Einmischung erwünscht!

Transcrição

Einmischung erwünscht!
Einmischung erwünscht!
Wege zur Stärkung der Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen
Dokumentation der Veranstaltung
vom 23. März 2007
Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen
Inhalt
Begrüßung
Oliver Keymis, Vizepräsident des Landtags NRW................................................................................3
Einführung
Andrea U. Asch MdL......................................................................................................................3
Nils Wiechmann,
Landesvorstandssprecher Bündnis 90/ DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz und bis 2006 MdL,
berichtet über die Enquete-Kommission „Distanz zwischen jungen Menschen und Politik
überwinden – Beteiligung weiterentwickeln, Demokratie stärken“..............................................5
Sigrid Meinhold-Henschel, Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh,
berichtet vom Projekt der Bertelsmann-Stiftung „mit-Wirkung“ mit Ergebnissen
der empirischen Untersuchung über Partizipationserfahrungen junger Menschen in den
Kommunen und Erarbeitung von Referenzmodellen....................................................................8
Ludwig Weitz, „Stiftung Mitarbeit“, Bonn, Informationsstelle Jugendforum- Beteiligungsprojekte,
berichtet von den Erfahrungen aus seiner Projektarbeit . ......................................................... 15
Leonard Jablonka / Melanie Becker / Philip Lehmann, Kinder- und Jugend-Parlament Waltrop,
berichten von den Erfahrungen aus der Arbeit
eines kommunalen Kinder- und Jugendparlamentes................................................................. 21
Jennifer Thürmer, Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ),
berichtet über „Partizipation in der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit“.......................... 23
Zusammenfassung der Diskussion
Norbert Czerwinski...................................................................................................................... 25
Der Grüne Antrag „Zukunft der Demokratie - Kinder und Jugendliche stärker beteiligen“......... 26
Impressum
Bestellung und weitere Informationen
Herausgeberin:
Andrea U. Asch MdL
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
www.gruene.landtag.nrw.de
kinder- und jugendpolitische Sprecherin
Tel 0211/884-2277
[email protected]
www.andrea-asch.de
Redaktion:
Tilman Kuhl
Norbert Czerwinski, Elaine Reynolds
pers. Mitarbeiter
Tel 0211/884-2866
[email protected]
Erschienen im August 2007
Begrüßung
Oliver Keymis,
Vizepräsident des Landtags
NRW
Der grüne Landtagsvizepräsident
Oliver Keymis begrüßte die Teilnehmenden des Fachgesprächs und erinnerte daran, dass im Landtag immer
wieder über Jugendbeteiligung gesprochen und diese auch praktiziert
wird. So treffen sich die nordrheinwestfälischen Kinder- und Jugendparlamente hier regelmäßig zum
Austausch. Die grüne Fraktion hat
im letzten wie
in diesem Jahr
ein „Offenes Plenum“ für Kinder
und Jugendliche
durchgeführt.
Anlass für dieses Fachgespräch
ist ein Antrag der grünen Fraktion
(s. Anlage), das sich gerade in der
parlamentarischen Beratung befand.
Eine Forderung des Antrags ist die
Absenkung des Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahre. Einige Tage
vor dieser Veranstaltung hat Österreich die Absenkung für Nationalratswahlen beschlossen. Gleichzeitig
mit diesem Fachgespräch diskutierte der Deutsche Bundestag einen
grünen Antrag zur Absenkung des
Wahlalters bei Bundestagswahlen
und nahm das Europäische Jugendparlament seine Beratungen in Potsdam auf. Das zeigt, dass das Thema
Beteiligung auf allen Ebenen topaktuell ist.
Landtagsvizepräsident mit den ReferentInnen des Fachgesprächs
Einführung
Andrea U. Asch MdL
Jede Gesellschaft lebt vom Engagement ihrer BürgerInnen. Für die
Zukunft unserer Demokratie ist es
wichtig, mit jungen Menschen ins
Gespräch zu kommen und sie zu
motivieren, sich einzumischen. Zwei
große gesellschaftliche Veränderungen machen diese Aufgabe umso
dringlicher.
ganzen Altersklasse. Damit diese
im politischen Diskurs nicht marginalisiert wird bzw. sich übergangen fühlt, gilt es neue und bessere
Beteiligungsformen zu entwickeln,
die gewährleisten, dass auch bei abnehmender Gruppengröße, sich Jugendliche politisches Gehör für ihre
Interessen schaffen können.
Erstens wird sich der Gesellschaftsaufbau durch die demographischen
Veränderungen dramatisch umkehren. Schon im Jahr 2010 wird es
bereits weniger Jugendliche unter
20 als ältere Menschen über 65 Jahren geben. Spätestens 2050 werden
Jugendliche dann zur Minderheit.
Dann wird der Anteil der älteren
Menschen fast doppelt so groß sein
wie der der jüngeren. Das bedeutet einen Bedeutungsverlust einer
Die zweite Veränderung betrifft
Deutschland als Einwanderungsland.
Obwohl dies schon seit Jahrzehnten
Fakt ist, ist unsere Gesellschaft erst
seit wenigen Jahren bereit sich dies
einzugestehen. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund ist
dabei bei Kindern und Jugendlichen
noch deutlich höher als im Durchschnitt aller Generationen. Deshalb
ist Integration hier eine umso wichtigere Aufgabe. Wir müssen jungen
Menschen anderer Herkunft soziale,
kulturelle und ökonomische Teilhabe anbieten. Dabei sind auch die Beteiligungsformen, die wir entwickelt
haben zu prüfen, ob sie zur Teilhabe
ermutigen oder eher demotivieren
oder gar hemmen.
Das Thema „Soziale und berufliche
Integration junger Menschen” wird
die jugendpolitische Agenda der Europäischen Union bis Mitte 2008 bestimmen. Deutschland, Portugal und
Slowenien haben vereinbart, hier
den jugendpolitischen Schwerpunkt
ihrer 18-monatigen Teampräsidentschaft zu setzen. Sie entsprechen
damit zugleich einer der Zielvorgaben des Europäischen Pakts für die
Jugend.
Unter diesem gemeinsamen Motto
stellt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft das Thema „Gleiche Chancen
und gesellschaftliche Beteiligung
für alle Kinder und Jugendlichen” in
den Mittelpunkt des „Youth Event
2007“, denn Chancengleichheit und
gesellschaftliche Partizipation gehören zusammen.
Die Chancen aller Jugendlichen auf
ein selbstbestimmtes Leben müssen
erhöht werden. Das Erleben von eigenen Gestaltungsmöglichkeiten ist
wichtige Voraussetzung für solides
Handeln. Mitbestimmung und Mitgestaltung sind die entscheidenden
Mittel gegen Politik- und Demokratieverdrossenheit. Die Partizipation
beginnt im direkten Lebensumfeld.
Deshalb kommt der kommunalen
Ebene eine besondere Bedeutung zu.
Hier kann am deutlichsten der Maxime gefolgt werden: Politik für junge
Menschen kann nur Politik mit ihnen sein. Das heißt aber auch, dass
Ergebnisse von Beteiligungsverfah-
ren direkten Einfluss in politische
Prozesse finden müssen.
Es gibt in NRW viele Beispiele, wie
Kinder und Jugendliche besser an
Entscheidungen beteiligt werden
können. Im Fachgespräch sollen Erfahrungen mit den verschiedenen
Beteiligungsmodellen erörtert werden. Speziell werden die Chancen
und Grenzen des Engagements in
selbstorganisierten Jugendverbänden und den Kinder- und Jugendparlamenten zur Sprache kommen.
Wir wollen auch diskutieren, was
getan werden muss, um Hemmnisse zu beseitigen und wie ein Mehr
an Beteiligung ermöglicht werden
kann. Dazu dienen unter anderem
die Erfahrungen der Enquetekommission des rheinland-pfälzischen
Landtags.
Nils Wiechmann, Landesvorstandssprecher Bündnis 90/
DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz
und bis 2006 MdL
Die Enquete-Kommission „Distanz zwischen
jungen Menschen und Politik überwinden –
Beteiligung weiterentwickeln,
Demokratie stärken“
Was haben wir gemacht?
Zwischen Juni 2004 und Januar 2006
hat es sich eine Enquete-Kommission des Landtags Rheinland-Pfalz zur
Aufgabe gemacht, zu untersuchen,
wie der Dialog von Kindern und Jugendlichen mit der Politik und die
aktive Teilhabe von Kindern und
Jugendlichen an gesellschaftlichen
Aktivitäten und Prozessen sowie
ein Engagement in der Gesellschaft
stattfinden und gefördert und verbessert werden kann, wie also die
oft beschriebene Distanz von Kindern und Jugendlichen zu Politik
überwunden werden kann.
Politische Partizipation haben wir
definiert als Entscheidung zum Mitmachen, das Leben selbst (mit) zu
gestalten, sich an gesellschaftlichen
Entwicklungen und Prozessen zu beteiligen und für andere Verantwortung zu übernehmen.
Wie haben wir es gemacht?
• Wir haben Gespräche und
Anhörungen veranstaltet (mit
Kindern und Jugendlichen,
mit Experten aus dem Bereich
der politischen Jugendbildung
und Vertretern der politischen
Jugendverbände, mit Medienvertretern, Rechtsextremismusexperten und den deutschen
UN-Jugenddelegierten).
• Wir haben ein Gutachten erstellen lassen mit einer Bestandsaufnahme aktueller
wissenschaftlicher Forschungen
zum Verhältnis von Jugend und
Politik – wo möglich spezifiziert
auf Rheinland-Pfalz.
• Wir haben „Best-practice-Projekte“ aus verschiedenen Le-
benswelten (Kindertagesstätten;
Schulen; Ausbildungsstätten/
Hochschulen; kommunales Umfeld/ organisierte und nicht organisierte Jugendarbeit) besucht
und versucht, Ursachen für das
Gelingen von Partizipation zu
ergründen.
Aus den Beobachtungen, Analysen
und Ergebnissen haben wir Schlussfolgerungen gezogen, Empfehlungen
erarbeitet und daraus Maßnahmen
abgeleitet, die nicht nur den Landtag, die Landesregierung oder Landesbehörden ansprachen, sondern
auch Akteure aus dem Bereich der
Kommunen, der Vereine und Verbände, der Wirtschaft und der Medien.
Welche zentralen Empfehlungen wurden formuliert?
Rheinland-pfälzische Kindertagesstätten sollen Orte der
Beteiligung und des Ernstnehmens sein.
• Die Teilhabe der Kinder in Kindertagesstätten an der Gestaltung des Alltags soll selbstverständlich werden.
• Partizipation als Erziehungsprinzip soll selbstverständlicher Bestandteil der ErzieherInnenausbildung werden.
• Schon Kinder im Kindergartenalter sollen von politisch Verantwortlichen ernst genommen und angehört werden.
• Die Weiterentwicklung von Partizipationsformen in der Kindertagesstätte soll gefördert werden.
Rheinland-pfälzische Schulen sollen Orte der Vermittlung von Demokratie-Wissen und DemokratieErfahrung sein.
• Gelebte Beteiligung soll sich in der Schule als demokratischer Lebensraum fortsetzen.
• Schule soll authentisches Erleben alltäglicher Politik durch Kontakte mit Politikern („Tage des politischen Gesprächs”) gleichberechtigt neben das Erlernen politischer Strukturen und Systeme stellen und durch vielfältige
didaktische und pädagogische Unterrichtsformen die Qualität des Sozialkundeunterrichts deutlich verbessern.
• Das Wissen über die Wichtigkeit von Kinder- und Jugendbeteiligung soll Bestandteil der Lehrerbildung sein.
Rheinland-pfälzische Betriebe und Hochschulen sollen Orte der Förderung von Selbstverantwortung
und der Entwicklung von Wirtschaftsverantwortung sein.
• Innerbetriebliche Teilhabe an der Gestaltung von Ausbildung und Arbeitsalltag und außerbetriebliches Engagement sind Bereicherungen für den Ausbildungsbetrieb. Sie sollen als Teil einer modernen und demokratischen
Unternehmenskultur gefördert werden.
• Etablierte universitäre Beteiligungsformen sowie vielfältige neue Partizipationsprojekte an Hochschulen sollen
ermöglicht und gefördert werden.
Rheinland-pfälzische Kommunen und Vereine sollen Orte sein, an denen lebendige Demokratie
erlebt, erlernt und gestaltet werden kann.
• Die Kommunen sollen Orte werden, an denen Kinder und Jugendliche positiv erleben und erfahren, was gelebte Demokratie ist.
• Politische Akteure sollen sich darüber bewusst sein, dass ihr Auftreten, ihr Umgehen mit Vorschlägen und
Initiativen von Kindern und Jugendlichen und ihr Umgang untereinander das Bild von Politik nachhaltig für
junge Menschen prägen und deren Beteiligungsbereitschaft beeinflussen.
• Innovative Beteiligungsformen in den Kommunen sollen eröffnet, gefördert und weiterentwickelt werden.
Rheinland-pfälzische Medien sollen kinder- und jugendgerecht informieren und beteiligen.
• Medienschaffende sollten die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen als wichtiges Thema begreifen und in
Form und Sprache zielgruppengerecht vermitteln.
• Medien sollten Kindern und Jugendlichen Raum für eigene Beiträge (von Kindern und Jugendlichen für Kinder
und Jugendliche) einräumen.
• Jungen Menschen soll in Kindertagesstätte, Schule und außerschulischer Jugendarbeit Medienkompetenz vermittelt werden, die sie zu kritischer, reflexiver und selbstverantwortlicher Mediennutzung befähigt.
Warum gab es trotzdem eine abweichende GRÜNE Stellungnahme?
Uns GRÜNEN gingen die Empfehlungen und die sich daraus ergebenden Maßnahmen an einigen zentralen Punkten
nicht weit genug!
Demokratie in der Schule lernen und leben
• Bereits ab dem 1. Schuljahr sollen mindestens vierteljährlich Klassenversammlungen verpflichtend eingeführt
werden. In diesen Klassenversammlungen beraten die Schülerinnen und Schüler demokratisch über Fragen, die
die Klassengemeinschaft und Gesellschaft betreffen.
• In der Schule ist echte Mitbestimmung statt Mitsprache für die SV in allen Bereichen des Schulalltags und eine
Stärkung der LandesschülerInnen-Vertretung (LSV) dringend notwendig.
• An jeder rheinland-pfälzischen Schule wird die Schulkonferenz als oberstes Beschluss fassendes Gremium eingeführt. Die Schulkonferenz setzt sich aus jeweils der gleichen Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern der
Lehrkräfte, der Eltern und der Schülerinnen und Schüler zusammen.
Partizipation an den Hochschulen
• Wir fordern eine Ausweitung der Mitbestimmungsmöglichkeiten der verfassten Studierendenschaft auf ein
allgemeinpolitisches Mandat, um mehr junge Erwachsene für ein politisches und gesellschaftliches Engagement
zu begeistern.
Senkung des Wahlalters
• Um die Einflussmöglichkeiten von Jugendlichen zu stärken, ist die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei
Kommunalwahlen und eine dementsprechende Änderung des Kommunalwahlrechts ein erster Schritt.
Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement
• Es bedarf für ehrenamtlich engagierte Kinder und Jugendliche bessere und kostenlose Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für ihr Ehrenamt und angemessene Aufwandsentschädigungen für überdurchschnittliches
Engagement. Diese Aufwandsentschädigungen machen ehrenamtliches Engagement zu Ausbildungs- und Studienzeiten oftmals erst möglich.
• Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen von ehrenamtlicher Tätigkeit, wie z.B. eine weitergehende Entbürokratisierung und einen Ausbau der finanziellen Unterstützung ist schon lange überfällig und würde die
ehrenamtliche Arbeit für alle Betroffenen erheblich erleichtern.
• Aktive Kinder und Jugendliche müssen durch hauptamtliche Fachkräfte unterstützt werden. Diese Unterstützung muss zudem langfristig abgesichert sein.
Raum für Beteiligung in den Kommunen erweitern
• Kinder- und Jugendparlamente müssen in Zukunft über eigene finanzielle Mittel frei verfügen können.
• In der Experimentierklausel der Gemeindeordnung liegt die Chance, probeweise weitergehende Beteiligungsformen für Jugendliche anzubieten, z.B. die Einführung der beratenden Stimme für Kinder und Jugendliche in
den Räten und Ausschüssen.
Entschlossen gegen Rechtsextremismus
• Hauptamtlich begleitete pädagogische Begegnungsräume in der Jugendfreizeit fehlen oder werden aufgrund
leerer Haushaltskassen eingespart. Wir brauchen eine Ausweitung der inhaltlichen, personellen und räumlichen Angebote, in denen Jugendliche – jenseits einer rechtsextremistischen Propaganda – direkte persönliche
Beziehungen aufbauen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln und erleben können.
Partizipation von jungen Menschen mit Migrationshintergrund
• Junge Menschen mit Migrationshintergrund partizipieren nur im geringen Maße am gesellschaftlichen und
politischen Leben, dabei ist dies eine Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration der hier lebenden
Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.
• Eine Grundvoraussetzung dafür, dass Partizipation stattfinden kann, ist eine gute Sprachförderung.
• Es ist wichtig, in Schule, Jugendarbeit und in den Jugendverbänden Räume zu schaffen, um über ethische und
religiöse Unterschiede und Gemeinsamkeiten in einer respektvollen Auseinandersetzung zu sprechen.
• Jugendverbände und –vereine sollten verstärkt darauf hinwirken, dass auch Jugendliche und junge Erwachsene
mit Migrationshintergrund bei ihnen zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet werden können.
So können verstärkt auch junge Menschen mit Migrationshintergrund in ihren spezifischen Bedürfnissen angesprochen werden.
Sigrid Meinhold-Henschel,
Bertelsmann-Stiftung,
Gütersloh
Ludwig Weitz,
Sigrid Meinhold-Henschel,
Andrea U.Asch,
Nils Wiechmann (v.links)
Projekt der Bertelsmann-Stiftung „mit-Wirkung“
mit Ergebnissen der empirischen Untersuchung
über Partizipationserfahrungen junger Menschen
in den Kommunen und Erarbeitung von Referenzmodellen
„mitWirkung!“
eine Initiative zur Stärkung der Kinder- und Jugendbeteiligung
Sigrid Meinhold-Henschel
Düsseldorf, 23. März 2007
www.mitwirkung.net
Information
Hintergrund der Initiative „mitWirkung!“
Ergebnisse der bisherigen Arbeit und
zukünftige Handlungsansätze
Herausforderungen
26. Februar 2007
Seite 2
www.mitwirkung.net
Aufwachsen in Deutschland
ƒ steigende Bildungsanforderungen
ƒ Einflussgröße soziale Herkunft
ƒ Abschottung sozialer und ethnischer Milieus
ƒ Vielfalt privater und beruflicher Lebensmuster
ƒ ökonomische Unsicherheiten
Wie können junge Menschen in ihrer Entwicklung gestärkt
und gleichzeitig für die Mitgestaltung des Gemeinwesens
gewonnen werden?
7. Februar 2007
Seite 3
www.mitwirkung.net
Kinder- und Jugendbeteiligung – Gewinn für alle
Entwicklung von Kompetenzen
Individuum
Erfahrung von Selbstwirksamkeit
Aufbau von Netzwerken
Gesellschaft
Stärkung der
Demokratieorientierung
Unterstützung des sozialen Zusammenhalts
Verbesserung von Planungen
26. Februar 2007
Seite 4
www.mitwirkung.net
Leitziel der Initiative „mitWirkung!“
„Die Initiative „mitWirkung!“ will in Zusammenarbeit mit starken
Partnern einen Beitrag dazu leisten, dass sich junge Menschen
aktiv und informiert in die Gestaltung des demokratischen
Gemeinwesens einbringen.“
Phase 1:
(01/2004 bis
09/2005)
Phase 2:
(10/2005 bis
09/2008)
Wissen
generieren
Modelle
erproben
Phase 3:
(01/2006 bis
09/2008)
Erfahrungen
weiter geben
26. Februar 2007
Seite 5
www.mitwirkung.net
empirische Untersuchung:
Flensburg
Kropp
Rostock
Lütjenburg
In 42 Städten und Gemeinden
wurden insgesamt
Bützow
Elmshorn
Krummhörn
Ludwigslust
Hamburg
Bardowick
Berlin
Bad Bentheim
Rheine
Magdeburg
Guben
Münster
Rietberg
Dorsten
Hamm
Essen
14.387* Kinder und Jugendliche,
Hannover
Dortmund
Leipzig
Wuppertal
Rotenburg
Köln
Saalfeld
422 Schulleiterinnen/Schulleiter und
631 Lehrerinnen/Lehrer
Wetzlar
Neuwied
Freiberg
42 Stadt-/ Gemeindeverwaltungen,
Frankfurt
Wiesbaden
Schlüsselfeld
Bad Kreuznach
befragt.
Bexbach
Philippsburg
Stuttgart
Dußlingen
Freiburg
Rheinfelden
München
Eggstätt
* In einer zweiten Welle wurden acht
weitere Kommunen aus SchleswigHolstein befragt.
22. September 2006
10
Seite 6
www.mitwirkung.net
Mitwirkung in verschiedenen Lebensbereichen:
In welchem Ausmaß können Jugendliche mitbestimmen?
sehr wenig
wenig
teils/teils
viel
sehr viel
Zu Hause
Viel oder sehr viel
mitbestimmen …
ƒ 74,6% zu Hause
Schule
nie
selten
manchmal
oft
immer
ƒ 14,5% Schule
ƒ 13,6% Wohnort
Wohnort
26. Februar 2007
Seite 7
www.mitwirkung.net
Ansichten der Kinder und Jugendlichen zur Politik
ƒ Ich denke, Politiker nehmen Jugendliche nicht wirklich ernst.
X
68,5 % „trifft völlig zu/ trifft ziemlich zu“
ƒ In der Politik müsste vieles verbessert werden.
X
79,8 % „trifft völlig zu/ trifft ziemlich zu“
ƒ Ich finde, eine starke Hand müsste mal wieder Ordnung in
unseren Staat bringen.
X 53,3 % „trifft völlig zu/ trifft ziemlich zu“
Aber auch:
78 % der befragten Kinder und
Jugendlichen würden sich bei besseren
Bedingungen und attraktiveren
Angeboten stärker engagieren!
22. September 2006
Seite 8
11
www.mitwirkung.net
Vermutete Einflussfaktoren „Lebenswelt Jugendliche“
konkreter
Veränderungswille
politisches
Interesse
Partizipation
in der Familie
+
+
Partizipationszufriedenheit
Wohnort
Angebotsattraktivität
Lebenszufriedenheit
Motivation zur
Partizipation
Partizipation
in der Schule
?*
+
+
+
+
+
Beteiligungsverhalten am
Wohnort
+
+
+
?*
Politikzufriedenheit
Qualifikationsempfinden
-
Zeitrestriktion
Bestätigung des
sozialen Umfelds
Informationsstand
bzgl. Mitwirkung
+
+
Partizipationsaffinität der
Freunde
+
Bedeutung
Vereine/Verbände
Partizipation
in der Freizeit
* Im Hinblick auf diese Konstrukte lassen sich theoretisch sowohl positive als auch negative Zusammenhänge begründen.
22. September 2006
Seite 9
www.mitwirkung.net
Die Partizipationsspirale
Partizipationsintensivierung
6
Partizipationsaffinität im
Freundeskreis
7
Konkreter
Veränderungswille
1
Informationsstand
bzgl. Mitwirkung
2
Qualifikationsempfinden
5
Partizipationszufriedenheit am Wohnort
4
Vereinsbedeutung
3
Partizipationsintensität
in der Schule
26. Februar 2007
12
Seite 10
www.mitwirkung.net
Die Partizipationsspirale
Partizipationsintensivierung
6
Partizipationsaffinität im
Freundeskreis
7
Konkreter
Veränderungswille
1
Informationsstand
bzgl. Mitwirkung
2
Qualifikationsempfinden
5
Partizipationszufriedenheit am Wohnort
4
Vereinsbedeutung
3
Partizipationsintensität
in der Schule
26. Februar 2007
Seite 11
www.mitwirkung.net
Handlungsansätze
Informationsstand
1 bzgl. Mitwirkung
Qualifikations-
2 empfinden
Partizipations-
3 intensität in der Schule
4 Vereinsbedeutung
Partizipationszufrieden-
5 heit am Wohnort
integriertes Kommunikationskonzept, öffentliche Wertschätzung der Beteiligung, Jugendliche als Botschafter
des Beteiligungsgedankens gewinnen
Partizipationstrainings in Kooperation mit Schulen,
Patenmodelle, niedrigschwellige Angebote
Zusammenarbeit Schule & Jugendarbeit, Aufbau von
Projektbörsen, Qualifizierung von Lehrern, Verknüpfung
des Unterrichts mit kommunalen Projekten
Vereine/Verbände/Gruppen bei Planung und
Umsetzung von Beteiligungsprojekten einbeziehen
Ausbildung von erwachsenen Prozessmoderatoren,
Entwicklung von Qualitätsstandards der Beteiligung,
Evaluation aller Angebote
26. Februar 2007
Seite 12
13
www.mitwirkung.net
Herausforderungen – Fünf Thesen
1
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen muss als Teil
einer kommunalen Beteiligungsstrategie entwickelt
werden.
2
Nur ein breites Spektrum an Beteiligungsformaten sichert,
dass Kinder und Jugendlichen erreicht werden.
3
Eine nachhaltige Beteiligungskultur bedarf eines
Netzwerkes mit zivilgesellschaftlichen Akteuren.
4
Vorschulische, schulische und außerschulische
Bildungsinstitutionen sind zentrale Lernorte für das
Gemeinwesen.
5
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen beginnt mit
einem Umdenkungsprozess bei Erwachsenen.
26. Februar 2007
Seite 13
www.mitwirkung.net
„Sage es mir, und ich werde es vergessen.
Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern.
Beteilige mich, und ich werde es verstehen.“
Lao Tse
weitere Informationen:
www.mitwirkung.net
www.mitwirkung.net/newsletter
26. Februar 2007
14
Seite 14
Ludwig Weitz,
„Stiftung Mitarbeit“, Bonn,
Informationsstelle Jugendforum- Beteiligungsprojekte
Die Erfahrungen aus seiner Projektarbeit
9.3.2007
»Es ist eine
demokratische und
inhaltliche
Selbstverständlichkeit,
dass die Menschen
das Haus,
in dem sie leben wollen,
selbst planen und
gestalten können«
Haus der Stadtwerke, Bonn
Bertolt Brecht
Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen
in Bonn
Bericht über eine Ideenwerkstatt
1
2
Ideenwerkstatt: methodischer Ablauf
Vorgeschichte
Verschiedene Ansätze vorhanden:
– Sprechstunde bei der Oberbürgermeisterin
– Kinder- und Jugendforen in den Stadtteilen, zu
konkreten Anlässen
Zukunft
Was wollen wir erreichen?
Ziele / Ideen
Bürgerantrag von Jugendlichen zur Einrichtung eines
Jugendparlaments
Worin stimmen wir
überein?
Gegenwart
Verwaltungsinterner Auftrag zur Weiterentwicklung
der Kinder und Jugendbeteiligung
Herausforderungen
Æ Idee:
Den Weg zur Partizipation partizipativ gestalten!
3
Planung
Was wollen wir jetzt mit
wem tun?
Alle wichtigen Menschen
in einen Raum!
4
Kinder- und Jugendliche = 43
Teilnehmende / Gruppen
1. Kinder (9-12)
GGS Om Berg
Deutscher Pfadfinderbund
2. Jugendliche ab 13
Aloisiuskolleg
Falken Bildungswerk Rheinland
GGS Finkenhofschule
Kinder- und Jugendring Bonn
3. Jugendliche ab 17
Beethoven-Gymnasium
Schülerzeitung Beuel
Bertolt-Brecht-Gesamtschule
4. Jugendvertretungen
Erzbischöfliche Liebfrauenschule
Verein zur Förderung politischen
Handelns e.V.
5. Verbände
Gottfried-Kinkel-Realschule
Tannenbusch-Gymnasium
6. Politik
Gesamtschule Bonn-Beuel / BSV
7. Stadtverwaltung
Ev. Offener Treff Bonn-Nord
Jugendzentrum "das flax"
Ev. Jugend Bonn-Holzlar
8. Schule und Freizeit
KHS St. Hedwig
Junge Union
Grüne Jugend Bonn
Jungsozialistinnen und
Jungsozialisten in der SPD
Junge Liberale Kreisverband
Bezirksschülervertretung
Kinder- und Jugendbeauftragte
Otto-Kühne-Schule
5
6
15
1
Erwachsene = 35
Agenda
Zeit
Arbeitskreis der Freien Träger Offener
Türen
Falken Bildungswerk Rheinland e. V.
Deutscher Kinderschutzbund OV Bonn
e. V.
Vors. Bürgerverein Geislar
Arbeitsgemeinschaft der ev. Jugend
Sportjugend im Stadtsportbund Bonn
Kath. Jugendpastoral und Jugendhilfe
Bezirksschülervertretung
Stadtverordneter SPD
Stadtverordneter CDU
Mitglied Jugendhilfeausschuss CDU
Stadtverordneter Bündnis ' 90 / Die
Grünen
Stadtplanungsamt
Städt. Gebäudemanagement
Sport- und Bäderamt
15:00 G
Stadtplanungsamt Stadtverkehr
Amt für Kinder, Jugend und Familie
Amt 40-OGS Büro
OGS-Leiterin Till-Eulenspiegel-Schule
Gr.G.
Kennenlernen
Einführung in die Zukunftskonferenz
G
Aufgabe: Herausforderungen
M
Aufgabe: Zukunft
M
Aufgabe: Ideen, Ziele
Jede(r) mit
Gr.G.
Absprachen
Gr.G.
Tagesschau
Schulrätin
Vors. der Stadtschulpflegschaft
Schulleiter Bertolt-BrechtGesamtschule
Jugendhausleiterin - städtisch "flax"
Jugendhausleiterin - freier Träger
"HiP"
Lehrerin - Liebfrauenschule
Lehrerin - Finkenhofschule
Politischer Arbeitskreis Schulen (PAS)
19:00 Gr.G.
jedem…
MIX-Gruppe
Ende der Werkstatt, Beginn der Umsetzung
8
Aufgabe: Gegenwart - Herausforderungen
Die Aufgabe… Herausforderungen
Wählt bitte zuerst ...
eine(n) Moderator/in, eine(n)
Zeitnehmer/in, eine(n) Schreiber/in und
eine(n) Sprecher/in.
Sprecher/in: Bereite einen 3 - Minuten Bericht für das Plenum vor.
Mache Dir zunächst kurz alleine Notizen über die wichtigsten
Themen und Herausforderungen für die Kinder- und
Jugendbeteiligung in Bonn.
Welche wichtigen Herausforderungen lassen sich
feststellen?
1. Erstelle nun in Deiner Gruppe eine Liste mit 4 wesentlichen
Herausforderungen. Schreibe diese auf ein Flipchart.
2. Schreibe nun auf die Liste Beispiele für das, was heute
schon als Antwort auf diese Herausforderungen getan wird:
Was gibt es schon?
3. Schreibe danach auf die Liste Ideen, was künftig als
Antwort auf diese Herausforderungen getan werden muss:
Was brauchen wir noch?
Unser Thema:
Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen in Bonn
9
10
Gruppe Kinder: Herausforderungen
16
BegrüßungJede Gruppe,
Stadtdirektor
Arno Hübner
jede Sichtweise
für sich….
Ludwig Weitz,
Moderator
Kindertageseinrichtungen
7
11
Tisch Was?
Freitag
Amt für Stadtgrün
Herausforderungen: Ergebnisse der Kinder
12
2
Gruppe Verbände - Präsentation
Aufgabe: Schritte in die Zukunft
Versetzt Euch in das Jahr 2010.
Stellt Euch vor, wie die Beteiligung von Kindern und
Jugendlich in Bonn Wirklichkeit geworden ist. Es ist eine
sehr schöne Zukunft entstanden - so wie Ihr Euch das
immer gewünscht habt.
Schreibe alles, was Ihr (und Andere) seit 2007 erreicht habt,
auf ein Flip-Chart. Greift jede Idee auf, die Euch wichtig ist.
Stellt die erreichte Zukunft anhand vieler konkreter Beispiele
dar. (Was könnt Ihr jetzt im Jahr 2010 sehen, hören, fühlen?)
Erfindet ein kleines (!!!) kreatives Theaterstück, zeigt uns ein
Denkmal, malt ein Bild oder schreibt ein Märchen, etwas, das
uns zeigt, wie Eure Zukunft aussieht!
SprecherInnen sind diesmal die ganze Gruppe:
Bereitet eine 3 - Minuten - Präsentation für das Plenum vor.
13
14
Zukunft: Kinder und Jugendforum…
Zukunft: Wahl des Kinderbürgermeisters
…die Verwaltung stellt Ihr Konzept vor!
15
16
Aufgabe: Realisierung (Gruppe)
…und muss es leider noch mal
überarbeiten!
Ziele und Ideen: gemischte Gruppe
Formuliere nun in Deiner Gruppe:
• 3 Ziele und
• 3 tolle Ideen
für die Umsetzung der Kinder- und
Jugendbeteiligung in Bonn.
Die Ziele notiert bitte auf den gelben Blättern,
die Ideen auf den weißen Blättern (ein Ziel /
eine Idee = ein Blatt).
17
18
17
3
Präsentation: Ziele und Ideen
Ziele (Auswahl)
Kinderfreundliches Bewusstsein
Jugend übernimmt Verantwortung
Kommunikation auf allen Ebenen, umfassende Information und Transparenz
Konzept der Beteiligung
alle Probleme ernst nehmen (Jugendarbeitslosigkeit, Spielplatz)
Einrichtung von Kinderforen und Jugendparlament: ortsnah, verbindliche
Entscheidungen, Initiativrecht
Orte für Kinder- und Jugendbeteiligung z.B. Haus der Demokratie /
Ideenpavillion
Recht auf Anhörung, Mitspracherecht
Anträge von Kindern und Jugendlichen werden in den verschiedenen
Ausschüssen bearbeitet und es wird darüber entschieden.
Anerkennung für Engagement, Würdigung von ehrenamtlicher Kinder- und
Jugendarbeit
Etats für Kinder und Jugendliche bereitstellen, Finanzkompetenz
Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche in jedem Ortsteil
Internetseite für / von Kindern und Jugendlichen, ggfs Zeitung
19
20
Ideen (Auswahl)
Nachlese
Satzung für Kinder und Jugendbeteiligung, Kooperationsverträge
Es ist deutlich geworden, was Kinder und Jugendliche wollen.
Forum für Kinder und Jugendliche
Ich habe viel gelernt über Kinder- und Jugendbeteiligung. Ich
habe vor allem viel von Kindern und Jugendlichen gelernt…
Danke schön!
Haus der Demokratie
Kinder- und Jugendparlament neben Stadtteilgruppen
Austausch von Jugendparlamenten auf europäischer Ebene (zur Gestaltung des
Jugendaustausches zwischen Städten
Haus der Aktionen (Kinder- und Jugendparlament)
Ich finde es gut, dass man uns Kinder und Jugendliche auch
mal ernst nimmt und auch mal zuhört.
sachkundige Kinder und Jugendliche in den Ausschüssen
Veto-Recht, Initiativrecht
ƒ Ich fand es interessant zu sehen, dass eigentlich Erwachsene,
Kinder und Jugendliche was das angeht, die gleichen Ziele
haben.
Darstellung der erreichten Ziele
Bonus und Vorteil für Engagement
Oskar für Kinder und Jugendliche
Ein fester finanzieller Etat für die Belange der Kinder und Jugendlichen
Ich finde es schön, dass die Erwachsenen uns einmal zugehört
haben. Ich finde es auch schön, dass wir viel erreicht haben.
Steuer für das Jugendparlament
Kinderbürgermeister
mehr Fachpersonal (z.B. Pädagogen)
Internetforum
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Nachlese II
Nachlese: Presse
Ich finde es toll, dass einige Kinder gesagt haben, sie fühlen
sich ernst genommen wurden, dass sie gehört werden. Und
wenn es im Alltag so läuft, dass Kinder und Jugendliche und
Politik im Alltag so miteinander reden, dann haben wir schon
viel gewonnen.
Ich finde, dass wir das, was wir heute hier gestartet haben, in
Zukunft weitermachen, weil wir gesehen haben, dass es
funktioniert, wenn alle miteinander reden.
Ich freue mich darauf, wenn dann demnächst die konkreten
Vorschläge zur Umsetzung kommen denn ansonsten war das
alles hier sinnlos.
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24
4
Anregungen für eine Beteiligungskultur
Zusammenfassung Qualitätskriterien
Kinder und Jugendliche wollen und können sich beteiligen,
wenn…
– das Verfahren kind- und jugendgerecht ist!
– das Anliegen ernst gemeint ist.
– echter Gestaltungsraum da ist!
– die Personen ernst genommen werden!
– Fairness und Chancengleichheit herrschen!
– besondere Unterstützung möglich ist und angefordert
werden kann. („Anwalt“, Moderation…)
– wichtig auch hier- für benachteiligte Kinder und Jugendliche
besonders gesorgt ist!
Fairness
Kompetenz
Effizienz
Legitimation
Ortwin Renn
Dann steht überraschenden Ergebnissen nichts im Wege.
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Das Leitbild unserer Arbeit…
Herzlichen Dank für Deine Mitarbeit!
ViS!ON
Wenn Du ein Schiff bauen willst,
so trommle nicht Leute zusammen,
um Holz zu beschaffen,
Werkzeuge vorzubereiten,
Aufgaben zu vergeben
und die Arbeit einzuteilen,
sondern wecke in Ihnen die Sehnsucht
nach dem weiten, endlosen Meer.
Beratung - Moderation - Training
für Menschen und Organisationen
Ludwig Weitz
Organisationsberater, Moderator,
Trainer, Coach
Meßdorfer Str. 166
D-53123 Bonn
fon: +49 228 639457
fax: +49 228 6200242
mobil: +49 177 3240241
eMail: [email protected]
www.vision-bonn.de
•Antoine de Saint-Exupéry
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Erfolgsfaktoren
Erfolgsfaktoren II…
1. Politik und Verwaltung sind verantwortlich für eine authentische
Anerkennungskultur vor Ort. Hierzu gehören eine effektive
Qualifizierung und aussagekräftige Zertifizierung von
bürgerschaftlichem Engagement und bürgerschaftlicher
Mitwirkung.
4.
Innerhalb der Verwaltung existieren Vernetzungsstrukturen
und -abläufe, die eine effektive Kommunikation zur
Bürgerorientierung ermöglichen.
(Netzwerk CIVITAS)
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5.
2. Innerhalb der Verwaltung existiert ein Anreizsystem für
bürgerorientiertes Handeln. Dieses ist nicht notwendigerweise
auf materielle Anreize gestützt, sondern knüpft an die
Doppelrolle der Beschäftigten im öffentlichen Dienst als
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einerseits, sowie als
Bürgerinnen und Bürger der Stadt andererseits, an.
Verwaltung und Politik eröffnen räumliche
Kristallisationspunkte für Bürgerengagement. Dies bedeutet
zum einen, Räumlichkeiten bereitzustellen - etwa durch die
Öffnung von Schulen oder Rathäusern - zum anderen
Stadtteile als Orte bürgerschaftlicher Identifikation ernst zu
nehmen.
6.
3. Zum Beteiligen und Mitmachen finden Bürgerinnen und
Bürger eine klar definierte Schnittstelle zur integrierten
Verwaltung vor. Hierbei sind Transparenz und klare
Zuständigkeiten gefordert.
Planungs- und Beteiligungsprozesse haben einen
verlässlichen und sinnvollen zeitlichen Rahmen. Die Zeit
von Bürgerinnen und Bürgern muss als eine kostbare
Ressource geachtet werden.
7.
Bürgerorientierung ist Konsens innerhalb und zwischen
Parteien und Verwaltung.
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5
Erfolgsfaktoren III…
8.
Zuhören ist eine individuelle und institutionelle Voraussetzung
bei Politik und Verwaltung. Diese Fähigkeit wird bewusst
gepflegt und ausgebaut.
9.
Vielfältige kreative Beteiligungsformen prägen die
Zusammenarbeit von Bürgerinnen und Bürgern, Rat und
Verwaltung. Nicht nur die Existenz der verschiedensten
Beteiligungsformen ist bekannt, vielmehr werden sie
auch systematisch angepasst und eingesetzt.
10. Bürgerorientierung integriert Bürgerinformation mit
Planungs- und Umsetzungsbeteiligung. Dies bedeutet,
dass Bürgerinnen und Bürger in ihrem Initiativrecht ernst
genommen, über die Angelegenheiten örtlicher
Gemeinschaft informiert und an der Planung und
Umsetzung örtlicher Vorhaben frühzeitig beteiligt werden.
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20
Leonard Jablonka / Melanie
Becker / Philip Lehmann,
Kinder- und JugendParlament Waltrop
Erfahrungen aus der Arbeit eines kommunalen
Kinder- und Jugendparlamentes
Das Kinder- Und Jugend-Parlament Waltrop
Entstehungsgeschichte
•
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•
1999: Planungsgruppe wird eingerichtet
2000: Beschlussfassung im JHA
2001: Rat gibt grünes Licht
April 2001: konstituierende Sitzung
Existentielle Elemente
Leonard Jablonka, Melanie Becker,
Philip Lehmann, Jennifer Thürmer
(v. links)
•
•
•
•
•
Satzung und Geschäftsordnung
Eigener Etat
Eigenes Büro
Zusätzliche Tagungsmöglichkeiten
Hauptamtliche Betreuung durch eine pädagogische Fachkraft (15 Stunden)
• Unterstützung durch Honorarkräfte
Aufgaben des KiJuPa
• für alle Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt zu sprechen und
tätig zu werden
• auf die Belange von Kindern und Jugendlichen aufmerksam zu machen
• ein besseres Verhältnis zwischen Jugendlichen verschiedener Nationalitäten, Kulturen und Religionen zu fördern
• zur politischen Aufklärung und Erziehung beizutragen
Mitglieder des KiJuPa
• Alle 2 Jahre wird gewählt
• Wahlen finden an weiterführenden Schulen statt
• Pro angefangene 100 Schüler einer Jahrgangsstufe wird ein Abgeordneter gewählt
• 78 Parlamentarier zwischen 10-18 Jahren sind in unserem KiJuPa
• Auch nicht gewählte Jugendliche nehmen an Arbeitsgruppen teil
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Vorstand
•
•
•
•
1 Vorsitzende/r
1 Stellvertretende/r Vorsitzende/r
6 Beisitzer (3 Jugendforum; 3 Kinderforum)
2 Pressesprecher
Aktuelle Arbeitsgruppen
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•
Veranstaltungs-AG des Jugendforums
Veranstaltungs-AG des Kinderforums
Filmwerkstatt-AG
Anti-Gewalt-AG
Doku-AG
Homepage-AG
Erfolge des KiJuPa
•
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•
•
Einführung des Nachtexpress
Aktionen zu Kommunalwahlen wie z.B. Rock`n`Vote
Volksinitiativen 2003 und 2005/06 zur Absicherung der Jugendarbeit
Aktionen für mehr Fremdenfreundlichkeit
Etablierte Veranstaltungsreihe für 11-15 Jährige
Schüler helfen Schülern
Mitsprache in Waltrop
•
•
•
•
•
in der Arbeitsgemeinschaft 3 des JHA
Beratendes Mitglied im Ausschuss Jugend und Soziales
am Auswahlverfahren der neuen Pächterin des Jugendcafé YAHOO
am Auswahlverfahren der neuen Koordinatorin des KiJuPa
bei Entscheidungen, die Kinder und Jugendliche vor Ort betreffen
Überregionale Präsenz
• Durchführung des Workshops „Angebote des öffentlichen Nahverkehrs“ beim Jugendpolitischen Hearing des
Kreises 2004
• Durchführung des Workshops „Youth`n`Alc “ beim JuPoHea 2005
• Vorstellung der Kampagne „Free 16“ bei dem Jugendfestival Projekt P in Berlin
Vernetzung des KiJuPa
•
•
•
•
•
Seit 2004 enge Zusammenarbeit mit den Gremien aus dem Kreis Recklinghausen
Gemeinsame Kampagne „Free 16“
Gemeinsame Teilnahme an Seminaren
Seit 2004 Teilnahme am landesweiten Treffen in Herne
Seit 2006 Mitglied im Kinder- und Jugendrat NRW
Schwierigkeiten und Probleme
• Kein Stimmrecht in den jugendrelevanten Ausschüssen
• Gute Projektideen scheitern aus finanziellen Gründen
• 15 Stunden Stelle der Hauptamtlichen Kraft reicht für optimale Arbeit nicht aus
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Jennifer Thürmer, Bund der
Deutschen Katholischen
Jugend (BDKJ)
Partizipation in der verbandlichen
Kinder- und Jugendarbeit
Partizipation, was verstehen wir darunter?
Partizipation wird gemeinhin als Beteiligung, Teilnahme, Mitwirkung,
Mitbestimmung bzw. Einbeziehung
verstanden.
Je nach dem aus welcher Sicht man
diese Thematik betrachtet, kann
man sie zwar anderes definieren,
wie in der Soziologie zum Beispiel,
als Einbindung von Individuen in
Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse, trotzdem bleibt der
Grundinhalt, der Mitbestimmung
und Eigeninitiative in allen Definitionen erhalten.
In der verbandlichen Jugendarbeit
kommen besonders zwei Richtungen
des Partizipationprinzipes zum Tragen:
• Zum einen wäre das die Teilhabe
und Mitgestaltung bei politischen und gesellschaftlichen
Entscheidungen
• Zum anderen bei verbandsinternen Entscheidungsprozessen
(wie Aktionsplanungen und
Wahlen)
Unter diesen Umständen halte ich
gerade die Verbandsarbeit, geeignet
dafür Kindern und Jugendlichen die
Strukturen einer Demokratie beizubringen und zu lernen demokratisch
zu handeln.
Partizipation durch die verbandsinterne
Entscheidungsprozesse
In einem Jugendverband engagieren
sich Kinder und Jugendliche, sie lernen einen Vorstand zu wählen und
Interessen zu vertreten. So lernen
sie am eigenen Leib wie Demokratie
funktioniert. Sie lernen eine Diözesanleitung zu wählen, die Verantwortung für den Verband übernimmt
und sie lernen diese zu kontrollieren. Als Diözesanleitung geben wir
auf unseren Versammlungen einen
Bericht über unsere Arbeit ab. Die
Mitglieder können diesen beraten
und entscheiden, ob sie mit dem
Verbandskurs einverstanden sind.
Warum ich die Partizipation der Kinder und Jugendlichen
gerade in der Verbandsarbeit sehe
An dieser Stelle werde ich mich
besonders auf die Arbeit des CAJ
DV Paderborn beziehen, da mir die
Tragweite der Kinder- und Jugendpartizipation dieser Institution aus
eigener Erfahrung bekannt ist. Meinem Wissen nach unterscheidet sich
diese Arbeit allerdings nicht grundlegend von der anderer Verbände.
Bei uns steht die Mitbestimmung, gestaltung und –arbeit der Jugend-
lichen an erster Stelle. Alles was
bei und von der CAJ geschieht wird
von Mitgliedern entwickelt, gestaltet und umgesetzt. Unsere Rolle als
Diözesanleitung besteht darin, Anregungen zu geben, Interessen zu
bündeln, bei Konflikten gemeinsam
mit den Beteiligten nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen und das
was die Verbandsidee ausmacht im
Verband und nach außen zu vertreten. Wir haben Verantwortung
23
und werden Bildungsmaßnamen,
Gruppenleiterkurse und Aktionen
durchzuführen, damit der Verband
lebendig ist und bestehen kann.
Wie beispielsweise unsere alljährliche Frühjahrsaktion, in diesem Jahr
„Klima sucht Schutz“. Aber ob und
wie diese durchgeführt wird, wird
zusammen mit den Jugendlichen an
einem dafür vorgesehenen Wochenende erarbeitet. Wenn dieses Thema
allerdings von vorne herein abgelehnt wird, kann es allein dadurch
schon nicht stattfinden, da einfach
niemand zu diesem Wochenende erscheint.
Des Weiteren wollen wir ein Bezirksteam, welches aus jeweils zwei
Delegierten der ortansässigen Gruppen und Treffs, sowie zwei Mitgliedern der Diözesanleitung besteht,
ins Leben gerufen haben. Dieses
Bezirksteam fördert nicht nur die
Vernetzung der Gruppen/Treffs untereinander, sondern ihm sollen
auch thematische Aufgaben zuteil
werden, wie die eigenständige Gestaltung einer Herbstaktion. Dass
diese Grundsätze nicht nur theoretisch zum Tragen kommen, sondern auch in der Praxis umgesetzt
werden, kann ich aus meinen per-
sönlichen Erfahrungen heraus bestätigen. Wirklich nichts wird ohne die
Zustimmung und Unterstützung der
Jugendlichen beschlossen. Egal, ob
es um Projektplanungen, die Wahlen
des Vorstandes oder die Auswahl von
Delegierten für verbandsübergreifende Gremien geht. Hinzukommt,
dass man als Jugendlicher bei der
CAJ selbst das Gefühl hat, was bewirken zu können und gehört zu
werden.
Partizipation durch Beteiligung an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen
Die CAJ sitzt in keinem Parlament,
wir sind keine Abgeordnete. Aber
wir wollen etwas und nutzen die
Möglichkeiten, die ein Verband bietet, um unsere Anliegen deutlich zu
machen. Unser Weg ist über öffentliche Aktionen Einfluss auf politisch
Verantwortliche und die Gesellschaft
zu nehmen. Auch wenn wir oft nicht
viele sind, ist es für uns wichtig
nach außen zu gehen. So haben wir
im Dezember als alles in Siegen nur
auf den Weihnachtsmarkt strebte
eine Demo gemacht und Postkarten
verteilt, um auf die Probleme Jugendlicher Arbeitsloser aufmerksam
zu machen.
Vor Wahlen machen wir ebenfalls
Aktionen. Diese machen wir in der
Regel mit den anderen katholischen
Jugendverbänden im BDKJ gemeinsam. Wir laden PolitikerInnen ein,
damit wir ihnen sagen können was
wir denken und damit wir sie kennen
lernen. Bei Wahlen ist es leicht, ei-
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nen Politiker/eine Politikerin bis in
eine Gruppenstunde zu bekommen.
Sind die Wahlen dann vorbei, haben
die PolitikerInnen anscheinend kein
Interesse mehr an uns. Sie sollen ja
dann auch für uns im Parlament arbeiten. Klappte das Zusammenspiel
zwischen Verbänden und Politikern
besser, brauchten wir auch nicht so
oft protestieren.
Aber wir halten es nicht nur für
wichtig zu sagen, wofür oder wogegen wir sind. Wir halten es auch
für wichtig zu handeln und selbst
Zeichen in der Gesellschaft zu setzen. Ein meiner Meinung nach gutes Beispiel hierfür ist immer wieder
die Aktion des CAJ DV, Essen, dem
„Kohlenkick“.
Bei dieser Aktion ging es darum einen Ausbildungsplatz zu finanzieren. Die Jugendlichen und die DL,
der Diözese Essen, beschäftigten
sich zu dieser Zeit mit dem Problem
des Ausbildungsplatzmangels. Aber
anstatt nur darüber zu informieren
und zu reden, nahmen sie sich dem
Problem an und finanzierten einen
Ausbildungsplatz für einen jungen
Menschen durch ein Fußballturnier.
Direkt in politischen Gremien sind
wir über unseren Dachverband den
BDKJ vertreten. Wir wählen hier
VertreterInnen, die unsere Interessen zum Beispiel im Jugendhilfeausschuss oder in Gesprächen mit
Politikern vertreten. Wir fahren also
zweigleisig. Wo es möglich ist, schicken wir VertreterInnen in politische
Gremien, wenn es nötig ist, machen
wir Aktionen. Das alles klappt nur,
weil wir uns in einem Jugendverband zusammengeschlossen haben.
Ich persönlich kann dabei viel lernen und ich kann etwas bewegen.
Oft nur im Kleinen. Aber es macht
Sinn.
Zusammenfassung der
Diskussion
Norbert Czerwinski
In der Diskussion brachten die TeilnehmerInnen verschiedene, recht
unterschiedliche Erfahrungen aus
kommunalen Zusammenhängen ein.
Übereinstimmend wurde festgehalten, dass Großstädte über 200.000
EinwohnerInnen für die Arbeit von
Kinder- und Jugendparlamenten
eher zu groß sind und sich eine
Arbeit auf Bezirksebene anbietet.
Übereinstimmung herrschte auch
bei der Einschätzung, dass der Erfolg
von Jugendparlamenten entscheidend davon abhängt, dass die Arbeit
seitens der Verwaltung aktiv begleitet wird und seitens der Politik die
Beschlüsse des Jugendparlaments
ernst genommen werden. Das bestätigte auch die Bertelsmann-Stiftung
mit ihrer dringenden Handlungsempfehlung, dass die Einrichtung
solcher Partizipationsmodelle in
eine kommunale Beteiligungsstrategie eingebettet sein muss. Hierzu
gehören auch Information und Qualifizierung der Beteiligten, ein guter
Mix an Beteiligungsformen und die
Einbindung von Vereinen und Verbänden. In der Diskussion wurde
die vermeintliche Konkurrenz von
Jugendparlamenten und Jugendverbänden vehement bestritten. Beides
kann sich sehr gut ergänzen und
stellt unterschiedliche Angebote zur
Beteiligung dar. Allerdings müsse
man aufpassen, nicht gegeneinander ausgespielt zu werden. Übereinstimmend wird festgestellt: Es gibt
nicht den Königsweg der Partizipation. Anzustreben ist ein Beteiligungs-Mix aus unterschiedlichen,
sich ergänzenden Formen.
Deutlich wurde in der Diskussion
auch, dass es Änderungen in der
Gemeindeordnung braucht, damit
junge Menschen sich z.B. als sachkundige BürgerInnen einmischen
können oder Beschlüsse eines Jugendparlaments die notwendige
Aufmerksamkeit erhalten. Der grüne
Antrag, der u.a. genau dies forderte,
wurde im März 2007 im Plenum abgelehnt. Die kinder- und jugendpolitische Sprecherin Andrea U. Asch
stellte zum Ende des Fachgesprächs
fest: „Beteiligung braucht Rechte.
Jugendliche erkennen sehr wohl,
wo ihnen nur Lippenbekenntnisse
angeboten werden.“
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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
14. Wahlperiode
Drucksache
14/2871
07.11.2006
Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zukunft für die Demokratie
Kinder und Jugendliche stärker beteiligen
In den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein dafür gewachsen, dass unsere Demokratie
die Rechte und Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker berücksichtigen muss. Der
nordrhein-westfälische Landtag hat deshalb den Kinderrechten Verfassungsrang eingeräumt
(Art. 6). Die EU-Kommission hat im Juli dieses Jahres erste Überlegungen zu einer EUKinderrechtsstrategie angestellt.
Kinder und Jugendliche dürfen aber nicht nur Objekte verwaltungsmäßiger oder politischer
Prozesse sein. Eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbst bei der Formulierung und Durchsetzung ihrer Interessen ist notwendig. Die UN-Kinderrechtskonvention
verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, die Meinung des Kindes in allen das Kind berührenden Angelegenheiten angemessen zu berücksichtigen (Art. 12).
In Deutschland sind durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz Mitwirkungsrechte auf Landesund kommunaler Ebene institutionell verankert. Etliche Kommunen haben Kinder- und Jugendparlamente eingeführt. Darüber hinaus ergänzen neue temporäre Formen der Beteiligung in Initiativen oder Projekten, wie z. B. Planungen im Stadtteil oder von Veranstaltungen
längerfristige Beteiligungen.
Die LBS-Studie zur Partizipation von Kindern von September 2006 zeigt, dass nur ein Viertel
der befragten Kinder Kenntnis von diesen Mitwirkungsangeboten hat. Gleichzeitig wünscht
sich eine deutliche Mehrheit, stärker einbezogen zu werden.
Partizipation leistet einen Beitrag zur politischen Sozialisation der nachwachsenden Generation, wirkt politischen Desintegrationstendenzen entgegen und sichert so die Zukunft der
Demokratie in Deutschland. Deshalb ist eine Offensive für mehr politische Beteiligung sinnvoll und notwendig. Dabei müssen die Jugendlichen in ihrem Engagement ernst genommen
werden. Gerade bei der Beteiligung an den Volksinitiativen zu zentralen Fragen der Kinderund Jugendförderung mussten viele Jugendliche jedoch leider erleben, dass ihre aktive Rolle
in der Demokratie nicht zur Umsetzung der Forderung führte. Jugendliche, die in Kinder- und
Jugendparlamenten mitarbeiten, sind enttäuscht, wenn sie erfahren, dass in NRW nur volljährige Personen als sachkundige BürgerInnen in den "ordentlichen Gremien" mitarbeiten
dürfen - im Gegensatz zu Brandenburg, Baden-Württemberg und weiteren Bundesländern.
Datum des Originals: 07.11.2006/Ausgegeben: 07.11.2006
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv
des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter
www.landtag.nrw.de.
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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 14. Wahlperiode
Drucksache 14/2871
Demokratie fällt nicht vom Himmel, sondern muss gerade auch in unserem Bildungssystem
erfahrbar und erlernbar sein. Mit dem neuen Schulgesetz wurde die Drittelparität in der
Schulkonferenz ohne fachliche Begründung nach nur einjähriger Existenz wieder abgeschafft. Sie ist aber eine wichtige Voraussetzung für tatsächliche Partizipation und ein Zeichen für die Bedeutsamkeit demokratischer Prozesse in der Schule. Wer Verantwortungsübernahme und Selbstständigkeit will, kann auf Teilhabe und Partizipation nicht verzichten.
Nordrhein-Westfalen beteiligt sich am Programm der Bund-Länder-Kommission für Bildungsfragen (BLK) "Demokratie lernen und leben", dessen Hauptziele die Förderung von demokratischer Handlungskompetenz und die Entwicklung einer demokratischen Schulkultur sind.
Die erfolgreichen Modelle schulischer Partizipation, die im Rahmen dieses Programms entwickelt wurden, müssen allen Schulen in Nordrhein-Westfalen zugänglich sein.
Eine Offensive für mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen richtet sich an eine Reihe
von Beteiligten: Land, Kommunen, Schulen, Kinder- und Jugendhilfe.
Eine Absenkung des Wahlalters sowie eine verstärkte Mitwirkungsmöglichkeit auf kommunaler Ebene sollten flankiert werden von Qualifizierungen in der politischen Bildung.
Die Landesregierung wird beauftragt,
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Vorschläge für eine Absenkung des aktiven Wahlalters auf Landesebene auf 16 Jahren
zu erarbeiten,
bei der Reform der Gemeindeordnung die Verankerung von Beteiligungsrechten von
Kindern und Jugendlichen vorzusehen, die sich an den Kommunalverfassungen in Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein orientiert,
bei der Reform der Gemeindeordnung die Begrenzung auf volljährige Personen für die
Mitarbeit als sachkundige BürgerInnen in kommunalen Gremien ersatzlos zu streichen
(wie in Brandenburg und Baden-Württemberg),
die Beteiligungsmöglichkeiten von Mädchen besonders zu berücksichtigen und zu fördern,
die Landesjugendämter zu unterstützen, einen kommunalen Austausch der Beteiligungsformen zu organisieren und Qualifizierungsangebote für Kinder und Jugendliche sowie
für MitarbeiterInnen der Kommunalverwaltungen anzubieten,
die Drittelparität in der Schulkonferenz wieder einzuführen,
die Möglichkeiten altergerechter Teilhabe für Schülerinnen und Schüler auch im Primarbereich auszubauen,
die im Rahmen des BLK-Programms "Demokratie leben und lernen" erprobten Modelle
der Partizipation für alle Schulen in Nordrhein-Westfalen zugänglich zu machen,
ein Konzept zu erarbeiten, wie Schulen verstärkt zur Behandlung von kommunalpolitischen Themen und zum Austausch mit Gremien vor Ort angeregt werden können,
im nächsten Kinder- und Jugendbericht einen besonderen Focus auf die verschiedenen
Partizipationserfahrungen zu legen,
dem Landtag bis Mitte 2007 über die Ergebnisse der Beratungen zu berichten, damit anschließend konkrete verbindliche Maßnahmen ergriffen werden können.
Sylvia Löhrmann
Johannes Remmel
Andrea Asch
Horst Becker
Sigrid Beer
und Fraktion
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