Ausbau U 3 Kleine Kinder – große Herausforderungen

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Ausbau U 3 Kleine Kinder – große Herausforderungen
Ausbau U 3
Kleine Kinder –
große Herausforderungen
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4
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
7
Bild vom Kind
9
Vorüberlegungen
10
Die ErzieherIn in der U3-Gruppe
11
Personelle Bedingungen
11
Positive Aspekte der Altersmischung
13
Kritische Anmerkungen zur Altersmischung
15
Raumgestaltung
15
Welche Spielmaterialien sind für
U3-Kinder empfehlenswert?
25
Der Tagesablauf – Notwendige Strukturen
und Flexibiltät
30
Eltern als Partner
32
Gestaltung der Eingewöhnung
32
Was gibt es alles zu bedenken?
Wichtige Bausteine der Eingewöhnung
36
Fazit
40
Literatur, Medien, Internet
42
5
6
Einleitung
„Der Besuch einer Kinderkrippe führt zu größeren Bildungschancen
und erhöht das Lebenseinkommen nachhaltig.“ Zu diesem Ergebnis
kommt eine von der Bertelsmannstiftung beim „Schweizer Büro für
Arbeits- und sozialpolitische Studien“ in Auftrag gegebene Untersuchung. Der Studie zufolge hat die frühkindliche Bildung einen
hohen Einfluss auf den späteren Bildungsweg. Für den Durchschnitt
der Kinder aus den untersuchten Jahrgängen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, von 36 Prozent auf
rund 50 Prozent, wenn sie vorher eine Krippe besucht haben.
Quelle: BASS1
1
Schweizer Büro für Arbeits- und sozialpolitische Studien
7
Die Stadt Frankfurt am Main hatte anlässlich der Einführung altersübergreifender Kindergartengruppen für Kinder ab 1 Jahr bis 6 Jahren die Fachhochschule Frankfurt am Main mit der wissenschaftlichen Begleitung der zweijährigen Erprobungsphase beauftragt.2
In den Ergebnissen wurde deutlich, dass die Kinder, die eine Krippengruppe oder U3-Gruppe besuchten, weniger aggressiv waren.
Sie entwickelten ein positives Selbstbild, erlernten Normen und
Gruppenregeln über das unmittelbare Erleben im Gruppenalltag.
- Doch wie sollte so eine Krippe oder Familiengruppe konzipiert sein, um zu einem solch positiven Ergebnis zu führen?
- Können Kindergärten die U3-Kinder einfach aufnehmen und
es „läuft“ dann schon?
- Was erwarten Eltern von einer guten Bildung, Erziehung und
Betreuung für U3-Kinder?
- Welche Qualifizierung benötigt das Fachpersonal und wie
viel Fachpersonal benötigt eine Krippe oder Familiengruppe?
- Welche pädagogischen Angebote brauchen U3-Kinder?
- Wie stattet man Räume für U3-Kinder aus?
- Welche Auswirkungen hat die Aufnahme von U3-Kindern auf
die Konzeption und welche Sicherheitsaspekte müssen berücksichtigt werden?
Diese Fragen und sicher noch eine Vielzahl mehr stellen sich Träger
und Kindertagesstätten, bevor sie den Entschluss fassen, U3-Kinder
aufzunehmen.
Wir wollen einen ersten Überblick geben, Für und Wider ansprechen
und weiterführende Literaturempfehlungen bündeln.
2
Die Ergebnisse sind im Fachhochschulverlag Frankfurt Riemann & Wüstenberg
2004 veröffentlicht worden
8
Sehr bedeutsam ist aus unserer Sicht das Bild vom Kind
Das Bild vom Kind beschreibt unsere Sicht, wie ein Kind ist, was ein
Kind zu seiner Entwicklung braucht.
Die Vorstellung vom Kind als „unbeschriebenes Blatt“, das von uns
Erwachsenen langsam durch Erziehen und Lenken beschrieben
wird, findet man noch oft vor. Aus dieser Sicht resultiert, dass nur wir
als Erwachsene wissen, was gut und richtig ist, was förderlich ist für
die Entwicklung. Hier wird Erziehung und Bildung als von Erwachsenen vorgegebener und gesteuerter Prozess gesehen.
Die aktuellen Ergebnisse der Säuglingsforschung sprechen nun vom
kompetenten Säugling, der von der Geburt an mit allen Kompetenzen ausgestattet ist, die er für seine Weiterentwicklung benötigt. Die
Hirnforschung und die Säuglingsforschung der vergangenen Jahre
haben zu einem Paradigmenwechsel geführt. In der Folge wurde
das alte Bild vom Kind abgelöst und wir sehen nun das Kind als
„Akteur seiner Entwicklung“, denn …
- Kinder haben Lust, die Welt zu entdecken,
- der Säugling lernt von Geburt an durch Interaktion mit Erwachsenen (Windeln wechseln, Gute-Nacht-Geschichte),
- wir sehen ihn als „kompetenten Säugling“,
- jedes Kind entwickelt sich individuell, in seinem eigenen
Tempo,
- die Bewegung / Tätigkeit ist Motor seiner Entwicklung,
- der Erwachsene unterstützt die Eigenaktivität, ermöglicht
Raum und Zeit,
- das Kind benötigt fürsorgliche, wohlwollende und feinfühlige
Erwachsene,
- das Kind benötigt Halt und stabile Bindung von Erwachsenen,
- die Kinder benötigen auch gleichaltrige Spielpartner, die
Mischung aus Einfach- und Mehrfachkontakten soll stimmen.
9
Vorüberlegungen
Die Öffnung einer Gruppe für Kinder U3 berührt alle Bereiche der
Arbeit in der Kindertagesstätte. Die Reduzierung der Gruppengröße,
Personalplanung, Dienstplangestaltung sowie Aufnahmekriterien der
U3-Kinder und die Gruppenzusammensetzung sind im Vorwege genau zu betrachten. Gegebenenfalls ändert sich durch die Öffnung für
U3-Kinder die soziale Zusammensetzung. Das Raumkonzept ist zu
erstellen und das Außengelände sowie das Spielmaterial sind in
Punkto Sicherheit zu prüfen. Weiterhin ist das Konzept der Einrichtung zu verändern, das Team auf die neuen Aufgaben vorzubereiten
und die ErzieherInnen der Gruppe sind fortzubilden. Insgesamt stellt
die Öffnung für U3-Kinder eine große professionelle Herausforderung für das ganze Team dar.
10
Die ErzieherIn in der U3-Gruppe
An das Fachpersonal in der U3-Gruppe werden sehr hohe Anforderungen gestellt, denn Kinder dieser Altersgruppe sind existentiell
darauf angewiesen, das die Erwachsenen ihre Signale verstehen.
Darüber hinaus soll die ErzieherIn Entwicklungsbegleiterin des Kindes sein und ihm vielfältige Erfahrungsbereiche ermöglichen.
Eine ErzieherIn in der U3-Gruppe benötigt:
- eine spezielle Qualifikation zur Fachkraft U3 oder Fort- und
Weiterbildung,
- umfassendes Wissen über die Entwicklung des Säuglings
und Kleinkinds,
- Einfühlungsvermögen, Feinfühligkeit, Wissen über die Welt,
- Achtung und Respekt vor der Würde des Kindes,
- Wertschätzung,
- Offenheit und Mitgefühl,
- eine geschulte Wahrnehmung, um die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen,
- Empathie, um bei der Kontaktaufnahme und Konfliktbewältigung zu unterstützen, um Trost zu spenden,
- Authentizität, um den sehr hohen Anforderungen gerecht zu
werden.
Personelle Bedingungen
Die Personalausstattung in der U3-Gruppe wird geregelt durch das
Kindertagesstättengesetz (KiTaG) und die Landesverordnung über
Mindestanforderungen für Kindertagesstätten (MinVo).
Bei der Personalausstattung ist zu berücksichtigen, dass …
- die Kinder verlässliche Ansprechpartner benötigen,
- kontinuierlich gleiche Bindungspersonen anwesend sind,
- durch „Binnendifferenzierung“ gezielte Angebote für
unterschiedliche Altersgruppen realisiert werden,
11
aus:
Vor- und Nachbereitungszeit zur Verfügung steht,
Fort- und Weiterbildung unerlässlich sind.
Landesverordnung über Mindestanforderungen für den
Betrieb von Kindertageseinrichtungen und für die Leistungen
der Kindertagespflege (Kindertagesstätten- und -tagespflegeverordnung - KiTaVO) vom13. November 1992, letzte
Änderung vom Juli 2007
§5
Krippen
(1)
Werden Kinder unter drei Jahren in einer eigenständigen Krippeneinrichtung oder gesondert in
einer Krippengruppe gefördert, sollen
1. für die Leitung der Einrichtung eine Fachkraft
nach § 2 Abs. 1 Nr. 1,
2. für die Leitung einer Gruppe eine Fachkraft
nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und eine weitere Kraft
nach § 2 Abs. 1 Nr. 2
tätig sein.
(2)
Die Gruppengröße soll nicht mehr als zehn Kinder
betragen.
§8
Besondere Gruppenzusammensetzungen
(3)
In altersgemischten Gruppen mit Kindern, die das
dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
verringert sich die Gruppengröße nach § 6 Abs. 2
Satz 1 um jeweils einen Platz je aufgenommenem
Kind unter drei Jahren. In altersgemischten
Gruppen mit drei und mehr Kindern, die noch nicht
das dritte Lebensjahr vollendet haben, ist neben
einer Fachkraft eine weitere Kraft nach § 2 Abs. 1
Nr. 2 erforderlich.
12
Positive Aspekte der Altersmischung
Die Altersmischung von 0 bis 6 Jahren stellt hohe Anforderungen an
das Fachpersonal. Die ErzieherInnen haben die Aufgabe, die individuellen Bedürfnisse aller Altersstufen zu berücksichtigen. Die
Altersmischung von 0 bis 6 Jahre bietet …
- den Kindern mehr Reize,
- großes Entwicklungspotential für Krippenkinder,
- Beziehungsaufbau zu anderen Kindern,
- Orientierung an Anderen,
- Lernen in Kleingruppen,
- die Möglichkeit, Rücksichtnahme zu erlernen,
- mehr Motivation durch Anteilnahme und Lob über Fortschritte,
- den Kleinen die Möglichkeit, von den Großen zu lernen.
Untersuchungen3 zur Altersmischung haben gezeigt, dass …
- die Kinder weniger aggressiv sind,
- die Kinder sich schneller zur Selbständigkeit entwickeln (alltagspraktische Dinge),
- die Kinder eine problemlosere Sauberkeitsentwicklung erleben,
- Kinder schneller Laufen lernen,
- Kinder schneller sprechen lernen, durch Vorbilder und durch
mehr sprachliche Zuwendung,
- die Kinder ein positiveres Selbstbild entwickeln,
- Kinder ihre soziale Rolle anders erleben,
- die Großen einfache Gruppenregeln und Normen vermitteln,
3
Die Stadt Frankfurt am Main hatte anlässlich der Einführung altersübergreifender
Kindergartengruppen für Kinder ab einem Jahr bis sechs Jahren die Fachhochschule Frankfurt am Main mit der wissenschaftlichen Begleitung der zweijährigen
Erprobungsphase beauftragt. Die Ergebnisse sind im Fachhochschulverlag Frankfurt (Riemann & Wüstenberg 2004) veröffentlicht worden.
13
-
die Großen spontan auf die Kleinen reagieren, ohne
pädagogischen Auftrag,
die jüngeren Kinder ihre Reize in der Regel selbst regulieren,
indem sie sich bei Überforderung entziehen.
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Kritische Anmerkungen zur Altersmischung
Kritische Anmerkungen zur Altersmischung sind, dass …
- im Alltag altersspezifische (z. B. eine sichere Aktions- und
Experimentierzone für die großen Kinder) oder individuelle
Bedürfnisse übersehen werden können,
- Krippenkinder lange die „Kleinen“ bleiben - eine ausgewogene Altersmischung ist zu beachten,
- sie unter Umständen mit Zuneigung „erdrückt“ werden,
- sie oft zu wenig Platz haben,
- ihnen oft der Platz für Rückzug und Ruhe fehlt,
- es wenige gemeinsame Aktivitäten in altershomogenen
Gruppen gibt.
Raumgestaltung
Die Reggio-Pädagogik sagt: „Der Raum ist der dritte Erzieher!“
Die Kindergärten sollten sich der Bedeutung der Gestaltung von
Räumen bewusst sein. Die Gestaltung des Raumes kann:
- Wohlbefinden oder Unwohlsein auslösen,
- zum Verweilen auffordern oder Flucht bewirken,
- anregend wirken oder langweilig sein,
- beruhigen oder aggressiv machen,
- zur Bewegung anregen oder Bewegung bremsen,
- zum Spielen einladen.
U3-Kinder brauchen Räume, die …
- sie auffordern zu aktivem Handeln, denn Aktivität ist der
Motor ihrer Entwicklung,
- zum experimentieren und erforschen anregen,
- sie zu Kontaktaufnahmen ermuntern,
15
-
zur Bewegung anregen,
beruhigend sind, sowie Entspannung und Rückzug ermöglichen.
Fotos Brillux
Farbe im Kindergarten - Ausgangspunkte für raumbezogene
Farbigkeiten 4
4
`
4
Fassaden von Kindergärten dürfen die Nutzung des Gebäudes passend zum Straßenbild signalisieren und sollen die
Kinder von Anfang an positiv stimmen. Eine farbliche
Akzentuierung in satten, leuchtenden Tönen setzt die entsprechenden Signale.
Info: www.brillux.de
16
`
Eingangsbereiche sind die Schleuse zwischen Eltern und
Kindergartenwelt. Der Abschied fällt in einem einladenden
Ambiente leichter. Warme, kräftige Töne leisten dies und
sind zudem unter praktischen Aspekten (Strapazierfähigkeit)
angezeigt.
`
Treppenhäuser werden für Kinder überschaubarer, wenn sie
deutlich farblich gegliedert sind.
`
Gruppenräume sollen anregen, aber nicht aufregen. Eine
schlichte Gestaltung mit mittleren Hellbezugswerten an den
Wänden empfiehlt sich. Bodenbeläge in den Spielbereichen
sollten, um Festigkeit zu vermitteln, nicht zu hell oder leuchtend und nur mit ruhigen Mustern gestaltet sein, um beim
Spiel auf dem Boden nicht visuell zu überfordern.
`
Schlafräume strahlen entspannende Ruhe aus, wenn sie
kontrastarm in gedeckten Tönen gehalten werden.
`
Sanitärräume werden deutlich attraktiver für die Kleinen,
wenn statt der Ablehnungsfarben Weiß und Grau fröhliche
Farbtöne zum Einsatz kommen – von der Tür bis zu Wänden
und der Sanitärkeramik.
`
Therapieräume, Sport- und Gymnastikräume profitieren von
kühleren Farben aus dem Blau- und Grünspektrum.
`
Verbotszonen, wie ErzieherInnen- oder Technikräume, lassen sich farblich dem Interesse der Kleinen entziehen, indem
die Türen in den Ablehnungsfarben gestaltet werden.
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Rot, Orange - Ja,
Grau, Weiß - Nein
Der Farbpsychologe
Heinrich Frieling hat untersucht, welche Farben
Kinder im Alter von fünf bis
acht Jahren bevorzugen
und welche sie ablehnen.
Sie bieten eine Orientierung für die farbige Raumgestaltung. Allerdings
sollten diese Farben auf
großen Flächen nur entsättigt oder in verwandten
Pastelltönen zum Einsatz
kommen.
Quelle: Brillux.de
18
Bei der Gliederung des Raums ist ausschlaggebend, ob er für eine
Krippengruppe oder eine altersgemischte Gruppe genutzt werden
soll.
In beiden Fällen ist es nützlich, den Raum durch verschiedene
Ebenen zu gestalten, z. B. mit Hilfe von Podesten. Hier gibt es die
Möglichkeit verschiedene Bodenbeläge zu integrieren (Kork, Holz,
Teppich, Gummi, Linoleum). Die Hersteller bieten viele Varianten
an, z. B. können Treppen, schiefe Ebenen, Sprossen usw. eingebaut werden.
Mit Hilfe von Raumteilern schafft man einzelne Funktionsecken.
Raumteiler sollten max. so hoch sein, wie das größte Kind. So erreicht man für die Kinder eine optische Trennung, die Erwachsenen
haben aber noch die Möglichkeit, den Raum zu überschauen. Den
gleichen Effekt erzielt man mit Paravents, Regalen, Baldachinen und
transparenten Stoffen. Bei der farblichen Gestaltung ist es sinnvoll
sich für eine Farbe je Spielbereich zu entscheiden und die Bereiche
dann auch gezielt zu beleuchten.
Bei der Einrichtung von Funktionsecken sollte beachtet werden,
dass die Bereiche nicht doppelt belegt sind und sich auch nicht
gegenseitig stören. So sollte z. B. die Bauecke nicht an einen Bereich mit intensiver Bewegung angrenzen oder auch mal abgeschirmt werden können vor den „Krabblern“. Hierfür erweisen sich
auch Möbel auf stabilen Rollen als sehr hilfreich.
Für die Gestaltung von Funktionsbereichen können Bilder der
„realen Welt“ benutzt werden. Es eignen sich Poster aus der Berufswelt z. B. von Bauwerken, Technik und der Natur zur Gestaltung.
Hierbei kann man den Kindern auch echte Künstler präsentieren.
Wichtig ist dabei: Immer auf Augenhöhe der Kinder anbringen!
19
Fotos Brillux
Welche Funktionsecken sind empfehlenswert?
Sinnesbereich
Kinder lernen ihre Welt mit allen Sinnen begreifen, das bedeutet für
den Kindergarten, auch möglichst Reize für alle Sinne anzubieten.
- Tastwände oder Tastpfade als verschiedene Wand- und
Bodenbeläge,
- Bällebad, Säckchen,
- Kräutersäckchen,
- Geschmackserlebnisse, bewusstes Essen,
20
-
Klangerlebnisse durch Klangspiele, einfache Instrumente
und Hörmemory.
Bewegung
Kinder benötigen ausreichen Platz für Bewegung. Daher benötigt
man nicht zu viele Tische und Stühle im Raum. Wichtig bei der Anschaffung ist, dass das Mobiliar leicht zu bewegen und ggf. höhenverstellbar ist.
- unterschiedliche Ebenen / Podeste zum Erklettern und
herunter springen,
- Treppen, Stufen, Leitern, Tunnel, schiefe Ebenen,
- Schaukeln, schwingen, kreiseln
21
Atelier
Es ist nicht wichtig, ob aus jedem Kind ein „Picasso“ wird, doch es
ist eine besondere Wertschätzung, wenn das Kind mit seinen Werken Spuren in seiner Welt hinterlassen kann. Daher ist es für Kinder
immer etwas Besonderes, wenn ihr Werk Beachtung findet und
eventuell in der Kindergalerie ausgestellt ist.
In einem gut ausgestatteten Atelier benötigt man einen Wasseranschluss und ausreichend Platz für …
-
malen in verschiedenen Körperhaltungen (sitzend, liegend,
stehend),
-
großflächiges Malen an der Staffelei und auf Plakatwänden,
-
arbeiten mit Kleister, Knete, Ton, Pappmache und Fingerfarben,
-
elementare Erfahrungen mit Wasser, Sand und Matsch,
-
diverses Naturmaterial wie Zapfen, Kastanien und Blätter.
Rollenspiele
Beim Rollenspiel gestaltet das Kind erlebtes, gehörtes und erfahrenes nach. Hier wird mit dem Spielpartner kommuniziert, verbal und
nonverbal.
22
Für Rollenspiele benötigen die Kinder z B. …
- diverse Verkleidungsutensilien für verschiedene Rollen,
männlich und weiblich,
-
Kleidung, die aufgehängt ist, denn dann ist der Aufforderungscharakter größer,
Hüte, Taschen, Schuhe, Tücher,
Schaffnerhut, Polizeimütze, Feuerwehrhelm, Bauarbeiterhelm,
diverse Haushaltsgegenstände wie Dosen, Schachteln,
Teller, Bestecke,
Gegenstände aus verschiedenen Kulturkreisen,
Handpuppen.
Jüngere Kinder benötigen hier das Material mehrfach. Sie können
noch nicht teilen und abgeben.
23
Raum für Rückzug und Schlaf
Der Zeitrhythmus der U3-Kinder unterscheidet sich deutlich von den
3 bis 6-Jährigen. U3-Kinder regulieren ihre Reize in der Regel noch
selbst durch Rückzug. Die Möglichkeit dafür zu schaffen, ist unsere
Aufgabe als Erwachsene. Manchmal kann es nötig sein, die U3-Kinder vor zu viel Trubel und Lautstärke abzuschirmen. Einige Kinder
schlafen mitten im Gruppenraum ein, andere brauchen dafür ihr
Bettchen.
24
Hier einige Anregungen:
- ausreichend Platz für die Ruhezone einplanen,
- ein Schlafraum mit Matratze für mehrere Kinder oder
mehrere Bettchen,
- dezentes, möglichst dimmbares Licht im Schlafraum,
- Spieluhr,
- Kuscheltiere,
- Verdunkelung, Sonnenschutz,
- Babyphone,
- Einblick in den Raum durch ein Fenster.
Welche Spielmaterialien sind für U3-Kinder empfehlenswert?
Für ein U3-Kind eignet sich beinahe jeder Gegenstand zum Spielen,
der erreichbar ist. Die Gegenstände werden mit Augen, Ohren,
Nase, Mund und Hand erforscht und entdeckt. Dem Kind geht es
darum, auszuprobieren, was man damit machen kann, wofür es sich
eignet. Dabei spielt der materielle Wert des Spielgegenstandes
keine Rolle. So wird aus fast jedem Alltagsgegenstand und wertfreiem Material ein Spielzeug.
Hier kommt den Erwachsenen eine besonders hohe Verantwortung
zu. Bevor eine Regelgruppe für U3-Kinder geöffnet wird, müssen die
Anforderungen an Bau und Ausrüstung hinsichtlich der Sicherheitsvorschriften überprüft werden. Zum Zeitpunkt der Erstellung des
Handouts liegen von der Unfallkasse Schleswig Holstein keine konkreten Richtlinien vor. Im Netz findet sich unter Bundesverband der
Unfallkassen ein Verweiß auf den Rheinischen Unfallverband
(Rheinischer GUVV).
Hier finden sich folgende Empfehlungen: „
25
Betreuungsmöglichkeiten von Kindern unter drei Jahren wurden in der
Vergangenheit nur in einem geringen Umfang in Nordrhein-Westfalen
angeboten. Inzwischen ist es politischer Wille, die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie zu gewährleisten. Die Möglichkeit Kinder unter drei Jahren
in Kindertageseinrichtungen anzumelden, führt deshalb zu erheblich höheren
Kinderzahlen der Jüngsten in den Einrichtungen.
Die Anforderungen an Außenflächen und Spielplatzgeräten müssen aufgrund
dieser veränderten Situation einer jüngeren Nutzergruppe unter dem Aspekt
der Sicherheit neu bewertet werden.
Bisher sind Spielplatzgeräte in Kindertageseinrichtungen nach dem Stand
der Technik - DI N EN 1176 - aufgestellt worden. In Deutschland bedeutet
dies, dass beispielsweise auf öffentlichen Spielplätzen die gesetzlich verankerte Verpflichtung besteht, Kinder unter 3 Jahren zu beaufsichtigen.
Erwachsene entscheiden über die Nutzung der Spielplatzgeräte.
Spielplatzgeräte im öffentlichen Raum und in Kindertageseinrichtungen sind
in der Regel so gebaut, dass erst für Kinder ab 3 Jahren gesicherte ergonomische Erkenntnisse vorliegen, die zur Festlegung von sicherheitstechnisch
relevanten Schutzmaßnahmen führen. Kinder, die deutlich älter als 3 Jahre
sind, können und dürfen erst selbstbestimmt auf Spielplätzen spielen. Dies
bedeutet, dass beim Spiel von Kindern unter 3 Jahren auf den Außenflächen
und Spielplatzgeräten eine besondere fürsorgliche Form der Aufsicht zu
gewährleisten ist.
Sicherheitstechnisch empfehlenswert ist es Spielbereiche, -flächen und
Spielplatzgeräte sowohl für unter Dreijährige als auch für Ältere vorzuhalten.
Dies wird in der Praxis jedoch nur in den seltensten Fällen möglich sein, da
oft die räumlichen Voraussetzungen fehlen und eventuell organisatorisch das
Problem entsteht an mehreren Orten gleichzeitig eine verstärkte Aufsicht
gewährleisten zu müssen.
Pädagogisch wünschenswert kann es sein, Spielbereiche und -flächen so zu
konzipieren, dass ein fließender Übergang von Flächen und Geräten angepasst an die kindliche Entwicklung und dem Alter der Kinder geschaffen wird.
Hier gilt es Lösungen zu finden, die den Spielwert von Flächen und Geräten
sowohl für die jüngsten als auch für Ältere gewährleisten.
Möglichkeiten für eine gemeinsame Nutzung der Spielfläche durch alle
Altersgruppen können sein:
26
• für einige Spielplatzgeräte bzw. -geräteteile wird der Zugang für Kinder
unter 3 Jahren erschwert
• bei leichtem Zugang für unter Dreijährige finden besondere Schutzmaßnahmen Anwendung
Besondere Schutzmaßnahmen Zugang erschwert
Zugänge an Einzelgeräten und Gerätekombinationen für Kinder unter 36
Monate gelten als erschwert, wenn zwischen der Spielebene und der
untersten Fußunterstützung ein Freiraum von 40 cm vorhanden ist. Dies wird
bei Leiteraufstiegen beispielsweise dadurch erreicht, dass die unterste
Sprosse nicht eingebaut wird.
Befinden sich Kinder unter 3 Jahren auf einer Plattform, von der sie das
Gerät weiter besteigen könnten, ist von der oberen Fläche der Plattform ein
Freiraum von 60 cm einzuhalten, um einen weiteren Aufstieg zu verhindern.
Absturzsicherung
Gerätekombinationen und Geräteteile, die für unter Dreijährige zugänglich
sind, müssen schon ab einer Höhe der Standfläche von 60 cm mit Brüstungen ausgestattet sein.
Treppen
Bei Geräten für Kinder unter 36 Monate müssen Handläufe schon an der
ersten Stufe vorhanden sein.
Rampen
Rampen, die für Kinder unter 36 Monate vorgesehen sind, müssen ab einer
Fallhöhe von 60 cm Brüstungen zur Absturzsicherung haben.
FangsteIlen für den Kopf
Bei der Prüfung von möglichen FangsteIlen für den Kopf sind die Prüfsonden
für Kinder unter 36 Monaten zu verwenden.
Schaukel
Schaukeln, die speziell für die Benutzung durch kleinere Kinder vorgesehen
sind, sollten von Schaukeln für größere Kinder räumlich voneinander getrennt aufgestellt werden. Es wird nachdrücklich empfohlen, Schaukelsitze
für Kleinkinder und Schaukelsitze für größere Kinder nicht miteinander zu
kombinieren.
aus: Rheinischer GUVV
27
Bei der Auswahl gilt es zu beachten, dass das Material …
- sich für Bewegung eignet,
- zum experimentieren auffordert,
- Sinneserfahrungen ermöglicht (z.B. verschieden Oberflächen, weiche und harte Gegenstände, Fühlbücher usw),
- nicht aus verschluckbaren Kleinteilen besteht und keine Verletzungsgefahr birgt.
Für Bewegung eignet sich:
- eine Hängematte,
- ein Trampolin,
- ein Klettergerüst,
- eine Treppe, eine Leiter,
- verschiedene Bälle, Ballons und Seile,
- eine Rutsche,
- diverse Matratzen,
- wertfreies Material wie z.B. Kartons, Rollen, Kegel.
Für die Entwicklung der Sinne eignen sich:
- Spiegel, Ganzkörperspiegel,
- Knete, Sand und Schaum,
- Bällebad, Massagebälle, befüllte Luftballons
- Kräuterkissen, Fühlkissen,
- Klanginstrumente,
- leere Plastikflaschen mit Verschluss, unterschiedlich befüllt.
28
Zum Bauen eignen sich:
- Kartons, PVC-Rohre,
- Holzbausteine,
- Duplo,
- Kissen, Decken, große Schaumstoffwürfel.
Zum Rollenspiel eignen sich:
- Kleidungsstücke für Jungen und Mädchen,
- Hüte, Taschen, Schuhe, Tücher,
- Haushaltsgegenstände (z. B. Besteck, Teller, Tassen,
Besen, Töpfe),
- Puppenwagen, Puppenbett,
- Handwerkszeug.
29
Zusätzlich kann man verschiedene Alltagsmaterialien, wie z. B.
Schüssel, Kanne, Löffel, Trichter, Messbecher, Taschenlampe und
Lupe, parat haben. Leere Plastikflaschen mit Verschluss eignen sich
sehr gut zum Befüllen unterschiedlicher Materialien.
Weiterhin ist es möglich, den Kindern Materialien zum Gestalten
anzubieten.
Hierfür eignen sich;
- Pappe, Papier, Leinwand, Tapete, Stoff, Leder,
- Korken, Kronkorken, Ton, Holz,
- Naturmaterial wie Rinde, Muscheln, Steine, Kastanien usw.
Der Tagesablauf - Notwendige Strukturen und Flexibilität
Der Tagesablauf in einer Gruppe mit U3-Kindern unterscheidet sich
deutlich von dem einer Regelgruppe mit Kindern von drei bis sechs
Jahren. Die ErzieherInnen haben die Aufgabe, den Tagesablauf
möglichst flexibel zu gestalten und sich hierbei an den aktuellen Bedürfnissen der U3-Kinder zu orientieren. Für U3-Kinder ist eine
unmittelbare Bedürfnisbefriedigung sehr wichtig. So kann es sein,
dass ein Baby in der Gruppe gerade sein Fläschchen bekommt,
während die größeren Kinder einen Begrüßungskreis machen oder
einer schönen Geschichte lauschen.
Je jünger die Kinder sind, umso unwichtiger ist es, bestimmte Dinge
zu festen Zeiten zu erleben. Sie orientieren sich vielmehr daran,
dass nach einem ersten Ereignis das Zweite folgt (Nachdem ich
mein Fläschchen bekommen habe, werde ich ein wenig herumgetragen und danach ins Bett gelegt.).
Diese Flexibilität birgt zum einen Vorteile für die Gruppe und erfordert aber auch eine flexiblere Arbeitseinteilung. Während einige Kinder schlafen, können sich die ErzieherInnen intensiv den Bedürfnissen der älteren Kinder widmen. Andererseits werden unter Umständen zusätzliche Helfer in Stoßzeiten benötigt.
30
Anforderungen an den Tagesablauf 5
Kernaussage
Hintergrund
Relevanz für
Verfügbarkeit einer
Person im Alltag
„Erdung“, Bereitstellung von
Möglichkeiten (!) zum Tun.
Je jünger die Kinder, desto
erwachsenenbezogener.
Träger:
Gruppengröße
Personalschlüssel
Deutliche Tagesstruktur
Gut gelebter Alltag (Rituale,
Wiederholungen), Orientierungen (besonders auszugestalten in offenen Einrichtungen).
Team:
Konzeption
Täglich gesicherte
individuelle Zeiträume für Bewegung
Ausdrucksformen von Zweijährigen.
Entwicklung von Denkstrukturen in der Bewegung (etwas
durchgehen, umkreisen).
Träger:
Raumprogramm
Team:
Konzeption
Raum und Rahmen
für Peerbeziehungen
Gleichrangigkeit der Kinder
als Entwicklungsimpuls.
Team:
Altershomogene
Angebote
Gezielte selbstbestimmte Begegnung
mit Älteren
Modell von Älteren als sozialer Entwicklungsimpuls.
Team:
Altersheterogene
Angebote
Binnendifferenzierung
Raum geben zum
Zuschauen, ungestörtes Erforschen
und Ruhen
Selbstgestaltetes Tun, Kinder
nicht bespielen. Zeit für Lernen durch Beobachtung und
Nachahmung.
ErzieherIn:
Innere Präsenz
Begleitendes
Zuschauen bestärkt Tun
5
aus "Integration Zweijähriger in Kindergärten, KiGa 2 Plus-Arbeitshilfe für Leitung
und Teams, Carl Link, Wolters Kluver Deutschland
31
Eltern als Partner
Eltern, die ihre Kinder in die Kindertagesstätte bringen, haben sich
schon im Vorfeld viele Gedanken gemacht. Sie haben Gespräche im
Freundeskreis und der Familie geführt und sicher eine Menge Für
und Wider zur Betreuung, Erziehung und Bildung außerhalb der
Familie gehört. Sie haben eigene Vorstellungen und Erwartungen
entwickelt. Häufig ist es die erste Trennung von den Eltern für eine
gewisse Zeit und ein bedeutender Schritt, das Kind fremden Personen anzuvertrauen. Daher ist es für die Kindertagesstätte von
großer Bedeutung schon die erste Begegnung mit den Eltern und
dem Kind sorgfältig zu planen, damit sie möglichst positiv verläuft.
Hier wird der Grundstein gelegt für eine gelingende Zusammenarbeit
für die nächsten Jahre, für den vertrauensvollen Austausch untereinander, für Achtung und Wertschätzung. Das Ziel sollte sein, dass
sich Eltern und Kinder gleichermaßen wohl fühlen.
Betrachten Sie die Eltern als Partner. Von ihnen können die
ErzieherInnen wertvolle Informationen über das Kind erhalten, über
Besonderheiten, Eigenheiten und Vorlieben, Krankheiten und den
bisherigen Entwicklungsverlauf. Das ausführliche Gespräch und der
Austausch mit den Eltern erleichtern den ErzieherInnen den Aufbau
von Vertrauen.
Nach der Aufnahme des Kindes wird die Aufgabe des Fachpersonals in den nächsten Tagen und Wochen sein, eine vertrauensvolle
Bindung zum Kind aufzubauen. Dies kann nur gelingen, wenn die
Eltern ein gutes Gefühl haben, ihr Kind in die Kindertagesstätte zu
bringen. Hierbei wird entscheidend sein, ob die Kindertagesstätte
mit ihrem Konzept, ihrer Professionalität und Authentität überzeugen
konnte.
Gestaltung der Eingewöhnung
„Die Bindungstheorie (...) versteht Bindung als ein „gefühlsmäßiges
Band“, das zwischen dem Kind und seinen engsten Bezugsperso-
32
nen im Laufe der ersten Lebensmonate entsteht“6. Der Aufbau einer
sicheren Bindung zum Kind erfordert eine präzise Zeitplanung.
Eltern benötigen für ihre Planung sehr frühzeitig die Information,
dass die Eingewöhnung ca. ein bis zwei Wochen oder auch länger
dauern kann und sie in dieser Zeit intensiv gefordert sind.
Eine gute Grundlage für die Gestaltung der Eingewöhnung ist „Das
Berliner Eingewöhnungsmodell“ (s. Seite 34 bis 35).
Für Klarheit und Sicherheit auf beiden Seiten (Eltern und Kinder) ist
es empfehlenswert, das Berliner Eingewöhnungsmodell zum Bestandteil des Betreuungsvertrages zu machen.
6
John Bowlby/Mary Ainsworth, D. Salter „Frühe Bindung und kindliche Entwicklung"
33
Das Berliner Eingewöhnungsmodell
34
35
Für Träger ist hier weiterhin zu beachten, dass es bei der Eingewöhnung von U3-Kindern nicht sinnvoll ist, zeitgleich mehrere Kinder in kurzer Zeit aufzunehmen. Die ErzieherIn benötigt ca. zwei
Wochen zum Aufbau einer stabilen Bindung zu einem Kind. In dieser Zeit kann sie keinem weiteren Kind zur Eingewöhnung zur Verfügung stehen. Das bedeutet für die Kindertagesstätten, dass die
Aufnahme der Kinder über mehrere Wochen verlaufen wird, es aber
auch einer präzisen Vorplanung und Absprache mit den Eltern bedarf.
Für die Praxis kann es sehr hilfreich sein, die anstehenden Aufgaben und wen sie betreffen in einer klaren Übersicht festzuhalten.
Hier ein Beispiel dazu:
Was gibt es alles zu bedenken? Wichtige Bausteine der Eingewöhnung: 7
Wen betrifft's?
Eltern
Welche Aufgaben
stehen an?
Haben die Eltern genug
Informationen erhalten?
Wissen sie, was auf sie
und ihr Kind zukommt?
(Beispiel siehe Download
www.kindergartenheute.de)
7
aus: kindergarten heute 6 - 7/2008
Laewen/Andres, 1990, S. 23
36
Mögliche Aktionen/
Methoden
Elternbrief: Kurzinformation über Hintergrund und
Ablauf der Eingewöhnungsphase,
Informationsabend (ca. 8
bis 10 Wochen vor dem
Aufnahmetag): Vermittlung von Ablauf und
Gestaltung der Eingewöhnungsphase
Welche Aufgaben
stehen an?
Mögliche Aktionen/
Methoden
Eltern und Kind
Kennen lernen / gemeinsame positive Grundlage
schaffen Eltern und Kind
Gelegenheit bieten, sich
vorab schon mal mit
Räumen und Personen
vertraut zu machen
Aufnahmegespräch mit
der einzelnen Familie:
Besonderheiten der
Kinder erfragen, individuelle Absprachen treffen
(im Anschluss an den
Informationsabend),
Spielnachmittage für das
Kind in Begleitung der
Eltern (ca. 2 bis 4 Wochen
vor dem Aufnahmetag)
Team und Eltern
Aufnahmeplanung
Beispiel-Formular
s. „kindergarten heute"
05/08
Wen betrifft's?
Festlegung der BezugserzieherIn
Team
Team und Kinder
BezugserzieherIn
Eltern und
BezugserzieherIn
Personalplanung
Dienstplangestaltung
Kita-Gestaltung:
Rückzugsmöglichkeiten
für die Eltern schaffen
Einstimmen der
Gruppenkinder auf die
bevorstehende Situation
Dokumentation der Eingewöhnungszeit
Rückblick und Austausch
Grundstein zukünftiger
Zusammenarbeit
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Kita-Gestaltung:
Aufenthaltsmöglichkeit
(Wohlfühl-Ecke) in der
Nähe des Gruppenraumes einrichten
Gespräch mit den Kindern
der von der Eingewöhnung betroffenen Gruppe
Führen eines
Eingewöhnungstagebuchs
Reflexionsgespräch
mit den Eltern
(im Anschluss an die
Eingewöhnungsphase)
In der Eingewöhnungsphase wird die ErzieherIn sensibel Kontakt
zum Kind aufnehmen, beobachten, Gewohnheiten kennen lernen
und ständig präsent sein.
Viele Kindergärten haben für die Eltern zur Vorbereitung auf die
Eingewöhnung ihre Regeln schriftlich festgehalten. Das schafft
Sicherheit auf beiden Seiten.
Die Regeln zur Eingewöhnung können z. B. so aussehen:
Die 10 goldenen Regeln meiner Eingewöhnung8
Liebe Mama, lieber Papa,
in meiner ersten Kindergartenzeit helft ihr mir am meisten,
wenn ihr mir zu Hause schon erzählt, was mich in meinem
Kindergarten alles erwartet.
Es ist wichtig, dass ihr überzeugt davon seid, dass ein Kindergartenbesuch gut für mich ist.
Es beruhigt mich am Anfang, wenn ich weiß, dass ihr in dieser Zeit bei mir bleibt.
Ich will allein entscheiden, wann und mit wem ich spielen
möchte. Vielleicht brauche ich Zeit, um die anderen Kinder
zu beobachten und mich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
Wenn ihr weggeht, seid ehrlich zu mir: Eine genaue Absprache ist besser, als falsche Hoffnungen zu wecken.
Auch wenn ich weine, verabschiedet euch bitte kurz von mir
- ich werde ganz bestimmt getröstet!
Wenn ihr beunruhigt seid, ruft doch einfach nach 10 Minuten
in der Kita an; wahrscheinlich spiele ich dann schon längst.
Wenn es mir schlecht geht, rufen euch meine Erziehrinnen
an.
8
Quelle: mit freundlicher Genehmigung der WABE e. V., Hamburg
38
Damit ich mich gut eingewöhnen kann, ist es wichtig, dass
ich regelmäßig in die Kita gehe. Durch Unterbrechungen
- besonders in der ersten Zeit - muss ich immer wieder von
vorn anfangen, mich einzugewöhnen.
Wenn ich mich im Kindergarten wohl fühle und weiterspielen
möchte, heißt das, dass ich einen Schritt ins Leben gemacht
habe, aber keinen Schritt von euch weg - ich habe euch genauso lieb wie vorher.
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Fazit
Die Bildung, Erziehung und Betreuung von U3-Kindern wird zukünftig aus dem Alltag von Kindertagesstätten nicht mehr wegzudenken
sein. Das veränderte Rollenverständnis und der Ruf nach besserer
Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben zu dieser Entwicklung
beigetragen. Verschiedene Studien haben belegt, dass sich institutionelle Betreuung in hoher Qualität nicht negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirkt, sondern im Gegenteil Vorteile bringt. Wir
haben erkannt, dass die frühen Jahre außerordentlich bedeutsam
für den Entwicklungsverlauf des Kindes sind.
Wenn Sie sich nun auf den Weg machen möchten, eine Gruppe für
U3-Kinder zu öffnen oder eine Krippengruppe einzurichten, dann
sollten Sie sich von dem Gedanken leiten lassen, dass die Kleinsten
unsere größte Aufmerksamkeit benötigen. Der Prozess der Umgestaltung in der Kindertagesstätte ist eine Herausforderung, die die
Mitarbeit aller - Träger, Leitung, Team und Eltern - erfordert.
Mit den Informationen und Hinweisen dieses Handouts haben wir
keinen vollständigen und umfassenden Überblick geben können.
Vielmehr soll es ermutigen, zum Nachdenken anregen und auf
weiterführende Literatur und Medien aufmerksam machen.
Der Prozess von Ausbau und/oder Umgestaltung wird Sie lange und
intensiv beschäftigen. Zu Ihrer Unterstützung und für Ihre Fragen
stehen wir gern zur Verfügung.
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Literatur, Medien
DVD „Ein Leben beginnt“ Deutsche Liga für das Kind
Herder Spectrum
Emmi Pickler „Friedliche Babys zufriedene Mütter“
Jesper Hell „Aus Erziehung wird Beziehung“
Ralf Caspary „Lernen und Gehirn“
Edith Ostermayer „Bildung durch Beziehung“
Emmi Pikler (1982) „Friedliche Babys zufriedene Müter. Pädagogische Ratschläge einer Kinderärztin“
Beltz
Gerd E. Schäfer „Bildung beginnt mit
der Geburt“
Hans-Joachim Laewen, Beate Andres
„Ohne Eltern geht es nicht“
Hans-Joachim Laewen/ Beate Andres/
Eva Hedevari „Die ersten Tage - ein
Modell zur Eingewöhnung in Krippe
und Tagespflege“
Verlag das Netz
Angelika von der Beek „Bildungsräume
für Kinder von 0-3“
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Cornelsen
Hartmut Kasten „0-3 Jahre“
F. Becker-Stoll/M.R. Textor „Die Erzieher-Kind-Beziehung. Zentrum von
Bildung und Erziehung“
Angelika von der Beek / Matthias Buck/
Annelie Rugenach „Kinderräume
bilden"
Weltbild Verlag
Prof. Dr. Richard Michaelis „Die ersten
fünf Jahre“
Reinhardt, München 2005
John Bowlby „Frühe Bindung und
kindliche Entwicklung“
Verlag an der Ruhr
Antje Bostelmann „Leben und lernen
mit Kindern unter 3“
Berlin Verlag
Lise Eliot „Was geht drinnen vor? Die
Gehirnentwicklung in den ersten fünf
Lebensjahren“
Klett-Cotta
Martha Farrell Erickson/Byron Egeland
„Die Stärkung der Eltern-Kind-Bindung“
Fachhochschulverlag
Ilka Riemann/Wiebke Wüstenberg
Frankfurt/ Main
Die Kindergartengruppe für Kinder ab
einem Jahr öffnen? Eine empirische
Studie
Kuno E. Beller
Plakat Entwicklungsaufbau 0-3 1/2
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Fundstellen im Internet
www.brillux.de
www.forum-bildung.de
www.bildungsserver.de
www.arbeitskreis-neue-erziehung.de
www.aktiv-fuer-kinder.de
www.migration-info.de
www.kinder-frueher-foerdern.de
www.bv-kindermuseum.de
www.kigaweb.de
www.kindergarten-heute.de
www.kleinundgross.de
www.betrifftkinder.de
www.kita-hamburg.de
www.babyfreundlich.org
www.gerhard-suess.de
www.kindergartenpaedagogik.de
www.liga-kind.de
www.rheinischer-guvv.de
www.entwicklungstabelle.de/index.html
www.willi-will-wachsen.de/index.html
www.architekt-schneekloth.de
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Herausgeber:
PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband
Schleswig-Holstein e. V.
Beselerallee 57
24105 Kiel
Telefon: +49 (0)431/56 02 0
Telefax: +49 (0)431/56 02 78
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Internet: www.paritaet-sh.org
Inhaltlich Verantwortlicher:
Kai Sachs
Redaktion:
Gabriele Schröter
Fachberaterin
Martina Castello
Referentin
Gestaltung:
Ulrike Ehrich
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Schleswig-Holstein e. V.
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