(HPV) - Ratgeber für Ärztinnen und Ärzte (2. Auflage, April 2015)
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(HPV) - Ratgeber für Ärztinnen und Ärzte (2. Auflage, April 2015)
NIAS Ratgeber HPV Niedersächsisches Impfforum zur Aktivierung der Schutzimpfungen Humane Papillomviren (HPV) Ratgeber für Ärztinnen und Ärzte Humane Papillomviren (HPV) Ratgeber für Ärztinnen und Ärzte Herausgeber: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt Roesebeckstr. 4 - 6 30449 Hannover Fon0511 / 4505-0 Fax 0511 / 4505-140 www.nlga.niedersachsen.de 2. Aufl. April 2015 Ratgeber HPV Der vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Impfforum zur Aktivierung der Schutzimpfungen (NIAS) herausgegebene HPV Ratgeber stützt sich auf den aktuellen Stand des Wissens und liegt nunmehr in einer überarbeiteten Version vor. Er hat die Intention, den impfenden Ärztinnen und Ärzten (v. a. Kinder- und Jugendärzten, Allgemeinmedizinern sowie Gynäkologen) unabhängige Informationen als Basis für deren Beratungsgespräche im Praxisalltag zur Verfügung zu stellen. Nachfolgende Vertreter des NIAS haben an der Erstellung dieses HPV Ratgebers mitgewirkt: Berufsverband der Frauenärzte e. V. Berufsverband der Kinder- u. Jugendärzte Deutschland, Landesverband Niedersachsen Hausärzteverband Niedersachsen Landesverband Niedersachsen der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes Ärztekammer Niedersachsen Niedersächsisches Landesgesundheitsamt Humane Papillomviren (HPV) sind kleine, unbehüllte DNA-Viren. Zurzeit sind mehr als 150 Genotypen bekannt. Sie kommen weltweit vor und stellen die häufigste Ursache sexuell übertragbarer Infektionen dar. Erreger Die HPV-Typen lassen sich generell in 2 Gruppen unterscheiden: Die Niedrigrisikotypen (low risk Typen, LR-HPV-Typen), zu denen z. B. HPV 6 und HPV 11 gehören, führen zur Bildung von Genitalwarzen (z. B. Condylomata acuminata) und die Hochrisikotypen (high risk Typen, HR-HPV-Typen), die häufig Tumorvorstufen bzw. Tumorerkrankungen an Zervix, Vulva, Penis oder After verursachen wie z. B. HPV 16 und HPV 18, aber auch HPV 31, HPV 45 und andere. Die Übertragung der Papillomviren erfolgt überwiegend beim ungeschützten Geschlechtsverkehr (vaginal, anal, oral), aber auch durch Kontakt mit infizierter Haut bzw. Schleimhaut. Sie ist nicht an den Austausch von Körperflüssigkeiten gebunden. Eine Übertragung der HPV von der Mutter auf das Neugeborene bei der Geburt ist möglich, jedoch sehr selten. Erkrankung Schätzungen zufolge infizieren sich ca. 70 % der sexuell aktiven Frauen und Männer im Laufe ihres Lebens mit HPV. Der Häufigkeitsgipfel liegt dabei zwischen dem 18. und 24. Lebensjahr. Bei der Mehrheit der Infizierten ist nach 1 bis 2 Jahren keine HPV-DNA mehr nachweisbar. Bei ca. 10 % der HPV positiven Frauen entwickeln sich zy1 Ratgeber HPV tologische Auffälligkeiten, die bei weiterer Persistenz der Viren über Monate oder Jahre zu Dysplasien führen können. Bei einem Teil dieser Frauen (ca. 1 %) entsteht daraus ein Zervixkarzinom. In ca. 70 % dieser Fälle wird dabei eine ursächliche Rolle von HPV 16 oder 18 angenommen. Die Dauer vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Auftreten eines invasiven Karzinoms beträgt durchschnittlich 10 bis 15 Jahre. Wie diese Zahlen zeigen, ist das Zervixkarzinom an sich eine seltene Folge einer häufigen Infektion, allerdings müssen zur Bewertung der gesamten Krankheitslast auch die Krebsvorstufen und deren Konsequenzen betrachtet werden. Bei den Karzinomen, die durch HPV verursacht werden, ist das Zervixkarzinom besonders hervorzuheben. In Deutschland erkranken jährlich ca. 4 800 Frauen an einem Zervixkarzinom und es versterben ca. 1 500 Frauen daran. Insgesamt werden in Deutschland bei Frauen knapp 198 000 bösartige Neubildungen im Jahr registriert. In der Altersgruppe der 15 - 49-jährigen Frauen hat das Zervixkarzinom einen Anteil von ca. 9 % an allen Krebserkrankungen. Auch Vulva- und Vaginaltumore, Penis- und Analtumore sowie Karzinome im Hals- und Rachenbereich und bestimmte Formen von Hautkrebs („weißer Hautkrebs“: Basaliome, Spinaliome) können durch HPV ausgelöst werden. Damit besteht nicht nur für Frauen ein Erkrankungsrisiko. Anhand von Schätzungen ist in Deutschland ca. 1 % der sexuell aktiven Bevölkerung in der Altersgruppe 15. - 49. Lebensjahr (d. h. ca. 400 000 Personen) von den durch HPV verursachten, häufig therapieresistenten Condylomata acuminata betroffen. Auch wenn diese Tumoren in der Regel gutartig sind, beeinträchtigen sie die Patienten jedoch häufig sehr. Behandlung 2 Zurzeit gibt es keine spezifische antivirale Therapie gegen HPV. Die Behandlung der durch HPV verursachten Dys- und Neoplasien erfolgt in der Regel durch invasive chirurgische Eingriffe, Strahlen- und/ oder Chemotherapie. In Deutschland wurden nach einer Hochrechnung von Daten der Techniker Krankenkasse im Jahr 2010 ca. 62 000 Konisationen aufgrund von HPV-assoziierten zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN) durchgeführt, teilweise bei Frauen mit noch bestehendem Kinderwunsch. In seltenen Fällen war eine zweite Konisation erforderlich. Studienergebnisse belegen, dass Konisationen mit einem erhöhten Risiko von Komplikationen während einer nachfolgenden Schwangerschaft assoziiert sind, wie z. B. vermehrte Frühgeburtlichkeit und niedriges Geburtsgewicht oder auch die vermehrte Notwendigkeit einer Sectio. Ratgeber HPV In Deutschland wird seit 1971 Frauen ab dem Alter von 20 Jahren jährlich eine gynäkologische Krebsfrüherkennungsuntersuchung mit Zervixabstrich und anschließender zytologischer Bewertung (PAP-Test) als Kassenleistung angeboten. Durch diese Früherkennungsuntersuchungen ist die Zahl der Todesfälle an Zervixkarzinomen deutlich gesunken. Die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen ist mit ca. 50 % der versicherten Frauen aber noch steigerungsfähig. Prävention Die Sensitivität des PAP-Tests zum Screening auf das Zervixkarzinom bzw. Zervixdysplasien wird mit 51 % (95 % Konfidenzintervall von 37 % bis 66 %) angegeben und die Spezifität mit ca. 98 % (95 % Konfidenzintervall von 97 % bis 99 %). Das heißt, dass der PAP-Test zwar in hohem Maße nur erkrankte Frauen als positiv anzeigt, dass er aber andererseits als Einzeltest die Hälfte übersieht. Die jährliche Testung ist deshalb sinnvoll. PAP-Test Der HPV-DNA-Test dient dem Nachweis von humanen Papillomviren in Zellabstrichen und Gewebeproben. Die Bedeutung des Testes im Zusammenhang mit den Früherkennungsuntersuchungen wird derzeit diskutiert. HPV-DNA-Test Die Durchführung eines HPV-DNA-Tests ist für die Entscheidung, ob eine Impfung durchgeführt werden soll oder nicht, nicht sinnvoll. Bei einem positiven Testergebnis wird eine weitere Differenzierung der unterschiedlichen HPV-Genotypen erforderlich, die nur durch zusätzliche Tests möglich ist. Außerdem liegt nur in sehr seltenen Fällen eine Infektion mit allen im Impfstoff enthaltenen HPV-Genotypen vor. Somit kann die Impfung, trotz eines positiven Testergebnisses, einen Schutz gegen diejenigen HPV-Typen aufbauen, mit denen man aktuell nicht infiziert ist, die aber durch den Impfstoff abgedeckt werden. Durch die Benutzung von Kondomen kann die Übertragung von HPV verringert, aber leider nicht sicher verhindert werden, da die Viren nicht über die Samenflüssigkeit, sondern durch Kontakt mit infizierten Haut- und Schleimhautpartien übertragen werden, d. h. auch über Körperbereiche, die nicht durch das Kondom geschützt sind. Als Schutz vor Geschlechtserkrankungen ist der Gebrauch von Kondomen jedoch unverzichtbar. Kondome 3 Ratgeber HPV Impfung Grundlage für die Entwicklung von HPV-Impfstoffen ist die Erkenntnis, dass eine persistierende HPV-Infektion, insbesondere mit den Typen HPV 16 und 18, Voraussetzung für Dysplasien und nachfolgende Neoplasien der Zervix ist. In Deutschland wurde zwei gentechnologisch hergestellten HPV Totimpfstoffen die Zulassung durch die Europäische Kommission bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erteilt: Name HPV-Hochrisikotypen HPV-Niedrig- Firma risikotypen Zulassung Gardasil® 16 & 18 6 & 11 Sanofi Pasteur MSD Sept. 2006 Cervarix keine GlaxoSmithKline ® 16 & 18 Sept. 2007 Eine Empfehlung zur generellen Impfung gegen HPV wurde von der Ständigen Impfkommission (STIKO) im März 2007 für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren ausgesprochen, mit dem Impfziel der Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs sowie dessen Vorstufen. Im Sommer 2009 erfolgte eine nochmalige Überprüfung der Impfempfehlung. Im August 2014 hat die STIKO in ihren aktuellen Impfempfehlungen das Impfalter für die Impfung gegen HPV herabgesetzt. Ab sofort sollten Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren statt bisher 12 bis 17 Jahren die HPV-Impfung als Standardimpfung bekommen. Das Impfschema richtet sich dabei nach dem Alter der zu immunisierenden Person: Kinder im Alter von 9 bis 13 Jahren (Gardasil®) bzw. bis 14 Jahre (Cervarix®) werden nach dem Zweidosen-Impfschema (0, 6 Monate) geimpft. Nur wenn der Impfabstand zwischen 1. und 2. Impfung kürzer ist als 6 Monate, ist eine dritte Impfung erforderlich. Bei Erstimpfung von Jugendlichen im Alter von 14 Jahren und älter (Gardasil®) bzw. 15 Jahre und älter (Cervarix®) erfolgt die Impfung wie bisher mit 3 Impfdosen (Impfzeitpunkte 0 - 1 - 6 Monate (Cervarix®) bzw. 0 - 2 - 6 Monate (Gardasil®). Laut STIKO sollen versäumte Impfungen gegen HPV spätestens bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (d. h. bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag) nachgeholt werden. Eine unvollständige HPV-Impfserie soll auch nach dem 18. Geburtstag komplettiert werden (ggf. Kostenübernahme klären). Für die Anzahl der notwendigen Impfstoffdosen sowie den empfohlenen Impfabstand verweist die STIKO auf die entsprechenden Angaben in den Fachinformationen. Da der hauptsächliche Übertragungsweg für HPV-Infektionen am Gebärmutterhals Sexualkontakte sind, bietet die HPV-Impfung den 4 Ratgeber HPV höchsten Schutz, wenn sie vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen wird. Die STIKO weist jedoch auf die Möglichkeit hin, dass die Impfung auch außerhalb dieses Altersbereiches nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung sinnvoll sein kann und es in der Verantwortung der Ärztin / des Arztes liegt, die Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. In den USA ist seit Dezember 2014 ein nonavalenter HPV-Impfstoff des Herstellers Sanofi Pasteur MSD mit dem Namen Gardasil®9 zugelassen. Der Impfstoff bietet zusätzlich einen Schutz gegen fünf weitere HPV-Typen, die Krebs auslösen können. Mit dem breiteren Schutz sollen sich 90 % aller Karzinome des Zervix, der Vagina, der Vulva sowie des Analbereiches verringern lassen, die durch HP-Viren von Typ 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 ausgelöst werden. Die fünf zusätzlichen Virusstämme sind für schätzungsweise 20 Prozent der Zervixkarzinome verantwortlich. Der Hersteller hat die Zulassung in der EU bereits beantragt. Wann diese Zulassung kommt bzw. wann die STIKO diesen Impfstoff in ihre Empfehlungen aufnehmen wird, bleibt abzuwarten. Die Impfung ist eine Maßnahme der primären Prävention und bietet somit die Möglichkeit, eine Infektion zu verhindern, die zu einer malignen Erkrankung führen kann. Die Teilnahme an der Krebsfrüherkennungsuntersuchung kann jedoch nicht durch die Impfung ersetzt werden, denn sie beinhaltet mehr als nur den Zervixabstrich, auch Vulva, After, Rektum, Corpus, Ovar sowie Mammae und deren Lympfabflussgebiete werden inspiziert. Der Zervixabstrich bleibt weiterhin unbedingt erforderlich, um die durch die verbleibenden, nicht im Impfstoff enthaltenen HPV verursachten Dysplasien bzw. Zervixkarzinome zu entdecken. Die Wirksamkeit der Impfung in Bezug auf die Verhütung von Infektionen durch die HPV-Typen, gegen die der Impfstoff gerichtet ist (z. B. HPV 16 und 18), gilt für nicht-infizierte Frauen als gesichert und beträgt über 99 %. Die STIKO verweist auf das im September 2014 veröffentlichte systematische Review zur Dauer der Immunität nach Impfung gegen HPV, nach dem in der Langzeitbeobachtung keine Hinweise auf ein Nachlassen des Impfschutzes nach Impfung gegen HPV der Typen 16 und 18 bestehen. Verschiedene Modellierungen gehen von einem mindestens 20 Jahre anhaltenden mitunter sogar von einem lebenslangen Schutz aus. Die Frage nach einer Auffrischungsimpfung stellt sich derzeit somit noch nicht bzw. lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beantworten. Welche Auswirkungen die aktuelle Impfempfehlung (frühere Impfung, nur 2 Impfdosen) auf den Langzeitschutz haben wird, bleibt abzuwarten. Wirksamkeit der Impfung 5 Ratgeber HPV Des Weiteren geht man aufgrund der vorliegenden Daten von einer gewissen Kreuzprotektivität aus, d. h. einem teilweisen Schutz gegen weitere, nicht im Impfstoff enthaltene, onkogene HPV-Typen. Die Impfung gegen HPV wirkt bei bereits mit HPV infizierten Frauen deutlich schlechter als bei nicht infizierten. Aus diesem Grund liegt der optimale Zeitpunkt für eine Grundimmunisierung vor dem Beginn der sexuellen Aktivität. Die Impfung bietet keinen therapeutischen Effekt bei bestehender HPV-Infektion oder bereits aufgetretene Zellveränderungen an der Zervix. Nebenwirkungen Seit Markteinführung der beiden HPV Impfstoffe (Gardasil® und Cervarix®) wurden laut WHO Angaben bis Ende 2013 weltweit mehr als 175 Millionen Impfstoffdosen ausgegeben. Die beiden Totimpfstoffe können nach derzeitigem Stand als sicher angesehen werden. Häufungen von schweren Nebenwirkungen konnten bislang nicht beobachtet werden. Als Nebenwirkungen sind lokale Reaktionen an der Injektionsstelle mit Schmerzen, Rötungen oder Schwellungen möglich. Es kann zu Cephalgien, Myalgien, Pruritus, Fieber sowie gastrointestinalen Symptomen kommen, vereinzelt treten allergische Reaktionen sowie Arthritiden auf. Aufgrund möglicher Kreislaufbeschwerden sollten die Geimpften noch ca. eine Viertelstunde in der Arztpraxis unter Beobachtung bleiben. Damit liegt das Nebenwirkungsspektrum der HPV-Impfung im Rahmen der anderen im STIKO-Impfkalender vorgesehenen Impfungen. Alle an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldeten Fälle einer ungewöhnlichen Impfreaktion werden hinsichtlich einer möglichen Verursachung durch den Impfstoff untersucht. In keinem der Fälle, auch bei den vereinzelt bisher im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung gemeldeten Guillain-Barré-Syndromen (GBS), konnte ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der jeweiligen Erkrankung erkannt werden. Bei keinem der vereinzelt aufgetretenen Todesfälle weltweit, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer HPV Impfung standen, konnte eine ursächliche Rolle der Impfung belegt werden. Informationen zu langfristigen oder sehr seltenen unerwünschten Wirkungen werden weiterhin überwacht und veröffentlicht. Aktuelle Informationen zum Spektrum der Nebenwirkungen sind auf der Homepage des PEI abrufbar: www.pei.de. Kontraindikationen 6 Es gibt wenige Kontraindikationen zur HPV Impfung. Dazu gehören: Allergie gegen den Impfstoff oder seine Bestandteile sowie Blutgerinnungsstörungen. Ratgeber HPV Die vollständige Grundimmunisierung kostet in Deutschland, wenn das Zweidosen-Impfschema zum Tragen kommt, ca. 320 Euro. Für Jugendlichen ab dem 14. bzw. 15. Lebensjahr mit 3 Impfungen sind ca. 480 Euro zu veranschlagen. Die HPV-Impfung ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ teuer, in den USA kostet die Grundimmunisierung umgerechnet nur 257 Euro und in der Schweiz 244 Euro. Kosten der Impfung Seit dem 1. April 2007 tragen in Deutschland die gesetzlichen Krankenkassen gemäß der Schutzimpfungsrichtlinie/Si-RL die Kosten für die Impfung von Mädchen im Alter von 9 bis 17 Jahren. Einige Krankenkassen übernehmen die Kosten bzw. Teile der Kosten für die Impfung von Frauen bis zum 26. Lebensjahr als freiwillige Satzungsleistung und einige sogar über das 26. Lebensjahr hinaus. Die Abrechnung der Impfung erfolgt bei gesetzlich Versicherten über die Versichertenkarte auf Kassenrezept auf den Namen der Patientin. Für Personen, die privat versichert sind, gilt der jeweilige Versicherungsvertrag. Mütter und junge Frauen sollten die Kostenübernahme vorab mit der entsprechenden Kasse klären. In Österreich wurde die HPV Impfung für Mädchen und Jungen 2013 ins Schulimpfprogramm aufgenommen und seit Februar 2014 können sich Mädchen und Jungen ab dem vollendeten 9. Lebensjahr im Rahmen des Schulimpfprogrammes kostenfrei immunisieren lassen. Angeboten wird die Impfung in den jeweiligen 4. Volksschulklassen. Die Kosten trägt zu zwei Drittel der Bund, jeweils ein Sechstel tragen Bundesländer und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger. In Großbritannien und Australien gibt es ebenfalls öffentlich finanzierte Schulimpfungen. In Dänemark werden die Impfungen öffentlich finanziert, es existieren jedoch keine Schulimpfungen. Internationale Einordnung Die Kosten-Nutzen-Relation wurde in den 19 europäischen Ländern, in denen mittlerweile eine HPV-Impfempfehlung eingeführt wurde, als positiv eingestuft. 7 Ratgeber HPV Offene Fragen Wie bei allen neuen Impfungen ist es in den Jahren nach Einführung schwierig, ein genaues Bild von den Langzeiteffekten zu erstellen. Da diese Langzeitstudien bisher naturgemäß noch nicht vorliegen können, kann zu den nachfolgenden Punkten noch keine eindeutige Aussage gemacht werden. Effekte auf die zukünftige Zahl der Zervixkarzinome bzw. Auswirkung auf das Auftreten anderer HPV-Typen Es ist davon auszugehen, dass durch die Verringerung der Zahl der HPV Infektionen schließlich auch die Zahl der Zervixkarzinome bzw. deren Vorstufen abnehmen wird. In welchem Ausmaß diese Reduktion der Krankheitslast durch die Impfung erfolgen wird, kann aber noch nicht abgeschätzt werden. Hierbei wird auch berücksichtigt werden müssen, ob ggf. andere HPV-Typen vermehrt zu Dysplasien oder Karzinomen führen werden (sog. Replacement), die nicht durch die Impfung abgedeckt sind. Bislang konnte aber dieses Phänomen nicht beobachtet werden. Einfluss der Impfung auf die Wahrnehmung und die Qualität von Früherkennungsuntersuchungen Ob durch die HPV-Impfung die Sensibilisierung für die Bedeutung des Zervixkarzinoms abnimmt und es dadurch zu einem Rückgang der Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen kommt, bleibt abzuwarten. Es sollte aber alles darangesetzt werden, dem entgegen zu wirken und weiterhin für die Früherkennungsuntersuchungen aus o. g. Gründen zu plädieren. Auftreten von seltenen und schweren Nebenwirkungen Die Akzeptanz einer Impfung ist maßgeblich von der Sicherheit und Verträglichkeit des Impfstoffes abhängig. Gerade bei neu eingeführten Impfungen ist deshalb eine genaue Beobachtung und Bewertung des Nebenwirkungsspektrums sowie deren transparente Veröffentlichung zu fordern. Ein wesentliches Routineinstrument der Überwachung ist hierbei das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Gemäß §6 (1) 3 IfSG ist der „Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung“ an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Durch diese Meldungen leisten die Ärztinnen und Ärzte einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Datenlage. Auch wenn bislang keine Berichte über seltene und schwere Nebenwirkungen vorliegen, ist diese Art der Überwachung weiterhin unentbehrlich. Sinnhaftigkeit einer Impfung für Jungen Humane Papillomviren können bei beiden Geschlechtern das Plattenepithel infizieren. Somit besteht nicht nur für Frauen ein Erkrankungsrisiko. Auch bei Männern können die HPV-Typen 6, 11,16 oder 8 Ratgeber HPV 18 Erkrankungen im Genitalbereich hervorrufen, wie Condylomata acuminata, sowie Penis- und Analtumore, Karzinome im Hals- und Rachenbereich und bestimmte Formen von Hautkrebs. Die Zulassung der Impfstoffe in Deutschland ist durch die Indikationen in der Fachinformation bestimmt. Von den zwei Impfstoffen hat ausschließlich Gardasil® eine Indikation zum Schutz vor den auch bei Jungen und Männern auftretenden Condylomata acuminata sowie dem Analkarzinom und seiner Vorstufen. Der Impfstoff kann also auch bei Jungen bzw. Männern angewendet werden. Die Wirksamkeit ist durch Studienergebnisse belegt. Bei Cervarix® ist als Impfindikation nur der Schutz vor präkanzerösen Läsionen des Gebärmutterhalses und vor Gebärmutterhalskrebs aufgeführt und hat damit eine ausschließlich weibliche Indikation. Bislang hat die STIKO keine HPV Impfempfehlung für Jungen oder Männer ausgesprochen. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hingegen empfiehlt seit Januar 2013 die HPV Impfung auch für alle Jungen und Männer ab dem 10. Lebensjahr bis zum vollendeten 26. Lebensjahr. Die sächsische Empfehlung orientiert sich dabei an der europäischen Zulassung des tetravalenten Impfstoffes, die eine Impfung von Jungen grundsätzlich erlaubt. Die Indikation zur Prävention des Penis- oder des Pharyxnkarzinoms wird jedoch derzeit von der europäischen Zulassung nicht erfasst. Die zukünftige epidemiologische Entwicklung der Krankheitslast durch HPV induzierte Dysplasien und Neoplasien wird zeigen, ob die derzeitigen STIKO-Impfempfehlungen ggf. auf Jungen bzw. junge Männer erweitert werden müssen. In den vergangenen Jahren konnten wichtige Erfahrungen mit den HPV-Impfstoffen gesammelt und wissenschaftliche Erkenntnisse zusammengetragen werden. Dennoch gibt es in manchen Bereichen um die HPV-Impfung noch Wissenslücken, die durch Ausschöpfung der bestehenden Melde- und Überwachungssysteme sowie durch entsprechende wissenschaftliche Studien noch zu schließen sind. In Anbetracht des erwiesenen Nutzens der HPV-Impfung sind diese noch offenen Fragen jedoch kein Grund dafür, auf die Impfung zu verzichten oder sie verzögert durchzuführen. 9 Ratgeber HPV Fazit Zielgruppe der bisherigen Impfempfehlung der STIKO waren Mädchen im Alter von 12 - 17 Jahren, d. h. eine Personengruppe, die u. U. den Pädiater nicht mehr, aber den Gynäkologen möglicherweise noch nicht oder zu spät, d. h. nach den ersten sexuellen Erfahrungen aufsuchen. Mit dieser Strategie wird der optimale Effekt der HPV-Impfung nicht erreicht. Aufgrund der aktuellen STIKO Empfehlung und das Vorziehen des Impfalters ist zu erwarten, dass die HPV Impfung in die Routine-Kinderimpfung übergeht und damit „entsexualisiert“ und somit die Akzeptanz der Impfung verbessert wird. Wegen der langen Latenzzeit der Krebsentstehung ist der zu erwartende Nutzen der HPV-Impfung in Deutschland derzeit noch nicht durch gesicherte Krebsdaten zu belegen. Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Todesfälle an Zervixkarzinomen im Laufe der Jahre reduziert wird. Diese Erfolge kann man aber erst nach 20 - 30 Jahren sehen. Kurzfristig ist, unter der Voraussetzung hoher Impfquoten, mit einem Rückgang von behandlungsbedürftigen Krebsvorstufen am Gebärmutterhals zu rechnen und damit auch eine mögliche Reduktion invasiver Maßnahmen (Konisationen) bzw. daraus resultierender Komplikationen. Eine weitere Begleitforschung wird hier noch die entsprechenden Daten liefern. In Australien startete bereits 2007 ein öffentlich finanziertes Impfprogramm mit Schulimpfungen, durch das im Jahr 2011 bei 15-Jährigen Impfquoten von landesweit etwa 70 % erreicht werden konnten und das zu einem deutlichen Rückgang an CIN-Läsionen sowie der Condylomata acuminata führte. Inzwischen sind auch Jungen in das staatliche Impfprogramm eingeschlossen. Zur Bekämpfung des Zervixkarzinoms sind weitere Präventionsmaßnahmen erforderlich, wie die regelmäßige Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen und die Minimierung von Risikofaktoren wie z. B. Rauchen, Anzahl der Geschlechtspartner, lang dauernde Einnahme von oralen Kontrazeptiva. Diese Maßnahmen können durch eine Impfung nicht ersetzt werden. Aus den bislang vorliegenden Studienergebnissen kann abgeleitet werden, dass die HPV-Impfung ein wirksames Mittel zur Verringerung der Infektionen und damit der zukünftigen Krankheitslast inklusive der psychisch wie physisch einschneidenden diagnostischen sowie therapeutischen Maßnahmen ist. Eine derartige präventive Maßnahme ungenutzt zu lassen, wäre den dann Betroffenen gegenüber nicht vermittelbar und auch nicht vertretbar. In Deutschland haben niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine entscheidende Beratungsfunktion. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen U11 und J1 haben sie die Möglichkeit, die jungen Mädchen und ihre Eltern auf die HPV-Impfung anzusprechen. Bei gy- 10 Ratgeber HPV näkologischen Vorsorgeuntersuchungen können Mütter informiert werden, deren Kinder im Impfalter sind. Auch die wegen Menstruationsbeschwerden oder Fragen der Verhütung stattfindenden gynäkologischen Konsultationen sollten für die Information über und die Durchführung einer HPV-Impfung genutzt werden. 11 Ratgeber HPV Weiterführende Literatur (Auswahl) Ali H, Donovan B, Wand H, T. R. H. Read T R H, Regan D G, Grulich A E, Fairley C K, Guy R J: Genital warts in young Australians five years into national human papillomavirus vaccination programme: national surveillance data. In: BMJ; 346,S. f2032–f2032, doi:10.1136/bmj.f2032 (2013) Anna R. Giuliano et al.: Efficacy of Quadrivalent HPV Vaccine against HPV Infection and Disease in Males. N Engl J Med 364, 401-411, doi:10.1056/ NEJMoa0909537 (2011) AWMF. 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Spezielle Impfaktivitäten, Projekte Surveillance Datenerfassung Erarbeitung von Fachinformationen / Stellungnahmen Abstimmung und Mitarbeit bei der Umsetzung des Nieder- sächsischen Impfprogramms Herausgeber: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt Roesebeckstr. 4 - 6 30449 Hannover Fon0511 / 4505-0 Fax 0511 / 4505-140 www.nlga.niedersachsen.de 2. Aufl. April 2015