Bestimmung der Abbauraten von Biogasanlagen - ETI

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Bestimmung der Abbauraten von Biogasanlagen - ETI
Bestimmung der Abbauraten von Biogasanlagen
Paul Scherer, HAW Hamburg, Forschungs- und Transferzentrum für Regenerative Energien und
Verfahrenseffizienz (FTZ REEVE), Biogas Laboratorium
http://www.haw-hamburg.de/ftz-reeve.html
Für die Stromerlöse und die Effizienz einer Biogasanlage ist die Menge sowie der Methangehalt der
kohlenstoffhaltigen Produkte eines Inputmaterials, also das Biogaspotenzial, eine fundamentale Kenngröße.
Hingegen soll das Biogaspotenzial der flüssigen und festen Gärprodukte möglichst gegen Null gehen, damit
etwaige Verluste in der Stromproduktion durch den Gärablauf vermieden werden können. Davon
unbetroffen sind die mineralischen Inhaltsstoffe der Gärabläufe, die weiterhin als Düngemittel nutzbar sind.
Bisher orientierte man sich im Wesentlichen für die Bestimmung des Biogaspotenzials an Stoffgruppenuntersuchungen und sog. Batch-Gärtests über 3-4 Wochen.
Das folgende Konzept zur Betriebsanalytik und Effizienzsteigerung geht auf das Naturgesetz zurück, dass
equimolare Gase das gleiche Normvolumen von 22,414 Normlitern/Mol aufweisen, d.h. pro 12 g Kohlenstoff
im Falle des reinen Biogases. Ferner bedient es sich der sog. Buswellgleichung (1932).
Es nutzt eine einfache Kohlenstoffanalyse des festen Inputmaterials und der Gärreststoffe, ferner eine
Kohlenstoffanalyse der flüssigen Gärprodukte über eine umfassende gaschromatographische Betriebsanalyse (GC). Damit kann objektiv und zuverlässig bestimmt werden, wo der Kohlenstoff bleibt, im Methan
oder anderswo, ferner, ob die Biogasanlage stabil läuft.
Die GC-Analyse der Flüssigphase liefert neben den Kohlenstoffdaten der Festphase für die Ermittlung des
theoretisch erzielbaren Biogaspotenzials auch gleichzeitig wichtige Parameter über die Betriebsstabilität der
Biogasanlage. Dieses Konzept wird seit geraumer Zeit an drei Großanlagen validiert, da diese von der HAW
Hamburg regelmäßig beprobt werden. Zu diesen Großanlagen zählen die NawaRo-Biogasanlagen Lanken
des Guts Wotersen (2 MW) und der ProEn GmbH in Soltau (3 MW) sowie das „Biowerk“ Hamburg (1 MW)
für überlagerte, verpackte Lebensmittel, Speisereste und Abfälle aus der Lebensmittelindustrie. Für
NawaRo-Biogasanlagen wird generell fast ausschließlich Mais bzw. Maissilage als Substrat verwendet, so
dass der ziemlich einheitliche Input durch wenige Kohlenstoffanalysen sehr leicht charakterisiert werden
kann. Dazu muss das Maismaterial lediglich getrocknet werden, danach wird es fein gemahlen, und wird
dann einer Kohlenstoffanalyse (C-H-N-O-Analyse) unterzogen.
Ergebnisse und Diskussion
Das Konzept, über eine Kohlenstoffbilanz die theoretisch mögliche Gasmenge und Gaszusammensetzung
zu berechnen und damit wiederum auf die Effizienz der Biogasanlage zu schließen, ist eigentlich ein sehr
altes Konzept und geht auf Buswell und Boruff aus dem Jahr 1932 zurück.
b c⎞
⎛a b
⎛a b c⎞
⎛
CaHbOc + ⎜ a − − ⎟ H 2O → ⎜ + − ⎟CH 4 + ⎜ − +
4 2⎠
⎝2 8
⎝ 2 8 4⎠
⎝
c⎞
⎟CO 2
4⎠
(sog. Buswell-Gleichung)
Es wurde allerdings durch die in der Abwasseranalytik häufig verwendete Größe des gelösten CSB (chemischer Sauerstoffbedarf) zurückgedrängt, die apparativ noch einfacher zu bestimmen ist. Voraussetzung
dafür ist aber, dass der Kohlenstoff gelöst vorliegt, denn es gibt weltweit noch keine standardisierte oder gar
validierte CSB-Bestimmung für Feststoffe (das Biogaslabor der HAW arbeitet hierbei an einem int.
Ringversuch mit, Leitung F. Raposo).
Bei Mais ergaben sich im Mittel etwa 43% Kohlenstoff pro Gramm Trockenmasse.
Aber selbst wenn man keine Kohlenstoffanalyse durchführt oder durchführen lässt, so kann man über eine
Faustregel, die sich auf eine Publikation von Navarro et al. aus dem Jahr 1993 stützt, behelfen. So gilt, dass
1 Gramm Kohlenstoff (Total Organic Carbon, TOC) 1,8 bis 2,2 Gramm organische Trockenmasse oder
Trockensubstanz (oTS) bedeuten, also im Mittel 2,0 Gramm, umgekehrt entsprechen 1 Gramm TS in etwa
0,5 Gramm Kohlenstoff (ca. 50%).
In den flüssigen Gärprodukten kann man ebenfalls statt mit GC oder HPLC mit einer abgewandelten Kohlenstoffanalytik direkt den TOC bestimmen, wobei man aber den gelösten, anorganischen Carbonatanteil
(TIC) gesondert bestimmen muss, der Fehler wäre sonst für die Summe TC zu groß. Eine zuvorige
Trocknung der gelösten Stoffe geht nicht ohne weiteres, da viele gelöste Gärprodukte leicht flüchtig sind.
Über die GC-Analyse konnte über die regelmäßigen Betriebsanalysen bei den flüssigen Gärprodukten von
1
NaWaRo-Biogasanlagen ein Anteil von Fettsäuren zu Alkoholen im Verhältnis von 60 zu 40 ermittelt
werden. Insbesondere die Alkohole sind leicht flüchtig und entgehen daher leicht den Berechnungen zum
Gasbildungspotential, womit diese dann bezogen auf oTS zu hoch werden.
Bei sehr organikreichen, hochprozentigen Feststoffen, wie beispielsweise den NawaRos, braucht man nicht
unbedingt auf den anorganischen, gelösten Kohlenstoff in Form von CO2 oder von Carbonaten Rücksicht zu
nehmen, wenn man den Feststoff abgetrennt hat. Der TOC wird zum TC, Total Carbon. Damit vereinfacht
sich die Bilanzierung. So kann man rein rechnerisch sehr genau die Menge Gas ausrechnen, die 1 Gramm
Kohlenstoff erzeugen kann. 1 kg Kohlenstoff als Ausgangsmaterial ergibt rechnerisch 1,81 Normkubikmeter
Biogas, was wiederum auf dem chemischen Gesetz des konstanten Molvolumens von Gasen basiert (1 Mol
Kohlenstoff = 12 Gramm = 22,4136 Liter bei 0°C = Molvolumen).
Abb. 1:
Anaerobe Nahrungskette zeigt den Kohlenstoffpfad, vereinfachtes Schema, nach Aivasidis
u. Wandrey (1985).
Der Wert 1,81 NL / g C ist eigentlich theoretisch 3% größer (vgl. auch VDI Richtlinie 4630 zur Vergärung
organischer Stoffe, 2005), wurde daher bereits um 3% nach unten korrigiert, da ein Teil des Kohlenstoffs
während dem Gärvorgang in neu gebildete, bakterielle Biomasse übergeht und dann dem Biogas nicht
mehr zur Verfügung steht, siehe Abb. 1. Dies wurde bei dem Faktor 1,81 NL / g C eingerechnet.
Bei allerdings 10% C-Verlust durch die Biomassebildung von Bakterien könnten z.B. aus 1kg SubstratKohlenstoff nur 1,692 Norm m³ Biogas entstehen (vgl. VDI Richtlinie 4630 zur Vergärung organischer
Stoffe, 2005), -egal ob das Biogas viel oder wenig Methan enthält.
In einer Arbeit zur Biomasseabtrennung kommen AIVASIDIS und WANDREY zu einem empirischen
Anstieg der bakteriellen Biomasse von 1-5 % bei der anaeroben Abwasserreinigung (Avaisidis und
Wandrey, 1985). Pavlostathis und Giraldo-Gomez (1991) zitieren Arbeiten für einzelne bakterielle Gruppen,
die z.B. für Acetat 3,2% und für H2/CO2 als Substrat 3,0% Biomasseeinbau pro Gramm konsumiertem CSB
annehmen, während für Kohlenhydrate Werte von 15% pro Gramm CSB angenommen wurden (15% CSB
entsprechen etwa 7,5% oTS, Navarro et al. 1993). Bezieht man die bakterielle Biomasseneubildung auf ein
Substrat mit 40% Kohlenstoff, ergäbe sich bezogen auf die Kohlenstoffbilanz ein Wert von 3,0%. Da eigene,
experimentelle Untersuchungen in Weihenstephan/Fs. bei der Vergärung von Biertreber, der ebenfalls zu
den NawaRo zählt, in etwa 3% Biomasseneubildung erbrachten, kann man mit einem Wert von 3,0 %
rechnen (evtl. bei sehr energiereichen, ölhaltigen Substraten mit einem höheren Wert). Mit diesem
Korrekturfaktor wurden dementsprechend die von uns beobachteten Vergärungsraten von Rübensilage
nicht größer als 95%, was im theoretisch möglichen Rahmen liegt (Scherer et al. 2003, Scherer 2006).
100% Abbau wären etwa 0.75 l Biogas/g oTS.
2
CSB-Wert als Grundlage der Berechnung von Biogaserträgen?
350 ml Methan sollen dem vollständigen Abbau von 1g CSB („chemischer Sauerstoff Bedarf“, indirekte
Kenngröße, Reinhold 2004) entsprechen, in der Praxis sollen es 320ml sein. Diese Vorgehensweise, den
CSB als Grundlage zur Berechnung von Gaserträgen heran zu ziehen, geht auf den 2. Arbeitsbericht der
ATV-Arbeitsgruppe 7.5 von 1993 zurück. Dort wurde die obligatorische Methanmengen- bzw. Biogasmessung favorisiert, um bei Abwasser auf den zugrunde liegenden CSB-Wert zurück zu schließen. Es wurde
nicht im Umkehrschluss der CSB verwendet, um eine Biogasproduktion oder Methanbildung damit vorher
zu sagen (siehe ATV-DWA-Bericht der Gruppe 7.5, 1993). Der gelöste CSB ist allerdings zur Charakterisierung des Gärverlaufes geeignet, insbesondere wenn gelöste Kohlenstoffverbindungen wie Fettsäuren
und Alkohole vorliegen, nicht jedoch zur rechnerischen, absoluten Gasausbeutebestimmung von festen
Substraten. Hierfür ist die direkte Kohlenstoffbestimmung die exaktere.
Beispiel für eine Effizienzanalyse über Kohlenstoffbilanzierungen bei Mais
Nehmen wir den Fall einer Anlage mit 200 Normkubikmetern Biogasproduktion aus einer Tonne Frischmaissilage. Dann kann man bei einer Effizienzkalkulation dieser Gasproduktion aufgrund vorangegangener
Analysen mit einem Trockengewichtsanteil des Mais von etwa 32-34% rechnen (sorten- und vor allem
ernteabhängig) und man prognostiziert aufgrund realer Analysen einen mittleren Kohlenstoffgehalt von
43%. Damit stehen bei 1 Tonne Erntefrischmasse 150,5 kg Kohlenstoff zur Konvertierung in Biogas zur
Verfügung. (Weiterhin können bis zu 15% Silageverluste durch Regenwasserauswaschung und Milchsäuregärung je nachdem zusätzlich spekuliert werden, wenn es an Abdeckungen oder Sickerwasserrückführung
fehlt.) Daraus ergibt sich ohne etwaige C-Verluste gerechnet und unter Annahme der obigen
Abschlagsrechnung von 1,81 Norm m³ ein theoretisches Biogaspotenzial von 272,4 m³ Biogas pro Tonne
Erntefrischmasse. Damit läge die Ausbeute einer solchen Biogasanlage mit 200 m³ Biogas/ Tonne Frischmaissilage bei 73,4%, was bei dem momentanen Stand der Technik als guter Wert betrachtet werden kann.
Die gelegentlich berichtete Biogasausbeute von 230 m³ pro Tonne Frischmais ergäbe einen Effizienzgrad
von 84,4%. (vereinzelt werden sogar Gaserträge von 270 Norm m³ /Tonne Frischmaissilage berichtet,
Anlage Rugen in Breddorf bei Rotenburg, 135 Tage Verweilzeit inkl. Nachgärer, über 3 Jahre ohne Gülle).
Realistisch erscheint aber bei Mais als Maximum ein Gasertrag von 240 Norm m³ /Tonne Frischmaissilage,
- wenn keine Limitierung durch Spurenelemente vorliegt. Dies als Beispiel, wie einfach sich der Abbaugrad
und damit die Effizienz einer Biogasanlage wertneutral überprüfen lässt. Solche Rechnungen setzen
natürlich voraus, dass beachtenswerte Konzentrationen von nicht abgebauten flüssigen Gärprodukten oder
offensichtlich unverdauten TS-Bestandteilen im sog. Nachgärer oder Endlager nicht gefunden werden
(Anlage Rugen mit nur ca. 0,17% Kohlenstoff im Nachgärer).
Analyse von Fettsäuren und Alkoholen
Bei der Betrachtung der Effizienz wird das Augenmerk noch zu wenig auf das Problem gerichtet, dass
gelöste sowie feste Kohlenstoffverbindungen aus den flüssigen Gärprodukten ausgetragen werden können,
ohne dass man sie zur Biogasbildung und damit zur Stromproduktion nutzt. Insbesondere bei lediglich
einstufigen Anlagen mit einem Gärnachbehälter als Endlager können die Kohlenstoff- und damit Energieverluste erheblich sein, - abgesehen von den ökologischen Konsequenzen unkontrolliert entstehender
Treibhausgase in Form von Methan- und Lachgas. Schon von daher gebietet sich eine regelmäßige
Überwachung einer Biogasanlage durch Betriebsanalytik.
Im Rahmen der Betriebsanalysen an der HAW wurde jeweils der Fettsäurespiegel der Reaktorflüssigkeit als
auch der Alkohol- und der Milchsäuregehalt bestimmt, letzterer enzymatisch. Bei kommunalen Faultürmen
mit Verweilzeiten von 21-30 Tagen und stabilem Betriebsverhalten liegt der Gehalt an den kurzkettigen
Fettsäuren von C2 bis C6 bei < = 500 ppm (DWA-Regelwerk, Merkblatt M 380 zur Co-Vergärung,Gelbdruck
2008). Unter diesen Fettsäuren verbirgt sich im wesentlichen die Essigsäure und die Propionsäure, teils die
Buttersäure und die Valeriansäure, wobei insbesondere das Verhältnis von Essigsäure zur Propionsäure
eine Aussage über die Stabilität und den Zustand der Anlage geben kann, wie immer wieder Fachliteratur
der letzten 30 Jahre demonstriert (Scherer 1989, Ahring et al. 1995). Bei den HAW-Analysen, insbesondere
bei sog. NawaRo-Trockenvergärungen, wurden sehr hohe Gehalte dieser gelösten Gärprodukte festgestellt,
die häufig umgerechnet mehrere tausend ppm Kohlenstoff im Abfluss betrugen (nach Dosierung von
Spurenelementen sanken Gehalte von ehemals 5000-8000 ppm Fettsäuren dauerhaft auf unter 500 ppm),
siehe Abb. 2. Trotzdem liefen diese Biogasanlagen sehr gut. Eigene Laborfermentationen bestätigen das
Bild, dass solche Fettsäuregehalte nicht stören. In erster Linie ist der pH-Wert wichtig, der nicht unter 7,3
liegen sollte. Dafür ist wiederum die Pufferkapzität bzw. „Alkalinität“ oder auch „Kalkreserve“ der
Reaktorflüssigkeit die Basis, die beispielsweise durch Güllezusatz bei Getreide und Mais, ferner durch
stickstoffhaltige Substrate wie Grassilage oder Roggenganzpflanzensilage (Roggen-GPS) gegeben ist.
3
10
Volatile Fatty Acids
[1000 ppm]
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Total VFA (GC)
7 55
7 34
7 06
6 92
6 64
6 50
6 29
6 15
6 01
5 52
5 31
5 04
4 90
4 68
4 54
4 40
4 26
4 12
3 98
0
[d]
Total VFA (Cuvette Test)
Abb.2: Gezeigt ist der Vergleich der Bestimmung der freien organischen Fettsäuren (FOS = VFA)
über die direkte Methode der Gaschromatographie (inkl. der Alkohole) und eines kommerziell
verfügbaren Küvettentests zur Bestimmung von Carbonsäuren (ohne Alkoholerfassung).
Es ist eine gute Parallelität zu erkennen. Der 1800 m³ Biogasreaktor bildete die 1. Stufe einer
stabilen Mono-Mais-Trockenvergärung mit einer Beladungsrate von etwa 3,5 kg oTS/ m³ und Tag.
Später wurden Spurenelemente zugegeben und die Beladungsrate auf dauerhaft über 7 kg oTS/ m³
und Tag gelegt, wobei pro Tonne Maissilage ca. 230 m³ Biogas erzielt wurden. Trotzdem sanken
die VFA + Alkoholwerte auf dramatische Weise dauerhaft auf unter 500 ppm (Teil einer
regelmäßigen Betriebsanalytik des Biogaslaboratoriums der HAW Hamburg, FTZ REEVE).
Um den Verlust an der Stromproduktion durch zu hohe Konzentrationen von gelösten Gärprodukten zu
demonstrieren und plausibel zu machen, wird Tabelle 1 gezeigt. Bei dieser Tabelle wurde zugrunde gelegt,
dass das Fettsäuren- zu Alkoholverhältnis bei 60 zu 40 liegt, wobei bei diesem Gemisch grob empirisch 500
ppm Kohlenstoff etwa 1000 ppm gelösten Gärprodukten, also 50% entsprechen. Damit ergibt sich ein
Biogaspotenzial nach der obigen Rechnung von 0,905 Normlitern pro 1000 ppm gelöste Gärprodukte.
Tab. 1: Beispiel für entgangenen jährlichen Stromgewinn einer Biogasanlage, über die
Fermentationsanalytik. Fettsäure- und Alkohol-Werte mit Umrechnung in Kohlenstoffgehalt sowie der
Formel 1 kg C = 1,81 Norm-m³ (100% Abbau, der bei gelösten Substraten angenommen werden kann, sowie
Biomassekorrekturfaktor 3%, s. Text). Im Mittel entsprechen 1000 ppm Fettsäuren/Alkohole (60:40) etwa 500
ppm Kohlenstoff (480-520 ppm). Der Methangehalt der Mais-NawaRo-Anlage wurde mit 53,5% gerechnet
(teilweise bei Monoinput Mais nur 52,5 %) Aus stud. Projektarbeit Kirstin Fricke/ Daniel Kreutzer). Man nimmt
bereits 15-20% Monoinput NawaRo-Anlagen an (Weiland 2007).
500
[ppm]
1000
[ppm]
2000
[ppm]
3000
[ppm]
4000
[ppm]
5000
[ppm]
570€
1140€
2280€
3420€
4560€
5700€
1000 (ca. 22 Tonnen/Tag)
1140 €
2280€
4560€
6840€
9120€
11400€
2000 (ca. 44 Tonnen/Tag)
2280€
4560€
9120 €
13680€
18240 €
22800 €
3000 (ca. 66 Tonnen/Tag)
3420€
6840€
11400€
17100€
22800€
34200€
4000 (ca. 88 Tonnen/Tag)
4560€
9120€
18240€
27360€
36480€
45600€
Fettsäuren (VFA C2-C6)
und Alkohole [ppm]
Reaktorvolumen [m³] des beschickten Reaktors
500
(ca. 11 Tonnen/Tag)
In der Tabelle 1 wurde mit einer Verweilzeit von 50 Tagen gerechnet, wobei 10% des Inputmaterials als
Wasserdampfverlust über den Gasaustrag zu berücksichtigen sind (Wert ist TS-abhängig und ergibt sich
auch aus der Buswellformel, s. Text), wodurch sich wiederum die Verweilzeit im Reaktor etwas verlängert.
Die Verweilzeit wird aber auch noch durch die gängige Praxis der Kreislaufführung von Prozesswasser
erhöht. Für die Effizienzberechnungen wurde ferner eine Vergütung von 17,9 Cent pro kWh mit einem
Wirkungsgrad des BHKW von 40% zugrunde gelegt.
4
Bei einem 2000 m³ großem Gärbehälter und 3000 ppm an Fettsäuren und Alkoholen im Ausfluß des
Reaktors ergeben sich über die verpasste Nutzung zur Stromproduktion Verluste von 13.680.- Euro pro
Jahr und Anlage, - nicht unrealistisch im Rahmen einer 500 kW-Anlage. Bei 1000 ppm sind diese Verluste
immer noch 4560.- Euro pro Jahr und Anlage.
Die elektrischen Stromverluste durch feste, suspendierte Kohlenstoffmasse, die nicht in Biogas
umgewandelt wurde, sind meist um ein vielfaches höher. Durch eine Nachgärung oder ein Endlager wird
i.d.R. nicht mehr als durchschnittlich 5-10% zusätzlich an TS oder Kohlenstoff in dieser zweiten Stufe
abgebaut. Liegen die TS-Gehalte im Methanreaktor bei 5-11%, so müssen die TS-Gehalte im Endlager
daher bei 4-10% liegen, d.h. die Kohlenstoffgehalte bei 2-5% (teilweise etwas geringere Messwerte
aufgrund der Durchmischungsproblematik). Damit lägen die Stromverluste durch TS-Austrag über das
„Endlager“ bzw. den Nachgärer im Bereich von 20.000.- -45.000.- Euro/a für eine 500 kW-Biogasanlage!
Vielfach wird aber diese Bilanzierung durch partielle Kreislaufführung der Gärflüssigkeit erschwert, die aus
biologischer Sicht sinnvoll ist und die die Pufferung und Kontaktzeit für die Geschwindigkeit bestimmende,
biologische Hydrolyse einer Vergärung erhöht.
Teilweise liegt es am Substrat bzw. am Mais selbst, der nach Amon (2004) zwischen 5-25% unverdauliches
Lignin enthält. Aus energetischer Sicht wäre daher Mais mit geringem Lignocellulosegehalt und damit
geringer Wuchshöhe günstiger, z.B. „Stay Green-Sorten“, um nicht von vornherein vorzugsweise NawaRos
einzusetzen, die per se praktisch kein Lignin enthalten, wie z.B. Futterrüben. Insgesamt soll aber der Ertrag
und damit der leicht abbaubare Kohlenstoffgehalt solcher „Energiepflanzen“ hoch liegen.
Beispiel für eine Effizienzanalyse über Kohlenstoffbilanzierungen bei Rübensilage
Einjährige Gehaltsrüben oder Rübensilagen enthalten praktisch kein Lignin (ca. 0,5%). Im kontinuierlichen
Fermenterbetrieb (über Fuzzy Logic geregelt) können daher theoretisch mehr als 95% des Kohlenstoffinputs in Biogas umgewandelt werden (Scherer et al. 2003, Scherer und Lehmann 2004, Scherer
2006). Bei solch kohlenhydratlastigen Subtraten mit geringer Pufferkapazität und ohne Gülle (weniger z.B.
bei Gras- oder Roggenganzpflanzensilage mit hoher Ammoniumpufferung) ist eine auf pH-Wert und andere
Messgrößen gestützte Regelung mit vollautomatischer Beschickung äußerst wertvoll, ohne die maximale
Gaserträge nicht bestimmbar sind.
Aber auch bereits mit einem Batch-Gärtest, wo geringere Konversionsraten i.d.R. zu beobachten sind, kann
man die Wirkungskraft einer Kohlenstoffbilanzierung demonstrieren. In Abb. 2a/b ist das Ergebnis eines
solchen Batch Gärtests dargestellt („Bergedorfer Gärtest“ mit Milligascounter zur Gasmengenmessung, VDI
4630, Bezug über www.ritter.de oder www.bluesens.de).
Wichtig ist bei einem solchen Substrat die genügende Pufferung, da die verwendete Zuckerrübe nur etwa
2000-4000 ppm an CaCO3-Equivalenten bei der Fermentation ergibt (Gülle allein kann 21.000 CaCO3Equivalente ergeben). Speece (1996) hält mind. 6000 ppm notwendig. Raposo et al. (2006) pufferten daher
ihre Gärtests mit Mais durch Zugabe von NaHCO3 auf 9.100 ppm CaCO3-Equivalente. Im Folgenden
wurden 40 mM NaHCO3 verwendet, Abb. 3. Wer diese Grundregeln nicht beachtet, erhält zu geringe
Gaserträge, meist ohne eine Andeutung in der Gasbildungskurve!
Blank, without substrate SB (Sugar Beet)
Sugarbeet Assay 1
Sugarbeet Assy 2
Test sample with SB, blank already substracted
Sugarbeet Assay 3
Blank
3534 ml
5000
4000
2500
2000
1500
1000
Gas Yield [mlSTP]
3000
Degr. 93 %
Gas Yield [mlSTP]
3500
489 ml
500
0
Blank without SB
4000
3000
2000
1000
0
Assay with SB,
blank already
substracted
0
2
6
9
[Days]
13
16
20
Abb. 3: Gezeigt ist die Bildung von Biogas aus 20g Feuchtmasse Zuckerrübenmus in einem 0,5 Liter
Gärtestansatz, links als Abbaurate in % der theoretisch maximal möglichen Gasausbeute ohne
Testsubstrat), unter Berücksichtigung von lediglich 3% mikrobieller Biomasseneubildung und unter
Abzug des Leerwertes (Blank). Rechts in kinetischer Darstellung über die Zeit mit Angabe in
Normmilliliter (LSTP) und Darstellung des zugehörigen Leerwertes.
5
Man sieht in Abb. 3, dass mind. 93% Abbau möglich waren, und dies fast schon nach 9 Tagen „Verweilzeit“
und einmaliger Beladung von 40 kg Feuchtmasse pro m³. Beimpft wurde mit 300 ml aus einem über 5 Jahre
kontinuierlich betriebenem Gärreaktor (nur 1% oTS, da keinerlei Gülle!), gepuffert wurde mit 40 mM
NaHCO3 auf pH 7,2, entsprechend 2000 ppm CaCO3-Equivalente (vgl. Raposo et al. 2006). Der
eingebrachte Input (geringfügig siliert) enthielt 23,23% Trockensubstanz TS, dazu noch 0,840% gelöste,
organische Kohlenstoffe (Fettsäuren und Alkohole, über GC ermittelt und diese in % Kohlenstoff
umgerechnet). Das entspricht bei 41,70% Kohlenstoffgehalt der TS-Masse 1,93 g Kohlenstoff-fest plus
0,168 g Kohlenstoff-flüssig, also in summa 2,098 g Kohlenstoff pro Testansatz. Daraus ergibt sich unter
Annahme der obigen Abschlagsrechnung von 1,81 Normliter pro 1 g Kohlenstoff (gerechnet mit lediglich 3%
Einbau in die bakterielle Biomasse) ein theoretisches Biogaspotenzial von 3,797 Normliter Biogas für die 20
g Frischmasse im Testansatz. Die gemessenen 3,534 Normliter Biogas (nach Abzug des Leerwertes)
entsprechen daher mind. 93% Abbau, Abb. 3.
Empfehlungen für Analysen zur Effizienz und zur Betriebsstabilität
Tab. 2: (Scherer 2007) gibt eine Übersicht über die an der HAW Hamburg (Bergedorf) selektierten
Parameter zur Effizienzanalyse und zur Betriebsstabilität von Biogas-Großanlagen. Siehe
auch die Publikation von Iza (2007).
Analytische Parameter
(besonders wichtig, s. Punkt)
Biogasmenge pro Tag
Methangehalt im Biogas
Schwefelwasserstoff im Biogas
Laborseitig
pH-Wert
● (wöchentlich)
normal ≥ 6,8 – 7,8
●
(alle 3 Wochen)
● (wöchentlich)
(mind. 6000 mg CaCO3/l, besser ≥
8000 mg CaCO3/l)
-
Leitfähigkeit (indirekt Salzgehalt)
Pufferkapazität (PK, „Alkalinität, „TAC“)
Zur künstlichen Anhebung verwendet man CaO
(Branntkalk, stark ätzend).***Zur Feineinstellung
(Barber 1978)
besser Soda (Na2CO3), NaHCO3
oder (NH4)2CO3 bzw. Gülle.
Kurzkettige Fettsäuren (Flüchtige Organische
Fettsäuren „FOS“) oder Essigsäureequivalente über
Wasser-dampfdestillation,
ferner
Alkohole
(potentielle „FOS“), am exaktesten bestimmt über
GC oder HPLC.
Quotient „FOS“gesamt: Pufferkapzität
Milchsäure (enzymatisch, meist nur im Substrat,
z.B. Silage)
TS-Gehalt (Trockensubstanz)
Kohlenstoffgehalt, in der festen und flüssigen
Phase
Ammonium und Phosphat
Verhältnis
methanbildender
Bakterien
Gesamtbakterien (digitale Bildanalyse)
Anlagenseitig
zu
Bakterielle hydrolytische Aktivität und Nährstoffmangel
FISH** Gensondentest
● (wöchentlich)
(Der Wert sollte aus Umweltgründen
bei ≤ 3000 ppm liegen, Als sicher gilt
bei NawaRo ≤ 1500 ppm)
● ≤ 0,5 (wöchentlich), nicht über 1
● (gelegentlich)
● 5-11% (alle 3 Wochen)
Substrate und Gärprodukte, bezogen
auf TS (s. Text)
NH4 max. 3000-4000 ppm (alle 3
Wochen)
Optionell, in besonderen Fällen.
Methanbildner ≥ 5%, Labor HAW,
Bergedorf
Bergedorfer Gärtest (VDI 4630)
Optionell statt Bildanalyse,
HAW, Bergedorf
● (täglich)
● (täglich)
● (nur bei Gülle und
viel
Eiweiss
im
Substrat)
X (täglich)
-
Für orig. FOS/TAC
Bestimmung
siehe
Nordmann
(1977)
oder
Rieger
&
Weiland (2006).
Gerardi (2003)
-
Labor
*** Branntkalk ist im Allgemeinen nur in gelöster Form wirksam, nicht als ausgefällter Kalk („Kreide“), bei 25°C lösen
sich nur 8,7 kg CaCO3 in 1000 m³ Wasser. TAC („Totale Alkalinität“ bzw. „totales anorganisches Carbonat“) beinhaltet
die Bicarbonat (HCO3) –Pufferkapazität und die VFA-Alkalinität bzw. „FOS“ (flüchtige organische Säuren)
Es können zwei wesentliche Anwendungen für Großanlagen differenziert werden:
1. Kovergärungen mit Gülle, also per se hoher Pufferkapazität (über 10.000 mg CaCO3/L), sowie
6
2. Gärungen mit Reaktormaterial zum Impfen und mit Monoinputmaterialien, z.B. sehr saurer Rüben- oder
Getreidesilage (pH Wert i.d.R. unter 4), d.h. mit geringer Pufferkapazität unter 4000 mg CaCO3/L .
Bei der zweiten Variante, ferner bei Anlagen mit wechselnden Abfällen und bei Anlagen in Richtung
Hochdurchsatzvergärung gehenden Verweilzeiten von ≤ 25 Tagen ist das wöchentliche Fettsäuremuster
(noch besser in Kombination mit den Alkoholen), nebst pH-Wert und Pufferkapazität „ein Muss“.
Literatur
Ahring B.K., Sandberg, M., Angelidaki, I. (1995) Volatile fatty-acids as indicators of process im balance in
anaerobic digesters. Appl. Microbiol. Biotechnol. 43: 559-565.
Avaisidis A., Wandrey, C. (1985) Biomasseabtrennung in der anaeroben Awasserreinigung. gwfwasser/Abwasser 126 (Heft 2): 56-65.
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Abwasserbehandlung. Korrespondenz Abwasser 40(2): 217-223.
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