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WIRTSCHAFT
Sonnabend / Sonntag, 27./28. Juni 2009
Mitteldeutsche
Regiobahn
schafft 100 Jobs
Seite 9
Lausitzer mit Visionen
UNTERM STRICH
Maximilian Deharde übernimmt das Ruder bei Sachsens größtem Fruchtverarbeiter
Leipzig (mw). Die Mitteldeutsche Regiobahn will in diesem Jahr 100 neue Jobs
in Leipzig schaffen. Hintergrund ist, dass
das zum Konzern Veolia Verkehr gehörende Unternehmen im Dezember sechs
Strecken vom Leipziger Hauptbahnhof
aus übernimmt. Es hatte sich bei einer
Ausschreibung gegen die Deutsche Bahn
durchgesetzt. Veolia beschäftigt am
Standort Leipzig bisher rund 50 Mitarbeiter, sagte Regionalleiter Andreas
Trillmich gestern. Auf dem Hauptbahnhof wurde an einem Zug eine „fahrende“
Stellenanzeige enthüllt. Der Zug hatte
sich zuvor um 23 Minuten verspätet.
„Das wird nicht die Regel sein“, versicherte Trillmich.
Die Mitteldeutsche Regiobahn wird unter anderem die Strecken vom Hauptbahnhof zum Flughafen, nach Borna,
Wurzen und Delitzsch anbieten. Die Preise bleiben dabei für die Kunden gleich.
Tickets können jedoch dann während
der Fahrt gelöst werden. Dazu werde
ständig ein Kundenberater im Zug sein.
Außerdem gebe es ein Catering.
Für die 100 neuen Stellen werden Lokführer und Service-Mitarbeiter gesucht.
„Rund zwei Monate vor dem Start im Dezember werden wir die volle Anzahl eingestellt haben“, so Veolia-Regionalleiter
Trillmich.
Sohland. Tief in der Lausitz profiliert
sich ein Früchtchen. Der Obstverarbeiter Lausitzer produziert nicht nur unter diesem Markennamen, sondern ist
inzwischen für große Konzerne wie
Nestle und Unilever verlässlicher Zulieferer. Kürzlich übernahm der jüngste Spross der aus Bremen stammenden
Unternehmerfamilie das Ruder.
Maximilian Deharde wirkt zurückhaltend, aber keineswegs unsicher. Der
smarte blonde Mann weiß natürlich,
dass er leicht unterschätzt wird. Mit
27 Jahren, in einem Alter, in dem andere
noch studieren, tritt er gestandenen Geschäftsleuten gegenüber. „Am Anfang ist
die Skepsis groß“, sagt er. Die Verhandlungen in der Nahrungsmittelwirtschaft
seien hart, der Markt heftig umkämpft.
„Aber wenn ich überzeugen konnte,
dann vergisst man mich nicht wieder“,
sagt der Diplomkaufmann.
So wird sich die Branche daran gewöhnen müssen, dass eine neue Generation den größten Fruchtverarbeitungsbetrieb
Sachsens lenkt. Wenn Deharde senior in zwei Jahren 60 wird, dann will der
Junior das operative Geschäft ganz allein führen.
Aber bereits jetzt muss er
150 Mitarbeiter organisieren, die rund 6500 Tonnen Obst aus einem Umkreis von 200 Kilometern ordern
und verarbeiten sowie teilweise verarbeitete Rohwaren oder Konserven und
Säfte deutschlandweit verteilen. Im vorigen Jahr erwirtschaftete der Betrieb einen Umsatz von 30 Millionen Euro.
Der Jungunternehmer ist in einer traditionsreichen Unternehmerfamilie aufgewachsen. Seit vier Generationen sind
die Dehardes mit der Herstellung von
Aromen und Essenzen verbunden. 1898
gründeten Vorfahren die Bremer Dampffabrik für ätherische Öle und Essenzen.
In den 50er Jahren wurde aus dem Unternehmen die Sundi, die das Produktportfolio um Fruchtzubereitungen für die
Milch verarbeitende Industrie, die Eis-,
Back- und Süßwarenproduktion erweiterte. Anfang der 90er Jahre kaufte die
Deharde Holding Teile des ehemaligen
Kombinates Obst- und Gemüseverabeitung Sohland und baute die Traditionsmarken Lausitzer Früchte und Säfte aus.
Inzwischen hat das Bremer Unternehmen seinen Sitz in die Lausitz verlegt.
Der Junior hat inzwischen nicht nur
Wurzeln in Sachsens Landeshauptstadt
Dresden geschlagen. Nach dem Studium
MACHER
Foto: Wolfgang Zeyen
OST
Der Zug der Mitteldeutschen Regiobahn
fährt in den Hauptbahnhof ein.
Französische Löhne
steigen schneller
Wiesbaden (AFP). In Frankreich sind
die Löhne seit 2004 stetig stärker gestiegen als in Deutschland. Nach Angaben
des Statistischen Bundesamtes und des
französischen Statistikamts Insee stiegen die Tariflöhne in Frankreich im vergangenen Jahr um 3,1 Prozent, hierzulande nur um 2,8 Prozent. In den Jahren
zuvor war die Differenz teils deutlich
größer. So stiegen die französischen
Löhne 2005 um 1,6 Prozentpunkte mehr
als in Deutschland.
Kunst/Antiquitäten
Maximalian Deharde steht auf Lausitzer Früchtchen.
Foto: Birgit Schöppenthau
Glückwünsche/Jubiläen
in Koblenz und einem Ausflug ins Kosmetikgeschäft von Beiersdorf hat er nun
unternehmerische Verantwortung übernommen. Er spricht von einer tollen
Chance. „Wir haben die Voraussetzung
und das Know-how, um das Unternehmen zu einem mittelgroßen Player im
Bereich der Früchteverarbeitung zu entwickeln“, so Deharde. „Wir“ – das ist die
Lausitzer Früchteverarbeitung, gelegen
tief in Sachsen nahe Tschechien und
Polen.
Diese Vision ist nicht nur clever formuliert in der Unternehmenspräsentation
des jungen Firmenchefs. Dahinter stecken erste Ideen, die sich vielversprechend anhören. Neben den Früchtchen,
die als Soße oder stückiger Brei zur Weiterverarbeitung unter anderem nach
Weißenfels in die Molkerei des Leckermäulchens geliefert werden, gibt es inzwischen nicht nur eine Bio- sondern
auch eine Trendsparte. Lausitzer Food
Solutions, was soviel heißt wie fruchtige
Lösungen aus der Lausitz, ist ein Tummelplatz für alle, die Geschmack machen. Dort will auch der junge Deharde
sich noch stärker profilieren. Neue
Trends kreieren, Beimischungen für Getränke austüfteln, die angesagt sind.
Nebenbei werden Produkte flüssig gemacht, die in anderen Branchen bereits
Kassenschlager sind. 500 000 Liter Holzmichel-Glühwein wollen die Lausitzer in
diesem Jahr auf den Markt bringen. Das
Geschäft ist Deharde zufolge ausbaufähig. Auch in den USA sei man inzwischen auf das klangvolle Getränk auf
merksam geworden.
„Innovation wird im Ernährungsbereich ganz groß geschrieben“, so der Geschäftsmann. Der Markt sei voll, Zuwachs gelinge nur über Verdrängung.
Große Konzerne brauchten für Produktentwicklung mitunter zu lange. Da sieht
Deharde die Chance für die Lausitzer.
Der mittelständische Betrieb sei flexibel
genug, sich als Ideenschmiede und Labor
zu etablieren.
Mit einem kleinen Unternehmen aus
München haben die Lausitzer erst jüngst
Jamu kreiert, ein auf Tee basierendes
Getränk, das je nach Zusatzstoffen unterschiedliche Wirkung auslöst. Aufputschend, potenzsteigernd ... alles weitere
lässt er offen. Es ist derzeit nur in Bioläden erhältlich. Aber, so meint er, es sollte
nicht lange dauern, bis nicht nur Verbraucher, sondern auch die Großen der
Getränkeindustrie auf diesen Zug aufspringen. „Dann können wir mit den
Großen wachsen“, sagt Deharde zuversichtlich.
Birgit Schöppenthau
Balkonurlaub und
33 Säcke voller Geld
„Geld ist besser als
Armut, wenn auch
nur aus finanziellen
Gründen“,
meint
der um Weisheiten
nie verlegene USAutor und -Schauspieler Woody Allen zum Thema
Mammon. Das haben sich auch Anfisa Sischuk und Anschelika Schemjakina gesagt, als sie
sich nach ihrer Entlassung an ein Arbeitsgericht gewandt hatten, um ihnen
noch zustehendes Geld einzuklagen.
Der Arbeitgeber zahlte – in barer Münze. Beide Russinnen bekamen 33 Säcke voller Kleingeld. Genauer gesagt,
36 000 Rubel (830 Euro) in Fünf-Kopeken-Stücken. Dutzende Freunde mussten mit Hand anlegen, um die 20 KiloSäcke nach Hause zu schleppen.
Zwar noch nicht arm, aber immerhin
sparsamer ist ein Großteil der Deutschen geworden. So kann sich knapp
die Hälfte eine Urlaubsreise nicht mehr
leisten, sagt Ulrich Reinhardt, Tourismusverantwortlicher der BAT-Stiftung
für Zukunftsfragen in Hamburg. Bei den
Bundesbürgern, die in einem Haushalt
mit einem Nettoeinkommen von unter
2500 Euro leben, machen sogar bereits 56 Prozent „Urlaub auf Balkonien“. Zumindest können diese die Portogebühren für die obligatorischen Postkarten sparen. Denn die könnten nach
dem Willen von Verdi kräftig steigen.
Seit 1997 habe es keine Erhöhung für
den Standardbrief gegeben – vielleicht
sollte der Vorstand darüber einmal
nachdenken, orakelt Verdi-Vorstandsmitglied Andrea Kocsis. Hintergrund ist
die Ankündigung von Postchef Frank
Appel, dass nach dem Einbruch der
Briefmengen ohne Mehrarbeit der
Briefboten Entlassungen notwendig
würden. Dagegen hagelte es bereits
Proteste.
Andere Länder, andere Sitten. Sollten
sich beispielsweise in einem Land wie
Indien die gravierenden sozialen Unterschiede gewalttätig entladen, könnten
künftig feuerrote Chilischoten gegen
Demos eingesetzt werden. Das Verteidigungsministerium arbeitet derzeit an
der Entwicklung solcher Geschosse,
dessen Ladung bei den Opfern akute
Atemnot verursacht. Verarbeitet werden
nur Schoten der Sorte „Bhut Jolokia“
(Geister-Chili), die als eines der
schärfsten Gewürze der Welt gelten,
betont R. B. Srivastava, Direktor eines
beteiligten Institutes.
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