungen aus seiner Projektarbeit . ......................................................... 15 Leonard Jablonka / Melanie Becker / Philip Lehmann, Kinder- und Jugend-Parlament Waltrop, berichten von den Erfahrungen aus der Arbeit eines kommunalen Kinder- und Jugendparlamentes................................................................. 21 Jennifer Thürmer, Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), berichtet über „Partizipation in der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit“.......................... 23 Zusammenfassung der Diskussion Norbert Czerwinski...................................................................................................................... 25 Der Grüne Antrag „Zukunft der Demokratie - Kinder und Jugendliche stärker beteiligen“......... 26 Impressum Bestellung und weitere Informationen Herausgeberin: Andrea U. Asch MdL Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf www.gruene.landtag.nrw.de kinder- und jugendpolitische Sprecherin Tel 0211/884-2277 [email protected] www.andrea-asch.de Redaktion: Tilman Kuhl Norbert Czerwinski, Elaine Reynolds pers. Mitarbeiter Tel 0211/884-2866 [email protected] Erschienen im August 2007 Begrüßung Oliver Keymis, Vizepräsident des Landtags NRW Der grüne Landtagsvizepräsident Oliver Keymis begrüßte die Teilnehmenden des Fachgesprächs und erinnerte daran, dass im Landtag immer wieder über Jugendbeteiligung gesprochen und diese auch praktiziert wird. So treffen sich die nordrheinwestfälischen Kinder- und Jugendparlamente hier regelmäßig zum Austausch. Die grüne Fraktion hat im letzten wie in diesem Jahr ein „Offenes Plenum“ für Kinder und Jugendliche durchgeführt. Anlass für dieses Fachgespräch ist ein Antrag der grünen Fraktion (s. Anlage), das sich gerade in der parlamentarischen Beratung befand. Eine Forderung des Antrags ist die Absenkung des Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahre. Einige Tage vor dieser Veranstaltung hat Österreich die Absenkung für Nationalratswahlen beschlossen. Gleichzeitig mit diesem Fachgespräch diskutierte der Deutsche Bundestag einen grünen Antrag zur Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen und nahm das Europäische Jugendparlament seine Beratungen in Potsdam auf. Das zeigt, dass das Thema Beteiligung auf allen Ebenen topaktuell ist. Landtagsvizepräsident mit den ReferentInnen des Fachgesprächs Einführung Andrea U. Asch MdL Jede Gesellschaft lebt vom Engagement ihrer BürgerInnen. Für die Zukunft unserer Demokratie ist es wichtig, mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen und sie zu motivieren, sich einzumischen. Zwei große gesellschaftliche Veränderungen machen diese Aufgabe umso dringlicher. ganzen Altersklasse. Damit diese im politischen Diskurs nicht marginalisiert wird bzw. sich übergangen fühlt, gilt es neue und bessere Beteiligungsformen zu entwickeln, die gewährleisten, dass auch bei abnehmender Gruppengröße, sich Jugendliche politisches Gehör für ihre Interessen schaffen können. Erstens wird sich der Gesellschaftsaufbau durch die demographischen Veränderungen dramatisch umkehren. Schon im Jahr 2010 wird es bereits weniger Jugendliche unter 20 als ältere Menschen über 65 Jahren geben. Spätestens 2050 werden Jugendliche dann zur Minderheit. Dann wird der Anteil der älteren Menschen fast doppelt so groß sein wie der der jüngeren. Das bedeutet einen Bedeutungsverlust einer Die zweite Veränderung betrifft Deutschland als Einwanderungsland. Obwohl dies schon seit Jahrzehnten Fakt ist, ist unsere Gesellschaft erst seit wenigen Jahren bereit sich dies einzugestehen. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund ist dabei bei Kindern und Jugendlichen noch deutlich höher als im Durchschnitt aller Generationen. Deshalb ist Integration hier eine umso wichtigere Aufgabe. Wir müssen jungen Menschen anderer Herkunft soziale, kulturelle und ökonomische Teilhabe anbieten. Dabei sind auch die Beteiligungsformen, die wir entwickelt haben zu prüfen, ob sie zur Teilhabe ermutigen oder eher demotivieren oder gar hemmen. Das Thema „Soziale und berufliche Integration junger Menschen” wird die jugendpolitische Agenda der Europäischen Union bis Mitte 2008 bestimmen. Deutschland, Portugal und Slowenien haben vereinbart, hier den jugendpolitischen Schwerpunkt ihrer 18-monatigen Teampräsidentschaft zu setzen. Sie entsprechen damit zugleich einer der Zielvorgaben des Europäischen Pakts für die Jugend. Unter diesem gemeinsamen Motto stellt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft das Thema „Gleiche Chancen und gesellschaftliche Beteiligung für alle Kinder und Jugendlichen” in den Mittelpunkt des „Youth Event 2007“, denn Chancengleichheit und gesellschaftliche Partizipation gehören zusammen. Die Chancen aller Jugendlichen auf ein selbstbestimmtes Leben müssen erhöht werden. Das Erleben von eigenen Gestaltungsmöglichkeiten ist wichtige Voraussetzung für solides Handeln. Mitbestimmung und Mitgestaltung sind die entscheidenden Mittel gegen Politik- und Demokratieverdrossenheit. Die Partizipation beginnt im direkten Lebensumfeld. Deshalb kommt der kommunalen Ebene eine besondere Bedeutung zu. Hier kann am deutlichsten der Maxime gefolgt werden: Politik für junge Menschen kann nur Politik mit ihnen sein. Das heißt aber auch, dass Ergebnisse von Beteiligungsverfah- ren direkten Einfluss in politische Prozesse finden müssen. Es gibt in NRW viele Beispiele, wie Kinder und Jugendliche besser an Entscheidungen beteiligt werden können. Im Fachgespräch sollen Erfahrungen mit den verschiedenen Beteiligungsmodellen erörtert werden. Speziell werden die Chancen und Grenzen des Engagements in selbstorganisierten Jugendverbänden und den Kinder- und Jugendparlamenten zur Sprache kommen. Wir wollen auch diskutieren, was getan werden muss, um Hemmnisse zu beseitigen und wie ein Mehr an Beteiligung ermöglicht werden kann. Dazu dienen unter anderem die Erfahrungen der Enquetekommission des rheinland-pfälzischen Landtags. Nils Wiechmann, Landesvorstandssprecher Bündnis 90/ DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz und bis 2006 MdL Die Enquete-Kommission „Distanz zwischen jungen Menschen und Politik überwinden – Beteiligung weiterentwickeln, Demokratie stärken“ Was haben wir gemacht? Zwischen Juni 2004 und Januar 2006 hat es sich eine Enquete-Kommission des Landtags Rheinland-Pfalz zur Aufgabe gemacht, zu untersuchen, wie der Dialog von Kindern und Jugendlichen mit der Politik und die aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Aktivitäten und Prozessen sowie ein Engagement in der Gesellschaft stattfinden und gefördert und verbessert werden kann, wie also die oft beschriebene Distanz von Kindern und Jugendlichen zu Politik überwunden werden kann. Politische Partizipation haben wir definiert als Entscheidung zum Mitmachen, das Leben selbst (mit) zu gestalten, sich an gesellschaftlichen Entwicklungen und Prozessen zu beteiligen und für andere Verantwortung zu übernehmen. Wie haben wir es gemacht? • Wir haben Gespräche und Anhörungen veranstaltet (mit Kindern und Jugendlichen, mit Experten aus dem Bereich der politischen Jugendbildung und Vertretern der politischen Jugendverbände, mit Medienvertretern, Rechtsextremismusexperten und den deutschen UN-Jugenddelegierten). • Wir haben ein Gutachten erstellen lassen mit einer Bestandsaufnahme aktueller wissenschaftlicher Forschungen zum Verhältnis von Jugend und Politik – wo möglich spezifiziert auf Rheinland-Pfalz. • Wir haben „Best-practice-Projekte“ aus verschiedenen Le- benswelten (Kindertagesstätten; Schulen; Ausbildungsstätten/ Hochschulen; kommunales Umfeld/ organisierte und nicht organisierte Jugendarbeit) besucht und versucht, Ursachen für das Gelingen von Partizipation zu ergründen. Aus den Beobachtungen, Analysen und Ergebnissen haben wir Schlussfolgerungen gezogen, Empfehlungen erarbeitet und daraus Maßnahmen abgeleitet, die nicht nur den Landtag, die Landesregierung oder Landesbehörden ansprachen, sondern auch Akteure aus dem Bereich der Kommunen, der Vereine und Verbände, der Wirtschaft und der Medien. Welche zentralen Empfehlungen wurden formuliert? Rheinland-pfälzische Kindertagesstätten sollen Orte der Beteiligung und des Ernstnehmens sein. • Die Teilhabe der Kinder in Kindertagesstätten an der Gestaltung des Alltags soll selbstverständlich werden. • Partizipation als Erziehungsprinzip soll selbstverständlicher Bestandteil der ErzieherInnenausbildung werden. • Schon Kinder im Kindergartenalter sollen von politisch Verantwortlichen ernst genommen und angehört werden. • Die Weiterentwicklung von Partizipationsformen in der Kindertagesstätte soll gefördert werden. Rheinland-pfälzische Schulen sollen Orte der Vermittlung von Demokratie-Wissen und DemokratieErfahrung sein. • Gelebte Beteiligung soll sich in der Schule als demokratischer Lebensraum fortsetzen. • Schule soll authentisches Erleben alltäglicher Politik durch Kontakte mit Politikern („Tage des politischen Gesprächs”) gleichberechtigt neben das Erlernen politischer Strukturen und Systeme stellen und durch vielfältige didaktische und pädagogische Unterrichtsformen die Qualität des Sozialkundeunterrichts deutlich verbessern. • Das Wissen über die Wichtigkeit von Kinder- und Jugendbeteiligung soll Bestandteil der Lehrerbildung sein. Rheinland-pfälzische Betriebe und Hochschulen sollen Orte der Förderung von Selbstverantwortung und der Entwicklung von Wirtschaftsverantwortung sein. • Innerbetriebliche Teilhabe an der Gestaltung von Ausbildung und Arbeitsalltag und außerbetriebliches Engagement sind Bereicherungen für den Ausbildungsbetrieb. Sie sollen als Teil einer modernen und demokratischen Unternehmenskultur gefördert werden. • Etablierte universitäre Beteiligungsformen sowie vielfältige neue Partizipationsprojekte an Hochschulen sollen ermöglicht und gefördert werden. Rheinland-pfälzische Kommunen und Vereine sollen Orte sein, an denen lebendige Demokratie erlebt, erlernt und gestaltet werden kann. • Die Kommunen sollen Orte werden, an denen Kinder und Jugendliche positiv erleben und erfahren, was gelebte Demokratie ist. • Politische Akteure sollen sich darüber bewusst sein, dass ihr Auftreten, ihr Umgehen mit Vorschlägen und Initiativen von Kindern und Jugendlichen und ihr Umgang untereinander das Bild von Politik nachhaltig für junge Menschen prägen und deren Beteiligungsbereitschaft beeinflussen. • Innovative Beteiligungsformen in den Kommunen sollen eröffnet, gefördert und weiterentwickelt werden. Rheinland-pfälzische Medien sollen kinder- und jugendgerecht informieren und beteiligen. • Medienschaffende sollten die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen als wichtiges Thema begreifen und in Form und Sprache zielgruppengerecht vermitteln. • Medien sollten Kindern und Jugendlichen Raum für eigene Beiträge (von Kindern und Jugendlichen für Kinder und Jugendliche) einräumen. • Jungen Menschen soll in Kindertagesstätte, Schule und außerschulischer Jugendarbeit Medienkompetenz vermittelt werden, die sie zu kritischer, reflexiver und selbstverantwortlicher Mediennutzung befähigt. Warum gab es trotzdem eine abweichende GRÜNE Stellungnahme? Uns GRÜNEN gingen die Empfehlungen und die sich daraus ergebenden Maßnahmen an einigen zentralen Punkten nicht weit genug! Demokratie in der Schule lernen und leben • Bereits ab dem 1. Schuljahr sollen mindestens vierteljährlich Klassenversammlungen verpflichtend eingeführt werden. In diesen Klassenversammlungen beraten die Schülerinnen und Schüler demokratisch über Fragen, die die Klassengemeinschaft und Gesellschaft betreffen. • In der Schule ist echte Mitbestimmung statt Mitsprache für die SV in allen Bereichen des Schulalltags und eine Stärkung der LandesschülerInnen-Vertretung (LSV) dringend notwendig. • An jeder rheinland-pfälzischen Schule wird die Schulkonferenz als oberstes Beschluss fassendes Gremium eingeführt. Die Schulkonferenz setzt sich aus jeweils der gleichen Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern der Lehrkräfte, der Eltern und der Schülerinnen und Schüler zusammen. Partizipation an den Hochschulen • Wir fordern eine Ausweitung der Mitbestimmungsmöglichkeiten der verfassten Studierendenschaft auf ein allgemeinpolitisches Mandat, um mehr junge Erwachsene für ein politisches und gesellschaftliches Engagement zu begeistern. Senkung des Wahlalters • Um die Einflussmöglichkeiten von Jugendlichen zu stärken, ist die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen und eine dementsprechende Änderung des Kommunalwahlrechts ein erster Schritt. Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement • Es bedarf für ehrenamtlich engagierte Kinder und Jugendliche bessere und kostenlose Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für ihr Ehrenamt und angemessene Aufwandsentschädigungen für überdurchschnittliches Engagement. Diese Aufwandsentschädigungen machen ehrenamtliches Engagement zu Ausbildungs- und Studienzeiten oftmals erst möglich. • Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen von ehrenamtlicher Tätigkeit, wie z.B. eine weitergehende Entbürokratisierung und einen Ausbau der finanziellen Unterstützung ist schon lange überfällig und würde die ehrenamtliche Arbeit für alle Betroffenen erheblich erleichtern. • Aktive Kinder und Jugendliche müssen durch hauptamtliche Fachkräfte unterstützt werden. Diese Unterstützung muss zudem langfristig abgesichert sein. Raum für Beteiligung in den Kommunen erweitern • Kinder- und Jugendparlamente müssen in Zukunft über eigene finanzielle Mittel frei verfügen können. • In der Experimentierklausel der Gemeindeordnung liegt die Chance, probeweise weitergehende Beteiligungsformen für Jugendliche anzubieten, z.B. die Einführung der beratenden Stimme für Kinder und Jugendliche in den Räten und Ausschüssen. Entschlossen gegen Rechtsextremismus • Hauptamtlich begleitete pädagogische Begegnungsräume in der Jugendfreizeit fehlen oder werden aufgrund leerer Haushaltskassen eingespart. Wir brauchen eine Ausweitung der inhaltlichen, personellen und räumlichen Angebote, in denen Jugendliche – jenseits einer rechtsextremistischen Propaganda – direkte persönliche Beziehungen aufbauen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln und erleben können. Partizipation von jungen Menschen mit Migrationshintergrund • Junge Menschen mit Migrationshintergrund partizipieren nur im geringen Maße am gesellschaftlichen und politischen Leben, dabei ist dies eine Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration der hier lebenden Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. • Eine Grundvoraussetzung dafür, dass Partizipation stattfinden kann, ist eine gute Sprachförderung. • Es ist wichtig, in Schule, Jugendarbeit und in den Jugendverbänden Räume zu schaffen, um über ethische und religiöse Unterschiede und Gemeinsamkeiten in einer respektvollen Auseinandersetzung zu sprechen. • Jugendverbände und –vereine sollten verstärkt darauf hinwirken, dass auch Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund bei ihnen zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet werden können. So können verstärkt auch junge Menschen mit Migrationshintergrund in ihren spezifischen Bedürfnissen angesprochen werden. Sigrid Meinhold-Henschel, Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh Ludwig Weitz, Sigrid Meinhold-Henschel, Andrea U.Asch, Nils Wiechmann (v.links) Projekt der Bertelsmann-Stiftung „mit-Wirkung“ mit Ergebnissen der empirischen Untersuchung über Partizipationserfahrungen junger Menschen in den Kommunen und Erarbeitung von Referenzmodellen „mitWirkung!“ eine Initiative zur Stärkung der Kinder- und Jugendbeteiligung Sigrid Meinhold-Henschel Düsseldorf, 23. März 2007 www.mitwirkung.net Information Hintergrund der Initiative „mitWirkung!“ Ergebnisse der bisherigen Arbeit und zukünftige Handlungsansätze Herausforderungen 26. Februar 2007 Seite 2 www.mitwirkung.net Aufwachsen in Deutschland steigende Bildungsanforderungen Einflussgröße soziale Herkunft Abschottung sozialer und ethnischer Milieus Vielfalt privater und beruflicher Lebensmuster ökonomische Unsicherheiten Wie können junge Menschen in ihrer Entwicklung gestärkt und gleichzeitig für die Mitgestaltung des Gemeinwesens gewonnen werden? 7. Februar 2007 Seite 3 www.mitwirkung.net Kinder- und Jugendbeteiligung – Gewinn für alle Entwicklung von Kompetenzen Individuum Erfahrung von Selbstwirksamkeit Aufbau von Netzwerken Gesellschaft Stärkung der Demokratieorientierung Unterstützung des sozialen Zusammenhalts Verbesserung von Planungen 26. Februar 2007 Seite 4 www.mitwirkung.net Leitziel der Initiative „mitWirkung!“ „Die Initiative „mitWirkung!“ will in Zusammenarbeit mit starken Partnern einen Beitrag dazu leisten, dass sich junge Menschen aktiv und informiert in die Gestaltung des demokratischen Gemeinwesens einbringen.“ Phase 1: (01/2004 bis 09/2005) Phase 2: (10/2005 bis 09/2008) Wissen generieren Modelle erproben Phase 3: (01/2006 bis 09/2008) Erfahrungen weiter geben 26. Februar 2007 Seite 5 www.mitwirkung.net empirische Untersuchung: Flensburg Kropp Rostock Lütjenburg In 42 Städten und Gemeinden wurden insgesamt Bützow Elmshorn Krummhörn Ludwigslust Hamburg Bardowick Berlin Bad Bentheim Rheine Magdeburg Guben Münster Rietberg Dorsten Hamm Essen 14.387* Kinder und Jugendliche, Hannover Dortmund Leipzig Wuppertal Rotenburg Köln Saalfeld 422 Schulleiterinnen/Schulleiter und 631 Lehrerinnen/Lehrer Wetzlar Neuwied Freiberg 42 Stadt-/ Gemeindeverwaltungen, Frankfurt Wiesbaden Schlüsselfeld Bad Kreuznach befragt. Bexbach Philippsburg Stuttgart Dußlingen Freiburg Rheinfelden München Eggstätt * In einer zweiten Welle wurden acht weitere Kommunen aus SchleswigHolstein befragt. 22. September 2006 10 Seite 6 www.mitwirkung.net Mitwirkung in verschiedenen Lebensbereichen: In welchem Ausmaß können Jugendliche mitbestimmen? sehr wenig wenig teils/teils viel sehr viel Zu Hause Viel oder sehr viel mitbestimmen … 74,6% zu Hause Schule nie selten manchmal oft immer 14,5% Schule 13,6% Wohnort Wohnort 26. Februar 2007 Seite 7 www.mitwirkung.net Ansichten der Kinder und Jugendlichen zur Politik Ich denke, Politiker nehmen Jugendliche nicht wirklich ernst. X 68,5 % „trifft völlig zu/ trifft ziemlich zu“ In der Politik müsste vieles verbessert werden. X 79,8 % „trifft völlig zu/ trifft ziemlich zu“ Ich finde, eine starke Hand müsste mal wieder Ordnung in unseren Staat bringen. X 53,3 % „trifft völlig zu/ trifft ziemlich zu“ Aber auch: 78 % der befragten Kinder und Jugendlichen würden sich bei besseren Bedingungen und attraktiveren Angeboten stärker engagieren! 22. September 2006 Seite 8 11 www.mitwirkung.net Vermutete Einflussfaktoren „Lebenswelt Jugendliche“ konkreter Veränderungswille politisches Interesse Partizipation in der Familie + + Partizipationszufriedenheit Wohnort Angebotsattraktivität Lebenszufriedenheit Motivation zur Partizipation Partizipation in der Schule ?* + + + + + Beteiligungsverhalten am Wohnort + + + ?* Politikzufriedenheit Qualifikationsempfinden - Zeitrestriktion Bestätigung des sozialen Umfelds Informationsstand bzgl. Mitwirkung + + Partizipationsaffinität der Freunde + Bedeutung Vereine/Verbände Partizipation in der Freizeit * Im Hinblick auf diese Konstrukte lassen sich theoretisch sowohl positive als auch negative Zusammenhänge begründen. 22. September 2006 Seite 9 www.mitwirkung.net Die Partizipationsspirale Partizipationsintensivierung 6 Partizipationsaffinität im Freundeskreis 7 Konkreter Veränderungswille 1 Informationsstand bzgl. Mitwirkung 2 Qualifikationsempfinden 5 Partizipationszufriedenheit am Wohnort 4 Vereinsbedeutung 3 Partizipationsintensität in der Schule 26. Februar 2007 12 Seite 10 www.mitwirkung.net Die Partizipationsspirale Partizipationsintensivierung 6 Partizipationsaffinität im Freundeskreis 7 Konkreter Veränderungswille 1 Informationsstand bzgl. Mitwirkung 2 Qualifikationsempfinden 5 Partizipationszufriedenheit am Wohnort 4 Vereinsbedeutung 3 Partizipationsintensität in der Schule 26. Februar 2007 Seite 11 www.mitwirkung.net Handlungsansätze Informationsstand 1 bzgl. Mitwirkung Qualifikations- 2 empfinden Partizipations- 3 intensität in der Schule 4 Vereinsbedeutung Partizipationszufrieden- 5 heit am Wohnort integriertes Kommunikationskonzept, öffentliche Wertschätzung der Beteiligung, Jugendliche als Botschafter des Beteiligungsgedankens gewinnen Partizipationstrainings in Kooperation mit Schulen, Patenmodelle, niedrigschwellige Angebote Zusammenarbeit Schule & Jugendarbeit, Aufbau von Projektbörsen, Qualifizierung von Lehrern, Verknüpfung des Unterrichts mit kommunalen Projekten Vereine/Verbände/Gruppen bei Planung und Umsetzung von Beteiligungsprojekten einbeziehen Ausbildung von erwachsenen Prozessmoderatoren, Entwicklung von Qualitätsstandards der Beteiligung, Evaluation aller Angebote 26. Februar 2007 Seite 12 13 www.mitwirkung.net Herausforderungen – Fünf Thesen 1 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen muss als Teil einer kommunalen Beteiligungsstrategie entwickelt werden. 2 Nur ein breites Spektrum an Beteiligungsformaten sichert, dass Kinder und Jugendlichen erreicht werden. 3 Eine nachhaltige Beteiligungskultur bedarf eines Netzwerkes mit zivilgesellschaftlichen Akteuren. 4 Vorschulische, schulische und außerschulische Bildungsinstitutionen sind zentrale Lernorte für das Gemeinwesen. 5 Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen beginnt mit einem Umdenkungsprozess bei Erwachsenen. 26. Februar 2007 Seite 13 www.mitwirkung.net „Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern. Beteilige mich, und ich werde es verstehen.“ Lao Tse weitere Informationen: www.mitwirkung.net www.mitwirkung.net/newsletter 26. Februar 2007 14 Seite 14 Ludwig Weitz, „Stiftung Mitarbeit“, Bonn, Informationsstelle Jugendforum- Beteiligungsprojekte Die Erfahrungen aus seiner Projektarbeit 9.3.2007 »Es ist eine demokratische und inhaltliche Selbstverständlichkeit, dass die Menschen das Haus, in dem sie leben wollen, selbst planen und gestalten können« Haus der Stadtwerke, Bonn Bertolt Brecht Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Bonn Bericht über eine Ideenwerkstatt 1 2 Ideenwerkstatt: methodischer Ablauf Vorgeschichte Verschiedene Ansätze vorhanden: – Sprechstunde bei der Oberbürgermeisterin – Kinder- und Jugendforen in den Stadtteilen, zu konkreten Anlässen Zukunft Was wollen wir erreichen? Ziele / Ideen Bürgerantrag von Jugendlichen zur Einrichtung eines Jugendparlaments Worin stimmen wir überein? Gegenwart Verwaltungsinterner Auftrag zur Weiterentwicklung der Kinder und Jugendbeteiligung Herausforderungen Æ Idee: Den Weg zur Partizipation partizipativ gestalten! 3 Planung Was wollen wir jetzt mit wem tun? Alle wichtigen Menschen in einen Raum! 4 Kinder- und Jugendliche = 43 Teilnehmende / Gruppen 1. Kinder (9-12) GGS Om Berg Deutscher Pfadfinderbund 2. Jugendliche ab 13 Aloisiuskolleg Falken Bildungswerk Rheinland GGS Finkenhofschule Kinder- und Jugendring Bonn 3. Jugendliche ab 17 Beethoven-Gymnasium Schülerzeitung Beuel Bertolt-Brecht-Gesamtschule 4. Jugendvertretungen Erzbischöfliche Liebfrauenschule Verein zur Förderung politischen Handelns e.V. 5. Verbände Gottfried-Kinkel-Realschule Tannenbusch-Gymnasium 6. Politik Gesamtschule Bonn-Beuel / BSV 7. Stadtverwaltung Ev. Offener Treff Bonn-Nord Jugendzentrum "das flax" Ev. Jugend Bonn-Holzlar 8. Schule und Freizeit KHS St. Hedwig Junge Union Grüne Jugend Bonn Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD Junge Liberale Kreisverband Bezirksschülervertretung Kinder- und Jugendbeauftragte Otto-Kühne-Schule 5 6 15 1 Erwachsene = 35 Agenda Zeit Arbeitskreis der Freien Träger Offener Türen Falken Bildungswerk Rheinland e. V. Deutscher Kinderschutzbund OV Bonn e. V. Vors. Bürgerverein Geislar Arbeitsgemeinschaft der ev. Jugend Sportjugend im Stadtsportbund Bonn Kath. Jugendpastoral und Jugendhilfe Bezirksschülervertretung Stadtverordneter SPD Stadtverordneter CDU Mitglied Jugendhilfeausschuss CDU Stadtverordneter Bündnis ' 90 / Die Grünen Stadtplanungsamt Städt. Gebäudemanagement Sport- und Bäderamt 15:00 G Stadtplanungsamt Stadtverkehr Amt für Kinder, Jugend und Familie Amt 40-OGS Büro OGS-Leiterin Till-Eulenspiegel-Schule Gr.G. Kennenlernen Einführung in die Zukunftskonferenz G Aufgabe: Herausforderungen M Aufgabe: Zukunft M Aufgabe: Ideen, Ziele Jede(r) mit Gr.G. Absprachen Gr.G. Tagesschau Schulrätin Vors. der Stadtschulpflegschaft Schulleiter Bertolt-BrechtGesamtschule Jugendhausleiterin - städtisch "flax" Jugendhausleiterin - freier Träger "HiP" Lehrerin - Liebfrauenschule Lehrerin - Finkenhofschule Politischer Arbeitskreis Schulen (PAS) 19:00 Gr.G. jedem… MIX-Gruppe Ende der Werkstatt, Beginn der Umsetzung 8 Aufgabe: Gegenwart - Herausforderungen Die Aufgabe… Herausforderungen Wählt bitte zuerst ... eine(n) Moderator/in, eine(n) Zeitnehmer/in, eine(n) Schreiber/in und eine(n) Sprecher/in. Sprecher/in: Bereite einen 3 - Minuten Bericht für das Plenum vor. Mache Dir zunächst kurz alleine Notizen über die wichtigsten Themen und Herausforderungen für die Kinder- und Jugendbeteiligung in Bonn. Welche wichtigen Herausforderungen lassen sich feststellen? 1. Erstelle nun in Deiner Gruppe eine Liste mit 4 wesentlichen Herausforderungen. Schreibe diese auf ein Flipchart. 2. Schreibe nun auf die Liste Beispiele für das, was heute schon als Antwort auf diese Herausforderungen getan wird: Was gibt es schon? 3. Schreibe danach auf die Liste Ideen, was künftig als Antwort auf diese Herausforderungen getan werden muss: Was brauchen wir noch? Unser Thema: Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Bonn 9 10 Gruppe Kinder: Herausforderungen 16 BegrüßungJede Gruppe, Stadtdirektor Arno Hübner jede Sichtweise für sich…. Ludwig Weitz, Moderator Kindertageseinrichtungen 7 11 Tisch Was? Freitag Amt für Stadtgrün Herausforderungen: Ergebnisse der Kinder 12 2 Gruppe Verbände - Präsentation Aufgabe: Schritte in die Zukunft Versetzt Euch in das Jahr 2010. Stellt Euch vor, wie die Beteiligung von Kindern und Jugendlich in Bonn Wirklichkeit geworden ist. Es ist eine sehr schöne Zukunft entstanden - so wie Ihr Euch das immer gewünscht habt. Schreibe alles, was Ihr (und Andere) seit 2007 erreicht habt, auf ein Flip-Chart. Greift jede Idee auf, die Euch wichtig ist. Stellt die erreichte Zukunft anhand vieler konkreter Beispiele dar. (Was könnt Ihr jetzt im Jahr 2010 sehen, hören, fühlen?) Erfindet ein kleines (!!!) kreatives Theaterstück, zeigt uns ein Denkmal, malt ein Bild oder schreibt ein Märchen, etwas, das uns zeigt, wie Eure Zukunft aussieht! SprecherInnen sind diesmal die ganze Gruppe: Bereitet eine 3 - Minuten - Präsentation für das Plenum vor. 13 14 Zukunft: Kinder und Jugendforum… Zukunft: Wahl des Kinderbürgermeisters …die Verwaltung stellt Ihr Konzept vor! 15 16 Aufgabe: Realisierung (Gruppe) …und muss es leider noch mal überarbeiten! Ziele und Ideen: gemischte Gruppe Formuliere nun in Deiner Gruppe: • 3 Ziele und • 3 tolle Ideen für die Umsetzung der Kinder- und Jugendbeteiligung in Bonn. Die Ziele notiert bitte auf den gelben Blättern, die Ideen auf den weißen Blättern (ein Ziel / eine Idee = ein Blatt). 17 18 17 3 Präsentation: Ziele und Ideen Ziele (Auswahl) Kinderfreundliches Bewusstsein Jugend übernimmt Verantwortung Kommunikation auf allen Ebenen, umfassende Information und Transparenz Konzept der Beteiligung alle Probleme ernst nehmen (Jugendarbeitslosigkeit, Spielplatz) Einrichtung von Kinderforen und Jugendparlament: ortsnah, verbindliche Entscheidungen, Initiativrecht Orte für Kinder- und Jugendbeteiligung z.B. Haus der Demokratie / Ideenpavillion Recht auf Anhörung, Mitspracherecht Anträge von Kindern und Jugendlichen werden in den verschiedenen Ausschüssen bearbeitet und es wird darüber entschieden. Anerkennung für Engagement, Würdigung von ehrenamtlicher Kinder- und Jugendarbeit Etats für Kinder und Jugendliche bereitstellen, Finanzkompetenz Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche in jedem Ortsteil Internetseite für / von Kindern und Jugendlichen, ggfs Zeitung 19 20 Ideen (Auswahl) Nachlese Satzung für Kinder und Jugendbeteiligung, Kooperationsverträge Es ist deutlich geworden, was Kinder und Jugendliche wollen. Forum für Kinder und Jugendliche Ich habe viel gelernt über Kinder- und Jugendbeteiligung. Ich habe vor allem viel von Kindern und Jugendlichen gelernt… Danke schön! Haus der Demokratie Kinder- und Jugendparlament neben Stadtteilgruppen Austausch von Jugendparlamenten auf europäischer Ebene (zur Gestaltung des Jugendaustausches zwischen Städten Haus der Aktionen (Kinder- und Jugendparlament) Ich finde es gut, dass man uns Kinder und Jugendliche auch mal ernst nimmt und auch mal zuhört. sachkundige Kinder und Jugendliche in den Ausschüssen Veto-Recht, Initiativrecht Ich fand es interessant zu sehen, dass eigentlich Erwachsene, Kinder und Jugendliche was das angeht, die gleichen Ziele haben. Darstellung der erreichten Ziele Bonus und Vorteil für Engagement Oskar für Kinder und Jugendliche Ein fester finanzieller Etat für die Belange der Kinder und Jugendlichen Ich finde es schön, dass die Erwachsenen uns einmal zugehört haben. Ich finde es auch schön, dass wir viel erreicht haben. Steuer für das Jugendparlament Kinderbürgermeister mehr Fachpersonal (z.B. Pädagogen) Internetforum 21 22 Nachlese II Nachlese: Presse Ich finde es toll, dass einige Kinder gesagt haben, sie fühlen sich ernst genommen wurden, dass sie gehört werden. Und wenn es im Alltag so läuft, dass Kinder und Jugendliche und Politik im Alltag so miteinander reden, dann haben wir schon viel gewonnen. Ich finde, dass wir das, was wir heute hier gestartet haben, in Zukunft weitermachen, weil wir gesehen haben, dass es funktioniert, wenn alle miteinander reden. Ich freue mich darauf, wenn dann demnächst die konkreten Vorschläge zur Umsetzung kommen denn ansonsten war das alles hier sinnlos. 23 18 24 4 Anregungen für eine Beteiligungskultur Zusammenfassung Qualitätskriterien Kinder und Jugendliche wollen und können sich beteiligen, wenn… – das Verfahren kind- und jugendgerecht ist! – das Anliegen ernst gemeint ist. – echter Gestaltungsraum da ist! – die Personen ernst genommen werden! – Fairness und Chancengleichheit herrschen! – besondere Unterstützung möglich ist und angefordert werden kann. („Anwalt“, Moderation…) – wichtig auch hier- für benachteiligte Kinder und Jugendliche besonders gesorgt ist! Fairness Kompetenz Effizienz Legitimation Ortwin Renn Dann steht überraschenden Ergebnissen nichts im Wege. 25 26 Das Leitbild unserer Arbeit… Herzlichen Dank für Deine Mitarbeit! ViS!ON Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Leute zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in Ihnen die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Beratung - Moderation - Training für Menschen und Organisationen Ludwig Weitz Organisationsberater, Moderator, Trainer, Coach Meßdorfer Str. 166 D-53123 Bonn fon: +49 228 639457 fax: +49 228 6200242 mobil: +49 177 3240241 eMail: [email protected] www.vision-bonn.de •Antoine de Saint-Exupéry 27 28 Erfolgsfaktoren Erfolgsfaktoren II… 1. Politik und Verwaltung sind verantwortlich für eine authentische Anerkennungskultur vor Ort. Hierzu gehören eine effektive Qualifizierung und aussagekräftige Zertifizierung von bürgerschaftlichem Engagement und bürgerschaftlicher Mitwirkung. 4. Innerhalb der Verwaltung existieren Vernetzungsstrukturen und -abläufe, die eine effektive Kommunikation zur Bürgerorientierung ermöglichen. (Netzwerk CIVITAS) 29 5. 2. Innerhalb der Verwaltung existiert ein Anreizsystem für bürgerorientiertes Handeln. Dieses ist nicht notwendigerweise auf materielle Anreize gestützt, sondern knüpft an die Doppelrolle der Beschäftigten im öffentlichen Dienst als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einerseits, sowie als Bürgerinnen und Bürger der Stadt andererseits, an. Verwaltung und Politik eröffnen räumliche Kristallisationspunkte für Bürgerengagement. Dies bedeutet zum einen, Räumlichkeiten bereitzustellen - etwa durch die Öffnung von Schulen oder Rathäusern - zum anderen Stadtteile als Orte bürgerschaftlicher Identifikation ernst zu nehmen. 6. 3. Zum Beteiligen und Mitmachen finden Bürgerinnen und Bürger eine klar definierte Schnittstelle zur integrierten Verwaltung vor. Hierbei sind Transparenz und klare Zuständigkeiten gefordert. Planungs- und Beteiligungsprozesse haben einen verlässlichen und sinnvollen zeitlichen Rahmen. Die Zeit von Bürgerinnen und Bürgern muss als eine kostbare Ressource geachtet werden. 7. Bürgerorientierung ist Konsens innerhalb und zwischen Parteien und Verwaltung. 30 19 5 Erfolgsfaktoren III… 8. Zuhören ist eine individuelle und institutionelle Voraussetzung bei Politik und Verwaltung. Diese Fähigkeit wird bewusst gepflegt und ausgebaut. 9. Vielfältige kreative Beteiligungsformen prägen die Zusammenarbeit von Bürgerinnen und Bürgern, Rat und Verwaltung. Nicht nur die Existenz der verschiedensten Beteiligungsformen ist bekannt, vielmehr werden sie auch systematisch angepasst und eingesetzt. 10. Bürgerorientierung integriert Bürgerinformation mit Planungs- und Umsetzungsbeteiligung. Dies bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger in ihrem Initiativrecht ernst genommen, über die Angelegenheiten örtlicher Gemeinschaft informiert und an der Planung und Umsetzung örtlicher Vorhaben frühzeitig beteiligt werden. 31 6 20 Leonard Jablonka / Melanie Becker / Philip Lehmann, Kinder- und JugendParlament Waltrop Erfahrungen aus der Arbeit eines kommunalen Kinder- und Jugendparlamentes Das Kinder- Und Jugend-Parlament Waltrop Entstehungsgeschichte • • • • 1999: Planungsgruppe wird eingerichtet 2000: Beschlussfassung im JHA 2001: Rat gibt grünes Licht April 2001: konstituierende Sitzung Existentielle Elemente Leonard Jablonka, Melanie Becker, Philip Lehmann, Jennifer Thürmer (v. links) • • • • • Satzung und Geschäftsordnung Eigener Etat Eigenes Büro Zusätzliche Tagungsmöglichkeiten Hauptamtliche Betreuung durch eine pädagogische Fachkraft (15 Stunden) • Unterstützung durch Honorarkräfte Aufgaben des KiJuPa • für alle Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt zu sprechen und tätig zu werden • auf die Belange von Kindern und Jugendlichen aufmerksam zu machen • ein besseres Verhältnis zwischen Jugendlichen verschiedener Nationalitäten, Kulturen und Religionen zu fördern • zur politischen Aufklärung und Erziehung beizutragen Mitglieder des KiJuPa • Alle 2 Jahre wird gewählt • Wahlen finden an weiterführenden Schulen statt • Pro angefangene 100 Schüler einer Jahrgangsstufe wird ein Abgeordneter gewählt • 78 Parlamentarier zwischen 10-18 Jahren sind in unserem KiJuPa • Auch nicht gewählte Jugendliche nehmen an Arbeitsgruppen teil 21 Vorstand • • • • 1 Vorsitzende/r 1 Stellvertretende/r Vorsitzende/r 6 Beisitzer (3 Jugendforum; 3 Kinderforum) 2 Pressesprecher Aktuelle Arbeitsgruppen • • • • • • Veranstaltungs-AG des Jugendforums Veranstaltungs-AG des Kinderforums Filmwerkstatt-AG Anti-Gewalt-AG Doku-AG Homepage-AG Erfolge des KiJuPa • • • • • • Einführung des Nachtexpress Aktionen zu Kommunalwahlen wie z.B. Rock`n`Vote Volksinitiativen 2003 und 2005/06 zur Absicherung der Jugendarbeit Aktionen für mehr Fremdenfreundlichkeit Etablierte Veranstaltungsreihe für 11-15 Jährige Schüler helfen Schülern Mitsprache in Waltrop • • • • • in der Arbeitsgemeinschaft 3 des JHA Beratendes Mitglied im Ausschuss Jugend und Soziales am Auswahlverfahren der neuen Pächterin des Jugendcafé YAHOO am Auswahlverfahren der neuen Koordinatorin des KiJuPa bei Entscheidungen, die Kinder und Jugendliche vor Ort betreffen Überregionale Präsenz • Durchführung des Workshops „Angebote des öffentlichen Nahverkehrs“ beim Jugendpolitischen Hearing des Kreises 2004 • Durchführung des Workshops „Youth`n`Alc “ beim JuPoHea 2005 • Vorstellung der Kampagne „Free 16“ bei dem Jugendfestival Projekt P in Berlin Vernetzung des KiJuPa • • • • • Seit 2004 enge Zusammenarbeit mit den Gremien aus dem Kreis Recklinghausen Gemeinsame Kampagne „Free 16“ Gemeinsame Teilnahme an Seminaren Seit 2004 Teilnahme am landesweiten Treffen in Herne Seit 2006 Mitglied im Kinder- und Jugendrat NRW Schwierigkeiten und Probleme • Kein Stimmrecht in den jugendrelevanten Ausschüssen • Gute Projektideen scheitern aus finanziellen Gründen • 15 Stunden Stelle der Hauptamtlichen Kraft reicht für optimale Arbeit nicht aus 22 Jennifer Thürmer, Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Partizipation in der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit Partizipation, was verstehen wir darunter? Partizipation wird gemeinhin als Beteiligung, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung bzw. Einbeziehung verstanden. Je nach dem aus welcher Sicht man diese Thematik betrachtet, kann man sie zwar anderes definieren, wie in der Soziologie zum Beispiel, als Einbindung von Individuen in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse, trotzdem bleibt der Grundinhalt, der Mitbestimmung und Eigeninitiative in allen Definitionen erhalten. In der verbandlichen Jugendarbeit kommen besonders zwei Richtungen des Partizipationprinzipes zum Tragen: • Zum einen wäre das die Teilhabe und Mitgestaltung bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen • Zum anderen bei verbandsinternen Entscheidungsprozessen (wie Aktionsplanungen und Wahlen) Unter diesen Umständen halte ich gerade die Verbandsarbeit, geeignet dafür Kindern und Jugendlichen die Strukturen einer Demokratie beizubringen und zu lernen demokratisch zu handeln. Partizipation durch die verbandsinterne Entscheidungsprozesse In einem Jugendverband engagieren sich Kinder und Jugendliche, sie lernen einen Vorstand zu wählen und Interessen zu vertreten. So lernen sie am eigenen Leib wie Demokratie funktioniert. Sie lernen eine Diözesanleitung zu wählen, die Verantwortung für den Verband übernimmt und sie lernen diese zu kontrollieren. Als Diözesanleitung geben wir auf unseren Versammlungen einen Bericht über unsere Arbeit ab. Die Mitglieder können diesen beraten und entscheiden, ob sie mit dem Verbandskurs einverstanden sind. Warum ich die Partizipation der Kinder und Jugendlichen gerade in der Verbandsarbeit sehe An dieser Stelle werde ich mich besonders auf die Arbeit des CAJ DV Paderborn beziehen, da mir die Tragweite der Kinder- und Jugendpartizipation dieser Institution aus eigener Erfahrung bekannt ist. Meinem Wissen nach unterscheidet sich diese Arbeit allerdings nicht grundlegend von der anderer Verbände. Bei uns steht die Mitbestimmung, gestaltung und –arbeit der Jugend- lichen an erster Stelle. Alles was bei und von der CAJ geschieht wird von Mitgliedern entwickelt, gestaltet und umgesetzt. Unsere Rolle als Diözesanleitung besteht darin, Anregungen zu geben, Interessen zu bündeln, bei Konflikten gemeinsam mit den Beteiligten nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen und das was die Verbandsidee ausmacht im Verband und nach außen zu vertreten. Wir haben Verantwortung 23 und werden Bildungsmaßnamen, Gruppenleiterkurse und Aktionen durchzuführen, damit der Verband lebendig ist und bestehen kann. Wie beispielsweise unsere alljährliche Frühjahrsaktion, in diesem Jahr „Klima sucht Schutz“. Aber ob und wie diese durchgeführt wird, wird zusammen mit den Jugendlichen an einem dafür vorgesehenen Wochenende erarbeitet. Wenn dieses Thema allerdings von vorne herein abgelehnt wird, kann es allein dadurch schon nicht stattfinden, da einfach niemand zu diesem Wochenende erscheint. Des Weiteren wollen wir ein Bezirksteam, welches aus jeweils zwei Delegierten der ortansässigen Gruppen und Treffs, sowie zwei Mitgliedern der Diözesanleitung besteht, ins Leben gerufen haben. Dieses Bezirksteam fördert nicht nur die Vernetzung der Gruppen/Treffs untereinander, sondern ihm sollen auch thematische Aufgaben zuteil werden, wie die eigenständige Gestaltung einer Herbstaktion. Dass diese Grundsätze nicht nur theoretisch zum Tragen kommen, sondern auch in der Praxis umgesetzt werden, kann ich aus meinen per- sönlichen Erfahrungen heraus bestätigen. Wirklich nichts wird ohne die Zustimmung und Unterstützung der Jugendlichen beschlossen. Egal, ob es um Projektplanungen, die Wahlen des Vorstandes oder die Auswahl von Delegierten für verbandsübergreifende Gremien geht. Hinzukommt, dass man als Jugendlicher bei der CAJ selbst das Gefühl hat, was bewirken zu können und gehört zu werden. Partizipation durch Beteiligung an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen Die CAJ sitzt in keinem Parlament, wir sind keine Abgeordnete. Aber wir wollen etwas und nutzen die Möglichkeiten, die ein Verband bietet, um unsere Anliegen deutlich zu machen. Unser Weg ist über öffentliche Aktionen Einfluss auf politisch Verantwortliche und die Gesellschaft zu nehmen. Auch wenn wir oft nicht viele sind, ist es für uns wichtig nach außen zu gehen. So haben wir im Dezember als alles in Siegen nur auf den Weihnachtsmarkt strebte eine Demo gemacht und Postkarten verteilt, um auf die Probleme Jugendlicher Arbeitsloser aufmerksam zu machen. Vor Wahlen machen wir ebenfalls Aktionen. Diese machen wir in der Regel mit den anderen katholischen Jugendverbänden im BDKJ gemeinsam. Wir laden PolitikerInnen ein, damit wir ihnen sagen können was wir denken und damit wir sie kennen lernen. Bei Wahlen ist es leicht, ei- 24 nen Politiker/eine Politikerin bis in eine Gruppenstunde zu bekommen. Sind die Wahlen dann vorbei, haben die PolitikerInnen anscheinend kein Interesse mehr an uns. Sie sollen ja dann auch für uns im Parlament arbeiten. Klappte das Zusammenspiel zwischen Verbänden und Politikern besser, brauchten wir auch nicht so oft protestieren. Aber wir halten es nicht nur für wichtig zu sagen, wofür oder wogegen wir sind. Wir halten es auch für wichtig zu handeln und selbst Zeichen in der Gesellschaft zu setzen. Ein meiner Meinung nach gutes Beispiel hierfür ist immer wieder die Aktion des CAJ DV, Essen, dem „Kohlenkick“. Bei dieser Aktion ging es darum einen Ausbildungsplatz zu finanzieren. Die Jugendlichen und die DL, der Diözese Essen, beschäftigten sich zu dieser Zeit mit dem Problem des Ausbildungsplatzmangels. Aber anstatt nur darüber zu informieren und zu reden, nahmen sie sich dem Problem an und finanzierten einen Ausbildungsplatz für einen jungen Menschen durch ein Fußballturnier. Direkt in politischen Gremien sind wir über unseren Dachverband den BDKJ vertreten. Wir wählen hier VertreterInnen, die unsere Interessen zum Beispiel im Jugendhilfeausschuss oder in Gesprächen mit Politikern vertreten. Wir fahren also zweigleisig. Wo es möglich ist, schicken wir VertreterInnen in politische Gremien, wenn es nötig ist, machen wir Aktionen. Das alles klappt nur, weil wir uns in einem Jugendverband zusammengeschlossen haben. Ich persönlich kann dabei viel lernen und ich kann etwas bewegen. Oft nur im Kleinen. Aber es macht Sinn. Zusammenfassung der Diskussion Norbert Czerwinski In der Diskussion brachten die TeilnehmerInnen verschiedene, recht unterschiedliche Erfahrungen aus kommunalen Zusammenhängen ein. Übereinstimmend wurde festgehalten, dass Großstädte über 200.000 EinwohnerInnen für die Arbeit von Kinder- und Jugendparlamenten eher zu groß sind und sich eine Arbeit auf Bezirksebene anbietet. Übereinstimmung herrschte auch bei der Einschätzung, dass der Erfolg von Jugendparlamenten entscheidend davon abhängt, dass die Arbeit seitens der Verwaltung aktiv begleitet wird und seitens der Politik die Beschlüsse des Jugendparlaments ernst genommen werden. Das bestätigte auch die Bertelsmann-Stiftung mit ihrer dringenden Handlungsempfehlung, dass die Einrichtung solcher Partizipationsmodelle in eine kommunale Beteiligungsstrategie eingebettet sein muss. Hierzu gehören auch Information und Qualifizierung der Beteiligten, ein guter Mix an Beteiligungsformen und die Einbindung von Vereinen und Verbänden. In der Diskussion wurde die vermeintliche Konkurrenz von Jugendparlamenten und Jugendverbänden vehement bestritten. Beides kann sich sehr gut ergänzen und stellt unterschiedliche Angebote zur Beteiligung dar. Allerdings müsse man aufpassen, nicht gegeneinander ausgespielt zu werden. Übereinstimmend wird festgestellt: Es gibt nicht den Königsweg der Partizipation. Anzustreben ist ein Beteiligungs-Mix aus unterschiedlichen, sich ergänzenden Formen. Deutlich wurde in der Diskussion auch, dass es Änderungen in der Gemeindeordnung braucht, damit junge Menschen sich z.B. als sachkundige BürgerInnen einmischen können oder Beschlüsse eines Jugendparlaments die notwendige Aufmerksamkeit erhalten. Der grüne Antrag, der u.a. genau dies forderte, wurde im März 2007 im Plenum abgelehnt. Die kinder- und jugendpolitische Sprecherin Andrea U. Asch stellte zum Ende des Fachgesprächs fest: „Beteiligung braucht Rechte. Jugendliche erkennen sehr wohl, wo ihnen nur Lippenbekenntnisse angeboten werden.“ 25 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 14. Wahlperiode Drucksache 14/2871 07.11.2006 Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zukunft für die Demokratie Kinder und Jugendliche stärker beteiligen In den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein dafür gewachsen, dass unsere Demokratie die Rechte und Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker berücksichtigen muss. Der nordrhein-westfälische Landtag hat deshalb den Kinderrechten Verfassungsrang eingeräumt (Art. 6). Die EU-Kommission hat im Juli dieses Jahres erste Überlegungen zu einer EUKinderrechtsstrategie angestellt. Kinder und Jugendliche dürfen aber nicht nur Objekte verwaltungsmäßiger oder politischer Prozesse sein. Eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbst bei der Formulierung und Durchsetzung ihrer Interessen ist notwendig. Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, die Meinung des Kindes in allen das Kind berührenden Angelegenheiten angemessen zu berücksichtigen (Art. 12). In Deutschland sind durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz Mitwirkungsrechte auf Landesund kommunaler Ebene institutionell verankert. Etliche Kommunen haben Kinder- und Jugendparlamente eingeführt. Darüber hinaus ergänzen neue temporäre Formen der Beteiligung in Initiativen oder Projekten, wie z. B. Planungen im Stadtteil oder von Veranstaltungen längerfristige Beteiligungen. Die LBS-Studie zur Partizipation von Kindern von September 2006 zeigt, dass nur ein Viertel der befragten Kinder Kenntnis von diesen Mitwirkungsangeboten hat. Gleichzeitig wünscht sich eine deutliche Mehrheit, stärker einbezogen zu werden. Partizipation leistet einen Beitrag zur politischen Sozialisation der nachwachsenden Generation, wirkt politischen Desintegrationstendenzen entgegen und sichert so die Zukunft der Demokratie in Deutschland. Deshalb ist eine Offensive für mehr politische Beteiligung sinnvoll und notwendig. Dabei müssen die Jugendlichen in ihrem Engagement ernst genommen werden. Gerade bei der Beteiligung an den Volksinitiativen zu zentralen Fragen der Kinderund Jugendförderung mussten viele Jugendliche jedoch leider erleben, dass ihre aktive Rolle in der Demokratie nicht zur Umsetzung der Forderung führte. Jugendliche, die in Kinder- und Jugendparlamenten mitarbeiten, sind enttäuscht, wenn sie erfahren, dass in NRW nur volljährige Personen als sachkundige BürgerInnen in den "ordentlichen Gremien" mitarbeiten dürfen - im Gegensatz zu Brandenburg, Baden-Württemberg und weiteren Bundesländern. Datum des Originals: 07.11.2006/Ausgegeben: 07.11.2006 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de. 26 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 14. Wahlperiode Drucksache 14/2871 Demokratie fällt nicht vom Himmel, sondern muss gerade auch in unserem Bildungssystem erfahrbar und erlernbar sein. Mit dem neuen Schulgesetz wurde die Drittelparität in der Schulkonferenz ohne fachliche Begründung nach nur einjähriger Existenz wieder abgeschafft. Sie ist aber eine wichtige Voraussetzung für tatsächliche Partizipation und ein Zeichen für die Bedeutsamkeit demokratischer Prozesse in der Schule. Wer Verantwortungsübernahme und Selbstständigkeit will, kann auf Teilhabe und Partizipation nicht verzichten. Nordrhein-Westfalen beteiligt sich am Programm der Bund-Länder-Kommission für Bildungsfragen (BLK) "Demokratie lernen und leben", dessen Hauptziele die Förderung von demokratischer Handlungskompetenz und die Entwicklung einer demokratischen Schulkultur sind. Die erfolgreichen Modelle schulischer Partizipation, die im Rahmen dieses Programms entwickelt wurden, müssen allen Schulen in Nordrhein-Westfalen zugänglich sein. Eine Offensive für mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen richtet sich an eine Reihe von Beteiligten: Land, Kommunen, Schulen, Kinder- und Jugendhilfe. Eine Absenkung des Wahlalters sowie eine verstärkte Mitwirkungsmöglichkeit auf kommunaler Ebene sollten flankiert werden von Qualifizierungen in der politischen Bildung. Die Landesregierung wird beauftragt, x x x x x x x x x x x Vorschläge für eine Absenkung des aktiven Wahlalters auf Landesebene auf 16 Jahren zu erarbeiten, bei der Reform der Gemeindeordnung die Verankerung von Beteiligungsrechten von Kindern und Jugendlichen vorzusehen, die sich an den Kommunalverfassungen in Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein orientiert, bei der Reform der Gemeindeordnung die Begrenzung auf volljährige Personen für die Mitarbeit als sachkundige BürgerInnen in kommunalen Gremien ersatzlos zu streichen (wie in Brandenburg und Baden-Württemberg), die Beteiligungsmöglichkeiten von Mädchen besonders zu berücksichtigen und zu fördern, die Landesjugendämter zu unterstützen, einen kommunalen Austausch der Beteiligungsformen zu organisieren und Qualifizierungsangebote für Kinder und Jugendliche sowie für MitarbeiterInnen der Kommunalverwaltungen anzubieten, die Drittelparität in der Schulkonferenz wieder einzuführen, die Möglichkeiten altergerechter Teilhabe für Schülerinnen und Schüler auch im Primarbereich auszubauen, die im Rahmen des BLK-Programms "Demokratie leben und lernen" erprobten Modelle der Partizipation für alle Schulen in Nordrhein-Westfalen zugänglich zu machen, ein Konzept zu erarbeiten, wie Schulen verstärkt zur Behandlung von kommunalpolitischen Themen und zum Austausch mit Gremien vor Ort angeregt werden können, im nächsten Kinder- und Jugendbericht einen besonderen Focus auf die verschiedenen Partizipationserfahrungen zu legen, dem Landtag bis Mitte 2007 über die Ergebnisse der Beratungen zu berichten, damit anschließend konkrete verbindliche Maßnahmen ergriffen werden können. Sylvia Löhrmann Johannes Remmel Andrea Asch Horst Becker Sigrid Beer und Fraktion 2 27