Chronische Diarrhö: Organisch oder funktionell?
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Chronische Diarrhö: Organisch oder funktionell?
Hausarzt Medizin Gastro Chronische Diarrhö: Organisch oder funktionell? Die chronische Diarrhö ist ein häufiger Grund für eine Überweisung zur Koloskopie. Doch die Ursachen sind vielfältig und lassen sich nicht immer Dr. med. Peter Stiefelhagen Chefarzt der Inneren Abteilung, DRK Krankenhaus Hachenburg E-Mail: Stiefelhagen. [email protected] Von einer chronischen Diarrhö spricht man, wenn mehr als drei weiche oder flüssige Stuhlgänge pro Tag über mehr als vier Wochen abgesetzt werden. Man schätzt, dass entsprechend dieser Kriterien etwa 4 – 5 Prozent aller Menschen an einer chronischen Diarrhö leiden. Ernst oder harmlos? Das Ursachenspektrum bei einer chronischen Diarrhö ist sehr breit. Es reicht von Infektionen über Pankreaserkrankungen bzw. Enzymmangelzuständen bis hin zu al- Mehr als drei weiche oder flüssige Stuhlgänge pro Tag über vier Wochen, deuten auf eine chronische Diarrhö hin. 76 lergischen, endokrinen und medikamentösen Auslösern. Nicht selten ist der Durchfall funktionell bedingt. Von den Patienten wird gelegentlich auch eine Stuhlinkontinenz als Durchfall fehlinterpretiert. Und bei einem hochgradig stenosierenden Karzinom kann auch eine paradoxe Diarrhö im Wechsel mit einer Obstipation auftreten. Die sorgfältige Anamneseerhebung ist der wichtigste Schritt zur richtigen Diagnose. Vorrangig geht es darum, organische von funktionellen Ursachen zu trennen. Eine kurze Anamnese von weniger als 3 Monaten, nächtliche Diarrhöen und/oder ein signifikanter Gewichtsverlust sprechen für eine organische Erkrankung. Dagegen sind eine sehr lange Anamnese, das Fehlen nächtlicher Durchfälle, ein konstantes Körpergewicht und wechselnde Stuhlbeschaffenheit Hinweise auf ein Reizdarmsyndrom. Auch das Alter des Patienten sollte berücksichtigt werden. Bei jüngeren Patienten denkt man vorrangig an einen Reizdarm, eine Laktoseintoleranz, eine Sprue oder eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, bei älteren Patienten sollte dagegen an eine Neoplasie, Medikamente und eine chronische Darmischämie gedacht werden. Nach Vorerkrankungen fragen Außerdem sollte man den Patienten immer nach Vorerkrankungen bzw. vorangegangenen Operationen fragen; denn Resektionen Der Hausarzt 16/2014 Foto: Rafael Ben-Ari - Fotolia endoskopisch klären. Hausarzt Medizin des terminalen Ileums können zu einem Gallensäureverlustsyndrom und Magenresektionen bzw. Magenbypassoperationen im Rahmen eines bariatrischen Eingriffs zu einer bakteriellen Fehlbesiedlung führen. Ausgedehnte Dünndarmresektionen haben häufig ein Kurzdarmsyndrom mit Malabsorption zur Folge. Besonders wichtig ist auch die genaue Medikamentenanamnese, denn bei 4 % der Patienten sind Medikamente, auch frei verkäufliche, oder Nahrungsergänzungsmittel die Ursache. Das Spektrum der infrage kommenden Substanzen ist weit. Es reicht von Antibiotika, NSAR und oralen Antidiabetika (insbesondere Metformin) über Antihypertensiva und Antiarrhythmika bis hin zu Chemotherapeutika. Bei einer kürzlich durchgeführten Antibiotikatherapie muss immer eine Clostridium-difficile-Infektion vermutet werden. Wie sieht der Stuhl aus? Weitere wichtige differenzialdiagnostische Kriterien sind Menge und Geruch des Stuhls. Typisch für eine Malassimilation (Maldigestion bzw. Malabsorption) sind voluminöse, übel-riechende, fetthaltige Stuhlgänge. Dagegen sprechen wässrige Diarrhöen mit Blutund Schleimbeimengungen, die auch nachts auftreten, eher für eine Colitis ulcerosa. Patienten mit einem Morbus Crohn klagen häufig über krampfartige Schmerzen. Extraintestinale Symptome wie Erythema nodosum, Arthralgien, Uveitis bzw. Iritis sind ebenfalls ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Ein peranaler Blutabgang muss aber ebenso wie ein Gewichtsverlust, eine Anämie oder ein Wechsel von Obstipation und Diarrhö immer als ein Alarmsymptom angesehen werden und erfordert den endoskopischen Ausschluss eines Karzinoms. Der Hausarzt 16/2014 Eine grobe diagnostische Zuordnung erlaubt bereits die Nahrungskarenz: Sistieren die Durchfälle bei einer Nahrungspause, spricht dies für eine Maldigestion oder Malabsorption, man spricht von einer osmotischen Diarrhö. Halten aber die Durchfälle auch nach Weglassen des Essens an, so dürfte eine infektiöse oder entzündliche Darmerkrankung im Sinn einer sekretorischen Diarrhö vorliegen kreatitis, die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und evtl. Raumforderungen, insbesondere metastasierte Tumorerkrankungen. Bei Verdacht auf eine Kolonerkrankung besteht die Indikation für eine totale Koloskopie. Damit gelingt der Nachweis von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, der ischämischen Kolitis und von Kolonneoplasien, wobei auch größere tubulovillöse Adenome Durchfälle auslösen können. Um eine mikroskopische-lymphozytäre bzw. kollagene Labor- und Stuhldiagnostik Kolitis nicht zu übersehen, sollten auch als Basis bei makroskopisch unauffällig erscheinenNach der körperlichen Bei vier Prozent der der Schleimhaut imUntersuchung empPatienten sind Medikamer Stufenbiopsien fiehlt sich immer eimente oder Nahrungsentnommen werden. ne Basislabordiagnosergänzungsmittel die Eine Ösophago-Gastik. Sie sollte folgende Ursache der Diarrhö. tro-Duodenoskopie Parameter umfassen: mit tiefen DünndarmBSG, Blutbild, CRP, biopsien ist notElektrolyte, Nierenrewendig, um eine Sprue, einen Morbus tentionswerte, Leber- und PankreasenWhipple, eine Amyloidose oder eine eozyme und TSH. Durch die Bestimmung sinophile Gastroenteritis nachzuweisen von IgA-Antikörpern gegen Transglutoder auszuschließen. aminase kann eine Sprue nachgewiesen oder ausgeschlossen werden. Zur Bestätigung der Diagnose sollte bei posiAtemtest zum Nachweis tivem Befund immer eine tiefe Dünnder Malassimilation darmbiopsie durchgeführt werden. Auch wenn bei chronischen Diarrhöen Eine gar nicht so seltene Ursache für reinfektiöse Ursachen selten sind, empzidivierende Durchfälle ist der Laktase fiehlt sich immer eine Untersuchung mangel, also die Laktoseintoleranz. des Stuhls auf pathogene Keime einDabei handelt es sich um eine Maldischließlich Clostridium difficile. Bei gestion. Dagegen ist die Unverträglichentsprechender Reiseanamnese sollkeit von Fruktose und Sorbit die Folge te auch im Stuhl nach einer Lambliasis, einer Malabsorption. In beiden Fällen Amöbiasis oder einer Wurminfektion führt die unzureichende Resorpgefahndet werden. tion dieser Kohlenhydrate im DünnBei Verdacht auf eine chronische Pankdarm dazu, dass diese Substrate in den reatitis ist die Bestimmung der Elastase Dickdarm gelangen, wo sie rasch von im Stuhl indiziert. Bakterien abgebaut werden. Bei dieAuch wenn die Abdomensonografie nur ser bakteriellen Zersetzung entsteht einen geringen diagnostischen ZugeWasserstoff, der mit der Atmung auswinn erbringt, so sollte sie doch großgeschieden wird und somit auch in der zügig eingesetzt werden, zumal sie den Ausatemluft gemessen werden kann. Patienten nicht belastet. Zu den KrankMögliche Interessenkonflikte: keine. Quelle: Vortrag Prof. Leonhard Mohr, Lahr-Ettenheitsbildern, die sonografisch erkennheim, im Rahmen der GastroenterologieSeminarwoche Titisee, 2014 bar sind, gehören die chronische Pan77