Andreas Wagner bei dem, was er am besten kann: Seile flechten

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Andreas Wagner bei dem, was er am besten kann: Seile flechten
Historie – Andreas Wagner hat vor 50 Jahren bei EDELRID angefangen
In einem Interview erzählt Andreas die Geschichte von
EDELRID aus seinem Blickwinkel. Angefangen hat er
als Schlosserlehrling, heute setzt er sein langjährig
erworbenes Wissen in der Seilentwicklung ein.
Wann hattest Du erstmals Kontakt mit EDELRID?
Andreas Wagner bei dem, was er am
besten kann: Seile flechten
Meine älteren Schwestern haben schon bei ELEDLRID gearbeitet, als ich mit 12 Jahren einen
Ferienjob gesucht habe. Karl und Maria Benk, die damaligen Besitzer von EDELRID, kamen
öfters privat zu Besuch. Dort haben sie auch mich kennen gelernt und ich durfte dann dort ab
1962 in den Ferien arbeiten.
Wie hast Du Deine berufliche Laufbahn begonnen?
Mit 14 kam ich aus der Schule, angedacht war eine Lehre als Flechter bei EDELRID, doch das
hat nicht funktioniert. Der Vorschlag war eine Schlosserlehre, obwohl bis dahin kein
Schlossermeister angestellt war. Für die kleine Schlosserei wurde dann der Schlossermeister
eingestellt und fing ebenfalls am 01. April 1964 an. Und für den Maschinenpark und die
Reparaturen lernte ich dann Schweißen, Bohren und Drehen. Von dem Meister und Herrn
Schneider, der auch Schlossergeselle war, habe ich viel gelernt, auch in der Seilentwicklung.
Nach
meiner
Facharbeiterprüfung
als
Schlosser
1967
durfte
ich
dann
auch
Maschineneinstellungen für bestimmte Artikel selbst vornehmen.
1973 kam das einschneidende Erlebnis des Brandes, an dem die komplette Firma
abgebrannt ist. Was war der Auslöser?
EDELRID hat Schürsenkel im großen Stil gemacht.
Am Ende ist da der Stift, der mit verschiedenen
Techniken gemacht wird und eine kleine Banderole.
Dafür wurden spezielle Maschinen benötigt und das
Lösungsmittel Aceton, das in Fässern gelagert
wurde. Damals war nicht bekannt wie gefährlich
das ist. Es war Juli zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags und eine wahnsinnige Hitze, die Fässer
wurden aufgeheizt. Das Aceton kocht schon bei wenig über 50 Grad. Ein Fass war wohl nicht
ganz verschlossen, so dass das Gas ausgetreten ist und nach oben in die Produktionshalle
kam. Eine jüngere, schwangere Frau hat den Lichtschalter angemacht, das Gas hat sich sofort
entzündet, die Fässer explodierten. Es kam zu einer Kettenreaktion und in kurzer Zeit brannte
alles lichterloh.
Wie ging es nach dem Brand weiter? War der Maschinenpark zu retten?
Man muss sich vorstellen, dass die komplette Firma mit Produktion und Büro abgebrannt ist, da
war nichts mehr vorhanden, auch keine Konstruktionsunterlagen. Nur was in den Köpfen von
den Mitarbeitern war. Die ersten Tage wusste man nicht, ob‘s weitergeht. Dann war jeder
angehalten zu Papier bringen, was er noch wusste. Wir haben 50 bis 60 Stunden pro Woche
gearbeitet, um die Flechtmaschinen aus den Trümmern zu ziehen und sie wieder herzurichten.
Jede Woche konnte eine Flechtmaschine in Gang gesetzt werden. Es konnten nicht alle
Maschinen gerettet werden, aber zum Glück alle großen Bergseilmaschinen.
Wann lief die Produktion wieder weiter?
Die Produktion war notdürftig in Seltmanns, einer
ehemaligen Papierfabrik untergebracht. Es wurde
an
verschiedenen
Reparatur
war
bei
Stellen
der
alt
produziert.
Die
eingesessenen
Schlosserei Schlagentweiht und die Büros im
Privathaus von Benks untergebracht. Inzwischen
war Maria Benk die Chefin, da ihr Mann Karl
Benk verstorben war. Die Söhne Axel und Claus
arbeiteten verantwortungstragend mit – wobei Claus selbst Kletterer und vor allem auch der
Macher in der Seilentwicklung war. Mitte 1974 ging es dann normal weiter, nachdem die
heutigen Gebäude – Büro und Produktion separat – gebaut waren.
Claus Benk hat EDELRID mit Herzblut geführt. Wie hast Du ihn erlebt?
Claus hat sich sehr engagiert in der Firma und der Normenentwicklung. Er hat sogar was mit
der Konkurrenz zusammen gemacht. 1992 hatte Claus einen Reitunfall und ist seit 20 Jahren
Tetraplegiker. Die folgende Zeit war schwierig. Claus war wie ein Freund und die
Zusammenarbeit im Team funktionierte bestens. Doch das war dann beendet und in der
Seilproduktion hab ich dann zu mir selbst gesagt „Jetzt musst du ran, Andreas.“
Als EDELRID 2001 von der Rope Company übernommen wurde wehte ein anderer Wind.
Spürte man dies im Betriebsklima?
Bis zu dem Zeitpunkt war EDELRID unter Familienführung. Dann kam ein Geschäftsführer, der
sehr zahlenorientiert war. Alles wurde streng geregelt und war auf kurzen Gewinn ausgelegt.
Jeden Monat ging‘s um die Umsätze…
Ein weiterer Schritt in der Firmengeschichte: 2006 wird EDELRID Teil der VAUDE Gruppe
und von Albrecht von Dewitz übernommen. Wie ist das heute?
Jetzt ist wieder das Zusammenarbeiten viel wichtiger. Man fühlt
sich wie in einer großen Familie. Die Firma orientiert sich nicht
am kurzfristigen Gewinn, sondern es wird mehr entwickelt.
Eigentlich hätte ich seit 01.12.2012 in Rente gehen können.
Doch weil es ein gutes Team ist verlängere ich noch ein
bisschen. Außerdem benötigt man sehr lange um die 1000
Rädchen kennen zu lernen, an denen man stellen kann bei der
Bergseilproduktion. Da helfe ich den Jüngeren.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute.
Das Interview führte Anke von Birckhahn, PR EDELRID. 10. Januar 2013.

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