beschleunigung und zersplitterte zeit

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beschleunigung und zersplitterte zeit
PSYCHOANALYTIKER STELLEN FILME VOR:
Brassed Off
und
Up in the Air
als Indikatoren der Veränderung
KURZTAGUNG DER PSYCHOANALYTISCHEN ARBEITSGEMEINSCHAFT
KÖLN-DÜSSELDORF E.V. (INSTITUT DER DPV/DGPT)
IN ZUSAMMENARBEIT MIT INSCAPE-INTERNATIONAL
OFF Broadway-Kino
Zülpicher Straße 24, Köln
AM:
10. Juli 2011
9.30 – 17.30 Uhr
IM:
KOSTEN:*
40,- € pro Person
20,- € für Studierende
Tageskasse: 50,- € bzw. 30,- €
BEITRAGSZAHLUNG:
* Bewirtung nicht im Preis enthalten. Getränke
sind jederzeit im Kino-Foyer erhältlich. Mittagstisch
ist in der umliegenden Gastronomie möglich.
INFORMATION / ANMELDUNG:
Psychoanalytische Arbeitsgemeinschaft
Köln-Düsseldorf
Bank: Deutsche Apotheker- und
Ärztebank
BLZ: 30060601
Kto.-Nr.: 0003502899
inscape
Mail: [email protected]
Tel.: 0221-5607608
BESCHLEUNIGUNG UND ZERSPLITTERTE ZEIT
Filmtagung am Sonntag, den 10. Juli 2011 im Off Broadway-Kino in Köln
Fil mt agung am Sonnt ag, den 10. Juli 2011 im Off Broadway-Kino in Köln
BESCHLEUNIGUNG UND ZERSPLITTERTE ZEIT
Brassed Off und Up in the Air
als Indikatoren der Veränderung
Die Zeche von Grimley in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire steht Anfang der
90er Jahre vor der Schließung. Dies bringt die Werkskapelle, die „Grimley Colliery
Brass Band“, kurz vor dem Finale eines Musikwettbewerbs in der Londoner Royal
Albert Hall stehend, in heftige emotionale Turbulenzen. Den Mitgliedern der Kapelle
droht als Grubenarbeitern nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern auch der Verlust ihrer emotionalen Heimat und ihrer tragenden Beziehungen. Der Film Brassed Off - mit
Pauken und Trompeten zeigt, wie die Musiker unter dem Druck der Ereignisse zunehmend Mut und Hoffnung verlieren, da die Seele angesichts der rasanten Veränderungen kaum noch mitkommt, die Gruppe zerfällt.
Im Stile einer guten Tragikomödie malt Brassed Off jedoch nicht schwarz in schwarz,
sondern findet im gemeinsamen Musikmachen einen Raum für die Trauer und damit
für seelische Verwandlung. Als Up in the Air im Jahr 2009 in die Kinos kommt, 13
Jahre nach Brassed Off, hat die Beschleunigung aufgrund der „digitalen Revolution“
weiter zugenommen. Der Beschleunigungsschub, den Hartmut Rosa beschreibt, führt
zu einem veränderten Identitätserleben der Einzelnen. An Stelle der traditionellen,
auf Kontinuität und Kohärenz gründenden Identität, tritt eine situative bis punktuelle
Identität. Wer man ist, hängt demnach davon ab, mit wem man es gerade zu tun hat
und in welcher Gesellschaftssphäre man sich gerade bewegt. Folgt man den Überlegungen Zygmunt Baumans, fällt die Entwicklung von Brassed Off zu Up in the Air
zusammen mit dem Übergang von der „Festen Moderne“ zur „Flüssigen Moderne“.
Während die „Feste Moderne“ in der Fabrik ihr Sinnbild und in der Ordnung ihre
zentrale Kategorie hat, ist das Internet mit seiner netzartigen, dezentralen und nicht
lokal gebundenen Organisationsstruktur das Sinnbild der „Flüssigen Moderne“, deren
zentrale Kategorie die Flexibilität ist. Up in the Air setzt die Flexibilitätsforderung der
heutigen Zeit eindrücklich in Szene: Der Protagonist Ryan Bingham (George Clooney)
fliegt kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten, um Entlassungsgespräche mit Angestellten verschiedenster Firmen durchzuführen. Die Dramatik des Geschehens hält
er sich mit dem Credo vom Leibe, dass jedwede soziale Bindung in erster Linie eine
Belastung darstelle, so wie ein zu schwerer Rucksack. Den Ballast von Bindung und innerer Kohärenz abzuwerfen, könnte doch auch neue großartige Lebenschancen eröffnen. Up in the Air zeigt, wie mit Clooneys Charme, Witz und Ironie Augenblicke der
Begegnung dem Zerfall gesellschaftlicher Bindung widerstehen. Der Philosoph ByungChul Han spricht vom ‚Duft der Zeit’, von ‚duftenden Zeitkristallen’, wo Verweilen
und Innehalten Vertiefung emotionalen Erlebens möglich macht. In unserer Tagung
möchten wir dem Bogen des Zeitgeistes von Brassed Off (1996) bis zu Up in the Air
(2009) nachgehen und zum nachdenkenden Verweilen einladen. Inhalt und Ästhetik
der Filme sollen als Indikatoren der kulturellen Situation dienen, die auf diese Weise
psychoanalytisch ins Visier genommen und gedeutet werden kann. Das Konzept des
Gruppenpsychoanalytikers Earl Hopper, der eine basale Gruppenabwehrform von „fehlender Kohäsion: Zerfallen / Verkleben“ beschreibt, scheint dafür geeignet. In beiden
Filmen glücken Transformationsprozesse im Hinblick auf neue Bindungen – was mit
der psychoanalytischen Methode, zu der Innehalten und das Nutzen der Tendenz des
Seelischen zu Verknüpfung und Kohärenz gehört, veranschaulicht werden soll. Beide
Filme sind mit dem Dialog zwischen den Generationen beschäftigt. Überlegungen zur
Generativität in Organisationen werden diese Denkfigur aufnehmen. Die Tagung könnte ein Beitrag zu tieferem Verständnis und ein kleiner Versuch der Überwindung der
Zeitsituation sein.
R EFERE NTEN:
Rupert Martin, Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, Psychoanalytiker
(DPV/IPA, DGPT) und Gruppenanalytiker (DAGG), niedergelassen in eigener Praxis
in Köln.
Dr. med. Isolde Böhme, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
und für Neurologie und Psychiatrie, Psychoanalytikerin (DPV/IPA, DGPT), Gruppenanalytikerin (DAGG), niedergelassen in eigener Praxis in Köln.
Ullrich Beumer, Dipl.-Päd., Supervisor (DGSv), ISPSO (International Society
for the Psychoanalytic Study of Organizations), Organisationsberater und Coach,
inscape-international, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Sigmund-Freud-Instituts,
Frankfurt a.M..
KONTAKT/ INFORMATION:
Mail: [email protected]
Tel.: 0221-5607608
www.psa-kd.de
PROGRAMM:
9.30 Uhr:
Begrüßung
9.45 Uhr:
Filmvorführung:
„Brassed Off – mit
Pauken und Trompeten“
(Brassed Off – mit Pauken und
Trompeten, Großbritannien
1996, Regie: Mark Herman;
mit Pete Postlethwaite, Tara
Fitzgerald, Ewan McGregor,
Stephen Tompkinson, Jim
Carter, 107 Min.)
11.30 Uhr:
Break
(Identifizierungsgruppen)
11.45 Uhr:
Vortrag zum Film
„Ausgespielt? Zersplitterte Zeitlichkeit und die
Erosion von Gemeinsinn“
(Rupert Martin)
12.15 Uhr:
Diskussion
12.45 Uhr:
Mittagspause
13.45 Uhr:
Vortrag
„Gefühl ist Privatsache!?“
Einige Anmerkungen zur Entwicklung von Organisationen,
Führung und Generativität
(Ullrich Beumer)
14.15 Uhr:
Diskussion
14.30 Uhr:
Filmvorführung
„Up in the Air“
Up in the Air, USA 2009,
Regie: Jason Reitmann; mit
Georg Clooney, Vera Farmiga,
Anna Kendrik, Jason Bateman
u. a. 110 Min.
16.20 Uhr:
Vortrag zum Film
„Vom Duft der zersplitterten Zeit.“
Psychoanalytische Bemerkungen zu Clooneys „Up in the
Air“
(Dr. Isolde Böhme)
16.50 Uhr:
Abschlussdiskussion
17.30 Uhr:
Ende der Tagung

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