Rechtliche Grundlagen
Transcrição
Rechtliche Grundlagen
Lerneinheit 1: Datenschutz In diesem Kapitel beschäftigen Sie sich mit den rechtlichen Fragen rund um den Einsatz von IT und Internet im Rahmen der Themenschwerpunkte Datenschutz, Fernabsatz, E-Commerce und Urheberrecht einschließlich der Software-Lizenzmodelle. Dabei lernen Sie auch Begriffe wie Freeware, Public Domain oder Open-Source-Software kennen. Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen zahlreiche praktische Beispiele, z. B. ob der Download von MP3-Dateien über Tauschbörsen im Internet oder das Versenden von Werbemails erlaubt sind oder nicht. Lerneinheit 1: Datenschutz Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1 Überblick über die IT-Gesetze . . . . . . . . 2 2 Datenschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3 Datenverarbeitungsregister . . . . . . . . . . 7 Üben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Lerneinheit 2: Fernabsatz und E-Commerce Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Fernabsatzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 E-Commerce-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . Üben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 13 15 15 16 3 Rechtliche Grundlagen 3 Rechtliche Grundlagen Lerneinheit 3: Urheberrecht Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Urheberrechtsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . 2 Freie Werknutzung . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Software-Lizenzmodelle . . . . . . . . . . . . . Üben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftsinformatik 17 17 20 21 23 24 24 Lernen Üben Sichern Wissen Lerneinheit 1 Datenschutz Sie arbeiten als Praktikant/in in der Rechtsabteilung der H2Ö GmbH. In letzter Zeit gab es wiederholt Anfragen betreffend die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten. Die Marketingabteilung möchte z. B. auf der Firmenhomepage eine Liste der größten Mineralwasserabnehmer in Österreich, Deutschland und der Schweiz veröffentlichen und fragt an, ob dies rechtlich zulässig sei. Außerdem ist die Frage aufgetaucht, ob die Gewinner/innen eines Preisausschreibens auf der Homepage mit einem Foto präsentiert werden dürfen. Verschaffen Sie sich einen Überblick über das Datenschutzgesetz, um diese Anfragen beantworten zu können. Alle SbX-Inhalte zu dieser Lerneinheit finden Sie unter der ID: xxxx. Lernen 1 Überblick über die IT-Gesetze Relevante Gesetze für die Informationstechnologie Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über jene österreichischen Gesetze, die die digitale Informationsverarbeitung und deren Auswirkungen auf die Staatsbürgerinnen und -bürger regeln. Datenschutzgesetz Fernabsatzgesetz Die österreichischen Gesetze gehen mit den Richtlinien des europäischen Parlaments konform. Rechtliche Grundlagen Produktpirateriegesetz Urheberrechtsgesetz Eine Bildschirmpräsentation mit allen Abbildungen zum Schritt LERNEN finden Sie unter der ID: xxxx. Österreichische IT-Gesetze P Musterunternehmen E-Commerce-Gesetz Signaturgesetz Problemstellung Die Abteilungsleiterin der Rechtsabteilung, Frau Tüchler, erteilt Ihnen den Auftrag, sich einen Überblick über die Gesetze, die die Arbeit mit der Informationstechnologie betreffen, zu verschaffen. Welche Bedeutung haben europäische Richtlinien und österreichische Gesetze? Österreichische IT-Gesetze im Überblick Das Recht auf Schutz der persönlichen Daten ist ein Grundrecht im Verfassungsrang. 1 Das Datenschutzgesetz (DSG 2000) regelt das Grundrecht auf Datenschutz, die Verwendung von Daten, die Publizität, die Rechte der Betroffenen, die Kontrollorgane sowie die Strafbestimmungen. Das DSG 2000 ist die österreichische Umsetzung der europäischen Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG. Der Artikel 1 stellt eine Verfassungsbestimmung dar: das Grundrecht jeder Per- Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 1: Datenschutz son auf Schutz ihrer persönlichen Daten. Im Unterschied zur EU-Richtlinie umfasst das österreichische DSG 2000 nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische (z. B. Unternehmen und Vereine). Logo der österreichischen Datenschutzkommission Eine Novelle erneuert gesetzliche Bestimmungen. E-Commerce ist der elektronische Geschäftsverkehr. Private to Private (P2P) Business to Business (B2B) Business to Private (B2P) Bei der Datenschutzkommission wird das Datenverarbeitungsregister geführt. Jede Person kann sich wegen einer behaupteten Verletzung ihrer Rechte nach dem DSG 2000 mit einer Beschwerde an die Datenschutzkommission wenden (vgl. www.dsk.gv.at). 2 Das Fernabsatzgesetz regelt Vertragsabschlüsse im Fernabsatz, z. B. im Internet. Das Fernabsatzgesetz 2000 ist die österreichische Umsetzung der europäischen Fernabsatzrichtlinie 97/17/EG. Es beinhaltet vor allem Novellen zum Konsumentenschutzgesetz und regelt die Form von elektronischen Vertragsabschlüssen für Konsumenten. 3 Das E-Commerce-Gesetz regelt den elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehr. Das ECG 2001 ist die österreichische Umsetzung der europäischen E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG. Es behandelt vor allem den internationalen elektronischen Geschäftsverkehr – Vertragsabschlüsse zwischen Privatpersonen (P2P), Unternehmen (B2B) sowie zwischen Unternehmen und Privatpersonen (B2P). 4 Das Produktpirateriegesetz regelt das Vorgehen der österreichischen Zollbehörden gegen die Einfuhr von gefälschten Produkten, wie z. B. Raubkopien. Das PPG 2004 ist die österreichische Umsetzung der europäischen Produktpiraterie-Verordnung Nr. 1383/2003 und regelt z. B. die Strafen bei der Einfuhr von Raubkopien in den Zollraum der EU. Das UrhG umfasst mit seiner Novellierung aus dem Jahr 2003 nun auch spezielle Bestimmungen für Datenbanken und Computersoftware. Es regelt die Nutzung, Verwertung, Vervielfältigung und Verbreitung von Werken. Digitale Signatur bedeutet elektronische Unterschrift. 6 Das Signaturgesetz 1999 mit seiner Novelle aus dem Jahr 2001 regelt die Erstellung und Verwendung elektronischer Unterschriften sowie die Erbringung von Zertifizierungsdiensten. Das SigG 1999/2001 ermöglicht die Verwendung der elektronischen Unterschrift als Nachweis der Identität des Benutzers im Behörden- (E-Government) und Geschäftsverkehr (E-Commerce), wie z. B. zur Zeichnung einer elektronischen Rechnung. Der Vorsteuerabzug bei elektronischen Rechnungen ist nur dann möglich, wenn diese mit einer digitalen Signatur versehen sind. L 1: IT-Gesetze a) Darf die Firma H2Ö auf ihrer Homepage eine Liste ihrer Großkunden veröffentlichen? Nein, Sie würde damit gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Musterunternehmen b)Darf die Firma H2Ö auf ihrer Homepage die Länder anführen, in die ihre Produkte exportiert werden? Ja, sofern keine Kundennamen angeführt werden. Ein Land ist keine Person. c) Welche rechtlichen Regelungen gibt es für die Nutzung des Internets? Ein spezielles Recht zur Regelung des Internets gibt es nicht. Vielmehr regeln die einzelnen Bestimmungen vieler Gesetze und Verordnungen auch und vor allem die Verwendung des Internets, wie z. B. den Handel in Online-Tauschbörsen oder die Nutzung von E-Mail. Beachten Sie Wirtschaftsinformatik Europäische Richtlinien formulieren den Mindeststandard für die lokale Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten der EU. Sie haben aber keinen rechtsverbindlichen Charakter. Die Parlamente der Mitgliedsstaaten bestimmen über die Umsetzung der europäischen Richtlinien in Form von Gesetzen. Dadurch können die Gesetze der EU-Mitgliedsstaaten zwar unterschiedlich streng sein, sie müssen aber den Mindestanforderungen der europäischen Richtlinien entsprechen. 3 Rechtliche Grundlagen 5 Das Urheberrechtsgesetz mit seiner Novelle aus dem Jahr 2003 regelt das geistige Eigentum an Werken der Literatur und Kunst sowie dessen Schutzrechte. Lernen Üben Sichern Wissen Ü 1: Erstellen Sie ein Memo an die Leiterin der Rechtsabteilung der H2Ö GmbH und beschreiben Sie darin den Unterschied zwischen einer europäischen Richtlinie und einem Gesetz. Erklären Sie, warum das österreichische Datenschutzgesetz in manchen Punkten strenger als die europäische Richtlinie ist und nennen Sie dafür ein Beispiel! Musterunternehmen 2 Datenschutzgesetz Der Schutz personenbezogener Daten Das Datenschutzgesetz aus dem Jahr 2000 (DSG 2000) ist ein Bundesgesetz und basiert auf der europäischen Datenschutzrichtlinie. Es gliedert sich in zwei Artikel, wobei der erste Artikel eine Verfassungsbestimmung darstellt. Danach hat jede Person ein Grundrecht auf den Schutz persönlicher Daten. Das Gesetz gilt in Österreich für alle natürlichen und juristischen Personen, auch für alle Unternehmen der Europäischen Union, sofern diese eine Zweigniederlassung in Österreich betreiben. Die europäische Datenschutzrichtlinie schreibt den Mindeststandard für den Datenschutz in den Mitgliedsländern der EU vor. P Musterunternehmen Problemstellung Aufgrund der Androhung einer Klage seitens eines Lieferanten wurde die Datenschutzpolitik des Unternehmens hinterfragt. Die Abteilungsleiterin der Rechtsabteilung bittet Sie um Vorschläge zu den folgenden, im Rahmen der letzten Geschäftsleitungssitzung aufgeworfenen Fragen: ● Wie kann die H2Ö GmbH den Schutz personenbezogener Daten gewährleisten? ● Was kann getan werden, wenn man den Verdacht hat, dass persönliche Daten missbräuchlich verwendet wurden? ● Welche Form der Verarbeitung von personenbezogenen Daten muss einer Behörde gemeldet werden? Verwendung personenbezogener Daten Recht auf Auskunft nur für eindeutig festgelegte und rechtmäßige Zwecke Recht auf Einsicht sachliche Richtigkeit Recht auf Richtigstellung Aufbewahrung nur für die Dauer der Verwirklichung des Zwecks der Erhebung Recht auf Löschung Datenschutzprinzipien Prinzipien des Datenschutzes Auch Behörden, wie das Finanzamt und die Sozialversicherungsanstalten, unterliegen dem Datenschutzgesetz. 1 Geregelt ist die Verwendung personenbezogener Daten. Personenbezogene Daten sind z. B. Vorname, Zuname, Geburtsdatum, Adresse oder von einer Person gekaufte Produkte eines Unternehmens. Unter Verwendung versteht man jede Art von Nutzung, also auch die Speicherung, Weitergabe, Änderung usw. 2 Daten von Personen dürfen nur für die zuvor festgelegten Zwecke verwendet werden. Die H2Ö GmbH darf beispielsweise nur die für ihre Tätigkeit unbedingt erforderlichen Daten ihrer Kunden speichern (z. B. Name, Adresse, gekaufte Produkte, Umsatz). Sie darf z. B. die Krankheiten ihrer Angestellten nicht speichern, sehr wohl jedoch die Anzahl der Krankenstandstage, da diese für die Lohnverrechnung benötigt werden. Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 1: Datenschutz 3 Die verwendeten Daten müssen sachlich richtig sein. Jede Person hat ein Recht auf Richtigstellung von falsch gespeicherten Daten. Bei Namens- oder Adressänderung muss z. B. die H2Ö GmbH diese Daten korrigieren. 4 Daten von Personen dürfen nur so lange gespeichert werden, wie sie dem ursprünglichen Verwendungszweck dienen. Ein ehemaliger Großabnehmer der H2Ö GmbH erhält z. B. eine Preisliste, obwohl er seit Jahren nicht mehr bei H2Ö eingekauft hat. Er hat ein Recht auf die Löschung seiner Daten. Welche Maßnahmen zum Schutz von Daten schreibt das Datenschutzgesetz jenen vor, die persönliche Daten verwalten? Maßnahmen für Vertraulichkeit und Sicherheit Datenverarbeitungsregister (DVR) Verlust Zerstörung Schadenersatzpflicht unberechtigte Weitergabe Vertraulichkeit und Sicherheit Schutz von Daten Wer personenbezogene Daten nicht sichert, verstößt gegen das Datenschutzgesetz. DVR = Datenverarbeitungsregister Musterunternehmen 1 Schutzmaßnahmen gewährleisten die Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten. Alle, die Daten verwalten, müssen Vorkehrungen zur Sicherung des Datenbestandes treffen und darüber Auskunft erteilen, welche Daten verwaltet werden. Es sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Daten vor Verlust, Zerstörung und unberechtigter Weitergabe zu schützen. Die H2Ö GmbH muss z. B. die Kundendaten sichern, das Netzwerk vor fremdem Zugriff schützen und die Angestellten über ihre Verschwiegenheitspflichten aufklären. 2 Jede Person hat ein Auskunftsrecht über die von ihr gespeicherten Daten. Jede/r, die/der persönliche Daten verwaltet, muss die Art der Daten vor deren Verarbeitung beim Datenverarbeitungsregister melden. Die Datenschutzkommission führt das Datenverarbeitungsregister (DVR). Sie hat aber noch weitere Aufgaben, wie z. B. die Entgegennahme von Beschwerden und die Prüfung von behaupteten Datenschutzverletzungen. Antragsformulare für die Zuteilung einer DVR-Nummer können unter der Webadresse www.dsk.gv.at herunterladen werden. Die Meldung ist kostenlos. Der Melder erhält eine DVR-Nummer zugewiesen, die er in seiner Geschäftskorrespondenz anzuführen hat. L 2: Datenschutz a) Die Buchhalterin der H2Ö möchte ihre Freunde und Bekannten in einer Datenbank verwalten. Muss sie dafür eine Meldung beim DVR vornehmen? Nein, Anwendungen für persönliche oder familiäre Zwecke sind von einer Meldung ausgenommen. b)Die H2Ö verwaltet ihre Buchhaltung elektronisch. Muss sie für die Speicherung der Konten eine Meldung beim DVR vornehmen? Grundsätzlich ja, es gibt aber für Standardfälle eine Musterverordnung (z. B. für das Rechnungswesen). Sofern die zu verwaltenden Daten in der Musterverordnung enthalten sind, kann eine Meldung entfallen. Wirtschaftsinformatik 3 Rechtliche Grundlagen Das DVR wird von der Datenschutzkommission geführt. Formulare können unter www.dsk. gv.at heruntergeladen werden. Die Anmeldung ist kostenlos. Schutz der Daten gegen Lernen Üben Musterunternehmen Sichern Wissen Ü 2: Formulieren Sie für die nächste Geschäftsleitungssitzung der H2Ö konkrete Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten, um dem Datenschutzgesetz zu entsprechen. Erstellen Sie eine Präsentation für die Abteilungsleiterin und beschreiben Sie die Maßnahmen auf jeder Folie im Notizfeld! Datenschutzkommission Die Datenschutzkommission ist für die Einhaltung und die Überwachung des Datenschutzes zuständig. Sie führt auch das Datenverarbeitungsregister und ist Anlaufstelle für die Beschwerdeführung in Sachen Datenschutzverletzung seitens der Behörden. Aufgaben der Datenschutzkommission Führung des Datenverarbeitungsregisters (DVR) Kontrollbefugnisse Beschwerdeführung Datenschutzkommission Aufgaben der Datenschutzkommission 1 Die Datenschutzkommission führt das Datenverarbeitungsregister (DVR). Außerdem nimmt sie Meldungen entgegen und erteilt jeder anfragenden Person Auskunft über die von ihr gespeicherten Daten bei Unternehmen, Vereinen und Behörden. 2 Die Datenschutzkommission prüft Behauptungen von Personen, die eine Datenschutzverletzung vermuten. Jede Person kann sich an die Datenschutzkommission wenden, wenn sie eine Verletzung des Datenschutzes befürchtet. Die Kommission überprüft diese Behauptung und kann alle dafür erforderlichen Unterlagen sowie Einsicht in die Datenspeicherung verlangen. Unter www.ris.bka. gv.at/dsk sind die Bescheide der Datenschutzkommission abrufbar. Musterunternehmen Musterunternehmen 3 Bei der Datenschutzkommission können Beschwerden über vermutete Datenschutzverletzungen eingebracht werden. Datenschutzrechtliche Verletzungen durch Behörden können bei der Datenschutzkommission beeinsprucht werden. Datenschutzverletzungen von Unternehmen oder Privaten sind bei Gericht einzuklagen. L 3: Datenschutzkommission Die Steuerberaterin der H2Ö veröffentlicht eine Liste mit den Namen und Adressen ihrer Klienten auf ihrer Website. Welche Möglichkeiten bietet das DSG 2000, wenn die H2Ö nicht auf der Liste aufscheinen will? Sie kann die Datenschutzkommission anrufen und nachfragen, welche Daten die Steuerberaterin über ihre Klienten speichert. Weiters kann sie bei Gericht Unterlassungsklage einreichen. Ü 3: Sie erhalten einen Telefonanruf eines Lieferanten der H2Ö. Dieser möchte Auskunft darüber erhalten, welche personenbezogenen Daten über ihn gespeichert sind. Müssen Sie dem Lieferanten darüber Auskunft erteilen? Begründen Sie Ihre Antwort! Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 1: Datenschutz 3 Datenverarbeitungsregister Meldepflichtige Datenanwendungen „Nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes hat jeder Auftraggeber vor Aufnahme einer Datenanwendung eine Meldung an das Datenverarbeitungsregister bei der Datenschutzkommission zu erstatten. Die Meldepflicht betrifft nur personenbezogene Daten, das sind Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist.“ (vgl. § 4 Z 1 DSG 2000) (Quelle: Datenschutzkommission) P Musterunternehmen Private Datenanwendungen, wie z. B. die Adressenverwaltung für die Weihnachtspost, unterliegen nicht der Meldepflicht. Problemstellung Der ortsansässige Installateur Robert Braun hat bei der H2Ö eine geplatzte Hochdruckleitung repariert. Auf der Rechnung fehlt die DVR-Nummer. Welche Konsequenzen hat dies für die Rechtmäßigkeit der Rechnung? Muss der Installateur eine DVR-Nummer beantragen? Ausnahmen von der Meldepflicht Laut § 17 Abs. 2 DSG 2000 sind von der Meldepflicht Datenanwendungen ausgenommen, die ● ausschließlich veröffentlichte Daten enthalten. ● die Führung von Registern oder Verzeichnissen zum Inhalt haben, die von Gesetzes wegen öffentlich einsehbar sind, sei es auch nur bei Nachweis eines berechtigten Interesses. ● nur indirekt personenbezogene Daten enthalten. ● von natürlichen Personen ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten vorgenommen werden (§ 45). ● für publizistische Tätigkeit gemäß § 48 vorgenommen werden. ● einer Standardanwendung entsprechen: Der Bundeskanzler kann durch Verordnung Typen von Datenanwendungen zu Standardanwendungen erklären, wenn sie von einer großen Anzahl von Auftraggebern in gleichartiger Weise vorgenommen werden und angesichts des Verwendungszwecks und der verarbeiteten Datenarten die Gefährdung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist. In der Verordnung sind für jede Standardanwendung die zulässigen Datenarten, die Betroffenen- und Empfängerkreise sowie die Höchstdauer der zulässigen Datenaufbewahrung festzulegen. Die folgende Abbildung zeigt das Bundesgesetzblatt zur Standard- und Muster-Verordnung 2004. In der Anlage 1 sind alle Standardanwendungen aufgezählt. www.wissenistmanz.at Die Anlage 1 zur Standard- und Muster-Verordnung 2004 finden Sie unter der ID: xxxx. Wirtschaftsinformatik Standard- und Muster-Verordnung 2004 zum DSG 2000 3 Rechtliche Grundlagen Standardanwendungen, wie z. B. Buchhaltung und Kundenverwaltung, unterliegen nicht der Meldepflicht. Lernen Üben Beachte Sichern Wissen Der überwiegende Teil der Datenanwendungen ist nicht meldepflichtig! In diese Regelung fallen private Datenanwendungen, wie z. B. der Rufnummernspeicher in einem Handy, und Standardanwendungen. Die wichtigsten Standardanwendungen sind: SA001 Rechnungswesen und Logistik, SA002 Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse, SA007 Verwaltung von Benutzerkennzeichen sowie SA022 Kundenbetreuung und Marketing für eigene Zwecke. www.wissenistmanz.at Eine vollständige Liste aller Standardanwendungen gemäß der Standard- und MusterVerordnung 2004 zum DSG 2000 finden Sie in SbX und in Sb+. Die Anlage 1 zur Standard- und Muster-Verordnung 2004 finden Sie unter der ID: xxxx. Nähere Informationen über die Meldepflicht von Datenanwendungen, Formulare für die Meldung sowie den Gesetzestext des DSG 2000 können Sie über die Website der Datenschutzkommission unter www.dsk.gv.at abrufen. Musterunternehmen L 4: Standardanwendungen Ein Lieferant der H2Ö speichert seine Kunden in einer Access-Datenbank. Außerdem verwendet er zur Erstellung der Bilanz eine Buchhaltungssoftware. Muss er diese Datenanwendungen melden und eine DVR-Nummer beantragen? Nein, beide Datenanwendungen sind Standardanwendungen (SA001 und SA022) und daher nicht meldepflichtig. Ü 4: Darf die H2Ö die Rechnung des Installateurs Robert Braun mit dem Hinweis auf die fehlende DVR-Nummer zurückweisen? Begründen Sie Ihre Antwort! Musterunternehmen Üben Übungsbeispiele www.wissenistmanz.at Ü 5: Rauchfangkehrermeister Schwarz möchte eine Buchhaltung und Lohnverrechnung sowie eine Kundendatenbank betreiben. Überprüfen Sie anhand der Standard- und Muster-Verordnung in SbX bzw. Sb+, welche Daten die Firma Schwarz ohne Meldung verarbeiten darf! Die Standard- und Muster-Verordnung 2004 finden Sie unter der ID: xxxx. www.wissenistmanz.at Den Bescheid der Datenschutzkommission finden Sie unter der ID: xxxx. Ü 6: Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) kündigt einem Arzt den Kassenvertrag, worauf der Arzt soziale Härte einwendet. Die SVA erhält zur Berechnung und Vorschreibung der Pensionsbeiträge vom Finanzamt die Einkommensdaten des Arztes. Sie entgegnet, dass der Arzt im letzten Jahr ein Jahreseinkommen von 500.000 Euro versteuert habe. Von sozialer Härte könne da wohl keine Rede sein. Wie ist das Vorgehen der SVA aus datenschutzrechtlicher Sicht zu beurteilen? Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 1: Datenschutz Ü 7: Frau Dr. Notnagl ist Präsidentin in einem Golfclub und möchte eine Mitgliederverwaltung in MS Access erstellen. Muss sie diese Datenanwendung beim DVR melden? Begründen Sie Ihre Antwort! Sie finden Ü 8 mit automatischer Aufgabenkontrolle unter der ID: xxxx. ✔ erledigt w Ü 8: w Weitere Übungen in SbX Ü 8: Vervollständigen Sie die Übersicht zu den Datenschutzprinzipien! Ü 9: Bearbeiten Sie die Übungsaufgabe „Datenschutz“! In dieser Lerneinheit haben Sie einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen im Bereich der Informationstechnologie erhalten und sich mit dem Datenschutzgesetz und seinen Bestimmungen näher beschäftigt. Datenschutzgesetz Das DSG 2000 ist die österreichische Umsetzung der europäischen Datenschutzrichtlinie. Es regelt die Verwendung personenbezogener Daten. Das Grundrecht jeder Person auf Schutz ihrer persönlichen Daten ist eine Verfassungsbestimmung. Datenschutzprinzipien Die Datenschutzprinzipien umfassen das Recht auf Auskunft und Einsicht sowie auf Richtigstellung falscher und Löschung nicht mehr benötigter Daten. Vorsichtsmaßnahmen Es sind alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um den Verlust, die Zerstörung oder die Weitergabe von personenbezogenen Daten zu verhindern. Datenschutzkommission Zu den Aufgaben der Datenschutzkommission gehören die Führung des Datenverarbeitungsregisters, die Überwachung der Einhaltung des Datenschutzgesetzes sowie die Prüfung von vermuteten Datenschutzverstößen. Datenverarbeitungsregister Dem DVR sind grundsätzlich alle Datenanwendungen zu melden, in denen personenbezogene Daten verwaltet werden. Meldepflicht Von der Meldepflicht ausgenommen sind z. B. private Datenanwendungen und Standardanwendungen, die im Rahmen der Standard- und Muster-Verordnung festgelegt werden. Standardanwendungen sind z. B. Rechnungswesen, Personalverrechnung und Kundenverwaltung. audio ID: xxxx Wirtschaftsinformatik Zusätzlich zu dieser Zusammenfassung finden Sie in SbX eine Audio-Wiederholung mit Audio-Player und als MP3-Download sowie eine Bildschirmpräsentation. 3 Rechtliche Grundlagen Sichern Lernen Üben Sichern Wissen Wissen Kontrollfragen und -aufgaben Sie finden die Aufgaben 3 bis 5, 9 und 10 mit automatischer Aufgabenkontrolle unter der ID: xxxx. ✔ erledigt w Aufgaben 3–5, 9: w Aufgabe 10: w 1.Welche rechtlichen Regelungen gelten in Österreich im Zusammenhang mit der Informationstechnologie? 2.Welche Prinzipien sind im Datenschutzgesetz 2000 festgelegt? 3.Welche Rechte hat eine Person die eigenen personenbezogenen Daten betreffend? 4.Welche Vorsichtsmaßnahmen müssen für die Datenspeicherung ergriffen werden? 5.Welche Aufgaben erfüllt die Datenschutzkommission? 6.Welche Möglichkeiten hat eine Person, wenn sie gegen eine Datenschutzverletzung durch eine Privatperson, einen Verein oder ein Unternehmen vorgehen will? 7.Nennen Sie drei Beispiele, die nicht der Meldepflicht im DVR unterliegen! 8.Was versteht man unter dem Auskunftsrecht? 9.Darf ein praktischer Arzt die gespeicherten Adressen seiner Patientinnen und Patienten an die Apotheke seiner Tochter zu Werbezwecken weitergeben? Weitere Aufgabe in SbX 10. Lösen Sie das Kreuzworträtsel zum Thema Datenschutz! Musterunternehmen Projektaufgabe „Datenschutzkonzept“ Erarbeiten Sie gemeinsam mit einem Mitschüler bzw. einer Mitschülerin ein Datenschutzkonzept für die Firma H2Ö! a) Erstellen Sie eine Liste aller Datenfelder, die in der H2Ö GmbH gespeichert werden, z. B. Vorund Zunamen der Mitarbeiter/innen, Geburtsdaten, Gehalt usw. b)Füllen Sie das Formular zur Beantragung einer DVR-Nummer aus! c) Welche konkreten Maßnahmen kann die H2Ö ergreifen, um alle Datenschutzprinzipien einzuhalten? 10 Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 2: Fernabsatz und E-Commerce Lerneinheit 2 Fernabsatz und E-Commerce Die Firma H2Ö sponsert einen erfolgreichen Schwimmverein, aus dessen Mitte bereits ein Olympiasieger hervorging. Für die Fans des Vereins ist ein Webshop geplant, in dem einige Fanartikel über das Internet zum Kauf angeboten werden sollen. Als Praktikant/in in der Rechtsabteilung ist es Ihre Aufgabe, sich über den Fernabsatz und den elektronischen Handel (E-Commerce) aus rechtlicher Sicht zu informieren und die Programmierer des Webshops bei deren Arbeit zu beraten. Alle SbX-Inhalte zu dieser Lerneinheit finden Sie unter der ID: xxxx. Lernen 1 Fernabsatzgesetz Die europäische Fernabsatzrichtlinie (RL 97/7/EG) wurde in Österreich in verschiedene Gesetze, vor allem in das Konsumentenschutzgesetz, integriert. Die Summe aller Bestimmungen in den verschiedenen österreichischen Gesetzen wird als Fernabsatzgesetz (FAG 1999) bezeichnet. Eine bessere Übersicht gewährt die europäische Fernabsatzrichtlinie, die einen Mindeststandard für das nationale Recht vorgibt. Sie gilt in allen EU-Staaten. P Musterunternehmen Problemstellung Die beiden Programmierer des Webshops für den von H2Ö gesponserten Schwimmverein erbitten Ihre Unterstützung bei der rechtlichen Gestaltung der Geschäftsbedingungen. Welche Informationspflichten gibt es vor und nach dem Vertragsabschluss? Informationspflichten VOR Vertragsabschluss Name des Verkäufers; bei Vorauszahlung auch Anschrift wesentliche Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung Rücktrittsrecht, Vertragslaufzeit Einzelheiten der Zahlung Eine Bildschirmpräsentation mit allen Abbildungen zum Schritt LERNEN finden Sie unter der ID: xxxx. Wirtschaftsinformatik Preis inkl. Steuern und Versand Informationspflichten vor Vertragsabschluss Ein Online-Angebot eines Verkäufers muss folgende Informationen enthalten: ● Der Verkäufer muss seinen Namen bekanntgeben. Leistet der Konsument eine Vorauszahlung, muss auch die Postanschrift des Verkäufers bekannt sein. ● Der Verkäufer muss die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung nennen. ● Der Käufer muss den Gesamtpreis inklusive aller Steuern, Versandkosten und sonstigen Kosten kennen. ● Die Zahlungsmodalitäten müssen bekannt sein. ● Der Konsument muss über Rücktrittsrecht und Vertragslaufzeit aufgeklärt werden. 11 3 Rechtliche Grundlagen Konsumentenfreundliche Regelungen Lernen Üben Sichern Wissen Spätestens bei der Lieferung durch den Verkäufer müssen die folgenden Informationen dem Konsumenten bekanntgegeben werden: Informationspflichten BEI Erfüllung (Lieferung) Für Verbraucher gilt ein Widerrufsrecht innerhalb von sieben Werktagen. Information über das Widerrufsrecht (7 Werktage) Anschrift des Lieferanten Garantiebedingungen Kündigungsbedingungen Informationspflichten bei Erfüllung Beachten Sie Samstag gilt nicht als Werktag. Widerrufsrecht Der Verbraucher kann innerhalb von sieben Werktagen ab der Lieferung ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung vom Vertrag zurücktreten. Lediglich die Kosten für die Rücksendung der Waren dürfen dem Verbraucher angelastet werden. Diese Frist gilt, wenn alle Informationspflichten erfüllt sind. Wurden die Informationspflichten nicht erfüllt, so gilt eine Rücktrittsfrist von drei Monaten. Die beiden Lehrbeispiele zeigen die Anwendung des Widerrufsrechts beim Online-Kauf. Musterunternehmen Musterunternehmen Musterunternehmen 12 L 1: Widerrufsrecht Ein Kunde bestellt im Webshop der H2Ö zwei T-Shirts sowie eine Schirmkappe des Schwimmvereins. Der Bestellwert beträgt 45 Euro. Vier Tage nach der Lieferung sendet der Kunde die Ware zurück. Darf er vom Kauf ohne Angabe von Gründen zurücktreten? Ja, innerhalb von sieben Werktagen nach der Lieferung darf er den Kaufvertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen. L 2: Widerrufsfrist Der Fuhrparkmanager der Firma H2Ö bestellt bei einem deutschen Online-Shop vier Alufelgen für das Auto des Geschäftsführers. Weder bei Vertragsabschluss noch bei der Lieferung findet er die Adresse des Lieferanten. Acht Wochen nach der Lieferung werden die Winterreifen mit den neuen Felgen am Auto montiert, aber dem Geschäftsführer gefallen die Felgen nicht. Darf der Fuhrparkmanager vom Vertrag zurücktreten? Ja, wenn der Lieferant seine Informationspflichten verletzt hat, besteht eine Widerrufsfrist von drei Monaten. Ü 1: Für die Aufbewahrung der Belege bestellt die Buchhaltungsabteilung der H2Ö 50 Ordner in einem Online-Shop eines Schreibwarenhändlers. Die Auftragsbestätigung des Webshops enthält den Bestellwert inklusive Umsatzsteuer sowie den folgenden Hinweis: „Die Versandkosten werden separat in Rechnung gestellt.“ Als die Ordner eintreffen, stellt eine Kollegin fest, dass im Keller noch 120 Ordner gelagert sind. Welche Rücktrittsfrist gilt für den Widerruf des Kaufvertrages? Begründen Sie Ihre Entscheidung! Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 2: Fernabsatz und E-Commerce 2 E-Commerce-Gesetz Die gesetzliche Regelung für Online-Verträge Im Jahr 2001 wurde der E-Commerce mit einem eigenen Gesetz geregelt. Wird eine Leistung über das Internet oder ein vergleichbares Netzwerk bestellt oder erbracht, so gilt für diese Rechtsgeschäfte das E-Commerce-Gesetz (ECG 2001). E-Commerce = elektronischer Handel P Musterunternehmen Problemstellung Ein Kunde bestellt im Online-Shop von H2Ö 3500 Schirmkappen. Offensichtlich handelt es sich bei dieser Bestellung um einen Tippfehler bei der Menge. Ist zwischen dem Kunden und H2Ö ein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen? Informieren Sie sich über das E-Commerce-Gesetz und klären Sie den Sachbearbeiter im Vertrieb über die rechtliche Situation auf! gegen Entgelt elektronisch Dienst der Informationsgesellschaft lt. § 3 ECG 2001 Fernabsatz bereitgestellter Dienst Anwendung des E-Commerce-Gesetzes Anwendung des E-Commerce-Gesetzes 1 Das ECG 2001 gilt für gegen Entgelt auf elektronischem Weg im Fernabsatz abgeschlossene Verträge. Frau Sacher bestellt z. B. im Webshop von Amazon ein Sachbuch. Der abgeschlossene Kaufvertrag kam auf elektronischem Weg im Fernabsatz (Internet) zustande. 2 Der Abruf der Leistung oder des bereitgestellten Dienstes erfolgt individuell durch den Leistungsempfänger. Die Bestellung von Frau Sacher stellt einen individuellen Abruf der Leistung (des Buches) dar. Sie könnte das Buch auch als Online-Version gekauft und sofort heruntergeladen haben. ABGB = Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch Kaufgegenstand + Preis + Willenserklärung mündlich oder fernmündlich schriftlich + Angebot = Annahme digital Grundsätzlich gelten für Online-Verträge die gesetzlichen Regelungen des ABGB. Online-Kaufverträge stellen lediglich hinsichtlich ihres Zustandekommens, nämlich digital im Fernabsatz, eine Besonderheit dar. Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines OnlineVertrages zeigt die nebenstehende Abbildung. Voraussetzungen für einen Online-Vertragsabschluss Wirtschaftsinformatik 13 3 Rechtliche Grundlagen auf Abruf des Empfängers Lernen Üben Sichern Wissen Gesetzliche Voraussetzungen für Online-Verträge 1 Der Kaufgegenstand muss in seiner Beschaffenheit beiden Vertragspartnern bekannt sein. In einer Online-Auktion bei Ebay wird der Kaufgegenstand einschließlich seiner Mängel beschrieben: „Ich verkaufe eine Sony Cybershot DSC-H5 Digitalkamera inkl. Tasche, 1 GB Speicherkarte und Handbuch. Das Gehäuse hat auf der Unterseite einen 5 mm langen Kratzer. Das Gerät funktioniert einwandfrei.“ 2 Der Preis des Kaufgegenstandes muss beiden Vertragspartnern bekannt sein. In einem Online-Shop wird der Preis in der Regel direkt neben der Warenbeschreibung angegeben. Bei Online-Auktionen bedient sich der Käufer eines elektronischen Bieteragenten. Dieser erhöht den Preis automatisch bis zu einem vom Bieter vorgegebenen Maximum. 3 Bei Online-Verträgen erfolgt die Willenserklärung in digitaler Form. Ein Kunde bietet dem Verkäufer an, die Ware aus dem Online-Shop kaufen zu wollen. Der Verkäufer bestätigt diesen Antrag z. B. via E-Mail. Der Kaufantrag des Käufers ist eine einseitige Willenserklärung. Der Kaufvertrag kommt erst mit der Bestätigung des Verkäufers zustande. L 3: Online-Kaufvertrag Herr Teufel möchte in einem Online-Shop eine Stichsäge bestellen. Er markiert das gewünschte Produkt, das im Shop inklusive Preisangabe beschrieben ist, und klickt auf „Bestellen“. Ist zu diesem Zeitpunkt schon ein Kaufvertrag zustande gekommen? Nein. Die Angebote im Online-Shop sind keine verbindlichen Angebote, denn dazu müssten sie mit Mengenangabe an eine Person gerichtet sein. Daher ist die Bestellung von Herrn Teufel lediglich ein Kaufantrag, also ein Angebot an den Verkäufer. Der Verkäufer kann nun mittels Bestellbestätigung den Antrag annehmen. Erst dann ist der Kaufvertrag abgeschlossen. Laut ECG muss diese Bestätigung unmittelbar (z. B. via E-Mail oder Bestätigungsfenster) erfolgen. Das Bieten auf einer Online-Auktion ist immer verbindlich, auch wenn es sich um einen Sofortkauf handelt. L 4: Online-Auktion Frau Notnagel sieht in Ebay einen gebrauchten Fernseher. Sie stellt im Bieteragenten einen Maximalbetrag von 30 Euro ein. Am nächsten Tag erhält sie eine E-Mail von Ebay, dass sie die Meistbietende bei der Auktion war. Muss Frau Notnagel den Fernseher kaufen oder stellt diese E-Mail nur ein Angebot zum Kauf dar? Der Kaufvertrag ist mit Ablauf der Auktion rechtswirksam zustande gekommen. Frau Notnagel muss den Fernseher bezahlen. Der Verkäufer muss verkaufen, auch wenn ihm der Auktionspreis zu niedrig erscheint. Beachten Sie Bei privaten Online-Auktionen gibt es kein Widerrufsrecht! Ü 2: In einem Chatforum schreibt „Doc Hollywood“, dass er sein Handy um 25 Euro verkaufen möchte. „Miss Nice“ schreibt an „Doc Hollywood“, dass sie das Handy kaufen und morgen abholen will. Sie fragt nach dem Realnamen und der Adresse. Ist ein Kaufvertrag zustande gekommen? Begründen Sie Ihre Entscheidung! Ü 3: Herr Berger bestellt bei einem Online-Shop ein Mountainbike. Eine Stunde nach der Bestellung erhält er die folgende E-Mail des Shopbetreibers: „Sehr geehrter Herr Berger, wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass das von Ihnen bestellte Mountainbike nicht mehr lieferbar ist.“ Ist zwischen dem Shopbetreiber und Herrn Berger ein Kaufvertrag zustande gekommen? Begründen Sie Ihre Entscheidung! 14 Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 2: Fernabsatz und E-Commerce Üben Übungsbeispiele Ü 4: Frau Tesch bestellt via Internet bei einem Online-Bookshop in London drei „Harry-Potter“-Bände. Der Preis je Buch ist mit 9 Pfund angegeben. Einige Tage später erhält Frau Tesch die Lieferung und eine Rechnung über 35 Pfund inklusive Versandkosten. Sie sieht nochmals im Webshop nach und stellt fest, dass der Preis „incl. shipment“ angegeben ist. Ihre Mailanfrage beantwortet der Bookshop so: We are sorry, but shipment is only included within Great Britain and Northern Ireland. Jane Smith Darf Frau Tesch vom Kaufvertrag zurücktreten? Falls ja, innerhalb welcher Frist? Begründen Sie Ihre Antwort! Sie finden Ü 7 mit automatischer Aufgabenkontrolle unter der ID: xxxx. ✔ erledigt w Ü 7: w Ü 6: Frau Üblacker bestellt im Internet eine Digitalkamera. Als sie auf „Bestellen“ klickt, erhält sie unmittelbar darauf folgende Meldung: „Es tut uns leid, das bestellte Produkt ist derzeit nicht lieferbar.“ Frau Üblacker ärgert sich, denn eigentlich ist ja ein Kaufvertrag zustande gekommen … oder etwa nicht? Erläutern Sie die rechtliche Situation! Weitere Übung in SbX Ü 7: Vervollständigen Sie die Übersicht zur Fernabsatzrichtlinie! Sichern In dieser Lerneinheit haben Sie die rechtlichen Grundlagen für das Zustandekommen von Verträgen im Fernabsatz, das Fernabsatz- und das E-Commerce-Gesetz, kennengelernt. Fernabsatzgesetz Das Fernabsatzgesetz enthält eine Reihe gesetzlicher Ergänzungen – vor allem zum Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Informationspflichten vor Vertragsabschluss Der Verkäufer muss vor einem Online-Vertragsabschluss seinen Namen und im Falle einer Vorauszahlung auch seine Anschrift, die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, die Einzelheiten der Zahlung und den Gesamtpreis inklusive Steuern und Versandkosten bekanntgeben. Weiters muss er über das Rücktrittsrecht des Konsumenten und die Vertragslaufzeit Auskunft geben. Informationspflichten bei Erfüllung Spätestens bei der Lieferung muss der Verkäufer den Konsumenten über das Widerrufsrecht innerhalb von sieben Werktagen, die Anschrift des Lieferanten sowie die Garantie- und Kündigungsbedingungen aufklären. Wirtschaftsinformatik 15 3 Rechtliche Grundlagen Ü 5: Herr Frank klickt in Ebay bei einem Computerspiel für seine Playstation auf „Sofortkaufen“. Wenige Minuten später bereut er seine Entscheidung, denn er sieht das gleiche Spiel deutlich billiger in einer Auktion. Wurde ein Kaufvertrag abgeschlossen oder kann er vom Kauf zurücktreten? Lernen Üben Sichern Wissen Widerrufsrecht Ein Verbraucher kann innerhalb von sieben Werktagen nach der Lieferung ohne Angabe von Gründen vom Kaufvertrag zurücktreten. Sofern der Verkäufer seine Informationspflichten verletzt hat, gilt eine Rücktrittsfrist von drei Monaten. Online-Verträge Das E-Commerce-Gesetz (ECG 2001) regelt im Fernabsatz abgeschlossene Verträge. Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Online-Vertrages sind der Kaufgegenstand und -preis (Essentialia Negotii) sowie die übereinstimmende Willenserklärung und das Synallagma – beide Vertragspartner leisten, um die Gegenleistung zu erhalten. Willenserklärung Ein Kaufvertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärung beider Vertragspartner zustande. Der Käufer stellt den Kaufantrag in elektronischer Form. Der Verkäufer muss diesen Kaufantrag unmittelbar (z.B. via E-Mail oder automatischer Nachricht des Bestellsystems) bestätigen. Die Bestätigung ist die Annahme des Kaufantrages durch den Verkäufer. Der Kaufvertrag ist damit abgeschlossen. audio ID: xxxx Zusätzlich zu dieser Zusammenfassung finden Sie in SbX eine Audio-Wiederholung mit Audio-Player und als MP3-Download sowie eine Bildschirmpräsentation. Wissen Kontrollfragen und -aufgaben 1.Welche Informationspflichten hat der Betreiber eines Webshops? 2.Welche Fristen gelten für das Widerrufsrecht eines Online-Kaufvertrages? 3.Darf der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausüben, bevor die Ware geliefert wurde? 4.Welche Voraussetzungen müssen für das Zustandekommen eines Kaufvertrages im Fernabsatz erfüllt sein? 5.Welche Frist hat der Verkäufer für die Bestätigung einer Online-Bestellung einzuhalten, wenn der Kaufvertrag zustande kommen soll? 6.Herr Johann bestellt in einem Webshop eine Software, die er sofort herunterlädt. Eine Bestätigung der Bestellung via E-Mail ist nicht erfolgt. Wurde der Kaufvertrag gültig geschlossen? Begründen Sie Ihre Entscheidung! Sie finden Aufgabe 8 mit automatischer Aufgabenkontrolle unter der ID: xxxx. ✔ erledigt w Aufgabe 8: w Musterunternehmen 7.Frau Adam bestellt via E-Mail ein Buch. Der Buchhändler liefert das bestellte Buch sechs Tage später ohne jede Rückmeldung. Da Frau Adam keine Bestätigung ihrer Bestellung erhalten hat, hat sie zwischenzeitlich das Buch anderswo bestellt. Wie ist dieser Fall aus der Sicht des ECG 2001 zu beurteilen? Weitere Aufgabe in SbX 8.Lösen Sie das Kreuzworträtsel „Fernabsatz und E-Commerce“! Projekt „E-Commerce“ Konstruieren Sie in Partnerarbeit ein Fallbeispiel zum Thema E-Commerce, bei dem entweder der Verkäufer seine Informationspflichten verletzt oder sich der Käufer falsch verhalten hat. a) Formulieren Sie den Fall sowie eine Frage dazu und geben Sie die Problemstellung an eine andere Gruppe weiter! b)Beantworten Sie die Frage zu jener Problemstellung, die Sie nun von der anderen Gruppe erhalten! 16 Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 3: Urheberrecht Lerneinheit 3 Urheberrecht Sie arbeiten als Praktikant/in in der Rechtsabteilung der Firma H2Ö. Eine Lehrerin aus einer Handelsakademie fragt an, ob sie das Firmenlogo für die Erstellung von Belegen für eine Schularbeit verwenden darf. Außerdem ist ein Maturaprojekt geplant, bei dem eine Website für einen Händler von H2Ö erstellt werden soll. Dafür werden Texte und Bilder von der H2Ö-Homepage erbeten. Die Startseite der Homepage soll mit einem Lied der Beatles untermalt werden. Informieren Sie sich über die Bestimmungen des Urheberrechts, um diese Problemstellungen beantworten zu können! Alle SbX-Inhalte zu dieser Lerneinheit finden Sie unter der ID: xxxx. Lernen 1 Urheberrechtsgesetz Als Urheber eines Werkes bezeichnet man jene Person, die das Werk geschaffen hat. Der Urheber eines Werkes hat das Recht, auch als solcher genannt zu werden (Persönlichkeitsrecht). Die Nennung kann mit dem richtigen Namen, anonym oder mit einem Pseudonym erfolgen, wobei der Urheber entscheiden kann, wie diese Nennung zu erfolgen hat. Der Urheber darf über Nutzung, Verbreitung, Vervielfältigung und Verwertung seines Werkes entscheiden. P Musterunternehmen Problemstellung Auf der Homepage der Firma H2Ö soll unter der Kontaktadresse eine österreichische Landkarte dargestellt werden, in der der Firmenstandort eingezeichnet ist. Darf mit Hilfe der GoogleBildersuche eine Landkarte gesucht, bearbeitet und auf der H2Ö-Homepage abgebildet werden? Urheberrecht Ausschließliches Recht des Urhebers zur Eine Bildschirmpräsentation mit allen Abbildungen zum Schritt LERNEN finden Sie unter der ID: xxxx. Nutzung Verbreitung Vervielfältigung Verwertung Rechte des Urhebers Entstehen und Erlöschen des Urheberrechtes 1 Das Urheberrecht entsteht mit der Vollendung des Werkes. Ein Copyright-Vermerk ist in Europa nicht erforderlich, um das Werk urheberrechtlich zu schützen. Wirtschaftsinformatik Eine Kundendatenbank ist auch dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie keinen CopyrightVermerk aufweist. Gleiches gilt für Webseiten, Fotos, Texte und Computerprogramme. Copyright-Vermerke verweisen auf das amerikanische Copyright. In der Europäischen Union ist jede geistige Schöpfung urheberrechtlich geschützt. 17 3 Rechtliche Grundlagen Der Schutz geistigen Eigentums Lernen Üben Sichern Wissen 2 Die Rechte an einem Werk erlöschen 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Eine Linkliste zum Thema Urheberrecht finden Sie unter der ID: xxxx. Die „Kleine Nachtmusik“ von Wolfgang Amadeus Mozart darf von jedem gespielt, aufgezeichnet und vervielfältigt werden. Dies gilt aber nicht für die Aufzeichnung des Stückes durch die Wiener Philharmoniker oder für gedruckte Notenblätter, denn dafür liegt das Urheberrecht bei anderen. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG 2003) gewann in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. In Österreich verfügt jeder zweite Haushalt über einen Internetanschluss und damit über die Möglichkeit, digitale Kopien von Fotos, Musik und Videos herzustellen. Um die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens kümmern sich viele Benutzer leidlich wenig: 150 heimische Tauschbörsen-User zahlen Schadenersatz an Musikwirtschaft Von den 275 Verfahren gegen österreichische Benützer von Internet-Musiktauschbörsen, die der Verband der österreichischen Musikwirtschaft IFPI Austria wie angekündigt eingeleitet hat, wurden bisher 150, größtenteils außergerichtlich beigelegt, wobei sich die ertappten Filesharer u. a. zur Zahlung von jeweils bis zu EUR 5.500,– Kosten- und Schadenersatz verpflichtet haben. Das Vorgehen gegen Downloader sieht die IFPI durch gerichtliche Grundsatzentscheidungen geklärt: So hat etwa in Österreich der Oberste Gerichtshof mit dem Urteil vom 26.7.2005 klargestellt, dass Internetprovider bei Gesetzesverstößen zur Auskunft über Name und Adresse der User verpflichtet sind. Weiters habe eine einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien bestätigt, dass bei der Teilnahme an Filesharing Urheberrecht verletzt wird. Der Verband der österreichischen Musikwirtschaft wird die „Aktion scharf“ im nächsten Jahr fortsetzen. Neben Österreich wird weltweit in weiteren 16 Ländern in Europa, Nordund Südamerika, Asien und Australien mit rechtlichen Schritten gegen die illegale Verbreitung von Musik im Internet vorgegangen. Auszug aus „Der Standard“ vom 16.11.2005 L 1: Vervielfältigung und Verbreitung Herr Mück möchte seiner Frau zum Hochzeitstag in einer E-Mail ein Bild von einer roten Rose schicken. Darf er aus der Google-Bildersuche ein Rosenbild kopieren und dieses in seine E-Mail einfügen? Nein. Er müsste den Betreiber der verlinkten Website fragen, ob dieser damit einverstanden ist, dass er das Bild verwendet. Wirklich problematisch wird es allerdings erst, wenn Herr Mück das Bild z. B. auf seiner eigenen Website veröffentlicht. Die Nutzung von Bildern aus Clipart-Bibliotheken ist dagegen problemlos möglich, da die Urheber einer uneingeschränkten Nutzung zugestimmt haben. Im Zweifelsfall sollten die rechtlichen Hinweise der Betreiber dieser Seiten beachtet werden. L 2: Verbreitung Eine Lehrerin sendet an eine Kollegin eine E-Mail mit einigen Schularbeitsaufgaben und dem Vermerk „Zu deiner privaten Verwendung“. Darf die Kollegin die Schularbeitsaufgaben an andere Lehrerkolleginnen und -kollegen weitergeben? Nein. Sie darf die Aufgaben nur für sich selbst verwenden. Selbst bei einer Nutzung in einer ihrer Schularbeiten müsste sie nachfragen, ob es in Ordnung wäre, wenn sie die Beispiele an ihre Schüler/innen weitergibt. Das Übernehmen von Textpassagen ohne einen Hinweis auf den Urheber wird als Plagiat bezeichnet. 18 L 3: Bearbeitung Darf ein/e Schüler/in Textinhalte von Webseiten kopieren und im Rahmen einer schulischen Projektarbeit verwenden? Ja, sofern der/die Urheber/in, der Name der Publikation bzw. Webseite und das Datum der Veröffentlichung angeführt werden (Zitierrecht). Allerdings ist das wörtliche Zitieren nur für kurze Textpassagen gestattet. Das seitenweise Kopieren von Texten aus anderen Arbeiten ist nicht zulässig! Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 3: Urheberrecht Wofür braucht man die Zustimmung des Urhebers? Wie Sie in den Lehrbeispielen gesehen haben, bedürfen die Vervielfältigung und die Verbreitung der Zustimmung des Urhebers. Die Bearbeitung und die freie Werknutzung sind aber grundsätzlich zulässig. Nur mit Zustimmung des Urhebers Ohne Zustimmung des Urhebers Vervielfältigung Bearbeitung Verbreitung freie Werknutzung Urheberrechtliche Nutzungsbestimmungen Vervielfältigung, Verbreitung und Bearbeitung Darunter fallen z. B. das Kopieren eines Bildes, der Tonmitschnitt eines Popkonzerts, das Kopieren eines Videofilms, das Bauen eines Hauses nach einem Plan, das Kopieren einer CD. Der Upload im Rahmen eines Peer-Netzes, wie z. B. Kazaa, stellt eine Verbreitung dar. 2 Unter Verbreitung versteht man die Weitergabe an andere, wie z. B. durch Veröffentlichung oder Upload. Mit der Darstellung eines Bildes auf der eigenen Website wird dieses veröffentlicht, also verbreitet. Auch der Upload einer MP3-Datei bei einer Musiktauschbörse ist eine Verbreitung. 3 Durch die Bearbeitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes kann ein neues Werk entstehen, das selbst schutzwürdig ist. Im Rahmen eines Projektes verwendet ein Schüler z. B. eine Darstellung aus dem Internet, die er verändert und ergänzt. Für die neue Abbildung liegen die Urheberrechte beim Schüler und dem ursprünglichen Ersteller. Eine freie Bearbeitung liegt vor, wenn das Original zur Anregung dient: Ein Maler wird z. B. von einem Bild dazu inspiriert, ein bestimmtes Motiv selbst zu malen. Abpausen fällt nicht unter eine freie Bearbeitung, sondern stellt eine Vervielfältigung dar. Musterunternehmen Musterunternehmen Wirtschaftsinformatik Ü 1: Darf mit Hilfe der Google-Bildersuche eine Landkarte gesucht, bearbeitet und auf der H2ÖHomepage abgebildet werden? Liegt eine freie Bearbeitung vor? Begründen Sie Ihre Entscheidung! Ü 2: Eine Kollegin aus der Marketingabteilung der H2Ö fragt, ob Sie in einem Vortrag bei einer Händlertagung ein Video abspielen darf, das sie aus dem Internet heruntergeladen hat. Weiters möchte Sie das Video anschließend den Händlern auf einer CD überreichen. Wie beurteilen Sie die rechtliche Situation? 19 3 Rechtliche Grundlagen 1 Unter Vervielfältigung versteht man jede Herstellung einer körperlichen Kopie. Lernen Üben Sichern Wissen 2 Freie Werknutzung Nutzung ohne die Zustimmung des Urhebers Die freie Werknutzung ist auch ohne Zustimmung des Urhebers zulässig und kann in drei Formen eingeteilt werden: Zwischenspeicherung und Zitierfreiheit fallen unter die freie Werknutzung. 1 Freie Werknutzung als Teil eines technischen Verfahrens Computerprogramme und Schulbücher fallen nicht unter die freie Werknutzung. 2 Freie Werknutzung im allgemeinen Interesse Darunter fällt z. B. das Zwischenspeichern von Informationen (= Caching). So werden Internetseiten häufig auf einem Proxyserver gespeichert, um die Zugriffszeiten zu verkürzen. Darunter fallen die Beweissicherung bei Gericht, die Vervielfältigung und Verbreitung zum Schulund Unterrichtsgebrauch (gilt nicht für Schulbücher), die Aufführung von Werken in einem Geschäft zum Zwecke des Verkaufes und die Zitierfreiheit (genaue Quellenangabe erforderlich). 3 Freie Werknutzung im persönlichen Interesse (Privatkopie) Nach § 42 UrhG darf „jedermann … von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch herstellen“. Alle Personen dürfen „einzelne“ Kopien (laut Rechtsprechung maximal sieben Stück) von einem Werk herstellen. Jedoch darf für die Herstellung der Kopien kein Kopierschutz umgangen werden. Wer einen Kopierschutz umgeht, macht sich strafbar! Musterunternehmen Die Internetprovider sind zur Herausgabe der IP-Adressen verpflichtet. Wer eine Tauschbörse verwendet, ist nicht anonym! Die Verbreitung und Verwertung sind im Rahmen der freien Werknutzung nicht zulässig. Bei Computerprogrammen sind nur Sicherungskopien erlaubt – keine freie Werknutzung! L 4: Tauschbörsen Frau Janos bereitet den Messeauftritt der H2Ö bei einer Spezialmesse für Trink- und Mineralwasser in Dubai vor. Sie sucht eine passende Hintergrundmusik zur Untermalung einer Produktpräsentation. a) Darf Frau Janos bei einer Musiktauschbörse eine MP3-Datei eines Musikstückes der Wiener Philharmoniker herunterladen? Grundsätzlich ja, denn die Herstellung einer Privatkopie zur persönlichen Nutzung ist zulässig (freie Werknutzung). Sie muss beim Herunterladen allerdings beachten, dass Sie die Datei nicht für den Upload freigibt. Da dies dem Grundgedanken von Tauschbörsen widerspricht, kann der Upload bei vielen Tauschbörsen nicht verhindert werden. Dieser ist jedoch strafbar. b)Darf Frau Janos das heruntergeladene MP3-Musikstück an einen Kollegen weitergeben? Nein, denn die Verbreitung ist durch die freie Werknutzung nicht gedeckt. c) Wenn Frau Janos das gleiche Stück auf einer CD hat – darf sie die CD an einen Kollegen weitergeben? Ja. Der Kollege darf einzelne Kopien der CD anfertigen, sofern die CD keinen Kopierschutz hat, und diese anhören. Aber er darf die Kopien nicht weitergeben. d)Darf Frau Janos das Musikstück, das sie auf einer CD hat, in eine MP3-Datei umwandeln (rippen) und diese auf der Messe in Dubai abspielen? Sie darf das Lied in eine MP3-Datei umwandeln und zur eigenen Verwendung benutzen (z. B. im MP3-Player). Die öffentliche Aufführung der Kopie ist eine Verbreitung und daher nicht zulässig. Die Verwendung von Tools zur Umgehung eines Kopierschutzes ist strafbar, der Besitz nicht. e) Darf Frau Janos von einer gekauften Film-DVD eine Kopie anfertigen? Nein, da jede Film-DVD mit einem Kopierschutz versehen ist. Die Benutzung von Tools, die den Kopierschutz umgehen, ist strafbar. f) Frau Janos soll einen Vortrag an einer Handelsakademie halten. Sie findet in einem Schulbuch eine interessante Abbildung, die sie für die Schüler/innen kopieren und beim Vortrag einsetzen möchte. Darf sie das? Nein, Schulbücher sind von der freien Werknutzung ausgenommen, da sie ihrem Wesen nach für den Unterrichtseinsatz gedacht sind. g)Darf Frau Janos eine Privatkopie von der Microsoft-Office-Original-CD der Firma H2Ö anfertigen und auf dem Heim-PC installieren? Nein, für Software gibt es keine Privatkopien. Hierfür sind nur Sicherungskopien zulässig. 20 Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 3: Urheberrecht Ü 3: Was versteht man unter dem Begriff „Raubkopie“? Computersoftware ist von der freien Werknutzung ausgenommen und darf nur zu Sicherungszwecken für den eigenen Bedarf kopiert werden. Die Weitergabe und Vervielfältigung in Form der Privatkopie ist, anders als bei der CD, nicht erlaubt. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen, die unter dem Begriff „freie Software“ zusammengefasst werden. 3 Software-Lizenzmodelle Proprietäre und freie Software Software kann hinsichtlich des verwendeten Lizenzmodells in proprietäre und freie Software eingeteilt werden. Musterunternehmen Problemstellung Der von der H2Ö gesponserte Schwimmverein möchte seine Vereinshomepage auf einem eigenen Webserver betreiben. Der PC wird von der H2Ö kostenlos zur Verfügung gestellt. Nun möchte der Vereinsobmann wissen, ob er das Betriebssystem und die Lizenz für den Webserver auch kostenlos nutzen kann. Informieren Sie sich über die Formen freier Software und beraten Sie den Obmann! Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Lizenzformen und Begriffe. Software-Lizenzmodelle Proprietäre Software: jede Software, die nicht frei ist. Proprietäre Software freie Software Public-Domain Open-Source Shareware GNU General Public License Careware Crippleware BSD-License Software-Lizenzmodelle Eine Linkliste zu OpenSource-Software finden Sie unter der ID: xxxx. Beachten Sie Wirtschaftsinformatik In den letzten Jahren wurde Open-Source-Software immer beliebter. Häufig wird Open-Source mit Linux in Verbindung gebracht. Es gibt aber auch für Microsoft Windows zahlreiche OpenSource-Programme, wie z. B. OpenOffice, Gimp, Apache und Mozilla. Eine Linkliste zum Thema Open-Source-Software finden Sie in SbX. Auch die Anbieter proprietärer Software, z. B. Microsoft, bieten einige Programme kostenlos an. Beispiele dafür sind die Visual-Studio-Express-Editionen und MS Virtual PC. Diese Software ist aber keine Open-Source-Software, da der Quellcode nicht zur Verfügung gestellt wird. 21 3 Rechtliche Grundlagen P Lernen Üben Sichern Wissen Lizenzmodelle bei proprietärer und freier Software EULA = End User License Agreement Mit der Installation wird die EULA akzeptiert. 1 Die Lizenzierung proprietärer Software ist meist kostenpflichtig. Die Nutzungsrechte sind in der EULA des jeweiligen Softwareherstellers geregelt. Die Lizenzierung proprietärer Software, wie z. B. jener von Microsoft, SAP, Oracle, Symantec, Adobe etc., ist kostenpflichtig. Der Benutzer erhält ein eingeschränktes Nutzungsrecht für die Software, das in einem Lizenzvertrag für Enduser (EULA) geregelt ist. Eine Verletzung der EULA kann Schadenersatzforderungen seitens des Softwareherstellers nach sich ziehen. End User License Agreement von Adobe Photoshop Bei proprietärer Software ist eine Vervielfältigung oder Weitergabe der Lizenz nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Lizenzgebers zulässig. Einzige Ausnahme bildet die Erstellung einer privaten Sicherungskopie des Datenträgers der Software. 2 Unter dem Begriff „Freie Software“ werden alle Lizenzmodelle zusammengefasst, die eine kostenlose Nutzung der Software, deren Vervielfältigung und deren Weitergabe ermöglichen. Freie Software wird in folgende Kategorien eingeteilt: OpenOffice und Linux sind Beispiele für OpenSource-Software. ● Open-Source-Software Diese wird unter der GNU General Public License vertrieben und erlaubt die kostenlose Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung und Verbreitung der Software. Bei Open-SourceSoftware ist der Quellcode enthalten, der auch verändert werden darf. ● BSD-License Der wesentliche Unterschied zwischen Open-Source und BSD besteht darin, dass die BSDLicense den Autor nicht zur Herausgabe des Quellcodes verpflichtet. ● Public-Domain-Software Diese Software unterliegt in den USA keinem Copyright. Da in Europa aber das Urheberrecht auf jeden Fall gilt, hat sich hierzulande auch der Begriff Freeware eingebürgert. WinZIP ist ein Beispiel für Shareware. ● Shareware Hierbei handelt es sich um kommerzielle, also proprietäre Software, die frei verbreitet werden darf. Nach einer festgelegten Probezeit, muss die Lizenzgebühr entrichtet werden. ● Careware Careware-Autoren bitten um eine gemeinnützige Spende. ● Crippleware Crippleware ist eine Demoversion und soll einen Kaufanreiz für die Vollversion bieten. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die freie Software verkaufen (z. B. Suse oder Redhat). Der Kaufpreis wird für Datenträger und Handbücher verlangt. Die Lizenz ist gratis und darf auch beliebig oft kopiert werden. 22 Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 3: Urheberrecht Ist freie Software gratis? Der Betrieb jeder Software kostet Geld für Support, Fehlersuche und -behebung, Schulung usw. Ob proprietäre oder freie Software in Summe günstiger ist, muss im Einzelfall genau geprüft werden. Dafür werden z. B. die Gesamtkosten der Nutzung einer Software (= Total Costs of Ownership) berechnet und verglichen. Jährliche Gesamtkosten pro PC-Arbeitsplatz (250 PCs) MS Windows Server 2003 Red Hat ES 5 (Linux) Novell SLES 10 Jährliche Gesamtkosten pro PC-Arbeitsplatz (250 PCs) Üben Übungsbeispiele Ü 4: Herr Huber findet im Internet ein Skriptum zum Thema Webseitengestaltung. In der Fußzeile des Skriptums befindet sich folgender Hinweis: „© 2008 Ludwig Heine, Paderborn – Alle Rechte vorbehalten“. a) Darf Herr Huber das Skriptum im Rahmen eines Referats zitieren? Begründen Sie Ihre Antwort! b)Darf Herr Huber in der Fußzeile seinen eigenen Namen eintragen und das Skriptum danach für einige Seminarteilnehmer am WIFI kopieren? Begründen Sie Ihre Antwort! Wie würde man eine solche Unterlage bezeichnen? c) Darf Herr Huber eine Grafik aus dem Skriptum mit PowerPoint nachzeichnen und durch eigene Anmerkungen erweitern? Muss Herr Huber unter diese Grafik den Namen Ludwig Heine schreiben? Begründen Sie Ihre Antwort! Ü 5: Frau Neumeister ist Lehrerin in einer Volksschule. In einem deutschen Schulbuch findet sie eine geeignete Aufgabe für ihre Klasse. Darf Frau Neumeister eine Seite aus dem Schulbuch für ihre Schüler/innen kopieren, wenn sie die Zitierregeln genau einhält? Begründen Sie Ihre Antwort! Ü 6: Darf Frau Steiner eine Linux-Distribution unter der Open-Source-Lizenz aus dem Internet herunterladen, auf CD brennen und dann die CD um 10 Euro verkaufen? Begründen Sie Ihre Antwort! Ü 7: Worin unterscheiden sich Open-Source- und Public-Domain-Lizenzen? Wirtschaftsinformatik 23 3 Rechtliche Grundlagen Serverinfrastrukturen im TCO-Vergleich (Quelle: Experton Group AG im Auftrag der Microsoft Deutschland GmbH) Lernen Üben Sie finden Ü 9 mit automatischer Aufgabenkontrolle unter der ID: xxxx. ✔ erledigt w Ü 9: w Sichern Wissen Ü 8: Wie ist die folgende Aussage zu beurteilen: „Microsoft stellt nur proprietäre Software her. Wer freie Software will, muss zu Linux greifen.“ Weitere Übung in SbX Ü 9: Vervollständigen Sie die Übersicht zum Thema „Urheberrecht und Nutzungsrechte“! Sichern In dieser Lerneinheit haben wir das Urheberrecht, seine praktische Anwendung und die Software-Lizenzmodelle kennengelernt. Rechte des Urhebers Der Urheber hat das ausschließliche Recht zur Nutzung, Vervielfältigung, Verbreitung und Verwertung seines geistigen Eigentums. Zustimmung des Urhebers Für die Vervielfältigung und Verbreitung ist die Zustimmung des Urhebers erforderlich. Zur Bearbeitung und freien Werknutzung bedarf es keiner Zustimmung durch den Urheber. Bearbeitung Durch die Bearbeitung eines Werkes kann ein neues schutzwürdiges Werk entstehen. Freie Werknutzung Unter die freie Werknutzung fallen das Zwischenspeichern, das freie Zitieren und die Privatkopie. Von der freien Werknutzung ausgenommen sind Computersoftware und Schulbücher. Proprietäre Software Proprietäre Software ist meist kostenpflichtig. Die Nutzungsrechte sind in der EULA des jeweiligen Softwareherstellers geregelt. Freie Software Unter dem Begriff der freien Software werden folgende Lizenzmodelle zusammengefasst: Open-Source unter der GNU General Public License (GNU-GPL), BSD-License, Public-Domain, Shareware, Careware, Crippleware. audio ID: xxxx Zusätzlich zu dieser Zusammenfassung finden Sie in SbX eine Audio-Wiederholung mit Audio-Player und als MP3-Download sowie eine Bildschirmpräsentation. Wissen Kontrollfragen und -aufgaben 1. Nennen Sie alle ausschließlichen Rechte eines Urhebers! 2. Für welche Formen der Nutzung geistigen Eigentums muss keine Zustimmung des Urhebers vorliegen? 3. Was versteht man unter der Bearbeitung eines geistigen Werkes? 4. Was bedeutet freie Werknutzung? 5. Wann verjährt das Urheberrecht? 6. Ist die Sicherungskopie einer Windows-Vista-Installations-DVD eine Privatkopie im Sinne der freien Werknutzung? 24 Wirtschaftsinformatik Lerneinheit 3: Urheberrecht 7. Ist es zulässig, eine Linux-DVD zehnmal zu kopieren und an Freunde zu verteilen? 8. Erklären Sie den Unterschied zwischen GNU-GPL und BSD! 9. Worin unterscheiden sich Shareware und Crippleware? 10. Darf für eine Linux-Lizenz ein Nutzungsentgelt verrechnet werden? 11. Ist folgendes Angebot in einem Online-Shop zulässig: „OpenOffice-CD um 15 Euro“? Sie finden Aufgabe 13 mit automatischer Aufgabenkontrolle unter der ID: xxxx. ✔ erledigt w Aufgabe 13: w 12. Dürfen der Quellcode von Open-Source-Software verändert und das neue Programm als proprietäre Software gegen Entgelt lizenziert werden? Weitere Aufgabe in SbX 13.Lösen Sie das Kreuzworträtsel zum Thema Urheberrechtsgesetz! Projekt „Sicherungskopien“ Wie beurteilen Sie die Herstellung einer Sicherungskopie der folgenden Medien? a) Microsoft-Windows-Vista-DVD b)Audio-CD des Neujahrskonzertes 3 Rechtliche Grundlagen c) DVD des Films „Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs“ Wirtschaftsinformatik 25 Lernen 26 Üben Sichern Wissen Wirtschaftsinformatik