St. Lambertuskirche Kirchenführer

Transcrição

St. Lambertuskirche Kirchenführer
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Kirchenführer
Seite 1
Kalkum
St. Lambertuskirche
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Seite 2
Hintergru
Geschichtliches
Im Jahr 1992 beging die Pfarre St.
Lambertus Kalkum die 1100 - Jahr - Feier
der ersten urkundlichen Erwähnung.
Um 890 hatte König Arnulf auf das Stift
Gandersheim, einer Gründung der sächsischen Herzöge, seinen Besitz in Kalkum
übertragen, zu dem neben dem Königshof, neben Mühle und Forst auch die für
die Bewohner des Hofes und anliegender
Siedlungsplätze errichtete Kirche gehörte. Diese war natürlich zunächst eine aus
Holz errichtete Kapelle. So war über Jahrhunderte das Stift Gandersheim nicht
nur Besitzer des großen Hofes Kalkum,
sondern auch Patronatsherr über Pfarre
und Kirche Kalkum.
Wann die Kirche in Stein umgesetzt,
wann der vor uns stehende romanische
Bau errichtet wurde und welche Rolle
dabei materiell und ideell das Stift als
Patronus oder auch die Pfarrgemeinde
als Benutzer gespielt haben, darüber gibt
es keine urkundlichen Nachrichten.
Aus Untersuchungen des Gebäudes wie
auch aus allgemein baugeschichtlichen
Erwägungen muß man aber annehmen,
daß die Kirche in mehreren Phasen zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert entstanden ist, eine Zeit, in der auch andere
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Seite 3
und
ähnliche Dorfkirchen der Umgebung
(Wittlaer, Mündelheim, Bilk, Himmelgeist) wie auch die Kaiserswerther
Basilika aufgerichtet wurden. Den frü-
890
König Arnulf überträgt seinen
Besitz in Kalkum auf das Stift
Gandersheim.
hesten Kern bildet das Hauptschiff mit
dem Westturm, beide aber um ein
Geschoß niedriger. Spätere Ausbauten
betreffen die Seitenschiffe und den Chor
mit den Apsidenabschlüssen, schließlich
die Erhöhung von Mittelschiff und Turm.
Die Entwicklung war vor 1250 abgeschlossen. Von weiteren eingreifenden
1100 – 1300
Enstehung der Kirche in
mehreren Phasen zwischen
dem 11. und 13. Jahrhundert.
Neuerungen hören wir bis zum Ende des
19. Jh. nichts mehr. Stattdessen gab es
immer wieder Klagen über mangelnde
Pflege der Bausubstanz, weil der dafür
vorhandene Baufonds (Rahmer Zehnt)
zweckentfremdet worden war.
Nachdem 1597 durch einen Akt des
Landesherrn das Stift Kaiserswerth
1250
Abschluß der Ausbauten
der Seitenschiffe und Chor
mit den Apsidenabschlüssen
sowie die Erhöhung von
Mittelschiff und Turm.
Patronus von Kirche und Pfarre geworden war, wurde der Zustand auch nicht
besser, bis dann auf Druck der Gemeinde
und durch eine Verfügung des Landesherrn 1762 – 1768 das Stift sich zu einer
Instandsetzung bequemte, die auf die
Eigenart des Bauwerks wenig Rücksicht
nahm. Eine schon vorher vorhandene
Eingangshalle wurde im zeitgenössischen
barocken Stil ersetzt.
1597
Das Stift Kaiserswerth wird
durch einen Akt des
Landesherrn Patronatsherr
der Kirche von Kalkum.
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Luftbildplan Nr. 341 · 25. Mai 1964
Vermessungsamt Stadt Düsseldorf
Maßstab 1:1500
Seite 4
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Nach weiteren gut 100 Jahren - der
preußische Staat hatte inzwischen den
Baufonds an sich genommen - war es
wieder soweit: die Kirche war baufällig.
Nach vielen Anträgen und kunsthistori-
Seite 5
1762 – 68
Instandsetzung der Kirche.
Neubau der Eingangshalle
im zeitgenössischen barocken
Stil.
schen Gutachten wurde sie 1893 – 1897
von Grund auf restauriert und geradezu
wieder auferbaut.
Die barocke Vorhalle verschwand zugunsten einer neoromanischen, dem Bau
angemessenen, eine Sakristei, die bis
dahin behelfsmäßig in den beiden Apsiden
1892 – 97
Restauration und Wiederaufbau nach vielen Anträgen
und kunsthistorischen
Gutachten.
der Seitenschife untergebracht war,
wurde in Verlängerung des nördlichen
Seitenschiffes angebaut. Damit war endlich die auch heute noch geltende äußere Gestalt erreicht.
Die Restaurierung von 1983 – 1987 hat
daran nichts mehr geändert, wohl im
1983 – 87
Restaurierung und Umgestaltung des Chorraumes.
Innern durch die Umgestaltung des Chorraumes gemäß den Erfordernissen der
Liturgiereform des 2. Vatikanischen
Konzils und durch die Herausarbeitung
der klaren, ungestörten Linien ihrer Baugestalt die besondere Raumwirkung dieser frühen, romanischen Dorfkirche zur
Geltung gebracht.
1992
1100 - Jahr - Feier
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Seite 6
Die Kirche
Das Äussere
Wie viele der auf die fränkische Zeit zurückgehenden Kirchenbauten ist auch
unsere Kalkumer Kirche auf erhöhter
Stelle angelegt. Zur Wirkung trägt weiter
bei, daß ihre Höhenlinie in fast gleichmäßiger, aber im Verhältnis zur Länge
des Baus in recht steiler Stufung von der
Mittelapsis im Osten über den Chor, das
Mittelschiff zum kräftigen Turm im
Westen (mit Zeltdach) aufsteigt.
Ansicht Ostseite
Dabei ist der querrechteckige Turm in
der Breite des Mittelschiffs in den Bau
Querschnitt durch Langhaus
und Seitenschiffe
einbezogen, was zu dessen Geschlossenheit und seinem geradezu burgartigen
Charakter beiträgt. Die Seitenschiffe, die
durch ihre Proportionen deutlich Turm
und hohes Mittelschiff hervortreten lassen, sind durch Rundbogenblenden,
Chor und Apsis durch rechteckige Blenden gegliedert. Ähnlich ist der Turm
durch hohe Blenden, Rundbogenfenster
und einen Rundbogenfries belebt.
Es besteht kein Zeifel, daß der - uns unbekannte - Baumeister, der an die unterschiedlichen Vorgänger- und Erweiterungsbauten die letzte Hand anlegte,
einen eindrucksvollen Kirchenbau von
beachtlicher innerer Geschlossenheit
geschaffen hat.
Kirchenführer
06.09.2008
13:47 Uhr
Seite 7
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 8
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 9
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 10
Die Kirche
Das Innere
Beim Betreten der Kirche
schreitet man zunächst durch
die Vorhalle und unter der
Orgelbühne her, deren Raum
die Stelle des Trurms einnimmt, geht weiter durch das
hohe Mittelschiff vorbei an
zwei Arkaden zu beiden Seiten
zum quadratisch angelegten,
niedriger gewölbten Chorraum, der nach Osten durch
eine Rundapsis abgeschlossen
ist. Wir haben nicht wie sonst
schon in romanischen
Basiliken eine flache Decke,
sondern Kreuzgewölbe, vor
Linkes Seitenschiff
dem Chorgeviert noch 1 1/2 Joche im Mittelschiff, über deren westliches Halbjoch sich
der Turm erhebt. Die Arkadenpfeiler sind
sehr stark ausgelegt, ohne Basis und Kapi-
Grundriss
tell mit den Arkaden selbst ganz ungegliedert. Im Obergaden des kurzen Mittelschiffs
befinden sich auf jeder Seite zwei Fenster.
Die Seitenschiffe sind ebenfalls mit Kreuzgewölben gedeckt, ihre Außenwände sind
durch je 5 kleine Rundbogenfenster aufgegliedert und schließen nach Osten ebenfalls
in einer Rundapsis ab. Zur oft gerühmten
Raumwirkung dieser kleinen Kirche tragen
nicht nur die harmonischen Proportionen,
sondern sicher auch die markante Höhe des
Mittelschiffs bei.
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 11
Der Chorraum wurde bei der
Restaurierung 1983 neu gestaltet. Den neuen Altar schuf
der Bildhauer Olaf Höhnen,
wobei er in Erinnerung an
den früheren Chor aus dem
ehemaligen Hauptaltar die
vier Säulen und das Medaillon vom Lamm Gottes wiederverwendete. Von Ihm entworfen sind weiter der Ambo, die
Bronzeleuchter, das Gitter am
wiederhergestellten Sakramentsschrank, in dem das
Allerheiligste aufbewahrt
wird, und das Ewige Licht.
Rechtes Seitenschiff
Bei der Weihe des neuen Altares wurden die
Reliquien der entfernten Altäre in einem
Reliquiar auf der Ostseite des Altars eingesetzt, das von F. J. Bette geschaffen wurde
und wofür er den Staatspreis 1983 von
Nordrhein-Westfalen erhielt. Das
Reliquiar „Zelt Gottes unter den
Menschen“ besteht aus Silbermaterial, das
die Pfarrangehörigen zum Ersatz für jene
Kirchengeräte gestiftet hatten, die bei einem
Einbruch 1948 geraubt worden waren.
Weitere Reliquiare (hl. Kreuz, St. Lambertus,
St. Sebastianus) mußten damals ersetzt
werden, die jetzt unter der Orgelbühne in
einer Wandnische ihren Platz gefunden
haben.
1983 – Neugestalteter Altar
von Bildhauer Olaf Höhnen
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 12
Die Kirche
Die Ausstattung
Die Kreuzdarstellung auf dem Triumphbogen hat Felix Lüttgen 1937 gemalt; er
hat auch den Kreuzweg an den Wänden
der Seitenschiffe in Sgraffito-Technik geschaffen. Aus der gleichen Zeit und aus der
gleichen Klasse der Düsseldorfer Kunstakademie stammen die drei Fenster der
Hauptapsis: die thronende Gottesmutter
mit Christus in der Mitte, die Anbetung
der hl. drei Könige rechts und links.
Kreuzweg-Darstellung
von Felix Lüttgen (1937)
Auf dem linken Fenster ist zu dem dritten König noch der Pfarrpatron, der
Bischof St. Lambertus hinzugetreten.
Geschaffen wurden die Fenster von dem
Barocke Monstranz
(um 1720)
damals noch sehr jungen E.O. Köpke.
Alle diese Werke zeigen eine gewisse
Strenge der Form, die dem schlichten
romanischen Raum angemessen ist, und
wohl auch den Einfluß der damals in der
sakralen Malerei einflußreichen sog.
Beuroner Kunst.
Einem ganz anderen Schaffensstil sind die
übrigen Fenster der Kirche verpflichtet,
die derselbe E.O. Köpke 15 – 20 Jahre
später entworfen hat. Das Südfenster im
Chorraum, musizierende Engel, setzt das
Thema der Anbetung des Allerhöchsten
auf seine Weise fort.
Das Fenster auf der Nordseite, dem Engelbild gegenüber, stellt den hl. Bruno dar,
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 13
den Gründer des Kartäuserordens, und
ist 1894 eingesetzt worden. Damals stand
noch das einzige deutsche Kartäuserkloster auf altem Kalkumer Pfarrgebiet
(ehemaliges Haus Hain). 1964 mußte es
dem Flughafen weichen und fand eine neue
Heimat in Süddeutschland (Marienau).
Die Fenster der Seitenschiffe nehmen
ihre Motive aus den endzeitlichen Visio-
Reliquiar
„Zelt Gottes unter den Menschen“
von F. J. Bette (1983)
nen des hl. Johannes, der Geheimen
Offenbarung. Auf der Südseite zeigt das
mittlere Fenster die apokalyptische Frau,
die den Herrscher der Welt, den Messias,
gebiert (Off. 12), re. und li. davon die
vier apokalyptischen Reiter (Off. 6).
Das mittlere Fenster der Nordseite läßt
„das Lamm wie geschlachtet“ (Off. 5) auf
dem Buch mit den sieben Siegeln erkennen, re. und li. davon anbetend die 24
Ältesten und „die große Schar, die keiner
zählen kann“. Das letzte Fenster nach
Westen stellt den Ernteengel des Endgerichts dar (Off. 14).
Das östliche, 5. Fenster an der Taufkapelle mit St. Michael als dem Seelenführer gehört nicht mehr in die apokalyptische Reihe, sondern hat hier seinen
Platz, weil bis zur Restauration 1983
an dieser Seitenkapelle der Kriegstoten
beider Weltkriege gedacht wurde.
Kreuz Reliquiar gestiftet vom
Hause Hatzfeldt (1951)
Kirchenführer
06.09.2008
13:48 Uhr
Seite 14
Die Kirche
Die Ausstattung
Im Zuge der Neugestaltung des Vorplatzes der Kirche (1986) sind die
Namen der Toten dort auf einer
Bronzeplatte und auf drei Stelen verzeichnet, an einer Stelle, an der Jahrhunderte lang das Dorf seine Toten bestattet hat. In der Taufkapelle des linken
Seitenschiffes wurde der romanische
Taufstein (um 1200) nach gründlicher
Restaurierung und behutsamer Ergänzung wieder aufgestellt, nachdem er lange
Romanischer Taufstein
(um 1200)
Zeit im Pfarrgarten zweckentfremdet war.
An plastischem Schmuck in der Kirche
sind zu erwähnen die schöne Madonna
(15. / Anf. 16. Jahrh.) im Mittelschiff, an
Madonna
(15. / Anf. 1600)
den Scheidewänden des Hauptschiffes die
Gestalten des hl. Joseph mit Kind, des
Pfarrpatrons St. Lambertus und des
Patrons der Bruderschaft, des hl.
Sebastianus, auf den Beichtstühlen die
hl. Familie (eine Stiftung der damaligen
Gebetsbruderschaft „Jesus, Maria und
Joseph“) und der hl. Johannes Nepomuk;
alle diese Figuren sind um 1800 von dem
Düsseldorfer Bildhauer Ignatius Osterspey
geschaffen.
Seit kurzem hat noch dank einer Stiftung
an der linken Wand eine Skulptur des hl.
Nikolaus einen Platz gefunden. Er ist dargestellt im Bischofsornat mit Buch und
Kirchenführer
06.09.2008
13:49 Uhr
Seite 15
drei Broten in der Rechten. Die sehr bewegte barocke Figur stammt aus Franken
aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Gleich beim Eintritt sieht man am rechten Pfeiler das Gnadenbild der Muttergottes von Kevelaer aus dem Jahr 1647,
womit angezeigt ist, daß schon in sehr
früher Zeit auch aus unserer Pfarre Wallfahrer der Mutter aller Gnaden Bitte und
Dank vorgetragen haben.
Gnadenbild der Mutter Gottes
von Kevelaer (1647)
Aus der Zeit, in der die Adeligen aus der
Umgebung der Kirche noch ihre Verstorbenen in der Kirche selbst bestatten konnten (bis 1803), sind die beiden Epithaphien (Grabinschriften an den Wänden
der Kirche) erhalten, auf der Südwand
des Chorraums aus schwarzem und weißem Marmor für den 1609 vierjährig
gestorbenen Johann von Winkelhausen
(Schloß Kalkum) und am ersten Pfeiler
rechts aus Blaustein für den 1615 „im
Got seligh und christlich entschlafenen“
Johann von und zu Ossenbroich
(aus dem Hause Hain, im heutigen Flughafengelände).
Heilige Familie
von Ignatius Osterspey
(um 1800)
06.09.2008
13:49 Uhr
Seite 16
www.windeck-werbung.de
Kirchenführer
Impressum:
Kath. Kirchengemeindeverband Angerland /Kaiserswerth
Pfarrgemeinde St. Lambertus Kalkum · Oberdorfstr. 33 · 40489 Düsseldorf
Text: Hans Simons, Pfarrarchivar
Foto: Bernd Windeck, außer Mittelschiff/Seitenschiffe: Ludger Wunsch

Documentos relacionados