Fashion Show

Transcrição

Fashion Show
Inside out
Das Hochschulmagazin der TH Köln
Langer Atem
Balance halten
mit Feedbalance
Winter 2015
Gesprächsbedarf
Mit Barcamps studentische
Mitsprache verbessern
Fashion
Show
Quer gedacht
Ideen zu Stadtentwicklung,
Körperformen und Partyflirts
Schwanensee, Alaaf!
TH-Fahrer Armin Marx und
der Kölner Karneval
Prof. Dr. Sylvia Heuchemer, Vizepräsidentin
für Lehre und Studium
Foto: Thilo Schmülgen, TH Köln
Spielen, filmen, basteln
Interdisziplinäre Projektwoche
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Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
Krisen, Konflikte, Bedrohungen – die Negativschlagzeilen reißen nicht
ab. Flüchtlingsströme und Bürgerproteste, die EU entzweien nationale Interessen, Terroranschläge haben einen Kriegseinsatz in Syrien
zur Folge. Der Klimagipfel in Paris ist da fast schon eine Randnotiz.
Zuversichtliche Perspektiven für das neue Jahr sind kaum in Sicht. Immerhin: die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland
sehen dennoch keinen Grund zum Pessimismus – zumindest laut der
Shell Jugendstudie 2015. Aufgewachsen in einer Wohlstandsgesellschaft zwischen globalen Unsicherheiten und Krisen, beurteilt die
Mehrheit der Jugendlichen nicht nur die eigene, sondern auch unsere gesellschaftliche Zukunft optimistisch. Wachsendes politisches
Interesse und eine gestiegene Akzeptanz gegenüber Zuwanderung
zeichnet sie ebenfalls mehrheitlich aus.
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Diese Offenheit zeigt sich erfreulicherweise auch im Engagement,
das unsere Studierende in der Flüchtlingssituation zeigen. Zum Beispiel die Initiative Connection von Studierenden der TH Köln und Uni
Köln. Sie bietet Flüchtlingen Sprachbegleitung bei Arztbesuchen und
Behördengängen an. Wer die Initiative gegründet hat und wie man
sich daran beteiligen kann, lesen Sie in dieser Ausgabe von Inside out
(Seite 6).
Als zivilgesellschaftliche Akteurin wird die TH Köln nicht hinter dem
privaten Engagement seiner Hochschulangehörigen zurückstehen.
Zum Beispiel mit Programmen im Bereich des Sprachenlernens und
der interkulturellen Kompetenzen. Geprüft werden auch Angebote
zur beruflichen Weiterbildung für Flüchtlinge. Wichtig ist uns bei allen
Überlegungen, dass wir nachhaltige Maßnahmen entwickeln, die in
die bestehenden Strukturen der Hochschule eingebunden und sinnvoll mit der curricularen Lehre und Forschung verknüpft werden können. Das Präsidium der TH Köln lädt alle Hochschulangehörigen ein,
sich mit Ideen einzubringen. Ihr zentraler Ansprechpartner in der
Hochschule ist Dr. Jochen Nielen.
Neben zivilem Engagement präsentiert das Hochschulmagazin wieder viele studentische Projekte, die sich diesmal vor allem durch
ihre Interdisziplinarität auszeichnen. Quer durch alle Disziplinen haben Studierende gemeinsam Ideen zur Stadtentwicklung entwickelt
(Seite 18). In einem Barcamp haben sie sich mit Lehrenden intensiv
über flexiblere und digitalisierte Lehrformen ausgetauscht. Wie so ein
Barcamp funktioniert und warum es sich zur studentischen Partizipation eignet, erfahren Sie auf Seite 22.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Sylvia Heuchemer
Schön gestrichen
Was ein Geigenbogen mit
Naturschutz zu tun hat
14
Kunstsprechstunde
Echter Chagall oder
Fälschung?
Körperformen
Experimentelles Gestalten
am eigenen Körper
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Balance halten
Gleichgewicht trainieren
mit Feedbalance
Leben
Lernen und Forschen
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Schwanensee, Alaaf!
Armin Marx und die Lust
an der Verkleidung
6
Chagall und die Heilige Ursula
Kunstsprechstunde des Instituts für
Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften
Sprachbegleiter für Flüchtlinge
Studentische Initiative erleichtert
Arztbesuche und Behördengänge
10 Das Holodeck in der Gegenwart
Wissen
22 Mitgemacht statt abgesessen
30 Fünf Jahre Campus Leverkusen
Studentische Partizipation mit Barcamps
Nachrichtenticker
23 Small-Talk
... mit Prof. Dr. Michaele Völler über
Telematiktarife bei Versicherungen
Clash of Realities 2015
31 Neue Gesichter
Neuberufene Professorinnen
und Professoren
24 Ein Holz für den besonderen Klang
12 Würstchen-Check und Klangbuch
Best off im Showcase Medieninformatik
13 Ausgezeichnet
14 Architektur goes Fashion
Was ein Geigenbogen mit
Naturschutz zu tun hat
34 Vernetzer beraten, besser betreuen
Eine Beratungslandkarte für Alle
26 Vom Grund auf gereinigt
Wie Talsperren grundlegend von
Ablagerungen befreit werden
Experimentelles Gestalten
am eigenen Körper
18 Gut Ding will Weile haben
18 Querdenken erwünscht
Gleichgewicht trainieren mit
Feedbalance
Interdisziplinäre Projektwoche zu Stadtentwicklung, Storytelling und Brettspielen
Inside out_Winter 2015
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Leben |
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Karneval ist für Armin Marx
vor allem die Lust an der Verkleidung.
Dann kann er in eine Rolle schlüpfen, „ein
anderer sein.“ Jedes Jahr gibt es deshalb
ein neues Kostüm, mal Lappenclown,
mal der Engel Aloisius – der Münchner im
Himmel, mal Ritter. Als Sechsjähriger war
Armin Marx bereits dem Karnevalszauber
hoffnungslos verfallen – damals setzte er
sich gegen seinen Vater durch. Dieser hatte
ein Jobangebot, das einen Umzug aus Köln
bedeutet hätte. In einem karnevalsfreien
Ort leben? „Unvorstellbar, ohne mich!“
50 Jahre später ist Armin Marx ein Experte
und Veteran des traditionellen Kölner Karnevals. Vier Prinzenspangen hat er offiziell
verliehen bekommen. Marx ist Mitglied der
Kölsche Köpp, einem Verein, den es nur an
den Karnevalstagen gibt – und am Vatertag.
Der ist prominent besetzt mit einem ehemaligen Dreigestirn und dem Moderator der
Lachenden Kölnarena. Die Kölsche Köpp veranstalten die „Hemden- und Strunzsitzung“,
gehen als Lappenclowns musizierend durch
die Kneipen auf der Schäl Sick. Zwischen
dem 11.11. und den Karnevalstagen geht
Armin Marx seiner Verkleidungslust außerdem auf sportive Art nach: Als „Ballerina
Prumm“ ist er seit zehn Jahren Teil des
Männerballets Bochemer Prümmche.
Die Grundschritte wie Plié und Relevé
beherrschen sie durchaus, aber eigentlich
sind die Buchheimer Pflaumen mehr aus
frivoler Lust dabei als aus künstlerischer
Ambition. „Wir machen Trampelballett“. Die
Choreographien sind allesamt im Achteltakt – mit den Lippen zählen die Tänzer im
Tütü heimlich immer noch mit. Der Ablauf
ist mittlerweile eingespielt: Gestartet wird
zu klassischer Musik, der Tanz der kleinen
Schwäne von Tschaikowski ist dabei Pflicht.
Der Übergang zur Kür ist vor allem auf den
Mädchensitzungen äußerst beliebter Trash:
ein Kostümwechsel als Striptease, bevor
es dann im Sambarock zu kölscher Musik
weitergeht.
Sechs bis sieben Tänze präsentiert die
„vierte Garde im Kölner Karneval“, so Marx,
pro Auftritt. Das sind rund 30 Termine in der
Session. Neben den überwiegend kirchlich
organisierten Sitzungen sind die Ballerinen
seit ein paar Jahren fester Bestandteil der
schwul-lesbischen Röschen Sitzung. Trotz
der Routine sei das Lampenfieber aber
immer noch so groß wie am ersten Tag.
Seinen Namen Ballerina Prumm trägt Armin
Marx, weil er auf der Bühne in der Mitte
steht. Mit seinen „wohlgeformten Proportionen“ hätte er nach Meinung der Trainerin
die beste Aura – „dabei bin ich nicht gerade
der beweglichste“. Aber er könne am besten
mit dem Publikum spielen und übernimmt
deshalb gelegentlich auch die Moderation
zwischen den Stücken.
Hauptberuflich ist Armin Marx der Dienstälteste von drei Fahrern im Verwaltungsteam
Organisation. Er befördert Menschen,
Post und Materialien unterschiedlicher Art
zwischen den Hochschulstandorten, im
Sprinter oder mit der Limousine. Manchmal
auch bundesweit. Seine karnevalistische
Leidenschaft vertritt er auch an der TH Köln:
Als Teil des Organisationsteams gestaltet er
die Karnevalsfeier der Hochschulverwaltung
an Weiberfastnacht mit. mp
www.pruemmchen.de
Foto: Thilo Schmülgen, TH Köln
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6 | Leben
Lernen und Forschen |
Sprachbegleiter für Flüchtlinge
Arztbesuche, Behördengänge oder Wohnungsbesichtigungen sind für
viele geflüchtete Menschen eine große Hürde, da sie kein oder nur wenig
Deutsch sprechen. Hier setzt das studentische Projekt Conn[ε]ction an, das
ehrenamtliche Sprachbegleitungen anbietet. Seit einem Jahr besteht die
Initiative, die ihren Pool an Ehrenamtlichen weiter ausbauen will. Gesucht
werden vor allem Menschen, die Serbo-Kroatisch, Albanisch, Arabisch, Persisch, Kurdisch und Türkisch verhandlungssicher sprechen. Ellen Alshut,
Gründungsmitglied von Conn[ε]ction und Bachelorstudentin der Sozialen
Arbeit, über die Arbeit der Initiative.
Wie ist Conn[ε]ction entstanden?
Ellen Alshut: Wir – das sind fünf Studierende
der TH Köln und eine Studentin der Uni Köln –
haben Conn[ε]ction vor einem Jahr gegründet.
Einige von uns waren bereits in Projekten mit
Geflüchteten aktiv. Uns ist dabei aufgefallen,
welche großen Probleme etwa ein Termin beim
Arzt auslöst. Wir haben dann eine Situationsanalyse gemacht, Flüchtlingswohnheime besucht und mit den SozialarbeiterInnen gesprochen. Das Ergebnis war, dass es einen großen
Bedarf an Sprachbegleitung gibt. Darum haben
wir Conn[ε]ction ins Leben gerufen.
Wie funktioniert die Initiative?
Ellen Alshut: In unserem SprachbegleitungsPool sind zurzeit über 30 Menschen, die sowohl
Deutsch als auch eine Fremdsprache verhandlungssicher, also ungefähr mit Sprachniveau B1,
sprechen. Zurzeit haben zwei Flüchtlingsunterkünfte direkten Zugriff auf die Liste und können
bei Bedarf von sich aus mit den Ehrenamtlichen
in Kontakt treten. Auch andere Wohnheime und
Initiativen wenden sich an uns und wir vermitteln eine passende Sprachbegleitung.
Was ist die Rolle einer Sprachbegleiterin
oder eines -begleiters?
Ellen Alshut: Es geht primär um die reine Vermittlung. Das heißt, wir übersetzen das Gesprochene ohne Zusammenfassung, Kommentare
oder Wertungen. Unsere Aufgabe ist es, trotz
der vorhandenen Sprachbarriere die Kommunikation zu ermöglichen, beispielsweise zwischen
den Geflüchteten und einem Arzt. Eine häufige
Schwierigkeit ist es, dass wir als DolmetscherInnen direkt angesprochen werden. Das soll nicht
passieren, da sonst die Kommunikation über
den Kopf unserer MandantInnen hinweg stattfinden würde, statt mit ihnen.
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Ellen Alshut: Wir möchten das Projekt weiter
ausbauen. Wir suchen nach Sprachbegleiterinnen und -begleitern, vor allem in Serbo-Kroatisch, Albanisch, Arabisch, Persisch und Türkisch.
Aber auch in Tigrinisch, Kurdisch, Mongolisch
und Russisch möchten wir uns breiter aufstellen.
Außerdem wollen wir mit weiteren Unterkünften oder Initiativen feste Kooperationen aufbauen. Beide Aspekte müssen natürlich im gleichen Maße wachsen, damit die Ehrenamtlichen
nicht überfordert werden. In einem ProfiL-Seminar erarbeiten Studierende zurzeit eine Strategie, wie wir den Sprachbegleitungs-Pool ausbauen und uns mit weiteren Partnern vernetzen
können. Eine Kollegin aus dem Gründungsteam
und ich fungieren dabei als Tutorinnen. Auch
in der Anfangsphase von Conn[ε]ction hat uns
ProfiL unterstützt. Im Seminar „Mein Praxisentwicklungsprojekt“ haben wir viel fachlichen Input zu unseren ersten Schritten und zur Vorgehensweise bekommen. Ein weiterer wichtiger
Schritt für unser Projekt ist die Gründung eines (eingetragenen) Vereins, welche wir gerade
vorbereiten.
Interview: Christian Sander
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Etwas über 180 °C braucht es, damit die Maiskornhülle platzt. Anders als die meisten Popcornmaschinen arbeitet das Gerät des Instituts für Anlagen- und Verfahrenstechnik mit heißer Luft statt Fett.
Das ist kalorienbewusst und spart durch die hohen Temperaturen
auch Zeit. Studierende des ersten Semesters haben die Maschine als
Praxisprojekt entwickelt. Sie macht nicht nur leckeres Popcorn, sondern demonstriert sehr gut die verschiedenen Prozesse in der Verfahrenstechnik, z. B. wie ein Zyklon das Korn von der Luft trennt oder
was ein Wirbelbett ist. „Mischen, zerkleinern, trennen und reagieren – alles, was mit der Stoffumwandlung zu tun hat, ist Verfahrenstechnik”, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Göbel.
Noch ungelöst ist bislang aber, wie die Salz- und Zuckerkristalle bereits in der Popcornmaschine an dem puffigen Snack haften bleiben.
Noch erfolgt die Würzung erst im Nachgang. Ein Fall für die nächsten
Erstsemester?
Conn[ε]ction
[email protected]
https://www.facebook.com/connection.koeln
Telefonsprechstunde (dienstags,
11.30 – 13.30 Uhr): 0157-868 405 13
180°
Foto: privat
Foto: Monika Probst, TH Köln
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8 | Titelthema
Titelthema |
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Die Heilige Ursula war der Eyecatcher
auf der EXPONATEC Cologne. Die KISDStudenten Marc Köse und Juan Hollenstein haben ihre Interpretation der Legende in Acryl festgehalten. Anschließend
wurden künstliche Fehlstellen eingebaut, wie Löcher im Malgrund oder abgeblätterte Farbe und Risse auf der Farbfläche. Auf dem Messestand des Instituts
für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) demonstrierten die
Studierenden, wie sie diese Fehlstellen retuschieren, ergänzen und imitieren.
Zeitgleich konnten Messebesucherinnen
und -besucher ihre Kunstgegenstände
von den Professorinnen und Professoren bei einer Kunstsprechstunde untersuchen lassen: Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Bücher und Kleinmöbel. Dabei wurde
auch eine kolorierte Chagall-Grafik untersucht. „Das besondere an ihr ist, dass Grafiken von Chagall nicht sehr häufig koloriert sind”, sagt Prof. Dr. Robert Fuchs. Ist
sie also wirklich echt? Und wie viel ist sie
wert? Die Analyse mit dem Farbspektrometer freut den Besitzer: Das scharlachrote Pigment zum Beispiel stammt von
1902. Für einen Fälscher wäre es nach
dem 2. Weltkrieg äußerst schwer, dieses
Scharlachrot zu besorgen, so Fuchs. Und
das Schweinfurter Grün ist seit rund 70
Jahren als giftig deklariert aus dem Handel genommen. Diese naturwissenschaftliche Prüfung ist für den Wert der Grafik
wesentlich. Jetzt muss das Comitée Marc
Chagall klären, wie viel die Grafik wert ist.
Weniger erfreut wird der Besitzer eines kubistischen Gemäldes von Emil Filla
sein. Hier ergab die Röntgenfloureszenzanalyse, dass einige der Farbelemente 30
Jahre jünger sind, als das von 1918 datierte Bild. „Eher unwahrscheinlich, denn
nach dem Krieg hat Filla nicht mehr kubistisch gemalt“, so Prof. Dr. Gunnar
Heydenreich.
Foto: Costa Belibasakis, TH Köln
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Lernen und Forschen |
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„How close are we to the Holodeck?“
Ende der 1990er schrieb Prof. Dr. Janet Murray
vom Georgia Institute of Technology „Hamlet
on the Holodeck: The Future of Narrative in Cyberspace“. In ihrem Standardwerk zeigte sie auf,
wie der Computer durch technologische Entwicklungen die Ausdrucksformen unserer Geschichtenerzählung erweitert – ähnlich, wie es
Druck- und Filmtechnologien für Literatur und
Film getan haben. Knapp zwei Jahrzehnte später beschreibt die renommierte Wissenschaftlerin in ihrer Keynote zur Clash of Realities den
Holodeck-Status quo der Gegenwart. Das Verschmelzen der physischen mit der digitalen Realität bietet demnach nicht nur in Spielen die
Möglichkeit, mit allen Sinnen in die Fiktion einzutauchen. Auch in Filmen, der Kunst oder im
Journalismus verändern neue Darstellungsformen unser Rezeptionsverhalten und beeinflussen unsere Wahrnehmung.
Je nach Ausgestaltung und Grammatik der
Szenarien gäbe es allerdings große Abstufungen, ob man mit der virtuellen Welt interagieren kann oder als passiver Rezipient außen vor
bleibe. Mit der sogenannten Immersion wird
der Eindruck beschrieben, wenn sich die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen
Welt vermindert und die Identifikation mit einer Person in der virtuellen Welt vergrößert.
„Letztlich sind wir immer noch in der Experimentierphase”, sagt Murray. „Auch wenn einige
behaupten, die virtuelle Realität ist tot, glaube
ich, dass diese Technologien weiterhin großes Potenzial bieten für unsere erzählerische
Ausdrucksfähigkeit.“
Foto: Costa Belibasakis, TH Köln
Prominenter Besuch: Prof. Dr. Janet Murray sprach die Keynote auf der Clash of Realities 2015
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Zwei Tage Hackathon
Mit insgesamt rund 300 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern war die sechste Clash of Realities
ausgebucht. Zum ersten Mal fand sie in den Institutsräumen des Cologne Game Lab (CGL) am
Standort Schanzenstraße statt. Die künstlerischwissenschaftliche Forschungskonferenz zu digitalen Spielen ist einzigartig in Europa. Neben
den Vorträgen von insgesamt rund 50 Referentinnen und Referenten bot die Clash auch einen
Hackathon an. 36 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, davon 30 Studierende der TH Köln, entwickelten in dem Wettbewerb zwei Tage lang
Ideen für smarte Spiele, die Verkehrsteilnehmer stressfrei auf ihren individuellen Fortbewegungsmitteln durch die Großstädte begleiten und Lösungen für einen ruhigeren Verkehr
bieten.
Die beiden Siegerkonzepte sind Wave Calmer
(Marek Skudelny und Till Gilsbach, TH Köln)
und Moopi (Eric Wolpers, Uni Bremen, Nils
Brüggesch,TH Köln und Mischa Linus). Wave
Calmer ist ein Stau-Spiel, bei dem der Autofahrer sein Verhalten im dichten Straßenverkehr
kontrollieren kann. Abruptes Abbremsen wird
bestraft, die kontinuierliche Fortbewegung belohnt. Die Idee dahinter ist, den Stop-and-goVerkehr zu entzerren.
Ähnlich der Pokémons sind Moopi kleine Wesen auf dem Smartphone oder der Smartwatch.
Man füttert sie, in dem man sich durch die Stadt
fortbewegt. Je nach Fortbewegungsmittel und
-art entwickeln sich die Moopi unterschiedlich:
sie werden muskulös, dünn, traurig oder glücklich. Hier ist die Idee, dass alle Verkehrsteilnehmer mit dieser Anwendung zu einem ruhigeren
Verkehrsfluss beitragen. Die beiden Konzepte
werden als Finalisten am Ford Smart Mobility
Game Challenge teilnehmen, der mit drei Preisen im Gesamtwert von 17.500 Euro dotiert ist.
Das CGL und das Institut für Medienforschung
und Medienpädagogik der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften waren für die inhaltliche Gestaltung der Konferenz verantwortlich. Zum Projektteam gehörten außerdem die
ifs internationale filmschule köln, das Institut
für Medienkultur und Theater der Universität zu
Köln, Electronic Arts und AG Games. Projektförderer war die Film und Medien Stiftung NRW. mp
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Lernen und Forschen |
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Nicht schon wieder nur Würstchen!
Best off Showcase Medieninformatik
+++ VDI-Preis für Schalldrucksignale +++
Mit entwaffnender Selbstironie haben Steven
Beckers, Nico Bastian und Christian Franke den
diesjährigen Showcase der Medieninformatik-Studiengänge am Campus Gummersbach
gewonnen. Offenbar sehen die drei Bachelorstudenten einen gewissen Leidensdruck unter vielen heterosexuellen Gummersbacher Studenten: „Mal wieder eine Party, mal wieder nur
Männer. Ätzend!” Auf einer „Würstchenparty”
ist das männliche Geschlecht nämlich weit in
der Überzahl. Mit ihrer gleichnamigen Website
kann man jede beliebige öffentliche Veranstaltung bei Facebook automatisch durchsuchen
– Würstchenparty: ja oder nein? Nach Eingabe
des Facebook-Links zur Veranstaltung analysiert
die Anwendung die Teilnehmer und gleicht die
Vornamen mit einer Datenbank ab, um das Geschlecht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu bestimmen. Anschließend wird die Geschlechterverteilung ermittelt und dem User
grafisch dargestellt. Listen in Form von Topoder Flop-Würstchenpartys bietet die Website
ebenfalls. Das Projekt haben die drei Studenten
im Wahlpflichtfach Moderne Webanwendungen
entwickelt.
Für seine Masterarbeit „Untersuchungen zur
Korrelation der Geometrie des MSG-Sprühlichtbogens mit dessen akustischem Verhalten bei unterschiedlichen Prozesssituationen”
wurde Samuel Mann von der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme mit dem
ersten Platz des VDI-Förderpreises belohnt. Auf
Grundlage erster Versuchsergebnisse entwickelte der Absolvent des Masterstudiengangs
Maschinenbau ein Iterationsverfahren, um einen analytischen Zusammenhang zwischen
Schalldruck und Lichtbogenenergie herzustellen. Damit können aus dem Schalldrucksignal
wertvolle Informationen zum Schweißprozess
gewonnen werden, die bisher nur aufwändig
messbar waren. Mit der Auszeichnung ist ein
Preisgeld in Höhe von 1.500 € verbunden.
+++ Getriebeverschraubung, mobile
Web-Anwendungen und ein Metallschmelzofen +++
www.würstchenparty.de
Insgesamt zehn Arbeiten aus dem Bachelorund dem Masterstudiengang Medieninformatik
wurden im Vorfeld für das Showcase als beste
Projekte 2015 ausgesucht.
Die Masterstudierenden Sheree Saßmanshausen, Philipp Schulte, Robert Gabriel und Franz-L.
Jaspers haben im Modul Interaction Design ihr
Smart Sustainable Home entwickelt. Der Prototyp einer intelligenten und nachhaltigen Haussteuerung zeigt die Energieflüsse im Haushalt
und die Aktivitäten einzelner Geräte an. Die Geräte können außerdem automatisiert und angesteuert werden – das reduziert die Kosten und
spart Ressourcen. mp
(v. l.) Nico Bastian und Steven Beckers
haben zusammen mit Christian
Franke für würstchenparty.de den
Showcase Medieninformatik 2015
gewonnen
Foto: Daniela Kucharczyk
Sahrah El Ghammaz Idee ist ein digitales Klangbuch für eine interaktive Reise durch die Musikwelt. Das Buch besteht aus Papier und einigen technischen Elementen: mittels leitender
Tinte reagiert es auf Berührung, ebenso durch
das Umblättern einer Seite. Dadurch kann man
in den verschiedenen Kapiteln neben der klassischen Rezeption von Bild und Text auch die
Songstruktur defragmentieren, in dem man
einzelne oder beliebig viele Instrumental- und
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Gesangsspuren eines Lieds ansteuert. Man kann
über Soundloops einen Song neu variieren.
Auch verschiedene Versionen eines Stücks hält
das Klangbuch bereit: Vom Probenraum, über
die Studioaufnahme bis zur Liveversion. Derzeit
arbeitet die Bachelorabsolventin noch an der Finalisierung ihres Prototypen. Einen Ausblick auf
das Endergebnis zeigt sie schon jetzt auf
www.klangbuch.net
Für den besten Abschluss aus den Master- und
Zusatzstudiengängen im Sommersemester
2015 (Note 1,09) ist Michael Wenz mit dem Förderpreis der Ferchau Engineering GmbH ausgezeichnet worden. Michael Wenz studierte am
Campus Gummersbach den Masterstudiengang
Produktdesign und Produktentwicklung. In seiner Abschlussarbeit beschäftigte sich Wenz mit
der „Entwicklung eines Konzepts zur Getriebeverschraubung im Rahmen der Mensch-Roboter-Kollaboration“ für Mercedes-Benz. Weitere
Preisträger sind Marco Busemann (Note 1,15)
im Bereich Informatik sowie Dorina Katinka Weichert (Note 1,4) in den Ingenieurwissenschaften. Marco Busemann schrieb seine Bachelorarbeit im Studiengang Allgemeine Informatik
zu „Best-Practice Lösungen für mobile Webanwendungen mit AngularJS und Ionic unter Performance-Aspekten“. Dorina Katinka Weichert
aus dem Studiengang Allgemeiner Maschinenbau schrieb ihre Bachelorarbeit zur „Konstruktion eines Ofens zur Untersuchung des Erstarrungsverhaltens von Metallschmelzen“, eine
Aufgabenstellung vom Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt in Köln.
+++ Unterstützungsbox für Alzheimerpatienten +++
Simone Fahrenhorst, Absolventin der Köln International School of Design (KISD) der TH Köln,
hat beim Kölner Design Preis 2015 den mit
5.000 Dollar dotierten zweiten Platz gewonnen. Ausgezeichnet wurde ihre Abschlussarbeit ProMemo, ein Unterstützungsangebot für
die pflegenden Angehörigen von Menschen
mit Alzheimerdemenz. In einer Box stellt sie
Für ihr Demenzbegleiter-Set ist KISDAbsolventin Simone Fahrenhorst mit dem
zweiten Platz des Kölner Designpreises
2015 ausgezeichnet worden
Foto: Manuel Kniepe
bestehende Unterstützungsangebote vor, vermittelt grundlegende Informationen und gibt
praktische Tipps für den Alltag. Das Konzept
wirke nicht nur durch eine positive Gestaltung
der Tabuisierung des Themas entgegen, sondern stelle konkrete Anwendungen für den Alltag und Umgang mit Demenzkranken zur Verfügung, so die Jury in ihrer Begründung. Klar
strukturiert und benutzerorientiert bietet ProMemo in Form eines (Erste-)Hilfe-Koffers einen
sehr guten Leitfaden für diese neuen Situationen. Der Kölner Design Preis wurde von der Dr.
R. G. Winkler-Stiftung in diesem Jahr zum achten Mal ausgelobt und zählt zu den am höchsten dotierten Designpreisen.
+++ Fünf Auszeichnungen für Architekturstudierende +++
Gleich vier von fünf Auszeichnungen gingen
beim Studentenwettbewerb des BDB-Landesverband NRW und der Landesbausparkasse LBS
West an Studierende der Fakultät für Architektur der TH Köln. Der Wettbewerb hatte die Aufgabenstellung „Von der Schule zum innovativen
Wohnquartier – Nachnutzung eines zentralen
Gebäudeensembles in Aachen“. Mit der Arbeit
„Q.68 aachen“ erhielten Dominik Briller und Daniel Ajwani den ersten Preis. Die Studierenden
Sheila Abud und Miriam Mitzenheim wurden
mit dem 3. Preis geehrt. Der 4. Platz ging einmal
an Kay Maier und Michael Wiedemann und ein
zweites Mal an Maria Natalia Gabriele Moura.
Angemeldet hatten sich über 90 Projekte aus
verschiedenen Hochschulen.
Bei der Egon Eiermann Preisverleihung 2015,
die von der Eternit AG ausgelobt wird, erhielt
Henrik Hoffrogge die Auszeichnung „Engere
Wahl”. Gefordert waren Ideen für ein Deutsches
Architekturinstitut.
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Lernen und Forschen |
14 | Lernen und Forschen
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Architektur goes Fashion
Mit der Gestaltung von Körperproportionen und deren Relation zum Raum
haben sich Studierende des Bachelorstudiengangs Architektur befasst.
Im Modul „Grundlagen der Gestaltung“ haben die Erstsemester ihre eigenen Hauptachsen vermessen und
sie auf Overalls übertragen. Die Anzüge konnten sie anschließend individuell und abstrakt gestalten. Auf
der abschließenden Fashion Show
präsentierten die Studierenden ihre
Entwürfe.
Leitung: Prof. Dr. Nadine Zinser-Junghanns
Mitarbeit: Sabina Priese und Marcello B. Bonon
In Shame (rechts) visualisiert Anna Katharina
Wendler menschliche Emotionen in Form eines
abstrahierten Wärmebildes. Das Gefühlschaos
stellt sie als undurchdringliches Netz dar mit
farbigem Epizentrum
Niels Theunnissen hat seine Körperachse in die
Länge gezogen. Seinen dominant-verzerrten
Oberkörper nennt er Mystical Axes (links)
Fotos: Marcello B. Bonon, TH Köln
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Lernen und Forschen |
16 | Lernen und Forschen
Arev Karanfiloglu thematisiert mit Raven (links)
die Verschwendungswut unserer Konsumgesellschaft und stellt die Frage nach einem maßvollen Umgang mit Ressourcen. Symbolisierte
der Rabe in der Antike und der nordischen
Mythologie Weisheit, ist er mittlerweile negativ
konnotiert und steht für Bosheit, Unglück und
Tod
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Malka Rohan spielt mit dem Verfremdungseffekt
des Wellen Gang (rechts), bei dem der Körper zu
zerfließen scheint
Catwalk im Altbau am Campus Deutz (oben).
Auf der abschließenden Fashion Show präsentierten die Studierenden ihre Kreationen
Fotos: Marcello B. Bonon, TH Köln
Fotos: Heike Fischer, TH Köln
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Inside out_Winter 2015
Lernen und Forschen |
18 | Lernen und Forschen
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Die Woche des Querdenkens
Interdisziplinäre Projektwoche zu Stadtentwicklung, Storytelling und Brettspielen
Platz 2 für ecommunity. In den multikulturellen MehrGenerationen-Häusern wird die gegenseitige Hilfe
groß geschrieben und ökologisch gewirtschaftet, u.
a. mit einer Regenwasseraufbereitung. Das gemeinschaftliche Zentrum bilden die Dachgärten, in denen
auch Obst und Gemüse angebaut werden.
Studierendenteam: Jan Berchem, Alison Blake, Oscar
de Oliveira Nunes Neto, Miriam Deimel, Fabio Faccin,
Marco Häufle, Lotta Hyvärinen, Michael Kopp, Katharina Krien, Viktor Martens, Theresa Mendrina, Tanja
Nießen, Marco Rodrigues Ferreira, Lukas Romeijn,
Florian Schmitz und Kaiwen Zhao
Platz 3 für Bicycologne 2030, ein am Beispiel der Zülpicher
Straße in Köln entwickelter Fahrradweg, der – deutlich
getrennt vom Pkw-Streifen – sicherer für Radfahrer ist.
Der Radweg hat eine solarbetriebene Beleuchtung und
ein Enteisungssystem, das durch Grauwasser-Energie
betrieben wird. Mit im Konzept: Fahrradhalterungen an
Bussen und Bahnen, die längere Wegstrecken erleichtern.
Studierendenteam: Ivonne Freya, Isabelle Müller, Steven
Nagel, Daniele Natale, Desmond Nwaigwe, Hanna Rempe,
Wladimir Rempel, Till Reuter, Anna Rinas, Sebastian
Rochus, Daniel Ruffen, Carolin Schabbing, Arne Schlockermann und Lara Schluckebier
Fotos: Heike Fischer, TH Köln
400 Studierende, sechs Fakultäten, 25 Ideen für
ein großes Ziel: mehr soziale Innovationen für
Köln und die Region. Für die interdisziplinäre
Projektwoche der TH Köln hatten sich zum ersten Mal sechs Fakultäten zusammengetan: Die
Fakultäten für Angewandte Sozialwissenschaften, Kulturwissenschaften, Architektur, Bauingenieurwesen und Umwelttechnik, Anlagen, Energie- und Maschinensysteme sowie Angewandte
Naturwissenschaften. Deren Bachelorstudierende der höheren Semester sollten in interdisziplinären Gruppen Projektanträge für einen
fiktiven Wettbewerb entwickeln, bei dem innovative Zukunftsprojekte zur Stadtentwicklung
gefördert werden. Die Ansätze der Studierenden sollten dabei das Potenzial haben, später in
einem realen Lehr- oder Forschungsprojekt fortgeführt und ausgearbeitet zu werden.
In den bunt zusammengewürfelten Gruppen
trafen eine Woche lang verschiedene fachliche
Hintergründe und Perspektiven aufeinander:
Soziale Arbeit, Design, Erneuerbare Energien,
Verfahrenstechnik oder Bauingenieurwesen. Innerhalb der 25 Teams mussten sich die Studierenden selbst organisieren, wurden dabei aber
unterstützt von studentischen Tutorinnen und
Tutoren. Beim gemeinsamen Brainstorming und
Recherchieren entstanden die verschiedensten
Ideen: Zum Beispiel Fußgängerbrücken über
den Rhein mit einer Beleuchtung, deren Energie durch die Bewegung der Passanten erzeugt
wird. Oder Made in Cologne, ein Ansatz, bei dem
die von Supermärkten weggeworfene Lebensmittel genutzt werden, um darauf Maden und
Pilze zu züchten, die selbst als Lebensmittel genutzt werden können.
Bei der Abschlusspräsentation in der Aula am
Campus Südstadt wurden drei Siegerteams gekürt. Platz Eins gewann das Projekt equo, ein
ökologisches Bussystem mit automatisierter Einstiegshilfe für Rollstuhlfahrer und Platzfindungshilfen für Sehbehinderte. Den zweiten Platz bekam die Studierendengruppe von
ecommunity, einem Konzept, bei dem die Bewohner größerer Wohneinheiten gemeinschaftlich und ökologisch wirtschaften. Platz drei ging
an Bicycologne 2030. Hier sollen Fahrradfahrer
durch eine eigene Fahrspur deutlich vom PkwVerkehr getrennt werden. Die Radwege werden
außerdem durch Energie, die mittels Grauwasser erzeugt wird, eisfrei gehalten.
Foto: Heike Fischer, TH Köln
Platz 1 für equo, ein Konzept für solarbetriebene Elektrobusse mit besseren
Zugängen, einem hydraulischem Rampensystem und einem sensorbetriebenen
Sitzplatzsystem.
Studierendenteam: Philipp Krapp, Nils Krüll, Sascha Kurscheid, Yannick Liebertz,
Matthias Lischka, Anuscheh Onsori, Lisa Peter, Stefan Peters, Christian Petry,
Marvin Pfitzmann, Paula Pimentel da Silva, Katharina Querbach und Dennis
Teutenberg
http://thkprowo.profil2.web.th-koeln.de
Fortsetzung auf Seite 20
Inside out_Winter 2015
Inside out_Winter 2015
Lernen und Forschen |
20 | Lernen und Forschen
Fortsetzung von Seite 19
Neben dem Großprojekt „Zukunftsstadt“ arbeiteten die Studierenden auch in anderen
interdisziplinären Gruppen zusammen. Die
Fakultäten für Informations- und Kommunikationswissenschaften sowie für Informations-, Medien- und Elektrotechnik boten zwei Projektaufgaben an. Für das Smart City EU-Projekt Grow
Smarter, das die Städte Köln, Barcelona und
Stockholm durchführen, erarbeiteten die Studierenden als Übung Materialien zur Bürgerinformation. Die Informationsmaterialien sollen
die Vorteile aufzeigen, die durch eine Datenerfassung über elektrische und thermische Energien in Privathaushalten oder bei der urbanen
Mobilität entstehen.
Mit „Multimedialem Storytelling“ beschäftigten sich Studierende der Bachelorstudiengänge
Online-Redakteur und Medientechnologie das
ganze Semester über. Sie zeigen die Berufsbilder beider Studiengänge anhand von sechs
Alumni-Porträts. Dazu besuchten sie während
der Projektwoche Absolventinnen und Absolventen an ihren Arbeitsplätzen, führten Interviews und filmten sie bei der Arbeit. Daraus erarbeiteten die Teams multimediale Porträts, die
zum Ende des Semesters auf den Internetseiten
des Studiengangs Online-Redakteur veröffentlicht werden.
On Location: Im deutschen Luft- und
Raumfahrtzentrum drehen Studierende mit
einer Absolventin des Studiengangs OnlineRedakteur ein Berufsporträt
Eine verspielte Projektwoche erlebten Studierende der Fakultäten für Angewandte Sozialwissenschaften sowie Informatik und Ingenieurwissenschaften. In der Games-Werkstatt
entwickelten sie eigene Spielkonzepte. Eine
Gruppe kreierte eine neue Brettspiel-Variante
des Nintendo-Klassikers Mario Kart zum Thema
Ethik und Games. Andere setzten das Thema
Flucht und Albtraum um: in einem aus mehreren Ebenen bestehenden Spielfeld stürzen die
Figuren in die Tiefe ihres Albtraums. Ein anderes
Spielkonzept für Kinder handelt von Magiern
und Trollen und begeisterte bei der Evaluation
auch als Trinkspiel-Variante für Erwachsene. Ihre
Ergebnisse mussten die Studierenden in Form
einer Pecha-Kucha-Präsentation vorstellen: Innerhalb von sechs Minuten und 40 Sekunden
müssen 20 Vortragsfolien gezeigt werden, die
jeweils nur 20 Sekunden eingeblendet werden.
Mit dem Thema Mensch-Computer-Interation
befassten sich Studierende der Fakultäten für
Informations- und Kommunikationswissenschaften sowie Architektur. Am Beispiel von Onlineshops für Friseurleistungen erarbeiteten sie
Ideen für digitale Schnittstellen von Benutzeroberflächen. Dabei entwickelte ein Team sogar einen Prototypen für mobile Endgeräte, mit
dem Kunden ihre Friseurtermine inklusive der
Wunsch- und Zusatzleistungen buchen und
vorab online bezahlen können. mp
21
Unter #thkprowo twitterten Studierende, Lehrende und Tutoren ihre
Eindrücke während der Projektwoche:
darunter Motivationsspritzen wie das
Bergfest (links), erste Modelle (Mitte)
und Überstundenankündigungen
(unten links)
Foto: Yve_O
Foto: Mauro Rego
Erste Erkenntnisse zur Gruppenarbeit: „The
leader is not the one who speaks but the
one who passes the mic” (oben)
Foto: Mauro Rego
Foto: Medieninformatik
Spaßige Woche in der Games-Werkstatt:
Studierende der Sozialen Arbeit und der
Informatik erfinden neue Spiele, die auch
gleich ausprobiert und evaluiert werden
(rechts). Darunter Brettspiele mit Monstern
und Trollen sowie zum Thema Flucht und
Albtraum (unten links)
Foto: Jürgen Sleegers
Projektwoche auch bei den Erstsemestern, wie
hier an der Fakultät für Architektur. Bei der Aufgabe „Campi di Venezia” bauten die Studierenden Modelle der venezianischen Plätze, die sie
zuvor auf ihrer Exkursion in die Lagunenstadt
besichtigt hatten (unten, Mitte)
Foto: Jürgen Sleegers
Foto: AKoeln
Foto: Philipp Backes
Foto: AKoeln
Foto: Jürgen Sleegers
Inside out_Winter 2015
Inside out_Winter 2015
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Small-Talk: Bringen Telematik-Tarife Vorteile für die Verbraucher?
Die Fitnessuhr bei der Kranken- und eine Blackbox für die Kfz-Versicherung – die Digitalisierung bietet neue Modelle für die Versicherungsbranche. Im internationalen Vergleich
halten sich deutsche Versicherungen mit diesen Angeboten noch zurück. Das Versicherungssymposium der TH Köln beschäftigte sich in diesem Jahr deshalb mit den Kundenerwartungen und -erfahrungen in der Assekuranz angesichts der digitalen Sozialisierung.
Für Dr. Michaele Völler, Professorin für Unternehmensführung und Versicherungsmarketing,
überwiegen bei den Telematik-Tarifen für Verbraucherinnen und Verbraucher die Vorteile.
Fotos: Heike Fischer, TH Köln
Das temporäre Du ist eine Grundregel auf einem
Barcamp – selbst zwischen Studierenden und Präsidium. Nadja Oertel und Monika Bröhl (v. l.) wollen mit
Barcamps das Mitspracherecht der Studierenden verbessern. Auf ihrer Premiere „Mitmachen statt absitzen“ ist
das bereits gut gelungen
Deutschlands größter Kfz-Versicherer will
2016 Telematik-Tarife anbieten: Wer seinen Fahrstil mit einer im Auto installierten Blackbox kontrollieren lässt, zahlt niedrigere Beiträge. Hat das nicht etwas von
Überwachung statt einem echten Mehrwert
für den Versicherer?
Michaele Völler: Überwachung ist heute schon
fast normal: In einer Welt, in der fast jeder
Google benutzt, Nachrichten über WhatsApp
austauscht, mit der Payback-Karte einkauft und
ein Smartphone bei sich trägt, ist es letztlich
doch schon üblich, dass man besondere Leistungen oder Vergünstigungen nur noch im Austausch gegen Daten erhält. In manchen Fällen
ermöglichen es die Daten sogar erst, den Kunden besser zu verstehen und ihm einen besonderen Vorteil zu bieten. Tatsächlich sehe ich in
den Telematik-Tarifen einen deutlichen Mehrwert für die Versicherten: Autofahrer können
aufgrund des Feedbacks aus den Systemen ihre
Fahrweise verbessern und leben damit sicherer. Zudem profitieren sie bei vorsichtiger Fahrweise von den günstigeren Prämien. Obendrein
bietet die verwendete Technologie die Möglichkeit, bei einem Unfall sofort Hilfe zum Unfallort
zu schicken. Wenn dadurch mein eigenes oder
das Leben meines Kindes gerettet wird, empfinde ich das als großen Mehrwert.
Müssen Kundinnen und Kunden befürchten, dass die Preise von Nicht-TelematikTarife in Zukunft steigen werden?
Michaele Völler: Die mir bekannten Konzepte sehen lediglich vor, dass gutes Fahrverhalten belohnt wird. Ein schlechtes Fahrverhalten führt dazu, dass man bei der alten
Prämienhöhe bleibt, aber nicht mehr zahlt.
Die Telematik-Tarife geben einen Anreiz, vorsichtiger zu fahren. Wenn dies zu weniger Unfällen und geringeren Schadenaufwendungen führt, ist ein Rabatt hierfür gerechtfertigt.
Wenn alle guten Fahrer in einen solchen Telematik-Tarif wechseln würden, blieben natürlich irgendwann nur noch die schlechten Fahrer im alten Tarif und müssten entsprechend
für ihren höheren Schadenaufwand auch
mehr bezahlen. Aber selbst dann: Da man
sein Fahrverhalten beeinflussen und zum guten Fahrer werden kann, muss ein „normaler“
Kunde aus meiner Sicht nichts befürchten.
Haben sich die Erwartungen der Kunden
an Versicherungen durch die Digitalisierung und Angebote von Google, Facebook
und Amazon denn geändert?
Michaele Völler: Durch Google sind wir gewohnt, dass alles intuitiv und leicht ist.
Foto: privat
Amazon macht individuelle Vorschläge zu Produkten, die hilfreich und nützlich für mich sind.
Facebook macht das „Sharing“ leicht. Solche Erfahrungen prägen natürlich unsere Erwartungen auch an Versicherungen. Die Anforderungen an Versicherer steigen damit.
Mit welchen Angeboten können sich Versicherer attraktiver aufstellen und dadurch
vielleicht auch den alten Versicherungscharme abstreifen?
Michaele Völler: Das Produkt im Versicherungswesen ist ein in die Zukunft gerichtetes
Leistungsversprechen, also immateriell. Nach
dem Kauf erleben die meisten Kunden ihre Versicherung nur durch die jährliche Rechnung.
Versicherer sollten nach wertschaffenden Zusatzservices jenseits der alten Industriegrenzen
suchen, die charmant mit ihrem Kernprodukt
verknüpft sind und für häufigere positive Erlebnisse und damit Kundenzufriedenheit sorgen.
Interview: Monika Probst
Mitgemacht statt abgesessen
Barcamp an der TH Köln für mehr studentische Mitsprache
Barcamps machen hungrig. Vielleicht wird auf
Barcamps aber auch deshalb gerne gegessen,
weil stets genug süßes und herzhaftes Fingerfood gereicht wird. Fakt ist, dass anregende
Konversation und leckeres Essen gut miteinander harmonieren. Nadja Oertel und Monika
Bröhl haben an der TH Köln unter dem Motto
„Mitmachen statt Absitzen“ das Barcamp „Digital. Vernetzt. Beteiligt.” organisiert – und auch
das reichhaltige Catering durchgesetzt. „Zum
Glück“, wie sich im Nachhinein heraus gestellt
hat. „Das Essen war sicher mit ein Grund, warum
alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bis in den
Abend so motiviert waren“, sagt Nadja Oertel.
Anders als auf Tagungen gibt es auf Barcamps
keine gesetzten Referenten: alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Zuhörer und Sprecher zugleich. „Man nennt sie deshalb Teilgeber“, sagt Nadja Oertel. Schon seit gut zwei
Jahren beschäftigen Oertel und Bröhl sich in
Inside out_Winter 2015
ihrem Bachelorstudium der Sozialen Arbeit mit
dem Modell der sogenannten (Un-)Konferenz,
bei der die Mitglieder basisdemokratisch Inhalte und Abläufe zu Beginn der Veranstaltung
gemeinsam entwickeln. Jeder kann seine Ideen
einbringen, die dann in thematischen Sessions
münden. Auf denen wird dann frei diskutiert.
Keine Hierarchie, keine Angst vor Bewertung.
„Das temporäre Du war für viele eine Herausforderung, ist aber nicht zu unterschätzen.“, sagt
Monika Bröhl. „Man bewegt sich dadurch auf einer Augenhöhe, die Atmosphäre ist persönlicher und sehr wertschätzend.“
Gestreamte Vorlesungen sind beliebt
Immerhin rund die Hälfte der 65 Teilgeberinnen und -geber waren Lehrende, die sich an einem Samstagmorgen zum Campus Südstadt
aufgemacht hatten – darunter auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Hochschulen. Die
weiteste Anreise hatte eine Dozentin aus Konstanz. Neben Studierenden waren auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Einrichtungen wie
dem Kompetenzteam Hochschuldidaktik oder
aus dem Referat für Studium und Lehre gekommen. „Wir waren sehr beeindruckt, wie offen
sich alle auf die Diskussion mit uns Studierenden eingelassen und welche Lernbereitschaft
die Lehrenden gezeigt haben“, so Nadja Oertel.
Im Mittelpunkt stand der Einsatz digitaler Medien in der Lehre: was ist sinnvoll, welche Formate haben einen Mehrwert, gerade im Hinblick auf die Flexibilisierung der Lehre? Die
berufstätigen Mütter Bröhl und Oertel spricht
das Thema auch persönlich stark an. Kind, Studium und Job unter einen Hut zu bringen
schlaucht. Der Einsatz gestreamter Vorlesungen
und Open Educational Resources ist vielen Studierenden ebenso hilfreich wie der persönliche
Austausch mit den Lehrenden. Die Weiterentwicklung des Flipped Classroom-Modells wurde
deshalb auf mehreren Sessions engagiert diskutiert. Auf http://barcamp.th-koeln.de werden
alle Session-Ergebnisse veröffentlicht, einige
wurden bereits von den Lehrenden der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften intensiv besprochen.
Barcamp als gelebte Beteilung
„Ein Barcamp bietet Studierenden echte Beteiligung, im Gegensatz zur Schein-Partizipation
in etablierten Hochschulgremien, in denen Studierende vertreten sind“, sagt Monika Bröhl,
meint das aber nicht als Kritik, sondern als eine
Möglichkeit zur Weiterentwicklung. „Natürlich
macht es viele Prozesse leichter, wenn man die
Kontrolle auf weniger Akteure verteilt, das kann
ich verstehen. Aber die Rahmen- und Hochschulentwicklungspläne fordern nun mal eine
echte aktive Beteiligung der Studierenden und
eine Flexibilisierung der Lehre. Durch ihre flache
Hierarchie können Barcamps solche Prozesse
gut vorantreiben“.
Das Konzept der (Un-)Konferenz gibt es bereits
seit über zehn Jahren und kommt – wie so oft –
aus den USA. An deutschen Hochschulen hält es
eher schleppend Einzug. „Die Hochschulen verschlafen die Entwicklung, ähnlich, wie sie sich
bisher schwer tun mit der Digitalisierung“, so
Nadja Oertel. Ihr Urteil werden die beiden Studentinnen in ihrer Bachelorthesis auf Evaluationsergebnisse stützen. Ihre Recherche hat bereits ergeben, dass es zum jetzigen Zeitpunkt
kaum wissenschaftliche Untersuchungen zu
Barcamps gibt. Ideen, wie das Format an Hochschulen eingesetzt werden kann, haben beide
griffbereit: Als Teil der Einführungswoche, als Ersatz für den Evaluationstag oder als neue Form
der Praxismesse.
„Natürlich kann ein Barcamp nicht alles ersetzen, genauso wenig wie die Digitalisierung die
Präsenzlehre. Aber im Bereich des Forschenden
Lernens bringt es Studierenden wirklich viel:
man wird selbstbewusster, lernt frei zu sprechen und konkret auszudrücken, was einem
wichtig ist“, betont Monika Bröhl. Dass die Vizepräsidentin für Lehre und Studium, die ebenfalls Teilgeberin des Barcamps war, bereits ihr
Interesse an der Abschlussarbeit angemeldet
hat, setzt das eingespielte Team nicht unter
Druck. Das temporäre Du hat beide Seiten locker miteinander in Kontakt gebracht. mp
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Geigenbauerin Silke
Lichtenberg (32) benutzt
für ihr Gesellenstück, die Violine, einen Fernambuk-Bogen. In ihrer Masterthesis
über die bedrohte Holzart
stellt sie die Frage, wie viel
Nachhaltigkeit uns unsere
kulturellen Traditionen
wert sind
Ein Holz für den
besonderen Klang
Das Kunsthandwerk des Geigen- und Bogenbaus gehört seit der
Renaissance zur abendländischen Kultur. Doch in Zeiten globalisierter Märkte und
knapper Ressourcen sind diese Nischenberufe bedroht. Geigenbauerin Silke
Lichtenberg hat Energie- und Umweltmanagement studiert und sich am ITT mit
der aktuellen Entwicklung dieser traditionsbewussten Branche
beschäftigt. Wie viel Nachhaltigkeit ist uns dieses Kulturgut wert?
Um den Klang berühmter Geigen und ihre Baumeister ranken sich Legenden. Noch heute gilt
der Italiener Antonio Giacomo Stradivari als der
wohl beste Geigenbauer der Geschichte. Für
11,6 Millionen Euro wechselte seine Violine Lady
Blunt vor fünf Jahren ihren Besitzer – das ist Rekord. Teure Geigen werden von Konzernen als
prestigeträchtiges Investment bewertet. Weit
weniger öffentliche Beachtung findet dagegen
der Streichgegenstand, der einer Violine ihre
Töne entlockt: der Bogen.
Der Violinist Giovanni Battista Viotti prägte den
Leitspruch „Die Geige, das ist der Bogen“. Auch
hier gibt es qualitativ große Unterschiede. In
der Fachwelt der Musiker und Bogenbauer
überwiegt die Meinung, dass die besten Bögen
nur aus einem Material hergestellt werden können: Es ist das Holz des Fernambuk, auch PauBrasil genannt. Nur mit Hilfe des brasilianischen
Nationalbaums würde eine Geige ihre warme
Klangfarbe bekommen.
Nationalbaum vom Aussterben bedroht
„Dieser subjektive Eindruck ist allerdings stark
beeinflusst durch unsere kulturgeschichtliche Tradition“, sagt Silke Lichtenberg. Die Absolventin des Masterstudiengangs Environment and Resources Management am Institut
für Technologie und Ressourcenmanagement
in den Tropen und Subtropen (ITT) ist gelernte
Geigenbauerin. Wenn sie Violine spielt, bevorzugt sie ebenfalls den Klang eines Bogens aus
dem Tropenholz. In ihrer Masterthesis stellt sie
aber diese oft formulierte Alternativlosigkeit
Foto: Heike Fischer, TH Köln
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in Frage. Denn in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet im atlantischen Regenwald Brasiliens ist der Pau-Brasil, stark bedroht.
Die Schuld dafür tragen nicht die Musikerinnen
und Musiker. Während der portugiesischen Kolonialisierung im 16. Jahrhundert war Pau-Brasil
der wichtigste Rohstoff der brasilianischen Kolonie. Aus ihm wurden scharlach- und karmesinrote Farben gewonnen. Später mussten die
Wälder erst den Zuckerrohrplantagen, dann der
Papierindustrie weichen. Nur noch sieben Prozent der Waldfläche ist heute vorhanden. Deshalb ist der Pau-Brasil auf die Rote Liste gesetzt
worden, und im Washingtoner Artenschutzabkommen, das den internationalen Handel bedrohter Tier- und Pflanzenarten einschränken
soll, in die Kategorie zwei aufgenommen worden. Das bedeutet hohe Auflagen für den Bogenbauer: Nur noch vor 2007 geschlagenes und
zertifiziertes Holz darf verwendet werden.
Kostbares Holz, billige Produktion
In ihrer Masterthesis hat Silke Lichtenberg die
kulturgeschichtliche Entwicklung des Geigen- und Bogenbaus mit der industriellen Entwicklung verknüpft und die heutige Vermarktungskette vom Angebot in Brasilien bis zu
den Absatzmärkten in Europa, Asien und Nordamerika untersucht. Eigentlich sollte man meinen, dass die Preise für einen Geigenbogen
durch die Sanktionen steigen müsste – mitnichten. Auf dem chinesischen und osteuropäischen Markt werden Bögen aus Fernambuk so
günstig produziert, dass ein Anfängerbogen bereits für 120 Euro verkauft wird. Deutsche, teurere und hochwertigere Bogen sind deshalb
zunehmend nur für semi- und professionelle
Musiker interessant.
Konzert in der Carnegie Hall in New York mit
einfachen Karbonbögen vorlieb nehmen.
Silke Lichtenberg stellt die Frage, ob Kinder und
Jugendliche für ihren Geigenunterricht nicht
auch mit einem heimischen Holz oder mit Karbon vorlieb nehmen können. „Fernambuk sollte
nicht mehr für die günstigen Bögen verwendet werden“, fordert sie. Doch wenn das Tropenholz von Bogenbauern als qualitativ alternativlos bewertet wird – wie sie in ihrer Umfrage
festgestellt hat – und gleichzeitig dieses kostbare Gut für wenig Geld in Massen verscherbelt
wird, stellt sich die Frage: Zu wie viel Verzicht im
Sinne der Nachhaltigkeit ist der Einzelne bereit?
Kann Aufklärungsarbeit hier helfen?
Traditionsberuf in Gefahr?
Für den traditionellen Bogenbau ist das eine
Horrorvorstellung. Knapp 50 Bogenbauer gibt
es in Deutschland. Sie sehen ihre Existenz bedroht. Angesichts der globalen Szenarien von
Hunger, Krieg und Flucht eigentlich ein untergeordnetes Thema, oder etwa nicht? „Klar habe
ich mehr als einmal gedacht, dass ich mich
nicht mit einem existenziellen Thema auseinandersetze, mit denen wir uns am ITT eigentlich
beschäftigen. Aber andererseits lässt sich mein
Thema gut auf andere Nischenprobleme übertragen.“ Denn in ihrer Gesamtheit bilden diese
vergleichsweise geringfügigen Probleme und
Thematiken die kleinen Rädchen in einem vielschichtigen und vielseitigen Getriebe, sowohl
beim Umweltschutz als auch bei der kulturellen Identität.
„Jedes sozioökologische System durchläuft gewisse Phasen, aus denen wir Rückschlüsse ziehen können über kommende Entwicklungen“,
sagt die 32-Jährige. Und die könnten schlecht
aussehen für Bogenbauer und Musiker: Wenn
der Pau-Brasil weiter illegal abgeholzt wird und
in die erste Kategorie des Washingtoner Artenschutzabkommens eingestuft werden sollte,
dann müssen Profimusiker auf internationalen Tourneen auf ihre Fernambukbögen verzichten. Als Beispiel für die restriktiven Folgen,
die die Stufe eins haben kann, nennt Silke Lichtenberg die Berliner Philharmoniker: Einige ihrer Bögen sind – wie seit Jahrhunderten üblich
– mit einem kleinen Stück Elfenbein ausgestattet. Die Bögen wurden vom US-amerikanischen
Zoll kassiert – die Streicher mussten bei ihrem
Von Musikern und Geigenbauern initiiert, gibt
es mittlerweile Wiederaufforstungsprogramme,
um auch in Zukunft Fernambuk kommerziell nutzen zu können. Silke Lichtenberg, die für
ihre Masterthesis mit dem ersten Preis des ITT
für die beste Jahrgangs-Abschlussarbeit ausgezeichnet wurde, überlegt gerade, das Thema
in einer Promotion weiter zu verfolgen. Ihre Erkenntnisse zum Pau-Brasil-Bogenbau möchte
sie mit der Verwendung des ebenfalls gefährdeten Ebenholzes im Geigenbau vergleichen.
„Möglicherweise gibt es hier Parallelen zur Situation auf Madagaskar, wo das Ebenholz geschlagen wird.” mp
„Es geht nicht nur um Artenschutz, sondern auch um
unsere kulturelle Identität“
Foto: Costa Belibasakis, TH Köln
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Abgesaugt:
Vom Grund auf gereinigt
Rund 16 Prozent der weltweiten Energie wird durch Wasserkraft erzeugt.
Die dafür nötigen Stauseen sind teuer in der Instandhaltung, denn sie
drohen ständig durch Gesteinsablagerungen zu verlanden. Auch deutsche Talsperrenbetreiber investieren mehrere Millionen Euro, um die Becken aufwändig auszubaggern. An der TH Köln haben Wissenschaftler ein einfaches, kostengünstiges und CO-freies Verfahren entwickelt,
um Stauseen nachhaltig von Sedimentablagerungen zu befreien.
Im Wasserbaulabor untersucht Ingenieur Yannick Ratke,
wie sich einzelne Bauteile des zum Patent angemeldeten
Messgeräts weiter optimieren lassen
Foto: Thilo Schmülgen, TH Köln
Kalifornien wartet auf das Ende der Dürre. Seit
vier Jahren vertrocknen Flora und Fauna, müssen Bürger wie Farmer sich an drastische Wassersparvorgaben halten. Die Stauspeicherbecken sind nahezu leer. Experten wie das
Goddard Institute for Space Studies der Nasa
prognostizieren, dass „Mega-Dürren“ wie die
California Drought „mindestens 30 bis 35 Jahre
dauern“ könnten. Neben den Wetter- und Klimafaktoren bereiten den US-Behörden und Experten auch die Stauseen selbst Probleme:
Sie führen nicht nur immer weniger Wasser, sondern verlieren große Mengen ihrer
Speicherkapazität.
Auf dem Grund der Seen sammeln sich so viele
Ablagerungen, dass der Boden geradezu nach
oben anwächst. Das Problem der Sedimentation gilt für alle Stauseen weltweit. Alle zwei
bis drei Jahre müssen Stauseen mit aufwendigen Verfahren von den Sedimentablagerungen befreit und dabei teilweise abgelassen und
ausgebaggert werden. Ein teures Verfahren:
Alleine beim US-amerikanischen Glen-CanyonDamm kostet das jeweils rund sechs Millionen
US-Dollar.
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Deshalb zeigten im Frühjahr 2015 US-amerikanische Wissenschaftler und Behörden auf der
Joint Federal Interagency Conference on Sedimentation and Hydrologic Modeling (SEDHYD
2015) in Nevada großes Interesse, als das Labor für Wasser und Umwelt der TH Köln seine
Forschungsergebnisse vorstellte. Warum nicht
den Grund der Stauseen mit einem speziellen
Staubsauger abfahren?
Fräsen, Saugen, Abtransportieren
Unter dem Namen „Kontinuierliche Lösung
und Aufnahme von Sedimentablagerungen“
(KLASed) leitet Prof. Dr. Christian Jokiel das Forschungsprojekt an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik. Das dabei erarbeitete Verfahren ist einfach, kostengünstig, frei
von CO und zum Patent angemeldet. Außerdem schafft es als bisher einziges Verfahren die
in den Europäischen Wasserrichtlinien geforderte Durchgängigkeit von Stauanlagen für Sedimente. „Es ist eine Schlüsseltechnologie zur
CO-freien Energieerzeugung und -speicherung
aus Wasserkraft“, so Jokiel.
Die ursprüngliche Idee stammt vom Kooperationspartner DB Sediments. Bereits 2011 hatte
das Unternehmen zusammen mit der RWTH Aachen eine naturnahe Lösung entwickelt gegen
die Verlandung von Stauseen. Dabei fährt eine
schwimmende Arbeitsplattform kontinuierlich über das Gewässer. Die Ablagerungen auf
dem Boden werden über eine Fräse gelockert,
schichtweise vom Boden gelöst, wie bei einem
Staubsauger abtransportiert und in den Flussablauf geleitet. Dieses bisher einzigartige Verfahren wurde jetzt an der TH Köln von den Ingenieuren Yannick Ratke und Timo Fahlenbock
optimiert. Sie haben ein Gerät entwickelt, das
die Sedimentschichten mit einem Wasserstrahl
vollautomatisch vom Boden löst und in ökologisch sinnvollen Konzentrationen in das fließende Gewässer abgibt.
„Eigentlich ist die Sedimentation und Erosion
ein natürlicher Prozess in Flüssen“, sagt Yannick
Ratke. „Sedimente und Schwebstoffe sind für
fließende und stehende Gewässer sehr wichtig: Sie schützen das Gewässer vor Erosion und
sind ein wichtiger Lebensraum für die Bodenlebewesen.“ Stauseen unterbinden diesen natürlichen Vorgang. Während sich am Grund der
Seen die Ablagerungen sammeln, führen die
Flüsse im weiteren Verlauf nur noch wenige
Schwebstoffe mit sich. Das führt flussabwärts zu
vermehrter Erosion.
„Eigentlich ist
Sedimentation ein
natürlicher Prozess
und für Gewässer sehr wichtig“
Mit 120 bar gegen die Verkrustungen
Bei ihren Untersuchungen im Wasserbaulabor
am Campus Deutz haben Ratke und Fahlenbock
die Form, Art und Größe des kombinierten Wasserstrahldüsen-Saugkopfes und des Absaugrohres optimiert. Dessen Abstand zur Sedimentoberfläche ist ebenso entscheidend wie der
entsprechende Wasserdruck der Düsen – damit nicht zu viele Sedimente gleichzeitig gelöst
werden und eine Trübung im Stausee entsteht.
„Größe, Struktur und organische Anteile der Sedimente sind unterschiedlich. Auf diese Eigenschaften muss der Wasserstrahl angepasst werden, der sich unter Wasser anders verhält, als
über Wasser“, so Ratke. „Viele dieser Ablagerungen haben sich so sehr verfestigt, dass hohe
Wasserdrücke von bis zu 120 bar nötig sind, um
diese wieder zu lösen“.
Das Erodieren der Sedimente variiert je nach
Beschaffenheit der Spüldüse und des Wasserdrucks. Die Dichte und Konzentration der gelösten Schwebstoffe sind ebenfalls entscheidende
Aspekte. Dazu hat das Team ein neuartiges
Messgerät entwickelt, das jetzt zum Patent angemeldet ist. Es misst vollautomatisch die
Konzentration der Schwebstoffe im Wasser. Im
Gegensatz zu dem gängigen Coriolis-Messgerät
ist der Prototyp des Labors für Wasser und Umweltr kostengünstig, leicht und misst sehr präzise – auch in Gewässern, die durch ihre hohe
Biomasse eine hohe Methanemission aufweisen. Dadurch kann man die Förderrate des Sediments flexibel auf die individuellen Gegebenheiten der Stauseen anpassen.
Der Projektpartner DB Sediments wird die neue
Technik, deren Entwicklung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund
311.000 Euro gefördert worden ist, jetzt an der
Heilenbecketalsperre im Ennepe-Ruhr-Kreis einsetzen. In den nächsten zwei Jahren wird die
Anlage rund 2.000 m³ Sedimentablagerungen
dem Gewässer der Heilenbecke zuführen. Ratke
und seine Kollegen arbeiten jetzt an der Veröffentlichung ihrer Untersuchungen. „Danach
werden wir sicher wieder enger mit den internationalen Kollegen in den Austausch kommen.” mp
Inside out_Winter 2015
Lernen und Forschen |
28 | Lernen und Forschen
Ausbalanciert:
Gut Ding will Weile haben
29
Zehn Jahre
re Entwicklungsarbeit: Sebastian Zareba hat mit Feedbalance einen Balancetrainer
mitkonzipiert,
ipiert, auf dem Kranke und Sportler
gleichermaßen
maßen ihren Gleichgewichtssinn
trainieren
en können
Menschen, die einen Schlaganfall erlitten oder eine Hüftoperation hinter sich
haben, müssen ihren Gleichgewichtssinn stimulieren. Dabei kann
zukünftig ein Balancetrainer helfen, der im Labor für Regelungstechnik und
Mechatronik entwickelt worden ist. Zehn Jahre Forschungsarbeit stecken in Feedbalance – dafür ist mit dem Gerät das Hinfallen jetzt fast nicht mehr möglich.
Als Sebastian Zareba zum ersten Mal von der
Idee eines „feedback-orientierten Balancetrainers“ hörte, studierte er im fünften Semester
Konstruktionstechnik. Für Prof. Dr. Heinrich Ratjen erarbeitete er als studentische Hilfskraft die
ersten Entwürfe. Zehn Jahre später ist sein damaliger Professor emeritiert und Zareba beschäftigt sich noch immer mit dem Balancetrainer: Als Projektleiter in einen Nachfolgeprojekt
im Labor für Regelungstechnik und Mechatronik von Prof. Dr. Mohieddine Jelali. Ein ganzes Jahrzehnt für eine Idee: Wie fühlt es sich an,
wenn aus einer Vision ein beinahe marktreifes
Produkt geworden ist? „Sehr gut“, antwortet der
heute 31-jährige und grinst breit.
Und was kann der feedback-orientierte Balancetrainer, der auf den Namen FeedBalance hört?
„Das Gerät analysiert die Balancefähigkeit eines Probanden und kann durch gezielte Stimulation das Gleichgewichtsverhalten verbessern“,
erklärt Zareba. Grundlage dafür ist eine sehr
präzise Druckplatte des Projektpartners zebris
Medical, durch die Zarebas Team bis auf einen
Millimeter genau sagen kann, wo der Schwerpunkt eines Menschen liegt und wie gut er diesen Schwerpunkt halten kann. „Jeder Mensch
schwingt hin und her – auch wenn man das Gefühl hat, exakt gerade zu stehen. Diese Schwingungen messen wir. Durch ihre Veränderungen
können wir etwa berechnen, ob der Mensch auf
dem Gerät die Augen geschlossen hat oder auf
einem Bein steht“, sagt Zareba.
Hinfallen (fast) unmöglich
Die Technik könnte beispielsweise in Krankenhäusern eingesetzt werden. Bei Patienten, die
nach langwieriger Krankheit das Bett wieder
verlassen dürfen, muss getestet werden, wie
gut der lange Zeit untätige Gleichgewichtssinn
funktioniert. „Bislang machen Mediziner eine
Inside out_Winter 2015
Sichtprüfung, um zu entscheiden, wie gut der
Patient stehen kann. FeedBalance kann diese
Entscheidung mit genauen Daten unterstützen“, sagt Zareba. Ein weiterer Vorteil gegenüber der bisherigen Vorgehensweise: Solange
der Patient auf der Platte steht, kann er im Prinzip nicht umfallen. Denn zwei Motoren bewegen die Druckplatte und reagieren auf die
Gleichgewichtsveränderungen der Probanden.
„Ein Mensch, der das Gleichgewicht verliert, behält seine Körperspannung, kippt aber in eine
Richtung um. Wenn man schwankt oder umfällt, geht dem eine Verlagerung des Schwerpunkts voraus. Unsere Sensoren messen und
berechnen, in welche Richtung der Patient das
Gleichgewicht verliert. Die Motoren bewegen
die Platte entsprechend und gleichen das Umfallen aus. Solange man nicht zusammensackt,
ist Umfallen also unmöglich“, so der gebürtige
Kölner.
Training für Kranke und Sportler
Menschen, deren Gleichgewichtssinn etwa
durch einen Schlaganfall oder eine Hüft-Operation beeinträchtigt ist, können mit FeedBalance trainieren. „Die Platte wird sanft unter
dem Patienten wegbewegt, so dass dieser ins
Schwanken kommt und ausgleichen muss. Damit stimulieren und trainieren wir den Gleichgewichtssinn und stabilisieren den Patienten
auf Dauer“, sagt Zareba. Auch für Profisportlerinnen und -sportler bietet die Plattform Trainingsmöglichkeiten, etwa für die Reaktionsfähigkeit. „Dann wird die Platte sehr abrupt
bewegt, wir erreichen Bewegungsgeschwindigkeiten von bis zu einem Meter pro Sekunde. Das
ist dann auch für Hochleistungssportler eine
Herausforderung.“
Auf dem Weg zur Serienreife
Seit den ersten Konzepten vor zehn Jahren
ist viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit
in FeedBalance gesteckt worden. In drei Forschungsprojekten ist aus einer Idee ein beinahe
fertiges Produkt geworden. Etwa 25 Studierende brachten sich insgesamt in das Vorhaben
ein und verfassten rund 20 Abschlussarbeiten.
Nun ist FeedBalance patentiert und bereit für
die Serienfertigung. Die von Zareba und seinem
Team geschriebenen Trainingsprogramme und
verschiedenen Modi sollen jetzt vom Klinikum
der Universität München für zwei Monate durch
Probanden erprobt werden.
Wenn diese Tests erfolgreich sind, muss der
FeedBalance-Trainer noch für die Serienproduktion optimiert werden. Dies übernimmt der Projektpartner Haider Bioswing, der das fertige
Produkt auch vertreibt. „Zurzeit haben wir noch
ein recht einschüchterndes, rohes Design mit
vielen Kabeln und blankem Metall. Die Motoren sollen deutlich kleiner und nicht mehr sichtbar sein, so dass das ganze Gerät freundlicher
wirkt. Zudem benötigen wir noch ein Display, in
dem das aktuelle Trainingsprogramm angezeigt
wird“, sagt Zareba.
„Natürlich hat nicht alles auf Anhieb funktioniert“, gibt der Projektleiter zu. „Aber wir sind
die Probleme so angegangen, wie man das in
Ingenieurberufen macht: Wir haben die Schwierigkeiten untersucht, erkannt und dann gelöst.“
Im heutigen Prototyp seien alle Ideen umgesetzt, die das Team schon im allerersten Vorgängerprojekt formuliert hatte. Zarebas Wunsch:
„Phantastisch wäre es natürlich, wenn das Produkt auf den Markt kommt und sich auch halten kann. Als alter Mann könnte ich dann in der
Reha auf meinem eigenen Gerät trainieren.“
Christian Sander
Foto: Thilo Schmülgen, TH Köln
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30 | Wissen
Wissen |
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Neuberufene Professorinnen und Professoren
Prof. Dr.-Ing. Stefan Grünwald (38)
Fünf Jahre Campus Leverkusen
Ihr fünfjähriges Jubiläum feierte die Fakultät für
Angewandte Naturwissenschaften mit zahlreichen Gästen im Bayer Kasino. Neben der Festrede von Altpräsident und Hochschulratsmitglied Prof. Dr. Joachim Metzner gab es mehrere
Podiumsrunden zum „Student Life Cycle am
Campus Leverkusen“. Die Erfolgsgeschichte
des Campus Leverkusen betonte auch Prof. Dr.
Klaus Becker, Geschäftsführender Vizepräsident
der TH Köln. „Alles was wir vor fünf Jahren bis
heute geplant hatten, haben wir erreicht – angefangen vom Aufbau der Studiengänge und
der Forschungsaktivitäten, über Kooperationen im Bereich
Wissenstransfer bis
hin zu Kooperationen mit anderen
Fotos: Costa Belibasakis, TH Köln
Wissenschaftseinrichtungen.”
Die Bilanz nach fünf Jahren: Rund 700 StudieMitgründung des fakultätsübergreifenden Forrende, 100 Absolventinnen und Absolventen,
schungsinstituts STEPS. Zum Abschluss der Juaktuell 14 Promovendinnen und Promovenden,
biläumsfeier trat die neugegründete Campusdie erste abgeschlossene Dissertation und die
band Heavy Acids auf.
+++ Ehrenmitgliedschaft für Jürgen
Roters +++
Das Kuratorium der TH Köln hat dem ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Köln, Jürgen
Roters, für seine großen Verdienste um die TH
Köln die Ehrenmitgliedschaft in dem Hochschulgremium verliehen. Jürgen Roters hatte seit seinem Amtsantritt als Oberbürgermeister im August 2009 den Vorsitz inne. Die Mitgliedschaft
im Kuratorium der TH Köln ist an das aktive
Amt gebunden. Satzungsgemäß ist der amtierende Oberbürgermeister der Stadt Köln geborenes Mitglied und Vorsitzender des Kuratoriums der Hochschule. Dem Kuratorium der TH
Köln gehören Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens, Vertreterinnen und Vertreter der regionalen Wirtschaft sowie von Vereinen, Verbänden
und kulturell-gesellschaftlichen Organisationen
der Region an.
+++ Neuer Studiengang Drug Discovery
and Development mit Uni Köln +++
Die Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften der TH Köln und die Medizinische Fakultät der Universität zu Köln bieten zum
Inside out_Winter 2015
Fakultät für Kulturwissenschaften
Lehr-/Forschungsgebiet: Game Economics
Studium der Feinwerktechnik an der Fachhochschule Jena, Schwerpunkt
Entwicklung und Konstruktion
Promotion zum berührungslosen Dispensen hochviskoser Flüssigkeiten
an der Technischen Universität München
Berufliche Stationen (u. a.)
- wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Feingerätebau und
Mikrotechnik, Technische Universität München
- Entwicklung und Vertrieb von Dosierventilen zum berührungslosen Auftrag kleinster Flüssigkeitsmengen, PICO Dosiertechnik GmbH & Ko. KG,
Germering bei München
- Abteilungsleiter Konstruktion, Auslegung und Konstruktion von Multisensorkoordinatenmessgeräten und deren Komponenten, Werth Messtechniken GmbH, Gießen
Studium des Wirtschaftsingenieurwesens, Institut commercial de Nancy
(Frankreich); Master of Business Administration, Indiana University of
Pennsylvania (USA)
Berufliche Stationen (u. a.)
- Assistenz/Referentin der Geschäftsführung, 3H International Spedition
- Marketing Managerin, später Geschäftsführerin für den Bereich Deutschland und Österreich, Ubisoft GmbH, Düsseldorf
- Geschäftsführerin Blue Byte GmbH, Düsseldorf
- Strategic Consultant für Serious Games und Cross-Media Projekte
- Conseiller du Commerce Extérieur de la France
Als Kind änderten sich meine Berufswünsche. Erst Koch und dann später
hatte es immer etwas mit Technik zu tun.
Die Zeit als Doktorand bereicherte und begeisterte mich sehr bei der Bearbeitung verschiedener Forschungsprojekte und bei der Betreuung von
Studierenden en in Übungen und Praktika.
NachrichtenTicker
Wintersemester 2016/2017 den neuen, gemeinsam entwickelten Masterstudiengang Drug
Discovery and Development an. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichneten der Rektor der Universität zu Köln, Prof.
Dr. Axel Freimuth, und der Geschäftsführende
Vizepräsident der TH Köln, Prof. Dr. Klaus Becker.
Zeitgleich startete das Akkreditierungsverfahren mit Gesprächen zwischen der Gutachtergruppe und den Hochschulleitungen, den Verantwortlichen für den neuen Studiengang und
den Lehrenden sowie den Studierenden. Der
forschungsorientierte viersemestrige Studiengang, der jährlich 20 Studienplätze bietet, ist
zweisprachig – Deutsch und Englisch. Die Absolventinnen und Absolventen erhalten den
Master of Science beider Hochschulen.
+++ Kooperation mit der RheinischBergischen Wirtschaftsförderung +++
Die TH Köln und die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (RBW) haben am 21. Oktober 2015 eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Die vereinbarten
Maßnahmen sollen verstärkt Potenziale im
Technologie- und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft nutzen. Dazu gehören
unter anderen gemeinsame Veranstaltungen,
eine Zusammenarbeit im Bereich Existenzgründung, gemeinsames Engagement in Netzwerken und Projekten sowie Kooperationen von
Studierenden mit Unternehmen im RheinischBergischen Kreis.
+++ Fokusgruppe „Datenschutz” der
Digitalen Agenda +++
Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner
Forschungsstelle für Medienrecht an der TH
Köln, hat die Federführung der neu gegründeten Fokusgruppe „Datenschutz” innerhalb der
Digitalen Agenda der Bundesregierung übernommen. Die Fokusgruppe ist im Handlungsfeld "Sicherheit, Schutz und Vertrauen für Gesellschaft und Wirtschaft" angesiedelt, die von
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière
geleitet wird. Zentrale Themen der Fokusgruppe
sollen Bezahldienste im Internet sowie die Zertifizierung von Datenschutzstandards sein. Die
Digitale Agenda 2014 – 2017 ist ein Projekt der
Bundesregierung zu netzpolitischen Fragen.
Prof. Odile Limpach (44)
Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme
Lehr-/Forschungsgebiet: Konstruktionstechnik
Zurück an eine Hochschule bin ich, weil ich an der Ausbildung junger
Menschen mitwirken möchte und ihnen die Grundlagen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft vermitteln möchte. Ebenso freue ich mich auf die
Umsetzung von Entwicklungsprojekten in Zusammenarbeit mit den Studenten und der Industrie.
Den Studierenden mitgeben möchte ich, dass Lernen Spaß machen kann
und Erfolge bringt. Angeeignetes Wissen, Durchhaltevermögen und Disziplin sind die Basis für ein zielgerichtetes wissenschaftliches Arbeiten,
ebenso Kommunikationsfähigkeit und soziale Kompetenz.
Mein erstes Semester wird aufregend und spannend sein. Um meine
neue Tätigkeit umfassend auszuüben, werde ich viele arbeitsreiche
Abende haben.
Als Kind bin ich in Paris aufgewachsen.
Mein Interesse an Computerspielen begann 1996 mit der ersten
Playstation.
Das Rezept für ein erfolgreiches Spiel gibt es nicht. Und genau deshalb
ist dieser Markt so spannend.
Als Geschäftsführerin habe ich gerne neu gestaltet und innovative Geschäftsmodelle ins Leben gerufen.
Zurück an eine Hochschule bin ich, um zu einer hochqualitativen Ausbildung für Spiele-Entwickler beizutragen. Ich bin sehr glücklich, beim Cologne Game Lab anzufangen.
Den Studierenden mitgeben möchte ich meine Begeisterung für Marketing und Economics.
Mein Schreibtisch ist nicht mein Lieblingsplatz.
Das letzte gute Buch, das ich gelesen habe ist Angerichtet von Herman
Koch.
Forschendes Lernen ist bereichernd, denn dass was man selber gemacht
hat, bleibt am besten in Erinnerung. Es ist aktiv, nachhaltig und fördert eigenständige Handlungskompetenz. Es bietet die Grundlage für ein späteres kompetentes und systematisches Arbeiten.
Mein Schreibtisch wird voller Büchern, Unterlagen und einer Tasse Kaffee sein.
Das letzte gute Buch, das ich gelesen habe ist Die Vermessung der Welt
von Daniel Kehlmann.
Inside out_Winter 2015
32 | Wissen
Wissen |
Prof. Dr. Matthias Böhmer (35)
Fakultät für Informatik und Ingenieurwissenschaften
Lehr-/Forschungsgebiet: Informatik, Mobile und Verteilte
Architekturen
Studium der Angewandten Informatik und Informationstechnik, Fachhochschule Münster
Promotion „Understanding and Supporting Mobile Application Usage“
an der Universität des Saarlandes
Berufliche Stationen (u. a.)
- wissenschaftlicher Mitarbeiter, Forschung und Lehre im Bereich Mobile
Computing, Fachhochschule Münster
- Visiting Researcher, Forschung zu Smartphones im Meeting-Kontext, Microsoft Research, Redmond, USA
- Researcher, Bereich Intelligent User Interfaces, DFKI GmbH, Saarbrücken
- Senior Manager, technische Leitung des Innovationsforums der Deutschen Telekom AG, Bonn
Als Kind hat mich mein Vater früh für Computer begeistert. Anfangs habe
ich Programme geschrieben, die einfach nur große Zahlenkolonnen ausgegeben und kleine Rechnungen gemacht haben. Ich war damals von
der irren Geschwindigkeit meines Computers fasziniert, mit der er zählen
und rechnen konnte.
Während meine Promotion fand eine enorme technologische Weiterentwicklung von Mobiltelefonen statt und ich konnte grundlegende Fragen
zur deren Nutzung untersuchen. Diese Entwicklung wird sich mit steigendem Tempo fortsetzen und es wird spannend zu beobachten sein, wie
uns weitere Computer im Alltag begleiten werden.
Prof. Bernd Diemer (46)
Prof. Dr. Emmanuel Guardiola
Fakultät für Kulturwissenschaften
Lehr-/Forschungsgebiet: Game Design
Studium der Computer Science am Conservatoire national des arts et
métiers, Paris, Frankreich
Promotion „Game Design Methodology for Generating a Psychological
Profile of Players“, Conservatoire national des arts et métiers, Paris, Frankreich
Berufliche Stationen (u. a.)
- Forschungsarbeit zu Methoden zur Entwicklung psychologische Profile
von Spielern während des Spielens
- Dozent für Game Design an der École nationale du jeu et des médias
(ENJMIN), Angoulême, Frankreich
- Game Designer, Editorial Game Script Director und später Kreativdirektor
bei Ubisoft, Paris, Frankreich und weltweite Studios
- Geschäftsführer der Agentur Seaside, Paris/Lyon, Frankreich
- SACD Interactive Artist of the Year 2012, Game for Change Europe Award
2011, eVirtuose R&D Award 2011
When I was a child I used to live on islands. First in the Pacific, in Tahiti, then
in the North Atlantic, near Canada, in Saint Pierre & Miquelon. My parents
were teachers and mainly worked out of France.
The psychology of gamers fascinates me, because game design is about
playing with the psychology of the player. I really like the idea that game
design can explicit models that we can apply to other fields. For instance, I
research what the way we play reveals about our personality. This can, for
instance, be applied to mental illness diagnostics.
Mobile Architekturen faszinieren mich, weil sie Baupläne liefern, um Software für unsere Hosentaschen zu entwickeln. Es ist spannend sich mit den
Grundlagen von Software zu beschäftigen, die heute von Millionen von
Menschen in verschiedensten Situationen täglich benutzt wird, und zu erforschen wie sich das in Zukunft verhält.
I like working at a university, because even though I greatly enjoy teaching
game design, my main passion is research. Getting the outcome from an
experiment, discovering something new or innovative – this all triggers
powerful emotions. And the game field is currently still full of unknowns.
Zurück an die Hochschule bin ich, weil sie ein spannendes Umfeld ist, um
Zukunft zu gestalten: Bei der Ausbildung von Studierenden, die zukünftige Systeme gestalten und entwickeln werden, und bei der Erforschung
neuer Technologien, die vielschichtige Fragen aufwerfen und interdisziplinäre Antworten erfordern.
I’ve chosen the Cologne Game Lab because it is currently one of the most
exciting academic game institutions being developed in Europe. Its directors are ambitious and have interesting ideas, such as new degree courses, new European partnerships, new research programs. Honestly, it’s the
place to be if you what to contribute to game research.
Den Studierenden mitgeben möchte ich, dass ihre fachliche Kompetenz wichtig ist, diese aber wertvoller wird, wenn sie über den Tellerrand
schauen. Informatik ist heute zu allgegenwärtig, als dass man sich erlauben könnte das nicht zu tun. Es gibt relevante und spannende Herausforderungen an Schnittstellen zu anderen Disziplinen.
The main message I try to communicate to students is about purpose. We
are in an area of maturity for game creation. Now, for a designer, the first
question has to be: What do you want to convey? The link between intention and specific means proposed by game is the core of my teaching.
Meine Lieblingsorte für gute Ideen sind die B484, A4 und A59, im Auto
bei guter Musik. Eine Herausforderung ist noch das Festhalten der Ideen.
Dazu könnte man mal ein Projekt mit Spracherkennung machen oder irgendwann vielleicht Brain-Computer-Interfaces!
Als Ausgleich zur geistigen Arbeit gehe ich Segeln und Wandern – am
liebsten ohne Smartphone.
Inside out_Winter 2015
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Fakultät für Kulturwissenschaften
Lehr-/Forschungsgebiet: Game Design
Prof. Dr. Cécile Le Prado
Studium Bildenden Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saar
Berufliche Stationen (u. a.)
- Dozent für 3D-Programmierung, zwischenzeitlich Fakultätsleiter, Games
Academy, Berlin
- Leiter des Leveldesigns für „Project: Nomads“, Radon Labs GmbH, Berlin
- Projektkoordinator und leitender Autor von „movii – moving images &
interfaces“ im BMBF+F-Programm „Bildung und neue medien“, Trier
- Senior Game Designer, Producer und Design Director, Crytek GmbH,
Frankfurt a. M.
- Game Director, Yager Development, Berlin
- Beiratsmitglied der Game Development Conference Europe
- Chefdesigner, Guerrilla Games, Amsterdam
Studium der Elektroakustischen Komposition am Conservatoire de Nantes, sowie Spiele und Interaktive Digitale Medien am Conservatoire national des arts et métiers (CNAM), Paris, Frankreich
Promotion am Conservatoire national des arts et métier (CNAM), Paris,
Frankreich
Berufliche Stationen (u. a.)
- Musikalische Komposition am Institut de Recherche et Coordination
Acoustique/Musique (IRCAM), Paris, Frankreich
- Musikalische Komposition (Groupe de recherches musicales) am Institut
national audiovisuel (INA GRM), Paris, Frankreich
- Vertretungsprofessorin für Sound Design an der École nationale du jeu
et des médias interactifs numériques (CNAM/ENJMIN), Paris, Frankreich
- Soundinstallationen, u. a. für das Incheon International Digital Art Festival, Korea; DigiFest Festival, Toronto, Canada
- Leiterin der Abteilung Sound Design am Conservatoire national des arts
et métiers (CNAM), Paris, Frankreich
- Grand Prix Imagina Sound Creation 1996 und 2002
- Komponistin
Als Kind haben mich Bücher mit Landkarten magisch angezogen. Mit einer Karte wurde eine fantastische Welt real für mich, und ich konnte die
weißen Flecken mit meinen eigenen Geschichten füllen.
Von der Bildenden Kunst zum Computerspiel: Ich habe so ziemlich alle
Medien durchprobiert: Malerei, Skulptur, Foto, Video, Performance, 3DAnimation, Interaktive Installationen. Und dann habe ich gemerkt, dass
sich irgendwo in der Schnittmenge das Medium der Computerspiele
versteckt. Diese Faszination hat mich sofort gepackt.
Mein gelungenstes Spiel ist Crysis. Darin steckt viel von meinem Herzblut, und auch nach zehn Jahren bin ich immer noch stolz auf das, was
wir damals zusammen erreicht haben.
In der analogen Welt verbringe ich viel Zeit im Flugzeug und pendele
zwischen Amsterdam, Berlin und Köln hin und her.
Ich arbeite gerne an einer Hochschule, weil ich mich wohl fühle, wenn
die Reise in neue Welten und unbekannte Gewässer führt. Ich mag die
Herausforderung einer schweren und vielleicht unmöglichen Aufgabe,
und die finde ich am CGL fast jeden Tag.
Fakultät für Kulturwissenschaften
Lehr-/Forschungsgebiet: Sound Design
A challenge in composing is the combination of sound and silence.
Sound installations are fascinating me, because I can give the public different open situations for listening and interacting with sound in space.
My favorite ambiance sound is the everyday soundscape in a city as well
as at the seaside.
I've decided to come to the Cologne Game Lab, because of the challenging opportunity to experiment and exchange pedagogical, research
and creative point of views in Europe and with international students.
I'd like to open the field of creativity uusing audio in games and in interactive art projects.
Den Studierenden mitgeben möchte ich: Nur wegen euch existiert die
Hochschule. Ohne euch sind die besten Professoren nichts. Nur mit
euch können wir aufregende und spannende Projekte entwickeln. Seid
furchtlos, fordernd, stellt alles in Frage und gebt nicht auf.
My favorite stereotype about Germans or Germany: The engineer obsessed
with optimizing things, without taking the human factor into account.
„Duchesse Ariadne“ hat als eine tägliche Seite von Skizzen begonnen
und ist sozusagen mein kreativer Espresso am Morgen. Daraus haben
sich bis jetzt schon vier Bücher entwickelt, und Nummer Fünf ist schon
in Arbeit: Duchesse Ariadne im Königreich der Robotiere.
When I'm not sitting at my desk: I mainly do more sitting, but in a train.
Otherwise: Playing board or video games, creating something with my
children.
Mein Lieblingsort für gute Ideen? Überall ist Platz für gute Ideen. Leider
auch für schlechte. Aber das merkt man erst, wenn man versucht etwas
daraus zu machen.
The last good book I read – this old-fashion medium?! I just discovered
Marguerite Yourcenar’s Memoirs of Hadrian. I’m stunned by its depth and
density. I think I will read it multiple times over the course of my life.
Inside out_Winter 2015
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Wissen |
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Vernetzter betreuen,
besser beraten
Viele Ansprechpartner, verschiedene Informationen – je größer die Hochschule, desto mehr Optionen haben Studierende, wenn sie Rat und Auskunft suchen. Nicht immer sind sie mit ihrem Anliegen an der richtigen Adresse, nicht immer werden sie weitervermittelt. Um das zu ändern, erarbeitet
die Hochschule jetzt eine Beratungslandkarte. Die Initiative soll nicht nur allen Hochschulangehörigen eine Orientierung geben, sondern auch Empathie und Interesse für die Anliegen der Studierenden vermitteln.
Eine Studentin kommt in die Sprechstunde ihres Professors. Sie sagt, sie habe in ihrem Studium den Roten Faden verloren. Der Dozent rät
ihr, doch zuhause mal in ihren Studienverlaufsplan zu schauen.
Ob sich da im Regal ein roter Faden findet? Vielleicht, wenn nebenan die Socken liegen. Aber
sicher nicht „der rote Faden“. Nicht die Orientierung, die Leitlinie, die die Studentin vermisst.
Der Professor hat ihre Frage nicht richtig verstanden. Eine Beratung, ob fachbezogen oder
allgemein zum Studium, müsste anders aussehen. Wie, das soll künftig eine Beratungslandkarte widerspiegeln, die derzeit koordiniert
vom Kompetenzteam Hochschuldidaktik erarbeitet wird. Geplant ist eine Übersicht, die alle
entsprechenden Angebote der TH Köln umfasst,
von den Lehrenden und der Zentralen Studienberatung über Tutoren und die Fachschaft bis
zur psycho-sozialen Beratung.
Die Landkarte aber soll mehr als eine hübsche
Zeichnung sein. Dahinter steht die Idee, alle Beratungen miteinander zu vernetzen und gleichzeitig jede für sich zu verbessern. „Der Satz ,Dafür bin ich nicht zuständig‘ soll in Zukunft gar
nicht mehr fallen“, sagt die Projektbeauftragte
Dr. Birgit Szczyrba. Einfach nur weiterschicken, das gehe nicht, sagt die Didaktikerin: „Das
selbstständige Lernen, das wir heute von den
Studierenden erwarten, bringt zwangsläufig einen erhöhten Betreuungs- und Beratungsbedarf mit sich. Nicht jeder Berater muss alles machen, aber das Minimum ist, dass er oder sie das
Anliegen respektvoll zur Kenntnis nimmt und
dann sagt: Ich gehe mal mit Ihnen zu…“
keinen der Beratenden vor Probleme stellt, tauchen beim zweiten schon Lücken auf. „Lehrende
setzen häufig voraus, dass die Studierenden die
notwendigen Lernstrategien bereits mitbringen. Das ist aber meist nicht der Fall“, sagt die
Didaktikerin.
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass alle voneinander wissen, die Angebote der anderen
kennen. Eine weitere Bedingung: Die Berater
müssen ein Interesse an der ganzen Person aufbringen, die ihnen da gegenüber sitzt. Ein Interesse also daran, ihre Stärken herauszukitzeln.
Und drittens: Sie müssen eine gewisse Qualifikation im Zugang zu Ratsuchenden und in der
Gesprächsführung haben. Das, so erklärt Birgit
Szczyrba, fängt eben schon mit der Interpretation des ersten Satzes an. Ob es um rote Fäden
geht oder um die Angst vor der dritten und letzten Prüfungschance, um private Belastungen
oder ein wirklich reines Fachproblem.
Noch kritischer wird es bei den Punkten Selbstverständnis und Belastbarkeit. Wie findet
man eigentlich heraus, wie ein Student sich
selbst, seine Potenziale und Ziele sieht? Warum er überhaupt studiert oder studieren
will? Und woran erkennt man eine psychische
Überlastung?
Das Konzept für eine zielgerichtete, erfolgreiche Beratung basiert auf dem Kompetenzmodell, das von den Hochschuldidaktikern der TH
Köln entwickelt wurde und das auf vier Säulen steht: Wissen, Arbeitssystematik, Selbstverständnis sowie psychische und physische Belastbarkeit. Während der erste Aspekt noch
Dazu muss man zunächst einmal die richtigen
Fragen stellen und eine Beratungshaltung entwickeln. Dies sollen alle, die in Beratungen engagiert sind, künftig in drei Stufen lernen. Diese
Multiplikatoren-Weiterbildung ist für das zweite
Quartal 2016 geplant. Danach ist die Gründung
eines „Qualitätszirkels Beratungslandkarte“ vorgesehen. Dieses Gremium soll das Konzept
weiterentwickeln und eine Art kollegialer Supervision der Beraterinnen und Berater untereinander steuern.
Für Birgit Szczyrba ist das Projekt eine Lerngelegenheit für alle Beteiligten – Lehrende wie Lernende. Unter anderem könne es den Lehrenden helfen, die durchaus schwierige Balance
zwischen der objektiv notwendigen Anforderung und den persönlichen Bedürfnissen der
Studierenden zu wahren. Wenn das gelingt,
dann wird das Beratungsangebot der TH Köln
künftig wohl auch bessere Noten bekommen.
Birgit Szczyrba: „Bei den regelmäßigen Zufriedenheitsbefragungen der Studierenden schneidet die Beratung zwar absolut gesehen nicht
schlecht ab, aber doch schlechter als alle anderen Parameter.“ Um das zu ändern, könnten die
Qualifizierungsmaßnahmen in Sachen Beratung
vielleicht auch Teil des Coachings werden, das
für alle neuberufenen Professorinnen und Professoren Pflicht ist. Werner Grosch
Foto: Thilo Schmülgen, TH Köln
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Inside out_Winter 2015
Dr. Birgit Szczyrba leitet an der TH Köln
das Team Hochschuldidaktik, das die Beratungslandkarte koordiniert
kompensiert
Id-Nr. 1552191
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Inside out_Winter 2015
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Fachhochschule Köln | Inside out | 4| 2010
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