Eric-Emmanuel Schmitt: Oscar und die Dame in Rosa

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Eric-Emmanuel Schmitt: Oscar und die Dame in Rosa
1. Literaturgottesdienst
„Spuren des Wortes IV“
2. Februar 2014 - 11.15 Uhr Katharinenkirche
Prälat i. R. Claus Maier
Musikalische Gestaltung:
Ursula Heller – Gesang, Werner Walz - Orgel
Rezension:
José Luis Sampedro: Das etruskische Lächeln
Salvatore - oder Bruno, wie er sich selbst lieber nennt, zieht, als er unheilbar krank wird,
aus dem ländlichen Süditalien zur Familie seines Sohnes nach Mailand. Dabei hat er eine
tiefe Abneigung gegen alles Moderne, gegen Mailand und seine Schwiegertochter Andrea.
Er blüht erst auf, als er in seinem Enkel Brunettino (anfangs 13 Monate) sich selbst zu
erkennen meint. Dieser wird zum Mittelpunkt und Sinn seines Daseins und soll ein
richtiger Mann werden. Als er dann auch noch Hortensia kennen lernt, entdeckt der alte
Macho eine neue Form von Zuneigung und Liebe.
Wer ist nun eigentlich Salvatore? Ein rührender, heimatlos gewordener alter Mann, der
seine ganze Liebe auf den Enkel richtet? Ein besserwisserischer Eigenbrötler mit
nostalgisch verklärten Erinnerungen an die Zeit als Hirte und Partisan, der allem, was sich
nicht mit den eigenen Erfahrungen deckt, ablehnend gegenübersteht? Er ist beides, und
das Reizvollste an der Figur ist, dass sie viele Facetten besitzt und beim Leser die
widersprüchlichsten Gefühle auslöst.
Zwei aussagekräftige Bilder verwendet der Autor für den Tod. Rusco, die Schlange,
personifiziert das Wüten des Krebses in seinem Leib und auf der anderen Seite das
lächelnde Paar auf einem etruskischen Sarkophag. Je näher Salvatore dann seinem Tod
kommt, umso lockerer und heiterer wird dann auch die Stimmung des Buches. Bei einem
Job an der Universität führt er mit diebischer Freude Professoren und Studenten an der
Nase herum.