Praktikum in Pune - bayerisch

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Praktikum in Pune - bayerisch
Erfahrungsbericht über mein Praktikum in Indien
Von April bis August 2012 habe ich ein studentisches Praktikum bei Maier + Vidorno Market
Development Services Pvt. Ltd. absolviert. Das Unternehmen befindet sich in Pune im
Bundesstaat Maharashtra und ist im Bereich Unternehmensberatung tätig.
Um zu verstehen warum ich mich für das
Land Indien entschieden habe muss ich
etwas weiter ausholen. Während meines
Studiums
des
Internationalen
Managements an der Hochschule
Deggendorf
(HDU)
musste
ich
verpflichtend ein Semester an einer
ausländischen Hochschule verbringen.
Zum damaligen Zeitpunkt war es für
mich wichtig ein Land mit Perspektive zu
wählen. Perspektive in der Hinsicht als
dass es sich um ein Land mit
Entwicklungspotential handeln sollte. Da ich ein Mensch bin der gerne Verbesserungen
anregt und implementiert, war es für mich ein logischer Schritt in ein Land zu gehen welches
in diesem Sektor noch viel Aufholbedarf hat. Des Weiteren waren mir auch ein gewisser
„Kick“ und ein hoher Grad an persönlicher Herausforderung bei der Wahl des Landes
wichtig. Da ich nach meinem „Work and Travel“ Jahr in Australien bereits als Backpacker in
Südostasien unterwegs war, wusste ich bereits das viele meiner Kriterien in diesem
geographischen Gebiet erfüllt werden würden. Weiterhin hatte ich auch etwas Glück und es
stellte sich heraus dass eine Professorin an der HDU Deggendorf bereits Arbeitserfahrung in
Indien gesammelt hatte. Durch die dort geknüpften Kontakte konnte Sie mich an eine der
besten Universitäten im ganzen Land vermitteln; ans Indian Institute of Technology Madras
(IITM) in Chennai im Bundesstaat Tamil Nadu. Dort habe ich also zusammen mit einem
Kommilitonen mein Auslandssemester verbracht. Zusammenfassend kann man die Zeit dort
als härteste meines Lebens bezeichnen. Durchgehend 45 Grad, das Leben in einer acht
Quadratmeter „Zelle“ ohne Klimaanlage, durchschnittlich 3 Stunden Schlaf pro Nacht,
extreme Arbeitsbelastung von täglich 14 bis 16 Stunden und eintöniges Essen haben seine
Spuren hinterlassen. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland hatte ich 12 Kilogramm
abgenommen und es dauerte ca. ein Jahr bis ich innerlichen Frieden mit Indien geschlossen
hatte. Bezüglich dieser Erfahrung bin ich / waren wir auch kein Einzelfall. Nahezu jeder der
dort unten studiert hat berichtet von den gleichen Erlebnissen und Gefühlen. Viele brechen
ihren Aufenthalt dort auch frühzeitig ab oder werden krank. Nach dieser anfänglichen Zeit in
welcher ich „nichts mehr von Indien wissen wollte“, fängt man jedoch an festzustellen wie
man sich durch die Erlebnisse, Erfahrungen und auch das „Leiden“ dort persönlich extrem
weiterentwickelt hat. Die Kontraste die man in diesem Land beobachten kann helfen einem
ungeheuer den eigenen Horizont zu erweitern. Neue Shoppingmalls, die neusten deutschen
Fahrzeugfabrikate und IT-Millionäre auf der einen Seite und extreme Verschmutzung und
enorme Armut mit vielen Obdachlosen auf der anderen Seite. Dies sind auch Faktoren die
einen die kleinen Dinge im Leben wieder schätzen lassen (und seien es nur die sauberen
Straßen, die frische Luft oder das Sozialsystem in Deutschland). Man geht dort selbst an
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seine körperlichen und geistigen Grenzen was im Nachhinein eine enorme Bereicherung
darstellt. Über die genauen Effekte der Aufenthalte in Indien werde ich später noch
berichten. Dies war im Endeffekt auch einer der Hauptgründe warum ich mich für einen
erneuten Aufenthalt in Indien entschieden habe. Auch kann ich nicht verleugnen dass mich
die Herausforderung, mich diesen widrigen äußeren Umständen erneut zu stellen, gereizt
hat. Nachdem ich mein Praktikum bei PricewaterhouseCoopers AG in München absolviert
hatte, war es für mich auch interessant die Unternehmensberatungs-Perspektive in einer
indischen Version kennenzulernen.
Die Praktikumssuche in Indien gestaltete sich zugegeben sehr schwierig. Mein großes
Problem war dass ich relativ kurzfristig und spontan eine Praktikumsstelle gesucht habe. Das
heißt ich wollte innerhalb der nächsten 2 – 4 Wochen starten. Aufgrund der Kurzfristigkeit
der Suche waren meine einzigen Kriterien: Indien, Unternehmensberatung. Da ich über
Indienerfahrung verfüge, hatte ich auch immer im Hinterkopf ein Praktikum in einer
indischen Stadt zu finden welche ich noch nicht besucht hatte. Über alle möglichen
Jobsuchmaschinen habe ich tagtäglich nach Inseraten für Praktika in Indien gesucht. Auch
indische Jobsuchmaschinen habe ich bemüht. In der Regel kann man sich hier die Mühe
allerdings sparen da die meisten indischen Unternehmen die auf diesen Plattformen werben
keine ausländischen Praktikanten nehmen. Generell war auch die Ausbeute auf den
deutschen Jobportalen eher schlecht. Alle ausgeschriebenen Stellen begannen frühestens in
4 bis 6 Monaten. Es empfiehlt sich daher sehr zeitig vor dem geplanten Starttermin mit der
Suche zu beginnen. Zu spezifischen Jobportalen die besonders geeignet sind für die
Praktikumssuche in Indien kann ich keine Angaben machen da alle gefundenen Angebote auf
viele verschiedene Portale verteilt waren. Der geschickte Umgang mit Google ist hier die
beste Hilfestellung. Generell kann man jedoch sagen dass die Meisten deutschen
Großunternehmen (DAX-Unternehmen) wie EADS, Audi, Porsche, BMW etc. meiner
Erfahrung nach keine Praktika in Indien (bzw. im Ausland generell) ausschreiben. Diese
werden überwiegend intern an Studenten vergeben welche schon erste Praktika im Inland
bei der jeweiligen Firma absolviert haben. Falls man noch kein solches Inlandspraktikum
gemacht hat, kann man sich die Arbeit sparen und sollte sich auf mittelständische
Unternehmen konzentrieren. Da mir, in meiner speziellen Situation, die Zeit davon lief
begann ich nun Initiativbewerbungen zu verfassen. Darauf erhielt ich viele Absagen, genau
mit der Begründung dass insbesondere ein Aufenthalt in Indien eine längere Vorlaufzeit zur
Organisation benötigt. Ist man sich nun bewusst, dass nun zusätzlich die organisatorischen
und bürokratischen Abläufe in Indien generell sehr langsam sind, war mein Vorhaben schon
kurz vorm Scheitern. Jedoch lies ich mich von Absage nach Absage nicht entmutigen und
versuchte mein Glück weiter. Auch eine Einstellung die ich nach meinem ersten
Indienaufenthalt erworben habe. Letztendlich bekam ich Rückmeldung von einem deutschen
Expat der bei einer deutschen Unternehmensberatung in Pune arbeitet. Er wurde vor
kurzem mit dem Aufbau einer Business Development Abteilung betraut und konnte dort gut
Unterstützung gebrauchen. Nach einem angenehmen Telefonat gab er mir die Zusage für
einen sofortigen respektive schnellstmöglichen Praktikumsbeginn. Wir einigten uns auf
einen (zugegebenen optimistischen Puffer) von zwei Wochen bis zur Anreise. Noch am
selben Tag buchte ich meinen Flug über STA-Travel (mit Studentenrabatt). Es sollte mit
Turkish Airways von München über Istanbul nach Mumbai gehen. Von dort, versprach mir
mein Betreuer, werde ich dann abgeholt und ins ca. 100 km entfernte Pune gebracht.
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Innerhalb von 2 Tagen hatte mir Maier + Vidorno dann auch alle nötigen Unterlagen sowohl
per Scan als auch per DHL Express aus Indien zugesandt. Mit diesen Einladungsunterlagen
(dort steht z.B. drin dass der Eingeladene über besondere Fähigkeiten verfügt welche so von
einem indischen Studenten nicht erbracht werden können) ging ich dann zur VisaAusgabestelle. Hier muss man Wissen dass der Indische Staat diesen Prozess an die Firma
„Cox and Kings“ „outgesourced“ hat. Dies ist in der Regel ein großer Vorteil, da eine schnelle
Bearbeitung der Unterlagen auch im Sinne dieses Dienstleisters ist. Daher war ich auch
erstaunt dass die Erteilung meines Visums genau zwei Tage in Anspruch genommen hat. Die
Kosten beliefen sich auf ca. 100 Euro. Hier ist es auch wichtig zu wissen dass es zwei
Verfahren gibt. Einmal kann man das Visum per Post beantragen. Das heißt man schickt alle
Unterlagen und seinen Reisepass zu „Cox and Kings“ zur Bearbeitung. Der zweite Weg ist ein
persönlicher Besuch bei einer der Ausgabestellen. Der Unterschied in der Bearbeitungszeit
scheint enorm zu sein. Die postalische Bearbeitung meines Studentenvisums für den
Aufenthalt am IIT Madras hatte damals nämlich ca. sechs Wochen in Anspruch genommen.
Ich kann leider nicht beurteilen ob es wirklich nur am Bearbeitungsweg liegt oder ob es hier
auch Unterschiede gibt ob man ein Studentenvisum oder Arbeitsvisum beantragt. Jedoch
scheint mir der persönliche Besuch, in dringenden Situationen, der geeignetere. Als letzte
„Amtshandlung“ vor dem Abflug hatte ich mir dann noch eine Auslandskrankenversicherung
besorgt. Hier ist wichtig darauf zu achten dass es dem Versicherungsnehmer auch gestattet
ist zu arbeiten (das wird bei vielen Anbietern ausgeschlossen). Ich habe mich wie bereits bei
meinen letzten Auslandsaufenthalten für die DKV (Deutsche Krankenversicherung) und den
Tarif AS12 entschieden. Bei einem Beitrag von ca. 30 Euro ist alles notwendige ausreichend
versichert und die Versicherung selbst dabei monatlich kündbar. Habe damit bisher nur gute
Erfahrungen gemacht, auch wenn ich die Versicherung glücklicherweise noch nie in
Anspruch nehmen musste. Grundsätzlich ist die medizinische Versorgung für Ausländer in
Indien übrigens sehr gut. Auch Apotheken sind zur Genüge vorhanden sodass man wirklich
nur ein medizinisches Basispaket mitnehmen muss (außer man braucht natürlich spezielle
Medikamente – ich könnte mir vorstellen dass hier die Versorgung nicht optimal ist).
Weiterhin bitte als Neuling auch darauf einstellen dass man die erste Zeit an Durchfall und
Magenproblemen leidet. Das ist Ganz normal und passiert den meisten Ausländern hier
wenn man das erste Mal die indische Küche ausprobiert. Leitungswasser ist übrigens unter
keinen Umständen trinkbar, zum Zähneputzen kann man es allerdings meistens verwenden
(erst nach einer Eingewöhnungszeit für den Magen). Nachdem ich meinen 70 Liter Backpack
gepackt hatte ging es dann schließlich auf nach Indien. Jedem „Indien-Neuling“ kann ich nur
empfehlen sich viele solche Erfahrungsberichte wie diesen durchzulesen. Das gibt einem ein
Gefühl was man alles mitnehmen und beachten muss. Auch gibt es dadurch eine erste
Einführung in „do´s and don´ts“ in Indien. Ansonsten bereitete ich mich, aufgrund meiner
vorherigen Erfahrungen, nicht großartig auf meinen Aufenthalt in Indien vor. Weiterhin halte
ich auch nicht zu viel davon sich schon großartig in eine Kultur „einzulesen“. Das schafft
Vorurteile und schadet meiner Meinung nach dem tatsächlichen Erlebnis nur. Allerdings ist
hier jeder Mensch verschieden. Bezüglich Impfungen kann ich keine großen Aussagen
machen. Es werden die Standardimpfungen (Hepatitis, Tetanus etc.) benötigt. Ich habe mich
zusätzlich noch gegen Tollwut impfen lassen (es gibt viele streunende Hunde in Indien). Bitte
hier in jedem Fall einen qualifizierten Tropenmediziner vor Abflug konsultieren. Nach einem
angenehmen Flug hatte mich Indien also wieder. In Mumbai wurde ich wie versprochen von
einem Unternehmensvertreter abgeholt. Für die Strecke Mumbai – Pune brauchten wir ca. 5
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Stunden (ca. 100 km) – typisch für Indien und den indischen Verkehr. Dort angekommen
wurde ich gleich in meine Unterkunft gebracht welche das Unternehmen für mich
organisiert hatte.
Bei der Unterkunft handelte es sich um ein sogenanntes „Serviced Appartement“. Dies ist
eine Hotel-ähnliche Unterkunft welche sehr verbreitet ist in Indien. Meistens sind diese
Appartements Teil einer größeren Wohnanlage mit normalen Privatwohnungen. So war es
auch bei mir und ich kam in „Magnus Serviced Appartements“ in der „Kumar Kruti“
Wohnanlage unter. Diese sogenannten Appartements waren normale Zimmer welche
innerhalb einer Wohnung vermietet wurden. In meinem „Serviced Appartement“ waren
insgesamt vier Zimmer. Mein Zimmer war ca. 15 Quadratmeter groß, verfügte über einen
Fernseher (mit 5 englisch-sprachigen Sendern), eine Klimaanlage (für mich sehr wichtig nach
meinen vorherigen Indienerfahrungen), ein Doppelbett sowie Schrank und Schreibtisch.
Auch Internet war über eine W-LAN Verbindung verfügbar. Die Qualität und Geschwindigkeit
des Zugangs war allerdings sehr beschränkt sodass es meistens nicht schnell genug war um
Skype Telefonate zu führen. Dafür kann man sich allerdings für kleines Geld einen 3GInternet Stick besorgen welche sehr verbreitet sind in Indien. Hier kann man zwar ebenfalls
keine rasanten Geschwindigkeiten erwarten, jedoch ist die Stabilität besser und auch für
Skype Telefonate geeignet. Die Stromversorgung in der Wohnanlage und in Pune generell ist
sehr gut sodass man täglich nur zwei bis drei kurze Stromausfälle erlebt (zwischen 1 und 60
Minuten). Die Wohnanlage selbst verfügt über einen Generator sodass durchgängige
Stromversorgung gewährleistet ist. Zum Frühstück (welches im Preis inklusive war) wurde
meistens Omelette serviert. Man konnte sich allerdings auch für indisches Naan oder
Chapati entscheiden (indisches „Brot“). In Indien ist es nicht üblich selbst zu kochen weshalb
in den meisten Mietwohnungen für Ausländer auch keine bzw. nur sehr beschränkte Küchen
vorhanden sind. Deshalb habe ich auch immer in einem der Einkaufszentren oder
Straßenstände gegessen welche in der Nähe meiner Wohnung bzw. des Arbeitsplatzes
waren (hier gibt es eine riesige Auswahl von indischem Essen, McDonalds, Pizza Hut, KFC,
Subway über arabische Restaurants bis hin zu europäischem Essen). Das Bad hatte man sich
dabei mit den anderen drei Zimmern zu teilen. Das Bad war mit einer „Western Toilet“
ausgestattet was für Indien nicht selbstverständlich ist. Weiterhin gab es sogar eine Dusche
mit Warmwasserboiler. Das Appartement und auch mein Zimmer waren, für indische
Verhältnisse, sehr sauber und gepflegt. Dafür sorgen die drei indischen Angestellten im
„Serviced Appartement“. Das Zimmer wurde täglich gereinigt und Bettbezüge wöchentlich
ausgetauscht, sodass man hier keine zusätzliche Arbeit hatte. Hier gibt es sicher Menschen
welche sich nicht wohlfühlen wenn sie wissen, dass sie in einem relativ armen Land wie
Indien, ihr Hab und Gut offen im Zimmer liegen haben und Reinigungspersonal frei ein und
ausgehen kann. Bezüglich der Sicherheitsvorkehrungen in Indien bin ich absolut begeistert
(auch wenn man deren Effektivität in manchen Fällen in Frage stellen kann). Die
Wohnanlagen werden meistens von mehreren Wachmännern abgesichert und (mehr oder
weniger effektive) Zugangskontrollen sind an der Tagesordnung. Auch die „Reinigungskräfte“
in meinem „Serviced Appartement“ hatten jederzeit Zugang zu meinem Zimmer. Ich habe
mein Laptop und viele Wertsachen (auch aufgrund eines fehlenden Safes) immer offen
sichtbar im Zimmer aufbewahrt. Es wurde niemals etwas gestohlen. Meine etwas
„nachlässige“ Einstellung demgegenüber lässt sich dadurch erklären dass ich bezüglich der
Sicherheit nur positive Erfahrungen in Indien gemacht habe. Bei über einem Jahr
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Gesamtaufenthalt kam ich nie in eine Situation in welcher ich beraubt oder bestohlen
worden wäre (außer bei Verhandlungen um Rikshaw-Preise, aber das ist ein Thema für sich).
Natürlich sollte man trotzdem immer die Augen und Ohren offen halten und seinen
gesunden Menschenverstand einschalten. Es gibt aber die Sicherheit betreffend deutlich
gefährlichere Länder als Indien. Zwar wurde meine Wohnung in Pune von meinem
Unternehmen organisiert jedoch ist es dort (auch Aufgrund der vielen europäischen Expats
in Pune) absolut kein Problem eine andere Wohnung zu finden. Die lokalen Makler sind
relativ kompetent und es gab zum Zeitpunkt meines Aufenthalts viele freie Wohnungen in
allen Preis- und Qualitätsklassen. Meine Wohnanlage befand sich im relativ zentralen
Stadtteil „Kalyani Nagar“ und ich hatte mit dem Motorrad nur ca. 10 Minuten zur Arbeit. Die
meisten Expats wohnen im, für Indien
erstaunlich grünen, „Koreagon Park“. Die
Preise sind hier dementsprechend teurer.
Bei der Wohnungssuche in Indien muss
man allerdings sehr vorsichtig sein. Hier
wird man gerne „übers Ohr geschlagen“.
Dies beginnt bei völlig überhöhten
Preisen für ahnungslose Ausländer und
geht bis hin zu Kautionen welche man am
Ende der Mietzeit nicht mehr zurück
bezahlt bekommt. Hier ist wieder
gesunder Menschenverstand gefragt.
Auch ist es hilfreich seine indischen Kollegen / Vorgesetzten hier um Hilfe zu bitten.
Verhandeln die Eigentümer / Makler mit Einheimischen ist es wahrscheinlicher einen
gerechten Preis zu bekommen. Für meine Wohnung habe ich all inklusive ca. 320 Euro pro
Monat bezahlt. Es sind allerdings auch deutlich günstigere Wohnungen in Pune zu haben,
insbesondere wenn man auf eine Klimaanlage verzichtet und nicht so zentral leben will (was
ich allerdings keinem rate).
Wie bereits erwähnt legte ich die Strecke zwischen meiner Wohnung und dem Arbeitsplatz
mit einem Motorrad zurück. Hier muss ich eindeutig warnende Worte einbringen. Einerseits
eine Warnung bezüglich selbst im indischen Verkehr fahren. Es ist Chaos pur und der
Linksverkehr für Europäer nur eine der zusätzlichen Belastungen. Wenn man nicht schon
vorher in einem Land mit etwas chaotischerem Verkehrssystem gefahren ist, sollte man das
besonders in Indien unterlassen. Es gibt zwar Regeln aber an diese hält sich hier keiner.
Ampeln werden nur beachtet wenn sich ein Polizist direkt vor die Verkehrsteilnehmer stellt.
Hier regiert oft das Recht des schnelleren bzw. stärkeren und Europäer sollten äußerste
Vorsicht walten lassen. Ich selbst hatte bereits ein Jahr Erfahrung mit dem Linksverkehr in
Australien und auch sechs Monate Erfahrungen mit etwas chaotischerem Verkehr in
Indonesien. Trotzdem ist die Fortbewegung im indischen Verkehr immer noch eine
Herausforderung. Zwar hat man täglich schon ein, zwei gefährliche Verkehrssituationen aber
glücklicherweise kam es bei mir nie zu wirklich akut lebensgefährlichen Situationen. Ein
Highlight ist auch wie man von den Einheimischen angeschaut, wird weil man als
„Ausländer“ im indischen Verkehr unterwegs ist. Daher wird man auch von der Polizei
meistens in Ruhe gelassen (was in anderen asiatischen Ländern definitiv nicht der Fall ist und
einen oft Strafen für nicht begangene Ordnungswidrigkeiten erwarten). Der finanzielle
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Aspekt spielte hier für mich auch eine wichtige Rolle, da
ich nicht bereit war für den Transport zur Arbeit auch
noch zusätzlich zu zahlen. Zwar ist der Transport mit
den dreirädrigen Rikshaws sehr günstig, bei mehreren
Fahrten pro Tag summiert sich das Ganze aber. Ich habe
das Ganze mal durchkalkuliert. Selbst mit größtem
Verhandlungsgeschick, welches bei Rikshaw-Fahrern
unerlässlich ist, kam ich auf einen monatlichen Betrag
von ca. 150 Euro bis 200 Euro für den täglichen
Transport zur Arbeit, Weggehen und Einkaufen. Da
mein Budget zum Zeitpunkt des Praktikums äußerst
angespannt war, entschied ich mich fürs ausgeliehene
Motorrad. Für dieses bezahlte ich inklusive Benzin ca. 50 Euro bis 60 Euro im Monat. Den
Helm habe ich mir selbst für einmalig 15 Euro besorgt. Den Leuten welche sich auf die
zahlreich vorhandenen Rikshaws oder Taxis für den Transport zur Arbeit verlassen wollen
oder müssen ist zu raten in Arbeitsplatznähe zu ziehen.
Maier + Vidorno Market Development Services Pvt. Ltd. ist eine deutsche
Unternehmensberatung welche sich auf den indischen Markt spezialisiert hat. Das
Unternehmen mit Hauptsitz in Köln, hat in vielen indischen Großstädten Büros (u.a. Delhi,
Mumbai, Bangalore…). Maier + Vidorno hat sich darauf spezialisiert deutsche Unternehmen
beim Markteintritt in Indien zu unterstützen. Diese Unterstützung reicht dabei von der
Strategieerarbeitung über Partner-Suche bis hin zu Interims-Management. Ein großer Teil
der Geschäftstätigkeiten bezieht sich auch auf
die
Übernahme
von
Personal
und
Buchhaltungs-Services. Meine Aufgabe war
es, wie gesagt, einen deutschen Expat beim
Aufbau
des
„Business
Development
Departements“ zu unterstützen. Dabei bekam
ich viele verschiedene Aufgaben. Unter
anderem habe ich Zusammenfassungen und
Analysen zum Thema „Foreign Direct
Investment“ in Indien verfasst. Dazu habe ich
viele Gesetzestexte studiert. Weitere
Aufgaben umfassten die Kundenansprache und Kundenakquise. Außerdem habe ich
Analysen zum Thema Vertretungsberechtigungen von deutsch-indischen Unternehmungen
durchgeführt. Die Betreuung während des Praktikums war mittelmäßig. Während ich mich
mit Problem jederzeit an meinen Vorgesetzten und auch an anderen Kollegen wenden
konnte, gab es während des Praktikums keine richtige Struktur. Meine Arbeitskollegen
waren leider durchweg deutlich älter als ich. Im Job selbst schließt man sofort Kontakt zu
den sehr netten Indern. Treffen auf privater Basis gibt es allerdings aufgrund des
Altersunterschieds und der unterschiedlichen Kultur in Indien nicht. Auch diese Erfahrung
wurde von vielen Expats bestätigt. Ansonsten lernt man natürlich im alltäglichen Leben viele
viele nette Einheimische kennen, welche sich immer freuen einen zu sehen. Kontakte zu
Expats zu knüpfen ist in Pune extrem einfach. Hier kann ich zum Beispiel auch die InternetPlattform InterNations empfehlen. Die Arbeitszeiten bei Maier + Vidorno sind von 9 Uhr bis
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ca. 18 Uhr (inkl. eine Stunde Mittagspause). Im Gegensatz zum restlichen Indien ist die
Disziplin bei Maier + Vidorno sehr gut. Das heißt jeder ist pünktlich und für indische
Verhältnisse relativ zuverlässig. Die Büroräume sind klimatisiert und ebenfalls sehr sauber
und aufgeräumt. Man wird von vielen netten und aufgeschlossenen „Bediensteten“ (deren
Englisch leider nicht so gut ist, aber die Verständigung mit Händen und Füßen macht sehr
viel Spaß) mit kostenlosem Kaffee und Trinkwasser versorgt. Die Kleiderordnung schreibt
eine lange Hose (keine Jeans) sowie ein Hemd als Arbeitskleidung vor. Jedoch muss man
nicht mit seinem besten Anzug auftauchen. Selbst bei Kundengesprächen ist dies in der
Regel nicht notwendig, da die Inder dort selbst oft sehr legere gekleidet sind. Insgesamt war
mein Praktikum dort sehr spannend. Leider hatte ich oft auch Zeiten wo es weniger zu tun
gab, dort habe ich mich dann in weitere Gesetzestexte und Regularien eingelesen sowie
verschiedene indische Märkte studiert (e.g. besonders den Energiemarkt da ich hier
besonders interessiert bin). Während die die Firma Maier + Vidorno durchaus empfehlen
kann, würde ich den Standort Pune nicht unbedingt empfehlen. Es handelt sich hier „nur“
um eine Art kleine Außenstelle. Hauptsächlich haben hier kleine deutsche Firmen
Büroräume angemietet welche oft leer stehen da die Mieter nur sporadisch vor Ort sind.
Dementsprechend ist bei Maier + Vidorno in Pune auch immer relativ wenig „los“. Deshalb
würde ich eher eine Praktikumsstelle in einer anderen größeren Filiale suchen.
Pune generell ist aber eine durchaus empfehlenswerte Stadt. Es handelt sich um eine typisch
indische Stadt in der man sowohl schöne als auch dreckige und chaotische Stadtteile findet.
Ein Vorteil den Pune hat ist das, im Vergleich zu Mumbai, etwas gemäßigtere Klima.
Besonders der Monsun fällt etwas schwächer aus als in Mumbai. Natürlich muss man sich
bewusst sein dass das Klima in Indien ein absolutes Extrem ist im Vergleich zu Deutschland.
Während meines Aufenthalts hatte ich durchgehend Temperaturen von 30 bis 40 Grad. Im
August begann der Monsun was den Aufenthalt klima-technisch noch etwas unangenehmer
macht da viel Dreck auf den Straßen ist. Generell kann man jedoch sagen dass man sich an
das Klima gewöhnt. Pune selbst hat keine herausragenden Sehenswürdigkeiten im
klassischen Sinn. Aber die indische Kultur und Lebensweise macht meiner Meinung jede
Stadt und jede Ecke zu einer Sehenswürdigkeit selbst. Da ich als Praktikant keinen Urlaub
hatte, konnte ich während des Praktikums leider nicht groß reisen. An den Wochenenden
habe ich allerdings verschiedene andere indische Städte besucht. Aus meinen früheren
Reisen kann ich allerdings insbesondere Himachal Pradesh, Jammu & Kashmir sowie
Rajasthan empfehlen. Besonders die indischen Himalayas haben es mir angetan. Weiterhin
kann ich nur empfehlen nach Nepal sowie Sri Lanka zu reisen. Ein wahrer Geheimtipp sind
die Andamanen. Ansonsten einfach mit den Einheimischen reden, es gibt viele weitere
Geheimtipps die in keinem Reiseführer stehen. Weiterhin kann ich auch empfehlen einfach
ins ländliche Indien zu fahren und sich die Lebensweise der Menschen dort anzuschauen.
Eine Erfahrung die einen prägt.
Zum Finanziellen. Für das Praktikum wurde ich mit ca. 300 Euro monatlich vergütet, was für
indische Verhältnisse übrigens eine hervorragende Bezahlung ist. Bezahlt wurde in indischen
Rupiah in Cash am Monatsersten. Ich musste alle Kosten in Zusammenhang mit meinem
Aufenthalt selbst bezahlen, angefangen von Visa über Flug bis hin zu Wohnung und
Verpflegung. An einmaligen kosten hat mich der Flug, aufgrund der kurzfristigen Buchung,
ca. 700 Euro und das Arbeitsvisum ca. 100 Euro gekostet. Für Essen und Getränke habe ich
monatlich ca. 280 Euro ausgegeben und habe hier aber nicht sehr sparsam gelebt, da mir das
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leibliche Wohl und gutes, abwechslungsreiches, gesundes Essen sehr wichtig sind. Gesundes
Essen ist in Indien leider sehr schwierig zu bekommen und vor allem relativ teuer. Besonders
abwechslungsreiches Gemüse bekommt man nur schwierig. Mein Motorrad hat mich
monatlich wie gesagt ca. 60 Euro gekostet. Dazu kamen noch die Versicherungskosten in
Höhe von 30 Euro und meine Zimmermiete in Höhe von 320 Euro. Mobil-telefonieren ist
sehr günstig in Indien, sodass mir hier monatlich nur 10 Euro Kosten anfielen. So kam ich
monatlich also auf eine Grundbelastung von ca. 700 Euro, was deutlich mehr ist als ich in
Deutschland brauche. Indien mag grundsätzlich günstig sein aber für Ausländer gibt es kaum
Unterschiede zu Europa. Die 700 Euro enthalten allerdings noch keinerlei Kosten für
Vergnügung und Entertainment. Kino ist sehr günstig in Indien (ca. 4 Euro Eintritt). Alkohol
wiederrum relativ teuer im Vergleich zu Deutschland. Unterhaltungsmöglichkeiten gibt es
jedoch, aufgrund der vielen Expatriates, in großer Menge in Form von Restaurants und Bars
(das Meiste findet man logischerweise in „Koreagon Park“). Dafür muss man allerdings
monatlich locker noch einmal mindestens 100 Euro drauflegen. Meine Erfahrungen aus den
Erzählungen vieler Expatriates bestätigen übrigens diese hohen Kosten für Ausländer. Viele
Expatriates geben 2.500 Euro bis 3.000 Euro für ihr Single-Leben in Indien aus. Alles in allem
bin auch ich also mit einem großen finanziellen Minus aus meinem Praktikum in Indien
gegangen, was es allerdings absolut Wert war. Umso mehr habe ich mich über die finanzielle
Unterstützung von BayIND gefreut. Mit einem Konto und der zugehörigen Kreditkarte
(beides kostenlos) von comdirect oder der DKB kann man übrigens kostenlos Geld an einem
der zahlreich vorhandenen Geldautomaten abheben.
Insgesamt hat mich der Aufenthalt wieder einmal sehr geprägt. Jeder Aufenthalt in Indien
schult die Persönlichkeit wie nichts anderes. Dies reicht von Verhandlungsgeschick, über
Hartnäckigkeit bis hin zu Durchhaltevermögen. Weiterhin freue ich mich endlich etwas über
den „Indian way of doing business“ gelernt zu haben. Für eine potentielle zukünftige
Tätigkeit in Indien war natürlich auch mein Aufgabenbereich sehr hilfreich, da ich sehr viele
Erkenntnisse über den indischen Markt gewinnen konnte. Für ein Praktikum in Indien würde
ich mich daher immer wieder entscheiden.
Zu guter Letzt möchte ich mich
noch beim bayerisch-indischen
Zentrum in Hof für die finanzielle
Unterstützung bedanken. Ich
denke Indien hat wirklich
enormes
Potential
von
Deutschland zu lernen (in vielen
Bereichen auch anders herum)
und dadurch voranzukommen.
Ich hoffe bei dieser Entwicklung
auch durch meinen zukünftigen
Beruf teilhaben zu können und
freue mich schon jetzt auf
meinen nächsten Indien-Besuch.
Ich hoffe auch durch meine Tätigkeit, in Verbindung zu Indien, dem Land irgendwann etwas
„zurückgeben“ zu können. Eventuell sogar die Armut dort etwas zu lindern und die
Lebenssituation bzw. -qualität der Menschen zu verbessern.
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