Das kulinarische Geheimnis Japans

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Das kulinarische Geheimnis Japans
SOLL & HABEN
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Freitag, 12. Oktober 2012 ^ Nr. 238
Neuö Zürcör Zäitung
Im Namen
der Leidenschaft
Die Zurich Fashion Days 2012
Die japanische Küche, wie sie «Shinwazen» in Zürich zelebriert, hat nicht nur einen sehr eigenen Geschmack, sondern auch eine unverkennbare Ästhetik.
BILDER ADRIAN BAER / NZZ
Das kulinarische Geheimnis Japans
Ingredienzien altüberlieferter japanischer Lebensmittelkultur bereichern die moderne Küche
Das Geheimnis neuer
Geschmacksdimensionen liegt
in japanischen «umami»-Ingredienzien, wie sie etwa im Zürcher Restaurant Shinwazen in
bester Qualität erhältlich sind.
Philipp Meier
Rund um den Globus erfreut sich die
japanische Küche grosser Beliebtheit.
Sushi sind heute in aller Munde, die
Sojasauce von Kikkoman ist mittlerweile so verbreitet wie das Tomato
Ketchup von Heinz, erlesene Sake-Sorten finden sich selbstverständlich auf
Getränkekarten gehobener Bars und
Restaurants in New York und Paris.
Und immer mehr westliche Köche greifen zu japanischen Ingredienzien wie
etwa Wasabi oder Miso-Paste.
Blickt man schliesslich auf den Michelin-Sternenhimmel über Tokio, das
heute für sich die Weltführung in der
Spitzengastronomie
beanspruchen
kann, so kommen einem Zweifel, ob
Gott noch immer in Frankreich speist.
Die japanische Küche gilt als leicht,
gesund und fettarm, was im Zeitalter
des allgemeinen Schlankheitswahns mit
ein Grund für ihre Beliebtheit sein mag.
Eine andere Ursache dafür liegt im kulinarischen Geheimnis Japans, genannt
«umami». Sojasauce enthält reichlich
davon, auch japanischer Reisessig
(Genmai-su) für Sushireis, Mirin-Kochwein ebenso wie Miso-Paste für Suppen
und Sake (Reiswein). Nicht süss, nicht
sauer, nicht salzig und nicht bitter, bezeichnet «umami» – zu Deutsch etwa
«herzhaft» – den «vergessenen fünften
Geschmack».
Pilz macht den Unterschied
Nicht von ungefähr war es ein Japaner,
dem die Bestimmung des «fünften Geschmacks» obliegen sollte. Im Jahr 1908
entdeckte der Forscher Kikunae Ikeda
die Formel für etwas, das sich die japanische Gastronomie schon seit alters zunutze macht. Die Küche seiner Heimat
basiert besonders stark auf «umami», da
sie eine Küche der Fermentation ist. Sowohl Sojasauce, Miso, Mirin, Genmaisu als auch Sake werden während des
Brauens mithilfe von Kôji-Schimmelpilz (aspergillus oryzae) einem Gärungsprozess unterzogen, der die Struktur der Proteine in Aminosäuren auf-
löst, darunter auch in die für den typischen «umami»-Gout verantwortliche
Glutaminsäure.
«Umami» bezeichnet eine Geschmacksnote, die allerdings auch ohne
Fermentation in japanischen Lebensmitteln wie Shiitake-Pilzen oder Kombu-Algen enthalten ist, sich aber keineswegs auf die japanische Küche beschränkt: So sind etwa auch reife Tomaten, Wurstwaren wie Salami oder Käse
wie insbesondere Parmesan reich an
natürlicher Glutaminsäure.
Die Kochkunst hat sich solch geschmacksverstärkende Eigenschaften in
Lebensmitteln seit je zunutze gemacht.
Der weltweite Siegeszug der auf Tomaten und Käse basierenden italienischen
Pizza ist ein gutes Beispiel dafür. In synthetischer Gestalt heisst die «Zauberformel» übrigens Glutamat oder Mononatriumglutamat (MNG), und die Nahrungsmittelindustrie macht von diesem
gesundheitlich umstrittenen Stoff (E
621) bekanntlich regen Gebrauch.
Das Kochen mit natürlichen «umami»-Ingredienzien führt zur Potenzierung des Eigengeschmacks frischer Lebensmittel. Diesem gustatorischen Prinzip hat sich nun ein neues Zürcher
Restaurant verschrieben, das für sich
eine gewisse Einmaligkeit beanspruchen kann. In der Wein- und Sake-Bar
Shinwazen an der Zürcher Freischützgasse finden europäische Slow-FoodPhilosophie und japanische Kochkunst
zusammen. Hinter dem Lokal stehen
Markus Baumgartner, Präsident von
Slow Food Zürcher Oberland, und die
Japanerin Yuko Suzuki, ausgebildete
Sake-Sommelière.
Gut, sauber, fair
Ihre Produkte wählen Baumgartner und
Suzuki von Shinwazen konsequent nach
den Slow-Food-Grundsätzen «gut, sauber, fair» aus. Die ausgezeichneten
Sojasaucen und Reisessige, «dashi»Fonds und Miso-Suppen-Präparate sowie Premium-Sake, die es in ihrem Shop
zu kaufen gibt, finden sie in Japan in
kleinen handwerklichen Betrieben, die
sie persönlich besuchen. Es sind wertvolle Ingredienzien, die der modernen,
marktfrischen Küche zu ganz neuen Geschmacksdimensionen verhelfen – dies
selbstredend völlig frei von geschmacksverstärkenden Zusatzstoffen.
Shinwazen – Sake Wine Bar & Shop, Freischützgasse 10, 8001 Zürich. www.shinwazen.ch.
jvr. ^ Veranstalter IMG und Hauptsponsor Mercedes-Benz haben vergangene
Woche ihr Programm für die Zurich
Fashion Days vom 7. bis 10. November
bekanntgegeben. Auffälligste Neuerung
der dritten Auflage des Zürcher ModeEvents ist, dass die Modenschauen neu
im «Schiffbau» statt im «Puls 5» gezeigt
werden. Das Rahmenprogramm findet
weiterhin in einem Hospitality-Zelt auf
dem Turbinenplatz statt.
Vom neuen Hauptsponsor Mercedes-Benz erhofften sich die Macher der
Zurich Fashion Days Synergien mit
anderen Fashion Weeks in Berlin, Mailand, New York, São Paulo, Peking oder
Moskau, wo der schwäbische Automobilhersteller sich auch engagiert. Allerdings waren die vier Monate, seit Mercedes das Sponsoring von Charles Vögele «geerbt» hat, nun wohl doch zu
kurz, um zugkräftige Namen nach Zürich zu bringen: Dem Programm fehlt es
ein Stück weit an Dringlichkeit.
Der Eröffnungsabend am Mittwoch,
7. November, steht unter dem Patronat
des Hauptsponsors und heisst etwas
schwülstig «A Homage to Design and
Desire». Für die benötigte Dosis Leidenschaft sollen Massimo Giorgetti,
Angelos Bratis und Marco de Vincenzo
sorgen – alle drei noch relativ unbekannte Designer, die IMG vom Mailänder Kalender gepflückt hat. Dazu
kommt die Mailänder Uralt-Marke
Mila Schön. Ein weiterer «grosser
Name», der derzeit noch verhandelt
wird, soll Ende dieses Monats nachgereicht werden. Man erinnert sich: Vor
Jahresfrist war dieser «Star» der Mailänder Mode-Veteran Roberto Cavalli.
Am Donnerstag wird unter dem Titel
«A Homage to Youth» der «Annabelle»-Award an junge Schweizer
Modetalente vergeben, gleichzeitig zeigen inländische Newcomer wie Claudia
Zuber, Laend Phuengkit und van Bery
ihre Kollektionen. Für internationalen
Glamour soll Barbara Bui aus Paris sorgen. Am Freitag, 9. November, findet
die «Swiss Designers Show» statt – mangels präziser inhaltlicher Klammer hat
man den Abend pragmatisch zur «Homage to Diversity» gemacht. Modenschauen zeigen schon etwas arriviertere
Schweizer Labels wie Portenier Roth,
Marc Stone, Little Black Dress, Javier
Reyes und Kazu Huggler.
Der letzte Abend vom Samstag soll
dann eine «Homage to Glamour and
Nightlife» werden, mit Schauen internationaler Nischenlabels wie Arzu
Kaprol, Dawid Tomaszewski und Dimitri sowie einer Live-Performance von
Musikerin Kyla La Grange. – Wer jetzt
mehr Fragen als Antworten hat, dem sei
zur Beruhigung gesagt: Es geht auch
Fashion-Habitués so. Doch das kann ja
durchaus auch eine Chance für die noch
jungen Zürcher Modetage sein.
Camouflage
mit «Konkreten»
Camper eröffnet Zürcher Store
jvr. ^ Modische Erfolgskonzepte kommen derzeit aus Spanien – man denke
an Zara, Mango, Desigual oder Camper.
Zumindest im Bereich des Stils darf
man das Land also nicht auf «Ramsch»Niveau herabstufen, wie das Standard &
Poor’s diese Woche mit den spanischen
Staatspapieren tat. Denn die Spanier
verkaufen ihre modischen Ideen zwar
billig, aber Ramsch ist es keineswegs,
was in den Läden liegt.
Davon kann man sich seit dieser
Woche auch in Zürich überzeugen, wo
der Schuhhersteller Camper an der Niederdorfstrasse 28 seinen ersten Zürcher
«Together»-Store eröffnet hat. Für das
farbenfrohe Interieur des kleinen Ladens, in dem davor Walder schon Schuhe verkaufte, zeichnet der argentinischschweizerische Designer Alfredo Häberli verantwortlich. Mit Farbfeldern,
die er den «Zürcher Konkreten» abgeschaut hat, maskiert sein Einrichtungskonzept die verschachtelte Grundstruktur der Boutique geschickt.