INFORM Heft 2-15 - Hessische Zentrale für Datenverarbeitung

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INFORM Heft 2-15 - Hessische Zentrale für Datenverarbeitung
Hessische Zentrale für Datenverarbeitung
inform
Magazin für die Hessische Landesverwaltung
ab Seite 16
„Unser Kerngeschäft muss in vollem
Umfang weiterlaufen“ // OLG-Präsident
Dr. Roman Poseck im Interview Seite 8
RZ INFORM_215.indd 1
GINSTER Master //
Rollout in allen Ländern
2/15 Juni 2015
42. Jahrgang
Seite 30
22.05.15 11:14
2
INFORM 2/15 // IMPRESSUM
INFORM
erscheint viermal jährlich (42. Jahrgang)
Herausgeber
Hessische Zentrale für Datenverarbeitung
Mainzer Straße 29, 65185 Wiesbaden
Telefon: 0611 340- 0
[email protected], www.hzd.hessen.de
Chefredaktion
Manuel Milani
Redaktion
Birgit Lehr, Friederike van Roye
Beirat
Markus Brückner, Hans-Otto Ermuth, Hans-Georg
Ehrhardt-Gerst, Dr. Alberto Kohl, Peter Lacher, Susanne
Mehl, Dietmar Mittwich, Manfred Pospich, Eckart Ruß
Grafisches Konzept
Agentur 42 | Konzept & Design, www.agentur42.de
Druck
Druckerei Zeidler GmbH & Co. KG, www.zeidler.de
Titelbild
Wandobjekt „Speichern und vernetzen“ von Jürgen
Blum im Eingangsbereich der HZD Hünfeld. Die
geschlossenen schwarzen Kuben stehen im Gegensatz
zu den offenen goldenen Netzen. Sie symbolisieren
Datenvorhaltung (speichern) und den Datenverkehr
(vernetzen).
Fotos
© sdecoret – fotolia.com: S. 5, S. 34–35; © Euroforum: S. 12 r.; © Brand | Films: S. 13 o.; Schwerpunkt:
© Stadt­archiv Hünfeld: S. 16–17, 19: alle Stadt- und
Landschaftsfotos; © 3M: S. 24, 25 u.; © HMdJ:
S. 25 o.; © rcx – fotolia.com: S. 28–29: © Deutsche
Messe: S. 36–37; © ra2 Studio – fotolia.com: S. 41;
© Mario Naegler: S. 42; © Fraunhofer SIT: S. 43–44;
© S. Kobold – fotolia.com: Rückseite; © alle anderen:
HZD / Andreas Stampp
Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind
urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der HZD.
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EDITORIAL // INFORM 2/15
3
Liebe Leserin,
lieber Leser
Am 1. Juni blickt unsere Außenstelle in Hünfeld
stolz auf ihr 25-jähriges Bestehen zurück. Am
8. Juni begehen wir unser Jubiläum gemeinsam
mit Vertreterinnen und Vertretern der Hessischen
Landesverwaltung. Im Anschluss an den offiziellen
Teil werden wir feiern, gemeinsam mit den rund
120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Außenstelle, von denen viele die HZD schon seit Jahren
als einen spannenden und verlässlichen Arbeitgeber in der Region Osthessen schätzen. Die Stadt
Hünfeld und die gesamte osthessische Region um
das Oberzentrum Fulda erleben und gestalten seit
Jahren eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung. Die HZD ist stolz darauf, dass sie an dieser
Entwicklung mitwirkt, indem sie hochprofessionelle
IT-Arbeitsplätze in die Region bringt.
Die HZD-Außenstelle in Hünfeld ist im Allgemeinen mit den Verfahren der hessischen Justiz, wie
dem Automatisierten Mahnverfahren, JUKOS oder
der elektronischen Aufenthaltsüberwachung eng
verknüpft. Wir freuen uns sehr über diese partnerschaftliche und bewährte Kooperation, die wir mit
der IT-technischen Umsetzung der Anforderungen
des Gesetzes zur Förderung des elektronischen
Rechtsverkehrs mit den Gerichten noch intensivieren werden.
Hünfeld ist und war aber schon immer mehr als
„nur“ Justiz. 1990 startete die Außenstelle in einem
Übergangsdomizil mit dem Auftrag der Projektent­
wicklung für zwei Verfahren für das Finanzministe­
rium. Heute beherbergt Hünfeld neben dem Rechen­zentrum für die Justiz unter anderem den IT-Service
Desk für die gesamte Landesverwaltung und ein
Hochleistungsdruckzentrum, in dem insgesamt
über 90 Mio. Seiten
pro Jahr gedruckt
werden, beispielsweise sämtliche
Steuerbescheide
des Landes. Den
Schwerpunkt dieser Ausgabe haben wir selbstverständlich Hünfeld gewidmet, der Stadt, der Außenstelle, den Mitarbeitern. Im April haben sich in der HZD Vertreterinnen und
Vertreter aus dem gesamten Bundesgebiet über
die Einführung von GINSTER Master in allen Bun­des­ländern informiert. GINSTER Master ist Bestand­teil des Vorhabens KONSENS, das die Vereinheitlichung der Steuerverfahren in Deutschland zum
Ziel hat. Es wird unter Federführung des Landes
Hessen entwickelt und ist das erste steuerliche
Kernverfahren innerhalb von KONSENS, das bundesweit ausgerollt wird. Darüber und über weitere
Themen lesen Sie in unserem Magazin-Teil ab
Seite 28.
Pünktlich zu unserem Jubiläum in Hünfeld erscheint die INFORM in einem neuen Layout. Ich
wünsche Ihnen viel Freude beim Blättern und
Lesen.
Herzlichst, Ihr
Joachim Kaiser
Direktor der HZD
4
INFORM 2/15 // INHALT
Inhalt
im gespr äch
8
„Unser Kerngeschäft muss in vollem Umfang weiterlaufen“
Dr. Roman Poseck, Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt, im Interview
notizen
12 Kurznachrichten aus Deutschland, Hessen und der HZD
kolumne
15 HZD Web-Lounge
„Unser Kerngeschäft muss in
vollem Umfang weiterlaufen“
Der Präsident des Oberlandesgerichts
Frankfurt, Dr. Roman Poseck, sieht die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz positiv und gestaltet sie
aktiv mit. Aber er kennt auch die Bedenken, die viele Justiz-Beschäftigte haben,
und nimmt sie ernst.
Im Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Schwerpunkt:
25 Jahre HZD Hünfeld
Da gibt’s was auf die Ohren
16 schwerpunk t: 25 jahre hzd hünfeld
18
Vom „Campus Unofelt“ zur Konrad-Zuse-Stadt
20
IT-Dienstleister für die Justiz und noch mehr 21
Die HZD in guten Händen: Frank Werner (1990–2012) 23
Die HZD in guten Händen: Herbert Guder (2012–2015)
24
Die wichtigsten Verfahren in Hünfeld: JUKOS, AUMAV, EPK & EAÜ 25
Neue Einsatzmöglichkeiten für elektronische Überwachung?
26
Die HZD in guten Händen: Hans-Georg Ehrhardt-Gerst (seit 2015)
27Nachgefragt
Am 8. Juni 2015 feiert die Außenstelle der
HZD mit einem offiziellen Festakt ihr 25-­
jähriges Bestehen. Das „silberne“ Stand­­
ortjubiläum würdigt INFORM mit Ein- und
Ausblicken.
Die HZD in der Konrad-Zuse-Stadt . . . 16
hessen cio
„Digitale Verwaltung Hessen 2020“
INHALT // INFORM 2/15
KONSENS
Die Bundesländer arbeiten im IT-Vorhaben KONSENS an der Vereinheitlichung
der Steuersoftware innerhalb Deutschlands. Hessen entwickelt und betreut das
Stammdatenverwaltungssystem GINSTER.
Dessen Master-Funktionalität ist das erste
steuerliche Kernverfahren, das bundesweit ausgerollt wird. Ein Workshop in der
HZD bot eine Plattform zu Information
und Austausch.
hzd-maga zin
28 Nachhaltigkeit fördern, Mindestlohn überprüfen
Das neue Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz
30 GINSTER Master breitet sich aus
GINSTER Master breitet sich aus . . . . . 30
Steuer: Stammdatenverwaltung wird in allen Bundes­ländern eingeführt
33 Standardisierung durch Anreize
Neues Wartungs­modell des HessenPC
IT-Fabrik
34 IT-Fabrik
Der Umbau der HZD-Rechenzentren zur
IT-Fabrik ist in vollem Gang. Ziel ist die
HZD-spezifische Umsetzung des CloudParadigmas und der Aufbau eines standardisierten und automatisierten Plattformbetriebs. Der HessenServer ist ein
Projekt innerhalb des Vorhabens. In Planung ist eine Fertigungsstraße, die alle
notwendigen Arbeitsschritte zur Erzeugung eines virtuellen Windows Servers
bereitstellt.
Der HessenServer: ein HZD-Werkstatt­bericht
36 Information, Innovation, Inspiration
Die CeBIT 2015 hat sich gehäutet, wächst und ist zur
Investitions-Plattform geworden
it-sicherheit
41 Awareness
Das Paket kam pünktlich …
it-gesell schaf ten in hessen
42 Vorreiter der Cyber­sicherheit Spitzenforschung „made in Darmstadt“
service
45 Tipps und Tricks Der HessenServer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Grafiken in Word positionieren
5
6
INFORM 2/15
INFORM 2/15
CeBIT 2015 // Mit d!conomy thematisierte die CeBIT in diesem
Jahr die rasante Veränderung von Wirtschaft, Gesellschaft und
öffentlicher Verwaltung, die mit der Digitalisierung einhergeht.
Hessen präsentierte seine IT-Lösungen für eine moderne Verwaltung. Die HZD war mit den Themen HessenDrive und E-Vergabe
dabei. // Ab Seite 36
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8
INFORM 2/15 // IM GESPRÄCH
„Unser Kerngeschäft muss
in vollem Umfang weiterlaufen“ // Dr. Roman Poseck
im Interview
Dr. Roman Poseck, Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt, über die Bedeutung des elektronischen Rechtsverkehrs für die Justiz, die Herausforderungen bei der
Ein­führung und die Erwartungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
INFORM: Seit dem 1. Mai 2012 sind Sie Präsident des
OLG Frankfurt und haben damit eine doppelte Funktion: Einerseits sind Sie Richter, andererseits bilden Sie
die organisatorische Spitze des Geschäftsbereichs der
ordentlichen Gerichtsbarkeit, zu dem alle hessischen
Land- und Amtsgerichte mit insgesamt mehr als 7.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zählen. Welche
Bedeutung hat die heutige IT-Ausstattung für die richterliche Arbeit und für die Ausgestaltung der organisatorischen Abläufe in den Gerichten?
Dr. Poseck: Die vergangenen Jahre waren in der Justiz
durch einen erfolgreichen Modernisierungsschub
gekennzeichnet. Die IT ist sowohl für die Richterschaft
als auch für alle anderen Bediensteten zum festen
Bestandteil der täglichen Arbeit geworden. Die Richterinnen und Richter nutzen vor allem die Möglichkeiten
der Datenverarbeitung, der Spracherkennung und der
elektronischen Recherche. In umfangreichen Verfahren
sind elektronische Zweitakten bereits Realität. Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger arbeiten mit dem
elektronischen Grundbuch und dem elektronischen
Handelsregister. Und auch unsere Serviceeinheiten
nutzen die Vorteile der IT, zum Beispiel im Rahmen der
Fachanwendung EUREKA1. In der AußenkommunikatiEDV-Unterstützung für Rechtsgeschäftsstellen und Kanzleien
sowie der Richter- und Rechtspflegerarbeitsplätze
1
on spielt das elektronische Gerichtspostfach eine immer größere Rolle. Bei aller Skepsis, die es zu Beginn
der Modernisierungsoffensive vor fast 20 Jahren gab,
will heute kein Bediensteter der Justiz das Rad zurückdrehen. Wir sind froh, dass wir in unserer technischen
Ausstattung auf Augenhöhe zu Arbeitsplätzen außerhalb der Gerichte, beispielsweise in Anwaltskanzleien
und Unternehmen, sind.
INFORM: In den nächsten Jahren wird die durchgängig elektronische Arbeitsweise in den Vordergrund
treten, die herkömmliche Papierakte soll durch die
elektronische Akte abgelöst werden. Nach dem Stand
der Planungen soll die Einführung neuer technischer
Komponenten 2017 beginnen. Wie stehen Sie zu dem
bevorstehenden Medienwechsel?
Dr. Poseck: Den bevorstehenden Wechsel von der
Papierakte zur elektronischen Akte sehe ich grundsätzlich positiv. Der elektronische Rechtsverkehr macht
für mich nur Sinn, wenn er vollständig umgesetzt
wird, also die elektronische Akte mitumfasst. Nur so
lassen sich die Vorteile des elektronischen Rechtsverkehrs vollständig nutzen. Es darf nicht unser Ziel sein,
dass die Gerichte zu Druckereien werden, in denen
elektronische Posteingänge – wir haben in unseren
Gerichten ca. 40.000 Eingänge mit fast 500.000 Seiten
am Tag – für eine Papierakte ausgedruckt werden.
IM GESPRÄCH // INFORM 2/15
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INFORM 2/15 // IM GESPRÄCH
Vorteile der elektronischen Akte sehe ich zum Beispiel bei der
Aufbewahrung und dem Versand der Akte. Die Akte kann nicht
mehr verloren gehen; sie ist parallel für mehrere Nutzer zugänglich. Diese positive Zukunftsperspektive darf aber nicht darüber
hinwegtäuschen, dass der Medienwechsel eine riesige Herausforderung ist. In der Dimension ist er wahrscheinlich noch höher
einzuschätzen als die Modernisierung der vergangenen Jahre.
Ge­rade der richterliche Arbeitsplatz wird sich grundlegend
ändern.
INFORM: Und wie schätzen Sie die Erwartungen vielleicht auch
Befürchtungen in der Richterschaft und bei den weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ordentlichen Gerichtsbarkeit
ein?
Dr. Poseck: In der Tat gibt es bei den Bediensteten der Gerichte auch Sorgen über die weitere Entwicklung. Diese Sorgen
gilt es ernst zu nehmen. Der Erfolg der Veränderungen hängt
wesentlich von der Akzeptanz der Betroffenen ab. Das Akzeptanzmanagement ist damit von großer Bedeutung. Außerdem
müssen die Veränderungen nutzerfreundlich und bedarfsgerecht sein; das heißt, die Vorteile müssen für die Bediensteten
in ihrer täglichen Arbeit spürbar werden. Umfangreiche Schulungen sind notwendig. Wir dürfen die Menschen nicht durch
unzureichend vorbereitete Veränderungen überfordern. Da
die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsplätze aber in vielen
Bereichen noch offen ist, ist die neue Welt für die Bediensteten
noch nicht unmittelbar vorstellbar. Für die richterliche Tätigkeit
DR. ROMAN POSECK
­
… studierte und promovierte in Gießen. Er gilt als außer­gewöhnlich hochqualifizierter Jurist mit Bestnoten.
Im April 2000 kam er als Richter einer Zivilkammer
zum Landgericht Limburg, ein Jahr später erfolgte die
Abordnung ins hessische Justizministerium, zunächst als
Referatsleiter in der Strafrechtsabteilung.
Von 2005 bis 2007 leitete der gebürtige Rheinländer
das Ministerbüro. Zuletzt war er im Ministerium als Leiter
der Zentralabteilung unter anderem für Personal- und
Haushaltsfragen der hessischen Justiz zuständig.
An seinem 42. Geburtstag, am 16. März 2012, erhielt
Dr. Poseck die Ernennungs­urkunde zum neuen Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt. Das OLG ist
als höchstes Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit
in Hessen für das gesamte Bundesland zuständig. Zu
seinem Zuständigkeitsbereich gehören 1.200 Richter bei
51 hessischen Gerichten.
ist unabdingbar, dass die Unabhängigkeit in vollem Umfang
erhalten bleibt. Technik darf richterliche Entscheidungsmöglichkeiten nicht begrenzen. Und schließlich weisen die Bediensteten aller Laufbahnen auf die hohen personellen und finanziellen
Anforderungen hin, die eine so gravierende Veränderung mit
sich bringt. Die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs
wird nur gelingen, wenn ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen. Für uns in der ordentlichen
Gerichtsbarkeit ist es eine besondere Herausforderung, die
Veränderungsprozesse parallel zu einer hohen Belastung im
Alltagsgeschäft und zu einem haushalterisch vorgegebenen
Abbau im Richterdienst und im nicht-richterlichen Bereich umzusetzen. Unser Kerngeschäft muss während der Umstellung in
vollem Umfang weiterlaufen; einen Stillstand bei den Verfahren
können wir uns auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger
nicht leisten.
INFORM: Kurz vor Ihrem Amtsantritt als Präsident hatte das
OLG seine frühere Zuständigkeit für IT-Angelegenheiten an die
Anfang 2012 gegründete IT-Stelle der hessischen Justiz (ITS)
abgegeben, die seitdem geschäftsbereichsübergreifend als
eigenständige Behörde eng mit der HZD, vor allen Dingen mit
ihrer Außenstelle in Hünfeld, zusammenarbeitet. Wie beurteilen
Sie die Zusammenarbeit mit ITS und HZD und welche Bedeutung kommt aus Ihrer Sicht Steuerungsgremien wie dem IT-Beirat
und dem Projektrat zu?
Dr. Poseck: Die Gründung der IT-Stelle im Jahre 2012 hat sich
aus meiner Sicht bewährt. Sie trägt vor allem der gestiegenen
Bedeutung der IT Rechnung. Für die Steuerung der Veränderungsprozesse bei der Einführung des elektronischen Rechts-
IM GESPRÄCH // INFORM 2/15
verkehrs ist eine zentrale, gerichtsbarkeitsübergreifende Einheit
wie die IT-Stelle unerlässlich. Die Zusammenarbeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit ITS und HZD ist nach meinen Erfahrungen an gemeinsamen Zielen und Vorstellungen ausgerichtet;
sie ist produktiv, vertrauensvoll und unkompliziert. Die praktischen Belange werden ausreichend berücksichtigt. Hierzu tragen vor allem die geschaffenen Gremien wie der IT-Beirat und
der Projektrat bei. Im IT-Beirat, in dem alle Gerichtsbarkeiten
und die Staatsanwaltschaften hochrangig vertreten sind, haben
wir vereinbart, die Sitzungsfrequenz deutlich zu erhöhen, damit
Veränderungsprozesse und Prioritäten noch besser abgestimmt
werden können. In diesem Jahr kommen wir daher bislang fast
monatlich zu intensiven mehrstündigen Beratungen zusammen.
INFORM: Insbesondere die Umstellung auf elektronische Aktenführung wird die Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung und die
Arbeitsgewohnheiten aller Beteiligten grundlegend verändern.
Welche Erwartungen haben Sie an die künftige Arbeitsplatz­
gestaltung, und welche Vorteile stehen für Sie im Vordergrund?
Dr. Poseck: Die Veränderungen bei der Arbeitsplatzgestaltung
werden gravierend sein. Die Vorteile überwiegen. Einen Punkt
möchte ich exemplarisch herausstellen, nämlich den Gewinn an
Arbeitsflexibilität. Auch wenn Richterinnen und Richter schon
heute in ihrer Arbeitsgestaltung weitgehend unabhängig
und damit frei sind, wird sich das Arbeitsumfeld noch einmal
deutlich verbessern, wenn ein Zugriff auf die Akten auch von zu
Hause aus möglich ist. Das lästige Hin- und Her-Transportieren
unserer oft umfangreichen Papierakten entfällt. Auch in anderen Laufbahnen der Justiz hat die Arbeitsflexibilität in den
vergangenen Jahren immer mehr zugenommen. So führen wir
im Rechtspflegerbereich derzeit ein entsprechendes Pilotprojekt für das gesamte Land durch. Die Entwicklung hin zu mehr
Arbeitsflexibilität wird durch den elektronischen Rechtsverkehr
maßgeblich gefördert; sie verbessert Mitarbeiterzufriedenheit,
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Attraktivität bei der
Nachwuchsgewinnung. Eines will ich aber auch noch klarstellen: Auch wenn sich der richterliche Arbeitsplatz grundlegend
ändern wird, sehe ich nicht, dass der Aufwand für die Richterin
oder den Richter geringer wird. Es wird weiter der umfassenden
Einarbeitung in den Prozessstoff, der mündlichen Verhandlung
und der Entscheidung durch die Richterin oder den Richter
bedürfen, die allesamt nicht automatisiert werden können.
INFORM: Werden fachliche Anforderungen bei der Ausge­staltung
der technischen Komponenten hinreichend einbezogen?
Dr. Poseck: Es ist eine ständige Herausforderung, fachliche
Komponenten und technische Entwicklung zusammenzuhalten. Technik darf nicht Selbstzweck sein, sondern sie muss die
fachliche Arbeit sinnvoll unterstützen. Im IT-Beirat und auf vielen
anderen Ebenen legen wir Wert darauf, dass die fachlichen
11
PERSÖNLICH
­
Mein Berufswunsch als Kind war … Seilbahnschaffner
zu werden.
An meiner jetzigen Position schätze ich am meisten …
ihre Vielseitigkeit; zum einen bin ich als Vorsitzender
eines Zivilsenates unabhängiger Richter; zum anderen
stehe ich an der Spitze einer großen Verwaltung mit
spannenden Herausforderungen.
Rechtsprechung sollte … die gesetzlichen Vorgaben
achten, die Verfahrensbeteiligten ernst nehmen sowie
Sicherheit und Rechtsfrieden schaffen.
Rechtsprechung sollte auf keinen Fall … abgehoben
und für den Nicht-Juristen unverständlich sein.
Ich hätte gerne mehr Zeit für … Sport. Aktiv und passiv
interessiere ich mich vor allem für Basketball und Fußball.
Besonderheiten der Justiz ausreichend zum Tragen kommen.
Wir werden hier aber gerade bei den bevorstehenden Veränderungen am Ball bleiben müssen. Ein guter Ansatz sind die neu
geschaffenen Fachbeiräte, in denen Praktiker aller Laufbahnen
der Justiz mitwirken, um die fachliche Seite einzubringen.
INFORM: Ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg eines derartigen Großprojektes ist sicher die Akzeptanz der Beteiligten, und
das sind viele. Welche Bedeutung kommt dabei der Information
und Zusammenarbeit mit den Vertretungsgremien zu?
Dr. Poseck: Die enge Zusammenarbeit mit den Vertretungsgremien ist unerlässlich für den Erfolg. Ich sehe es daher auch
als positiv an, dass die Justizministerin einen Gremienbeirat
eingerichtet hat, welcher der frühzeitigen und umfassenden
Information dient. Die Weiterentwicklung des elektronischen
Rechtsverkehrs ist auch in den Monatsgesprächen, die ich mit
dem Bezirksrichterrat und dem Richterrat des Oberlandesgerichts führe, regelmäßiger Tagesordnungspunkt. Dabei sehe ich
es auch als Aufgabe der Gremien an, die Sorgen der Bediensteten einzubringen und mögliche Fehlentwicklungen zu benennen. Die Gremien haben dabei in der Vergangenheit immer
wieder wichtige Impulse gesetzt, so zum Beispiel beim Thema
Datensicherheit, das über viele Jahre eher belächelt wurde und
erst seit NSA wirklich ernst genommen wird. Die Justizministerin
widmet diesem Thema eine sehr hohe Priorität, zum Beispiel
auch in einer engen Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut in
Darmstadt (s. Seite 42).
Das Interview führte Friederike van Roye, HZD
12
INFORM 2/15 // NOTIZEN
Vom Service Desk
zum Service
Operations Center
// HZD auf Service
Desk World
„Fußfessel“ und HTML-Programmierung // Girls Day in der HZD
Zum 13. Mal hat die HZD am bundesweiten Girls Day –
Mädchen-Zukunftstag teilgenommen und zwölf Mädchen in Wiesbaden und fünf in Hünfeld empfangen.
Auf der diesjährigen Jahrestagung
der „Service Desk World“ stellte
Holger Schermann, Gesamtbetriebs­
leiter Service Operation Center
(SOC), die Verzah­nung von Service
Desk und IT Ope­ra­tions bei der
HZD vor. Konkret berichtete er über
Der Girls Day bietet Mädchen die Mög­lichkeit, sich über
die Arbeitswelt zu in­
for­
mieren und technikorientierte
Arbeitsplätze kennenzulernen. Damit soll ihre Berufs- und
Karriereplanung verbessert werden.
Rechen- und Druckzentrum, das Innenleben eines PCs
und die Reinheit von Glasfaserkabeln, elektronische
Zutrittskontrolle und „Fußfesseln“ lernten die Mädchen
bei der HZD kennen. Außerdem programmierten sie
eine Homepage mit HTML und die Azubis standen Rede
und Antwort zum Thema Ausbildung. Die HZD bietet
eine duale Ausbildung zur Fachinformatikerin bzw. zum
Fachinformatiker Systemintegration oder Anwendungsentwicklung mit begleitendem Studium der Wirtschaftsinformatik. Die Ausbildung dauert drei Jahre und findet
in der HZD, der Berufsschule Mainz und der Hochschule
Mainz statt. //
zentrale Cockpit Funktionen im
SOC, die Ausfallsicher­heit durch die
standortübergreifende Organisa­tion
des SOCs sowie die zentrale Informationssammlung und -steuerung.
Die HZD war neben Vertretern namhafter Unternehmen auf dem etablierten Branchentreff am 21. und 22. April
in Köln vertreten, der in diesem Jahr
unter dem Motto „Strategische Handlungsoptionen für die Zukunft: Vom
Service Desk zum Service Operations
Center“ stand. Seit über 20 Jahren
trägt der Austausch auf der Service
Desk World zur Professionalisierung,
Optimierung und Standardisierung
von Service Desk Organisationen bei.
Das erklärte Ziel: bessere Erstlösungs­quote, Erreich­barkeit, Entstörung
und damit höhere Kundenzufriedenheit. //
NOTIZEN // INFORM 2/15
13
Die HZD bewegt // Neuer Imagefilm
HZD IN Z AHLEN
­
2 500 000
Mails werden im Schnitt jeden
Monat aus dem Internet
erfolgreich in der Hessischen
Landes­verwaltung übermittelt. Sie kommen von knapp
IT-Kompetenz aus einer Hand – das zeigt die HZD mit ihrem modernen, zukunfts­
orientierten Imagefilm. Die Vier-Minuten-Produktion stellt die komplexen Leistungen der HZD übersichtlich und kompakt vor: www.hzd.hessen.de/videos
EGOV-VR // Neues Gremium für IT in Hessen
Hessen hat mit dem „Gremium der Verantwortlichen der Ressorts für E-Government“,
kurz EGOV-VR, ein zentrales Instrument der IT-Organisation auf Steuerungsebene ge­
schaf­fen. Michael Hohmann, Zentralabteilungsleiter des Hessischen Finanzministeriums, und Viktor Jurk, Leiter der Abteilung für E-Government und Verwaltungsinformatik des Hessischen Innenministeriums, leiten das Gremium gemeinsam. Die HZD ist
mit dem Direktor Joachim Kaiser und dem Technischen Direktor Thomas Kaspar vertreten.
EGOV-VR beauftragt die etablierten Gremien auf der Arbeitsebene (AK St/Ar/C und AK
IT-Sicherheit) bzw. entscheidet über deren Vorlagen. Die Fachthemen gliedern sich in
die Bereiche E-Government, IT-Standardisierung und Cybersicherheit. In der jüngsten
Sitzung, Mitte März, wurden zwei für den HessenPC relevante Dokumente beschlossen, nämlich die „Standardleistungsbeschreibung Zen­trale Betreiberplattform“ und das
Wartungsmodell (s. Seite 33). //
590 000
unterschiedlichen Absendern
und richten sich an ca.
135 000
Empfänger in rund
2 500
Maildomänen. Das übertragene Datenvolumen beträgt
über
750
Gigabyte.
Die Mail-Server betreibt die
HZD für das Land Hessen.
Kooperation // Langzeitspeicherung
Bereits zum 14. Mal traf sich die Unterarbeitsgruppe „Langzeitspeicherung“
der öf­fentlichen Datenzentralen. Bei der
Langzeitspeicherung geht es um die
Vorhal­tung von Daten nach gesetzlichen
Vorgaben.
Die bundesweite Gruppe tauscht sich
zwei Mal im Jahr aus, am 29. und 30. April
kamen die Teilnehmer in die HZD. Auf der
Agenda standen Fachvorträge, Diskussionen über aktuelle Projekte sowie bundes­-
weite Themen wie Auswirkungen des EVerwaltungskonzepts des Bundes, NaLA,
TR-ESOR, Aussonderung von Akten, Weiter­führung von Domea, aber auch der Einsatz geeigneter Hardware-Platt­formen.
Besonders wertvoll war ein Im­pulsvor­
trag von Dr. Wild von intarsys zu den
Standards und Ausprägungen von pdf-a,
das sind pdf-Dokumente in einem
besonderen, langzeitlesbaren Archivierungsformat. //
14
INFORM 2/15 // NOTIZEN
Besser telefonieren
// Neue Rahmenverträge
Messen im Juni // eXPO und
Zukunftskongress
Im Juni wird die HZD auf der eXPO in Hanau und auf
dem Zukunftskongress Staat und Verwaltung in Berlin
sein. Sie stellt die Mobilgeräte-Verwaltung, den HessenDrive und E-Vergabe vor.
Am 10. Juni 2015 lädt die ekom21, der
kommunale IT-Partner der HZD, zur Hausmesse eXPO in den Congress Park Hanau
ein. Verena Schwan stellt erstmals die
Mobilgeräte-Verwaltung (MGV) vor, ein
neues Produkt aus der FISBOX®-Familie.
Es ermöglicht u.a. eine anwenderfreundliche Verwaltung von Mobilfunkverträ­gen,
Geräten und deren Benutzer sowie eine
schnelle und unkomplizierte Auswertung
dieser Daten. Klaus Wahl gibt in der
Brüder-Grimm-Stadt einen praktischen
Eindruck von der Synchronisations- und
Austauschplattform HessenDrive. Mit
ihr können Nutzer untereinander und mit
externen Partnern auch größere Dateien einfach austauschen. HessenDrive
ist als Web-Anwendung für stationäre
und mobile Endgeräte verfügbar, sodass
Dateien sowohl am Arbeitsplatz als
auch unterwegs synchron zur Verfügung
stehen.
gress Staat und Verwaltung im bcc Berlin Congress Center vor. E-­Vergabe stellt
den Vergabestellen in der Landesverwaltung einen durchgängig automatisierten
Arbeitsablauf zur Verfügung, der den
jeweiligen Sachbearbeiter im gesamten
Vergabeprozess workflowbasiert und
optional mit digitaler Angebotsabgabe
unterstützt. Zur Produktgruppe gehören
weiterhin die Vergabeplattform, das Data
Warehouse, die Langzeitarchivierung und
eine Vergabesperrenabfrage. //
Am 23. und 24. Juni 2015 stellen Carsten
Stroh und Norman Schneider die Produk-­
te der E-Vergabe auf dem Zu­kunfts­kon­
Produktmanager E-Vergabe: Carsten
Stroh, [email protected],
Tel. 0611 340-1131
Anfang März informierte die HZD die
hessischen Dienststellen über die
neuen Rahmenverträge für Festnetzund Mobilfunk, die seit dem vergan­
ge­nen Jahr gültig sind. Der Einladung
folgten rund 70 Gäste aus allen Res­sorts der Landesverwaltung. Die Provider erörterten die Rahmenverträge,
gewährten aber auch einen Ausblick
in die Zukunft, beispielsweise ins Jahr
2018, wenn das ISDN-Netz durch das
IP-Netz abgelöst werden wird. Mit zahlreichen Fragen und Diskussionsbeiträgen und einem regen Austausch
bekundeten die Teilnehmer großes
Interesse an der Veranstaltung.
Die HZD schließt die Rahmenverträ­
ge mit den Telekommunikations-Pro­
vidern ab. Die Dienststellen selbst
ver­ein­ba­ren Einzelbeauftragungen
mit den Providern auf Grundlage der
Rahmenverträge. //
GINSTER // User Day
im Frühjahr 2015
Kontakt:
Produktmanagerin FISBOX® MobilgeräteVerwaltung: Verena Schwan,
[email protected],
Tel. 0611 340-3009
Produktmanager HessenDrive:
Klaus Wahl, [email protected],
Tel. 06652 187-2189
Am 14. April 2015 kamen rund
60 Vertreterinnen und Vertreter aus
14 Bundesländern zum GINSTER
User Day in der HZD zusammen, um
sich über Neuerungen in der Stamm­
datenverwaltung zu informieren.
Ein wichtiges Thema war u.a. die
Einfüh­rung von GINSTER Master in
den Bundesländern (s. Seite 30). Der
GINSTER User Day findet seit 2006
einmal jährlich statt. //
KOLUMNE // INFORM 2/15
Web-Lounge // Da gibt’s was
auf die Ohren
Am 19. März 2015 verkündete Larissa Vassilian – vielen
besser bekannt unter dem Pseudonym Annik Rubens –
auf ihrem Blog „Schlaflos in München“ und auf Twitter
das Ende ihres gleichnamigen Podcasts. Seit zehn Jahren
hat die Journalistin darin über alles gesprochen, was ihr
so durch den Kopf ging.
Das Podcasten entstand Anfang der 2000er Jahre und
wurde zunächst als Audioblogging bezeichnet. Wie in einem Weblog werden dabei einzelne Beiträge veröffentlicht. Allerdings handelt es sich hier nicht um Texte und
Bilder, sondern um Audiodateien. Die können per RSSFeed automatisch im Abonnement bezogen werden. Als
die Firma Apple diese kostenlose Abonnements für ihre
iPod-Geräte in ihren Medienshop iTunes integrierte, entstand der Begriff „Podcast“ (aus „iPod“ und „broadcast“,
engl. für senden).
Das Podcasten ist auch für Laien eine reizvolle Möglichkeit, Ton- oder auch Videobeiträge zu veröffentlichen.
Die Verbreitung ist relativ einfach: Wenn die Mediendatei produziert ist, wird sie auf einen Webserver hochgeladen und durch einen Eintrag im RSS-Feed ergänzt. Man
benötigt keine komplizierte Übertragungstechnik wie
beim Rundfunk.
Innerhalb kurzer Zeit entstanden zu allen möglichen
Themen Podcasts, die ihre Folgen relativ regelmäßig
produzierten. Von sehr persönlichen, tagebuchartigen
Podcasts über technische Themen bis zu Kochtipps
und Politik ist nahezu alles vertreten. Der 2006 gestartete Videopodcast der Bundeskanzlerin verzeichnet bis
heute fast 600 Fol­gen. Auch viele Radiosender nutzen
die Podcasttechnik, um ihre Beiträge unabhängig von
der Sendezeit hörbar zu machen (Zweitverwertung).
Doch die Podcastszene hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Neben den reinen Amateurproduktionen
entstanden zahlreiche professionell gemachte „Sendungen“. Neben der Zweitverwertung waren das auch
Firmenproduktionen, mit denen die Unternehmen ihre
Kunden auf einem modernen Kanal erreichen wollten.
Doch diese Podcasts existieren heute oft nur noch mit
einigen wenigen Ausgaben „historischer Aufnahmen“
als weitere Karteileichen in den einschlägigen PodcastVerzeichnissen.
Zudem scheint sich die früher häufig enge Bindung zwischen Podcastern und ihrer jeweiligen Hörer-Community
zu lösen. Es gibt weniger Feedback an die Podcastmacher,
weniger soziale Interaktion und es geht nicht mehr so
„familiär“ zu – für individuelle Podcasts wie „Schlaflos in
München“ eine wichtige Veränderung.
Und schließlich ändern sich auch Hörgewohnheiten und
die Art des Medienkonsums. Die Musikindustrie musste bereits schmerzlich erkennen, dass weder Tonträger
noch „Downloads“ Zukunftsmodelle sind. Der Trend
geht zu den Streaming-Diensten, bei denen Musik- oder
Sprachbeiträge portionsweise während des Hörens aus
dem Netz übertragen werden. Das gehörte Stück landet
nicht mehr als Ganzes – egal ob auf Datenträger oder als
Datei – beim Konsumenten und ist somit nicht beliebig
oft zu hören. Vielmehr erfordert jedes Hören eine neue
Datenübertragung. Auch Podcasts lassen sich streamen.
Aber die einzelnen Folgen werden dabei zu einem Teil
des Stroms von Musik und Sprache. Sie werden nicht
mehr als Teil der eigenen „Sammlung“ wahrgenommen.
Wir haben Larissa Vassilian zu ihren Erfahrungen mit
dem Podcasten und dem Ende von „Schlaflos in München“ befragt. Das Interview lesen Sie in der OnlineAusgabe der Web-Lounge unter www.hzd.hessen.de/
presse/web-lounge
dr. markus beckmann
Architektur, Produkte und Standards
Verfasser des Trendberichts der HZD
[email protected]
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INFORM 2/15 // 25 JAHRE HZD HÜNFELD
25 JAHRE HZD HÜNFELD // INFORM 2/15
Die HZD in der Konrad-Zuse-Stadt // Als im Juni 1990 die ersten HZD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hünfeld ihre Arbeit aufnehmen, lebt Konrad Zuse seit
geraumer Zeit in der Stadt. Auch wenn es keine persönlichen Kontakte zu dem
Computerpionier gab, so ist es doch ein schöner Zufall, dass die Außenstelle der
HZD ihren Sitz in der Konrad-Zuse-Stadt hat, mit der sie in 25 Jahren „zusammengewachsen“ und „groß“ geworden ist.
Über die Anfänge der Außenstelle kann keiner besser berichten als Frank Werner,
der Pionierarbeit für die HZD in Hünfeld leistete: Zusammen mit Karl-Heinz Uhlemann baute er den Standort auf und leitete ihn über zwei Jahrzehnte. Vor drei Jahren übergab er den „Staffelstab“ an Herbert Guder, der eine bewegte Zeit mit tiefgreifenden Veränderungen erlebte. Seit Beginn dieses Jahres trägt Hans-Georg
Ehrhardt-Gerst die Verantwortung für die Außenstelle und stellt sich der Herausforderung „eJustice“. Alle drei geben einen persönlichen Einblick in „ihren“ Standort
und „ihre“ Zeit.
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INFORM 2/15 // 25 JAHRE HZD HÜNFELD
Vom „Campus Unofelt“ zur Konrad-Zuse-Stadt
// Hünfeld – attraktiver Standort für 120 HZDler
Als im Juni 1990 die Außenstelle der HZD
in Hünfeld eröffnet, lebt Konrad Zuse
seit über 30 Jahren in der osthessischen
Stadt. 1956 kommt der in Berlin geborene
„Vater des Com­pu­ters“ an die Haune und
bleibt hier bis zu seinem Lebensende
1995. Bereits 1941 stellt er der Öffentlich­keit seine Z3 vor, die alle wichtigen Merk­male eines mo­der­nen Computers enthält. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt er „Plankalkül“, die
erste universelle Programmiersprache
und im selben Jahr, 1946, gründet Zuse
das erste „Compu­ter-Start-up“, dem
drei Jahre später die erste kommerzielle
Computerfirma der Welt – ZUSE KG – in
Neukirchen bei Hünfeld folgt. Mit 54
Jahren zieht sich Zuse als aktiver Teilhaber aus der Firma zurück und widmet
sich fortan der Wissenschaft und seiner
Leidenschaft, der Malerei. Noch im Jahr
seines Todes erwirbt er ein Patent für
den Helixturm, eine von ihm konstruierte
Windkraftanlage.
Seit 2006 trägt Hünfeld durch einen Erlass des Hessischen Innenministers offiziell den Beinamen „Konrad-Zuse-Stadt“.
Das Konrad-Zuse-Museum be­her­bergt
die umfangreichste Sammlung von ZuseGeräten weltweit und viele Exponate, die
ihn als Ingenieur, Wis­senschaftler, aber
auch Künstler zeigen.
Zurück zu den Anfängen
Die Geschichte der osthessischen Stadt
beginnt natürlich lange vor Zuse. 781 ist
das heutige Hünfeld erstmals urkundlich
erwähnt: Karl der Große schenkt dem
Kloster Fulda den „Campus Unofelt“. Die
Verleihung der „Gelnhäuser Stadtrechte“
1310 ist ein Höhepunkt in der Stadtentwicklung und Impulsgeber für die
po­si­tive Entwicklung an der Handelsstraße
Frankfurt-Leipzig. Die bevorzugte Lage
in Friedenszeiten wird in Kriegszeiten zu
einer schweren Last für die Men­schen.
Allein Kaiser Napoleon zieht auf seinen
HÜNFELD ­
Regierungsbezirk
Kassel
Landkreis
Fulda
Bürgermeister
Stefan Schwenk (CDU)
Höhe
261 m ü. NHN
Fläche
knapp 120 km²
Einwohner
ca. 16.000
Bevölkerungsdichte
ca. 132 Einwohner je km²
Arbeits- und Erwerbsplätze
ca. 8.000
Tourismus
480 Betten mit 63.000 Übernachtungen
Verkehrsanbindungen
A 7, B 84 und B 27;
Bahnhof Hünfeld: 2014 „Schönster
Kleinstadtbahnhof Deutschlands;
ICE-Anschluss im benachbarten Fulda
Sehenswürdigkeiten
Neugotisches Rathaus, St. Bonifatius­
kloster, Wasserschloss Mackenzell,
Mahn- und Begegnungsstätte Point
Alpha im benachbarten Rasdorf
Weitere Informationen
www.huenfeld.de
www.zuse-museum-huenfeld.de
www.museum-modern-art.de
www.hessisches-kegelspiel.de
Feldzügen neun Mal durch Hünfeld. Ein
Zeitzeugnis der schwerwiegenden Folgen der napoleonischen Kriegszüge ist
das Gedicht „Jahrmarkt zu Hünfeld“ von
Johann Wolfgang von Goethe, der auch
in Hünfeld Station gemacht hat.
Erster und Zweiter Weltkrieg hinterlassen tiefe Wunden im sozialen, kulturellen
und wirtschaftlichen Leben Deutschlands und auch Hünfelds. Am 27. Okto­
ber 1944 verlieren 106 Menschen bei
einem verheerenden Bombenangriff auf
den Hünfelder Bahnhof ihr Leben. Ungezählte Familien betrauern Ehemänner,
Väter und Söhne, die durch den Krieg ihr
Leben lassen mussten. Die Nachkriegsjahre sind stürmisch, aber auch eine Zeit
des Wachstums. Hünfelds Bevölkerung
verdoppelt sich durch die Ankunft von
Heimatvertriebenen und Flüchtlingen.
Die Kommunale Gebietsreform führt
1972 zu einer erneuten Verdoppelung
der Einwohnerzahl.
Auch die Wirtschaft erlebt ihren Aufschwung. Textilindustrie, Maschinenbau- und metallverarbeitende Betriebe
siedeln sich in Hünfeld an. Die Firma
Wella, nach dem Krieg enteignet in ihrer
erzgebirgischen Heimat, lässt sich nieder
und ist bis heute größter industrieller
Arbeitgeber (heute: Procter & Gamble)
neben Ondal Medical Systems und Herbert KG. Daneben ist die osthessische
Stadt ein kleines „Behördenschwergewicht“, das 1.600 Erwerbstätige beschäftigt. Hier befindet sich die einzig verbliebene Einsatzabteilung der Bundes­polizei
in Hessen, die neue Justizvollzugsanstalt,
das zentrale Mahngericht für Hessen, das
zentrale Beihilfedezernat für die Hessische Landesverwaltung – und die HZD
seit nunmehr 25 Jahren. //
Seite 19: Attraktives Umfeld in und um Hünfeld:
Hessisches Kegelspiel und Haselsee, Golfplatz und Stiftskirche, Museen und Gaalbernfest
25 JAHRE HZD HÜNFELD // INFORM 2/15
„Von Anfang an war und ist die HZD-Außenstelle
in Hünfeld als Partner der hessischen Justiz an
jedem einzelnen Entwicklungs- und Ausbauschritt
auf dem Weg zum elektronischen Rechtsverkehr
maßgeblich beteiligt. Inzwischen ist das Zusammenwirken zwischen ‚unserer‘ HZD Hünfeld und
uns auf allen Ebenen so eng verzahnt, als handele es sich um eine
gemeinsame Organisation. Das persönliche Miteinander ist von
Vertrauen und höchster Wertschätzung geprägt. Mehr kann man
sich kaum wünschen. Wir gratulieren unserer ‚Schwesterorganisation‘ – wenn ich so sagen darf – sehr herzlich zum 25. Jahrestag
und wünschen ihr und uns die erfolgreiche Fortsetzung unseres
gemeinsamen Wirkens für die hessische Justiz.“
M A N F R E D B EC K // Präsident IT-Stelle der hessischen Justiz
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INFORM 2/15 // 25 JAHRE HZD HÜNFELD
v.l.o.: Hans-Georg Ehrhardt-Gerst, Thomas Mende, Eric Röder, Dr. Bernd Hartmann; v.l.u.: Peter Haas, Harms Becker, Angelika Freitag // Stationen der Außenstelle: Landratsamt, am
Großenbacher Tor und Mackenzeller Straße
IT-Dienstleister für die Justiz und
noch mehr // Die Außenstelle der HZD
Die räumliche Nähe zum zentralen
Mahngericht für Hessen gibt vor 25 Jah­
ren den Ausschlag, dass die HZD eine
Außenstelle in Hünfeld eröffnet, deren
Aufbau Frank Werner und Karl-Heinz
Uhlemann verantworten. Heute betreu­­
en die rund 120 HZD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in Osthessen die
komplette IT der Justiz in enger Zusam­
menarbeit mit der IT-Stelle der hessischen Justiz in Bad Vilbel. Kurze Wege
und ein Rundum-Service „aus einer
Hand“ haben sich bewährt.
Kunden- und Anwendungsmanagement,
Rollout­mana­gement und Verfahrensbetrieb, Architektur und Controlling – der
stellvertretende Leiter der Außenstelle
Hans-Georg Ehrhardt-Gerst und die
Bereichsleiter Thomas Mende und Eric
Röder steuern die IT-Belange für die
hessische Justiz.
Aber die HZD in Hünfeld „bietet“ noch
mehr: Der IT-Service-Desk ist seit 2010
neben dem User-Help-Desk der Justiz
unter der Obhut von Dr. Bernd Hartmann
hier zu Hause. Gibt es Probleme mit der
IT, dann sind sie erste Anlaufstelle und
kompetenter Ansprechpartner für die
Beschäftigten der Landesverwaltung.
Mehr als 50 Prozent aller Anfragen beantworten die First-Level-Support-Spezialisten beim ersten Anruf, die „harten“
Fälle werden per Ticketsystem an die
Fachabteilungen in der HZD zur weiteren
Bearbeitung gegeben. Weiterhin ist das
Competence Center Windows Terminalserver in Hünfeld angesiedelt. Es stellt
für ca. 30.000 Nutzer den Zugriff auf
zentrale Anwendungen wie SAP, Remedy
oder HeDok bereit.
Sprichwörtlich unter Hochdruck läuft
das Druckzentrum. 2009 hat man die
ehemals zwei Druckzentren der HZD in
Hünfeld zusammengelegt. Betriebsleiter
Peter Haas koordiniert vor Ort den Zweischichtbetrieb. 90 Millionen Drucksachen und 13 Millionen portoopti­mier­te
Sendungen verlassen im Jahr das Haus.
Die „großen“ Kunden sind Hessens
Finanz­ämter, Justiz und Bezüge­s telle.
Immer mehr bislang dezentrale Druckaufträge hessischer Dienststellen kommen hinzu.
Neben querschnittlichen Aufgaben ar­
bei­­ten Harms Becker und sein Bereich
„Architektur, Produkte und Standards“
am „Puls“ der Zeit. Sie legen den „Grundstein“ für die IT-Themen der Verwaltung
von morgen. Die Kollegen agieren stand­
ortübergreifend in der Außenstelle und
in der Zentrale in Wiesbaden. Und dass
am Standort nie die „Lichter“ ausgehen,
darum kümmert sich Angelika Freitag
von der Zentralabteilung vor Ort. //
25 JAHRE HZD HÜNFELD // INFORM 2/15
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Die HZD in guten Händen: Tatkräftig und
unermüdlich // 1990–2012
Von Frank Werner // Rückblickend kann
ich sagen: Die Außenstelle Hünfeld zeigt
modellhaft auf, wie IT-Dienstleistungen
einerseits individuell für ein Ressort,
andererseits aber auch standardisiert
und wirtschaftlich erbracht werden können – heute übrigens mehr denn je. Dazu
war und ist es notwendig, eine moderne
und leistungsfähige Außenstelle der
HZD zu gestalten. Aber der Reihe nach.
Beginnen wir mit der Zeit des Aufbruchs,
Aufbaus und Wachstums, an der ich
teilhaben durfte.
1989 reiften die Pläne für den Aufbau
einer HZD-Außenstelle in Hünfeld. Ich
leitete damals die Abteilung A des
Dezernats A II/3 „Justizwesen“. Leonhard Ermer, seit 1989 (bis 2001) unser
Direktor, ernannte mich zum Leiter des
„Aufbaustabs Hünfeld“. Meine rechte
Hand war mein hochgeschätzter Kollege
Karl-Heinz Uhlemann.
Die Politik hatte uns klare Zeitvorgaben
gesetzt: Am 1. Juni 1990 sollten wir in
einem Übergangsdomizil die Projektentwicklung von zwei Verfahren für das
Finanzministerium starten. Außerdem
musste ein halbes Jahr später die neue
Außenstelle mit integriertem Rechenzentrum bezugsfertig sein. Ausschlaggebend war hier die Abwicklung des
automatisierten Mahnverfahrens (AUMAV) des zentralen hessischen Mahngerichts, das in Hünfeld angesiedelt war
und auch immer noch ist.
Ein Jahr pendelte ich zwischen meinem
Arbeitsplatz in Wiesbaden und Hünfeld,
wo Karl-Heinz Uhlemann und ich mit
dem Bürgermeister, Architekten und Bauunternehmern verhandelten, planten
und den Baufortschritt überwachten.
Planmäßig bezogen zehn Kolleginnen
und Kollegen ihre neuen Büros im alten
Landratsamt, das wir aber nach einigen
Monaten Richtung Großenbacher Tor 1
verließen. Neben den beiden genannten Projekten für das Finanzministerium
haben wir von hier aus für das Justizministerium das automatisierte Mahnverfahren eingeführt.
Die Anzahl der HZD-Bediensteten wuchs,
der Kontakt zur hessischen Justiz vertiefte sich, sie übertrug immer mehr und immer vielfältigere Aufgaben an die HZD.
1999 standen wesentliche Entscheidungen an: Die hessische Justiz wollte das
Elektronische Grundbuch (SolumSTAR)
einführen und darüber hinaus ihren
gesamten Geschäftsbereich mit rund
14.000 Arbeitsplätzen modernisieren.
Zwischenzeitlich hatten wir 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unsere angemieteten Räumlichkeiten platzten quasi
aus allen Nähten. Das Rechenzentrum
war sicherheitstechnisch nicht mehr
ausbaufähig. Karl-Heinz Uhlemann und
ich waren mittlerweile ein eingespieltes
Planungsteam – und wir wurden einmal
mehr gefordert. Innerhalb eines Jahres
entstand ein landeseigenes Gebäude in
der Mackenzeller Straße mit rund 3.600
Quadratmetern Nutzfläche und einem
Hochsicherheitsbereich im Rechenzentrum.
Das Gebäude hatten wir auf Expansion
geplant, was gut war. Denn bis Ende
2008 verdoppelte sich die Anzahl der
Kolleginnen und Kollegen, die zwischenzeitlich in fünf Bereichen tätig waren. Im
Mai 2009 nahm schließlich das Druckzentrum der HZD in Hünfeld seine Arbeit
auf. Wir bezogen eine weitere Dependance in der Töpferstraße, bevor ich
mich im Mai 2012 nach über 20 Jahren
in der Außenstelle in Hünfeld in den
Ruhestand verabschiedete und Herbert
Guder vertrauensvoll den „Staffelstab“
überreichte. //
F R A N K W E R N E R war der Leiter
des „Aufbaustabs Hünfeld“. Nach
dem Aufbau der Außenstelle leitete
er sie mehr als 20 Jahre lang.
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INFORM 2/15 // 25 JAHRE HZD HÜNFELD
„Die HZD ist für uns ein kompetenter Partner, stets
hilfsbereit und an gemeinsamen Zielen orientiert.
Die Zusammenarbeit ist gewinnbringend, vertrauensvoll und bereichernd zugleich. Der persönliche
Austausch von Informationen ist für die Bewältigung der täglichen Abläufe ein absoluter Gewinn.
Gemeinsame Abstimmungen sind verbindlich und sachorientiert.
Glückwünsche für 25 Jahre HZD Hünfeld und auf eine weiterhin
gute Zusammenarbeit.“
M O N I K A S O M M E R // Geschäftsleiterin Landgericht Limburg a.d. Lahn
25 JAHRE HZD HÜNFELD // INFORM 2/15
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Die HZD in guten Händen: Modernisierungsoffensive „schweißt“ zusammen // 2012–2015
Von Herbert Guder // Nach über zwölf
Jahren als Kundenberater der HZD für
die hessische Justiz übertrug mir Mitte
2012 der damalige HZD-Direktor Dr.
Ulrich Schmidtberg die Leitung der Abteilung J und der Außenstelle Hünfeld.
Die Situation in der Außenstelle hatte
sich verändert. Neben der Abteilung J
waren durch eine Umorganisation der
HZD und die damit verbundene Neuverteilung der Aufgaben auch Bereiche der
Produktionsabteilung Rechenzentrum
und der Zentralabteilung entstanden.
Später kam ein Teilbereich der Abteilung Kundenmanagement hinzu. Die
Zusammenarbeit der Teams musste neu
gestaltet und an die Herausforderungen
der jeweiligen Aufträge der Ressorts
angepasst werden.
erforderlich geworden. Die Leitung der
Abteilung J und der Versuch, sie für die
kommenden Jahre personell neu auszurichten, die Neugestaltung der Zusammenarbeit unterschiedlicher Abteilungen in der Außenstelle und die gravierenden Veränderungen bei der Justiz
waren für mich spannende Herausforderungen, denen ich mich sehr gerne
gestellt habe.
Die Außenstelle Hünfeld hat in ihrer
noch jungen Geschichte einen großen
Aufschwung erlebt und sie ist ein fester
Bestandteil der Stadt Hünfeld geworden. Sehr positiv beeinflusst wurde
dieser Aufschwung durch eine umfassende „Modernisierungsoffensive der
hessischen Justiz“, die 1999 von dem
Zu Beginn des gleichen Jahres traten
Veränderungen bei der hessischen
Justiz in Kraft, die teilweise erheblich in
die HZD, insbesondere die Abteilung J,
einwirken sollten und dies auch zukünftig tun werden. Das Gesetz zur Errichtung der Informationstechnik-Stelle der
hessischen Justiz (IT-Stelle in Bad Vilbel)
hat die Zusammenarbeit teilweise
neu geregelt und erheblich intensiviert.
In dem gleichen Gesetz wurde die ITKontrollkommission zur Wahrnehmung
der Fachaufsicht verankert. Durch die
Tätigkeit der IT-Kontrollkommission sind
entsprechende Reaktionen, auch personelle Veränderungen, in der Abteilung J
HERBERT GUDER war ein Mann
der ersten Stunde in Hünfeld. Seine
Erfahrungen waren ein reicher
Schatz, um die Außenstelle zwischen
2012 und 2015 zu leiten.
Seite 22: Zahlreiche Besucher konnte die HZD in Hünfeld
in den vergangenen Jahren empfangen, darunter Justizstaatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit, Justizministerin Eva
Kühne-Hörmann, Finanzstaatssekretärin Dr. Bernadette
Weiland und viele interes sierte Mädchen beim Girls Day.
damaligen Justizminister Dr. Christean
Wagner gestartet wurde. Diese Modernisierungsoffensive begann mit der
Vollverkabelung aller Justizbehörden,
einer IT-Vollausstattung, der Einführung
zukunftsfähiger Justizfachanwendungen, dem Aufbau von Client/ServerNetzwerken einschließlich der erforderlichen Kommunikationsfunktionen und
der flächendeckenden Einführung von
Internetauftritten der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten
mit einheitlichem Design. Die Außenstelle Hünfeld war und ist seit dieser Zeit ein
sehr verlässlicher Partner der hessischen
Justiz. Diese Zusammenarbeit ist im
Laufe dieses Großprojektes kontinuierlich gewachsen und sehr vertrauensvoll
geworden.
Seit einigen Jahren haben mit dem Aufbau des elektronischen Rechtsverkehrs
die Herausforderungen an die HZD,
speziell für die Abteilung J, sehr zugenommen. Insbesondere sind mit der
Kooperation der Justizverwaltungen der
Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen,
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Bremen
und des Saarlands die Anforderungen
an die Entwicklung und Realisierung der
geplanten Projekte und deren betriebliche Umsetzung stark gestiegen. Die
Erfüllung der Vorgaben des Gesetzes
zur Förderung des elektronischen
Rechtsverkehrs mit den Gerichten wird
in den kommenden Jahren enorme
Kraftanstrengungen der Justiz und HZD
erfordern.
Aber beide wissen, dass es neben der
Erledigung dieser neuen Aufgaben
vorrangiges Ziel sein muss, die IT-Arbeitsplätze des Geschäftsbereichs des
Hessischen Ministeriums der Justiz
qualitativ auf dem derzeit hohen Level zu
halten und wenn erforderlich zu verbessern. //
24
INFORM 2/15 // 25 JAHRE HZD HÜNFELD
Die wichtigsten Verfahren in Hünfeld // JUKOS
AUMAV, EPK & EAÜ
JUKOS
AUMAV
Verfahren zur Automation des Gerichts­kosten- und Gerichtskassen­wesens
sowie der Geldstrafenvollstreckung
Automatisiertes Mahnverfahren
Das Verfahren JUKOS besteht aus einer
modernen Client-Server-Applikation, mit
der alle Rechnungs- und Änderungsdaten zu den Justizkostenrechnungen der
Gerichte und Staatsanwaltschaften erfasst werden, und einer zentralen Großrechnerkomponente, die die Verwaltung
der Personenkonten, die Fristenverwaltung mit Mahnung, den Zahlungsverkehr
und den Druck übernimmt. Seit 2009
ist eine weitere Komponente zur Anbindung des elektronischen Rechts- und
Zahlungsverkehrs dazugekommen.
So werden Rechnungen an Anwälte und
Notare mit einem Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP)
digital übermittelt und jede Rechnung
kann über das Onlineportal via ePayment
bezahlt werden. Auch hier verantwortet
die HZD-Außenstelle Hünfeld den
Betrieb und das Verfahrensmanagement.
KENNZAHLEN (2014)
Anzahl der Behörden­arbeitsplätze mit JUKOS:
8.400
Anzahl Rechnungen:
1.261.157
davon eRechnungen: 116.334
Einnahmen aus Justizkosten­rechnungen:
559.157.980,88 €
davon über ePayment: 1.656.871,73 €
Das Verfahren AUMAV ist eines der tradi­
tionellen IT-Justizverfahren in Deutschland. Es wird seit Jahrzehnten in allen
Bundesländern eingesetzt. In Hessen hat
man die Bearbeitung beim Amtsgericht
in Hünfeld als zentralem Mahngericht
konzentriert. Die HZD-Außenstelle
Hünfeld ist für den Betrieb und das Verfahrensmanagement verantwortlich.
Mai 2011 rund um die Uhr das System.
Die EAÜ kann Aufenthaltsort, Gebotsoder Verbotszonen von Probanden mit
elektronischen Fußfesseln jederzeit und
lückenlos feststellen. Verstöße, aber auch
die Beschädigung der Fußfesseln und
Akkuprobleme, werden vom System sofort erkannt und an die Anfang 2012 eingerichtete Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Bad Vilbel
weiter geleitet. //
K ENNZ AHLEN
K ENNZ AHLEN
Anzahl der Anträge: 476.793
EPKEAÜ
Einnahmen: 13.668.173,57 €
Druckvolumen:
3.462.626 Seiten
Anzahl Probanden
seit Projektstart:
1.724
107
Aktive Probanden
(Stichtag 31.12.2014): 55
52
EPK & EAÜ
Elektronische Überwachung mit
Fußfessel
Hessen war das erste Bundesland, das
die elektronische Fußfessel für sich ent­deckte. Im Jahr 2000 wurde das hessische
Modell der elektronischen Präsenzkontrolle (EPK) etabliert. In dem Verfahren
werden Probanden – aufgrund von richterlichen Entscheidungen zur Vermeidung einer Untersuchungshaft bzw. als
Bewährungsauflage – elektroni­sche Fußfesseln angelegt. Sie ermöglichen die
Aufenthaltsüberwachung im häuslichen
Bereich nach fest definierten Zeitplänen.
Seit 2011 ist die Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) mittels GPSFußfessel bundesweit im Einsatz. Grund
dafür ist ein Beschluss des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte.
EAÜ ist ein gemeinsames Projekt aller
Bundesländer. Die HZD Hünfeld hat
langjährige Erfahrung mit Fußfesseln,
daher betreibt und überwacht sie seit
Durchschnittliche Überwachungsdauer pro
Proband in Tagen:
130
Die elektronische Fußfessel
447
25 JAHRE HZD HÜNFELD // INFORM 2/15
„Ich gratuliere der HZD Hünfeld zu ihrem 25. Geburtstag. Von der Leistungsfähigkeit der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung bin ich sehr
beeindruckt. Praktisch jeder Brief, den die hessische Justiz bei bestimmten Verfahren verschickt,
hat den Absender Hünfeld. Mit der zentralen Verarbeitung nutzen wir die Möglichkeiten, die uns moderne Kommunikationsmittel heute bieten. So können individuelle Fehler minimiert und Kosten gespart werden. Mein Dank gilt vor allem den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Standort Hünfeld.“
E VA K Ü H N E- H Ö R M A N N // Hessische Justizministerin
Neue Einsatzmöglichkeiten für elektronische
Überwachung? // Workshop in Berlin
Die Verfahren rund um Electronic
Monitoring entwickeln auch weiter
große Dynamik. Dies wurde auf einem
zweitägigen Workshop am 21. und 22.
April in Berlin deutlich, zu dem die 3M
Deutschland GmbH eingeladen hatte.
Politische Vertreter aus den Bundesländern diskutierten u.a. über weitere
Einsatzmöglichkeiten der elektronischen
Überwachung bestimmter Personengruppen, beispielsweise zum Opferschutz
bei häuslicher Gewalt, zur erweiterten
Untersuchungshaft-Vermeidung, zur Kontrolle von Bewährungsweisungen oder
zur Alkoholkontrolle.
Zusammen mit Sebastian Rehbein von
der Gemeinsamen Überwachungsstelle
der Länder (GÜL) referierte die Electronic
Monitoring-Spezialistin der HZD, Ursula
Werner, über Aufgaben und Erfahrung
mit dem Electronic Monitoring in Hessen.
Seit mittlerweile 15 Jahren arbeitet das
Land Hessen im Verfahren Elektroni-
sche Präsenzkontrolle mit der
sogenannten elektronischen
Fußfessel und hat damit sehr
gute Erfahrung gemacht. Seit
2011 ist auch die bundesweite
Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) im Einsatz.
Die technische Überwachung
übernimmt ebenfalls die HZD
in Hünfeld, für die fachliche
Aufsicht ist die GÜL in Bad
Vilbel zuständig. Ein Modell,
das sich aus Sicht der HZD und
der GÜL bestens bewährt hat.
„Alle Länder sind sehr zufrieden
mit unserer Arbeit“, so Ursula
Werner. Die technische Betreuung weiterer Einsatzmöglichkeiten beim
Electronic Monitoring durch die HZD
kann sich der zuständige Bereichsleiter
Eric Röder sehr gut vorstellen: „Die technischen Voraussetzung dafür sind bereits
vorhanden.“
Der anschließende parlamentarische
Abend gab den Gästen die Möglichkeit
u. a. mit Hessens Justizministerin Eva
Kühne-Hörmann über Electronic Monitoring in Hessen und dessen politische
Bedeutung zu diskutieren. //
25
26
INFORM 2/15 // 25 JAHRE HZD HÜNFELD
Die HZD in guten Händen: Die Herausforderung
„eJustice“ // Seit 2015
Von Hans-Georg Ehrhardt-Gerst // Die
Außenstelle Hünfeld hat seit der Gründung stetig dazu beigetragen, die ITNutzung der hessischen Justiz professionell zu intensivieren. Waren es zu
Beginn die Unterstützung des automatisierten Mahnverfahrens und etwa zehn
Jahre später die Modernisierung der
IT-Arbeitsplätze im Geschäftsbereich der
Justiz, so ist die Herausforderung der
heutigen Zeit verstärkt die technische
Realisierung des elektronischen Rechtsverkehrs.
Was begrifflich einfach klingt, muss in
teilweise komplexen Zusammenhängen
gut geplant und auch zur Zufriedenheit
aller Nutzer entwickelt und implementiert werden.
Hier hat uns der Gesetzgeber klare
Vorgaben gemacht, die ihren Ursprung
im Rahmen einer Bundesratsinitiative
auch in Hessen hatten. Um die Kräfte zu
bündeln, hat sich Hessen 2013 mit Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zu
einer Kooperation zusammengeschlossen und den sogenannten e²-Verbund
gegründet. Ein Verbund, in dem jedes
Land seinen Erfahrungsschatz einbringt
und so die hohen Aufwände zur Realisie-
kehr gesetzlich normiert wurde, hatten
wir uns in Hünfeld bereits intensiv mit
der Unterstützung von elektronischen
Empfangs- und Versende-Prozessen für
die Gerichte beschäftigt und dafür das
Produkt ELEVATOR entwickelt. Auf die sem Erfahrungsschatz bauen die Kolleginnen und Kollegen nun bei der Weiterentwicklung zum Produkt „e²P“, dem
hessischen Beitrag im e²-Verbund, auf.
H A N S - G E O R G E H R H A R DTG E R S T trägt seit Beginn dieses
Jahres die Verantwortung für die
Außenstelle Hünfeld.
rung aller Anforderungen nicht alleine
zu schultern hat. 2014 haben sich diesem
Verbund dann noch Sachsen-Anhalt,
Bremen und das Saarland angeschlossen.
Jahre bevor der elektronische Rechtsver-
In Hünfeld angesiedelt: das Rechenzentrum für die Justiz, der IT-Service-Desk und das Druckzentrum für das Land
Dass elektronische Nachrichten dann
medienbruchfrei in eine ebenfalls elektronisch geführte Akte münden, liegt
dabei auf der Hand. Dieser Prozess wird
die Arbeitsumgebung der hessischen
Justiz grundlegend revolutionieren, die
seit vielen Jahrzenten ihre Akten nahezu
vollständig in Papier führt. In der Folge
werden Anträge auf Akteneinsicht elektronisch möglich sein.
All diese Anforderungen mit den hohen
Ansprüchen an IT-Sicherheit und Datenschutz in Konzeptionen zu vereinen, die
Lösungen und Systemarchitekturen zu
planen sowie die Anwendungen dafür zu
erstellen und zu betreiben, bereitet mir
und meinen Kolleginnen und Kollegen
viel Freude und markiert den Beginn
einer äußerst spannenden Zeit. //
NACHGEFRAGT // INFORM 2/15
CIO // Nachgefragt INFORM: In der letzten Inform-Ausgabe 2014 hatten Sie
den bevorstehenden dritten Masterplan der Hessischen
Landesregierung in Aussicht gestellt. Wie weit sind die
Arbeiten daran gediehen?
Dr. Thomas Schäfer: Es freut mich, dass wir mit der „Digitalen Verwaltung Hessen 2020“ auf der Zielgeraden angekommen sind. Mit Hilfe der E-Government-Verantwortlichen der Ressorts ist es uns gelungen, die Zielsetzungen
und konkreten Aufgabenstellungen sowie Vorhaben der
nächsten Jahre zu formulieren. Voraussichtlich im Juni dieses Jahres werden wir unseren Masterplan dem Kabinettsausschuss „Staatsmodernisierung“ zur abschließenden
Befassung vorlegen.
den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen
in Hessen an konkreten Vorhaben verdeutlicht, durch welche Maßnahmen die Hessische Landesregierung Ihre Ziele des E-Government in Hessen zukünftig erreichen will.
INFORM: Welche Erwartungen verbinden Sie mit diesem
erweiterten Ansatz der „Digitalen Verwaltung Hessen
2020“?
Dr. Thomas Schäfer: „E-Government“, das ist zunächst
einmal ein ziemlich abstraktes Wort, mit dem viele Menschen spontan recht wenig anfangen können. Außerdem
wird der Begriff gern gleichgesetzt mit der Umsetzung
von Verwaltungsprozessen durch IT, die enorme Kosten
verursachen und von vermeintlich wenigen genutzt werden. Dieser Sichtweise möchten wir entgegenwirken!
INFORM: Womit können wir genau rechnen?
Gerade durch Teil II unseres Masterplans hoffen wir deutDr. Thomas Schäfer: Wie bereits im vergangenen Jahr anlich zu machen, was E-Government alles umfasst und
gekündigt, werden wir den mit den vorherigen Masterpläwelche großartigen Potenziale und Chancen damit eröffnet
nen eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen. Durchwerden können – sowohl verwaltungsintern, als auch extern.
aus innovativ ist die Zweiteilung der „Digitalen Verwaltung
Hessen 2020“, die wir bewusst so gewählt haben. Teil I Eine weitere Erwartung, die ich mit dem neuen Masterbeschreibt die strategischen Grundlagen und Schwer- plan verbinde, richtet sich vornehmlich an die Verwaltung
punktthemen und ist ein „Masterplan“ im eigentlichen selbst. E-Government ist mittlerweile in allen Bereichen
Sinne. In diesem haben wir uns die weitere Optimierung integraler Bestandteil des Verwaltungshandelns und muss
der Verwaltungsprozesse, die vermehrte Bereitstellung gerade deshalb auch in allen Bereichen der Verwaltung
von Services für Bürger und Unternehmen, aber auch die aktiv und offen begleitet werden.
Zusammenarbeit und Kooperation auf den unterschiedAls CIO des Landes Hessen bin ich mit meiner Person
lichen Verwaltungsebenen sowie die dafür notwendige
zwar das Aushängeschild für die Aktivitäten im IT- und EInformationssicherheit und den Datenschutz als Aufgabe
Government-Umfeld; den Erfolg dieser Anstrengungen
gestellt.
kann man aber nur gemeinsam mit den Bediensteten der
Darüber hinausgehend enthält Teil II konkrete Projek- Landesverwaltung erzielen. Deshalb müssen wir auch weite und Maßnahmen aus den unterschiedlichen Berei- terhin unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem
chen der IT und des E-Government. Auch ausgewählte Weg der Verwaltungsmodernisierung mitnehmen. Die
Fachan­wendungen, die mithelfen sollen, unsere Ziele der Motivation und Aufgeschlossenheit unserer Bediensteten
Staatsmodernisierung zu erreichen, sind Gegenstand des gegenüber einer IT-gestützten Aufgabenwahrnehmung
Papiers. Damit wird sowohl allen Verantwortlichen, den Be- ist eine Art Schlüsselqualifikation für ein erfolgreiches
diensteten in der Hessischen Landesverwaltung, als auch E-Government.
27
28
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
Nachhaltigkeit fördern, Mindes
Hessische Vergabe- und Tariftre
Der Hessische Landtag hat am 18. Dezember 2014
in dritter Lesung das neue Hessische Vergabe- und
Tariftreuegesetz (HVTG) verabschiedet, am 1. März
2015 ist es in Kraft getreten. Es hat somit das erst
seit Juli 2013 gültige Hessische Vergabegesetz
(HVgG) wieder abgelöst.
Die Neuerungen betreffen auch die HZD in ihrer
Funktion als zentrale Vergabestelle des Landes für
IT-Anlagen und IT-Geräte sowie Kommunikationseinrichtungen.
Das neue HVTG gilt wie schon das HVgG ab einem Auftragswert
von 10.000 Euro netto. Erstmals sind neben Eigenbetrieben
auch Zweckverbände, Arbeitsgemeinschaften und Anstalten des
öffentlichen Rechts gesetzlich verpflichtet, nationales Vergaberecht verbindlich anzuwenden. Auch die Vergabe von Leistungen
des Öffentlichen Personennahverkehrs ist nunmehr im HVTG
geregelt.
Das Land Hessen verankert direkt den Grundsatz der Nachhaltigkeit in dem neuen Gesetz. Die Nachhaltigkeit soll die Nutzung der vorhandenen Ressourcen sicherstellen mit dem Ziel,
dass die wesentlichen Eigenschaften des bestehenden Ökosys-
tems erhalten bleiben und sich der Bestand regenerieren kann.
Während das Land Aspekte einer nachhaltigen Beschaffung
grundsätzlich berücksichtigen muss, wird dies bei Beschaffungen der Gemeinden vollständig in deren Ermessen gelegt.
Kriterienkatalog
Weiterhin enthält das HVTG erstmals einen Katalog von Nachhaltigkeitskriterien, der sich auf soziale, umweltbezogene,
ökologische und innovative Faktoren erstreckt. Diese müssen
allerdings im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen, Aspekte des Produktionsprozesses betreffen
und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Als soziale,
umweltbezogene, ökologische und innovative Anforderungen
können von den Unternehmen danach gefordert werden:
ƒ
die Berücksichtigung der Erstausbildung
ƒ
die Berücksichtigung der Chancengleichheit bei Aus- und
Fortbildung sowie im beruflichen Aufstieg
ƒ
die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen
ƒ
die besondere Förderung von Frauen
ƒ
die besondere Förderung der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf
ƒ
die besondere Förderung von Menschen mit Behinderung
HZD-MAGAZIN // INFORM 2/15
29
tlohn überprüfen // Das neue
uegesetz
Dienstleistungen ab 50.000 Euro (neu!) je Auftrag
ƒ
die Verwendung von fair gehandelten Produkten
ƒ
ƒ
ökologisch nachhaltige Produkte und
ƒ
innovativ orientierte Produkte und Dienstleistungen.
Bei Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb sind bei beschränkter Ausschreibung oder freihändiger Vergabe mindestens fünf
geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern,
wobei mindestens zwei dieser Unternehmen nicht ortsansässig
sein sollen.
Mindestlohn und Tariftreue einhalten und
nachweisen
Den (scheinbar) umfangreichsten materiellen Neuregelungen
begegnet man im Bereich von Mindestlohn und Tariftreue.
Denn Tarifverträge und das Mindestlohngesetz sind sowohl von
Bewerbern, Bietern, Nach- und Verleihunternehmen einzuhalten. Von diesen sind bei Auftragswerten ab 10.000 Euro netto
entsprechende Verpflichtungserklärungen vorzulegen. Darüber
hinaus müssen sich alle Auftragnehmer vertraglich verpflichten,
vollständige und prüffähige Geschäftsunterlagen bereitzuhalten,
damit der öffentliche Auftraggeber durch Einsichtnahme in die
Unterlagen die Einhaltung des Mindestlohngesetzes und die
Tariftreue auch unangekündigt überprüfen kann.
Ferner besagt das Gesetz, dass vor beschränkter oder freihändiger Vergabe ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen
ist. Dies gilt ab einem geschätzten Auftragswert bei
ƒ
Bauleistungen ab 100.000 Euro je Gewerk (Fachlos)
ƒ
Lieferungen ab 50.000 Euro je Auftrag und
Schließlich ist die Gebührenfreiheit der Nachprüfungsverfahren
entfallen. Nach dem neuen Gesetz gibt es nunmehr einheitliche
Verfahrens- und Kostenvorschriften. Damit soll sichergestellt
werden, dass nur ernsthaft gemeinte Rügen eingereicht werden.
Fazit
Das HVTG bringt für öffentliche Auftraggeber wie auch für
Bieter einschneidende Änderungen bei der Auftragsvergabe
mit sich. Die praktische Anwendung wird zeigen, welche
Auswirkung die hinzugekommenen Kriterien auf die konkreten
Aufträge haben werden. //
cansu dalmis
Vergabestelle
[email protected]
30
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
GINSTER Master breitet sich
aus // Steuer: Stammdatenverwaltung wird in allen
Bundes­ländern eingeführt
Seit der Einführung der neuen Stammdatenverwaltung des Bundesprojekts KONSENS im Bereich der hessischen Finanzämter in 2013 in Hessen ist nun schon einige Zeit vergangen. Das von der HZD entwickelte Javabasierte System hält für steuerpflichtige Personen querschnittliche Daten wie Adressen, Bankverbindungen,
Steuernummern oder auch steuerliche Gültigkeitszeiträume in einer Oracle-Datenbank vor und hat sich mittlerweile als fester Bestandteil des Besteuerungsverfahrens etabliert. In den vergangenen eineinhalb Jahren
konnte in Hessen bei einem durchschnittlichen Aufkommen von 8.000 Fällen pro Tag die Performanz und
Stabilität des Systems nachhaltig bestätigt werden. Nun ist es an der Zeit, die Anwendung in den anderen
Bundesländern zum Einsatz zu bringen.
Bei der Einführung von GINSTER als führendem Stammdatenerfassungssystem in anderen Bundesländern (Master-Funktionalität) ist eine enge Zusammenarbeit über die Landesgrenzen
hinweg unabdingbare Voraussetzung. Insoweit handelt es sich
um den klassischen Fall einer Länderkoopera­tion auf Basis des
Artikels 91c des Grundgesetzes. Die zu erbringenden Leistungen für die Partner – auf hessischer Seite sind dies die HZD
Wiesbaden als Entwicklungsstandort und die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt am Main für fachliche Fragen – sind hierbei
vielschichtig. Eine präzise Planung über einen längeren Zeitraum ist unerlässlich.
Erfolgreiche Umstellung in Niedersachsen
Mit Niedersachsen konnte GINSTER Master bereits in einem anderen Land erfolgreich eingeführt werden. Abschluss der Umstellung war Ende Februar 2015. Die HZD und die OFD haben
das hierzu von Niedersachsen eingerichtete Einführungsprojekt
in allen Phasen umfänglich unterstützt. Die größte Herausforderung bei der Einführung bestand in der performanten Umset-
zung des Eingabedialogs für die Stammdaten. Insofern war die
Besonderheit zu beachten, dass in Niedersachsen die Arbeitsplatzgeräte im Gegensatz zu allen anderen Ländern unter dem
Betriebssystem Linux betrieben werden.
Die Erfahrungen, die bei der Einführung von GINSTER Master
in Niedersachsen gewonnen wurden, dienen als Schablone
für den Einsatz von GINSTER Master in weiteren Ländern. Dazu
zählen u. a. folgende Faktoren:
Einführendes Land
ƒƒ Prüfung der benötigten Hardware bzw. Hardware-­
beschaffung
ƒƒ Aufbau von Test- und Schulungssystemen sowie Sicher­
stellung der betrieblichen Abläufe
ƒƒ Qualitätssichernde Maßnahmen in Bezug auf die
Datenquali­tät der Stammdaten
ƒƒ Erstellung von landesspezifischen Anforderungen
HZD-MAGAZIN // INFORM 2/15
Abb. oben: Schematischer Ablauf der Einführung von GINSTER Master. Pro Jahr gibt es zwei Release-Zyklen.
Abb. unten: Zeitplan Einführung GINSTER Master in den Ländern.
31
32
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
ƒƒ Test und Abnahme des bereitgestellten Systems
ƒƒ Schulung der betroffenen Anwender
ƒƒ Rolloutplanung im Land
ƒƒ Betreuung der Finanzämter
Hessen
ƒƒ OFD: Testbegleitung und fachliche Abklärung der landesspezifischen Anforderungen
ƒƒ OFD: Fachliches Incidentmanagement im Rahmen der Tests/
Abnahme
ƒƒ HZD: Umsetzung der landesspezifischen Anforderungen
ƒƒ HZD: Incidentmanagement (Third Level) im Rahmen der
Tests/Abnahme
OFD und HZD rechnen für die Einführung in den ersten Ländern
mit einem Zeitraum von ca. zwei Jahren inklusive Vor- und Nacharbeiten, da die Einbettung von GINSTER in die vielschichtigen
IT-Prozesse der Länderfinanzbehörden äußerst komplex ist. Für
spätere Einführungen gehen die Beteiligten aufgrund der bis
dahin gewonnenen Erfahrung von einer Verkürzung um ein
halbes Jahr aus.
Bis 2019 in allen Bundesländern
Die mit den Ländern abgestimmte Einführungsplanung sieht
vor, dass bis Ende 2019 in allen Ländern GINSTER als führendes
System für die Verwaltung von steuerlichen Stammdaten zum
Einsatz kommt. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Erneuerung der IT-Systeme im Bereich der Länderfinanzverwaltungen
geleistet. Aufgrund der damit einhergehenden hohen Parallelität soll zur Entlastung Hessens ein sogenanntes Partnerlandkonzept zum Einsatz kommen, bei dem sich schon umgestellte
Länder bei der Einführung in nachfolgenden Ländern aktiv
einbringen (z. B. bei Tests oder betrieblichen und organisatorischen Fragen).
Hierfür wurden drei Ländergruppen gebildet. Als Partnerländer
stehen schon Niedersachsen und Bayern fest. Für die dritte Län-
GINSTER MASTER VERANSTALTUNG IN DER HZD
­
Bei einem Workshop am 28.04.2015 stellte die HZD rund
65 Ländervertretern die Rahmenbedingungen für die
Einführung von GINSTER Master vor. Das Land Niedersachsen berichtete in einem Gastvortrag über die erfolgreiche – dort bereits durchgeführte – Einführung. Ziel der
Veranstaltung war es, den Ländervertretern im Vorfeld
der anstehenden Einführungen ein erstes Forum anzubieten, in dem offene Fragen beantwortet bzw. Zusammenhänge erklärt werden konnten. Das Angebot wurde von
den Teilnehmern dankbar aufgenommen. Es entwickelte
sich ein reger Dialog, der eine gute Basis für die weiteren
Aktivitäten in den Ländern darstellt. Der Workshop fand
auf Initiative des Hessischen Finanzministeriums in den
Räumen der HZD in Wiesbaden statt.
dergruppe (Stadtstaaten) ist das Partnerland noch offen. Eine
Sonderrolle bei der Einführung nimmt Nordrhein-Westfalen ein,
da die dortige Systemlandschaft anders ist als in allen anderen
Ländern. //
andreas stark
Bereichsleiter KONSENS-GINSTER
[email protected]
HZD-MAGAZIN // INFORM 2/15
33
Standardisierung durch
Anreize // Neues Wartungs­
modell des HessenPC
Das Wartungsmodell erlaubt die gerechte Verteilung von Kosten für die Erstellung und Pflege von
Softwarepaketen sowie die Pflege der Ressort-Clients im HessenPC im Land Hessen. Das Verfahren
und der zu verwendende Verteilungsschlüssel sind
vom EGOV-VR in seiner Sitzung am 13. März 2015
beschlossen worden. Die HZD wird es im Jahr
2015 erst­malig für die Fakturierung der genannten
Leistungen einsetzen.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Standardisierungen wird
von den meisten Menschen positiv beantwortet. Aufmerksame Zuhörer bemerken jedoch in vielen Fällen eine gewisse
Reserviertheit, die auf Nachfrage mit negativen Erfahrungen
im Rahmen selbst erlebter – mancher würde sagen: erlittener –
Standardisierungsmaßnahmen begründet wird.
Häufig zeigt sich, dass die Kritik an drei Punkten ansetzt: a) der
Standard ist nach eigenem Empfinden falsch gewählt worden,
b) die Umsetzung erfolgt unter Zwang und c) man selbst partizipiert nicht ausreichend an den in Aussicht gestellten wirtschaftlichen Vorteilen.
Das Wartungsmodell des HessenPC zielt genau auf die Vermeidung des oben beschriebenen Problems: a) die Kunden
bestimmen den Standard, b) die Einhaltung des Standards wird
nicht erzwungen und c) die wirtschaftlichen Vorteile werden
vollständig und nachvollziehbar an die Kunden weitergegeben.
Wie funktioniert das Wartungsmodell?
Den an die Zentrale Betreiberplattform des HessenPC angeschlossenen Kunden stehen bereits heute über 270 SoftwarePakete mit sehr unterschiedlicher Komplexität zur Verfügung.
Ebenso deutlich unterscheiden sich die Kunden, z.B. hinsichtlich
der Anzahl dort vorhandener Clients oder der Anzahl der verwendeten Client-Rollen.
Im ersten Schritt werden die für die Pflege der Software-Pakete
und der Ressort-Clients anfallenden Gesamtkosten auf die
einzelnen Pakete umgelegt: Komplexen Paketen wird ein hoher
Betrag zugeordnet; einfachen Paketen ein niedriger.
Im zweiten Schritt wird für jedes einzelne Paket ermittelt, welche
Kunden es nutzen. Nur auf diese Kunden werden die Kosten
dieses Paketes umgelegt; dabei werden die Kennzahlen des
Verteilungsschlüssels herangezogen, sodass die Nutzung des
gleichen Paketes für „große“ Kunden teurer ist als für „kleine“
Kunden.
Sind alle Pakete so abgearbeitet, kann für jeden Kunden ausgewiesen werden, für welche Pakete er welche Einzelbeträge in
Rechnung gestellt bekommt, sodass hier vollständige Transparenz gewährleistet ist.
Damit bedient das Wartungsmodell alle drei oben genannten
Ansprüche:
a) Jeder Kunde kann die von ihm benötigten Pakete erstellen
lassen.
b) Kein Kunde wird gezwungen, ein bestimmtes Paket einzu­
setzen.
c) Die Kosten eines Paketes werden auf alle Kunden verteilt, die
es nutzen.
Geht noch mehr?
Grundsätzlich ist das beschriebene Vorgehen nicht auf die
genannten Anwendungsfälle des HessenPC beschränkt. Überall
da, wo eine Leistung der HZD von mehreren Kunden in Anspruch genommen werden kann, kann die Möglichkeit der
Nutzung eines solchen Modells in Betracht gezogen werden.
Derzeit werden in der HZD Überlegungen angestellt, die Ausdehnung des hier beschriebenen Abrechnungsmodells auch
für andere Leistungen vorzuschlagen und mit den Kunden zu
erörtern. //
horst kiehl
Produktmanager HessenPC
[email protected]
34
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
IT-Fabrik // Der HessenServer:
ein HZD-Werkstatt­bericht
HZD-MAGAZIN // INFORM 2/15
Eine Fertigungsstraße, die alle not­wendi­
gen Arbeitsschritte zur Erzeugung eines
virtuellen Windows Servers bereitstellt,
ist Ziel des HZD-Projekts „Automa­tisierte
Bereitstellung HessenServer Windows“.
Der HessenServer Windows als Produkt
wurde im Rahmen des Programms ITFabrik (s. Kasten) erstmalig erarbeitet.
Dessen Feinheiten gilt es nun auszuarbei­
ten, um die Produktionslinie möglichst
genau konzipieren zu können. Alle zur
Erzeugung des HessenServer Windows
erforderlichen Arbeitsschritte werden an
zentraler Stelle in einem Automationswerkzeug abgebildet. Eine wesentliche
Aufgabe im Projekt wird daher auch sein,
das Automationswerkzeug in die IT-Landschaft der HZD zu integrieren.
Im Rahmen der Entwicklung der Ferti­
gungsstraße werden die am Prozess
beteiligten technischen Schnittstellen
analysiert und integriert und der Gesamtprozess bis hin zur Beantragung und
Verrechnung eines virtuellen Windows
Servers beschrieben. Die technischen
und organisatorischen Standards der
HZD Rechenzentren werden dabei ihre
Beachtung finden. Es wird aber auch
erforderlich sein, neue Standards und
Architekturkonzepte zu definieren.
Das Automationswerkzeug beinhaltet
eine Orchestrierungskomponente, die
in der Lage ist, eine große Anzahl an
35
Systemen über standardisierte Protokolle
und Verfahren anzusprechen und zu
steuern. Der Begriff Orchestrierung um­schreibt dabei die Zusammenführung
dieser Systeme und ihrer Schnittstellen
mit dem Ziel, einen geordneten und
immer gleich ablaufenden Fertigungs­
prozess zu erzeugen. Die Systeme selbst
bleiben dabei erhalten, werden nur von
anderer Stelle aus gesteuert. Zum Fer­ti­gungsprozess gehören Schritte wie bei­­spielsweise die IP-Adressvergabe, die Installation des Betriebssystems, die Inte­gra­tion ins Active Directory und Überwachung sowie insgesamt die Change- und
Incident-Systeme, über welche die Betriebs­
prozesse der HZD abgebildet werden.
Das Ergebnis ist ein Produkt, das durch
einen Kunden zur weiteren Verwendung direkt übernommen werden kann.
Kunden bzw. Abnehmer des Produkts
HessenServer Windows werden die Ab­
teilungen für Anwendungsmanagement
in der HZD sein. Diese profitieren von
schnelleren Durchlaufzeiten bei der Bereitstellung der Systeme und dem mit
der Automation verbundenen hohen
Standardisierungsgrad. //
ilona holderbaum
Projektleiterin HessenServer
[email protected]
IT- FABRIK
­
Die HZD als zentraler IT-Dienstleister der Hessischen Landesverwaltung hat
sich das Ziel gesetzt, bundesweit führend bei der Lieferung von erstklassigen
IT-Services zu sein.
Diese anspruchsvolle Aufgabe ist nur unter Nutzung moderner Technologien
und Konzepte zu erreichen. Daher beschäftigt sich die HZD seit gut zwei Jahren intensiv mit dem Thema Cloud Computing und arbeitet an der HZD-spezifischen Umsetzung des Cloud-Paradigmas. Die ersten Überlegungen hierzu
führten beispielsweise zum Aufbau einer Test- und Entwicklungsplattform mit
Self-Services (s. INFORM 1/14).
Mittelfristig plant die HZD in ihren Rechenzentren einen effizienten, elastischen,
standardisierten, skalierbaren und automatisierten Plattformbetrieb zu realisieren, der die Cloud Services Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a
Service (PaaS) etabliert. Zur Erreichung dieser strategischen Zielsetzung wurde
2014 als Maß­nahme ein Programm mit der sprechenden Bezeichnung IT-Fabrik
gestartet.
36
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
Information, Innovation,
Inspiration // Die CeBIT 2015
hat sich gehäutet, wächst und
ist zur Investitions-Plattform
geworden
HZD-MAGAZIN // INFORM 2/15
37
Chinas Charme-Offensive, Edward Snowdens virtueller Besuch, kollektive Aufbruchsstimmung und fünf aufregende Messetage, die auch der Hessen-Präsenz ein proppenvolles Programm, spannende Inputs und
jede Menge „Networking“ beschert haben. Bleibender Eindruck: Die CeBIT 2015 dürfte im zweiten Jahr
des Wandels zur B2B-Fachmesse ihren Status als weltweit wichtigste Veranstaltung für IT und Digitalisierung wieder gefestigt haben. Allen Unkenrufen zum Trotz. Sie bleibt die Plattform für intensiven Fach-Talk,
Einblicke in innovative Konzepte, Technologien und Trends. Gute Gelegenheit für einen Rückblick, der die
runderneuerte Business-Plattform aus HZD-Perspektive zusammenfasst.
Zunächst ein paar Fakten, die das positive CeBIT-Grundrauschen
in Zahlen gießen: Gut 3.300 Aussteller aus 70 Nationen, eine
um sechs Prozent auf 221.000 gewachsene Besucherzahl, grö­ßere Fläche, höhere Internationalität, gesteigertes Investi­tions­
volu­men – und allein bei der Live-Schalte ins russische Exil von
„Whistleblower“ Edward Snowden 40.000 Online-Zuschauer.
Bemerkenswert gerade angesichts jener kritischen ExpertenMantras, die der deutschen IT-Branche gerne mal „zu wenig
Innovation, zu wenig Silicon-Valley-Mentalität, zu wenig Förderung durch die Politik“ vorbeten.
Verzahnung von Konferenz und Messe
Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, kam am Schlusstag auch kaum noch aus dem Jubilieren heraus: „Derart beeindruckende Zahlen verzeichnen wir zum ersten Mal. Die enge
Verzahnung von Konferenz und Messe macht die CeBIT zur Inspi­rationsquelle für jeden, der in der digitalen Welt Verantwortung
trägt.“ Politik, Top-Management und internationale Geschäftsführer hätten sich die Klinke in die Hand gegeben, die CeBIT
sei nicht mehr nur Info-Marktplatz, sondern durch die weltweit
gesetzten Impulse immer stärker auch Investitions-Plattform.
38
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
Prominenter Besuch und angeregte Diskussionen in Halle 7 am Hessenstand. Oben:
v. l. HZD-Direktor Joachim Kaiser im Dialog mit seinen Mitarbeitern Klaus Wahl und
Harms Becker über das neu präsentierte HZD-Produkt „HessenDrive“.
Unten: Nord­r hein West­f alens Justizminister Thomas Kutschaty informiert sich bei
den hessischen Kollegen über eJustice
Oben: Hessens Innenminister Peter Beuth zeigt Interesse an neuester Technologie.
Unten: Bei den Präsentationen der hessischen Justiz kommt auch der fachliche
Austausch nicht zu kurz.
Womit wir beim Partnerland China wären, das mit Vize-Premier
Ka Mai, vor allem aber mit Alibaba-Chef Jack Ma als KeynoteStargast und 600 sehr präsenten Unternehmen freundlich klarmachen wollte, warum sich die IT-Weltkarte ins Reich der Mitte
verschiebt. Für Pekings eigenwillige Interpretation des Themas
„Cyber-Security“ blieb bei dieser Charme-Offensive kein Raum.
harsche Vorwürfe wegen des nicht gewährten Snowden-Asyls in
Deutschland verstieg. Ein ganz eigenes CeBIT-Kapitel.
Angela Merkels Appell
Immerhin, Angela Merkel hob während ihrer Eröffnungsrede
mahnend den Zeigefinger, forderte faire Spielregeln, Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Gleichbehandlung von Unternehmen
hier wie dort. Ihr Lösungsansatz: ein schnell umzusetzendes
Abkommen zwischen der EU und China, das vor staatlicher
Gängelung schützen soll – ein Appell, der Vize Ma Kai umgehend versichern ließ, China sei bereit, Handelshemmnisse und
Hindernisse jedweder Art zu beseitigen, um einen globalen
Markt aufzubauen.
Was „Political Correctness“ angeht, sorgte die Videokonferenz
mit Edward Snowden dann noch für weiteres gutes Karma
– wenn man mal davon absieht, dass sich sein JournalistenIntimus Glen Greenwald in Überwachungs-Alarmismus und
Aber es gibt das Stichwort für einen der Messe-Schwerpunkte
2015: „IT-Sicherheit“. Neben „Big Data“, dem „Internet der
Dinge“ und der allgegenwärtigen „Cloud“ ist sie zweifelsfrei
das zentrale Thema einer rasenden digitalen Wendezeit, die
mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ zuvorderst die fundamentalen Umwälzungen in der Wirtschaft fokussiert. Sicher ist aber
genauso, dass die digitale Revolution auch in der Gesellschaft,
bei Bürgerinnen und Bürgern, angekommen ist – was wiederum
veränderte Erwartungen an Kommunen, Verwaltungen, öffentliche Institutionen und Behörden impliziert.
Digitales Hessen
Bürgernah – Sicher – Modern
Es geht um moderne Strukturen, qualitativ hochwertige Dienstleistungen, zeit-/ortsunabhängig bereitgestellte Informationen,
um serviceorientierte, flexible IT-Infrastrukturen, Transparenz,
Mobilität und eben Sicherheit – Herausforderungen, denen
sich das Land Hessen und die HZD als strategisch orientierter
IT-Dienstleister mit Nachdruck stellen. Das Label der CeBIT-Prä-
HZD-MAGAZIN // INFORM 2/15
Oben: Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries zu Gast in Halle 7
Unten: HZD-Produktmanager Carsten Stroh erläutert Hessens CIO Dr. Thomas Schäfer
(rechts) die E-Vergabe. Mit dabei auch HZD Direktor Joachim Kaiser (2.vl.) und der
Technische Direktor der HZD Thomas Kaspar(3.v.l.).
Oben: Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann zu Gast am Hessen Stand.
Unten: Internationaler Besuch am Hessenstand.
senz, „Digitales Hessen“/Untertitel: „Bürgernah – Sicher - Modern“, könnte also treffender nicht formuliert sein. Bester Beleg:
stetiger Publikumsandrang und prominenter Besuch in Reihe.
Bundesweit spitze
Am zweiten Messetag, zu dem schon Staatssekretärin Brigitte
Zypries auf eine Kurzvisite bei Hessen größtem BSI-zertifizierten
IT-Dienstleister ekom21 vorbeigeschaut hatte, informierte sich
beispielsweise NRW-Justizminister Thomas Kutschaty über den
gesamten Komplex „eJustice“. Dessen intelligente, zukunftsweisende Lösungen wie „e2T“ oder „RIAD“ wurden auch von
Sachsen-Anhalts Staatssekretär Thomas Wünsch begutachtet.
Überhaupt gilt festzuhalten, dass die Themensetzung im „Digitalen Hessen“ – IT-Infrastruktur und Breitband, Cybersicherheit,
Geodaten, Workflow-Anwendungen wie HessenDrive, last not
least eJustice – ins Schwarze getroffen hat. Großer Bahnhof
dann zur CeBIT-Halbzeit in Halle 7/Stand D40: Justizministerin
Eva Kühne-Hörmann reflektierte da schon am Vormittag eingehend die digitale Transformation, veränderte Arbeitsabläufe
und Datenschutz-Standards in ihrem Ressort: Für das Land
Hessen mit einem der größten Internetknoten der Welt bedeute
die CeBIT-Präsenz auch, „am Puls der Entwicklung zu sein“ – ein
Orientierungspunkt gerade auch für die Justiz.
39
Die aktuellen Trends, so die Justizministerin, zeigten, dass der
Gesetzgeber diese Entwicklungen nicht verschlafen dürfe:
„Deutschland braucht eine digitale Agenda für das Recht – um
nahe an der Lebenswirklichkeit der Menschen zu bleiben.“ Am
frühen Nachmittag schließlich: die Visite von Finanzminister
Dr. Thomas Schäfer, seit gut 13 Monaten auch Hessens Bevollmächtigter für E-Government und Informationstechnologie.
Auf seinem ausgedehnten gemeinsamen Rundgang mit HZDDirektor Joachim Kaiser und dem im Dezember ernannten Tech­
nischen Direktor Thomas Kaspar verteilte der Landesfinanz-Chef
gleich ein ganzes Paket verbaler Präsente: „Hessen hat sich bereits
vor vielen Jahren auf den Weg gemacht, mithilfe von E-Govern-­
ment die Landesverwaltung zu modernisieren. Mit der HZD ver­­fügt
das Land seit mehr als 40 Jahren über einen eigenen leistungsstarken IT-Dienstleister, der bundesweit hohes Ansehen genießt.“
Die HZD setze jährlich bis zu 60 IT-Projekte um und betreibe
über 100 IT-Verfahren, so der CIO, der selbstverständlich auch
die Präsentations-Produkte HessenDrive und neue Ideen im
Bereich der E-Vergabe unter die Lupe nahm. Sein Fazit: „Hessen
ist im Bereich der Verwaltungsmodernisierung bundesweit
40
INFORM 2/15 // HZD-MAGAZIN
Ein Blick auf den hessischen Gemeinschaftsstand in Halle 7.
Das Arbeiten hinter den Kulissen: Detlef Knapp (HMdIS), Mirco Sander (Hessen Agentur)
und Manuel Milani (HZD).
spitze. Mit unseren Verfahren und Produkten im Bereich der
Informations- und Kommunikationstechnologie, setzen wir seit
Jahren immer wieder neue Maßstäbe.“
USA Partnerland der CeBIT 2016
Cybersicherheit in Hessen
Hessens Maßstab in Sachen „Cybersicherheit“ skizzierte am
Schlusstag schließlich Innenminister Peter Beuth ganz konkret, um nicht zu sagen unchinesisch: Er rief zum besonnenen,
sorgfältigen Umgang mit persönlichen Daten im World Wide
Web auf und umriss auch das Engagement des Landes wie
seiner Unternehmen: „Das Netz ist Teil unserer individuellen
und gesamtgesellschaftlichen Identität. So wie die Bürgerinnen
und Bürger ihre Haustüren abschließen, sollten sie auch ihre
persönlichen Daten bestmöglich schützen“. Die hessischen
Sicherheitsbehörden hätten diesen Aspekt und die Methoden
zur Strafverfolgung im Netz frühzeitig erkannt und kontinuierlich weiterentwickelt. Zentrale Bausteine: die Einrichtung einer
Cybercrime-Abteilung beim Hessischen Landeskriminalamt
und von Fachkommissariaten sowie eines Kompetenzzentrums
Cybersicherheit im Innenministerium – und die Arbeit des CERTHessen, das dem Land, Unternehmen und Kommunen Frühwarnung und Unterstützung bietet.
Blieben eigentlich nur noch ein paar skurrile Messe-Fußnoten.
Als da wären: eine ziemlich kurze Sonnenfinsternis – ohne
überlieferte Kollateralschäden; ein Briefmarken-Geschenk von
Alibaba-Boss Jack Ma an Hannovers OB Schostock – bezahlt mit
einem Selfie, genauer: per Gesichtskennung. Und ein RoboCopRoboter der via Online-Bestellung angeforderte Skulpturen
im Minutentakt fertigt – und gleich auch höchstselbst per Post
verschickt. Schöne digitale Aussichten für die CeBIT 2016, auf
der die USA Partnerland sein werden. Edward Snowden gibt es
da wohl auch nur per Videoscreen. //
Weitere Informationen und Impressionen der CeBIT finden Sie
unter: www.hzd.hessen.de > Presse > Bildergalerien
peter h. müller
Journalist
[email protected]
manuel milani
Bereichsleiter Kommunikation, Information
[email protected]
IT-SICHERHEIT // INFORM 2/15
Awareness // Das Paket
kam pünktlich ...
Die bestellten Bücher sind immer noch nicht da und in
drei Tagen startet das Seminar... Gerade als mir dieser
Gedanke durch den Kopf schießt, erreicht mich eine Mail
vom Paketdienst – alles wird gut. Doch halt: Etwas stimmt
mit dieser Mail nicht. Wieso bekomme ich überhaupt eine
Mail? Tatsächlich, bei näherem Hinsehen wird mir klar: Es
ist eine Phishing-Mail.
und Grammatik oder eine fehlende Anrede können ebenfalls ein Hinweis sein. Werden vertrauliche Daten wie Zugangsdaten oder Passwörter abgefragt? Werde ich unter
Zeitdruck gesetzt oder werden Konsequenzen angedroht?
Ist eine Mail als Phishing-Mail identifiziert, bleibt nur eine
Aktion: direkt löschen, niemals weiterleiten. Das sollten Sie
immer dann tun, wenn Ihnen eine Mail suspekt vorkommt,
Der Begriff Phishing-Mail beschreibt eine Mail, mit der ganz nach dem Prinzip: Wenn es wichtig ist, kommt es wieCyberkriminelle versuchen, an vertrauliche Informationen der. Sie sind sich nicht sicher: Rufen Sie den Absender an
zu gelangen. Das Vorgehen und die Form sind sehr un- und vergewissern sich.
terschiedlich und ändern sich ständig. Daher gibt es nur
Es kann trotzdem passieren, dass man eine Mail falsch
generelle Verhaltensregeln.
einschätzt und einen infizierten Anhang öffnet oder einem
Aber was ist so gefährlich an einer solchen Mail? Wie er- Link folgt. Dann tritt der Virenscanner in Aktion, dafür ist
kenne ich sie? Was muss ich tun? Die eigentliche Gefahr er schließlich da. Probleme kann auch die Dokumenteneiner Phishing-Mail geht von den Links und den Anhän- vorschau liefern. Wenn der Mail-Client nicht richtig kongen aus. Die Beschreibung des Links sieht meist gut aus, figuriert ist, kann schon die Preview zur Infektion führen
aber die hinterlegte URL führt auf eine Webseite, von der – Ursache sind hier oft die angezeigten Bilder oder ausgedann ein Trojaner oder Virus auf den eigenen Rechner ge- führte Macros.
schleust wird. Daher nie auf einen Link in einer unbekannUnser dienstliches Mail-Postfach ist gut abgesichert. Auf
ten Mail klicken oder den Anhang öffnen.
den zentralen Mail-Servern der HZD und auf den lokalen
Ein gesundes Misstrauen hilft bei der Bewertung einer Systemen am Arbeitsplatz werden ankommende Mails
Mail. Kenne ich den Absender? Wenn nicht, Achtung! geprüft. Privat müssen Sie diese Sicherheitsmaßnahmen
Leider ist dies aber kein klares Kriterium, denn die Absen- selbst gestalten: Prüfen Sie, ob Ihr Virenscanner aktiv und
deradresse kann grundsätzlich gefälscht sein, ein Prob- aktuell sowie Ihr Mail-Client sicher konfiguriert ist.
lem, das noch aus den Anfangszeiten dieser Technologie
stammt. Dies gilt insbesondere bei privaten Mails in den Übrigens: Die bestellten Bücher für das Seminar kamen
Weiten des Internets. Bei dienstlichen Mails, die inner- pünktlich ...
halb der Hessischen Landesverwaltung versendet werden,
Weitere Informationen finden Sie unter:
kann man darauf vertrauen, dass der Absender wirklich
www.hzd.hessen.de
vom angezeigten Absender stammt.
> Betrieb von Verfahren > IT-Sicherheit > Awareness
Gibt es einen konkreten Anlass für die Mail? Gab es bereits einen Mail-Austausch oder ein Telefonat mit dem
Absender? Auch Inhalt und Form der Mail geben Anhaltspunkte: Stimmen die angegebenen Daten, z. B. die Telefonnummer des Absenders? Fehler in Rechtschreibung
bernd reimann
IT-Fortbildung
[email protected]
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42
INFORM 2/15 // IT-GESELLSCHAFTEN
Vorreiter der Cyber­sicherheit // Spitzenforschung
„made in Darmstadt“
IT-Gesellschaften in Hessen, Teil 2: Das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) in Darmstadt ist die führende
Forschungseinrichtung für angewandte Cybersicherheit in Deutschland und zählt zu den renommiertesten Forschungsinstitutionen
dieser Art weltweit. Unter der Leitung von Prof. Michael Waidner verstärkte das Institut in den vergangenen Jahren die Entwicklung von
praxistauglichen Lösungen und gewann für seine Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten zahlreiche Preise. Fraunhofer SIT ist Teil der
LOEWE-Forschungsallianz Center for Advanced Security Research
Darmstadt (CASED) und des European Center for Security and Privacy by Design (EC SPRIDE), dem größten vom Bund geförderten
Zentrum für Cybersicherheitsforschung.
Institutsleiter Prof. Michael Waidner
Die Zahl der IT-Sicherheitsvorfälle ist in
den vergangenen Jahren stark angestiegen. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass
neue Angriffe bekannt werden. Mit der
steigenden Bedeutung der Informationstechnik wachsen auch die IT-bedingten
Risiken und damit die Bedeutung der
Cybersicherheit für Wirtschaft, Staat und
die Gesellschaft als Ganzes. Intelli­gente
Stromnetze, Industrie 4.0 oder selbstfahrende Autos – wichtige technische
Neuerungen werden nur Erfolg haben,
wenn sie ausreichen­de IT-Sicherheit
bieten. Die Informations­techno­logie ist
aber auch der Treiber für die Effizienz­steigerung und Prozessoptimierung in
der klassischen Unternehmens-IT, die
verstärkt durch zielgerichtete An­griffe
bedroht wird. Die herausragen­de Rolle
der Cybersicherheit für die Digitalisierung spiegelt sich sowohl in den Strategien der Unternehmen als auch in der
Politik – sei es in der digitalen Agenda
der Bundesregierung, dem E-Government-Gesetz, dem Entwurf für das ITSicherheitsgesetz oder entsprechenden
Aktivitäten der Länder.
Das Fraunhofer SIT in Darmstadt betreibt
anwendungsorientierte Forschung und
Entwicklung im Bereich Cybersicherheit
zum Schutz vor IT-basierten Gefahren.
Seine große Erfahrung und die besondere Fachkompetenz machen das Institut zu
einem gefragten Ratgeber für Wirtschaft,
Behörden und Politik. Fraunhofer SIT ist
ein wichtiger Teil der Cybersicherheitsstrategie des Bundes und berät politische
Gremien in und außerhalb Hessens hinsichtlich der Bewertung von Bedrohungen
und geeigneter Schutzmaßnahmen.
So war Institutsleiter Prof. Michael Waidner auch einer der geladenen Fachexperten im NSA-Untersuchungsausschuss,
wo er technische Empfehlungen zum
Schutz gegen Massenüberwachung
gab. Waidner leitet das Fraunhofer SIT
seit 2010 und ist Direktor von CASED,
EC SPRIDE sowie Leitungsmitglied des
House of IT in Darmstadt. Er zählt zu den
herausragenden Forschern im Bereich
der IT-Sicherheit weltweit und verstärkte
am Institut die anwendungsorientierte
Forschung zum Nutzen für Wirtschaft
IT-GESELLSCHAFTEN // INFORM 2/15
und Gesellschaft. Gleichzeitig gewann
Fraunhofer SIT unter seiner Leitung an
wissenschaftlicher Exzellenz, die sich
etwa in zahlreichen Preisen widerspiegelt,
die das Institut und seine Mitarbeiter
in den vergangenen Jahren gewinnen
konnten: Neben Siegen beim deutschen
IT-Sicherheitspreis zählt dazu auch der
Heinz Maier-Leibnitz-Preis, den Prof. Eric
Bodden 2014 für seine herausragenden
Leistungen im Bereich Secure Engineering erhielt.
Mit maßgeschneiderten Lösungen, Bera­
tung, Konzepten und Tests unterstützt
Fraunhofer SIT Unternehmen und
Behörden beim Schutz von IT-Systemen.
Mit seiner Arbeit schafft das Institut dabei
stets konkrete Mehrwerte, die insbeson­
dere die Wettbewerbsfähigkeit und
Innovationsstärke der Partner erhöhen.
Zu den aktuellen Schwerpunktthemen
zählen Cloud Computing ebenso wie die
Absicherung von zunehmend mobiler
werdenden Organisationsprozessen und
-diensten. Im Zentrum stehen dabei oft
Fragen zu Datenschutz und Datensicherheit sowie die Umsetzung von gesetzlichen und organisatorischen Vorgaben.
In diesem Bereich hat das Institut große
Expertise und Erfahrung, so war es etwa
maßgeblich an Entwicklung und Testung
des elektronischen Personalausweises
beteiligt. Außerdem unterstützt FraunhoFraunhofer SIT in Darmstadt
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INFORM 2/15 // IT-GESELLSCHAFTEN
AUSGE WÄHLTE FORSCHUNGSPROJEK TE DES FR AUNHOFER SIT
­
FR AUNHOFER SIT
­
ƒƒ Volksverschlüsselung: Die Volksverschlüsselung ist eine offene Initiative des
Fraunhofer SIT, um Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in der breiten Bevölkerung zu
etablieren. Zwar gibt es bereits viele Verschlüsselungslösungen, diese werden
aber nur von wenigen Menschen genutzt. Der Grund: mangelnde Usability. Die
Initiative des Fraunhofer SIT möchte Verschlüsselungstechnik so laientauglich
machen, dass sie im Alltag einfach anwendbar ist.
ƒƒ 170 Wissenschaftler,
2 Professuren
ƒƒ Appicaptor: Viele Apps bergen Risiken
für IT-Sicherheit und Datenschutz. Um herauszufinden, welche Apps die Mindestanforderungen erfüllen, hat Fraunhofer SIT
Appicaptor entwickelt. Das Testwerkzeug
ist in der Lage, große Mengen von Apps
in kurzer Zeit zu testen. Findet das Tool Sicherheitslücken oder eine Bedrohung sensibler Daten, schlägt es Alarm.
ƒƒ OmniCloud: Sicherheitsbedenken und die Bindung an einen Anbieter halten
viele Unternehmen davon ab, Cloud Computing zu nutzen. Mit OmniCloud bietet das Fraunhofer SIT eine Lösung für den einfachen und sicheren Einsatz von
Cloud-Storage-Diensten. OmniCloud schützt vor Abhängigkeit vom Provider und
reduziert die benötigte Speichermenge. OmniCloud wurde mit dem Deutschen
IT-Sicherheitspreis ausgezeichnet.
fer SIT auch das Land Hessen dabei, seine
führende und koordinierende Rolle in der
Cybersicherheit auszuüben: Institutsmitarbeiter beraten zum Beispiel hessische
Behörden und Ministerien zu Fragen des
IT-Sicherheitsmanagements oder bei der
Absicherung mobiler Geräte.
CASED und EC SPRIDE
Ein wichtiger Schritt für das Fraunhofer
SIT war die Förderung der Forschungszusammenarbeit im Rahmen der hessischen
LOEWE-Initiative, die vor sieben Jahren
zur Gründung des Forschungszentrums
CASED führte. In ihm haben sich mit
den Professuren für Cybersicherheit
der TU Darmstadt und der Hochschule
Darmstadt sowie mit dem Fraunhofer SIT
Akteure der Grundlagen- und angewandten Forschung am Standort zusammengeschlossen. In dieser auf Synergie
angelegten Kooperation bauen sie die
Darmstädter Cybersicherheitslandschaft
aus. Zusammen mit ihren CASED-Partnern
leisten Fraunhofer-Wissenschaftler dabei
wichtige Pionierarbeit in der Spitzenforschung.
Die Erfolgsgeschichte des Fraunhofer
SIT erhielt mit der Gründung von CASED
einen nachhaltigen Schub, denn die
Förderung vom Land Hessen bildete die
Grundlage für die weitere Entwicklung.
Seit 2011 fördert das Bundesforschungsministerium das European Center for Security and Privacy by Design (EC SPRIDE),
in dem das Fraunhofer-Institut gemeinsam mit der TU Darmstadt daran arbeitet,
ƒƒ 2
Standorte
(Darmstadt, Birlinghoven)
ƒƒ
Kompetenzfelder
– Cloud Computing
– Mobile Systems
– Security Management
– Identity and Privacy
– Security Test Lab
– Cybersecurity Analytics
– Secure Engineering
– Cyber-Physical Systems
– Industrie 4.0
– Media Security
– IT Forensics
Weitere Informationen:
www.sit.fraunhofer.de
www.cased.de
www.ec-spride.tu-darmstadt.de
IT-Sicherheit und Privatsphäre möglichst
frühzeitig in Entwicklungsprozessen zu
verankern. Doch das ist noch nicht das
Ende der Erfolgsgeschichte. In Darmstadt
plant man bereits die Erschließung neuer
Themen durch den Ausbau zum weltweiten Spitzenforschungsstandort. Unterstützung findet das Institut dabei durch
die Hessische Landesregierung, die im
Januar 2015 die Grundlage für ein Spitzenforschungszentrum für Cybersicherheit beschloss, das von Bund und Land
gemeinsam finanziert werden soll. //
birgit lehr
Kommunikation, Information
[email protected]
SERVICE // INFORM 2/15
Tipps & Tricks // Grafiken in
Word positionieren
Grafiken haben in Dokumenten unterschiedliche Funktionen.
Sie können einen Text illustrieren oder ein wichtiges Element
in der Gestaltung von Briefköpfen, Flyern o. ä. sein. Wie eine
Grafik in Word eingebunden wird, ist abhängig von deren
Zweck. In den folgenden Beispielen stellen wir Szenarien zur
Grafik-Einbindung vor.
BEARBEITUNG VON GRAFIKEN
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In die Grafik-Formatierung können Sie auf zwei Wegen einsteigen: Entweder über
die Bildtools-Registerkarte [ Abb. 1], diese erscheint, wenn eine Grafik markiert
ist, oder über das Kontext-Menü (rechte Maustaste, wenn der Mauszeiger auf der
Grafik steht [ Abb. 2 ]).
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INFORM 2/15 // SERVICE
BILDTOOLS-REGISTERKARTE
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In der Registerkarte Bildtools werden die Gruppen „Anordnen“ und
„Größe“ für die Positionierung der Grafik bereitgestellt. Die Auswahl
bei „Position“ zeigt Icons zu den möglichen Positionierungen auf
der Seite. Führen Sie den Mauszeiger über die verschiedenen Icons
und Sie sehen, wie sich die Position der Grafik auf der Seite beim
Auswählen des entsprechenden Icons verändert.
Bei „Zeilenumbruch“ werden in Textform die möglichen Positionen
der Grafik im Textfluss zur Verfügung gestellt. Auch hier können
Sie den Mauszeiger über die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten ziehen und sehen, wie sich die Position der Grafik auf der Seite
beim Auswählen des entsprechenden Zeilenumbruchs verändern
würde.
Wenn Sie nicht „Mit Text in Zeile“ wählen, wird die Grafik an den
Absatz gebunden, in dem der Cursor vor dem Einfügen der Grafik
gestanden hat. Verändern Sie den Text, wird die Grafik mit diesem
Absatz verschoben. Das ist in der Regel gewünscht, führt aber dazu,
dass auch Grafiken, die auf der Seite positioniert bleiben sollen, mit
verschoben werden.
Um diesen Effekt zu vermeiden, müssen Sie die Layoutoptionen
verändern. Dazu gibt es über die Bildtools mit dem Icon „Zeilenumbruch“ die Option „Weitere Layoutoptionen …“. Dort ist die Registerkarte „Textumbruch“ mit der gewählten Position aktiviert.
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Wenn Sie auf die Registerkarte „Position“ und hier zu „Weitere
Layoutoptionen …“ wechseln, sehen Sie, dass für Ihre Grafik horizontal eine Position gemessen von „Spalte“ und vertikal eine Posi­
tion gemessen von „Absatz“ eingetragen sind. „Spalte“ ist hier
gleich­bedeutend mit Seitenrand, da es sich in unserem Fall um ein
einspaltiges Dokument handelt.
SERVICE // INFORM 2/15
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Um die Grafik auf der Seite zu verankern, können Sie die absoluten
Positionen in Beziehung zur Seite setzen. Dazu ist die Auswahl bei
„rechts von“ und „unterhalb“ jeweils auf „Seite“ zu stellen.
Word berechnet die ursprüngliche Position auf der Seite und stellt
diese bei der absoluten Position ein. Zur genauen Ausrichtung auf
der Seite können Sie die Positionsangaben selbst anpassen.
Die hier beschriebenen Funktionen der Auswahl „weitere Layout­
optionen …“ sind auch über das Icon „Position“ [ Abb. 3 ] zu
erreichen.
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Wenn Sie das kleine Viereck mit dem Pfeil in der Gruppe „Größe“
anwählen, bekommen Sie ein Menü, in dem Sie die Position der
Grafik ebenfalls bestimmen können.
In dem Menü wird zunächst die Registerkarte „Größe“ angezeigt.
Mit den Registerkarten „Textumbruch“ [ Abb. 5 ] und „Position“
[ Abb. 6 und 7 ] können Sie, wie oben beschrieben, die Grafik auf
der Seite verankern.
KONTEXT-MENÜ
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Wenn Sie mit der Maus auf der Grafik stehen, bietet das Kon­textMenü mit der rechten Maus-Taste die oben beschriebenen Funktionen „Zeilenumbruch“ und „Größe und Position“ an. Zusätzlich ist
hier noch „Grafik formatieren …“ möglich. Zur Positionierung der
Grafik ist die Funktion „Grafik formatieren …“ jedoch nicht geeignet.
Fazit: Die Arbeit mit Grafiken in Word wird durch die Bildtools oder das Kontext-Menü hilfreich unterstützt. Mit den
beschriebenen Einstiegsmöglichkeiten können Sie die Positionierung der Grafiken in Ihrem Sinne festlegen.
detlef bartel
esther ferreau
KONSENS I-Dialog, Bewertung
[email protected]
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Neugierig ...
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