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Region Aargau www.ccs‐aargau.ch 2011 / Oktober‐Stamm Bleiben oder in die Schweiz zurückkehren? Reicht immerwährender Sonnenschein zum Glück? Einige unter uns werden sich diese Fragen schon gestellt haben, wenn sie vor einem traumhaften Strand lagen, den Ankerdrink genossen und in die untergehende Sonne blickten. Unser Referent Ludwig Drapalik, der schon zum vierten Mal in gewohnt lebhafter Art über seine Erfahrungen im Langzeitsegeln berichtete, hatte für alle Möchtegern‐ Aussteiger viele bedenkenswerte Überlegungen und Tipps parat. Die zweite Frage ist schnell beantwortet – es reicht nicht. Und die Antwort auf die erste Frage sucht man am besten schon bevor man losfährt; zu unterschiedlich sind die jeweiligen Vorbereitungen. Ludwig und Lotti Drapalik waren von 1997 bis 2003 mit der Eldorado, einer Nauticat 40, rund um den Erdball unterwegs. Beide haben die sieben Jahre in vollen Zügen genossen, vielleicht umso mehr, weil sie von Anfang an wussten: Wir kehren in die Schweiz zurück; was wir jetzt erleben, wird einmalig bleiben. Am Ende der Reise verkauften sie ihre Eldorado, die sie an die schönsten Segelorte der Welt und durch viele Stürme getragen hatte. Es war eine ideale Partnerschaft. Ludwig würde nie allein segeln: "Ich brauche die gemein‐samen Erlebnisse und will darüber sprechen können." Das "gemeinsam" war nicht immer einfach. Beide hatten ihre Vorstellungen und Wünsche, auf die man Rücksicht nahm und sich nach Möglichkeit gegenseitig erfüllte. Es gibt genügend Beispiele für Beziehungen, die auf einer Langfahrt zerbrechen, weil ein Partner nicht auf seine Rechnung kommt. Bei Ludwig und Lotti hat es geklappt, "gäll, Schatz?" Region Aargau www.ccs‐aargau.ch Wer Argumente für oder gegen ein "Auswandern" sucht, muss kühl überlegen und darf nicht aus dem Bauch heraus entscheiden. Ludwig hat eine Liste mit +/‐ erstellt. Hier einige Stichworte: Alter? Arbeit? In jungen Jahren ist es einfacher, an einem fremden Ort Fuss zu fassen. Für Ludwig und Lotti stellte sich die Frage nach Arbeitsmöglichkeiten nicht. Wahrscheinlich war es das schönste Geburtstagsgeschenk seines Lebens, denn genau an Ludwigs 60. Geburtstag, am 23. November 1997, startete die Eldorado mit der ARC über den Atlantik nach St. Lucia. "Niemand hat auf euch gewartet! Für eine kurze Zeit werdet Ihr herzlich aufgenommen, aber wenn Ihr bleiben wollt, sieht es anders aus. Die Angst, dass Ihr jemandem den Arbeitsplatz wegnehmt, ist gross und schafft keine Freunde." Sprache? Was für ein paar Ferienwochen genügt, reicht bei weitem nicht, um in eine Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Ludwig betont immer wieder, dass man den Kontakt selber aktiv suchen muss. Religion? Kultur? Kann ich mich damit abfinden, dass ich zwar wunderschöne Natur um mich habe, aber keine Konzerte, Theater und Ausstellungen und kein Café um die Ecke mit den Tageszeitungen? In der Diskussion waren Wohnsitz und Steuern ein Thema. Es zeigte sich, dass Ratsuchende von einer Stelle an die andere verwiesen werden und niemand recht weiss, was wirklich gilt. Es wäre wohl eine willkommene Dienstleistung des CCS, ein Merkblatt mit den gesetzlichen Regeln und Ratschlägen – z.B. AHV unbedingt weiterführen! – für Segler zusammenzustellen, die sich für längere Zeit aus der Schweiz abmelden wollen. Nach der Pause wurden wir mit einem Film in die Südsee mitgenommen. Nach Niue – "The Rock" –, einem alten Korallenstock, der durch Erdbeben aus dem Meer gehoben wurde und mit seinen 1500 Einwohnern ein selbstständiges Staatswesen ist, kreuzte die Eldorado den über 10'000 m tiefen Tonga‐Graben und erreichte nach 330 sm das Königreich Tonga. Im Tonga National Center, einer Einrichtung zur Erhaltung Region Aargau www.ccs‐aargau.ch des Brauchtums, sahen Ludwig und Lotti zu, wie die Rinde des Maulbeerbaums geklopft und zu Matten, Teppichen und sogar Kleidern verarbeitet wird. Nach weiteren 400 sm machten sie auf den Fidji‐Inseln Bekanntschaft mit Kava, dem Zeremonialgetränk, das bei religiösen und kulturellen Anlässen konsumiert wird. Der Kava‐ Strauch ist verwandt mit dem schwarzen Pfeffer, daher auch der Name "Rauschpfeffer". Aus den kiloschweren saftigen Wurzelstöcken wird ein entspannendes, durch verschiedene Wirkstoffe – Alkohol ist nicht enthalten – leicht berauschendes Getränk hergestellt. Als Ludwig und Lotti einem Häuptling als Gastgeschenk eine Kava‐Wurzel mitbrachten, wurden sie zu einer Kava‐Zeremonie eingeladen. Der Anstand gebot, das trübe, grau‐grünliche, leicht scharfe Gebräu ohne offensichtliches Zaudern zu schlürfen: "S isch eigetlech gar nid so schlächt gsi." Auf dem Weg von Vanuatu nach dem 570 sm entfernten Chesterfield‐Reef musste die Eldorado noch ein fürchterliches Unwetter überstehen und gegen 10 Bft und 7 m hohe Wellen ankämpfen. Es war der nirgendwo angekündigte Ausläufer eines Hurricanes. Aber auch das hat sie gemeistert und glücklich Bundaberg an der Ostküste von Australien erreicht. Annemarie Schaffner