Unterrichtsmaterialien zur Ausstellung für die
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Unterrichtsmaterialien zur Ausstellung für die
IIIIIIIIIIIIIIIIschaIIIIIIIIaburgIIIIIIIIIIII e Di r e 0 7 IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII ärz b i s 6 . N ov 20 16 em b Foto: © Katharina Vonow | COOP HIMMELB(L)AU „Unruhige Kugel“, 1971 10 bis e r h a J 4 1 en Un t li ia chtsmater i r er Z er 19 .M ls a m a t f Dar n u w uk 1 Die 70er – Damals war Zukunft. Eine Einführung Kugelfernseher JVC Nivico Kofferplattenspieler Philips AF 180 Es gibt viele Möglichkeiten, auf die 70er zu schauen. Bei manchen Menschen lösen Gegenstände Erinnerungen aus, andere wollen etwas genauer wissen; vielleicht entdeckt jemand einen Song, der in Erinnerung geblieben ist, oder kommt mit alten Bekannten in ein neues Gespräch. Was aber wissen wir von den 70ern? Und war es wirklich so? Die Ausstellung „Die 70er – Damals war Zukunft“ erzählt von Visionen und Hoffnungen, von Versprechen und Experimenten. Damals schlossen sich Menschen zu Bürgerinitiativen zusammen, gingen für eine andere Zukunft auf die Straße: „Atomkraft? Nein danke!“, „No more Vietnams!“, „Mein Körper gehört mir!“ Andere besetzten Häuser, forderten Selbstbestimmung ein. Vorstellungen von einer besseren Welt wurden entworfen, alternative Lebensformen entwickelt. Die Ausstellung über die 1970er-Jahre wirft Fragen an die Gegenwart auf und setzt sich zugleich mit der Zukunft auseinander. Macht sie Angst? Ist sie eine Last … oder offen, voller Möglichkeiten? Was hat man sich vor 40 Jahren von der Zukunft erwartet? Und was wollen wir heute? Blicken wir aktuell in die Zukunft, dann tun wir das vor dem Hintergrund einer Welt, die von Kriegen und Krisen gebeutelt ist, deren Umbrüche große Herausforderungen mit sich bringen. Was können wir von den 70ern lernen? Die Ausstellung „Die 70er“ lädt zur Auseinandersetzung ein. Sie geht von Themen aus, die uns heute wichtig sind, und hinterfragt vieles, was selbstverständlich scheint. Auf Basis der Aufbrüche und Forderungen der 1970er fordert sie dazu auf, über ein emanzipiertes Leben in der Gegenwart nachzudenken: über Freiräume, Selbstbestimmung, Zusammenleben, Solidaritäten, Konflikte und Widerstände. Sie präsentiert Versprechen und Widersprüche aus einer Zeit, die antrat, die Welt zu modernisieren, und wird dabei selbst zum Diskussionsraum: Was bedeutet das alles heute? Stofftasche „Jute statt Plastic“ „Die 70er“ – eine Erzählung in sieben Kapiteln „Emma“ 2/1979 Ohne Maulkorb. Ein Toolkit für morgen Materialien für den Unterricht zur Vor- und Nachbereitung der Ausstellung „Die 70er – Damals war Zukunft“ Texte, Bilder und Collagen zu „verpacken“. Die in die 70er-Jahre zurückreichenden Forderungen nach alternativen Medien und kulturellen Produktionen basieren auf den Gedanken von „Do it yourself“ und „Do it together“ der feministischen Bewegung der 1970er, in deren Kontext ein neues Verständnis von partizipativer Kultur und von Formen eines gemeinsamen Handelns entstand. Alternative Medien und kritische kulturelle Produktionen boten eine politische Plattform. Sie verbreiteten Zukunftsvorstellungen von Selbstbestimmung und Teilhabe, um gesellschaftliche Hierarchien infrage zu stellen und Gegengeschichten im Sinne eines sozialen Wandels zu entwerfen. Heute – in der Zukunft der 70er – bleibt vieles aktuell: Denn auf der Straße, in den Medien, in den Schulen scheint die Lust immer größer zu werden, selbst etwas zu tun. Objekt Diese Materialien für den Unterricht verstehen sich als Toolkit – als Werkzeugkasten – für die Auseinandersetzung mit der Ausstellung und deren Fragen an die Zukunft. Sie versammeln Informationen zu den einzelnen Ausstellungskapiteln, aber auch Handlungsanregungen zur Vorbereitung sowie zur Vertiefung nach dem Ausstellungsbesuch. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, Orte des Alltags der Schülerinnen und Schüler zu untersuchen. Dabei gestalten sie unterschiedliche Materialien mit neuen Ideen, Bildern und Utopien für die Zukunft. Dem Unterrichtsmaterial liegt der Beitrag „A kind of punk rock ‚teaching machine‘. Queer-feministische Zines im Kunstunterricht“ von Elke Zobl bei. Er soll zur Gestaltung von Zines anregen, um Ideen und Lebensentwürfe der Schülerinnen und Schüler in Ein überdrehter Showmaster, Kandidatenpaare aus Oma und Enkel, Mutter und Sohn, Bruder und Schwester, die sich in Spielen miteinander maßen … und vor allem ein Band, auf dem vom Kaffeeservice bis zum TV-Gerät jede Menge Preise vorbeizogen: Von 1974 bis 1979 ausgestrahlt, ist „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell bis heute Kult – und das offenkundigste jener Film- und Fernsehbilder der 70er, auf die sich die Ausstellung bezieht. Die Ausstellungsräume durchzieht ein Band, das Schlaglichter auf die bunte Welt der 70er-Jahre wirft. Ebenso klingen darin aber auch Fabrikfließbänder und Supermarktkassen an. Es erinnert damit an Massenproduktion wie Massenkonsum, die Rudi Carrells „laufendes Band“ gleichermaßen ironisierte. Rudi-Carrell-Statuette Mein e 70er In den 1970e rn war Kinder en dein , vielleic e Eltern ht auch boren. Frag b n o ch g a ei ihne r nicht deiner n, dein geLehrer en Gro in, dem Schule ßeltern Na c h b , Kleidu , arn na ng, Aus schehe ch. Mu bildung n: Wie s ik, , Politik, haben Was fä Weltge sie die llt ihne 7 0 er erle n zu die Schreib bt? ser Zeit es auf. s pontan S a mm der Gr ein? elt die u pp e u Antwo n d macht rten in Form e euch – ines Pla etwa in kates – den 19 ein Bild 70ern! von 2 Alles muss sich ändern! Bewegungen, Revolten, Widerstand Soziale Bewegungen der 1970er Zweite Frauenbewegung – Feminismus Schwulen- und Lesbenbewegung Ökologiebewegung Friedensbewegung Hausbesetzerbewegung „Dritte Welt“-Bewegung Angriff auf traditionelle Ordnungen Wofür kämpfen, was bewegen? Viele Forderungen der 1970er sind längst erfüllt. So manche Vision von damals ist an Problemen und Gefahren der Wirklichkeit gescheitert. Einige Fragen aber sind heute ebenso brennend wie damals. Was wollen wir? Was soll möglichst so bleiben, wie es ist? Was muss sich ändern? Und was erwartest du dir von der Zukunft? Der „antiautoritäre“ Kampf richtete sich gegen vielerlei Institutionen. Das Bundesheer war eine davon. Widerstand zeigte sich auch in den Schulen: Binnen Kurzem stieg die Zahl der Schülerzeitungen auf ein Vielfaches an. Schülerinnen und Schüler schrieben über Sexualität und das Heer, griffen Lehrkräfte an, deren Verhalten noch vom Nationalsozialismus geprägt war. „Wenn du nicht brav bist, kommst du ins Heim!“, wurde aufmüpfigen Jugendlichen gedroht. Dort standen Demütigungen und körperliche Züchtigung noch auf der Tagesordnung. „Öffnet die Heime!“, forderte eine Kampagne, getragen von der Gruppe Spartakus. Über Demonstrationen und Aktionen wies man auf die Missstände hin, bot entflohenen Heimzöglingen Schutz. Mit der ersten Reform 1975 von Justizminister Christian Broda wurden zumindest einige berüchtigte Heime abgeschafft. In den 70er-Jahren herrschte in Österreich eine allgemeine Aufbruchsstimmung. Trotz 1968 war der Alltag noch von vielerlei verkrusteten Strukturen bestimmt. Vor allem in den Städten entstanden neue soziale Bewegungen: Feministinnen und alternative Pädagogen, Hausbesetzerinnen, Schwule und Lesben stellten die starren Vorstellungen davon, „was sich gehörte“, infrage. Sie wollten gesellschaftliche Grenzen durchbrechen und ihr Leben freier, autonom gestalten. Weitaus größer war der Widerstand in der Bevölkerung, wenn es um die Themen Umwelt und Frieden ging. „Alles muss sich ändern!“, lautete eine Forderung der 70er. Was mit „alles“ gemeint war? Der Umgang mit Umwelt und Energie; die Verhältnisse zwischen Männern und Frauen, zwischen Minderheiten und Mehrheiten; der Unterschied zwischen Arm und Reich; der Zugang zu Kunst und Kultur … In ihren Auswirkungen legten Bewegung, Revolte und Widerstand der 70er-Jahre den Grundstein für viele kulturelle und politische Entwicklungen der folgenden Jahre und Jahrzehnte! Plakat „Öffnet die Heime“ et eime! it Öffn genhe e di öH Vergan r e d n re rer Fa- geh ht bei ih heime en , die nic r e Kinder d ohnung in ungsw sind K u e e t s r u t a e e d H , in B an. war können Jahren n 0 e 4 b r le o ie v uf d milie t. N o c h chen a ebrach n Mens e g e!“ in unterg g im ls ie He . Dama ffnet d Ö „ emeint : anders n g e damit d rief n ie u s e n ß e a Str men dir önnt ? Was k ken kom at n m a u r d e a G W lak Welche ieses P haben? nn du d e w , n in in den S htest? betrac ✁ Objekt Gleichberechtigung – ein Menschenrecht Polizei-Einsatzhelm mit Schutzvisier Die „Innere Sicherheit“ wurde ab Anfang der 1970er-Jahre zum symbolisch stark aufgeladenen innenpolitischen Leitbegriff. Gemeint war damit der Schutz der Gesellschaft vor Kriminalität, Terrorismus und anderen Bedrohungen, die sich aus ihrem Inneren heraus entwickeln. Die Innere Sicherheit rechtfertigte den Einsatz moderner Überwachungs- und Einsatztechnik. Im Zuge der Aufstandsniederschlagung sammelte die Polizei nun auch im Straßenkampf Erfahrungen. Gerüstet war man dafür mit neuen Fahrzeugen, Helmen und Schildern. Das tief in der Gesellschaft verankerte Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern trug ab Mitte der 1960er dazu bei, dass sich Frauen weltweit verstärkt miteinander solidarisierten. Ihr Ziel war es, das weibliche Rollenkorsett aufzuschnüren und das herrschende Patriarchat abzuschaffen. Ausgehend von den USA, bildeten sich in europäischen Ländern vermehrt Gruppierungen, die um Gleichberechtigung kämpften – so auch in Österreich, wo meist autonome Initiativen aktiv waren. Sie setzten sich unter anderem für die Errichtung von Frauenhäusern ein und machten damit nicht zuletzt häusliche Gewalt zum Thema. Mit dem Ende 1979 verabschiedeten UN-Übereinkommen zur „Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau“ wurde Gleich berechtigung erstmals als Menschenrecht definiert. Wonder Woman 2.0 Superman, Batman, Spider-Man: Wer kennt nicht all die Superhelden, die für die Gerechtigkeit kämpfen? Es gibt aber auch Wonder Woman. Sie wurde von den Frauenbewegungen der 1970er zu ihrer Superheldin erklärten. Stellen wir uns vor, Wonder Woman würde heute über die Schallaburg fliegen: Müsste sie noch um Gerechtigkeit für Frauen kämpfen? Wie sähe sie die Welt? Und was würde sie sagen? ✃ mt aus Kom trom ose? der S id k c masch e t der S rnseher, Wasch t Strom, ch , Fe Handy es brau der Das all Tablet, : … tammt s e r p e m b a a L r , e d oh ie wird ne, Her ieren. W eßt? W n li f io t e k s n o u ckd ns unbe um zu f der Ste n, die u s e u ll e a u r lt q e d om mwe Strom, t es Str d die U VW-Bus für Anti-AKW-Kampagne ? gt? Gib hen un u e t e s z r rnative g e e n er rfügu ine Alt e e V “ r n u e z r a cht grenzt tromsp en? Ma n? Ist „S m spar e o n r Umwelt retten t o ma S h e c u h s d um T kannst dmap z in AKH, UNO-City, InnsM Und wie e sam ein brucker Olympiazentrum, Autobahnbau: gemein “! sparen „Strom Ganz Österreich schien in den 70er-Jahren eine Baustelle zu sein. Dies rief Widerstand hervor. Bürgerinitiativen entstanden, die Ökologiebewegung begann sich zu formieren. Im Protest gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf taten sich ab 1975 immer größere Teile der Bevölkerung zusammen: Junge und Alte, Bäuerinnen und Wissenschaftler, Linke und Christen gingen gemeinsam auf die Straße, um ihren Sorgen Ausdruck zu verleihen. Zwar wurde Zwentendorf ausgebaut. Doch bei einer Volksabstimmung stimmte 1978 eine knappe Mehrheit mit Nein – damit war das Atomkraftwerk, das rund eine Milliarde Euro gekostet hat, Geschichte. (Virtueller Rundgang durch das AKW Zwentendorf: www.zwentendorf.com) Zeitzeugin Sarah Wiener, Köchin und Autorin Welche Erinnerungen haben Sie an die 1970er-Jahre? Welche Bilder tauchen spontan auf? Sarah Wiener: Zuallererst Schlaghosen und Pony. Und längere Haare bei den Jungs. Mir schien, dass jeder Zweite Gitarre spielte und politisch interessiert war. Wir waren als NachHippie-Generation ein bisschen melancholisch, dass wir die 68er so knapp verpasst hatten. Das wirklich Wilde schien alles hinter uns zu liegen. Die vielen Demos und Besetzungen und Diskussionen waren trotzdem lebendiger als die Homogenität der heutigen Jugend. Do it yourself ! Buttons selbst machen + Das brauchst du: • Kronenkorken • Sicherheitsnadel • Metalllasche einer Getränkedose • Klebstoff : So geht’s len die en bema o durch s nenkork ro snadel s K it e h hen, das • r e ie h z ic edose k t n ffnete S ib ä ö le tr e b e g i l fre er G • sche ein eitsnade h r e h ic In Metallla S er f die e Seite d nadel au ldie offen herheits ic der geril S o it n m s klebe n lllasche e r k ta e r e o in k M e en mit • des Kron korkens ie nenseite s Kronen e d n, dass d n e e g h fläc einbie o s t l z e it ff s te Seiten t ö mL es fes der eine rschluss e v n e Zange o s o sD sche de Metallla + + Do it yourself ! Demoschilder selbst machen Das brauchst du: für das Schild: · dicken Karton oder · Kartonschachtel · wasserfeste Marker · Selbstklebefolie (falls es wetterfest sein soll) · Sprühdose So t’s: ge h für die Halterung: · Holzbesenstiel · Holzleiste oder Vierkanthölzer · Klebeband, Nägel oder Schrauben hen sprü e b r o de n rm lebe d Fo iden n u e bek e , n ß n h ö c e r s m al te G ) zu sch hblase rton be n ü n ew rec ten, Ka i n de uf g l , Sp ild: erb v Sch arton a , eckig t gesta l e k d K x Win . run n Te • ten h (z. B nschte c n e ü im r efte gew enh geln m ä • N m r usa en o de stig oder z er): auben e f g e ä n r b r hild nklebe S ch (T- T e f Sc lken zer mit u m a a b öl er sam ben n h u u t u e z n Q r a it ka hr en n ie ng m er Vier positio der Sc m Rück eru o d t a l e o d t r a e it e H an Stäb in der M lebeb i Schild K e • t b i w a St er m scht, z • n räg T-T gewü n • n e w • ild Das Demosch on rt kann aus Ka den, er gebastelt w druckt be der bemalt, wird. ht oder besprü htung Als Tragevorric dient ein Stab ur. oder eine Schn 3 Arbeit und Bildung für alle! Versprechen und Brüche im Wohlfahrtsstaat l Equa ay en Equal Pay D y a uf d P Tag ha t wird a m erbs n diese ch im H t, für acht. A m Alljährli e erreich g n e m a m s m k r o fm e Eink üssen. Day au s jenes eiten m it b e r r a e e b . Das send nner ktober O ben Mä is Jahre . b 1 1 h c n o uf de ganze uen n rreich a m Jahr das Fra e n e t s s ie Ö d komme n in iel er in Lohn zu rauchte n b 2015 f e n t h e it ic u n ch gle et: Fra Durchs auf den bedeut er, um ückt: Im r g ls ein d n a e lä r g e e s enig rs au w e 82 Tag l d e n t r A . ie in V nner das ge u fast e wie Mä ung. Ist ine Fra e d il s t b n a s ie W u rA n? verd gleiche erkläre s it a m d n ir ? n n d Ma du hme Kannst nterne recht? egen u g a d h er! lässt sic t darüb Sprech Jugoslawische Dinar-Scheine Viele Forderungen und Visionen sozialer Bewegungen fanden im Wohlfahrtsstaat der 1970er-Jahre Gehör. So versprach Bruno Kreisky „chancengerechte Bildung für alle Menschen und bessere Arbeitsbedingungen, unabhängig von Einkommen und Herkunft“. Tatsächlich setzte seine Regierung zahlreiche Reformen um: Die 40-Stunden-Woche wurde eingeführt, der Mindesturlaub verlängert, Schüler bekamen Gratisschulbücher … und Schülerfreifahrt gab’s nun auch. Trotz dieser wichtigen Errungenschaften waren auch im Wohlfahrtsstaat nicht alle gleich: So wurden Migrantinnen und Migranten benachteiligt. Gleichen Lohn für gleiche Arbeit gab es weder für sie noch für Frauen. Und was Bildung und Arbeit betrifft, ist die Lücke zwischen Arm und Reich noch heute groß. Viele feministische, soziale und antirassistische Forderungen bleiben also nach wie vor gültig. „Partnerschaft!“ So lautete die Losung des neuen Geschlechtervertrags, den die SPÖ ab 1975 in Teilschritten realisierte. Er zielte darauf ab, die Situation von Frauen in Österreich zu verbessern. Mit der Familienrechtsreform war der Mann nicht mehr länger rechtliches Oberhaupt der Familie. Erstmals wurden der Ehefrau die gleichen Rechte eingeräumt: Von nun an hatten beide im selben Maße für den Unterhalt und die Erziehung der Kinder zu sorgen. Ebenso wurden Gesetze zur Gleichbehandlung in der Arbeitswelt beschlossen, die unter anderem ein faires Lohnverhältnis zwischen den Geschlechtern regelten – zumindest auf dem Papier. Mit der Ernennung von vier Staatssekretärinnen setzte Kreisky 1979 auch auf staatlicher Ebene ein klares frauenpolitisches Signal. Gekommen, um zu bleiben In den 1960er- und 1970erJahren wurden durch Anwerbeabkommen vor allem mit der Türkei und Jugoslawien billige Arbeitskräfte nach Österreich geholt. Sie erledigten die wenig begehrten Jobs mit ungünstigen Arbeitszeiten, Schmutzarbeit und niedrigem Lohn. Sichtbarstes Zeichen ihrer Benachteiligung: die triste Wohnsituation, in Wien etwa in abgewohnten Zinshäusern. Als in den 1970ern der Bedarf an Arbeitskräften zurückging, kam es zur Wende: Das Ausländerbeschäftigungsgesetz von 1975 sah einen Einwanderungsstopp und die Ausweisung vieler „Gastarbeiter“ vor. Österreichische Arbeitskräfte waren nun bevorzugt. Dank des Widerstandes gegen unmenschliche Lebensund Arbeitsbedingungen verbesserten sich die Verdienstmöglichkeiten und die Wohnverhältnisse langsam – dennoch liegen sie noch immer weit unter dem Standard. aßric lakatwänna la n P eine Ih Ktoe auf viealseeinen k. Bl etrachteer ,d igt ng ?W pra Plakat nn ze ir auf t 2 a t d e mi 197 ieses t fäll en M d ein : Was s könn n d e n d t e u a h en htig Ru ?W Bub Bild in wem eabsic it das cht m lakat b i r P in? p s sem sen se e i d e gew Plakat für die Aktion Mitmensch der österreichischen Werbewirtschaft Objekt Bundeskanzler Kreisky war Bildung ein zentrales Anliegen: Im Jahrzehnt nach seinem Regierungsantritt 1970 stieg das Unterrichtsbudget um mehr als das Vierfache. Lehrmittelzimmer wurden zu Mediatheken. In den Geschichtsbüchern fand nun auch Zeitgeschichte – bis dahin kaum existent – Platz. In der Mathematik drängte die Mengenlehre den Kugelrechner ins pädagogische Abseits. Seit den 1970ern ist auch Sexualerziehung als Unterrichtsprinzip verankert. In konservativen Kreisen war das hierfür erarbeitete Infomaterial für 13- bis 15-Jährige als „Sexkoffer“ verpönt. Mengemat-Legeplättchen zur Mengenlehre Der allererste Apple Computer el t Eine W e uter? ste in oh n er er o aus – d C mp em Holz le 1 her App . te in ein a m der r steck on 4 KB E . C 1976 k P e icher v t e ll p e t s s s s a e it Wessen Bildung? l! W in erg rbe Serie h al so vie einen A e m t t 0 a 0 h Wessen Zukunft? und Alltag: 500.0 längst kasten 6S hat e t e u n e o h h Unter dem Motto „Education is not , ist eil unse ue iP ßeren T begann Das ne ö n r e g r le r h a e a m for sale“ – „Bildung ist unverkäuflich“ digit er-J einen im z ohne den 70 regeln elt gan n e W – kämpften Studierende in ganz in rn: im e h e in c dir e Mas s änd s. Stell ich alle n s im e Europa 2009 für bessere Bildung und e b d e n r L u ü res sw ie – d r Famil vor. Wa e e in , t gegen die Bologna-Reform. Sie klagten e s ä d r e e e , in G ä tt – bei dir hteile h eine zu große Verschulung, schlechte StuKleinen he Nac lc e W ? Großen dienbedingungen, Studiengebühren und rteile? lche Vo e w den Einfluss der Privatwirtschaft auf die Unis an. Gegen die „Ökonomisierung der Bildung“ setzt sich auch die Bildungsbewegung ein: Denn Bildung wird zunehmend als Investition betrachtet – was zählt, sind möglichst viele Absolventinnen und Absolventen in möglichst kurzer Zeit, die sich in der Leistungsgesellschaft dann sollten behaupten können. Die Forderung der Bildungsbewegung: Schulen und Universitäten dürfen nicht wie gewinnorientierte Unternehmen funktionieren. Und Bildung muss für jeden frei und zugänglich sein. Automatisiertes Leben 1970 Der Mikroprozessor wird entwickelt. 1971 In London findet die erste Computertomografie am Menschen statt. 1971 Die Wiener Stadtverwaltung bekommt einen IBM-Großrechner System/370. Er füllt einen ganzen Raum und kostet umgerechnet 5,7 Millionen Euro. 1971 Fahrscheinentwerter und elektronisch gesteuerte Triebwagen machen Schaffnerinnen und Schaffner in Tramways obsolet. Zeitzeuge Wolfgang Petritsch, Diplomat und ehem. Sekretär Bruno Kreiskys Werden Bildung und der Bildungsweg 40 Jahre nach Kreisky noch immer vererbt? Wolfgang Petritsch: Die Bildungspolitik in Öster- 1973 Motorola stellt das erste Mobiltelefon vor. 1974 In den USA wird erstmals ein Produkt mit 1975 1976 1977 1979 Barcode verkauft – eine Packung „Juicy Fruit“-Kaugummis. Bill Gates und Paul Allen gründen Microsoft. Steve Jobs, Steve Wozniak und Ronald Wayne gründen Apple. In San Francisco wird der Apple II vorgestellt – der erste Computer mit Tastatur und Bildschirm. Die Compact Disc (CD) wird erfunden. reich ist keine Erfolgsgeschichte. Wir sind sehr konservativ eingestellt. Außerdem ist die Ideenvielfalt, die einst die Sozialdemokratie ausgemacht hat, im Laufe der langen Regierungsjahre irgendwie verdampft. Ich habe nicht den Eindruck, dass man die radikal veränderte Welt in den Bildungsangeboten und Reformvorschlägen wiederfindet. Alles ist noch sehr stark maria-theresianisch mit Frontalunterricht und Stundeneinteilung geprägt. Man hat nicht gefunden, worauf Kreisky hinauswollte: Um Österreich auf die Zukunft vorzubereiten und ein inklusives Bildungssystem zu gewährleisten, muss es zu fundamentalen Veränderungen kommen – der Formen, der Strukturen und natürlich der Inhalte. 4 Liberté, Egalité, Pfefferminztee! Alltag und Medien War Fernsehen in Österreich zu Beginn der 1970er noch großteils in Schwarz-Weiß gehalten, wurden die Bildschirme im Laufe der folgenden Jahre bunt … und Fernsehen wurde zum Massenmedium. In nahezu jedem Haushalt gab es nun ein TV-Gerät, das eine zentrale Rolle einnahm: Im Wohnzimmer gruppierte man die Möbel um den Bildschirm, das allabendliche Fernsehen war fixer Bestandteil des Familienalltags. Via FS1 und FS2 lieferte der ORF – seit 1974 öffentlich-rechtliche Anstalt – Informations- und Bildungssendungen ebenso ins Haus wie Unterhaltungsshows und Spielfilme. Die innovative Samstagabendshow „Wünsch dir was“ zeugte so wie viele Magazinformate – etwa „Impulse“, „Prisma“ oder „Ohne Maulkorb“ – von der Idee, Fernsehen könne die Gesellschaft verändern. Über das Fernsehen wurden Geschmack und Lifestyle vermittelt, womit sich auch das Konsumverhalten grundlegend änderte. An Störbild, den Sendeschluss samt Bundeshymne und die Fernsehansagerin – in den 1970ern ein Traumberuf – erinnert sich heute kaum noch jemand … ORF-Magazine „Ohne Maulkorb“ und „Teleobjektiv“ Skandal und Freiraum Porträt der Sängerin Nina Hagen e! owtim w It’s Sh sehsho n te Fer s e t enden b f u e Am la „ Die beli r a h w re und sie er-Jah ouTube Y f der 70 u t a or ch n, die d Geh do olgen a Band“. F n egeiste le B ie ie der v t du d e n? s e in n h n e a ie ir z K d sind! chvoll n a e n d s la m ku die hochge ehpubli Spiele, s Ferns tor, die e a d s r e g w n d o u o r -Sh rM ken de lche TV ir e w W ? ie h r W nte f dic d wie u etc. au Preise lär? Un u p ufeno p la e ut von „Am h sind he ic s en sie scheid nd“? den Ba Fernsehen brach Tabus und verursachte Skandale – nicht selten unfreiwillig. Legendär in der österreichischen TV-Geschichte ist der Auftritt von Nina Hagen in einer „Club 2“-Sendung über Jugendkulturen 1979. Österreichische Kulturschaffende machten sich das Fernsehen zunutze, um das Publikum mit gesellschaftskritischen Themen zu konfrontieren. Sie setzten es als Mittel der Aufklärung ein und experimentieren mit dem Medium selbst. Das hatte Folgen: Die Ausstrahlung von Filmen junger Regisseurinnen und Regisseure zog heftige Diskussionen nach sich – heute gelten Fernsehstücke wie „Kottan“, die „Alpensaga“ von Peter Turrini oder „Die Staatsoperette“ von Franz Novotny indes als Höhepunkte der österreichischen Fernsehgeschichte. Rudi Carrell in der TV-Show „Am laufenden Band“ Fernsehen in den 70ern 1969–1972 „Wünsch dir was“ mit Vivi Bach und Dietmar Schönherr 1970 regulärer Start von FS2 1971 Krimiserie „Tatort“ im ORF ab ab 1971 „Die Sendung mit der Maus“ ab 1974 TV-Show „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell 1975 „Ein echter Wiener geht nicht unter“ mit Karl Merkatz ab ab 1976 „Kottan ermittelt“ ab 1976 „Alpensaga“ von Peter Turrini 1976 Diskussionssendung „Club 2“ ab 1977 „Staatsoperette“ von Franz Novotny ab 1977 „1, 2 oder 3“ 1977 „Am dam des“ ab 1978 „I wer’ narrisch“-Ausruf von Sportmoderator Edi Finger sen. bei TV-Übertragung des Fußball-WMSpiels Österreichs gegen Deutschland (3:2) 1979 „Club 2“ mit Nina Hagen zum Thema „Jugendkulturen“ Zeitzeuge Herbert „Schneckerl“ Prohaska, Fußballer Das Spiel am 21. Juni 1978 bei der Fußball-WM in Córdoba, bei dem Österreich mit 3:2 über Deutschland siegte, gilt vielen als eines der wichtigsten Ereignisse in der österreichischen Sportgeschichte des 20. Jahrhunderts. Herbert Prohaska: Dass dieses Spiel Fanpostkarte des österreichischen Teams zur Fußball-WM 1978 heute noch Thema ist, scheint mir unglaublich, weil es dabei sportlich eigentlich um nichts ging – außer darum, dass wir bei einem Großereignis Deutschland schlagen und die WM mit einem schönen Erfolg abschließen. Uns war aber bewusst, dass es in ganz Europa registriert wurde. Die zwei Tore, die Hans Krankl schoss, waren sein Durchbruch. Filme der 70er 1970 | „Summer in the City“ | „Aristocats“ | „Schulmädchen-Report“ | 1971 | „Balduin, der Sonntagsfahrer“ | „Uhrwerk Orange“ | 1972 | „Der letzte Tango von Paris“ | „Der Pate“ | 1973 | „Robin Hood“ | „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ | „Die amerikanische Nacht“ | „Der Exorzist“ | 1974 | „Der Pate II“ | „Chinatown“ | 1975 | „Der weiße Hai“ | 1976 | „Rocky“ | „Taxi Driver“ | „Einer flog übers Kuckucksnest“ | „Asterix erobert Rom“ | 1977 | „Krieg der Sterne“ | „Saturday Night Fever“ | „Der amerikanische Freund“ | „Bernard und Bianca“ | 1978 | „Apocalypse Now“ | 1979 | „Alien“ | „Manhattan“ | „Kramer gegen Kramer“ Objekt Filmposter „Der weiße Hai“ Mit dem Einzug des Fernsehers in die Wohnzimmer blieben in den Kinos die Besucherinnen und Besucher aus. Rund ein Drittel aller heimischen Filmtheater musste schließen oder wurde, einem internationalen Trend folgend, in sogenannte Kinocenter mit mehreren Sälen umgewandelt. Den Gegenpol dazu bildeten Programmkinos, wie sie zum Teil bis heute bestehen. Sie richteten sich mit einem anspruchsvollen Angebot an ein kritisches Publikum und veranstalteten Filmfestivals. Modell des Schikaneder-Kinos Was ist öffentlich? Was ist privat? Aus heutiger Sicht empfinden wir das Fernsehen der 1970er als völlig altmodisch … und auch einseitig. Längst lassen wir uns nicht mehr bloß berieseln: Netflix oder Amazon prime schneiden die TV-Unterhaltung ganz auf unsere persönlichen Vorlieben zu. Computerspiele und Handy-Apps machen es möglich, mit den Medien zu kommunizieren. Wir nutzen WhatsApp und Facetime, um miteinander in Kontakt zu bleiben. Und über Instagram und Facebook lassen wir sogar „Freunde von Freunden“ an ganz privaten Momenten unseres Lebens teilhaben. Das alles ist zu einem Riesengeschäft geworden: Die Rechte auf hochgeladene Bilder, die „Likes“ und „Clicks“ werden über Werbeschaltungen in Geld umgewandelt. re Anrde ögBilde schier endlose Mng mit ietet “ Umga ernet b en nderen a „ Das Int n ieren, M e as ein älten T w u , q erter n e g e g n it s von sg e hu lichke o u t a o F t : t t a st n– a ng e h olligen r könne Bildern lucht, m m meh F e r h e it auf c d li e f k n u ksam nd Ä h r u e sche n a n m e f d u n t–A önheits , Bausü e n S ch it geteil n e n w Models ö e lt k s e Sie ltnis nfach w lenken. tverhä millione T he m a n, M a ch s e ll e ht e d t ic n s e e nn Kopf n viell ein bre rnse he a uf d e n e ezeigt n F g e s g im s n u , was u, m u n d e t d vorstell s ig e e d z en Mu n s, fin ragen, tt vor d de. Wa r la u hinterf B w , in n n e k ge wiege an sich u spren versch o d a rf m gilt es z n W e ? t z n h n e e e sg werd he G r Und wa n? Welc ieren? t k e ne hm e p s zu re a s a n? welche en etw d n a m nie Bilderteilen #dasprivateistpolitisch 1. Bild machen, das herkömmliche Vorstellungen hinterfragt 2. Hochladen unter dem Hashtag #dasprivateistpolitisch Do it yourself ! Eigene Zines gestalten Das brauchst du: · verschiedene Papiersorten · Stifte · alte Magazine, Zeitschriften · Bilder, Fotos · Schere · Klebstoff · wenn vorhanden eine Schreibmaschine lebe ählen e n, k 5) w id A e / n 4 A ch (A3/ a us s ne n, rmat h o f ic r e z ie alen, s Pap en, m schte falten r n ie ü f a gew zu Zine togr r en, fo Papie en, dicht ib schre ht’s: e g o S • • • Weißt du, was ein Zine ist? Der Name erinnert dich an „Magazin“? Du liegst richtig … und doch wieder nicht! Nach dem Motto „Do it yourself“ geben seit über 40 Jahren Fanclubs, alternative und feministische Gruppen weltweit diese nichtkommerziellen, nichtprofessionellen, alternativen Medien heraus, auch „Grrrl Zines“ oder „Fanzines“ genannt. Die Idee dahinter: Zeitungen und Magazinen, die für die breite Masse schreiben, die eigene Sicht der Dinge entgegenzustellen. Die selbst gemachten Heftchen werden mit Collagetechnik aus Gemaltem, Gezeichnetem, Fotos, mit der Schreibmaschine Geschriebenem gestaltet, dann mit dem Kopierer vervielfältigt und von Hand zu Hand weitergegeben. n… 5 Nur die Freiheit stillt den Durst! Kalte und heiße Kriege Wer heute auf die 1970erJahre und die Weltpolitik zurückblickt, hat zunächst vermutlich den Eisernen Vorhang vor Augen – und damit eine in „Ost“ und „West“, in Kommunismus und Kapitalismus geteilte Welt. Kein Wunder … Schließlich fand der Kalte Krieg auch Eingang in die Populärkultur – Kino- und Romanhelden wie James Bond haben das Bild bekräftigt. Tatsächlich war die Welt damals aber nicht einfach nur zweigeteilt. Global betrachtet, sah sie weitaus vielschichtiger aus: Zwar waren vor allem Europa und die USA vom Kalten Krieg geprägt. Doch zur gleichen Zeit tobten heiße Kriege in anderen Teilen der Welt. Die 70er-Jahre mit dem Kalten Krieg gleichzusetzen griffe jedenfalls viel zu kurz: Es war auch eine Zeit der Revolutionen und der nationalen Befreiungsbewegungen in Asien, Afrika und Lateinamerika! l Globa e ternets Villag in Zeiten des In achsen. Objekt ew ind wir mmeng enn je s f“ zusa r o tand in D s Mehr d f n u olksa lobale V g „ r e im e m d e o die Lag sien zu ein in Tune te über h z r ile milic u r e t s e s e B eos, Wind O b Um id in V , d r n e u Waellt n: Bild tz gest schen in e Ägypte n N e s M in n ittelbar atte urden ed. So h ühl, unm Land w r f a e h G s s e ben. n da ach g er Berli eilzuha t lionenf d n o e is s r is ign n, Pa e Welt den Ere shingto sich ein n , a h , c li in k e us wir d Zudabei z utet es rität un e a d d e li b o r S e h Was ab nets lelässt sic es Inter n? Wie d s it e s zu teile b auf! nhalt a e Ideen in e d samme ib chre ben? S Vom Kalten Krieg auf der weltpolitischen Bühne zum „Krieg der Sterne“ in den Kinos der späten 1970er war es nicht weit: Beide Konflikte beruhten auf dem Gegensatz von Gut und Böse. Dieser Dualismus war Leitmotiv des von George Lucas erdachten Filmepos. Ihn vereint eine Figur in sich: Darth Vader, ein ehemals heroischer JediRitter, der sich zum gefürchteten Diener des Imperiums wandelt. Er erscheint zugleich anziehend und abstoßend. Sein Markenzeichen ist eine bedrohliche schwarze Rüstung, die bei jedem Schritt unheilvolle Atemgeräusche von sich gibt. Darth-Vader-Kostüm, 1977 Petja Dimitrova, No Borders, No Nations Euer Kampf ist unser Kampf! Während vor allem Europa und die USA vom Kalten Krieg geprägt waren, vollzog der Globale Süden eine eigenständige Entwicklung. 1966 hatten sich im Rahmen der Trikontinentale-Konferenz in Havanna Lateinamerika, Afrika und Asien im Kampf für Dekolonisierung zusammengeschlossen. Man wandte sich nicht nur gegen ungleiche wirtschaftliche Bedingungen, sondern auch gegen politische Einmischung und Rassismus. In den westlichen Ländern lösten Revolutionen und nationale Befreiungsbewegungen in Asien, Afrika und Lateinamerika eine Welle von Solidaritätsbezeugungen aus. Ihren Anfang nahmen sie mit dem Widerstand gegen den VietnamKrieg. Dem internationalen Trend folgend, wurden auch hierzulande zahlreiche Organisationen gegründet, die vor allem die von Bürgerkriegen betroffenen Länder Lateinamerikas unterstützten. Österreichische Ärztinnen, Lehrer und Erntehelferinnen waren vor Ort tätig und bauten langfristige Verbindungen auf. Terror vor unserer Haustüre Wie solidarisieren? September 1970 Die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) entführt zeitgleich mehrere Passagiermaschinen auf dem Flug von Europa nach New York. Bis heute kann weder von einer globalen Umverteilung des Reichtums die Rede sein noch von einem Ende des Imperialismus. Unzählige Länder des globalen Südens sind nach wie vor wirtschaftlich von Industriestaaten abhängig. Neben der Ausbeutung von außen kämpfen sie auch mit hausgemachten Problemen wie Korruption, Misswirtschaft und Bürgerkriegen. In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft verlassen Menschen ihre Heimat. Andere wiederum fliehen aus Kampfgebieten. Laut einer Studie sind derzeit rund 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht und suchen Schutz … auch bei uns. Seit Monaten ist Europa mit Flüchtenden aus Syrien, Afghanistan, dem Irak konfrontiert. Was aber wissen wir wirklich über die Situation in den Kriegsgebieten und die Geschichten der Geflüchteten? Und was können wir tun? September 1972 Bei den Olympischen Spielen in München nimmt das Terrorkommando Schwarzer September die israelische Mannschaft als Geiseln. Elf Sportler, fünf Terroristen und ein deutscher Polizist sterben. September 1973 Palästinensische Terroristen entführen in Marchegg, Niederösterreich, drei jüdische Auswanderer aus der Sowjetunion und einen Zollbeamten. Die Geiseln kommen nach Zugeständnissen der Bundesregierung frei. Dezember 1975 Terroristen unter der Führung von „Carlos“ nehmen im OPEC-Hauptgebäude in Wien rund 70 Geiseln, darunter elf Ölminister. Drei Menschen sterben. April 1977 In Karlsruhe ermorden Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Juli 1977 Bei einem RAF-Entführungsversuch wird Jürgen Ponto, Vorstandssprecher der Dresdner Bank, in seinem Haus in Oberursel erschossen. September 1977 Ein RAF-Kommando entführt den deutschen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Schleyer wird ermordet. Oktober 1977 Ein palästinensisches Terrorkommando entführt eine Lufthansa-Maschine nach Somalia. Bei der Stürmung werden die Terroristen getötet, die Geiseln befreit. November 1977 Die Terrororganisation 2. Juni entführt in Wien den Großindustriellen Walter Palmers. Mit dem erpressten Geld werden Aktionen auch der RAF finanziert. Zeitzeuge Pavel Kohout, Schriftsteller War man in der ČSSR der 1950er und 1960er überzeugt, aus dem Kalten Krieg als Gewinner hervorzugehen? Pavel Kohout: Damals musste man vielmehr mit dem Untergang der Menschheit im Atomkrieg rechnen. Sie waren 1968 führend am „Prager Frühling“ beteiligt und Mitautor der Charta 77. Warum? Wurde der ehemals Verführte zum Hoffenden? Pavel Kohout: Hoffnung allein war zu wenig, man musste für sie eintreten. März 1978 Die Terrorgruppe Rote Brigaden entführt den früheren italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro. Wochen später wird seine Leiche gefunden. April 1979 Die palästinensische Al-Saika verübt einen Sprengstoffanschlag auf den Stadttempel der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Niemand wird ernstlich verletzt. Helfen mit einem Klick www.asyl.at/adressen/initiativen.htm www.asyl-in-not.org/php/refugees_welcome,21004,37914.html www.caritas.at/spenden-helfen/freiwilliges-engagement/ http://fluechtlingsdienst.diakonie.at www.fraubock.at www.helfenwiewir.at/spenden www.openschoool.org www.sosmitmensch.at/site/home/article/1041.html 6 Macht kaputt, was euch kaputt macht! Umkämpfte Vergangenheit und nazistische Kontinuitäten Was die Bereiche Bildung, Arbeit, Medien und Alltag betraf, war Österreich in den 70er-Jahren im Aufbruch. Die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit blieb dagegen weitgehend aus … oder war von Konflikten um den Umgang damit geprägt. Noch immer beharrte man im Land darauf, dass Österreich das „erste Opfer der Nationalsozialisten“ gewesen sei. Der Antisemitismus wirkte fort, und nicht zuletzt drückte man gegenüber „ehemaligen“ Nazis beide Augen zu: Rot, Schwarz oder Blau nahmen sie in ihre Parteien auf und ernannten den einen oder anderen gar zum Minister. Gerichtsverfahren verliey“? l Histor a r fen im Sand. Jene aber, die gegen das Vergessen O „ f n eine egrif in oder u den B g d u t auftraten und die zur Erinnerung mahnten, wure s z n it n Ke e Ze e be utet, ein anden, der ein e den heftig angegriffen. d n e u r b h as m rfa „profil“-Ausgabe nach Ausstrahlung von „Holocaust“ hl tete Er z ä ich Gesch D E lso je r seine t gen – a t – übe a h en. Has t Zeitzeu s b s zu la it erle n e e Z h e e c t e in pr re stimm nisse s ter ode d Erleb großva r U n e n gen un it e e in s Zw Oma, e rend de r? h a ä du eine w w elt nte, die uf der W n, wie a n Großta o h c hle iegs s al erzä Weltkr ch einm o rlebt d e ir it d e se Z Lass ie d r e r sie ode hat! Eduard Freudmann, Hauptversammlung des Komitees zur Erinnerung an das Wort, mit dem der Völkermord an Roma und Sinti bezeichnet wird, 2013 „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ Als Meilenstein in der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit gilt die US-amerikanische TV-Miniserie „Holocaust“. Sie wurde auch in Österreich gedreht: So bildete das KZ Mauthausen die „Kulisse“ für das KZ Auschwitz; die im Ghetto Theresienstadt spielenden Szenen wurden im oberösterreichischen Freistadt aufgenommen. Ende der 1970er weltweit ausgestrahlt, wurde der Titel der Serie zum Synonym für die Ermordung der jüdischen Bevölkerung durch die Nazis. Vor allem in Österreich, wo Antisemitismus und rassistische Verfolgungen bis dahin im historischen Narrativ gleichsam ausgeblendet worden waren, übte der nicht unumstrittene Hollywoodfilm eine Schockwirkung auf das Fernsehpublikum aus. Er trug so wesentlich dazu bei, dass sich die Öffentlichkeit der Verantwortung für die Verbrechen der jüngsten Geschichte stellt. Nie wieder: Das darf nich t ieder! Nie w eutet, ern bed n in r e r G eSich zu aus de h c uu a t h zu beiz vielleic en – da n r te le h u ic ez e sc h schicht h die G ic t die s e s t s u , da bede s a tragen W . lt unsere iederho er!“ für d ie nicht w w ie ert ung „N te erinn Forder soll heu n a r r e o als v Zeit? W rf niem a d s a n … und und w werde n e s s e g wie? vergessen wer den: Was ich dafü r tun kann: Was hat das mit mir zu tun? Mehr als 60 Jahre sind seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen. Nur wenige Menschen leben noch, die davon aus erster Hand berichten könnten. Wir sind zunehmend auf Geschichtsbücher angewiesen. Woran aber wird dort erinnert, und was wird dabei ausgelassen? Ein Beispiel: Kaum jemals wird der Verbrechen gedacht, die im Nationalsozialismus an Roma und Sinti begangen wurden. Eduard Freudmanns künstlerische Arbeit „Hauptversammlung des Komitees zur Erinnerung an das Wort, mit dem der Völkermord an Roma und Sinti bezeichnet wird“ macht darauf aufmerksam. Bis heute müssen Roma und Sinti mit rassistischen Vorurteilen und Ausgrenzung leben. Schreibt sich Unrechtsgeschichte fort? Und was können wir dagegen tun? Zeitzeugin Käthe Sasso, Widerstandskämpferin „Pravica naša – unser Recht!“ Schon 1955 wurden im Staatsvertrag die Minderheitenrechte der Kärntner Slowenen festgeschrieben. Jahrelang hatten sie mit dem Slogan „Unser Recht!“ die Erfüllung gefordert. Doch erst 1972 reagierte die Politik, zumindest teilweise: Zweisprachige Ortstafeln wurden aufgestellt. Die Gegner schürten die Angst vor jugoslawischen Gebietsansprüchen und einer Aussiedlung aller Deutschsprachigen aus dem gemischtsprachigen Gebiet. Bombendrohungen und Sabotageakte folgten, Ortstafeln wurden beschmiert oder abmontiert. Die Vehemenz, mit der die Auseinandersetzung öffentlich geführt wurde, ist Teil einer langen Geschichte des Kampfes um Minderheitenrechte. Nach jahrzehntelangem Hickhack mündete der „Ortstafelstreit“ 2011 in einen Kompromiss: zweisprachige Ortstafeln ja, aber für weniger Gemeinden. Im Burgenland, wo es ebenfalls Minderheiten gibt, weisen schon seit 2000 deutsch-kroatische und deutsch-ungarische Schilder den Weg. Ganz ohne „Ortstafelsturm“. Warum überhaupt ein Streit wegen Ortstafeln? Wogegen hat man sich so lange gewehrt? Und warum? Sie waren Mitglied einer Widerstandsgruppe in Wien, als Sie 1942 von der Gestapo verhaftet wurden. Sie blieben bis Kriegsende inhaftiert; im April 1945 gelang Ihnen auf dem Todesmarsch in das KZ BergenBelsen die Flucht. Ihnen und Ihren Leidensgenossen, so schrieben Sie einmal, seien bis heute keine Gerechtigkeit und Anerkennung widerfahren. Käthe Sasso: Ja, erst in den letzten Jahren hat es sich zum Besseren gewendet, seit sich die Bundesregierung dazu bekannte, dass Österreich während der NS-Zeit sehr große Opfer gebracht hat. Die größten Opfer wurden im Wiener Landesgericht I gebracht, wo die Widerstandskämpfer und Regimegegner brutal hingerichtet wurden. Allein in Wien wurden 1.206 namentlich bekannte Opfer geköpft. Das hat man früher alles verschwiegen. Warum wurde über diese Opfer der NS-Zeit 70 Jahre lang so wenig gesprochen? Käthe Sasso: Niemand hat sich Gedanken über jene Menschen gemacht, die nach der Gerichtsverhandlung in den Todeszellen gesessen sind. Niemand hat sich vorgestellt, was sie gefühlt haben, wie sie um ihre Angehörigen gezittert haben. Man hätte jene Richter, die Todesurteile verhängt haben, nach dem Krieg zur Rechenschaft ziehen müssen – vor allem aber die Spitzel, die andere Menschen verraten haben. Man hat es aber leider nicht getan. Wenn diese Täter dann doch verurteilt wurden, hat sie der Bundespräsident im Zuge der nächsten Weihnachtsamnestie begnadigt. Hat man in den 1970ern nicht gespürt, dass vielleicht eine „neue Zeit“ kommt? Käthe Sasso: Es gab für uns Opfer des Faschismus keine Anerkennung, trotz des neuen Geistes, der durch das Land zog. Nach wie vor musste man auf den Ämtern um die Auszahlungen nach dem Opferfürsorgegesetz betteln. Alles wurde in die Länge gezogen. Do it yourself ! Eigenes Monument entwerfen Das brauchst du für die Knetmasse: · 400 g Mehl · 200 g Salz · 2 Esslöffel Alaunpulver oder Zitronensäure · 2 Esslöffel Öl · ½ l heißes Wasser · Lebensmittelfarben : ’s So geht erden? innert w r e ll o s en en sitionier der an w hem po n was o c A li : n n h te e s Ä r m ig for o de Wicht tmasse r Tasse • Das llen aus Kne olz, eine t H n e k t aufste c r m ü o u t d n S o d m M n e u in • en auf e ent find tmasse s Monum a • Kne d r ü f z n Plat • eine 7 Das Private ist politisch, das Politische ist privat! Alternativ leben Heute ist „Sharen“ in aller Munde: Im Internet leben soziale Netzwerke, Musikportale oder freie Enzyklopädien wie Wikipedia davon, dass Menschen Informationen mit anderen teilen. Von der Tauschbörse bis zum Couchsurfing, vom Urban Gardening bis zum Foodsharing wird über das Internet auch das Teilen in der „richtigen Welt“ organisiert. Die Idee ist nicht neu: In der Landwirtschaft etwa hat sich der gemeinsame Ankauf von Maschinen durch mehrere Bauern seit Langem bewährt. Der SharingBoom heute hat auch mit unserem Wissen zu tun, dass die Ressourcen der Erde begrenzt sind. Zudem können sich viele Leute vieles nicht – oder nicht mehr – leisten. Doch die „Sharing Economy“ bringt nicht nur Gutes. Denn während wir Couches, Musik und Autos teilen, sind wir bereits in Geschäfte eingebunden, von denen vor allem die „Sharing-Plattformen“ profitieren. Objekt Was ist ein gutes Leben? In den 70er-Jahren meinten manche Menschen, dass sie „ein gutes Leben“ jedenfalls nicht in der Mutter-Vater-Kind-Familie, im hübschen Einfamilienhaus oder in einem sicheren Job finden würden. Mehr noch: Sie kritisierten die Vorstellungen und Regeln, die in der Gesellschaft darüber vorherrschten. Davon ausgehend entwickelten sie neue Formen des Zusammenlebens. Sie reichten vom umstrittenen Experiment einer alternativen Gesellschaft des Künstlers Otto Muehl bis hin zur basisdemokratischen Selbstverwaltung. Die herkömmliche Familie war für viele passé – man lebte in einer mehr oder weniger gewählten Gemeinschaft zusammen, schuf alternative Zugänge zu Besitz und Gemeinschaft und entwarf Modelle eines respektvolleren Umgangs mit der Umwelt. Wie zusammenleben? Spätestens mit der Ölkrise rückten Umweltschutz und Ressourcenerhalt in den Blick der Öffentlichkeit. Angesichts der unmittelbaren Folgen der Energieknappheit wurde klar, wie sehr der wirtschaftliche Erfolg und der Wohlstand der Industriestaaten von weltweiten Entwicklungen abhängen. Ein tief greifender Bewusstseinswandel setzte ein – Energiesparen wurde populär. Ein erschreckendes Zukunftsbild zeichnete die 1972 vom Club of Rome veröffentlichte Studie „Die Grenzen des Wachstums“. Wenngleich wissenschaftlich wenig fundiert, führte sie doch die Dringlichkeit einer internationalen Umweltpolitik vor Augen. Vor diesem Hintergrund formierten sich die ersten Grün-Parteien, ökologische Bewegungen wie Greenpeace wurden aktiv, und 20 Millionen Menschen begingen 1970 in den USA den ersten Earth Day. Student mit Gasmaske am ersten Earth Day, 1970 Nach benltige l g i t l hha a h rt „Nac , mit Wo utet es du das Kennst gt bede a s toffe, s e h g fach en (Ro in c E r u ? “ o it s ke Res orguns an steht, s s g a n u w , g ü dem , in r Verf rt auch etc.) zu u gehö z a nken – Energie D e . d n umzu ugehe n z e lt m a u h sa m umver n. Was m Kons ge teile in D unsere ir elche dem w ? Und w n etwa, in e il e t dafür st du könnte t du dir s e t n n kö Regeln en? s r o v tell Sharing is Caring foodsharing.at www.freiluftsupermarkt.at www.rusz.at/967/ ggardening.kukuma.org www.usetwice.at de.wikipedia.org/wiki/Liste_öffentlicher_Bücherschränke_in_Österreich Büchertankstelle in Salzburg -lost ohne Autr:o ad eine St hen? vo s ausse Stell dir nnte da ö k nd wie ie W te es? U t Autos! ä h e il fortbeVorte rhaupt e b Welche ü s n m n wir u reude a würde nn du F e dein W h c ? o n ring d wege b , t s a n en h Zeichn utolose einer a n o v d ! r Bil u Papie Stadt z Objekt Zeitzeugin Freda Meissner-Blau, Umweltaktivistin War in den 70ern die Zeit reif für gesellschaftliche Utopien? Freda Meissner-Blau: Es war die Zeit Einem europaweiten Trend folgend bekam Wien Anfang der 1970er-Jahre seine erste Fußgängerzone – reichlich spät: Klagenfurt, St. Pölten und Krems waren der Bundeshauptstadt Jahre voraus! Inzwischen ist man viele Schritte weiter: Graz und Wien versuchen die Menschen mit günstigen Jahreskarten zum Umsteigen auf die Öffis zu bewegen. Metropolen wie Madrid oder Oslo verbannen die Autos aus der Innenstadt. Und die im Bau befindliche Öko-Stadt Masdar City in Abu Dhabi wird überhaupt gänzlich autofrei sein. der beginnenden Umweltbewegung, die sich vor allem in der Anti-AKWBewegung manifestierte. Man begann sich bewusst zu machen, wie wichtig der Erhalt einer intakten Umwelt ist. Vielleicht waren die frühen 70er-Jahre noch nicht reif für Utopien, aber es gab doch Experimente. Und Friedensreich Hundertwasser hat proklamiert, dass man auf den Dächern der Großstädte Gärten anlegen könnte – heute gibt es in Wien viele davon. Dabei geht es nicht nur um ein paar Karotten, sondern auch um die Gemeinschaftsarbeit und die gegenseitige Hilfe. Friedensreich Hundertwasser und Gustav Peichl, Projekt für die Fußgängerzone Seilergasse, 1974 Freda Meissner-Blau verstarb am 22. Dezember 2015. 8 Museum für alle! Ausstellungsutopien und Museen der Zukunft Kinder rein ins Museum! Was heute selbstverständlich ist, war in den 70er-Jahren ein Novum … und Gegenstand heftiger Diskussionen: Bereits 1970 wurde im Museum des 20. Jahrhunderts in Wien erstmals ein Programm für Kinder und Jugendliche angeboten. Es trug den Titel „Kinder malen, zeichnen, formen“. Dem Direktor des 20er Haus, Alfred Schmeller, ging es dabei auch um eine Erweiterung des Museumsbegriffs. Er verstand das Museum nicht nur als Ort des Sammelns, Forschens und Aufbewahrens, sondern als Atelier, als Ort des Tuns, in dem die Entstehung eines Werkes nachvollziehbar wird. Durch die Malaktionen sollten Kinder – einem Spiel ähnlich – einen unmittelbaren Zugang zu Kunst bekommen. Die dabei entstandenen Arbeiten wurden einen Monat lang in den Ausstellungsräumen präsentiert … was auch auf Unverständnis und Ablehnung stieß. Dennoch markiert dies den Beginn einer Öffnung des Museums und eines demokratischen Verständnisses im Umgang mit Kunst. „Das Museum des 19. Jahrhunderts ist tot.“ Diese Worte stellte Paulgerd Jesberg 1970 an den Anfang eines Buchbeitrages, in dem er eine Vision für das Museum der Zukunft entwarf. Mit seiner Kritik war Jesberg nicht alleine: Das Museum sei verstaubt, nicht mehr zeitgemäß, würde versteinerte Wahrheitsansprüche vermitteln und gewisse Gruppen ausschließen. Nachdem die Museen also für tot erklärt wurden, gerieten sie neu in den Blick – in ihrem Wert für die Gesellschaft und in ihrer Bedeutung für das Publikum. Museen wollten nun Gesellschaft verändern und erfinden, sie wollten alle Leute ansprechen und mit ihnen handeln. Aber wer waren „alle“? Und wer blieb dabei dennoch ausgeschlossen? Was heißt alle? So wie Parks, Krankenhäuser oder U-Bahn-Stationen sind Museen öffentliche Räume. Sie wurden in der Geschichte immer wieder von Leuten gestürmt und besetzt. Diese forderten die Umverteilung von Ressourcen, Zugangsmöglichkeiten und Aufmerksamkeit: Geld sollte anders eingesetzt, Ausstellungsraum anders genutzt werden, als es der Fall war. Stell dir vor, du hättest einen leeren, nicht mehr oder noch nicht gestalteten Ausstellungsraum zur Verfügung: Wie und womit würdest du ihn besetzen? 0e r “ „Died7u! r“ und Ausstellung „Die 7r0aenge- t die h von ih Du has ? t du dic ls h ü F m nicht . t ? Waru besuch m u ? r n a e efall en? W nders g sproch ir beso d t h zum a c h o Was e dir n d r ü w s Und wa 0er“ a „Die 7 m e h T ? n einfalle „Kinder malen“ im Museum des 20. Jahrhunderts Masceh um! Must einen leeren Objekt n lDu kan Ausste dieser ie Raum in .W stalten lung ge das u d t s würde tun? Bei einer Live-Performance in Vancouver 1978 nahm der damals 31-jährige Künstler Dalibor Martinis eine Reihe von Fragen an sein zukünftiges Ich im Jahr 2000 auf. Aus technischen Gründen sollte es bis 2010 dauern, ehe der Künstler tatsächlich die Möglichkeit hatte, sich selbst in einem kroatischen Fernsehstudio zu antworten. Seine erste Frage: „Bist du noch am Leben?“ Dalibor Martinis/1978 Talks to Dalibor Martinis/2010 Video, Farbe, 13:00 min, 2010 Zagreb, Dalibor Martinis Zeitzeuge Daniel Spoerri, Künstler In den 70er-Jahren wurden die Kunstund Kulturinstitutionen infrage gestellt. War das Centre Pompidou in Paris, 1977 eröffnet, ein anderer Typ von Museum? Daniel Spoerri: Für uns war nicht das n Frage in deeitrkapseal bist .D Z Jahren e in 20 : Welch vor: Du lege dir r Stell dir e ukünftib z Ü ! in an de hre alt e a t J u ie … e h u d du hreib s ürdest en? Sc w t h n e ic r g a 6 Fr eit203 eine „Z im Jahr ettel in Z ges Ich n e in e d twa steck hre dafür e auf und . Bewa kannst u d d ( n l“ e en) w r e v kapse s e sie ladegla nd öffn Marme el auf u s p a k it e deine Z der! 36 wie erst 20 Centre Pompidou die große Neuerung, sondern das Stedelijk Museum in Amsterdam. Dort gab es auch eine Kunstbibliothek, da konnte man sich ein Buch ausborgen und es gleich in der Cafeteria lesen. Das war alles sehr offen und ungezwungen. Wie wurde das Centre Pompidou bei seiner Eröffnung aufgenommen? Daniel Spoerri: Am Anfang ist jedes moderne Haus ein Skandal. „Was sollen diese Röhren, das schaut aus wie eine Toilette“, konnte man oft hören. 9 Vermittlungsprogramme für alle Schulstufen Die Vermittlungsangebote und Workshop-Programme für Schülerinnen und Schüler stehen unter dem Motto des gemeinsamen Gestaltens. Sie versammeln verschiedene Strategien des Mitteilens, des Erzählens sowie des Ausprobierens von alternativen Medien und kulturellen Produktionen – wie zum Beispiel einer eigenen Zeitung. Sie laden ein, Performances zu entwickeln, neue Bilder zu entwerfen, Zines und Plakate zu gestalten und Ideen für eine andere Welt zu visualisieren. Welt besetzen, Welt erfinden für Schülerinnen und Schüler von sechs bis zehn Jahren In dem Angebot „Welt besetzen, Welt erfinden“ geht es um eine lustvolle Auseinandersetzung mit Regeln und ihren Herausforderungen: Wer macht Regeln? Warum sollen wir sie befolgen? Halten sich alle immer an Regeln? Was ist, wenn nicht? Können wir auch Regeln machen? Und wenn ja, wann und wo? Die Ausstellung versammelt unterschiedliche Strategien der Selbstbestimmung, Regeln zu hinterfragen und Räume für eine andere Welt zu besetzen. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, Orte des Alltags der Schülerinnen und Schüler zu untersuchen und die Bedeutung von Regeln zu befragen. Dabei gestalten sie unterschiedliche Materialien mit neuen Ideen, Bildern und Utopien für die Zukunft. Zurück in die Zukunft für Schülerinnen und Schüler von zehn bis 14 Jahren Unter dem Titel „Zurück in die Zukunft“ stellen wir die Idee von Zukunft ins Zentrum des Vermittlungsangebots. Was alles ist Zukunft? Was ist wichtig in der Zukunft? Welche Utopien, Wünsche und Vorstellung gibt es dazu? Ist die Zukunft etwas, was man nur für sich alleine hat, oder betrifft sie alle Menschen? Dabei begeben sich die Schülerinnen und Schüler wie Zeitreisende in die Vergangenheit der 1970er-Jahre und in die Zukunft des Jahres 2070. In beiden Epochen denken Menschen über die Zukunft nach. Im Rahmen des Vermittlungsprogramms machen sich die Schülerinnen und Schüler auf die Suche nach den Utopien in der Ausstellung und stellen sie ihren eigenen Zukunftsvisionen gegenüber. Dabei entstehen alternative Zukunftsbilder, die im Vermittlungsraum der Ausstellung hinterlassen werden können. Diese bilden die Basis für die Aneignung von Do-it-yourself-Strategien für den Entwurf von Materialien für die Schule, die Straße und vieles mehr. Der Teil, den wir nehmen für Jugendliche und junge Erwachsene Um eine Auseinandersetzung mit Protestformen und Demokratisierungsansprüchen geht es bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Viele Forderungen und Lebensentwürfe der 1970er-Jahren sind weiterhin aktuell: weltweite soziale Bewegungen, solidarische Ökonomien, offene Beziehungen, radikale Museen, reale Demokratien, offene Grenzen u. v. m. Im Rahmen des Vermittlungsprogramms starten die Jugendlichen an ausgewählten Stationen in der Ausstellung eine Debatte. Im Zentrum steht auch hier die Frage nach der Bedeutung von historischen Themen für die Gegenwart. Schwerpunkte sind Strategien der Aneignung sowie die Auseinandersetzung mit alternativen Medien zur Verbreitung der eigenen Fragen, Themen und Anliegen. IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII IMPRESSUM SCHALLABURG Die 70er – Damals war Zukunft 19. März bis 6. November 2016 www.schallaburg.at / Facebook Kontakt: Ilse Leitner Leitung Besucherservice +43 (0) 2742/ 90 80 46 - 646 [email protected] Die Unterrichtsmaterialien „Mit/ohne Maulkorb“ wurden anlässlich der Ausstellung „Die 70er – Damals war Zukunft“ auf der Schallaburg herausgegeben. Herausgeber: Schallaburg Kulturbetriebsges.m.b.H Konzept und Zusammenstellung: scriptophil. die textagentur Gestaltung: Fuhrer, Wien © 2016 Schallaburg Kulturbetriebsges.m.b.H www.schallaburg.at Bildnachweis: AP/picturedesk.com Archiv der Sozialen Bewegungen, Wien María José Argüeso Lutz Backes, Nürnberg Berlin, EMMA Petja Dimitrova Dreamstime GERT EGGENBERGER/APA/picturedesk.com Eweht © Eduard Freudmann Hellgoth, Brigitte/SZ-Photo/picturedesk.com Die Hundertwasser Gemeinnützige Privatstiftung, Wien © 2015 Namida AG, Glarus, Schweiz mia.judkins Viktor Kabelka, Wien Thomas Karl, St. Pölten ©Anna Krizanits Grafik-Design Dalibor Martinis, Zagreb Manuel Miklis, Bürmoos Photo © museum moderner kunst stiftung ludwig wien Pattern Design ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com ORF-Pressebildarchiv, Wien Wolfgang Petritsch, Wien © profil, Wien Peter Robinson/PA/picturedesk.com Sammlung Ilming, Gollarn Käthe Sasso, Winzendorf-Muthmannsdorf, Foto: Andy Wenzl Schallaburg Kultur, Foto: Michael Sagmüller SCHLACHT, HENNING/Action Press/picturedesk.com Hubert Schorn, Wilhelmsburg, Foto: Michael Sagmüller Teutopress/SZ-Photo/picturedesk.com Thinkstockfottos by GettyImages Toledo i Dertschei, Wien ullstein – Röhnert/Ullstein Bild/picturedesk.com Ed Uthman © Katharina Vonow | COOP HIMMELB(L)AU „Unruhige Kugel“, 1971 Wienbibliothek im Rathaus, Plakatsammlung [P-19727], Courtesy of Universal Studios Licensing LLC Wiener Tramwaymuseum – WTM, Wien yaruta/Thinkstock Zeller Privatsammlung, Melk, Foto: Michael Sagmüller Elke Zobl / www.grassrootsfeminism.net Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Abdrucks und der Reproduktion einer Abbildung, sind vorbehalten. 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