Pflege von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz

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Pflege von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz
Pflege von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz
Pflege von Patientinnen und Patienten mit
Herzinsuffizienz
Verena Cattilaz, Pflegeexpertin MSc FHO in Pflege
Kantonsspital St.Gallen
FORUM FÜR MEDIZINISCHE FORTBILDUNG
Pflege Update – Kardiologie
12. November 2015, Technopark Zürich
Pflege von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz
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Inhaltsübersicht
∙
∙
∙
∙
∙
Anforderungen und Auswirkungen der Erkrankung an die
Patienten
Häufige Schwierigkeiten
Gezielte Selbstmanagementförderung bei Menschen mit
Herzinsuffizienz im akuten Setting
Austrittsplanung und Nachsorge
Diskussion und Fragen
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Vreni Cattilaz
Pflege von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz
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Definition Herzinsuffizienz
«Herzinsuffizienz ist ein Zustand, bei dem das Herz nicht in der
Lage ist, die peripheren Organe – in Ruhe oder Belastungausreichend mit ausreichend Blut zu versorgen». (Hess, 2003)
«Herzinsuffizienz ist ein Syndrom, das durch klinische Symptome
den objektiven Nachweis einer Verminderung der Herzleistung
definiert ist.» (Buser, et al., 2006)
Häufigste zugrundeliegende Krankheiten:
∙ Koronare Herzkrankheit
∙ Arterielle Hypertonie
∙ Kardiomyopathien, Herzklappenfehler, angeborene Herzfehler
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Symptome Herzinsuffizienz
∙ Leitsymptome sind Dyspnoe unter Belastung, Müdigkeit und
Leistungsintoleranz
∙ Klinische Zeichen der Herzinsuffizienz
∙ Lungenstauung, positiver hepatojugulärer Reflux, Ödeme
∙ Zeichen der kardialen Dysfunktion
∙ Verminderung der Auswurffraktion, Zunahme der
Kammerdimensionen
∙ Zeichen der Störung der Füllung und/oder der Auswurfleistung des
Herzens.
∙ Komplexe Diagnostik mittels Anamnese, klinischer Untersuchung
weiteren bildgebender Untersuchungsmethoden wie RöntgenThorax, EKG und Laborparameter
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Einteilung der HI in verschiedene Schweregrade
New York Heart Association (NYHA) Klasse Definition
I
Keine Beschwerden selbst bei anstrengenden Tätigkeiten
II
Leichte Limitation. Beschwerden nur bei größeren
Anstrengungen (z. B. bergauf gehen)
III
Mäßige Limitation. Beschwerden bei alltäglichen Tätigkeiten
(z. B. geradeaus gehen)
IV
Schwere Limitation. Beschwerden bei geringster
Anstrengung oder in Ruhe
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Ausgangslage Herzinsuffizienz (HI)
∙ ist mit 150 000 HI-Patienten1 die häufigste
chronische Erkrankung in der Schweiz
∙ Bedeutende Zunahme der Prävalenz und
Inzidenz prognostiziert
∙ ist der häufigste Grund einer Hospitalisierung bei
über 65-jährigen Patienten
∙ Hohe Kosten durch Hospitalisierungen und
Therapien des Krankheitsbildes
∙ Stark beeinträchtigten Lebensqualität und hohe
Mortalitätsrate
∙
(Hess, 2003; Eichler, Krass, Fendl, Thüring & Brügger, 2009)
Verena Cattilaz
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Schlechte Prognose der Herzinsuffizienz
∙ 5-Jahres-Überlebensrate: niedriger als bei vielen malignen
Tumoren
∙ 37% versterben 2 Jahre nach Diagnosestellung
∙ > 50% Mortalitätsrate nach 5 Jahren
∙ Durchschnittliche Überlebenszeit 2.4 Jahre
(Suks, 2003)
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Therapie der HI
Sehr komplexe Medikamentöse Therapie – Einnahme von
mehreren Medikamenten zu verschiedenen Zeitpunkten
∙ ACE (Angiotensin-Converting-Enzyme)-Hemmer
∙ Betarezeptoren-Blocker
∙ Aldosteron-Antagonisten
∙ Angiotensin-Rezeptorblocker
∙ Digoxin
∙ Diuretika
∙ Antikoagulantien, Thrombozytenaggregationshemmer
(Rickenbach, 2011)
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HI-Therapie
Die HI-Therapie richtet sich in erster Linie nach der
Grunderkrankung
∙ Resynchronisationstherapie
∙ Klappenersatz (z.B. TAVI)
∙ ...
∙ Ventricular Assist Devices (VAD)
∙ Herztransplantation
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Anforderungen an die Patienten
Von den Patienten werden komplexe Verhaltensänderungen und
Einhaltung von Behandlungsempfehlungen im Alltag gefordert
∙ Therapieansatz Lebensstil
∙ Eingeschränkter Salzkonsum, eingeschränkte Trinkmenge,
Nikotin- und Alkoholabstinenz
∙ Symptomkontrolle durch Patienten
∙ Gewichtskontrolle
∙ Atemnot, Leistungseinschränkung, Ödeme
∙ Einhaltung med. Therapie
∙ Mehrere Medikamente zu verschiedenen Zeitpunkten pro Tag
∙ Grippeimpfung
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Häufige Schwierigkeiten
∙ Die Herzinsuffizienz in der Bevölkerung weitgehend unbekannt
∙ Effektive Fallzahl der Patienten mit Herzinsuffizienz dürfte
aufgrund fehlender Diagnostik stark unterschätzt sein, diese
erhalten nicht die adäquate Behandlung (Obsan, 2015; Hess,
2003)
∙ Ungenügende Symptomkontrolle durch die Patienten und
dadurch zu später Kontakt mit Health Professions (Ivynian,
DiGiacome & Newton, 2015)
∙ Medikamente werden nicht gemäss Empfehlung eingenommen
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Wie häufig?
∙ Sehr unterschiedliches Ausmass an (Non-)Adhärenz bzgl.
Lebensstil aufgrund multifaktorieller Ingredienzen (Van der
Wal, Jaarsma & van Veldhuisen, 2005)
∙ Generell sind Non-Complianceraten hoch, insbesondere in den
Bereichen Medikamenteneinnahme, Diät, tägliches Wiegen,
Aktivität und Ruhe.
∙ Medikamenteneinnahme: 10% - 99%
∙ Diät und Flüssigkeitsrestriktion: 50 - 77%
∙ Tägliche Gewichtsmessung: 12-79%
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Konzept Adhärenz
• Gesundheitliche
Risiken und
diesbezügliche
Wahrnehmung
• Entscheidungsfindung, Edukation
und Arbeit mit
Zielsetzungen
• Einfluss und
Kollaboration mit
Leistungserbringern
• Selbstvertrauen in
die eigenen
Fähigkeiten
• Sozialdemographische Parameter
(Cohen, 2009; Cattilaz, 2010)
Adhärenz
• Anpassung des
Patientenverhaltens
• Beherrschung des
neuen Verhaltens
und HI-Wissen
• Fähigkeit, Ziele zu
erreichen und
persönliche
Barrieren zu
überwinden
• Genutzte und
benötigte
Unterstützung
Verbesserter
Gesundheitszustand
Lebensqualität
Hospitalisierungen
Mortalität
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Ähnliche Erkenntnisse aus einer Ostschweizer
Stichprobe (Cattilaz, 2012)
Komponenten welche die Entscheidungsfindung bezüglich des
Selbstpflegeverhaltens beeinflussen (n=24)
Personen- und umgebungsbezogene Faktoren
• Wissen, Zugang bzw. Vertrauen zu Professionellen, Krankheitsverlauf,
Gesundheitsverhalten
Gesundheitskompetenz
• Informationsbedarf, Einschätzung von Symptomen, Handeln
Ressourcen und Barrieren
• Bezugspersonen, Werte und Strukturen
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«Wie erleben Menschen mit chronischer
Herzinsuffizienz ihr Leben mit der Krankheit?
Abbildung «Einschränkungen erleben» aus Kolbe (2009)
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Was wissen wir über die Kriterien für wirksame
Herzinsuffizienzbetreuungsprogramme?
∙ Multidisziplinäre integrierte Betreuungsprogramme mit Patientenschulungen und –beratungen und mehreren Interventionen
∙ Individualisierte Angebote unter Miteinbezug der Fähigkeiten,
Einstellungen, Ressourcen und Erfahrungen der Patienten und
Berücksichtigung unterschiedlicher Edukationsmethoden
∙ Einbezug der Familie /Angehörige
∙ Lernfördernde /patientenorientierende Haltung der beteiligten
Personen gegenüber den Patienten und ihren Angehörigen
∙ Individualisierte Austrittsplanung und Regelung der
Nachsorgebetreuung
(Strömberg, 2005; Kane et al.,2015; Boyde et al., 2011; Lambrinou, 2012)
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Empfehlungen zur vernetzten Betreuung von
Patienten mit einer Herzinsuffizienz in der
Schweiz (Buser et al, 2006).
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Auszug aus den Zielen (Buser et al., 2006)
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Kernelemente der Patienten- und Angehörigenedukation bei Herzinsuffizienz am Kantonsspital St.Gallen
∙ Konzept «Edukationskonzept für Patienten mit einer
Herzinsuffizienz und ihren Angehörigen»
∙ Strukturierte und geplante Edukationseinheiten, welche sich an der
individuellen Patientensituation orientieren
∙ Klare Rollen- und Aufgabenteilung
∙ Interprofessionelle Zusammenarbeit
∙ Förderung des Selbstmanagements der Patienten
∙ Miteinbezug der Angehörigen
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Prozessdarstellung
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Zentrale Aufgaben der Pflegefachperson
∙ Umfassende Anamnese (Gespräch/Beobachtung) und Einschätzung des
Gesundheitszustandes des Patienten
∙ Pflegende benötigen dazu Wissen bzgl. Krankheitsbild / Behandlung,
Patienten- und Familienedukation und insbesondere in der Selbstmanagementförderung und ein Patientenorientiertes Pflegeverständnis
∙ Patientenschulung und -beratung speziell mit dem Fokus der
Unterstützung / Förderung des Selbstmanagements der Patienten
∙ Miteinbezug der Familie
∙ Frühzeitige, strukturierte Austrittsplanung
∙ Pflegende mit einer vertieften Pflegeausbildung (Advanced Nurse
Practitioners) können eine wichtige Rolle in der Betreuung der HIPatienten, sowohl im Akutsetting, wie auch im ambulanten Bereich
übernehmen
(Strömberg, 2005; Boyde et al., 2011; Kane et al., 2015; Hooker et al., 2015; Weydert, 2011)
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Selbstmanagement
∙ «Self-Management often means different things to different people – and
sometimes different things at different times even to the same people»
(McGowan, 2005)
∙ Das Ziel besteht darin, zur Stärkung der Patientenautonomie
beizutragen und die Erkrankten durch Kompetenz- und
Wissensvermittlung zu einem konstruktiven und aktiven Umgang mit den
vielschichtigen Herausforderungen zu befähigen, die chronische
Erkrankungen auf subjektiver Ebene aufwerfen (Haselbeck & Schaeffer, 2007)
∙ Beim Selbstmanagement geht es um persönliche Strategien und Wege
sein Leben nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten
(Haselbeck & Kickbusch, 2011)
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Selbstmanagementförderung
∙ Die Wahrung der Autonomie und die soziale Integration sind
aus Patientensicht die häufigen Alltagsziele
∙ Zur Umsetzung des Selbstmanagements ist vor allem eine
Eigenleistung des Patienten erforderlich, welche mit oder
ohne professionelle Unterstützung erfolgen kann und
vorwiegend zuhause stattfindet (Haslbeck & Schaeffer, 2007)
∙ Es gilt diejenige Unterstützung anzubieten, die es dem
Patienten ermöglicht, sein Leben mit einer oder mehreren
Krankheiten und deren physischen und emotionalen
Auswirkungen auf den Alltag möglichst selbstständig zu
bewältigen (Lorig et al., 2003)
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Konzepte in der Selbstmanagementförderung
Zusammenspiel der Konzepte zur Selbstmanagementförderung
(Müller & Cattilaz, 2014)
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Beratung als Mittel der
Selbstmanagementförderung
∙ Beratung ist ein ergebnisoffener, dialogischer Prozess
∙ Gemeinsame Suche nach individuellen und Umfeld
bezogenen Ressourcen und Entwicklungschancen
∙ Gemeinsames Erkunden von Entwicklungs- und
Lösungsschritten auf der Basis der Potenziale, Wünsche,
Werte, Erfahrungen und der Achtung der Selbstbestimmung
und Würde des Patienten
(Koch-Straube, 2006)
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Bereiche der Selbstmanagementförderung
∙ Selbstmanagementförderungsprogramme, sollten alle drei zentrale
Bereiche ansprechen.
∙ Medizinisches Management
∙ Umgang mit der veränderten Rolle
∙ Umgang mit belastenden Emotionen
∙ Training folgender Fähigkeiten und Fertigkeiten:
∙ Probleme im Alltag mit der Krankheit selbständig lösen, Zustandsverschlechterungen erkennen und Entscheidungen treffen, richtig zu
handeln, die Entwicklung neuer Verhaltensweisen durch einen
Aktionsplan erfolgreich in Handlung umsetzen können, nutzen von
Unterstützungsangeboten wie z.B. Selbsthilfegruppen (Lorig & Halsted 2003)
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Faktoren, welche sich hindernd auf die
Lernbereitschaft und –fähigkeit auswirken
∙ Funktionale, kognitive und körperliche Einschränkungen
(Sehschwäche, Vergesslichkeit, Dyspnoe oder
Schmerzen)
∙ mehrere chronische Erkrankungen
∙ Kritische Lebenssituation
∙ Psychiatrische Komorbiditäten wie Depression, Angst
∙ Fehlende soziale Unterstützung
∙ tiefes Selbstwertgefühl
∙ unwirksames Coping
(Strömberg, 2005)
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…und wie geht das in der Praxis?
Wie unterstützen Sie Menschen mit einer
Herzinsuffizienz im Erlangen eines
besseren Selbstmanagements?
Vor den Problemen
wegzulaufen gilt nicht
als Bewegungsübung
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Krankheit, Symptome, Therapie und
Zusammenhänge verstehen
∙
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∙
Erfassen von Wissensstand, Schwierigkeiten und Ressourcen
In der Anamnese die Sicht des Patienten über die Krankheit erfassen
Was wissen sie über ihre Krankheit?
Wie ist ihre Einstellung zur Krankheit und Therapie?
Unter welchen Beschwerden leiden sie?
Was bereitet Ihnen Schwierigkeiten
Wie gehen sie damit um?
Was hat ihnen geholfen?
Mögliche Massnahmen
Manchmal braucht es ein weiteres Informationsgespräch mit dem Arzt
Zeichnungen, die das Krankheitsbild verständlich darstellen
Bei Bedarf weitere Informationen zur Krankheit und Symptome mündlich und schriftlich
Förderung der Wahrnehmung von Symptomen
Förderung der Autonomie durch genaue Information über Symptome sowie Wirkungsweise und Wirkungsdauer
der Medikamente
Wo es möglich ist Selbstmedikation von Reservemedikamenten während der Hospitalisation üben. Der
Patient dokumentiert wann er das Medikament genommen hat.
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Medikamente regelmässig einnehmen
∙ Bei jeder Hospitalisation sollten die Patienten angesprochen werden, wie sie
mit der Arzneimitteleinnahme und möglicher Nebenwirkungen
zurechtkommen.
∙ Der Häufigste Grund, dass Medikamente nicht eingenommen werden, ist das
Vergessen - Arzneimitteleinnahme mit täglichen Handlungen zu verknüpfen
oder mit Erinnerungshilfen zu arbeiten.
∙ Ein akustisches Signal des Handys, Das Platzieren eines
Erinnerungsklebers am Badezimmerspiegel , Das Aufbewahren der
Arzneimittel neben der Zahnbürste oder am Frühstückstisch im
Medikamentendosierer
∙ Für Patienten ist auch wichtig zu wissen
∙ was zu tun ist wenn die Medikamente vergessen wurden, bei Erbrechen
∙ Vorgehen bei der Planung einer Reise oder Ferien (z.B. Umgang mit
Diuretika)
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Medikamente korrekt einnehmen
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∙
Schwierigkeiten der Arzneimitteleinnahme und deren Ursachen gezielt erfassen
Den Lebensstil der Patienten und deren Krankheitsbewältigung berücksichtigen
Informationsmaterial zur Verfügung stellen
Schulung/Beratung der Patienten und Angehörigen
Mögliche Gesprächspunkte
Wir wissen von anderen Betroffenen, dass die Einnahme von vielen
Medikamenten im Alltag schwierig sein kann.
Gerne möchte ich erfahren wie es Ihnen dabei geht?
Wie geht es Ihnen mit der Einnahme der Medikamente?
In welchen Situationen fällt es Ihnen leicht, in welchen Situationen fällt es Ihnen
schwer die Medikamente einzunehmen?
Wie machen Sie es zuhause, dass Sie die Medikamente nicht vergessen?
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Umgang mit Emotionen
Unsicherheit wird als sehr belastend erlebt, da der Krankheitsverlauf unberechenbar ist. - Ohnmacht
und Hilflosigkeit schränken die Handlungsfähigkeit ein (Haslbeck & Schaeffer, 2007).
Mögliche Massnahmen
∙ Angst und Ungewissheit können in der Pflegeanamnese oder während der kontinuierlichen
Informationssammlung erfasst werden indem Patienten konkret auf Angst angesprochen werden
oder z.B. mit den Fragen: Wie geht es Ihnen in dieser Situation? Was belastet Sie im Moment am
meisten? Wie fühlen Sie sich?
∙ Meistens müssen weitere Professionen beigezogen werden Psychologen, Psychiater oder
Seelsorger - Sinnfindung,
∙ Häufige Pflegediagnosen: Angst, Ungewissheit, Machtlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Bereitschaft für
ein verbessertes Coping, Defensives Coping
Umgang mit Angst bei belastenden Symptomen
∙ Erarbeiten eines Handlungsplans (Notfallplan) zusammen mit Patient und ev. Angehörigen
∙ z.B. bei Angst vor Atemnot oder Ängste vor Symptomen Vorgehen im Spital schon zu üben
∙ Zur Instruktion von Atem –und Entspannungsübungen kann die Physiotherapie beigezogen
werden.
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Erfassung / Einschätzen der Patientensituation
Verschiedene
Assessmentinstrumente
können die Einschätzung des
krankheitsspezifischen
Selbstpflegeverhaltens bei
Patienten mit HI unterstützen
(Haasenritter & Panfil, 2008)
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Wirksame Entlassungsplanung
∙ HI-Managementprogramme mit von Pflegepersonen geleiteter
frühzeitiger Entlassungsplanung zeigen ein hohes Potential zur
Verringerung von Wiedereintritten ins Spital
∙ Ein wichtige Rolle kommt dabei speziell ausgebildeter
Pflegenden zu
∙ Beratung in, vom Patienten bestimmten, krankheitsspezifischen
Themen mit Bezug zur Lebenswelt des Patienten, wie
Besprechung der Medikamente (inkl. Bereitschaft & hilfreiche
Strategien zur Einnahme, Erfahrungen mit Nebenwirkungen),
regelmässige Bewegung, Sexualität etc.
∙ Eine Nachsorgebetreuung sollte geregelt sein
(Lambrinou et al., 2012)
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Was leisten ANP`s in der Versorgung
International Schlüsselposition in
Diseasemanagementprogrammen
Sektorenübergreifende
Koordination
• Austrittsplanung, systematische
Nachsorge
• Hindernisse identifizieren und
verbessern
• Klinische Untersuchung
• Kooperation mit anderen
Gesundheitsberufen
• Sekundäre und tertiäre
Präventionsmassnamen
• Psychosoziale Betreuung
(Weyerd-Bales, 2011)
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(Hamric, Spross & Hanson, 2004)
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Dokumentation Herzinsuffizienzberatung
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Nachsorge in der Schweiz
∙ In der Schweiz übernimmt in der Regel der Hausarzt/der Kardiologe die
Koordination der Betreuung
∙ Ambulante Betreuung je nach Therapie z.B. regelmässige Kontrollen der kardialen
Resynchronisationstherapie, teilweise mit einer pflegerischer Beratung
∙ Bei Bedarf pflegerische Unterstützung/Betreuung durch Spitex und Pflegende der
Langzeitinstitutionen
∙ An mehreren Zentren werden ambulante kardiale Rehabilitationsprogramme
(multidisziplinär) angeboten
∙ Mehrere integrative Versorgungsmodelle, initiiert durch verschiedene
Krankenkassen oder Gruppenpraxen
∙ Einen hohen Anteil an informeller Pflege übernehmen jedoch pflegende
Angehörige
∙ Schweizerisches Gesundheitsobservatorium stellt im neusten Bericht (Obsan,
2015) Strategien zur Verringerung der Belastung durch chronische Krankheiten in
den Vordergrund.
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Innovative Versorgungsansätze
Internationale Studien zeigen positive Outcomes bei HI-Patienten durch
innovative Ansätze:
∙ regelmässige pflegegeleiteten Sprechstunden/Beratungen in
Ambulatorien oder Gesundheitspraxen
∙ Betreuung durch ANP`s zuhause
∙ Telefonische Beratung oder Follow-up Telefon
∙ Überwachung / Betreuung der Patienten zuhause durch die Nutzung
und das (teilweise automatisierte) Monitoring mittels neuer Technologien
∙ Koordinierte und regelmässige Betreuung durch Hausarzt und
spezifisch ausgebildeter MPA,s
(Inglis et al., 2010; Weydert, 2011; Clarc et al., 2015; Ross et al, 2015)
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Entwicklung und Evaluation einer
Pflegesprechstunde für Erwachsene mit
Herzinsuffizienz (CINACARD)
∙ Hochschule für Gesundheit Freiburg: Entwicklung einer
pflegegeleitete Sprechstunde für Menschen mit
Herzinsuffizienz in der Schweiz
∙ Rahmenkonzept: Medical Research Council Framework für
die Entwicklung und Evaluation von komplexen
Interventionen (Santos et al., 2015)
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Kernelemente der Entwicklung und
Evaluation komplexer Interventionen (Campbell et al., 2007)
Machbarkeit und
Pilotierung
Entwicklung
Evlauation
Implementierung
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Take Home Messages
Interessieren Sie sich für die Menschen mit einer
Herzinsuffizienz und die speziellen Herausforderungen
Sich über neue Erkenntnisse auf dem Laufenden halten
Sich jeden Tag überlegen, welches sind die wichtigen Ziele aus
der Patientensicht und wie kann ich den Patienten und seine
Familie unterstützen, diese zu erreichen
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Literatur (vollständige Liste bei der Autorin einsehbar)
∙
∙
∙
∙
∙
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Pflege von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz
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