Bananen verfaulen im Zeitraffer

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Bananen verfaulen im Zeitraffer
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Kultur
SONNABEND
8. NOVEMBER 2014
Bananen verfaulen im Zeitraffer
Hohe Qualität der Beiträge bei Großer Musikvideoshow / Bremer Rap-Gruppe Ferd gewinnt „Goldene Wurst“
Jedes Jahr tun sich Musiker und Filmemacher aus Bremen und Niedersachsen zusammen: Mit ihren Musikvideos kämpfen
sie um die „Goldene Wurst“ und beweisen
dabei grenzenlose Kreativität.
Bremen. Zombies in 3–D, Animationsfilme,
Roboter in einer apokalyptischen Landschaft, ein Drogentrip und Rapper beim
Heimwerken. Bei der Großen Musikvideoshow ging es um die Wurst – die „Goldene
Wurst“, die der Sieger als Pokal erhält. Jedes Jahr treten bei der Show Musiker und
Filmemacher aus Bremen und Niedersachsen mit ihren Videos gegeneinander an,
am Donnerstagabend zum ersten Mal in Cinemaxx-Kino. Der Saal der Schauburg, in
dem die Veranstaltung bisher stattfand,
habe die immer größer werdende Nachfrage nach Karten nicht mehr decken können, sagte Organisator Stevie Schulze. Und
es gibt offenbar Potenzial für weiteres
Wachstum: Obwohl dieses Mal 500 Plätze
zur Verfügung standen, war die Veranstaltung erneut ausverkauft.
Es ist eine eingespielte Routine: Die Zuschauer stimmen über die Videos ab, und
es wird ein Sieger gekürt. Das Trash-Duo
Charles und Erika führen durch den
Abend, schräg und lustig. Und die Videos?
Mit denen beweist die Szene immer wieder, wie kreativ sie ist.
Das erste Mal mit 3-D Video
Busch-Museum zeigt
moderne Lausbuben
Das Moderatoren-Duo Charles und Erika führte durch die Show, Musiker und Filmemacher kämpften um die „Goldene Wurst“.
im Zeitraffer verfaulen und Pralinen durch
die Luft schweben. In der letzten Szene
werden einem Mann die Dreadlocks abrasiert. Einigen Zuschauern ging das offensichtlich nah: Missbilligende Rufe schallten durch den Kino-Saal.
Den zweiten Platz belegte das Video von
Christopher Dohne und Hannes Rademacher, die „Grillmaster Flash & the
Jungs“ mit „Ich war noch nie Rock’n’Roll“
in Szene gesetzt hatten. Christian Wesemann alias Grillmaster Flash verarbeitet in
seinem Song die Tatsache, dass sein „gan-
zer Lebenslauf für ein Image nix taugt“
und gelobt für die Zukunft Besserung. Die
Kombination aus selbstironischem Song
und lustigem Video kam an.
Horror-Rocker Jamey Rottencorpse war
bereits vor der offiziellen Verkündung sicher, wer sich durchsetzen würde. „Ich bin
ein großer Ferd-Fan, auch wenn man mir
das vielleicht nicht ansieht“, sagte Rottencorpse, der zusammen mit seinen Bandkollegen in Horror–Maske vor dem Kinosaal
stand. „Selbstironie ist ein Ding, das jeder
haben sollte. Ferd hat eine Menge davon,
Die neue große Stimme des Flamenco
Estrella Morente gastiert mit Ensemble in der Glocke und hat mit den Tücken der Technik zu kämpfen
V ON CH RI S T IA N EMIG H O L Z
Bremen. Ganz bis zu uns in den Norden hat
sich der Ruf und Ruhm der Flamenco-Sängerin Estrella Morente noch nicht durchgetrommelt. Der große Saal der Glocke ist
zwar gut besucht, aber keineswegs ausverkauft wie andernorts. Die muttersprachliche spanische Gemeinde Bremens ist
scheinbar vollzählig angetreten, aber auch
viele andere, die dem Feuer des Flamencos
erlegen sind.
Der Abend beginnt dunkel: Auf die spärlich erleuchtete Bühne tritt Estrella Morente und singt vollkommen unbegleitet
„Pregón de las Moras“, bekommt es dabei
aber mit einen Tontechniker zu tun, der offenbar den Hall sehr liebt, denn immer,
wenn sie nach einer erregten Gesangsphrase die notwendige und wirkungsvolle
Pause einlegt, hallt ihre Stimme noch
zwei-, dreimal nach. Später hat ihr junger
Verwandter Enrique „Kiki“ Morente Car-
bonell bei seinem Solo noch einmal mit
dem Problem zu kämpfen. Das sechsköpfige Ensemble, das Estrella Morente begleitet, rekrutiert sich nämlich – durchaus
keine Seltenheit bei Flamenco-Gruppen –
aus der Familie Estrella Morentes. Sie
selbst ist Kind einer Flamenco-Tänzerin
und eines Flamenco-Sängers, ihr musikalischer Weg war also gewissermaßen vorbestimmt, und sie hat ihn schon als Kind eingeschlagen. Dabei hat sich die Sängerin allmählich zu einer Erneuerin des Flamencos
entwickelt, gerade so wie es im Nachbarland Portugal dem Fado mit einer jüngeren
Generation gegangen ist.
Estrella Morente lässt sehr sensibel gewisse Pop-Elemente zu, wie etwa beim Einstieg ihres Ensembles. Gegen Ende lässt
sie sogar ihren Perkussionisten Pedro Gabarre eine Art Flamenco-Rap, kombiniert
mit Breakdance-Elementen, die auf Flamenco-Staccati treffen, vorführen. Danach
darf ihr Ensemble für ein paar Sekunden
seine Rock-Bereitschaft demonstrieren
und auch „Moon river“ kurz anspielen.
Das alles geschieht nicht zufällig, schließlich ist der Flamenco eine Musik, die aus finessenreicher, oft hochvirtuoser Improvisation besteht, derartige zeitgemäße Querverweise knüpfen im Grunde nur an die Tradition an.
Im Kern aber ist Estrella Morente dem
klassischen, ergreifend sich entäußernden
Cante jondo und dem fröhlicheren Cante
chico verpflichtet. Und sie besitzt die
Stimme dazu, eine große Stimme, die auch
ohne Verstärkung die Glocke füllen würde, was sie kurz demonstriert. Dabei wird
sie von immer hitziger werdenden Gitarrenpassagen – spieltechnisch herausragend
der Gitarrist José „Montoyita“ Carbonell,
der schon Estrellas Vater begleitet hat –
und den nachdrücklichen „Palmas“, dem
Händeklatschen, regelrecht in dramatische Ekstase getrieben, ohne dabei die ausdrucksstarke Gestik zu vergessen.
Im Zeichen der Kalligraphie
„Secret Signs“: Hamburg-Harburg zeigt chinesische Schriftkunst aus drei Jahrzehnten
V ON N I C O L E BÜS ING
U N D H E IK O KL A A S
Hamburg. Als der Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann 1999 auf der
Biennale Venedig erstmals im großen Stil
chinesische Gegenwartskunst im Westen
zeigte, ging ein Raunen durch den Kunstbetrieb. So etwas Grelles, Provokatives hatte
man seit dem Aufkommen der amerikanischen Pop Art nicht gesehen. Namen wie
Ai Weiwei, Wang Du oder Zhang Huan
machten schnell die Runde. Schon damals
stammten viele ausgestellte Werke aus der
Sammlung des Schweizer Geschäftsmanns
und Ex-Botschafters Uli Sigg, dem wohl
weltweit wichtigsten Sammler chinesischer Gegenwartskunst. Sigg und das noch
im Bau befindliche Hongkonger Museum
M+, das den Großteil der Sammlung übernommen hat, sind jetzt auch die Hauptleihgeber der Ausstellung „Secret Signs. Zeitgenössische chinesische Kunst im Namen
der Schrift“, die die Hamburger Deichtorhallen in ihrer Dependance, der Sammlung
Falckenberg in Hamburg-Harburg zeigen.
Zu sehen sind 110 Werke von 38 Künstlern, die sich auf unterschiedliche Art mit
dem chinesischen Schriftsystem, der Kalligraphie und der Tuschmalerei auseinandersetzen. Neben Arbeiten auf Papier und
Leinwand werden in der Schau auch Installationen, Objekte, Fotografien und Videoarbeiten präsentiert. Wieder reibt man sich
verwundert die Augen: Wo ist er nur hin,
Auch Bürger spendeten für Aktion
Wiesbaden. Wiedergutmachung für einen
Kunstraub der Nazis: Das Landesmuseum
Wiesbaden kauft jüdischen Erben das Gemälde „Die Labung“ von Hans von Marées
für 200 000 Euro ab. Bürger der hessischen
Landeshauptstadt spendeten dafür 35 000
Euro, wie Museumsdirektor Alexander
Klar am Freitag sagte.
„Die Labung“ hatte bis 1935 dem jüdischen Unternehmer Max Silberberg aus
Breslau gehört, der seine Kunstsammlung
auf Druck der Nationalsozialisten verkaufen musste. Eine Wiesbadener Familie vermachte das Bild 1980 dem Museum. Das
gab es den Silberberg-Erben, einer israelischen Stiftung, zurück. Die willigte in
einen Verkauf ein, weil sich das Museum
einen guten Ruf mit der Rückgabe von
Raubkunst erarbeitet hat. Die 200 000 Euro
werden zu je einem Drittel von der Kulturstiftung der Länder und vom Förderverein
des Museums getragen. Das letzte Drittel
wollte das Museum mit einem Appell an
den Bürgersinn der Stadt sammeln.
Sieben Wochen hing das Gemälde mit
der Rückseite zum Publikum. Bei einem Erfolg der Spendenaktion sollte es wieder gezeigt werden. Es seien Spenden zwischen
fünf und 1500 Euro eingegangen, sagte
Klar. Er zeigte sich zufrieden, auch wenn
das Sammelziel nicht erreicht wurde. Für
die fehlende Summe springt die Hessische
Kulturstiftung ein, sodass Klar und Rhein
das Bild wieder umdrehen konnten.
V ON JAN R A UDS Z US
Dieses Jahr wurde zum ersten Mal ein
3-D-Video gezeigt. Daniel E. Pajak hat den
Clip für „Jamey Rottencorpse and The Rising Dead“ produziert. Trotz des Effekts:
Für die Horror-Punk-Band mit ihrem Song
„The Devil and his Band“ reichte es nicht
für einen der drei ersten Plätze. Denn die
Konkurrenz war groß.
„Die Abwechslung und die Qualität der
Videos ist super“, sagte Teilnehmer Ivan
Marinsky, der zusammen mit Luka Bodzin
ein Video für den Song „Styx“ von Stephan
Bodzin und Marc Romboy gedreht hat.
„Beim Video zu ’The Downfall’ von Symbiz
Sound merkt man, wie aufwendig das ist.
Das ist für Filmemacher wahnsinnig interessant zu sehen, was inzwischen machbar
ist.“ Der ruhige, enorm bildstarke Clip landete schließlich auf Platz drei. Andreas Melcher und Christian Meyerholz lassen darin
Flaschen in Zeitlupe explodieren, Bananen
Wiesbaden kauft
Raubkunst zurück
Imposante Exponate: Zeichnungen des chinesiFOTO: DPA
schen Künstlers Wu Shanzhuan.
der ach so provokative Gestus chinesischer
Gegenwartskunst?
Vieles in dieser Schau jedenfalls wirkt
auf den ersten Blick meditativ, harmonisch,
ja dekorativ. Ein Eindruck indes, der sich
bei genauer Betrachtung mancher Werke
als falsch erweist. So mutet etwa Ai Weiweis für „Secret Signs“ neu entstandene,
raumfüllende Wandarbeit „Divine Diatribe“ zunächst wie eine akribisch kalligraphierte Ansammlung schwarzer Schriftzeichen auf einer weißen Wand an. Wer näher
herangeht und die kleinen Übersetzungstexte liest, erkennt jedoch schnell, dass es
sich um Auszüge aus dem 2009 verbotenen, regierungskritischen Blog des Künstlers handelt. Besonders eindrucksvoll auch
die Installation von Mao Tongqiang: Mehr
als 1800 Akten mit Briefen und Notizen von
Privatleuten, die offizielle Stellen zwischen
1949 und 1977 archiviert haben, präsentiert der Künstler als analoges Archiv der
Überwachung auf Schreibtischen, in Aktenschränken – und auf dem Boden.
Politik wird also nicht ausgespart. Daneben sind in der Schau aber auch faszinierende Meisterwerke der Tuschmalerei zu
sehen. Etwa die abstrakten, von Jackson
Pollocks Action Painting beeinflussten Gemälde Zhang Weis aus den 80er-Jahren.
Oder die 284 Tuschzeichnungen von Bambusstauden auf Reispapier umfassende Serie „Malerei des Augenblicks“ (2006-2008)
des in Hamburg lebenden Shan Fan.
In keinem anderen Medium manifestiert
sich die chinesische Tradition so stark wie
in der Schrift. Eingeführt im 3. Jahrhundert
vor Christus, war die Beherrschung der Einheitsschrift über Jahrtausende einem exklusiven Kreis von Gelehrten und Inhabern
politischer Macht vorbehalten. Erst durch
Mao Zedongs Schriftreform 1956 wurde sie
vereinfacht und popularisiert.
Bis 8. Februar 2015. Öffnungszeiten:
sonnabends und sonntags 12–17 Uhr.
Ein Katalog ist im Snoeck-Verlag erschienen.
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sehen Sie sich weitere Bilder zum
Thema an. Anleitung siehe Seite 2.
FOTO: CRONE
und deshalb wird er auch gewinnen.“ Das
fanden auch die meisten Zuschauer. Mit
dem Video zum satirischen Song „Altbau“
räumten die Rapper von Ferd und Filmemacher Boxer mit großem Vorsprung ab.
Der Filmemacher gewann ein Stipendium
der Akademie Deutsche Pop, die Band
einen Auftritt auf der Breminale.
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sehen Sie sich das Gewinnervideo
an. Anleitung siehe Seite 2.
Hannover. Zum 150. Geburtstag der Lausbuben Max und Moritz stellt das Museum
Wilhelm Busch in Hannover herausragende Bildergeschichten für Kinder vor.
Die heute startende Ausstellung „Da bin
ich“ umfasst Werke von Busch, Tomi Ungerer, F.K. Waechter, Volker Kriegel und Philip Waechter. Vor allem Tomi Ungerer
stellt in ähnlicher Weise wie Wilhelm
Busch ungezogene Charaktere in den Mittelpunkt seines Werks. Insgesamt sind 90 Illustrationen des 83-Jährigen zu sehen. Darüber hinaus werden erstmals Werke von
Philip Waechter gemeinsam mit den Illustrationen seines 2005 gestorbenen Vaters
F.K. Waechter präsentiert. Die Schau läuft
bis zum 1. März.
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Vom Geist der Weihnacht
Für das Weihnachtsmusical wird die ÖVB-Arena zum Theater
Mit A Christmas Carol, der
Geschichte von der wundersamen Wandlung des verbitterten Geldverleihers Ebenezer
Scrooge, gelang Charles
Dickens eine der berühmtesten Weihnachtsgeschichten
aller Zeiten. Und auch das
nach Dickens‘ Vorlage entstandene Familienmusical
Vom Geist der Weihnacht
kann inzwischen auf eine über
zehnjährige Erfolgsgeschichte
zurückblicken. Mit Jeanette
Biedermann als himmlischer
Starbesetzung in der Rolle
des Engels der Weihnacht verzaubert das Familienmuscial
dieses Jahr Groß und Klein
in der Theaterversion der
ÖVB-Arena Bremen.
„Um die Atmosphäre eines
Theaters zu schaffen, wird die
Arena verkleinert“, so der
Technische Leiter des Musicals. „Anders als bei Rockund Pop-Konzerten, wird die
Bühne genau in der Mitte der
Arena aufgebaut, also nach
vorne versetzt. Mit Vorhängen
trennen wir den Bühnenbereich dann vom Zuschauerraum ab, um eine stimmungsvolle Atmosphäre wie
im Theater zu erzeugen. Von
der Bühne ausgehend, wird
schließlich der Innenraum
bestuhlt, wobei wir genau
darauf achten, eine optimale
Sicht von allen Plätzen zu
gewährleisten. Wir bauen sozusagen ein Theater in der
Arena.“
Zuschauer direkt hineinzieht
ins Geschehen. Wie ein lebendiger 3-D-Film auf der
Bühne, der vom ersten Moment an mitreißt“, schwärmt
Regisseur Matthias Kitter.
„Wenn es zum Beispiel
schneit, hat man den Eindruck,
als würde der Schnee tatsächlich in der Arena fallen. Eine
Halle klingt nüchtern, dagegen
muss man ankämpfen. Deshalb hat unsere Inszenierung
Eventcharakter: Sobald man
die von Lebkuchenduft erfüllte Arena betritt, taucht man
mit allen Sinnen in eine weihnachtliche Fantasiewelt ein.“
Das hochkarätige Ensemble
nimmt Groß und Klein mit
auf die weihnachtliche Reise,
auf die sich Marley, Scrooge
und der Engel der Weihnacht
begeben. Vom Geist der
Weihnacht wird so zum unvergesslichen Erlebnis und ist
eine der schönsten Gelegenheiten, mit der ganzen Familie
einzigartige Weihnachtsmomente zu verbringen.
Auch das Kreativ-Team hat
sich für die Theaterversion
etwas ganz Besonderes einfallen lassen. „Visuelle Effekte
wie der Einsatz von riesigen
LED-Wänden schaffen eine
zauberhafte Kulisse, die den
12. - 14. Dez. 2014
ÖVB-Arena Bremen
Karten im Weser-Kurier Pressehaus
oder unter 0421- 353637 · 0421-363636 · 0209-1477999
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