Rundbrief Nr. 3 - St. Johannes Leonberg
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Rundbrief Nr. 3 - St. Johannes Leonberg
3. Rundbrief Hier melden wir uns mal wieder aus Santa Maria. Auch wenn wir im Moment etwas abgeschnitten von der Welt sind, da wir weder Telefon (seit Mitte Oktober), kein Handyempfang (außer an zwei Stellen im Internat), Strom (seit Anfang November nur stundenweise rationiert), kein fließend Wasser (bezieht sich hauptsächlich auf die Küchen, wo wir es allerdings sehr gut gebrauchen könnten), noch Internet (noch nie) haben, geht es uns trotzdem sehr gut. Durch eigenes Austesten können wir sagen, man kommt auch sehr gut ohne diesen „Luxus“ aus. Die Inhaber der Telefonzellen gegenüber den Schwestern freuen sich über die regelmäßigen erhöhten Einnahmen durch uns. Um Handyempfang zu bekommen, können wir entweder auf einen Hocker im Klo steigen oder unser Handy auf der Dachterrasse liegen lassen (von Deutschland aus sind wir über Handy nicht erreichbar). Dem Stromausfall begegnen wir, indem wir schon den halben Kerzenvorrat von Santa Maria aufgekauft haben. Wenn kein Wasser kommt, sammeln wir einfach alle Kinder ein und baden im Fluss. Und um euch diesen Rundbrief zu schicken, sind wir heute früh schon um 5.00 Uhr aufgestanden und mit der Ranchera 2 ½ Stunden über unbefestigte Straßen zum nächsten Internetcafé „gehoppelt“. In den letzten Wochen ist wieder einiges passiert. In der Woche nach unserem letzten Rundbrief drehte sich im Internat alles um die bevorstehenden Examen. Dazu wiederholten wir zusammen mit den Kindern den gesamten Stoff der letzten Wochen. Am 28.10. war der 2. Jahrestag der Provinz Santo Domingo de los Tsachilas, in deren südlichstem Zipfel wir uns befinden. Um dieses Ereignis gebührend zu feiern, gab es deshalb ein Fest mit Clowns, die den Kindern beibrachten, dass es wichtig ist, sich immer zu waschen, (mehr oder weniger schlechten) Gesangsdarbietungen, Tanzvorführungen und Theaterauftritten des Collegios. Während des letzten Auftrittes gingen einfach alle Leute und somit war das Fest offensichtlich beendet. Auch wir hätten gerne die Flucht vor den Gesangskünsten des letzten „Sängers“ ergriffen, blieben aber anstaltshalber bis zum „Ende“ da. Unsere Beschäftigung für den nächsten Tag bestand hauptsächlich darin, Titelblätter für die Hefte der Kinder zu malen. Jedes Schulheft der Kinder wird in Trimester eingeteilt und der Anfang jedes „Trimestres“ wird mit einer Zeichnung schön gestaltet. Da den Kindern unsere Motive so gut gefielen, hatten wir plötzlich den ganzen Tisch voller Hefte, in die wir die sogenannten „Caratulas“ zeichneten, die die Kinder anschließend ausmalten. Nach dem Abendessen fuhr zu unserer Überraschung Sr. Blanca-Ines mit dem Auto vor und wir luden alle Kinder, samt Marienbild, auf die Ladefläche der Camioneta (eine Art Jeep) und fuhren zu einer Familie über den Fluss, um unseren 29. Rosenkranz zu beten (weitere folgten). Da wir jetzt ja schon richtige „Experten“ in Rosenkranz beten sind, hatten wir die Ehre, öfters auch selbst ein „Misterio“ laut vorzubeten. Glücklicherweise ist mittlerweile November und das tägliche Rosenkranz beten hat ein vorläufiges Ende gefunden. Am 31.10., dem Abschluss des „Rosenkranz-Monats“ Oktober, fuhren wir frühmorgens mit dem Auto nach Santo Domingo, wo eine große Marienprozession stattfand. Zuvor gab es noch einen Gottesdienst in der neuen Kathedrale, die so neu war, dass sie noch nicht mal fertig gestellt war. Die zwei Kirchentürme waren nur im Rohbau vorhanden, das Eingangsportal sehr luftig gestaltet und teilweise fehlten noch die Wandstücke. Danach prozessierten wir singend mit der „Virgen de Cisne“ auf den daneben liegenden Berg. Nach einem anschließenden Mittagessen ging es wieder zurück nach Santa Maria, wobei wir vor ein kleines Problem gestellt wurden, da die etwas wackelige und nicht ganz so vertrauenserweckende Brücke nur einzeln passierbar war. Die ganz eiligen nahmen deshalb den Weg durch den Fluss. An Allerheiligen besuchten wir eine Familie ein paar Dörfer weiter, und fünf Minuten vor Abfahrt erfuhren wir, dass wir nun unsere erste eigene Fahrt mit der Camioneta antreten durften. Ein Münzwurf entschied, dass Anja hin - und Bettina zurückfahren durfte. Am Abend haben wir zusammen mit den Schwestern die traditionelle „Colada morada“ (ein Getränk bestehend aus Maismehl, Himbeeren, Heidelbeeren, Äpfeln, Ananas und Honig) und die dazugehörigen „munecas“ (Hefeteigmännchen) zubereitet, die wir anschließend verspeisten. Am darauffolgenden Tag, Allerseelen, hielt der Pfarrer den Gottesdienst auf dem Friedhof. Als wir mit der Marienstatue, dem Kreuz, dem Altartisch und den wenigen Leuten, die nicht schon voraus gegangen waren, am Friedhof ankamen, konnten wir beobachten, wie die letzten Ausbesserungsarbeiten (wie z.B. streichen) an den Gräbern vorgenommen wurden. Die Friedhofsatmosphäre war eine ganz andere als in Deutschland, da sowohl während, als auch nach der Messe Hühnchen mit Pommes, Mangos und Wassermelonen verkauft wurden. Nachmittags waren wir noch auf einem anderen Friedhof, da die Schwestern kurzfristig vom Pfarrer gebeten wurden, dort auch eine kleine Andacht zu halten. Anschließend verteilten wir die von uns am Vortag zubereitete „Colada morada“ an mehrere befreundete Familien der Schwestern. Da die erste Novemberwoche auch gleichzeitig Ferienwoche war, hatten wir die Möglichkeit eine Familie auf ihrer Finca zu besuchen. Wir hatten wieder die Ehre, mit dem Auto alle heil hin - und wieder zurückzubringen. Nachdem wir uns mit der Machete den Weg zum Fluss gebahnt hatten, verbrachten wir einen schönen Tag am „Strand“ und kühlten uns im kalten Wasser ab. Zusammen mit Esperanza, der Tochter der Familie, hatten wir viel Spaß im Fluss. Außerdem wurde die Zeit, in der die Kinder weg waren, dazu genutzt, die Schlafsäle neu zu streichen (was auch dringend notwendig war). Auch wir durften kräftig Hand anlegen und so wurde alles rechtzeitig fertig. Da im Moment die Flüsse sehr trocken sind und deshalb nicht so viel Strom produziert werden kann, muss gerade Strom gespart werden, der deshalb für fünf Stunden täglich in ganz Ecuador abgestellt wird. Wenn wir Pech haben, wird er abends abgestellt (und das geschieht spätestens jeden 2. Abend), und wir essen bei Kerzenlicht zu Abend und machen mit den Kindern auch nach Einbruch der Dunkelheit bei Kerzenschein und Taschenlampenlicht noch Hausaufgaben. Leider funktioniert unser Telefon - selbst wenn wir Strom haben - nicht (seit ca. Mitte Oktober), da die Leitung der Schwestern aus unerfindlichen Gründen an einem anderen Telefonmasten hängt und ausgerechnet dieser durch Wasser beschädigt ist. Mittlerweile haben wir die Hoffnung auf baldige Reparatur aufgegeben. Da unser „Spanisch“ mittlerweile besser geworden ist, dürfen wir jetzt schon in der Apotheke aushelfen und uns wurden eigene Hausaufgabengruppen zugeteilt, wobei uns die vierte Klasse besonders viel Arbeit macht. Zusätzlich zu den Hausaufgaben mussten sie noch den fehlenden Stoff von anderen Heften abschreiben. Um diese leidige Aufgabe endlich zu einem Ende zu bringen, arbeiteten wir deshalb an einem Freitag mit den Kindern bis 1.00 Uhr nachts, bis alles fertig war. Den sechsstündigen Stromausfall an diesem Abend überbrückten wir wieder mit Kerzenlicht. Wir hoffen, dass wir euch einen kleinen Eindruck von unserem Leben hier in Santa Maria geben konnten. Bis zum nächsten Mal schicken wir euch ganz viele liebe Grüße aus Ecuador Anja und Bettina