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40 Seiten UHREN-SPECIAL Die beste Zeit! Uhren NOVEMBER 2014 175 JAHRE PATEK PHILIPPE TECHNIK-SENSATION ZUM JUBILÄUM MODERNER MYTHOS MONDPHASEN-CHRONOS INTERVIEWS HUBLOT-PRÄSIDENT BIVER PANERAI-CHEF BONATI F1-PILOT JENSON BUTTON TRÄGT EINE TAG-HEUER "CARRERA" CHRONOGRAFEN Die Könige der Zeitmessung SOLIVER-FRAGRANCES.COM UHREN-SPECIAL Impressum FOCUS Magazin Verlag GmbH Arabellastraße 23 81925 München Postfach 81 03 07, 81903 München Telefon: 0 89/92 50-0 Fax: 0 89/92 50 - 20 26 FOCUS ist ein Magazin von BurdaNews. 16 Kultmarke Panerai Der Chef des Herstellers maskuliner Modelle, Angelo Bonati, gewährt seltene Einblicke 22 Moderner Mythos MondphasenModelle finden immer mehr Anhänger. Sie eignen sich perfekt als Einstieg in die Welt der komplizierten Uhren 26 Edel & glamourös US-Nobel-Juwelier Harry Winston stattet traditionell viele Stars aus - wie einst die USSchauspielerin Marilyn Monroe 4 | Top-Modelle & -Marken Die Trends des Jahres bei Luxusuhren 22 | Moderner Mythos Die spektakuläre Technik der Mondphasen-Uhren 8 | Chronographen Warum dieser Uhrentyp alle Männer begeistert 26 | Harry Winston Porträt des Nobel-Juweliers Foto: United Archives/dpa 12 | Rolex Die kultige „Pepsi-Watch“ wurde neu aufgelegt 16 | Panerai Firmenchef Angelo Bonati gewährt im Interview Einblicke 20 | Revolution in Sachsen Die kleine Firma Nomos entwickelt ein eigenes Schwingsystem FOCUS 45/2014 28 | 175 Jahre Patek Philippe Meilensteine der Manufaktur 30 | Goldene Unruh 2015 Tolle Preise bei der renommierten Uhren-Wahl 32 | Uhren-Guru Hublot-Präsident Jean-Claude Biver im Gespräch 36 | Volltreffer! Welche Uhren Top-Fußballer wählen Herausgeber Helmut Markwort, Uli Baur Chefredakteur Ulrich Reitz Stellvertretende Chefredakteure Markus Krischer, Gerald Selch Textchef Markus Götting Art Direction Bardo Fiederling, Markus Rindermann Geschäftsführende Redakteurin Pea Schubert Chef vom Dienst Sonja Wiggermann Konzeption & Redaktion Andreas Körner Mitarbeiter dieser Ausgabe Fritz Schwab, Axel Spilcker, Thomas van Zütphen Titel Eva Dahme Grafik David Schier Bildredaktion Thorsten Fleischhauer; Arne Deepen Dokumentation/Schlussredaktion Petra Kerkermeier; Astrid Diening, Wolfgang Donauer, Gisela Haberer-Faye, Silja Haas, Gottfried Hahn, Bernd Hempeler, Andrea Kaufmann, Angelika Loos, Christina Madl, Gerd Marte, Joachim J. Petersen, Marion Riecke, Reinhard Ruschmann, Dorothea Rutenfranz, Heike Spruth, Rita Stumpf, Catherine Velte, Nina Winklerde Lates, Maria Zieglmaier Technischer Redaktionskoordinator Peter Gaberle Herstellung Helmut Janisch, Christoph von Schiber Bildtechnik Harald Neumann Bildbearbeitung Reinhard Erler; Joachim Gigacher, Crescencio Sarabia, Mirko Vezmar, Berhard Wolk Redaktionstechnik Ingo Bettendorf, Stephanie Speer FOCUS-Special „Uhren“ erscheint in der FOCUS Magazin Verlag GmbH. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Ulrich Reitz. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Nachdruck ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet. Dieses gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und Vervielfältigungen auf CD-ROM. Sofern Sie Artikel aus FOCUS-Specials in Ihren internen elektronischen Pressespiegel übernehmen wollen, erhalten Sie die erforderlichen Rechte unter www.presse-monitor.de oder unter Telefon: 0 30/28 49 30, PMG Presse-Monitor GmbH. Anzeigenverkauf für FOCUS-Special „Uhren“ Carolin Cleven, Telefon 0 89/92 50-20 91, Fax: 0 89/92 50-24 94, [email protected] Verantwortlich für den Anzeigenteil Kai Sahlfeld, Arabellastraße 23, 81925 München. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 25, gültig seit 1. Januar 2014. Leiter Direkt Marketing Michael Zgolik Senior Brand Manager Jochen Lutz Director Marketing Stefan Hensel Verlagsleiter Stefan Kossack Director Finance and Operations Gunnar Scheuer Geschäftsführer Burkhard Graßmann, Andreas Mayer Verleger Dr. Hubert Burda 3 Tauchen für den guten Zweck 4 Extraflaches Meisterwerk Wempe mit Jubiläumsuhr Tourbillons sind extrem komplizierte Mechaniken, die Gangfehler durch die Erdanziehungskraft ausgleichen. Von deren Erfinder Breguet stammt ein besonders flaches Modell, die „Classique Tourbillon extraflach“. Das Werk misst nur drei, das Platingehäuse nur sieben Millimeter 138 100 Euro Mittlerweile gibt es das renommierte UhrenMagazin, mit dem FOCUS gemeinsam den Preis Goldene Unruh vergibt (s. Seite 30), seit einem Vierteljahrhundert. Zu diesem Anlass bietet Nobeljuwelier Wempe einen speziellen, auf 25 Stück limitierten Chronographen an 2175 Euro Fotos: Thomas Bender, Tomas Riehle/artur, Jürgen Jeibmann Die Schweizer IWC (International Watch Company) unterstützt seit 2009 die Charles Darwin Foundation. Die Organisation will helfen, die Natur der südamerikanischen Galapagosinseln (vor Ecuador gelegen) zu erhalten, die für ihre einzigartige Tier- und Pflanzenwelt berühmt ist. Mit dem Chronographen, also einer Uhr mit Stoppfunktion, „Galapagos Islands“ aus der AquatimerSerie zelebriert IWC die fünfjährige Zusammenarbeit. Das Taucher-Modell ist bis 300 Meter wasserdicht, verfügt über eine sehr hohe Gangreserve von 68 Stunden und eine Schraubkrone 9900 Euro UHREN-SPECIAL Minuten aus der Mitte seiem er Die Glashütter Tutima präsentiert die „Saxon One“. Ihre Besonderheit: Die gestoppten Minuten werden zentral aus der Mitte angezeigt statt wie üblich auf einem kleinen Hilfszifferblatt, was die Ablesbarkeit verbessert 4600 Euro Lupenreiner Hochkaräter Eine Kombination aus feinster Uhrmacher- und Juwelierskunst offeriert Vacheron Constantin aus Genf. Beim Modell „Traditionelle Haute Joaillerie“ ist das Werk aufwendig mit Zierschliffen versehen. Band, Zifferblatt und Gehäuse sind mit insgesamt 846 Diamanten (56,1 Carat) besetzt Preis auf Anfrage FOCUS 45/2014 Zifferblatt als Kunstwerk Die Luzerner Chronoswiss fertigt für ihre Uhren besonders aufwendige Zifferblätter. Bei der „Sirius Artist“ wird der Rohling aus massivem Silber auf historischen Maschinen mit Schliffen verziert und mit farbigem und transparentem Emaille überzogen 25 900 Euro 5 High Tech – nicht nur fürs Cockpit Breitling hat eine Multifunktionsuhr auf den Markt gebracht, die allen Anforderungen von Flugprofis gerecht wird. Die Funktionen der „Cockpit B50“ sind aber auch für Aktive aus anderen Bereichen, besonders in Extremsituationen, hilfreich. Darunter: diverse Stopp- und Alarmfunktionen mit optischen und akustischen Signalen sowie eine automatische Beleuchtung. Ausgestattet ist das Titanmodell mit dem sehr genauen SuperQuarz-Werk 6050 Euro Großes Datum kleiner Preis Die „Premier Kinetic Perpetual“ von Seiko verfügt über ein seltenes „Großdatum“ und einen Kalender, der bis 2100 gilt. Beim „Kinetic“Werk sammelt ein Rotor Energie für ein Quarzwerk mit bis zu vier Jahren Gangreserve 839 Euro Mit dieser Uhr geht’s nach oben Die erste automatische Armbanduhr mit eingebautem Höhenmesser kommt von der Schweizer Oris und heißt „Big Crown ProPilot Altimeter“. Sie ist ausgestattet mit dem Werk Oris 733 und bis 100 Meter Tiefe wasserdicht 3050 Euro 6 UHREN-SPECIAL Klar erkennbar – auch bei Nacht Zeitmesser von Cartier zeichnet von jeher ihre gute Wiedererkennbarkeit aus. Für die „Calibre de Cartier Diver“ gilt das auch unter Wasser oder in der Nacht. Die große römische Ziffer bei der Zwölf und die „Schwert“-Zeiger weisen sie unmittelbar als Modell des französischen Traditionshauses aus. Die Neuheit erfüllt die ISO-Norm 6425 für Taucheruhren und ist bis 300 Meter wasserdicht 6650 Euro Eine Hommage an Bugatti An den legendären Sportwagen „Bugatti Aérolithe“ aus dem Jahr 1935, der durch seine MagnesiumKarosserie seiner Zeit weit voraus war, will Parmigiani mit einer Uhr gleichen Namens erinnern. Im Inneren arbeitet ein aufwendiges Automatikwerk mit 311 Teilen und 68 Rubinen 23 500 Euro So hart getestet wie keine andere Insgesamt 130 verschiedene Tests muss das neue Modell aus dem Hause Victorinox (bekannt durch die Schweizer Offiziersmesser), „I.N.O.X.“, durchlaufen. Victorinox arbeitete bei den Verfahren auch mit der Schweizer Feuerwehr zusammen – zu den harten Prüfungen gehören: ein Fall aus zehn Meter Höhe auf Beton, die Einwirkung einer 1200 Grad heißen Flamme, 168 Stunden in arktischem Eis - und das Überrollen durch einen 64 Tonnen schweren Panzer 399 Euro Texte: Andreas Körner FOCUS 45/2014 7 UHREN-SPECIAL Benzin im Blut Hollywood-Star Patrick Dempsey beim Porsche Mobil 1 Supercup 2014 in Hockenheim - er trägt eine TAG Heuer „Monaco Calibre 12 Racing“ 4750 Euro König (nicht nur) der Rennstrecke 8 N icolas Rieussec konnte 1821 nicht ahnen, dass er den Grundstein für ein weltweites Multimillionen-Geschäft legen würde, das bis heute boomt. Der Uhrmacher aus Paris entwickelte in dem Jahr den ersten „Chronographen“ – also einen „Zeitschreiber“. Damals waren bei Männern Pferderennen ausgesprochen beliebt – quasi als Vorläufer des Motorsports. Immer wieder kam es jedoch zu Disputen, welcher Gaul wie lange unterwegs war. Mit dem frühen Chronographen wollte Rieussec diesen Missstand beheben – was ihm souverän gelang: Der neuartige Zeitmesser druckte beim Zieleinlauf eines jeden Galoppers per Knopfdruck Tintenpunkte auf zwei sich drehende Scheiben. Die Sportfreunde konnten nun – anhand des Abstands der Tintentröpfchen – die Zeiten der einzelnen Pferde ablesen, auf eine Viertelsekunde genau. Der Urchrono begeisterte sofort die Männer seiner Epoche. Bis heute haben mechanische Uhren dieses Typs nichts von ihrer Faszination verloren. Die neuzeitlichen Chronographen erinnern sogar optisch an die Zeitscheiben des RieussecModells – durch ihre drei kleinen Hilfszifferblätter auf dem Hauptzifferblatt, für Stunden, Minuten und Sekunden (Totalisatoren). Bei manchen Modellen werden aber die Sekunden mit einem langen Zeiger aus der Mitte gestoppt, dann genügen zwei Hilfszifferblätter für Die bei Männern beliebtesten Uhrentypen, die Chronographen, haben eine bewegte Geschichte und spielen auch abseits der Rennparcours eine wichtige Rolle. Diese Kult-Chronos gibt es in beeindruckend vielen Varianten FOCUS 45/2014 Renn-Gene Die „Monaco“ von TAG Heuer, hier die „Calibre 12 Automobile Club de Monaco“, wurde durch den Film „Le Mans“ mit Steve McQueen berühmt 6100 Euro 9 UHREN-SPECIAL Die neueste Monduhr Das Keramikgehäuse der aktuellen Omega „Speedmaster Grey Side of the Moon“ wird bei 20 000 (!) Grad in einer Plasmakammer gehärtet 9300 Euro Meister der Messung Omega, hier Firmenchef Stephen Urquhart, stattete alle bemannten Raumfahrten der Nasa aus Anzugtauglich Der Tissot „Carson Automatic Chronograph“ tritt edel auf 695 Euro Harte Schale Zenith überzieht die „Stratos Spindrift“ mit DLC-Schicht 7200 Euro 10 Stunden und Minuten. Die Totalisatoren geben jedem Chrongraphen das typische Aussehen, die sofortige Erkennbarkeit, die Uhrenfans schätzen. Ein weiteres optisches Merkmal, das Armbanduhren als begehrten Chronographen ausweist, sind die obligatorischen Drücker, mit denen der Stoppvorgang gestartet und beendet wird. Es gibt sie in zahlreichen Ausführungen: rund, eckig, mit Steinen besetzt, geriffelt oder besonders groß für bessere Bedienbarkeit, links, rechts oder oben am Gehäuse angebracht. Den Erfolg dieser markanten Uhren hat offenbar auch die Tatsache nicht gebremst, dass sich für sie ein fehlerhafter Name eingebürgert hat. Denn „Chronographen“, also „Zeitschreiber“, sind sie nicht. Sie zeigen die gemessenen Intervalle ja lediglich an – und müssten daher korrekt „Chronoskope“, also „Zeitanzeiger“, heißen. Die Hersteller Chronoswiss oder Junghans beispielsweise nennen ihre Stoppuhren daher Chronoscope. Auch unter der häufigen Verwechslung von Chronographen mit „Chronometern“ leidet deren Beliebtheit nicht. „Chronometer“ bedeutet schlicht, dass eine Uhr besonders genau geht, was oftmals durch ein Zertifikat bestätigt wird (etwa von der Schweizer Prüfstelle COSC). Eine Stoppfunktion besitzt ein „Chronometer“ aber keineswegs zwingend – und ein Chronograph kann ein Chronometer, also eine besonders akkurate Uhr, sein, muss es aber nicht. Klar ist auf jeden Fall: Auch wenn die verschwiegene Uhrenbranche fast nie konkrete Zahlen über den Absatz einzelner Segmente veröffentlicht – bei allen wichtigen Herstellern in diesem Bereich wie Breitling, Omega, Rolex oder TAG Heuer gehört dieser Uhrentyp zu den wichtigsten Umsatzbringern. Der erste seiner Art Der französische Uhrmacher Nicolas Rieussec erfand 1821 den Chronographen - hier ein historisches Modell Das liegt auch daran, dass sich viele Modelle dieser Bauart zu Ikonen der Uhrenwelt entwickelt haben, die international bekannt sind, und daher stets große Erlösanteile auf sich vereinen – so etwa die „Chronomat“ von Breitling, die „Speedmaster“ von Omega, die „Cosmograph Daytona“ von Rolex oder die „Monaco“ von TAG Heuer. Auch bestätigen viele Vertreter der Marken, dass die Stoppfunktion die bei Männern beliebteste Zusatzfunktion („Komplikation“) überhaupt ist. „Für Experten ist klar, dass der Chronograph die ultimative Komplikation ist. Es ist nicht nur die Funktion, sondern auch die sportliche Erscheinung auf Grund der Drücker, die sie so beliebt macht“, so TAG-HeuerChef Stéphane Linder. „Der Chronograph wird sofort wiedererkannt und zeichnet sich durch seine hohe Brauchbarkeit aus“, ergänzt Omega-Vorstandsvorsitzender Stephen Urquhart. Zur Verbreitung des „Königs der Komplikationen“ haben mehrere Faktoren maßgeblich beigetragen: Prominente Träger transportierten Bilder von Chronographen um die Welt. So soll der US-Rennfahrer und Schauspieler Paul Newman mindestens FOCUS 45/2014 Technisch raffiniert Das Säulen- oder Kolonnenrad (im Bild blau, Werk von Longines) ermöglicht verschleißarmes, akkurates Stoppen der Zeit fünf Rolex „Daytona“ besessen haben, die auch in seinen Filmen prominent zu sehen waren. Auch deshalb avancierte die „Daytona“ zu einer der begehrtesten Uhren – mit teils langen Wartezeiten vor der Auslieferung. Historische Modelle dieses Typs erzielen auf Auktionen Höchstpreise. So wurde Ende 2013 eine „Daytona“ bei Christie’s für 1,1 Millionen Dollar versteigert. Die „Monaco“ von TAG Heuer wurde durch den Spielfilm „Le Mans“ aus dem Jahr 1971 über das gleichnamige 24-StundenRennen mit Steve McQueen weltberühmt. Ein weiterer Grund für den Siegeszug der Chronographen: Sie spielten bei zahlreichen Meilensteinen der jüngeren Geschichte sowie bei der Entwicklung des Sports wichtige Rollen. Omega-Chef Urquhart: „Unsere Chronographen wurden schon 1932 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles zur Zeiterfassung genutzt. Unser bekanntester Chronograph ist aber sicherlich die ,Speedmaster‘, die 1957 auf den Markt kam. Dieses Modell wurde von der Nasa für alle bemannten Raumfahrtmissionen ausgewählt und war bei allen sechs Mondlandungen dabei.“ Natürlich gingen auch von diesen Jahrhundert-EreigFOCUS 45/2014 Nur ein Drücker Die klassische Longines „24 Hour Single Push Piece“ 3240 Euro Nahe am Original Der Montblanc „Rieussec-Chrono“ mit Zeitscheiben 28 900 Euro nissen Bilder um den Globus. TAG Heuer reklamiert für sich, durch die exakte Zeitmessung die Spannung bei Formel-1-Rennen massiv gesteigert zu haben. Uhren-Legende Jack Heuer, Ehrenpräsident von TAG Heuer und Urenkel des Firmengründers: „Erst die Messung kleinster Zeiteinheiten und die Anzeige für einzelne Fahrer mit Zwischenzeiten haben die Rennen für das Publikum spannend gemacht. Wir haben so dazu beigetragen, die Rennserie zur Geldmaschine zu machen.“ Ähnliches dürfte für Ski- oder Fahrradrennen und andere Wettfahrten gelten. Im sportlichen Alltag unterstützen die Sonderfunktionen einiger Chronographen ebenfalls die Aktiven. So verfügt der Segeluhren-Klassiker „YachtMaster II“ von Rolex über einen Countdown-Modus, mit dem sich die übliche zehnminütige Startphase vor dem Beginn einer Regatta herunterzählen lässt. Für Fußballfans bietet die Hublot „Big Bang FIFA-WM 2014“ eine einzigartige Zusatzfunktion: Sie zeigt exakt an, wie viel von einer Halbzeit bereits verstrichen ist – sogar eine etwaige Nachspielzeit lässt sich direkt programmieren. Automobilisten schätzen, dass manche Chronographen mit Hilfe einer „Tachymeter“-Skala auf dem Drehring (Lünette) die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs bestimmen können. Dazu stoppt man, wie lange dieses für eine festgelegte Strecke benötigt und kann dann das Tempo auf der Lünette ablesen. Am meisten aber haben Höchstleistungen der Uhrmacher die Begehrtheit der Chronographen gesteigert. In kaum einem Feld wird so viel geforscht, entwickelt – und tatsächlich auf Mikrometer genau produziert. Als Meilenstein gilt etwa das Schaltrad (oben), das verschleißarmes, genaues Stoppen ermöglicht. Sogenannte Schleppzeiger (Rattrapante) können sogar Zwischenzeiten erfassen. Dank des beliebten Mechanismus Flyback ist zwischen zwei Messungen nur ein- statt dreimaliges Tastendrücken nötig. Auch wurden die Chrongraphen immer schneller. Die „Mikrogirder“ von TAG Heuer etwa misst Zweitausendstelsekunden mechanisch. Eine technische Besonderheit bieten die nach dem Erfinder benannten „Nicolas-Rieussec“Chronographen von Montblanc (links): Hier drehen sich zwei Scheiben, während die Zeiger feststehen – genau wie beim Urtyp von 1821. ■ ANDREAS KÖRNER 11 UHREN-SPECIAL Pilot-Projekt Die Rolex „GMTMaster II“ wurde für Flugzeugführer der 50er-Jahre entwickelt – und ist heute eine Ikone Rot, blau - und knallhart S chon jetzt bereitet sich die Genfer NobelUhrenmanufaktur Rolex auf ein wichtiges Jubiläum vor: Im kommenden Jahr wird ihre legendäre „GMT Master“ 60. Deshalb stellte das Unternehmen bereits dieses Jahr auf der zentralen Branchenmesse Baselworld eine „GMT Master II“ vor – und zwar mit dem markanten rot-blauen Drehring („Lünette“). Wegen ebendieser Farbgebung heißen die Modelle „Pepsi-Watch“. Diese Uhren wurden ursprünglich für die Piloten der US-Fluggesellschaft Pan Am entwickelt. Sie verfügen über 12 Cooler Typ Seit seiner Zeit als Privatdetektiv Magnum ist US-Schauspieler Tom Selleck erklärter „GMT Master“-Freund einen vierten Zeiger und eine drehbare, zweifarbige Lünette mit 24-Stunden-Einteilung. Das ermöglicht das schnelle Ablesen einer zweiten Zeitzone – „GMT“ steht für Greenwich Mean Time. Doch die Modelle entwickelten sich schnell auch außerhalb der Cockpits weltweit zum Kult. Ob die Musiker Bing Crosby, Frank Sinatra und Dean Martin oder später Schauspieler Tom Selleck – Promis flogen auf die „GMT“. Auch heute hält eine Fangemeinde die Begeisterung für diese Chronos hoch. Historische Exemplare aus den 50erJahren des vergangenen Jahrhunderts (beispielsweise FOCUS 45/2014 F otos: Alain Costa/Rolex, dpa Rolex bietet wieder eine Uhr mit dem legendären „Pepsi“-Drehring an – erstmals aus extrem harter Keramik. Das belebt den Mythos des Klassikers „GMT-Master II“ Werden Sie Herr der Gezeiten. An den besten Adressen Deutschlands und in London, Paris, Madrid, Wien, New York und Peking. www.wempe.de Ein Meilenstein in der deutschen Uhrmacherkunst: die ersten Armbandchronometer, die das aufwendige deutsche Prüfverfahren der Sternwarte Glashütte durchlaufen haben. WEMPE ZEITMEISTER Mondphase in Edelstahl mit Automatikwerk. Erhältlich exklusiv bei Wempe für € 2.500. Gerhard D. Wempe KG, Steinstraße 23, 20095 Hamburg UHREN-SPECIAL die Referenz 6542) erzielen Preise von bis zu 50 000 Euro. Damit sind sie deutlich teurer als der jüngste, in Basel vorgestellte, Sprössling der „GMT“-Familie. Doch auch die aktuelle „Pepsi-Watch“ dürfte für viele Uhrenfans nicht erreichbar sein: Sie kostet (unter der Referenz 116719BLRO) mit einem Durchmesser von 40 Millimetern, Manufakturwerk und dem Selbstaufzugsmechanismus Perpetual-Rotor 31 000 Euro. Der Grund für den stolzen Preis: Die aktuelle „GMT“ wird vorerst nur in edlem Weißgold angeboten. Auch steckt in der neuen Lünette viel kostenintensive Forschung. Denn anders als ihr Urvater kommt die „Oyster Perpetual GMT-Master II“ der jüngeren Generation nicht mehr mit einer aus Plexiglas gefertigten Zahlenscheibe auf den Markt. Die wurde seinerzeit je zur Hälfte von innen rot und blau gefärbt und so zum legendären Kennzeichen der Uhr. Später gab es die „Pepsi“-Uhr mit einer Aluminium-Lünette. Die aktuellen Drehringe sind im Vergleich dazu ein wahres High-Tech-Produkt – sie bestehen aus sogenanntem Cerachrom. Das ist eine patentgeschützte Materialkombination der Rolex-Entwickler aus dem Genfer Vorort Plan-les-Ouates. Dieses Material ist extrem kratzfest, korrosionsbeständig 14 Die Rolex „PepsiWatch“ Pilotenuhr 1955 wurde die „GMT“ (Greenwich Mean Time) zunächst nur für die Fluggesellschaft Pan Am gefertigt. Klassiker Wegen der rotblauen Tag/NachtUnterteilung gaben „GMT“-Fans der Zahlenscheibe den Spitznamen „Pepsi-Lünette“. Wertsteigerung Originale aus den 50er-Jahren kosten bis zu 50 000 Euro und unempfindlich gegen UVBestrahlung. Die Grundform der Cerachrom-Scheiben wurde zwar bereits 2005 entwickelt. Aber erst im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen – nach langwierigen Forschungsarbeiten – ein exklusives Fertigungsverfahren entwickelt, um zweifarbige Zahlenscheiben aus Cerachrom zu realisieren. Allerdings gab es sie zuerst nur in Blau und Schwarz. Denn die Herstellung von roter Keramik galt noch vor Kurzem als technisch so gut wie unmöglich. Denn als Farbgeber für Keramik-Komponenten finden traditionell Mineralpigmente Anwendung, die den hohen Brenntemperaturen standhalten. Diese Temperaturen sind nötig, um die Keramik zu verdichten und ihr die charakteristische Härte und Farbe zu geben. Schwarze, braune oder blaue Keramikteile zum Beispiel können schon länger gefertigt werden. Doch ausgerechnet für die Farbe Rot waren stabile Mineralpigmente bisher unbekannt. Die Rolex-Tüftler um Entwicklungschef Jacques Baur ließ das keine Ruhe. In einem „geheim gehaltenen Verfahren“, so die Firma, gelang es den eigenen Fachleuten dann doch, „erstmals überhaupt rote Keramik zu erzeugen“. Das war der wichtigste Schritt bei der Entwicklung einer „Pepsi“-Lünette aus dem High-Tech-Werkstoff. Im zweiten Schritt ging es darum, eine Hälfte der nun unifarben-roten Keramikscheibe komplett blau durchzufärben. Für Technik-Interessierte verrät Rolex zumindest einen Teil des genauen Verfahrens: Der Teil der Scheibe, der die Nachtstunden darstellt (zwischen 18 und 6 Uhr) wird mit einem Mix verschiedener chemischer Verbindungen imprägniert. Und zwar vor dem sogenannten Sintern, das die komplette Zahlenscheibe bei mehr als 1600 Grad durchhärtet. Unter dieser Hitzebehandlung extrem verdichtet, reagiert Keramik mit dem zugegebenen Cocktailmix und lässt so die behandelte Hälfte der Zahlenscheibe in tiefem RolexBlau erscheinen. Dass diese Modelle eine technische Meisterleistung darstellen, steht außer Frage. Klar ist auch, dass sich viel mehr RolexFans gern ein solches Stück gönnen würden. Die Uhrenliebhaber hoffen daher darauf, dass Rolex nächstes Jahr, zum eigentlichen Jubiläum der „GMT“, ein erschwinglicheres „Pepsi“Modell aus Stahl lanciert. Bei Rolex heißt es dazu: „Spekulieren ist immer erlaubt.“ ■ THOMAS VAN ZÜTPHEN FOCUS 45/2014 Fotos: Jean-Daniel Meyer/Rolex Ausgetüftelt In seiner Genfer Produktionsstätte verleiht Rolex jetzt auch der jüngsten „GMT“-Generation die legendäre „Pepsi“-Optik SELECT IN KOOPERATION MIT DER CLEVERE WEG ZUM BESTEN WEIN VICAMPO ist ein Marktplatz der Winzer mit etwa 10 000 deutschen und internationalen Produkten. Die Auswahl der Weine des Monats erfolgt durch: Weinmacher Olivier Groux, Aufsteiger im südfranzösischen Languedoc ● ● ● die VICAMPO-Käufer professionelle Verkoster das FOCUS-SELECT-Team Die Weine des Monats SENKRECHTSTARTER Bestes Genusspotenzial beim Newcomer: Dass ein kräftig-würziger Südfranzose auch fein und finessenreich sein kann, demonstriert der Favorit des Monats auf unnachahmliche Weise. 1 Qualitätsweine direkt vom Winzer – ausgewählt von FOCUS Les Sept Fontaines 2009 DOMAINE LES VERRIÈRES DE MONTAGNAC, LANGUEDOC (0,75 l) REGULÄRER PREIS 12,50 € SELECT-PREIS 7,90 € (10,53 €/l) SPANIENS STOLZ Toro – das ist eine der spannendsten Aufsteigerregionen des Landes. Für diesen roten Riesen rückte Weinkritiker Robert Parker 93 von 100 Punkten raus. 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Diese gingen ausschließlich an die italienische Marine und unterlagen sogar dem Militärgeheimnis. Seit wann gibt es PaneraiModelle für alle Kunden? Die erste Kollektion für den zivilen Markt hat Panerai 1993 auf den Markt gebracht. Fehlt durch die extrem geringe Stückzahl früherer Uhren nicht die kritische Masse für die Entwicklung eines Sammlermarkts? Ganz im Gegenteil. Historische Panerais werden gerade deshalb immer begehrter. Wir haben sogar besonders treue Fans, die sich in Anlehnung an die „Ferraristi“, also Ferrari- Freunde, „Paneristi“ nennen. Macher der Marke Angelo Bonati, Jahrgang 1951, führte erfolgreich ein eigenes Unternehmen. 1997 wechselte er aus Begeisterung für deren Uhren zu Panerai. Seit 2000 ist der studierte Wirtschaftler dort Vorstandschef. Aus der Kleinfirma formte der Italiener eine international bekannte Marke. Panerai sponsert einige klassische Regatten. Privat steuert der erfahrene Segler Bonati eine 15-Meter-Hallberg-Rassy-Jacht. Haben Sie ein paar Tipps für Sammler Ihrer Marke? Es ist nie einfach, zu prognostizieren, welche Modelle ihren Wert besonders steigern werden. Bei Panerai speziell sind aber auf Grund der geringen Stückzahlen alle Modelle bis zu den 1990er-Jahren aussichtsreich. Wie bei sämtlichen „Vintage“-Uhren (also Modelle, die älter als 20 Jahre sind, d. Red.) sollten Käufer aber die Herkunft und Historie des Stückes genau prüfen lassen. Dabei helfen wir gern. Was war das Besondere an der „Luminor“, die den Rekorderlös erzielt hat? Die bei Sotheby’s versteigerte Uhr hat eine sehr seltene Polycarbonat-Lünette (ein Drehring, d. Red.). Und vor allem: Sie ist vermutlich ein Einzelstück, das nicht in Serie ging, das hebt natürlich den Preis. Auch die meisten Modelle aus Ihren laufenden Kollektionen erweisen sich als recht FOCUS 45/2014 Sicher auch. Vor allem aber daran, dass es uns gelungen ist, aus Panerai, die ja bis in die 90er-Jahre einfach eine kleine Uhrenfirma war, eine starke Marke zu formen, die begehrt ist. Zudem sind wir nach wie vor ein Hersteller mit ziemlich geringen Stückzahlen. Außerdem versuchen wir zu verhindern, dass Käufer, sogenannte Flipper, limitierte Editionen nur erwerben, um sie schnell Gewinn bringend wieder abzustoßen. Wie viele Uhren wollen Sie 2014 konkret absetzen? Wenn ich Ihnen das verrate, schmeißt mich mein Chef raus! (lacht) Wenn Sie’s mir nicht verraten, schmeißt mein Chef mich raus. So schlimm wird’s für uns beide schon nicht kommen. Aber im Ernst: Durch unsere Zugehörigkeit zum börsennotierten Genfer Luxuskonzern Richemont können wir keine Zahlen zu einzelnen Segmenten veröffentlichen. Was bedeutet die Zugehörigkeit zu einem großen Konzern sonst noch für Panerai? Geben die tatsächlich auf Auktionen erzielten Preise das Sammlerinteresse wieder? Absolut. Gerade wurde bei Sotheby’s in Genf eine historische Panerai „Luminor“ für 425 000 Schweizer Franken (350 000 Euro) versteigert – ein Rekord. Ich habe allerdings gehört, dass unter Privatleuten schon ein „Radiomir“-Modell für 500 000 Euro verkauft wurde. preisstabil. Liegt das an der Politik, vergleichsweise viele Modelle zu limitieren? Rekordpreis Eine Panerai „Luminor“ mit einem raren Drehring aus Polycarbonat erzielte bei einer Auktion 350 000 Euro Zum Beispiel hat uns das sehr geholfen, Manufaktur-Kaliber, also eigene Uhrwerke, in ausreichender Stückzahl zu produzieren. Selbst hergestellte Werke, statt von anderen Firmen zugelieferte, sind für Sammler ein sehr wichtiges Kriterium. Heute entwickeln und fertigen wir im Schweizer Neuchâtel. Warum? Panerai ist doch eine Marke aus Florenz. 17 UHREN-SPECIAL In vielen Einsätzen erprobt Panerai lieferte bis 1992 nur an die italienische Marine, die Uhren unterlagen dem Militärgeheimnis. Im Bild: Marinetaucher im September 1944 einem Freund lange über diese Uhr geredet. Wie ging es dann weiter? An welchen technischen Neuerungen arbeiten Sie gerade? Wir erforschen intensiv neue Materialien für die Gehäuse. Sie müssen Grundvoraussetzungen erfüllen wie Stabilität, Hitze- und Kälteresistenz, Beständigkeit gegen Salzwasser und gut zu verarbeiten sein. Stahl-, Gold-, Platin- und Titan-Gehäuse erfüllen das, es wird sie daher immer geben. Nun kommen aber verstärkt Keramik oder Composite-Materialien, also Verbundstoffe, dazu. Bei den Werken sammeln wir Erfahrungen mit Silizium-Komponenten, die leichter sind als Metallteile und gleichzeitig härter und amagnetisch. Markantes Merkmal Die neue „Luminor Submersible 1950 Left-Handed“ ausTitan misst stolze 47 mm und trägt den typischen Kronenschutz 8900 Euro Immer mehr Frauen tragen Ihre Marke. Wie hoch ist deren Anteil? 18 War es leicht für Sie, nach der Selbstständigkeit wieder angestellt zu arbeiten? Selbstbewusst, klar, schnörkellos, aktiv. Panerai-Besitzer, egal ob Frauen oder Männer, bekennen sich bewusst zu diesen Attributen. Typisch war die Ausstattung mit dem Leuchtmittel Radiomir, das die Ablesbarkeit unter Wasser oder in der Nacht verbesserte – das war damals eine große Ausnahme. Vor allem aber waren die Uhren maskuliner und größer als der Standard. Damals kamen von den bekannten Marken die größten Uhren von Rolex, Panerai aber war noch deutlich massiver, lange bevor das zum Trend wurde. Wie würden Sie einen typischen Panerai-Träger beschreiben? Ihr Unternehmen richtet unter anderem die Regatta „Panerai Classic Yachts Challenge“ aus. Sind viele Ihrer Kunden Segler? Ja durchaus, aber unsere Wurzeln liegen nicht im Segelsport, sondern generell bei allen Aktivitäten rund ums Meer. Sie arbeiten von jeher mit nur zwei Linien, der „Luminor“, die man an den typischen Schutzbügeln über der Krone erkennt, und der „Radiomir“. Wird es zukünftig mehr Linien geben? Panerai hat 1940 das Urmodell der „Radiomir“ und 1950 die „Luminor“ auf den Markt gebracht, mit insgesamt vier verschiedenen Gehäusevarianten. Seither wurden die zwei Linien immer vertikal weiterentwickelt – dabei wird es bleiben. Ich schätze, zehn bis 15 Prozent der Käufer sind weiblich. Sie müssen sich aber auch zukünftig etwas aus unserem normalen Katalog aussuchen, es wird keine Modelle ausschließlich für Damen geben. Unsere 42-Millimeter-Uhren passen sowieso gut zu Frauen. Alles andere wäre nicht mehr Panerai. Wir machen keine Uhren für Männer oder Frauen, wir machen einfach gute Uhren. Sie galten schon lange bevor Sie Panerai-Chef wurden als einer der weltweit besten Kenner dieser Marke. Wie verlief Ihr erster Kontakt zu Panerai? Anzugtauglich Die ebenfalls neue „Luminor 1950 8 Days GMT“ in edlem Rotgold bietet eine zweite Zeitzone 24 900 Euro Ich sah eine alte Panerai in einem Schaufenster in Mailand und blieb spontan stehen. Die Panerai ist mir also quasi auf den Kopf gefallen. Ich habe sofort gemerkt, dass sie anders ist als andere Uhren, für mich attraktiver. Ich habe auch mit Tatsächlich wollte ich eigentlich nie wieder als angestellter Manager in einem Konzern arbeiten. Aber als das Angebot von Richemont kam, war ich ein glücklicher Mann. Mir wurde klar, dass Panerai einfach mein Schicksal ist. Sie sagten, die ersten Panerai-Uhren, die Sie sahen, wirkten auf Sie „anders“ als Produkte der Konkurrenz. Inwiefern? Wie reagieren Sie, falls sich eine Entwicklung hin zu kleineren Gehäusen einstellt? Überhaupt nicht. Unsere Uhren waren schon immer groß, weil sie nur so ihre Funktion erfüllen können – etwa in puncto Ablesbarkeit in Extremsituationen. Deshalb verspreche ich Ihnen: Panerais werden immer groß bleiben. ■ INTERVIEW: ANDREAS KÖRNER FOCUS 45/2014 Foto: Archiv Heinrich Hoffmann/bpk Und: Können Sie sich eigene Modelle für Damen vorstellen? In Italien ist es nicht einfach, auf diesem Niveau zu produzieren. Das Uhren-Know-how, die Technologie und Forschungskapazitäten sind nun einmal in der Schweiz konzentriert. Ich hatte gemeinsam mit einem Partner über unser eigenes Unternehmen Tobacco International für die damalige Vendôme-Gruppe (den Vorläufer von Richemont, d. Red.) in Italien Cartier-Feuerzeuge vertrieben. Das waren – vor den Uhren – die Statussymbole der Männer. Als dann Richemont Panerai übernommen hat, haben sie mich gefragt, ob ich das Unternehmen leiten möchte. UHREN-SPECIAL Operation am offenen Herzen Anker, Ankerrad, Unruh und die Spirale (Bild) regeln, dass die Aufzugsfeder der Uhr ihre Energie in exakten Zeitintervallen abgibt. Diese Baugruppe gehört zum Schwingsystem und gilt als Herz jeder Uhr Sachsen A schwingt sich frei Dem kleinen Glashütter Unternehmen Nomos gelingt mit einem eigenen Schwingsystem eine Revolution – und eine Unabhängigkeitserklärung von großen Zulieferkonzernen 20 nker, Ankerrad, Reglage, Schwingsystem. Wer bis hierher nur Bahnhof versteht, ist trotzdem genau richtig: An der Haltestation in Glashütte im Erzgebirge direkt an den Gleisen werkelt ein Unternehmen voller findiger Sachsen. Sie fertigen mechanische Uhren, die den Vergleich mit edlen Zeitmessern aus der Schweiz nicht scheuen müssen. Nomos Glashütte heißt die konzernunabhängige Firma, die seit ihrer Gründung 1990 äußerst erfolgreich die Rolle des Branchen-Frechdachses spielt. Dieses Jahr nun ist der Nomos-Mannschaft eine regelrechte uhrmacherische Sensation gelungen: ein eigenes Schwingsystem. Das ist das Herz jeder Uhr (s. oben). Heimlich setzte Nomos diese selbst entwickelte Baugruppe in die Werke ihrer neuesten Reihe ein und lüftete erst Monate später gegenüber dem verblüfften Fachpublikum den Schleier. Von einer „Sensation“ schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Denn: Viele Konkurrenzbetriebe – darunter deutlich größere Marken – versuchten sich oft vergeblich an der Entwicklung und Fertigung eines eigenen Schwingsystems. Lutz Reichel und Theodor Prenzel, beide 29 Jahre alt, gehören zur Entwicklungsmannschaft. Die Kunst des korrekten Regulierens einer Uhr beschreiben die gelernten Uhrmacher mit angeschlossenem Maschinenbau-Diplom beziehungsweise Bachelor in Feinmechanik bodenständig FOCUS 45/2014 so: „Es geht darum, der Uhr einen kleinen, regelmäßigen Stups zu geben.“ Im Kern geht es bei den wichtigen Bauteilen des Schwingsystems darum, die Energie der Hauptfeder zu portionieren, also zu verhindern, dass sie ihre gesamte gespeicherte Kraft auf einmal abgibt, statt in einem regelmäßigen Takt. Zu Demonstrationszwecken ziehen die Nomos-Mitarbeiter gern ein Werk ohne dieses System auf und freuen sich, wenn der Gast hört, wie die Aufzugsfeder in wenigen Sekunden herunterschnurrt – sssssrrrrrrr. Um ebendiese zentrale Baugruppe, die den Gang jeder Uhr bestimmt, zu entwickeln, hat Nomos elf Millionen Euro investiert – für einen Mittelständler eine gewaltige Summe. Die Uhrmacher konnten zusätzlich das Know-how von Mitarbeitern der Technischen Universität Dresden nutzen. Dass die Glashütter-Meister auch noch einen Federexperten aus dem Schwarzwald als Zulieferer für die Spiralen an Land gezogen haben, macht die deutsch-deutsche Erfolgsstory perfekt. Die Energieübertragung mit komplizierten Kraftberechnungsmodellen bis auf die Tausendstelsekunde zu ermitteln verlangte auch den Wissenschaftlern der renommierten Hochschule aus Dresden das Äußerste ab. Voller Ehrfurcht schauen die jungen Entwickler auf die Pioniere der Uhrmacherei, die vor mehr als 200 Jahren mit einem bloßen Blatt Papier ihre Berechnungen anstellten und Uhren produzierten, die in puncto Präzision modernen Zeitmessern nahekommen. Heute erledigen Computer und Hochleistungskameras einen gehörigen Anteil der Entwicklung. Das half den Forschern, wissenschaftliche Basisarbeit zur Mechanik für die Uhrmacherei, die sich auf dem Rückzug befand, neu zu beleben und zur Serienreife zu bringen. „Die Kunst besteht in der Reproduzierbarkeit“, beschreiben Prenzel und Reichel ihre Zielvorgabe. Es geht eben darum, nicht nur ein Werk höchstpräzise zu bauen, sonFOCUS 45/2014 Detailversessen Schon kleinste Fehler in der Produktion können die Funktion des Endprodukts massiv beeinträchtigen (im Bild die Nomos „Metro“ mit Datum und Gangreserveanzeige, 2600 Euro) dern jede Uhr mit dem richtigen Gang zu versehen. Bislang haben die Sachsen ihr Schwingsystem – wie die meisten Uhrenhersteller – vom Quasimonopolisten Nivarox bezogen, einer Tochter der Schweizer Swatch-Group. Die Eigenentwicklung bedeutet eine gewisse Abnabelung von diesem Lieferanten. Das ist gut für Nomos, da Swatch die Versorgung konzernfremder Hersteller schrittweise zurückfahren will. Eigentlich kann Swatch der Firma Nomos für deren Eigenentwicklung sogar dankbar sein. Denn immer wieder wollten Uhrenhersteller Swatch gerichtlich dazu zwingen, sie weiter zu beliefern, weil sie schlicht kein eigenes Schwingsystem entwickeln könnten. „Wenn es jetzt einem so kleinen Hersteller wie Nomos gelingt, ein eigenes Schwingsystem zu konstruieren, dann muss das auch viel größeren Marken möglich sein“, sagt ein SwatchGroup-fremder Top-Manager aus der Schweiz. Mit ihrem feinmechanischen Coup dürfte Nomos auch den Ruf abgestreift haben, eine Werbeagentur mit angeschlossener Uhrenfabrikation zu sein, wie missliebige Konkurrenten nach ein paar schrillen MarketingAktionen der Firma frotzelten. Das dürfte vor allem Roland Schwertner freuen. Der Nomos-Gründer und bis zum heutigen Tage Anteilseigentümer kam als waschechter Wessi direkt nach der Wende nach Sachsen und setzte sich in seinen Düsseldorfer Dickschädel, hier im Zentrum der deutschen Uhrmacherei etwas Neues zu etablieren. So manchem Konkurrenten lehrte der Neusachse das Fürchten, weil er für das Siegel made in Glashütte den Nachweis einklagte, dass mehr als 50 Prozent der Wertschöpfung tatsächlich aus diesem Ort stammen müssen. Bundesweit Aufsehen erregte Schwertner mit seinen Marketing-Aktionen, die bei den alteingesessenen Glashüttern durchaus gemischte Gefühle auslösten. So finanzierte der PR-Profi im Jahr 2002 ein Magazin mit dem programmatischen Titel „Orte, an die niemand reisen mag“. Dass die Geschichte über Glashütte eigentlich eine Liebeserklärung an seine neue Heimat war, hat sich indes nicht jedem erschlossen. Als Honorar für die Autoren gab es übrigens keinen schnöden Geldbetrag, sondern eine Uhr. Spätestens seit dieser Aktion gilt die Ur-Nomos, das Modell „Tangente“, als Must-have für den Intellektuellen und den, der sich dafür hält. Das aktuelle Modell „Metro“ mit eigenem Schwingsystem, von den Schweizern auch „Assortiment“ genannt, liefert nun reichlich Gesprächsstoff für alle NomosTräger – egal, ob geerdete Uhrenfreunde oder intellektuelle Zeitgeister. n FRITZ SCHWAB 21 UHREN-SPECIAL Griff nach Sonne, Mond und Sternen Das Geschäft mit Mondphasen-Uhren hat Konjunktur, die Luxushersteller bringen jedes Jahr neue Modelle mit astronomischen Funktionen auf den Markt, die Preispalette reicht von superteuer bis erschwinglich 22 S eit Menschengedenken ranken sich um ihn Mythen. Die alten Griechen glaubten, in seinem Licht spiegelten sich die Meere der Erde wieder. Kaum ein Himmelskörper fasziniert den Erdbewohner so sehr wie der Mond. Aus der Nähe betrachtet ein zerklüfteter Trabant, aus der Ferne gesehen ein kosmisches Mirakel mit all seinen wundersamen Wandlungen am Firmament. Ein Chamäleon am Himmelszelt, das die Erde binnen 29 Tagen, zwölf Stunden, 44 Minuten und drei Sekunden umkreist. Und jeden Abend ein anderes Gesicht zeigt – vom Neu- zum Vollmond und wieder zurück. FOCUS 45/2014 Herzstück Das komplexe Handaufzugswerk der „Richard Lange Ewiger Kalender Terraluna“ brilliert unter anderem mit einer mehrteiligen Mondphasenanzeige Das wechselnde Erscheinungsbild des Erdbegleiters hat von jeher die Uhrmacher inspiriert. Im Zuge der neoklassischen Welle ficht die Branche einen harten Konkurrenzkampf aus – gerade in der Sparte von Zeitmessern mit astronomischen Funktionen, allen voran bei der Mondphase. Jedes Jahr präsentieren die Hersteller neue Modelle, die thematisch und preislich um den mondsüchtigen Kunden wetteifern. Dem Design scheinen keine Grenzen gesetzt. Laut Wilhelm Schmid, Chef des sächsischen Nobel-Labels A. Lange & Söhne, ist die Mondphasenanzeige für viele Uhrenliebhaber der erste Schritt in FOCUS 45/2014 Die ‚Richard Lange Ewiger Kalender Terraluna‘ ist für uns der Bugatti der Mondphasenuhren“ Wilhelm Schmid A. Lange & Söhne-Chef die Welt der „Komplikationen“ (Zusatzfunktionen). „Mondphasenmodelle sind der klassische Einstieg in hochwertige Uhren mit Komplikationen.“ Seit der Wiederbelebung 1994 hat sein Unternehmen bereits bei 15 Kalibern (Werken) den Trabanten aufs Zifferblatt gehoben. In diesem Jahr verblüffte die Manufaktur mit gleich fünf neuen Kreationen die Fachwelt. Beispiel: die „Große Lange 1 Mondphase“. Bei ihr zeichnen zwei goldene Mondscheiben auf dem Hauptzifferblatt den Verlauf des Erdnachbarn nach. Viele Produzenten runden den Mondzyklus auf 29,5 Tage auf, spätestens nach zweieinhalb Jahren müssen die Kunden ihr Werk um einen Tag nachjustieren. Bei der „Großen Lange 1 Mondphase“ ist dieser Schritt erst nach 122,6 Jahren notwendig. Besonders stolz sind die sächsischen Uhrmacher auf die Präzision der „Richard Lange Ewiger Kalender Terraluna“: Die orbitale Anzeige weicht erst nach 1058 Jahren um 24 Stunden vom normalen Umlauf ab. Überraschenderweise geht der Mond hier auf der Rückseite der hochkomplexen Uhr auf. Drei sich teils überlagernde Scheiben zeigen überdies auch die jeweilige Position von Sonne, Mond und Erde zueinander auf. Abgerundet wird die Komposition durch ein cineastisches Panorama: Szenografien des Universums aus der „Harmonia Macrocosmica“ bildeten bei der Präsentation des Wunderwerks den Hintergrund. Der barocke Mathematiker und Kosmograph Andreas Cellarius hatte um das Jahr 1660 in dem prächtigen Himmelsatlas den Verlauf der Gestirne so exakt nachgezeichnet wie nur möglich. So viel Kosmos hat seinen Preis: 186 000 Euro ruft A. Lange & Söhne für seine „Terraluna“ auf. Firmenchef Schmid bezeichnet sein neues Paradestück denn auch als „den Bugatti unter den Mondphasenuhren“. Mit Superlativen geizt auch die Schweizer Konkurrenz nicht. Vacheron Constantin, die wie A. Lange & Söhne 23 UHREN-SPECIAL Mond-Wanderer Bei dem exklusiven Paradestück aus dem Hause A. Lange & Söhne zeichnen drei sich teils überlagernde Scheiben exakt die jeweilige Konstellation von Sonne, Mond und Sternen zueinander nach zum Luxuskonzern Richemont gehört, hat unlängst mit etlichen Modellen einen thematischen Schwerpunkt gesetzt: Für die Damenwelt kreierten die Genfer Tüftler das mit Diamanten besetzte Modell „Traditionnelle Mond Phase Gangreserve Kleines Modell“ mit dem Handaufzugskaliber 1410. Kürzlich erst präsentierte der älteste Uhrenfabrikant den Überflieger am Firmament: den Grande-ComplicationZeitmesser „Maître Cabinotiers Astronomica“. Seine Leistungen sind atemberaubend. 15 der anspruchsvollsten Komplikationen der Haute Horlogerie in einem sportlich gehaltenen Gehäuse aus Weißgold. Auf der Rückseite finden sich allein vier Komplikationen und sieben weitere Funktionen: Himmelskarte, Sonnenwende, Tag-und-NachtGleiche, Sternzeit, Alter und Phasen des Mondes, Jahreszeiten und Tierkreiszeichen – eine für Uhrenfans himmlische und äußerst seltene Kombination. Das Zifferblatt dient ausschließlich der Anzeige astronomischer Funktionen und ist auf zwei Ebenen angeordnet. Die zentrale Scheibe zeigt eine Himmelskarte der Nordhalbkugel sowie die vier Himmelsrichtungen. Darüber hinaus gibt sie symmetrisch – durch zwei Süd- und Nordöffnungen – die Monate des Jahres sowie die Sternzeit an, die der „echten“ Zeit entspricht. 24 Wer muss da noch in den Himmel schauen? Das galaktische Modell stellt nicht nur wegen seines siebenstelligen Preises eine Ausnahme dar. Dieses Exemplar gibt es nur einmal auf der Welt. Für Uhrenliebhaber geht’s auch einfacher. Die Auswahl ist riesengroß, der Griff nach Sonne, Mond und Sternen am Handgelenk ist in Mode. Deshalb bieten selbst eher sportliche Hersteller wie Breitling, Sinnbild maskulinfunktionaler Chronographen, für Himmelsgucker entsprechende Zeitmesser an (z. B. die „Transocean 1461“). Das Gleiche gilt für Parmigiani („Tonda“) und Omega („Speedmaster Mondphase“). Omega verbindet ohnehin eine besondere Beziehung zum Erdtrabanten: Die ersten Mondfahrer – die US-Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin – trugen 1969 bei ihrer legendären Mission mit Apollo 11 eine weltraumtaugliche „Moonwatch“, die Omega „Speedmaster Professionell“ aus dem schweizerischen Grenchen. Mit galaktischen Abenteuern kann die deutsche Luxusuhrenmanufaktur Glashütte Original zwar nicht aufwarten, dafür aber mit einer weiteren Uhrmacherfinesse: Die „PanoLunarTourbillon“ gibt sich mit ihrem großen, zylindrischen Gehäuse nebst Neues Paradestück Wempes „Zeitmeister Glashütte i/SA Chronograph Vollkalender Mondphase“, versilbert mit Stahlband 3490 Euro Himmelsstürmer Die Anzeige des Erdtrabanten ziert bei der „Richard Lange Ewiger Kalender“ die Rückseite 186 000 Euro FOCUS 45/2014 schlanker Lünette „eine moderne und zeitgenössische Note“, erläutert Firmensprecher Michael Hammer. Das Debüt vergangenes Jahr auf der Fachmesse Baselworld werten die Glashütte-Macher als gelungen. Das neue Design im 40 Millimeter großen Gehäuse aus Rotgold, das fliegende Tourbillon mit seiner Sekundenanzeige verleihen der „LunarAusführung“ eine höchst anspruchsvolle Note. Auf der Mondphasen-Anzeige rechts oben heben sich golden glänzende Sterne und ein goldener Mond vom dunkelblauen Nachthimmel ab. So viel Ästhetik hat ihren Preis: 95 000 Euro kostet das Vorzeigeexemplar aus dem Hause Glashütte Original. Edle Puristin Vacheron Constantins neuer Schlager für die Damenwelt: „Traditionnelle Mond Phase Gangreserve Kleines Modell“ 37 900 Euro Hingucker Die sächsische Uhrenmanufaktur Glashütte Original glänzt mit der „PanoLunar Tourbillon“ 95 000 Euro Foto: Ben Gierig Filigrane Kunst Ein Uhrmacher braucht beim Zusammenbau der Mondphase ein gutes Auge FOCUS 45/2014 Nur ein bis zwei Kilometer weiter oben auf dem Berg über der sächsischen Uhrmacherstadt hat der Schmuck- und Uhrenhändler und Produzent Wempe in seiner Manufaktur ein Prachtstück der ZeitmeisterLinie mit einem Kalender und Mondphase entwickelt. Der automatische Chronograph, der seit Oktober in den Filialen des Hamburger Familienunternehmens bereitliegt, besticht vor allem durch sein ausgeklügeltes Zeitmanagement. Die Kalenderanzeige hält seinen Träger stets über die im Monatsverlauf noch verbleibende Zeit auf dem Laufenden. Das Prunkstück bildet zweifellos das kleine Mondphasenrund im unteren Teil der Uhr. Nach Neumond steigt der Trabant auf dem Zifferblatt empor, bis er voll am Himmel steht, um dann wieder abzunehmen. Ein Trick rekonstruiert das Auf und Ab in zeitlich realistischer Manier: Tatsächlich wechseln sich zwei Monde auf einer beweglichen Scheibe ab, geht der eine unter, taucht der zweite als feine Sichel wieder auf. Wempe hat mit seinem neuen Modell für Mondgucker eine erschwingliche Alternative geschaffen: Die Neuentwicklungen sind ab 3475 Euro erhältlich. ■ AXEL SPILCKER 25 Rede mit mir, Harry Winston. Erzähle mir davon“ Das bittet US-Schauspielerin Marilyn Monroe den Star-Juwelier Harry Winston in ihrem Lied „Diamonds Are A Girls Best Friend“ 26 UHREN-SPECIAL Lässt Stars funkeln Der traditionsreiche US-Juwelier Harry Winston stattet von jeher Show-Größen aus und steht für den amerikanischen Traum. Die Uhren der Firma gehören zur Top-Liga Fotos: API/laif, Bobby Bank/Getty Images B londinen bevorzugt“ heißt der Film aus dem Jahr 1953, in dem USSchauspiel-Legende Marilyn Monroe dem New Yorker Juwelier Harry Winston ein Denkmal setzte. In dem Lied, das sie dort flötete, „Diamonds Are A Girls Best Friend“, bittet die Diva den Schöpfer von Colliers, Armbändern & Co. inständig, ihr alles über die funkelnden Steine zu erzählen. Die Reihe der Superstars, die zu den Kunden des Unternehmens zählen, setzt sich bis heute fort: von Elizabeth Taylor über Madonna zu Gwyneth Paltrow und Angelina Jolie. Dem Nimbus des „Juweliers der Stars“ hat es keineswegs geschadet, dass die weltbekannte Marke im Jahr 2013 von der Schweizer Swatch Group übernommen wurde. Der Kaufpreis betrug rund eine Milliarde Dollar (derzeit etwa 750 Millionen Euro). Erstens verfügt der Konzern aus Biel über langjährige Erfahrungen mit Nobelmarken – im Portfolio des größten Uhrenherstellers der Welt befinden sich hochklassige Hersteller wie Blancpain, Breguet, Jaquet Droz oder Omega. Auch ist Nayla Hayek eine starke Botschafterin für den Edelstein-Spezialisten. Sie ist die Tochter des legendären Swatch-Group-Gründers Nicolas Hayek sowie Verwaltungsratspräsidentin bei Swatch, und leitet nun Harry Winston. „Diamonds are still a girls best friend“ (Diamanten sind immer noch die besten Freunde aller Mädchen), antwortete sie am Tag der Übernahme einem Londoner Wirtschaftskorrespondenten schlagfertig auf die Frage nach den Gründen für den Kauf. FOCUS 45/2014 Stilvoll Shoppen Das Geschäft des Juweliers Harry Winston in New York an der Fifth Avenue mit Weihnachtsdekoration Uhrkunst Die „Histoire de Tourbillon 4“ von Harry Winston gleicht Gangfehler durch die Erdanziehung aus. 617 000 Euro Vor allem aber bleibt die Fangemeinde dem Unternehmen Herry Winston auf Grund dessen handwerklicher und gestalterischer Qualität treu. Beispielsweise bei den Damenuhrlinien mit Namen wie Ocean, Midnight oder Premier Feathers zeigt sich die technische Rafinesse an deren Steinbesatz: Bei der sogenannten Cluster-Fassung, einer Spezialität von Harry Winston, werden unterschiedlich geschliffene Diamanten nahtlos aneinandergefügt, sodass sie eine besonders glatte und geschmeidige Oberfläche bilden. Herren begeistern sich für die hochkomplizierten Uhren des Hauses, bei denen Harry Winston teils mit ausgewiesenen Meistern der Uhrmacherei zusammenarbeitet – etwa JeanMarc Wiederecht oder FrançoisPaul Journe. Viele der Zeitmesser sind streng limitiert. Von der „Histoire de Tourbillon 4“ (links) gibt es gerade einmal 20 Stück. Ihr Werk besteht aus 345 Bauteilen. Doch nicht nur wegen seiner hochwertigen Produkte konnte sich Harry Winston so lange an der Spitze der Schmuck- und Uhrenbranche halten. Das 1932 gegründete Unternehmen verkörpert für viele Kunden die Erfüllung des amerikanischen Traums. Laut Überlieferung hat Harry Winston (der 1978 starb) im Alter von zwölf Jahren bei einem – wie sich später herausstellen sollte, unkundigen – Pfandleiher einen Ring für 25 Cent gekauft. Nur Wochen später konnte Winstons Vater den offenbar wertvollen Ring für stolze 800 Dollar weiterverkaufen – der Grundstein für das spätere Unternehmen war gelegt. ■ THOMAS VAN ZÜTPHEN 27 UHREN-SPECIAL Arbeiten mit Aussicht Das historische Bild zeigt Uhrmacher in den Ateliers von Patek Philippe mit Blick auf Genf in den 1950er-Jahren 175 Jahre auf der Höhe der Zeit Bei der Feier zur Gründung 1839 präsentierte Patek Philippe eine uhrmacherische Sensation - die „Grandmaster Chime“. FOCUS erklärt sie und weitere Meilensteine der Manufaktur A Von Royals begehrt Die britische Königin Victoria kaufte diese Patek Philippe zur Weltausstellung 1851 in London 28 n das Firmengebäude im Genfer Vorort Planles-Ouates wurde extra für die Feierlichkeiten eine Halle angebaut. Auf kompletten drei Wänden im Inneren konnten die Gäste in 3-D die Entstehung der traditionsreichen Manufaktur bestaunen. Seit 175 Jahren beliefern die Schweizer Monarchen, Päpste, Politiker und Stars aber auch solvente Normal-UhrenEnthusiasten. Man habe „von den 500 Jahren Geschichte der tragbaren mechanischen Uhren nur rund ein Drittel mitbestimmt“, gibt sich Thierry Stern, der Patek Philippe in vierter Generation führt, in seiner Rede bescheiden. Film und Ansprache indes stellten nur das Vorspiel für den eigentlichen Star des Abends dar: die FOCUS 45/2014 neue „Grandmaster Chime Referenz 5175“ (Bild unten). Sie ist die bisher komplizierteste Armbanduhr von Patek Philippe und eine der kompliziertesten der Welt. Ganze 20 Zusatzfunktionen („Komplikationen“) bietet das mechanische Werk. Darunter einen ewigen Kalender mit vierstelliger Jahresanzeige, eine zweite Zeitzone, die akustische Meldung („Repetition“) von Stunden, Minuten und erstmals des Datums. Insgesamt wurden für die Jubiläumsuhr sechs Patente angemeldet. Die große Zahl der Funktionen lässt sich nicht auf einem Zifferblatt darstellen, sodass das Modell auch auf der Rückseite Anzeigen trägt – die Uhr kann über einen Wendemechanismus schnell gedreht werden. Heute erfolgt die Produktion solch hochkomplexer Werke mit Hilfe von High-Tech-Maschinen – wie Präzisionsstanzen, laser-optische Messgeräte oder Automaten, die punktgenau Hochleistungsöle aufbringen. Unweigerlich fragen sich Uhrenfans bewundernd: Wie haben die das alles früher gemacht, als es den Maschinenpark noch nicht gab? Denn von jeher verziert Patek Philippe seine Uhrwerke aufwendig – auch an Stellen, die der Besitzer nie zu Gesicht bekommt. Bauteile wie Brücken werden mit Zierschliffen versehen und ihre Kanten abgeschrägt („angliert“), selbst die Stirnseiten kleinster Zahnräder werden akribisch poliert, Schrauben im Mikrometerbereich werden bei hohen Temperaturen blau gefärbt („thermisch gebläut“). Die hauseigenen Anforderungen von Patek Philippe gehen noch über die strengen Vorgaben des Gütesiegels „Genfer Punze“ hinaus, mit denen sich die Hersteller der Stadt von anderen Uhrenproduzenten abheben wollen. Manche Uhrenliebhaber führen die vor allem im Inneren wirkende Schönheit der Genfer Zeitmesser – bei gleichzeitig bescheidenem Auftritt nach außen – auf das calvinistische FOCUS 45/2014 Gründer und Hüter Antoine Norbert de Patek (Foto oben) kam aus Polen nach Genf und gründete 1839 mit Partnern Patek & Czapek. Jean Adrien Philippe (Foto unten) kam 1845 hinzu. Philippe war mehr für die Fertigung zuständig, Patek für den Vertrieb. Hüter der Tradition 1932 übernahmen die Brüder Charles und Jean Stern die Manufaktur. Heute wird sie in vierter Generation von Thierry Stern geleitet - noch immer als Familienfirma. Extrem selten Das neue Jubiläumsmodell „Grandmaster Chime Referenz 5175“ verfügt über 20 Zusatzfunktionen, besteht aus 1366 Teilen und wird nur zehnmal gebaut. Preis auf Anfrage Erbe der Stadt zurück: Man wollte zwar wahre Werte besitzen, den eigenen Reichtum jedoch auf keinen Fall zu offen zeigen. Die Bewunderung für die früheren Uhrmacher beschränkt sich aber keineswegs auf die Verschönerung der Werke („Finissage“). Besonders beeindruckend sind deren Konstrukteursleistungen, die es Patek Philippe bereits im Jahr 1839 ermöglichten, Repetitionsuhren herzustellen, die – wie die „Grandmaster Chime“ zeigt – noch heute zu den Spezialitäten von Patek Philippe gehören. Den korrekten Klang der edlen Chronos überprüft Unternehmenschef Thierry Stern immer höchstselbst. Auch viele andere frühe Entwicklungen von Patek Philippe leben in heutigen Uhren weiter. So eine Erfindung von Jean Adrien Philippe (s. oben) aus dem Jahr 1844, die es erstmals ermöglichte, Taschenuhren ohne Schlüssel zu stellen und aufzuziehen. Oder die „Zugfeder mit Gleitzaum“ von 1863, die verhindert, dass die Feder der Uhr zu stark gespannt und dadurch geschädigt wird – noch heute eine unabdingbare Voraussetzung für alle Uhren mit automatischem Aufzug. Und vor allem: 1868 fertigt Patek Philippe die überhaupt erste Armbanduhr der Schweizer Geschichte – die damals noch „Armspangenuhr“ hieß. Es folgte 1881 ein Patent für die Feineinstellung von Zeitmessern. Im Jahr 1887 wird das sogenannte Calatrava-Kreuz als Markenzeichen eingetragen. Die erste Patek-PhilippeArmbanduhr mit Stoppfunktion („Chronograph“) startete 1923, und schon bald danach kam ein Armbandmodell mit „Ewigem Kalender“ (1925). Im Jahr 1933 stellten die Genfer die GravesSupercomplication-Taschenuhr her, die bis 1989 – also mehr als 50 Jahre – die komplizierteste tragbare Uhr der Welt blieb. Sie wurde 1999 in New York für elf Millionen Dollar versteigert – der bisher höchste Preis für eine Uhr. Auch in der jüngeren Vergangenheit kamen markante Modelle hinzu. 2001 etwa wurde das „Sky Moon Tourbillon“ eingeführt. Die bis zur neuen „Grandmaster Chime“ komplizierteste Patek-Philippe-Armbanduhr verfügt unter anderem über einen Mechanismus, der Gangfehler ausgleicht, die durch die Erdanziehung entstehen („Tourbillon“). Von dem aufwendigen Modell werden jährlich nur zwei Stück gefertigt. Interessenten müssen sich mit einem umfangreichen Formular bewerben. Es überrascht daher nicht, dass es Firmenchef Thierry Stern angesichts solcher technischen Fähigkeiten für die Zukunft nicht bange ist – selbst wenn die Konkurrenz etwa aus Asien zunehmen sollte. Sein Argument: Auch die Qualität von Schweizer Schokolade könne man in anderen Ländern nicht erreichen – wegen ihrer besonderen, tradierten Herstellungsweise –, „und glauben Sie mir, Uhren sind viel komplizierter als Schokolade.“ Das beweist nicht nur die neue „Grandmaster Chime“ eindrucksvoll. ■ ANDREAS KÖRNER 29 Top-Modelle für die Uhrwahl FOCUS und das „Uhren-Magazin“ rufen zur großen Online-Uhren-Wahl Goldene Unruh auf. Unter den Teilnehmern werden edle Chronos im Wert von gut 40 000 Euro verlost 1. JaegerLeCoultre „Master Chronograph“ 8300 Euro 7. Sinn SpezialUhren „EZM 9“ 2950 Euro 30 2. IWC „Fliegeruhr Chronograph“ 5300 Euro 8. Wempe „Zeitmeister Sport Chronograph“ 2400 Euro 3. Breitling „Superocean Chronograph II“ 4640 Euro 9. Nomos Glashütte „Orion 1989“ 1800 Euro FOCUS 45/2014 UHREN-SPECIAL W elche Modelle sind bei Uhrenfans aktuell besonders beliebt? Welche Trends kristallisieren sich heraus? Antwort auf diese Fragen gibt die Uhrenwahl Goldene Unruh 2015. Die Umfrage wird bereits seit 1998 durchgeführt und zählt zu den renommiertesten Branchenpreisen. 2014 nahmen 25 400 Interessierte teil. Wie in den Vorjahren schickten die Hersteller auch für 2015 4. Fotos: Andreas Schebesta/HBM, Holger Wens, Günter Brinkmann Aerowatch „Les Grandes Classiques Venus 203“ 4480 Euro 10. Uhr-Kraft „DDA 46.5 Automatik“ 1690 Euro Siegerlächeln Die Vertreter der Hersteller, die bei der Goldenen Unruh 2014 für ihre Uhren ausgezeichnet wurden, erhielten die Preise im Februar bei einer Gala im Münchner Lenbach Palais (6. v.l.: FOCUS-Herausgeber Uli Baur) Modelle in fünf Preiskategorien ins Rennen (bis 2500 Euro, bis 5000, bis 10 000, bis 25 000 und über 25 000 Euro). Diesmal waren es insgesamt 351 Uhren, aus denen die Fachleser des „Uhren-Magazin“ eine Vorauswahl trafen. Die Endauswahl läuft im Internet vom 15.12.2014 bis 1.2.2015 auf FOCUS Online (www.focus.de/Uhrenwahl, dort finden sich auch genaue Teilnahmeregeln). Wer mit abstimmt, hat die Chance auf einen der Preise im Gesamtwert von mehr als 40 000 Euro (siehe unten). ■ ANDREAS KÖRNER 5. Seiko „Kumadori Limited Edition“ 4000 Euro 11. MühleGlashütte „Terrasport 1“ 1200 Euro 6. Montblanc „Meisterstück Heritage Moonphase“ 3850 Euro 12. Certina „DS-2 Chrono“ 670 Euro 31 Magier der Marken Kaum ein Top-Manager kennt die Uhrenbranche so gut wie Jean-Claude Biver. Der gebürtige Luxemburger nutzt jede Gelegenheit, Menschen für edle Zeitmesser zu begeistern 32 UHREN-SPECIAL „Unsere Uhren sind für die Ewigkeit“ Der mächtige Hublot-Präsident und LVMH-Uhren-Verantwortliche Jean-Claude Biver zu den wirklichen Funktionen edler Zeitmesser, über sein Leben während der HippieZeit – und warum er keine Angst vor den neuen Smartwatches von Apple & Co. hat Apple und andere ElektronikUnternehmen haben in den vergangenen Wochen Uhren vorgestellt, die viel mehr können als nur die Zeit anzeigen. Ist das eine Gefahr für klassische Zeitmesser? Überhaupt nicht, die Uhren von Apple & Co. verhalten sich zu unseren Uhren komplemen tär, ergänzen diese also höchs tens. Sie sind ein Stück moder ner Technologie. Die Produkte von Hublot hingegen sind etwas ganz anderes – sie sind Kommu nikationsinstrumente. F oto: Frederic Aranda/Camera Press/Picture Press Wie meinen Sie das? Eigentlich sind doch die Techno-Uhren, mit denen man auch telefonieren kann, viel eher Kommunikationsinstrumente. Am besten erkläre ich Ihnen das mit einem Beispiel. Ich saß eine Woche nachdem das neue Apple iPhone auf den Markt kam, in einem Linienflugzeug. Mein Sitznachbar zeigte mir ganz stolz sein neues Handy. Er war der glückliche Besitzer eines der ersten Geräte. Aber glauben Sie, dass er mir in einem halben Jahr sein Handy noch voller Stolz zeigen wird? Nein! Und die Uhr von Apple verrät mir auch nichts über denjeni gen, der diese Uhr trägt. Ganz anders ist das mit meiner Uhr, die ich schon seit Jahren trage. Auf die werde ich noch immer im Flugzeug angesprochen. Das meine ich mit Kommunikations instrumenten. Und was verrät Ihre Uhr über Sie? Das klare Design aber auch die Größe und Präsenz meines Modells drücken Dynamik aus, Selbstbewusstsein, Liebe zum FOCUS 45/2014 Ein Leben für edle Uhren Multi-Manager Jean-Claude Biver, 65, hat 1982 die schlummernde Marke Blancpain erworben, wiederbelebt und an Swatch verkauft. Danach erneuerte er Omega (ebenfalls Swatch) und wurde 2004 Chef beim Hersteller Hublot, der 2008 an den Luxuskonzern LVMH ging. Dort ist Biver seit 2014 auch für die Marken TAG Heuer und Zenith verantwortlich. Bei Hublot ist er mittlerweile Präsident. Der Betriebswirt kocht privat gern und produziert Käse. Biver gilt als Kommunikationsgenie und begeistert sich für Fußball und Formel 1. Sport. Alles Dinge, für die ich stehe. Interpretieren Sie da nicht zu viel hinein? Eigentlich ist eine Uhr doch einfach ein Instrument zum Anzeigen der Zeit. Entschiedenes Nein! Die Uhr als Zeitmesser ist obsolet! Zeit anzeigen gibt es überall: Am Computer, im Auto und natür lich auf dem Handy. Die reine Zeitanzeige ist Teil einer Tech nologie. Und diese modernen Technologien verdrängen per manent ältere Technologien. Die Neuen töten die Alten. Und was sind dann die Funktionen von Uhren? Hochwertige Zeitmesser transportieren ein Lebens gefühl, besitzen eine Seele, bewahren Traditionen und Kul tur, können auch Statussymbol sein, ein besonderes Geschenk an einen besonderen Menschen oder eine Belohnung, die man sich selbst für eine außerge wöhnliche Leistung gönnt. Genügt das, damit klassische Uhren von diesem TechnologieDarwinismus verschont bleiben? Ja, weil unsere Uhren von Meistern, von Künstlern des Handwerks erschaffen wer den. So wie die Uhr auf dem Markusplatz in Venedig. Auf deren Glocken schlagen schon seit über 300 Jahren die Engel mit ihren kleinen Hämmern und ziehen Besucher in ihren Bann. Und solange jemand kunstfertig einen Schrauben zieher, eine Zange oder eine Pinzette bewegen kann, wird es diese Uhren auf dem Markus platz und unsere Uhren geben. Welche Rolle spielen Beständigkeit und dauerhafte Benutzbarkeit für Ihre Produkte? Genauso wie Mozart oder Car los Santana nicht tot sind, son dern durch ihre Musik weiter leben, bleibt auch die Kunst der Uhrmacher in guten, mechani schen Uhren erhalten. Das sind Dinge für die Ewigkeit. Aber ein fünf Jahre altes Handy oder einen zehn Jahre alten Fernse her können Sie nicht mehr repa rieren. Das sind Wegwerfartikel. Ohne moderne Technologien kommen aber auch Ihre Uhren nicht aus. Das ist richtig. Aber die Tech nologie ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, Emotio nen zu wecken. Zum Beispiel verbinden wir Materialien, die noch nie zuvor zusammen verarbeitet wurden. Bei unse rer „Magic Gold“ vereinen wir Gold und Keramik zu 18-karä tigem, kratzfesten Gold. Oder die leuchtend rote Keramik für unsere Ferrari-Uhren. Das kann außer uns niemand. Bei unseren „Big Bang“-Modellen werden wir Titan und Keramik kombi nieren, und wir sind die Ersten, die mit dem extrem seltenen Material Osmium arbeiten. Das wollen wir kristallisieren und so eine ganz eigene Farbe kreieren. Stichwort Farbe: Stimmt es, dass Sie FC-Bayern-München-Uhren mit dem Gras der Allianz Arena ausstatten wollen? Ja, wir stellen die Indexe die ser Uhren aus Saphirglasröhr chen her, die wir mit dem Gras befüllen – das hält dann ewig. Gilt Ihre Devise „Elektronik stirbt, Mechanik lebt“ 33 UHREN-SPECIAL Das mag bei einer Oldtimer-Rallye ganz nett sein. Aber im Alltag wollen doch alle Menschen den maximalen Komfort. Vor allem in Ländern, die keine Tradition bei Oldtimern oder mechanischen Uhren haben, dürfte sich Ihre Idee kaum durchsetzen? Noch stimmt das leider. Dazu kann ich Ihnen auch eine Geschichte erzählen. Wir haben vor einem Jahr in Frankreich eine Riesenveranstaltung mit extrem seltenen Ferrari GTOModellen gesponsert und dazu auch viele Chinesen eingeladen. Das hat sie überhaupt nicht beeindruckt, sie konnten einfach nicht verstehen, dass ein 50 Jahre altes Auto 30 Millionen Euro wert sein soll. Die Men- Rasantes Rot Bei der Hublot „Big Bang Ferrari Red Ceramic“ bestehen erstmals Komponenten aus leuchtend roter Keramik 23 800 Euro Maskulines Schwarz Dem Trend zu komplett schwarzen Uhren folgt der „Classic Fusion Chronograph“ mit Stoppfunktion 9200 Euro Elegantes Gold Nur 2,9 Millimeter hoch ist die „Classic Fusion Classico Ultra-Thin“ sie erinnert an frühe Hublot-Modelle 22 400 Euro schen in China sind total auf das Neue fixiert. „Warum so viel Geld für ein altes Auto zahlen“, fragen die mich. Und noch sind auch sehr wenige Chinesen bereit, sehr viel Geld für eine sportliche oder nicht klassische Uhr auszugeben. Deshalb verkaufen wir nur drei Prozent unserer Uhren in China. Das ist wirklich sehr wenig. Zum Vergleich: Die Schweizer Uhrenindustrie verkauft 30 Prozent in China. Bei mir zum Beispiel haben sich dadurch die Spur der Liebe und die Spur der Kompetenz, die sich durch mein Leben ziehen, aufs Wunderbarste vereinigt. Das kann bei anderen Menschen ebenfalls gelingen. Ich gehöre der Hippie-Generation an. Und wir waren als Teenager alle auf der Suche nach dem richtigen Leben. Wir trugen zudem alle eine große Leidenschaft in uns. Wir waren neugierig. Das vermisse ich übrigens heute bei vielen jungen Menschen – die Neugier. Nur wer sich neugierig durchs Leben bewegt, hat die Chance, die unsichtbaren Fäden des Glücks, die vom Himmel wehen, zu berühren. Aus dieser Leidenschaft erwächst dann auch die Kompetenz. Im Jahr 1967, kurz vor meinem 18. Geburtstag, kam der Beatles-Song „All You Need Is Love“ heraus. Und mir war sofort klar: Das ist es! Es dreht sich alles in unserem Leben um die Liebe, und diese Liebe, diesen Respekt und diese Zuneigung muss man teilen. Wenn Sie das nicht tun, können Sie reich sein, und Sie sind trotzdem ein armer Mensch. Da hat der Multimillionär Biver leicht reden . . . Sie haben im September Ihren 65. Geburtstag gefeiert. Erst Anfang des Jahres haben Sie beim Luxusgüter-Konzern LVMH zusätzlich zu Ihrem Job als Präsident von Hublot die Zuständigkeit für die Uhrenmarken TAG Heuer und Zenith übernommen. Denken Sie gar nicht an den Ruhestand? 34 Was sollten sich junge Menschen von solch einem Arbeitspensum versprechen? Diese beiden Spuren beschreiben Sie in dem Buch „Der beste Rat, den ich je bekam“*. Was hat es mit diesen Spuren auf sich? Leidenschaft kann man nicht in Rente schicken. Ruhestand ist nur etwas für Beamte “ Kann man Leidenschaft in Rente schicken? Ruhestand ist etwas für Beamte. Ich befürchte zwar, dass dies ein Traum bleiben wird, aber ich würde jederzeit mit meinen Kindern eine neue Firma gründen. Dann müssten sie aber auch jeden Tag um fünf aufstehen und bis sieben am Abend arbeiten. Sieben Tage die Woche, jeden Tag 14 Stunden. * Frank Arnold, „Der beste Rat, den ich je bekam“, Hanser, ISBN 978-3-446-43872-9 Genauso ist es! Ich zum Beispiel kaufe für meine Sammlung nur alte Autos, die vor 1975 gebaut wurden. Weil es in denen null Elektronik gibt. Ich möchte keine flackernden Displays, Computerstimmen oder elektrische Fensterheber haben, ich will das Fenster herunterkurbeln. Gutsherr Jean-Claude Biver lebt in einem Gutshaus, Baujahr 1865, über dem Genfer See, das stilsicher eingerichtet ist (lacht) Stimmt. Aber ich habe trotzdem Recht. Nach meiner Scheidung 1989, bevor ich meine jetzige Frau Sandra kennen gelernt habe, hätte ich alles Geld dafür gegeben, wieder glücklich zu sein. Ich konnte mir damals schon alles leisten, bin aber abends in mein leeres Haus gekommen und war einfach nur arm. ■ INTERVIEW: FRITZ SCHWAB FOCUS 45/2014 Foto: Frederic Aranda/Camera Press/Picture Press auch in anderen Bereichen? Großer Auftritt kostet Geld. Wissen ist Geld. Die Hersteller hochwertiger Sportuhren haben Spitzen-Fußballer als Werbebotschafter entdeckt, das Geschäft boomt für beide Seiten 36 S die Generationen begeistern“, schwärmt der britische Beau. Der Ex-Mittelfeldstar gilt als der Prototyp des kickenden Testimonials für edle Zeitmesser. Wer in der ersten Liga der Branche mitspielen will, setzt auf die Spitzenkönner im Umgang mit der Plastikkugel. Vor allem die Hersteller sportlicher Modelle engagieren verstärkt Ballkünstler von Format – sei es etwa Audemars Piguet mit einer eigenen Edition für den argentinischen Weltstar Lionel Messi, 27, oder Hublot mit seiner „King Power“-Kollektion für den FC Bayern München. FOCUS 45/2014 F oto: ddp images Champions League der Zeitmesser eine Fußballerkarriere weiß er hinter sich. So perfekt getimt seine Flanken und Freistöße, so perfekt plante David Beckham, 39, ehemals Kapitän der englischen Nationalmannschaft, seine neue Laufbahn als Stilikone für Mode und Uhren. Beckham, seit 2012 Werbebotschafter der Schweizer Luxusmarke Breitling, trägt den Universalzeit-Chronographen „Bentley B05 Unitime“. „Breitling hat mich schon immer fasziniert. Die Firma entwirft nicht nur hochleistungsstarke Uhren, sondern auch zeitlose Designs, UHREN-SPECIAL ModeIkone Englands Ex Mittelfeldstar am David Beckh eine l el tu ak t äg tr 5 0 B „Bentley n vo e“ im it Un r Bentley. Breitling fo Der Universal in ph ra og on hr C Krokoit m l Edelstah d Breitlinglederband un aliber rk Manufaktu einen f au t ig B05 ze zeit in Blick die Uhr zonen an. it Ze allen 24 11 795 Euro Einen Volltreffer landete TAG Heuer: Weltfußballer Cristiano Ronaldo, 29, stieg im April beim Schweizer Uhrmacher ein. „Keine andere Luxusmarke hat eine so starke Beziehung zum Sport auf höchstem Niveau“, meinte der portugiesische Goalgetter. Man teile „die gleichen Ziele: das Spiel zu verändern, über Grenzen hinauszugehen und unsere eigenen Regeln aufzustellen“. Seit Jahren zählen deutsche Nationalspieler wie Mario Gomez, 29, zur Fangemeinde von IWC. Zwischen 2008 und 2012 gaben die Schaffhausener vor großen Turnieren eine FOCUS 45/2014 ElitePartner r Weltfußballe aldo on R o an ti ris C ivat pr ch mag’s au h. ic tl or sp gern von Der Torjäger Leagueson pi Cham adrid Sieger Real M r TAG ne ei wirbt mit ra re ar „C er Heu yback“ Calibre 36 Fl eizer für die Schw . ke ar m el Nob 6700 Euro 37 UHREN-SPECIAL Marken- r Botschafte , r Floh La pulga, de n liebeih nennen sie iniens nt ge Ar r voll. Fü on Li el Ballkünstler f ar tw Messi en uet ig P s ar Audem ell od m ein Sonder ie D . ak O al der Roy f 1000 au t is n io it Ed zt. Stück begren rsion Ve te gs lli Die bi stet ko in Edelstahl ro Eu 24 500 Uhren-Fan he utsc Wie viele de trägt er el pi ls na Natio tank m ur auch St ter un ez om G Mario ne ei m andere er es gi tu IWC „Por Yacht Club h“. Chronograp he ic tl or sp er D r Klassiker de er en us ha Schaff kostet Manufaktur 0 12 00 Euro Foto: David Willen limitierte Ausgabe mit dem DFB-Logo heraus. Obschon die Werbepartnerschaft inzwischen endete, trägt etwa Oliver Bierhoff, 46, immer noch seine IWC „Doppelchronograph Edition DFB 2008“. Gerade in engen Spielen, wenn die Nachspielzeit anbricht, startet der Manager der Nationalelf seine Stoppuhranzeige bis zum Abpfiff. Dies sei enorm wichtig für den Trainer, um im Hinblick auf die Restspielzeit die richtigen Entscheidungen zu treffen“, so Bierhoff. ■ AXEL SPILCKER 38 FOCUS 45/2014 DAS BESTE FÜR SENIOREN. JETZT AM KIOSK. Die neuen Alten. Sie beschäftigen Wissenschaft und Wirtschaft gleichermaßen: Best Ager nehmen in der Gesellschaft eine immer wichtigere Stellung ein. Warum sie anders altern. Ihr neues Selbstverständnis. Wohnen im Alter. Neubau, Umbau oder Anbau – Architekten über altersgerechtes Wohnen mit Stil. Eine echte Alternative: die Alters-WG und gemeinschaftliche Wohnprojekte für ältere Menschen, die zu Hause wohnen, aber nicht allein sein wollen. Außerdem das Wichtigste zu Telemedizin, Notrufsystemen und 24-Stunden-Betreuung. Demenz in Deutschland. Was man über Prävention, Diagnose und neue Therapien wissen sollte. Welche Hilfen es für betroffene Familien gibt und was jeder selbst tun kann. Altersforscher fordern einen gelasseneren Umgang mit Demenzkranken und mehr Engagement. FOCUS-SPEZIAL gibt es auch unter Tel. 0180 6 480 1000*, Fax 0180 6 480 1001*, www.focus-spezial.de * 0,20 €/Anruf aus dem dt. Festnetz. Mobil max. 0,60 €/Anruf. Nov. | Dez. 2014 Pflegekompass: Was Ihnen jetzt zusteht S PE ZIAL Pflege SPEZIAL AUCH ALS Leben & Wohnen im Alter Ideale Wohnformen für Senioren: Zu Hause, WGs, Residenzen und Pflegeheime Pflegen trotz Job Wie Sie die Aufgaben optimal verteilen DIE TOP- E PFLEGEHEIM ds Deutschlan beste Einrich tungen Erfolgsmodell Die Wiederentdeckung der Nachbarschaftshilfe Demenzforschung So bleiben Sie im Alter geistig fit LINK Seite scannen mit FOCUS ACTIVE APP Hier geht’s zur Webseite. AQUARACER CALIBRE 5 Cristiano Ronaldo ist dazu geboren, Geschichte zu schreiben. Sein Anspruch: aus jeder Situation als Sieger hervorzugehen und sich selbst zu übertreffen. TAG Heuer und Ronaldo leben die Herausforderung und halten getreu dem Motto „Don’t Crack Under Pressure“ jedem Druck stand. Boutique München • Theatinerstraße 44 • Tel. 089 25 54 72 90 Boutique Frankfurt • Goethestraße 4 – 8 • Tel. 069 13 38 53 26