Bananen verfaulen im Zeitraffer
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Bananen verfaulen im Zeitraffer
31 Kultur SONNABEND 8. NOVEMBER 2014 Bananen verfaulen im Zeitraffer Hohe Qualität der Beiträge bei Großer Musikvideoshow / Bremer Rap-Gruppe Ferd gewinnt „Goldene Wurst“ Jedes Jahr tun sich Musiker und Filmemacher aus Bremen und Niedersachsen zusammen: Mit ihren Musikvideos kämpfen sie um die „Goldene Wurst“ und beweisen dabei grenzenlose Kreativität. Bremen. Zombies in 3–D, Animationsfilme, Roboter in einer apokalyptischen Landschaft, ein Drogentrip und Rapper beim Heimwerken. Bei der Großen Musikvideoshow ging es um die Wurst – die „Goldene Wurst“, die der Sieger als Pokal erhält. Jedes Jahr treten bei der Show Musiker und Filmemacher aus Bremen und Niedersachsen mit ihren Videos gegeneinander an, am Donnerstagabend zum ersten Mal in Cinemaxx-Kino. Der Saal der Schauburg, in dem die Veranstaltung bisher stattfand, habe die immer größer werdende Nachfrage nach Karten nicht mehr decken können, sagte Organisator Stevie Schulze. Und es gibt offenbar Potenzial für weiteres Wachstum: Obwohl dieses Mal 500 Plätze zur Verfügung standen, war die Veranstaltung erneut ausverkauft. Es ist eine eingespielte Routine: Die Zuschauer stimmen über die Videos ab, und es wird ein Sieger gekürt. Das Trash-Duo Charles und Erika führen durch den Abend, schräg und lustig. Und die Videos? Mit denen beweist die Szene immer wieder, wie kreativ sie ist. Das erste Mal mit 3-D Video Busch-Museum zeigt moderne Lausbuben Das Moderatoren-Duo Charles und Erika führte durch die Show, Musiker und Filmemacher kämpften um die „Goldene Wurst“. im Zeitraffer verfaulen und Pralinen durch die Luft schweben. In der letzten Szene werden einem Mann die Dreadlocks abrasiert. Einigen Zuschauern ging das offensichtlich nah: Missbilligende Rufe schallten durch den Kino-Saal. Den zweiten Platz belegte das Video von Christopher Dohne und Hannes Rademacher, die „Grillmaster Flash & the Jungs“ mit „Ich war noch nie Rock’n’Roll“ in Szene gesetzt hatten. Christian Wesemann alias Grillmaster Flash verarbeitet in seinem Song die Tatsache, dass sein „gan- zer Lebenslauf für ein Image nix taugt“ und gelobt für die Zukunft Besserung. Die Kombination aus selbstironischem Song und lustigem Video kam an. Horror-Rocker Jamey Rottencorpse war bereits vor der offiziellen Verkündung sicher, wer sich durchsetzen würde. „Ich bin ein großer Ferd-Fan, auch wenn man mir das vielleicht nicht ansieht“, sagte Rottencorpse, der zusammen mit seinen Bandkollegen in Horror–Maske vor dem Kinosaal stand. „Selbstironie ist ein Ding, das jeder haben sollte. Ferd hat eine Menge davon, Die neue große Stimme des Flamenco Estrella Morente gastiert mit Ensemble in der Glocke und hat mit den Tücken der Technik zu kämpfen V ON CH RI S T IA N EMIG H O L Z Bremen. Ganz bis zu uns in den Norden hat sich der Ruf und Ruhm der Flamenco-Sängerin Estrella Morente noch nicht durchgetrommelt. Der große Saal der Glocke ist zwar gut besucht, aber keineswegs ausverkauft wie andernorts. Die muttersprachliche spanische Gemeinde Bremens ist scheinbar vollzählig angetreten, aber auch viele andere, die dem Feuer des Flamencos erlegen sind. Der Abend beginnt dunkel: Auf die spärlich erleuchtete Bühne tritt Estrella Morente und singt vollkommen unbegleitet „Pregón de las Moras“, bekommt es dabei aber mit einen Tontechniker zu tun, der offenbar den Hall sehr liebt, denn immer, wenn sie nach einer erregten Gesangsphrase die notwendige und wirkungsvolle Pause einlegt, hallt ihre Stimme noch zwei-, dreimal nach. Später hat ihr junger Verwandter Enrique „Kiki“ Morente Car- bonell bei seinem Solo noch einmal mit dem Problem zu kämpfen. Das sechsköpfige Ensemble, das Estrella Morente begleitet, rekrutiert sich nämlich – durchaus keine Seltenheit bei Flamenco-Gruppen – aus der Familie Estrella Morentes. Sie selbst ist Kind einer Flamenco-Tänzerin und eines Flamenco-Sängers, ihr musikalischer Weg war also gewissermaßen vorbestimmt, und sie hat ihn schon als Kind eingeschlagen. Dabei hat sich die Sängerin allmählich zu einer Erneuerin des Flamencos entwickelt, gerade so wie es im Nachbarland Portugal dem Fado mit einer jüngeren Generation gegangen ist. Estrella Morente lässt sehr sensibel gewisse Pop-Elemente zu, wie etwa beim Einstieg ihres Ensembles. Gegen Ende lässt sie sogar ihren Perkussionisten Pedro Gabarre eine Art Flamenco-Rap, kombiniert mit Breakdance-Elementen, die auf Flamenco-Staccati treffen, vorführen. Danach darf ihr Ensemble für ein paar Sekunden seine Rock-Bereitschaft demonstrieren und auch „Moon river“ kurz anspielen. Das alles geschieht nicht zufällig, schließlich ist der Flamenco eine Musik, die aus finessenreicher, oft hochvirtuoser Improvisation besteht, derartige zeitgemäße Querverweise knüpfen im Grunde nur an die Tradition an. Im Kern aber ist Estrella Morente dem klassischen, ergreifend sich entäußernden Cante jondo und dem fröhlicheren Cante chico verpflichtet. Und sie besitzt die Stimme dazu, eine große Stimme, die auch ohne Verstärkung die Glocke füllen würde, was sie kurz demonstriert. Dabei wird sie von immer hitziger werdenden Gitarrenpassagen – spieltechnisch herausragend der Gitarrist José „Montoyita“ Carbonell, der schon Estrellas Vater begleitet hat – und den nachdrücklichen „Palmas“, dem Händeklatschen, regelrecht in dramatische Ekstase getrieben, ohne dabei die ausdrucksstarke Gestik zu vergessen. Im Zeichen der Kalligraphie „Secret Signs“: Hamburg-Harburg zeigt chinesische Schriftkunst aus drei Jahrzehnten V ON N I C O L E BÜS ING U N D H E IK O KL A A S Hamburg. Als der Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann 1999 auf der Biennale Venedig erstmals im großen Stil chinesische Gegenwartskunst im Westen zeigte, ging ein Raunen durch den Kunstbetrieb. So etwas Grelles, Provokatives hatte man seit dem Aufkommen der amerikanischen Pop Art nicht gesehen. Namen wie Ai Weiwei, Wang Du oder Zhang Huan machten schnell die Runde. Schon damals stammten viele ausgestellte Werke aus der Sammlung des Schweizer Geschäftsmanns und Ex-Botschafters Uli Sigg, dem wohl weltweit wichtigsten Sammler chinesischer Gegenwartskunst. Sigg und das noch im Bau befindliche Hongkonger Museum M+, das den Großteil der Sammlung übernommen hat, sind jetzt auch die Hauptleihgeber der Ausstellung „Secret Signs. Zeitgenössische chinesische Kunst im Namen der Schrift“, die die Hamburger Deichtorhallen in ihrer Dependance, der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg zeigen. Zu sehen sind 110 Werke von 38 Künstlern, die sich auf unterschiedliche Art mit dem chinesischen Schriftsystem, der Kalligraphie und der Tuschmalerei auseinandersetzen. Neben Arbeiten auf Papier und Leinwand werden in der Schau auch Installationen, Objekte, Fotografien und Videoarbeiten präsentiert. Wieder reibt man sich verwundert die Augen: Wo ist er nur hin, Auch Bürger spendeten für Aktion Wiesbaden. Wiedergutmachung für einen Kunstraub der Nazis: Das Landesmuseum Wiesbaden kauft jüdischen Erben das Gemälde „Die Labung“ von Hans von Marées für 200 000 Euro ab. Bürger der hessischen Landeshauptstadt spendeten dafür 35 000 Euro, wie Museumsdirektor Alexander Klar am Freitag sagte. „Die Labung“ hatte bis 1935 dem jüdischen Unternehmer Max Silberberg aus Breslau gehört, der seine Kunstsammlung auf Druck der Nationalsozialisten verkaufen musste. Eine Wiesbadener Familie vermachte das Bild 1980 dem Museum. Das gab es den Silberberg-Erben, einer israelischen Stiftung, zurück. Die willigte in einen Verkauf ein, weil sich das Museum einen guten Ruf mit der Rückgabe von Raubkunst erarbeitet hat. Die 200 000 Euro werden zu je einem Drittel von der Kulturstiftung der Länder und vom Förderverein des Museums getragen. Das letzte Drittel wollte das Museum mit einem Appell an den Bürgersinn der Stadt sammeln. Sieben Wochen hing das Gemälde mit der Rückseite zum Publikum. Bei einem Erfolg der Spendenaktion sollte es wieder gezeigt werden. Es seien Spenden zwischen fünf und 1500 Euro eingegangen, sagte Klar. Er zeigte sich zufrieden, auch wenn das Sammelziel nicht erreicht wurde. Für die fehlende Summe springt die Hessische Kulturstiftung ein, sodass Klar und Rhein das Bild wieder umdrehen konnten. V ON JAN R A UDS Z US Dieses Jahr wurde zum ersten Mal ein 3-D-Video gezeigt. Daniel E. Pajak hat den Clip für „Jamey Rottencorpse and The Rising Dead“ produziert. Trotz des Effekts: Für die Horror-Punk-Band mit ihrem Song „The Devil and his Band“ reichte es nicht für einen der drei ersten Plätze. Denn die Konkurrenz war groß. „Die Abwechslung und die Qualität der Videos ist super“, sagte Teilnehmer Ivan Marinsky, der zusammen mit Luka Bodzin ein Video für den Song „Styx“ von Stephan Bodzin und Marc Romboy gedreht hat. „Beim Video zu ’The Downfall’ von Symbiz Sound merkt man, wie aufwendig das ist. Das ist für Filmemacher wahnsinnig interessant zu sehen, was inzwischen machbar ist.“ Der ruhige, enorm bildstarke Clip landete schließlich auf Platz drei. Andreas Melcher und Christian Meyerholz lassen darin Flaschen in Zeitlupe explodieren, Bananen Wiesbaden kauft Raubkunst zurück Imposante Exponate: Zeichnungen des chinesiFOTO: DPA schen Künstlers Wu Shanzhuan. der ach so provokative Gestus chinesischer Gegenwartskunst? Vieles in dieser Schau jedenfalls wirkt auf den ersten Blick meditativ, harmonisch, ja dekorativ. Ein Eindruck indes, der sich bei genauer Betrachtung mancher Werke als falsch erweist. So mutet etwa Ai Weiweis für „Secret Signs“ neu entstandene, raumfüllende Wandarbeit „Divine Diatribe“ zunächst wie eine akribisch kalligraphierte Ansammlung schwarzer Schriftzeichen auf einer weißen Wand an. Wer näher herangeht und die kleinen Übersetzungstexte liest, erkennt jedoch schnell, dass es sich um Auszüge aus dem 2009 verbotenen, regierungskritischen Blog des Künstlers handelt. Besonders eindrucksvoll auch die Installation von Mao Tongqiang: Mehr als 1800 Akten mit Briefen und Notizen von Privatleuten, die offizielle Stellen zwischen 1949 und 1977 archiviert haben, präsentiert der Künstler als analoges Archiv der Überwachung auf Schreibtischen, in Aktenschränken – und auf dem Boden. Politik wird also nicht ausgespart. Daneben sind in der Schau aber auch faszinierende Meisterwerke der Tuschmalerei zu sehen. Etwa die abstrakten, von Jackson Pollocks Action Painting beeinflussten Gemälde Zhang Weis aus den 80er-Jahren. Oder die 284 Tuschzeichnungen von Bambusstauden auf Reispapier umfassende Serie „Malerei des Augenblicks“ (2006-2008) des in Hamburg lebenden Shan Fan. In keinem anderen Medium manifestiert sich die chinesische Tradition so stark wie in der Schrift. Eingeführt im 3. Jahrhundert vor Christus, war die Beherrschung der Einheitsschrift über Jahrtausende einem exklusiven Kreis von Gelehrten und Inhabern politischer Macht vorbehalten. Erst durch Mao Zedongs Schriftreform 1956 wurde sie vereinfacht und popularisiert. Bis 8. Februar 2015. Öffnungszeiten: sonnabends und sonntags 12–17 Uhr. Ein Katalog ist im Snoeck-Verlag erschienen. Scannen Sie das Bild oben und sehen Sie sich weitere Bilder zum Thema an. Anleitung siehe Seite 2. FOTO: CRONE und deshalb wird er auch gewinnen.“ Das fanden auch die meisten Zuschauer. Mit dem Video zum satirischen Song „Altbau“ räumten die Rapper von Ferd und Filmemacher Boxer mit großem Vorsprung ab. Der Filmemacher gewann ein Stipendium der Akademie Deutsche Pop, die Band einen Auftritt auf der Breminale. Scannen Sie das Bild oben und sehen Sie sich das Gewinnervideo an. Anleitung siehe Seite 2. Hannover. Zum 150. Geburtstag der Lausbuben Max und Moritz stellt das Museum Wilhelm Busch in Hannover herausragende Bildergeschichten für Kinder vor. Die heute startende Ausstellung „Da bin ich“ umfasst Werke von Busch, Tomi Ungerer, F.K. Waechter, Volker Kriegel und Philip Waechter. Vor allem Tomi Ungerer stellt in ähnlicher Weise wie Wilhelm Busch ungezogene Charaktere in den Mittelpunkt seines Werks. Insgesamt sind 90 Illustrationen des 83-Jährigen zu sehen. Darüber hinaus werden erstmals Werke von Philip Waechter gemeinsam mit den Illustrationen seines 2005 gestorbenen Vaters F.K. Waechter präsentiert. Die Schau läuft bis zum 1. März. ANZEIGE – Anzeige – Vom Geist der Weihnacht Für das Weihnachtsmusical wird die ÖVB-Arena zum Theater Mit A Christmas Carol, der Geschichte von der wundersamen Wandlung des verbitterten Geldverleihers Ebenezer Scrooge, gelang Charles Dickens eine der berühmtesten Weihnachtsgeschichten aller Zeiten. Und auch das nach Dickens‘ Vorlage entstandene Familienmusical Vom Geist der Weihnacht kann inzwischen auf eine über zehnjährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Mit Jeanette Biedermann als himmlischer Starbesetzung in der Rolle des Engels der Weihnacht verzaubert das Familienmuscial dieses Jahr Groß und Klein in der Theaterversion der ÖVB-Arena Bremen. „Um die Atmosphäre eines Theaters zu schaffen, wird die Arena verkleinert“, so der Technische Leiter des Musicals. „Anders als bei Rockund Pop-Konzerten, wird die Bühne genau in der Mitte der Arena aufgebaut, also nach vorne versetzt. Mit Vorhängen trennen wir den Bühnenbereich dann vom Zuschauerraum ab, um eine stimmungsvolle Atmosphäre wie im Theater zu erzeugen. Von der Bühne ausgehend, wird schließlich der Innenraum bestuhlt, wobei wir genau darauf achten, eine optimale Sicht von allen Plätzen zu gewährleisten. Wir bauen sozusagen ein Theater in der Arena.“ Zuschauer direkt hineinzieht ins Geschehen. Wie ein lebendiger 3-D-Film auf der Bühne, der vom ersten Moment an mitreißt“, schwärmt Regisseur Matthias Kitter. „Wenn es zum Beispiel schneit, hat man den Eindruck, als würde der Schnee tatsächlich in der Arena fallen. Eine Halle klingt nüchtern, dagegen muss man ankämpfen. Deshalb hat unsere Inszenierung Eventcharakter: Sobald man die von Lebkuchenduft erfüllte Arena betritt, taucht man mit allen Sinnen in eine weihnachtliche Fantasiewelt ein.“ Das hochkarätige Ensemble nimmt Groß und Klein mit auf die weihnachtliche Reise, auf die sich Marley, Scrooge und der Engel der Weihnacht begeben. Vom Geist der Weihnacht wird so zum unvergesslichen Erlebnis und ist eine der schönsten Gelegenheiten, mit der ganzen Familie einzigartige Weihnachtsmomente zu verbringen. Auch das Kreativ-Team hat sich für die Theaterversion etwas ganz Besonderes einfallen lassen. „Visuelle Effekte wie der Einsatz von riesigen LED-Wänden schaffen eine zauberhafte Kulisse, die den 12. - 14. Dez. 2014 ÖVB-Arena Bremen Karten im Weser-Kurier Pressehaus oder unter 0421- 353637 · 0421-363636 · 0209-1477999 www.vom-geist-der-weihnacht.de