Schule und Beratung - Bayerisches Staatsministerium für Ernährung
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Schule und Beratung - Bayerisches Staatsministerium für Ernährung
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6-7/2015 Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern IMPRESSUM SCHULE und BERATUNG Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ISSN: 0941-360 Internet: http://www.stmelf.bayern.de/SuB Abonnentenservice: Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Porschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399 Kontakt: Schriftleitung: Angelika Spitzer, Porschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 9522-399 [email protected] Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder. Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt. Redaktionsschluss für Heft 10/15: 1. August 2015 AA Barrierefreiheit geht uns alle an AA Elf Wochen nur mit regionalen Produkten AA Mechanisierte Ernte von Bleichspargel AA Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt Inhalt Barrierefreiheit Bildung Diversifizierung Energie Unternehmensberatung Ernährung Genie ist zu 10 % Inspiration und Europa und Markt Führung Öffentlichkeitsarbeit zu 90 % Transpiration Umberto Eco 34 Mechanisierte Ernte von Bleichspargel 38 Buchführungsergebnisse bayerischer Testbetriebe 44 Mutterkuhhaltung in Dänemark 48 50 52 53 Mehr Bio-Lebensmittel aus der Region Schulverpflegung mit regionalen Produkten 4. Bayerische Ernährungstage: Erlebnis für die ganze Familie Kräuter und Gewürze 55 Luxemburg übernimmt Ratspräsidentschaft 57 Die Entwicklung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels Bayerns 2014 – Teil 1 59 Neu: Agrarmärkte 2015 60 62 65 67 Nachwuchskräfte verjüngen die Verwaltung Disziplinarrecht und Führungsverantwortung – Teil 1 Zum Selbstverständnis der Landwirtschaftsverwaltung Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt 69 Das Recht am eigenen Bild – Teil 2 72 26 Stationen zum 50. Geburtstag 75 Letzte Seite BILDUNG DIVERSIFI ZIERUNG ENERGIE UNTERNEHMENS BERATUNG 24 Rapsölkraftstoff aus Bayern 28 Der ökologische Fußabdruck – mein Anteil Erde 30 Energieeffizienz bei der Direktvermarktung ERNÄHRUNG Elf Wochen nur mit regionalen Produkten Mit Diversifizierung Einkommen in Berggebieten sichern Fitnessprogramm für Regionalinitiativen Meisteranwärterinnen Hauswirtschaft an der Fachakademie in Triesdorf Den Bauernhof mit allen Sinnen erleben EUROPA UND MARKT 14 17 19 21 22 FÜHRUNG 9 Agrarpolitik greifbar gemacht 11 „Gewinn nicht Ziel, sondern Bedingung“ 13 EUROPEA INTERNATIONAL – Dachorganisation europäischer Fachschulen aus dem Agrarbereich ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT 4 Barrierefreiheit geht uns alle an 7 Sind PDFs noch zeitgemäß? BARRIEREFREIHEIT INHALT BARRIEREFREIHEIT BARRIEREFREIHEIT Barrierefreiheit geht uns alle an von DR. BET TINA ROTHER: Den Begriff „Barrierefreiheit“ verbindet man in erster Linie mit Menschen mit Behinderungen und fühlt sich selbst – wenn nicht betroffen – nicht wirklich angesprochen. Barrierefreiheit wird als lästige, gesetzliche Verpflichtung gegenüber einer Randgruppe angesehen und unterschwellig, unausgesprochen stellt sich manch einer die Frage, ob sich der Aufwand wirklich lohnt und gerechtfertigt ist. Ja, es stimmt: Für Webangebote der Bund- und Länderverwaltungen ist die Barrierefreiheit Pflicht. In der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) ist die Durchführung geregelt. Die entsprechende Verordnung auf Länderebene ist in Bayern die Bayerische Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik (BayBITV). Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einem Richtlinienentwurf für den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen. Die Umsetzung soll bis zum 31. Dezember 2015 erfolgen. Aber, der Aufwand lohnt sich: Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten ohne Schwierigkeiten auf das Internet und alle Webinhalte zugreifen können. Dies ist sowohl für Menschen mit und ohne Behinderungen von Vorteil. Denn ein unübersichtliches Menü, ein unverständlicher Text, Fachbegriffe, Fremdwörter und Abkürzungen sowie Webinhalte, die sich nicht aufrufen lassen, stellen auch für Menschen ohne Behinderungen Barrieren dar. Barrierefreiheit geht uns alle an und wir alle profitieren von barrierefreien Webangeboten! Barrieren gibt es viele Für Blinde und Menschen mit Sehbehinderungen, die weder Bildschirm noch Maus nutzen, sondern Screenreader (Vorlese-Software), Brailleschrift (Blindenschrift) oder eine Bildschirmlupe, sind skalierbare Inhalte, gute Farbkontraste und Textalternativen zu visuellen Informationen wie Bildern und Videos unverzichtbar. Für Gehörlose und Hörgeschädigte sind eine gute Lesbarkeit, eine einfache Sprache und Gebärdensprachevideos entscheidend. Für motorisch behinderte Menschen, die ihre Arme nur eingeschränkt bewegen können, müssen Webinhalte nicht ausschließlich mit der Maus bedienbar sein und die Timeouts (Zeitbeschränkungen für Vorgänge im Internet) länger gewählt werden. Menschen mit kognitiven Behinderungen, die Probleme beim Lesen, Lernen und Verstehen haben, sind auf einfache Textinhalte, kurze Sätze und eine klare Textgliederung angewiesen. Doch nicht nur Menschen mit Behinderungen treffen im Internet auf Barrieren. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten branchenfremd und können deshalb bestimmte Fachbegriffe 4 oder Akronyme (Kurzwörter, die aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetzt sind, zum Beispiel iBALIS) auf einer Webseite nicht verstehen. Oder Ihre Muttersprache ist zum Beispiel Englisch und deshalb machen Ihnen komplizierte, deutsche Ausdrücke Schwierigkeiten. Oder Sie sind im Internet noch unerfahren oder unsicher und werden mit einem komplexen Aufbau einer Webseite und kurzen Timeouts konfrontiert. Technische Barrieren und Herausforderungen Auch die Technik schafft Barrieren. Breitband ist noch nicht überall Standard. Eine geringe Bandbreite und eine damit verbundene langsame Internetverbindung führen zu langen Ladezeiten beim Transfer und Herunterladen großer Datenmengen. Folglich sollten Bilder auf eine kleinere Dateigröße (150 ppi [Pixel pro Inch]) reduziert werden und beschreibende Alternativtexte aufweisen. Damit werden Bilder maschinenlesbar und können auch über Suchmaschinen gefunden werden. Auch mobile Endgeräte (Smartphone, Tablet) stellen technische Barrieren dar: ein kleines Display, das Webinhalte nur ausschnittsweise darstellt, die geringe Bildschirmauflösung, die häufig schlechte Unterstützung von JavaScript bei der Darstellung von Inhalten und die zum Teil instabilen Netzverbindungen. Hier spielt das Design eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist, dass die Inhalte entsprechend aufbereitet und angezeigt werden, und dass für grafische und spezielle Inhalte wie Videos, die sich unter Umständen nicht darstellen lassen, Textalternativen angeboten werden. Vorteile Barrierefreiheit Es gibt noch weitere, stichhaltige Argumente, die für die Barrierefreiheit sprechen und an die man zunächst nicht denkt: die Optimierung für Suchmaschinen und die einfache Aktualisierung von Inhalten. Suchroboter von Suchmaschinen durchsuchen systematisch das Internet und analysieren Webseiten, um diese in ihren Suchindex aufzunehmen. Bei der Indexierung stoßen Suchroboter auf ähnliche Barrieren wie blinde Benutzer. Barrierefreie Webseiten werden von Suchmaschinen einfacher SUB 6-7/2015 BARRIEREFREIHEIT BARRIEREFREIHEIT Infobox: Grundregeln für Lesbarkeit, Layout und Navigation Lesbarkeit • Bemühen Sie sich um einen einfachen Sprachstil und verwenden Sie kurze Sätze. • Erklären Sie Fachbegriffe, Abkürzungen und Akronyme und übersetzen Sie fremdsprachige Wörter und Begriffe. • Sorgen Sie für eine klare Textgliederung durch Überschriften, Zwischenüberschriften und Absätze. • Verwenden Sie so genannte „sprechende“, erklärende Linktexte, die Aufschluss über ihr Ziel geben. • Achten Sie bei Tabellen auf eine sinnvolle und systematische Anordnung der Zelleninhalte. Wichtig ist, dass die Zellen Zeile für Zeile von links nach rechts gelesen werden können und einen Sinn ergeben. Setzen Sie Layout-Tabellen reduziert ein. Bedenken Sie, dass Tabellen auch auf mobilen Endgeräten vollständig angezeigt werden sollten. • Bieten Sie für längere Fließtexte oder komplexe Tabellen und Diagramme Zusammenfassungen an. Diese gliedern zugleich den Text. • Geben Sie Bildern und Abbildungen Alternativtexte und versehen Sie Videos mit Untertiteln. Layout und Navigation • Stellen Sie keine Informationen ausschließlich durch Farbe dar. • Achten Sie auf gute Farbkontraste. Der Kontrast ohne Schrift sollte auch mit ausgeschaltetem Hintergrund noch genügend groß sein. Empfehlungen für gute Farbkontraste sind omindestens 4,5:1 für Schriften kleiner als 18pt o mindestens 3:1 für Schriften größer als 18pt Mit Contrast-A (http://www.dasplankton.de/ContrastA/), einem Werkzeug zur Kontrastanalyse, können Sie die Farbkontraste Ihrer Webinhalte einfach und schnell überprüfen. • Sorgen Sie dafür, dass die Schrift über den Browser skalierbar ist. • Bieten Sie die wichtigen Informationen zur Webseite im Seitentitel und in den Meta-Daten an. Seitentitel und Meta-Daten werden im Kopf-Bereich eines HTML-Dokuments eingegeben. Sie werden von Suchmaschinen gewichtet und erscheinen in den entsprechenden Ergebnislisten. • Verwenden Sie echte HTML-Überschriften (h1 bis h3). • Geben Sie Tabellen eine Überschrift und erläutern Sie in der Zusammenfassung die Struktur der Tabelle. • Stellen Sie sicher, dass jede Funktion der Seite auch allein über die Tastatur in einer schlüssigen Reihenfolge zu erreichen ist. • Die Navigation sollte auch ohne JavaScript funktionieren. • Verwenden Sie Cascading Style Sheets, um Inhalt und Design voneinander zu trennen. Über Cascading Style Sheets (kurz CSS) werden Webseiten formatiert und das Layout festgelegt. und vollständiger indiziert und erzielen daher eine bessere Reihung in den Suchergebnissen. Barrierefreiheit führt also zu einem besseren Suchmaschinenranking und dazu, dass die eigenen Webinhalte überhaupt oder schneller gefunden werden. Bei einer barrierefreien Webseite sind Inhalt, Struktur und Design strikt voneinander getrennt. Das bedeutet, dass Inhalte problemlos aktualisiert werden können, ohne in das Design eingreifen zu müssen. Umgekehrt kann das visuelle Erscheinungsbild des Webauftritts verändert werden, ohne Inhalt oder Struktur anfassen zu müssen. Barrierefreiheit kann in diesem Punkt also auch Zeit und Kosten sparen. Barrierefreiheit – leichter als gedacht Barrierefreiheit ist kein Buch mit sieben Siegeln und einfacher umzusetzen, als es den Anschein macht. Beachtet SUB 6-7/2015 man einige Grundregeln, ist schon viel erreicht (siehe Infobox). Herausforderung barrierefreie PDF-Dokumente Grundsätzlich ist eine Webseite immer barrierefreier als ein PDF-Dokument. Deshalb sollte als erstes eine HTML-Seite erstellt und nur wenn notwendig die weniger zugängliche PDF-Version zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Wird ein PowerPoint-Vortrag als PDF-Dokument eingestellt, sollte zusätzlich eine kurze Inhaltsangabe („Abstract“) im HTMLFormat eingestellt werden. Denn Vortragsfolien sind in der Regel nicht selbsterklärend, sondern oft nur in Verbindung mit dem Redetext verständlich. Bitte bedenken Sie, dass PDF-Dokumente generell und gerade über mobile Endgeräte aufgrund meist langer Ladezeiten nur ungern und sehr eingeschränkt aufgerufen werden! 5 Barrierefreiheit Barrierefreiheit Voraussetzung für eine barrierefreie PDF-Datei ist eine gut strukturierte Vorlage. Hier sollten Sie folgende Punkte beachten: AADas Dokument besteht aus durchsuchbarem Text und nicht aus eingescannten Bildern. AADie Struktur des Dokuments wird mit Tags abgebildet (tagged PDF). AADie Lesereihenfolge ist klar und eindeutig. AAFür alle grafischen Elemente, Hyperlinks und Bilder stehen Alternativtexte zur Verfügung. AAEs stehen Navigationshilfen (Lesezeichen, Links, Inhaltsverzeichnis) zur Verfügung. AADie Hauptsprache des Dokuments ist angegeben; abweichende Textstellen werden entsprechend mit dem korrekten Spracheintrag versehen. AADie im Dokument verwendeten Schriftarten/Fonts stellen genügend Informationen bereit, um die Inhalte als Text wiederzugeben. AADie Sicherheitseinstellungen behindern nicht den Einsatz von Screenreadern. AAFarben sind so auszuwählen, dass die Texte gut lesbar sind – auch auf Farbflächen. AABieten Sie die wichtigen Informationen zum Dokument wie Titel, Autor, Erstellungsdatum und Beschreibung in den Meta-Daten an. Sorgen Sie für so wenige Barrieren wie möglich Eine 100-prozentige Barrierefreiheit gibt es nicht! Ziel sollte es trotzdem sein, den eigenen Webauftritt so barrierearm wie möglich zu gestalten und damit seine Webinhalte niemanden bewusst vorzuenthalten. Voraussetzung dafür ist das Wissen um die Anforderungen der BITV bzw. BayBITV und deren Umsetzung. Bei der Auftragsvergabe an externe Agenturen bzw. Dienstleister muss, sowohl für Web- wie auch für PrintAufträge (Printmedien wie Faltblätter oder Broschüren werden häufig als PDF-Dokumente ins Internet eingestellt), die barrierearme Umsetzung als Kriterium in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Die konkreten Anforderungen und Ziele an die Barrierefreiheit sollten genannt und bei der Abnahme der Leistung auch geprüft werden. Responsive Design unterstützt Barrierefreiheit Der Begriff „Responsive Design“ ist in aller Munde und auch das Staatsministerium und seine nachgeordneten Behörden stellen ihre Webauftritte sukzessive auf Responsive Design um. Responsive Design bedeutet, dass sich der grafische Aufbau von Webseiten dynamisch an die Größe des verwendeten mobilen Endgeräts anpasst und damit eine optimale Darstellung gewährleistet. 6 Responsive Design erfüllt dadurch automatisch einige Anforderungen der Barrierefreiheit. So können Menschen mit Sehbehinderungen die Zoomfunktion nutzen oder sich eine niedrigere Bildschirmauflösung einstellen, um einen Vergrößerungseffekt zu erreichen. Auch entfallen die horizontalen Scrollbalken, die für viele Nutzer problematisch sind und das Lesen erschweren. Barrierefreiheit ist uns wichtig Barrierefreiheit ist für das Staatsministerium nicht nur eine Verpflichtung, sondern vor allem ein Anliegen. Wir bieten in puncto Barrierefreiheit umfangreiche Dienstleistungen an durch AAdie Einhaltung der BayBITV, AAdas Umstellen unserer Webauftritte auf Responsive Design, AAeinen ausführlichen Redaktionsleitfaden für die Gestaltung barrierearmer Webinhalte, AAdie Bereitstellung barrierearmer Word-Formatvorlagen, AAAnleitungen zur Erstellung barrierearmer PDF-Dokumente aus Word und InDesign, AAAnleitungen zur Prüfung der Barrierefreiheit mit dem PDF Accessibility Checker (PAC), einem Prüfwerkzeug, das einen Eindruck zum vorhandenen Ausmaß der Barrierefreiheit bei PDF-Dokumenten liefert. Barrierefreiheit hilft uns, Webinhalte redaktionell gut aufzubereiten, da man sich in die Rolle des Lesers hineinversetzen muss und dadurch „runde“ Texte verfasst. Durch die Bereitstellung barrierearmer Word-Formatvorlagen erhöhen wir unsere Produktivität und Effektivität beim Erstellen barrierearmer PDF-Dokumente. Wir möchten unsere Webinhalte allen Menschen zugänglich machen. Unsere Informationen sind es uns wert – unsere Mitmenschen auch! Literatur Alles zum Thema Barrierefreiheit im Internet www.einfach-barrierefrei.net Das Angebot der Aktion Mensch www.einfach-fuer-alle.de Barrierefreies Webdesign www.barrierefreies-webdesign.de Die barrierefreie Website www.die-barrierefreie-website.de Web ohne Barrieren www.wob11.de Dr. Bettina Rother Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten [email protected] SuB 6-7/2015 Sind PDFs noch zeitgemäß? von DR. HORST NEUHAUSER: Das Dateiformat PDF gilt als das Format, das auch in Zukunft gelesen werden können sollte. Auch ist es ein Format, das unabhängig von der Erstellungssoftware auf nahezu allen EDV-Geräten in definiertem Layout den Inhalt darstellt. Der PDFStandard hat sich in den vergangenen Jahren somit bewährt und gilt bei vielen als anerkannt. Aber ist dieses Format aufgrund sich etablierender Technik wie Tablets, Phablets und Smartphones noch brauchbar? Und ist die Erzeugung von PDFs aus Textverarbeitungssystemen heraus noch effizient und zeitgemäß? Der ursprüngliche Sinn des Portable Document Formats (PDF) war ein plattformunabhängiges Dateiformat für Dokumente zu haben. Damit ist es möglich auf unterschiedlichen Geräten ein Dokument in dem vom Ersteller gewünschten und erzeugten Layout zu lesen. Es spielt damit keine Rolle, ob das Dokument auf einem beliebigen PC, auf einem Tablet oder als gedruckte Seite betrachtet oder gelesen wird. Es spielt auch keine Rolle, mit welcher Software ein Dokument vor der Umwandlung in ein PDF erzeugt bzw. bearbeitet wurde. PDFs lassen sich aus Textverarbeitungs-, Präsentationsprogrammen, Internetseiten u. v. m. heraus erzeugen. Ursprünglicher Hauptansatz war, Dokumente zu erzeugen, die im Ausdruck der gewünschten und vertrauten „Papierform“ sehr nahe kommen. Dieser Ansatz war zur damaligen Zeit ein wichtiger Meilenstein und auf die damals übliche und technisch mögliche Arbeitsweise abgestimmt. Auch wenn das PDF-Format sich seit dieser Zeit weiterentwickelt hat und viele neue und sinnvolle Möglichkeiten bietet, stößt es aber gleichzeitig an seine Grenzen. Insbesondere bei den neu auf den Markt gekommenen Geräten wie Tablets, Phablets und Smartphones und aufgrund der sehr starken Verbreitung des Internets. Grenzen von PDFs auf Tablets, Smartphones usw. Der Großteil der PDFs ist auf einen Ausdruck auf DIN A4, z. T. DIN A5, ausgelegt. Dies bedeutet, dass die Schriftgröße des Textes je nach Schriftart 10 oder 12 pt ist. Betrachtet man solch ein Dokument auf einem Tablet mit einer Bildschirmdiagonale von ca. 10 Zoll bzw. Phablets ab 5 Zoll oder Smartphones, so ist der Text meist nicht mehr lesbar, weil zu klein. Die Geräte bieten zwar die Möglichkeit die Texte zu vergrößern, es wird dann aber nur ein Teil der Zeile dargestellt. Dies bedeutet, dass man ständig auf seinem Tablet oder Smartphone den Text hin und her schieben muss. Ein vernünftiges und strukturiertes Lesen ist so aber nicht mehr möglich. Wer noch nicht oder wenig mit Tablets oder Smartphones gearbeitet hat, wird sich jetzt wohl denken: „Dann drucke es Dir halt aus!“. Sicher, das ginge. Dieses Vorgehen ba- SUB 6-7/2015 siert aber auf den traditionellen, papierorientierten Arbeitsverfahren und -abläufen. Diese haben sich über Hunderte von Jahren bewährt und prägen immer noch unsere Arbeit. Doch sind wir derzeit in einer Umbruchphase. Der Absatz bei klassischen PCs (1) und Notebooks geht zurück. Dagegen steigen die Verkaufszahlen von Tablets und Smartphones, und insbesondere bei Phablets und Smartphones wird sich wohl dieser Trend fortsetzen (2). Damit geht einher, dass immer mehr Menschen diese Geräte zum Lesen von Fachbuchliterarien, Zeitschriften, Zeitungen, Büchern und Internetseiten nutzen. Aber auch für elektronisch eingehende Rechnungen und Briefe. Wer seine Arbeitsstrukturen auf diese Technik ausgelegt hat, für den sind die klassischen, papier orientierten Verfahren nervig und ineffizient. Mit welcher Geschwindigkeit sich diese Techniken auch in Deutschland etablieren zeigt die Tatsache, dass seit dem 2. Quartal 2013 mehr Tablets als Notebooks verkauft werden (3). Im Jahr 2014 wurden nach derzeitigen Schätzungen in Deutschland 24 Millionen Smartphones und 9 Millionen Tablets verkauft (4). Damit Texte auf Geräten unterschiedlicher Größe optimal zu lesen sind, ist derzeit wohl der einfachste Weg über html zu gehen, also sie direkt als Internetseite zu erstellen. Die automatische Anpassung einer Internetseite auf die Bildschirmgröße des Zielgerätes (PC, Notebook, Tablet, Smartphone) wird zunehmend zum Standard und ermöglicht damit das komfortable Lesen von Texten unabhängig von der Größe des Anzeigegerätes. Wie sich der Aufbau einer Internetseite automatisch anpasst, ist z. B. auf der Internetseite der FüAk (http://www.fueak.bayern.de) nachvollziehbar. Hierzu ist das Browserfenster auf dem Bildschirm des PCs oder Notebooks zu verkleinern. Ändert man nun die Breite des Fensters mit der Maus, passt sich der Aufbau der Seite und die Textbreite des Artikels automatisch der Browserfensterbreite an. Sobald dieser Vorteil aber bei allen Dokumenten – die der Information dienen – genutzt werden kann, sind die derzeit meistens genutzten Prozesse zur Erzeugung von Tex- 7 BARRIEREFREIHEIT BARRIEREFREIHEIT BARRIEREFREIHEIT BARRIEREFREIHEIT ten/Dokumenten nicht mehr praktikabel. Bisher erstellen wir Texte/Dokumente, indem wir sie mit einem Textverarbeitungssystem tippen, formatieren und dann in ein PDF umwandeln. Häufig wird dieses PDF Dokument mit einem kurzen Teaser direkt ins Internet gestellt, mit all den vorher beschriebenen Nachteilen. Eine internetkonforme Aufbereitung wird meist als zu aufwändig betrachtet und deshalb unterlassen. Allerdings hat sich die Erstellung von Internetseiten, von der Technik gilt dies auch für das Mitarbeiterportal des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der nachgeordneten Behörden, in den letzten Jahren vereinfacht. Bei den heutigen Systemen ist keine Programmiererfahrung mehr notwendig. Es dürfte heute jedem möglich sein, Texte, Bilder und Grafiken für Internetseiten zu erzeugen. Aus diesen Internetseiten können, sofern nötig, dann auch PDFs erzeugt werden. Dieser Weg gibt auch aus einem anderen Grund Sinn: Die Inhalte im Internet sind barrierefrei zu gestalten. Die Erstellung eines barrierefreien PDF mit einem Textverarbeitungssystem setzt voraus, dass der Text auf der Basis von Dokumentenvorlagen zu strukturieren ist, z. B. sind den Überschriften die entsprechenden Formatvorlagen zuzuweisen. Dies passiert derzeit in den wenigsten Fällen, so dass auch in der Nutzung von Textverarbeitungssystemen ein Umdenken erforderlich sein wird. Zudem müssen auch gut strukturierte Dokumente noch nachbearbeitet werden, z. B. die verbale Beschreibung von Bildern und Grafiken. Auch wenn in den Behörden derzeit Tablets, Phablets und Smartphones kaum im Einsatz und die beschriebenen Vorteile nicht sofort nutzbar sind, ergibt sich im Ergebnis auch kein Nachteil. Allerdings kann eine Behörde im Falle der Einführung dieser Techniken dann bereits auf ein breiteres Fundament zurückgreifen. Textverarbeitungsprogramme werden aber trotzdem auch weiterhin ihre Berechtigung haben, z. B. bei Briefen und umfangreichen Dokumenten. Literatur (1) STATISTICA: Absatz von PCs in Deutschland; http://de.statista. com/statistik/daten/studie/188178/umfrage/absatz-vonpcs-in-deutschland-nach-quartalen/, abgerufen am 13. November 2014 (2) SCHWUCHOW, OLIVER: Prognose: Tablet-Verkäufe stagnieren, Phablets weiter im Trend; http://www.mobiflip.de/ prognose-tablet-verkaeufe-phablets-trend/, abgerufen am 13. November 2014 (3) STATISTICA: Tablets weiter beliebter als Notebooks; http:// de.statista.com/infografik/1161/absatz-von-tablets-undnotebooks-in-deutschland/, abgerufen am 13. November 2014 (4) BITKOM: Mobilgeräte verändern den Markt für Unterhaltungselektronik; https://www.bitkom.org/de/ presse/81149_80234.aspx, abgerufen am 13. November 2014 DR. HORST NEUHAUSER STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] Excel-Zeilen in Spalten umwandeln und umgekehrt Beim Erstellen von Excel-Tabellen merkt man manchmal zu spät, dass die ZeilenSpalten-Anordnung umgekehrt besser gewesen wäre. Die einzelnen Zellinhalte nun verschieben, ist aber sehr umständlich. Einfacher geht es folgendermaßen: Markieren Sie den falsch angeordneten Tabellenbereich und kopieren Sie ihn in die Zwischenablage (Strg + C). Setzen Sie den Cursor jetzt an die Stelle, an der Sie die Tabelle richtig angeordnet haben wollen. Wählen Sie aus dem Kontextmenü (rechte Maustaste) den Eintrag Inhalte einfügen aus. In der Auswahl setzen Sie ein Häkchen bei Transponieren und drücken OK – fertig. Dr. Horst Neuhauser Haben Sie auch Tipps und Tricks zur Arbeitserleichterung. Bitte schicken an [email protected] 8 SUB 6-7/2015 BILDUNG Agrarpolitik greifbar gemacht Lehrfahrt der Landwirtschaftsschule Passau BILDUNG von ANIKA WIRSIG: „Agrarpolitik greifbar machen!“ unter diesem Motto stand die Lehrfahrt der Landwirtschaftsschule Passau nach München im Februar 2015. Das Programm bot den jungen Landwirten die Möglichkeit, den Weg der Beschlussfassung in der Agrarpolitik, begonnen vom Landtag bis zum Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, nachzuverfolgen und die direkten Auswirkungen politischer Entscheidungen am Beispiel der BayWa AG zu beleuchten. Da die Besucher selbst aktiv in der Landwirtschaft tätig sind, stand vor allem die Auseinandersetzung mit aktuellen agrarpolitischen Entscheidungen wie der neuen Agrarreform im Mittelpunkt und bot Anlass für angeregte Diskussionen. Wo agrarpolitische Beschlüsse gemacht werden rekt auf ihre praktische Arbeit als Landwirte auswirken, zu Der Besuch des Maximilianeums bot zunächst die Möglich- hinterfragen. Waschler begrüßte die Diskussion, in der es unkeit zu sehen, wie agrarpolitische Entscheidungen auf den ter anderem um die Belange der Landwirte bezüglich FlutWeg gebracht werden. Prof. Dr. Gerhard Waschler, Mitglied polder oder die Verkehrsführung im Raum Passau ging. Er des bayerischen Landtages, führte die Studierenden und konnte so dazu beitragen, Agrarpolitik begreifbar zu maihren Schulleiter Johann Rosenberger, sowie Fachlehrer chen. Thomas Lehner durch das von 1857 bis 1874 erbaute Gebäude. Im Fraktionssaal der CSU erklärte er den Ablauf von Vom Beschluss zur praktischen Umsetzung Sitzungen im Landtag. Die Fraktionen treffen sich regel Entsprechend dem Weg, welcher die im Landtag gefassten mäßig im Plenarsaal, um Stellungnahmen vorzubereiten Entschlüsse gehen, war die nächste Station der Besucher das und Gesetzesvorlagen zu erarbeiten. „Wenn keine Einigung erzielt werden kann“, erklärte Waschler auf Nachfrage, „können solche Sitzungen sehr lang werden.“ Ein Beispiel dafür ist die Ausgestaltung der neuen Agrarreform, bei der verschiedene Verbände ihre Eingaben machen konnten, die dann bei den Greening-Auflagen berücksichtigt werden mussten. Daraufhin konnten die Studierenden selbst im Plenarsaal Platz nehmen und bekamen die Möglichkeit Politik dort zu erleben, wo sie gemacht wird. Sie nutzten das Gespräch mit dem Abgeordneten, um die Hintergründe politischer Ent- AA Bild: Staatsminister Brunner (1. Reihe Mitte) und Ministerialrat Manfred Pusch (1. reihe rechts) nahmen sich viel scheidungen, die sich oft diZeit, für die Fragen der jungen Landwirte von der Passauer Landwirtschaftsschule SUB 6-7/2015 9 BILDUNG BILDUNG Staatsministerium. Dort wurden sie von Manfred Pusch, Leitendem Ministerialrat, empfangen und bekamen einen kleinen Einblick in die Geschichte und Organisationsstruktur des Hauses. Nach seiner Einführung stellte Pusch die provozierende Frage: „Ist ein bayerisches Landwirtschafts ministerium überhaupt nötig?“ Der einhelligen Meinung, dass es durchaus nötig ist, ließen die Studierenden schnell einige Begründungen folgen. Sie sahen die Belange der vielfältigen Naturräume, die auch für den Tourismus von großer Bedeutung sind, und der vielen in der Landwirtschaft Tätigen in einem eigenen Ministerium am besten aufgehoben. Pusch ergänzte, dass jeder dritte deutsche landwirtschaftliche Betrieb in Bayern steht und es deshalb eine wichtige Aufgabe sei, die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Betriebe zu erhalten. Deshalb geschieht die Umsetzung der vom Landtag gefassten Beschlüsse, wie z. B. der Greening-Auflagen, mit dem Ziel den Landwirt für die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt entsprechend zu belohnen. Im Anschluss nahm sich Staatsminister Helmut Brunner Zeit für die Fragen der Studierenden. Dass sich die jungen Landwirte mit den politischen Anforderungen, sei es Greening oder Fruchtfolgeregelung, bereits in der Schule und aus persönlichem Interesse auseinandergesetzt haben, zeigte die rege und praxisnahe Diskussion. Brunner antwortete auf die Fragen sowohl als Staatsminister, aber auch als Landwirt und zeigte Verständnis für die Schwierigkeiten, welche manche Landwirte mit den geänderten Auflagen der neuen Agrarreform haben. Auswirkungen am Beispiel der BayWa AG Um die Auswirkungen agrarpolitischer Entscheidungen sichtbar zu machen, besuchten die Passauer Landwirte zum Abschluss des Tages die BayWa AG. Als weltweit größter Händler von Kernobst wurden vom Gastgeber neben Kaffee und kalten Getränken auch Äpfel gereicht, von deren Qualität sich die Besucher überzeugen konnten. Dr. Joseph Krapf, Mitglied des Vorstandes, zeigte zunächst einen Film über die Aufgabenbereiche der BayWa AG und informierte dann in einem Vortrag über die Agrarmärkte der Zukunft und deren Bedeutung für die bayerischen Landwirte. Die anschließenden Fragen der Studie- 10 renden reichten von der eigenen Einschätzung über die Lage der Agrarpolitik, bis hin zu den Auswirkungen des Russland-Embargos und des TTIP-Abkommens. Die Umsetzung der neuen Agrarreform mit den Greening-Auflagen hat laut Dr. Krapf positive Auswirkungen auf den Absatz von Leguminosen- und anderem Saatgut, weil es sich für die Einsaat von Stilllegungsflächen eignet. Dennoch wurde während des Gespräches deutlich, dass die Einstellungen zu den Zielen, welche derzeit mit der Agrarpolitik verfolgt werden, sehr unterschiedlich sind. Auf Seiten der Politik besteht der Wunsch, die bayerische Landwirtschaft durch Aufrechterhaltung kleiner Strukturen und naturnaher Produktion attraktiv für Tourismus und Verbraucher zu erhalten, was sich in der Ausgestaltung der aktuellen Agrar reform zeigt. Auf der Seite der landwirtschaftlichen Unternehmen oder landwirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen zwingt das fortschreitende Bevölkerungswachstum und die zunehmende Flächenknappheit zum Nachdenken, ob dies der richtige Weg für eine zukunftsfähige Landwirtschaft ist. Den Eindruck, dass es kein entweder – oder in dieser Frage gibt, nahmen die jungen Landwirte am Abend mit nach Haus. Die Lehrfahrt nach München hat ihnen gezeigt, dass Agrarpolitik und deren Umsetzung von der Diskussion und der Beteiligung aller Betroffenen abhängt. Fachlehrer Lehner bringt es auf den Punkt: „Wer von den Herren Studierenden der Fachschule heute also unzufrieden mit der Umsetzung der Agrarpolitik ist, kann ja langfristig die harten Sessel in der Schule gegen die weichen Sessel im Maximilianeum tauschen“. ANIKA WIRSIG AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN PASSAU-ROT THALMÜNSTER [email protected] SUB 6-7/2015 BILDUNG „Gewinn nicht Ziel, sondern Bedingung“ von DR. REINHARD BISCHOFF: „Reisen veredelt den Geist und räumt mit all unseren Vorurteilen auf“, so der irische Schriftsteller Oscar Wilde (1854 – 1900). Kurz gesagt: Reisen bildet. Seit 2009 fahren das erste und dritte Semester der Landwirtschaftsschule Schweinfurt gemeinsam mit dem Schulleiter und den beiden Semesterleitern zum Semesterende für drei bis vier Tage in die Ferne. Abschlussfahrt wird Lehrfahrt. So das fortwährende Motto der Reisen der Landwirtschaftsschule Schweinfurt. In diesem Jahr führte sie uns nach Tschechien und die Slowakei. Wozu eigentlich? Was sollten wir da außer Frust ernten? Mit denen können wir doch nicht mithalten! So der Tenor manch skeptische Frage zu Beginn. Stimmt. Auf den ersten Blick. Fünf außer ordentliche Betriebe in drei Tagen. Humor kam nicht zu kurz. Unternehmensführung hautnah, in der Praxis Der erste Besichtigungsbetrieb nahe Cheb (Eger) bewirtschaftet mit 3 200 Hektar rund 500 Hektar mehr als unser gesamtes Abschluss-Semester (im Durchschnitt 180 ha). Ein anderer nahe Brünn, ebenso groß, bei weit besseren Bonitäten, aber wenig Regen. Begrüßung durch Maximilan Schmailzl. 62 Jahre und noch immer voller Ideen, voller Pläne. Was für ein Typ! Denkt manch einer der Studierenden. Auch die Lehrer sind spürbar angetan. Der gebürtige Ingolstädter fasste 1996 den Entschluss, seine Verwaltertätigkeit auf einem unterfränkischen Gutshof zu beenden und im Nachbarland neu durchzustarten. Bereut hat er es nie. Und dann legt er auch gleich los: „Kostensenkung ist unternehmerische Kern aufgabe. Denn Gewinn kann kein Ziel sein, Gewinn ist eine Bedingung. Auch in Tsche chien und der Slowakei. In jedem Betrieb.“ Die Studierenden kennen die Situation auf ihren Betrieben. Dennoch – wir brauchen keine Angst zu haben. Wir können mithalten. Das hat kürzlich auf dem vlf-Unternehmerseminar in Bad Kissingen DLG-Marktexperte Dr. Christian Bickert bestätigt. Wir, die bayerischen Familienbetriebe, sind wettbewerbsfähig; aus drei Gründen: AAniedrigere Betriebsmittelpreise (Vergleich USA), AAdie Qualität stimmt und AAdie Logistik funktioniert. SUB 6-7/2015 Die Marktpreise für Weizen und Raps sind aber international nahezu identisch. Maximilan Schmailzl verbreitet Mut und Zuversicht. Er hatte damals bei „Null“ begonnen, war bereits nicht mehr der Jüngste und schaffte es, sich in Tschechien erfolgreich durchzusetzen. Warum sollte nicht jeder unserer Studierenden zu Gleichem fähig sein? Der sechsundvierzigjährige Roman Gernert begann vor 19 Jahren seine Aktivitäten in der Tschechischen Republik gemeinsam mit Maximilan Schmailzl. Heute bewirtschaftet er zwei Drittel der 3 200 Hektar im Eigentum. Aktuell liegen die Bodenpreise in der Region zwischen 4 000 bis 10 000 Euro je Hektar. In den An- AA Roman Gernert hat seinen Neubeginn fangsjahren war das Hektar noch für in Cheb nie bereut 600 bis 700 Euro zu bekommen. Der Unternehmer hat heute seinen Lebensmittelpunkt bei Eger aufgebaut. Er spricht mittlerweile gut tschechisch und kommt mit den siebzehn eigenen Angestellten und den örtlichen Behörden gut zurecht. Was können wir da lernen? Vielleicht helfen einige Aussagen des Betriebsleiters Roman Gernert: AAEigener Mähdrescher lohnt sich nicht wegen sehr kurzer Erntezeit (Eger). AAEs sind nur Gebrauchtmaschinen im Einsatz (Maschinenzeitwert 470 €/ha). AASparen ist das Motto. AAFlächentausch ist problemlos. AAKleine Fehler haben große Wirkung: deshalb sind Information und Beratung das A und O. Standortvorteil: unsere Berufsausbildung Das Wichtigste aber sind verlässliche, qualifizierte Mitarbeiter. Gilt das nicht auch alles für uns? Entscheidend für den Erfolg und damit für die Zukunft der Landwirtschaft sind die Men- 11 BILDUNG Abschlussfahrten an der Landwirtschaftsschule Schweinfurt sind fester Bestandteil der Bildung und führen zu neuen Sichtweisen BILDUNG BILDUNG schen mit Realitätssinn, Kreativität, Engagement und Mut. Hier wie dort. Deutliche Unterschiede gibt es im Ausbildungsniveau der Landwirte. Die landwirtschaftliche Berufsausbildung ist in den beiden Nachbarstaaten nicht mit den bayerischen Standards zu vergleichen. Hier sind wir deutlich im Vorteil. Auch Agraringenieuren fehlt meist noch der Bezug zur Praxis. Kostenintensive Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Betriebe sind in Tschechien und der Slowakei unabdingbar und die Regel. Ulrik Hansen, Däne, Chef eines 6 000 Hektar-Betriebes mit 180 000 Hühnern und 5 000 Zuchtsauen nahe Bratislava in der Slowakei, erwartet von seinen Mitarbeitern Emotion (Identifikation), Loyalität und Teamfähigkeit. Genau diese Eigenschaften brauchen wir genauso in unseren Familienbetrieben. Das wird jedem klar. Die Studierenden gehen mit, sind voll dabei. Kommunikation erfolgt auf Englisch, zwischen den Mitarbeitern AA Ulrik Hansen von Hansen, aber auch zwischen ihm bewirtschaftet einen und uns. Sein Unternehmen erwirtBetrieb in der Slowakei schaftet jährlich einen Gewinn von etwa 800 Euro je Hektar. Lohnkosten sind da bereits abgeglichen. Der Steuersatz in der Slowakei beträgt einheitlich 25 Prozent. Für Hansen ein besonderer Vorteil für seine Investition in dieser Region. Diese Vorzüge werden auch uns Deutschen bewusst. Ökonomische Auswertungen werden vorgestellt, und die Studierenden fragen nach. Unternehmensführung in der Praxis. Unsere Fahrt in die Ferne macht Sinn! schaftsschule nimmt deutlich zu. Der Zusammenhalt unter einander aber auch mit den Lehrkräften erfährt einen spürbaren Schub. Beste Voraussetzungen für eine entstehende kameradschaftliche Lernatmosphäre im dritten Semester. Annette Dodel beschreibt die Straubinger Erfahrungen für einen anzustrebenden Unterricht in ihrem Artikel wie folgt „Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl stärken. Dies äußert sich in gegenseitiger Unterstützung und Fairness bei gleichzeitig niedrig ausgeprägter Konkurrenz untereinan der, sowohl auf der Ebene der Studierenden, als auch auf der der Lehrer. Alles, was das Wir-Gefühl und die Identifikation mit der eigenen Schule fördert, ist von Nutzen.“ AA Erlebnis Slowakei Persönlichkeit und Zusammenhalt Der Nutzen von Abschlussfahrten geht jedoch weit über Wissenszuwachs und kulturelle Erlebnisse hinaus. Der pädagogische Wert richtig gestalteter Semesterfahrten kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zum Thema Abschlussfahrt ist auch der Artikel in der März-Aprilausgabe 2011 von „Schule und Beratung“ (1) sehr interessant. Die Autorin Annette Dodel schildert die Straubinger Erfahrungen und betrachtet die Abschlussfahrt als Höhepunkt und bleibende Erinnerung. Zur Förderung des Wir-Gefühls und der Identifikation mit der Schule. Unsere Erfahrungen zeigen: Studierende und Lehrkräfte begegnen sich auf einer Abschlussfahrt in einem weit umfassenderen Rahmen als in der Schule und erfahren dabei voneinander viele bislang unbekannte Fähigkeiten und Begabungen. Distanzen und Hierarchien verschwinden. Lehrer werden zu Erfahrenden, Schüler lernen Grenzen kennen und Regeln als sinnvolle Ordnungsprinzipien für eine funktionierende Gemeinschaft zu schätzen. In diesem Zusammenhang ist auch die Teilnahme des ersten Semesters an der gemeinsamen Abschlussfahrt zu bewerten. Die Identifikation mit der Landwirt- 12 Lehrfahrten bringen die Schule diesem Ideal näher. Die Landwirtschaftsschule Schweinfurt organisiert deshalb darüber hinaus in jedem Jahr mehrtägige Fahrten zur Agritechnika, Eurotier und DLG-Feldtage. Der pädagogische Wert dieser erlebnis- und erfahrungsorientierten Veranstaltungen liegt nicht zuletzt in der Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden. Die Resonanz ist durchgehend positiv. Dies belegen Umfragen, die am Ende der drei Semester erstellt werden. Ein Merkmal der Landwirtschaftsschule Schweinfurt: Der Blick über den Tellerrand. Und Studierende empfehlen diese Schule gerne weiter. Literatur DODEL, ANNETTE: Erfolgsfaktor Schulklima an der Landwirtschaftsschule, „Schule und Beratung“ Heft 3-4/11, Seite I-1 ff. DR. REINHARD BISCHOFF AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN SCHWEINFURT [email protected] SUB 6-7/2015 BILDUNG Seit vielen Jahren existiert eine Dachorganisation für die Bündelung der Interessen der europäischen Agrarfachschulen in Brüssel. Dort sind 22 Länder mit über 600 Agrarfachschulen und landwirtschaftliche Bildungseinrichtungen vertreten. Im September 2014 wurde in Freiberg/ Sachsen am dortigen Fachschulzentrum ein deutscher Ableger „EUROPEA DEUTSCHLAND“ wieder belebt. Schulleiter Gerd Alscher wurde zum Bundesvorsitzenden dieses nach deutschem Recht gegründeten Vereins zur Förderung und Vernetzung der Agrarbildung. Ziel dieser Interessensgruppe sind die Vernetzung und Zusammenarbeit der Schulen im Agrarbereich innerhalb Europas. Natürlich sind diese Fachschulen sehr heterogen und haben unterschiedliche Bildungsziele und Zielgruppen. Gemeinsam will man sich aber in der Branche und der Politik Gehör verschaffen und die zeitlose Bildungsaufgabe für alle Agrarberufe voranbringen. Auf EU-Ebene treffen sich die Vorsitzenden zweimal jährlich in dem Staat, der gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat, unter der bewährten Führung von Henrik Dethlefsen aus Dänemark. Er beschrieb in seiner Ansprache anschaulich die Potenziale des Netzwerkes auf europäischer Ebene: EUROPEA INTERNATIONAL organisiert und koordiniert grenzübergreifend Schüler- und Lehrer austausch, europäische Berufswettbewerbe, gemeinsame Projekte über die EU-Programme Erasmus plus sowie Schulpartnerschaften und Fachexkursionen auf allen Ebenen der grünen Bildung. Die deutschen Mitglieder treffen sich im Herbst bei der Schulleitertagung der Agrarfachschulen auf Bundesebene. Als bayerische Gründungsmitglieder haben sich die Staatliche Technikerschule für Agrarwirtschaft Triesdorf sowie die Staatliche Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim mit den jeweiligen Ehemaligenverbänden eingebracht. Grundsätzlich kann jede deutsche Fachschule für Landwirtschaft, Gartenbau und Weinbau für 75 Euro Jahresbeitrag beitreten. Die Satzung kann in der Vereinsgeschäftsstelle, Hauptstraße 150, Freiberg, eingesehen oder per E-Mail bei [email protected] angefordert werden. Die Homepage von EUROPEA INTERNATIONAL lautet www.europea.org. ARVED VON MANSBERG STAATLICHE MEISTER- UND TECHNIKERSCHULE FÜR WEINBAU UND GARTENBAU VEITSHÖCHHEIM [email protected] AA Gründungsmitglieder von EUROPEA DEUTSCHLAND (von links) Franziska Kampf (BilSE-Institut Güstrow), Mario Schmidt (LfULG Döbeln), Henrik Dethlefsen (Dachverband EUROPEA INTERNATIONAL), Dr. Britta Ender (BilSE-Institut), Arved von Mansberg (Staatliche Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim), Dr. Gisela Spangenberg (Fachschule Johann Heinrich von Thünen, Güstrow), Christoph Weidensdorfer (Grüne Schule grenzenlos e. V., Zethau), Gerd Alscher (Fachschulzentrum Freiberg-Zug), Fritz Vogt (Vereinigung ehemaliger Triesdorfer), Rolf Hauser (Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg), Dr. Wilhem Wehren (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kleve) SUB 6-7/2015 13 BILDUNG EUROPEA INTERNATIONAL – Dachorganisation europäischer Fachschulen aus dem Agrarbereich DIVERSIFIZIERUNG Elf Wochen nur mit regionalen Produkten Ein Selbstversuch des Regionalbuffet Franken DIVERSIFI ZIERUNG von MARTIN HORNDASCH: Vor elf Jahren entstanden in Mittelfranken erste Kooperationen zwischen Produzenten, Direktvermarktern und Gastronomen. Ihr erklärtes Ziel: Frische und regionale Lebensmittel auf den Teller bringen. Die Wertschöpfung bleibt vor Ort, und die Transportwege bleiben kurz. „Regionalbuffet“ ist gleichzeitig Logo und Name der Initiative. Anlässlich des Geburtstages fand die Aktion „Taste It – Taste Dich an regionale Lebensmittel heran“ statt: Elf Personen ernähren sich elf Wochen lang ausschließlich von regionalen Produkten. Ihre Erfahrungen teilen sie über einen Blog der Öffentlichkeit mit. Eine Vielfalt an Produkten ziert derzeit das Modewort „regional“. Doch was bedeutet „regional“ konkret? Jeder sieht dies anders. Für den einen ist dies die Herkunft aus dem jeweiligen Landkreis, für andere der Regierungsbezirk, das Bundesland, die Nation oder ganz Europa. Folgendes Ergebnis lieferte eine Befragung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF): „Regional“ bedeutet vor allem die Herkunft „aus Bayern“. Exaktere Abgrenzungen (z. B. „Landkreis“) oder weiter gefasste Grenzen (z. B. „Süddeutschland“) waren weniger zugkräftig (1). Die Initiative Regionalbuffet begegnet dieser Fragestellung mit ihrer Internetseite. Dort können Verbraucher die Liste der teilnehmenden Betriebe und deren Standort auf der Landkarte einsehen. Für Verbraucher kann dies als Hilfestellung dienen, für sich selbst eine Abgrenzung und Definition des Begriffs „Region“ zu finden. Die Standortinformationen der einzelnen Betriebe werden von Bildern, Öffnungszeiten und Speisekarten bzw. Sortiment ergänzt. Das Regionalbuffet gibt vier Regionen vor: AA„Romantisches Franken“ AA„Fränkisches Seenland“ AA„Steigerwald Süd“ AA„Rund um Nürnberg“ Regionalität: nachprüfbar & nachvollziehbar Die enge Verbindung zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Gastronomie ist der Interessengemeinschaft Regionalbuffet wichtig. Regionale Produkte und Zutaten sollen ohne lange Transportwege ans Ziel gelangen. Konkrete Informationen zu Herkunft und Herstellung schaffen Transparenz. Erzeuger sind auf der Speisekarte eines Gastwirtes vermerkt. Teilnehmende Gasthäuser tragen ein Schild mit Logo im Eingangs- 14 bereich (siehe Bild 1). Gerichte wechseln selbstverständlich der Saison entsprechend. Getränke werden ebenfalls von regionalen Herstellern bezogen. Der Herkunftssicherheit für Gastronomen steht die planbare Absatzmenge für Erzeuger gegenüber. Beide Seiten profitieren. Aus ursprünglich 17 Teilnehmern erwuchs AA Bild 1: Das Logo des Regionalbuffets ein Netzwerk von derzeit 150 Betrieben. Transportwege bleiben transparent, statt in einem Logistikprozess verborgen. Neben gesetzlichen Regelungen und Verordnungen werden weitere Kriterien eingehalten: Nur Gerichte aus überwiegend regionalen Zutaten tragen das Logo. Eine Kommission kann dies jederzeit nachprüfen. Statt häufig wechselnder Kennzeichnung ist das Emblem der Initiative seit elf Jahren dasselbe. Kontinuität schafft Vertrauen, und Regionalität ist hier kein Wort aus einer Marketingabteilung. Der elfte Geburtstag: „Taste It“ „Taste It – Taste Dich an regionale Lebensmittel heran“. Dieser moderne Slogan soll gerade junge Menschen ansprechen, sich intensiver mit regionalen Lebensmitteln zu beschäftigen. Ernährung ist geprägt von Gewohnheiten. Man muss sich an diese „herantasten“, um sie zu ändern. Sorgt der englische Name auch für Verwunderung, so hat er bereits SUB 6-7/2015 DIVERSIFIZIERUNG AA Bild 2: Startschuss für "Taste it" im August 2014 in Ansbach eine wesentliche Funktion von Werbung erfüllt: Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Teilnehmer sollen versuchen, sich über einen Zeitraum von elf Wochen ausschließlich mit regionalen Produkten zu versorgen. Hierbei soll, wenn möglich, auf die Angebote und Partnerbetriebe des Regionalbuffets zurückgegriffen werden. Vier Haushalte wurden im Vorfeld ausgewählt: drei Familien und ein Singlehaushalt. Von städtisch bis ländlich war deren Umfeld zu beschreiben. Die Teilnehmer bekamen jeweils einen „Paten“ aus dem Organisationsteam zur Seite gestellt, den sie um Rat fragen konnten. Die Herausforderung liegt in der Zeitdauer der Aktion. Mit sporadischen Einkäufen auf dem Bauernmarkt oder einem Besuch im Hofladen ist es nicht getan. Elf Wochen zeigen, wie leicht oder schwierig es tatsächlich ist, sich konsequent regional zu ernähren. „Tue Gutes und rede darüber“ Als Anreiz erhalten die vier Teilnehmer je einen Tablet-PC, welchen sie nach Ende der Aktion behalten dürfen. Sie dokumentieren Erfahrungen aus dem Alltag und teilen sie per Internet in sozialen Medien: Fotos hochladen, Videos drehen. Blogeinträge können auf einer eigens eingerichteten Seite hinterlassen werden. Es soll für andere Menschen sichtbar werden, welche Konsequenzen dieser Versuch hat. Die Initiatoren erhoffen sich durch die Aktion einen Informationsgewinn: Wie viel zusätzliche Zeit benö- SUB 6-7/2015 Startschuss für „Taste it“ Das Regionalbuffet baut Brücken zwischen Erzeugern und Verbrauchern. Wo könnte also ein passenderer Ort als in der Nähe des Einkaufszentrum Brückencenter in Ansbach für die Veranstaltung liegen. „An der Riviera“ – so der Name des Platzes – herrschte am 29. August 2014 herrliches Wetter. Zahlreiche Passanten verfolgten die Veranstaltung und kosteten die angebotenen Spezialitäten (siehe Bild 2). Aus dem StMELF war Viktoria Lofner-Meir angereist. Weitere Vertreter kamen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ansbach, den umliegenden Ämtern, der Lokalpolitik, sowie der Presse. Das Kompetenzzentrum Ernährung (KErn) aus Kulmbach war durch Dr. Simon Reitmeier und Martina Wirth vertreten. Erkenntnisse aus der Aktion sollen in zukünftige Marketingmaßnahmen Eingang finden. Wolfgang Heinzel, Vorsitzender der Initiative, moderierte die Auftaktveranstaltung und stellte die Aktion und Teilnehmer vor. Eine Aufgabe war noch zu bewältigen: Die Teilnehmer durften gemeinsam mit den Ehrengästen Apfelwaffeln backen. Vier Köche gaben Hilfestellung, und sofort herrschte eifriges Treiben an den Tischen (siehe Bild 3). Den Geschmackstest haben alle bestanden. Die warmen Waffeln wurden an Passanten und Gäste verteilt. Deren einstimmiges Urteil: Regional schmeckt lecker! Keine Startveranstaltung ohne Starter-Korb: Um für die ersten Tage gerüstet zu sein, bekamen die Teilnehmer eine Auswahl an regionalen Produkten überreicht (siehe Bild 4). Ansprechpartner für Fragen und Probleme wurden ebenfalls zugeteilt. Der Inhalt der Starterkörbe war schnell verzehrt. Mit Navigationsgerät und Infomaterial galt es, sich auf eigene Faust mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen. Erfahrungen hautnah Bald stellten sich neue Routinen im Alltag der Teilnehmer ein: Einkaufstour, Rezepte, Bilder machen, Blogeintrag hochladen. Beeindruckt war man vom Elan, der zu spüren war. Sogar Ketchup wurde aus regionalen Zutaten selbst zubereitet. Die Teilnehmer entwickelten ihren eigenen Stil bei der Präsentation ihrer Gerichte und hatten sichtlich Spaß dabei, dies anderen mitzuteilen. Die Familien bestätigten, dass sie alle mehr Zeit gemeinsam verbracht haben. In der Arbeit und im Bekanntenkreis wurden sie regelmäßig angesprochen, wie sie denn mit den Vorgaben zurechtkämen. Ein Teilnehmer schilderte erleichtert von einer Nebenwirkung der Aktion: Ganz nebenbei nahm er sechs Kilogramm ab! Sein Argu- 15 DIVERSIFI ZIERUNG tigen die Familien nun für ihre Einkäufe, um die Vorgaben einzuhalten? Oder: Was ist am Gesamtkonzept „Regionalbuffet“ zu ändern, um dessen Attraktivität zu steigern? DIVERSIFI ZIERUNG DIVERSIFIZIERUNG die Taste-It-Teilnehmer in den einzelnen Regionen zu besuchen. Sie sollten jeweils an einem für sie im Veranstaltungszeitraum wichtigen Anlaufpunkt von ihren Erfahrungen berichten. Flugs wurde eine Tour geplant, die in Ergersheim mit einem regionalen Frühstücksbuffet begann. Mit Secco und Jungwein wurde auf den Tag angestoßen. Entlang der herbstlich gefärbten Weinberge ging es weiter nach Fürth. Nach Besichtigung eiAA Bild 3: Regional schmeckt lecker: Gemeinsames Apfelwaffel-Backen der Teilnehmer mit professioneller nes Gemüsebaubetriebs Hilfestellung bei der Auftaktveranstaltung und einem regionalen Mitment sind die gemeinsam gekochten und verzehrten Mahl- tagessen führte die Route ins Fränkische Seenland. In Ellinzeiten. Ladenöffnungszeiten und die Verfügbarkeit der Pro- gen empfing eine Blasmusikkapelle im Hof der Brauerei dukte waren Punkte, welche die Teilnehmer gerne noch „Fürst Carl“ die Gruppe. Zum Abendessen ging es ins Roverbessert sähen. Der Blog ist unter www.regionalbuffet.de mantische Franken. Gans, Ente und Frankenwein rundeten erreichbar, und die Erfahrungen der Teilnehmer sind dort die Aktion genussvoll ab. Alle Teilnehmer waren sich einig, nachzulesen. dass „Taste It“ ihr Leben verändert hat. Der Abschlussbericht des KErn spiegelte den Aha-Effekt Kulinarische Abschlusstour und das große mediale Echo der Aktion wider: Es gelang vor Zum Abschluss der Aktion wollte man die Erfahrungen der allem die Gruppe der 18- bis 45-Jährigen anzusprechen. ErTeilnehmer noch einmal Revue passieren lassen. Schnell war nährung ist ein Thema, das keineswegs nur die ältere Generaden Organisatoren klar: Eine Veranstaltung an einem Ort tion, sondern grade auch jüngere Menschen interessiert. kann dies nicht leisten. Stattdessen wurde die Idee geboren, Wolfgang Heinzel fasste die Aktion noch einmal zusammen und verwies vor allem auf deren medialen Erfolg: Mehr als 40 Artikel erschienen im Aktionszeitraum zum Thema “Taste It” in regionalen Tageszeitungen. Im Zusammenhang mit dem Blog waren die Zahlen noch beeindruckender: Die 355 Beiträge der Teilnehmer enthielten 750 Bilder und wurden 270 Mal kommentiert. Zusätzlich wurden 61 Videos hochgeladen. Herzlichen Glückwunsch, Regionalbuffet, auf die kommenden elf Jahre! Literatur (1) BALLING, R.: „Kennzeichnung regionaler Produkte“ in: „Schule und Beratung“ („SuB“) Nr. 7-8; S. 2 ff. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung Landwirtschaft und Forsten/ StMELF (Hrsg.): München, 2012. AA Bild 4: Der Starter-Korb rüstet die Teilnehmer für die ersten Tage mit einer Auswahl an regionalen Produkten 16 MARTIN HORNDASCH AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN ANSBACH [email protected] SUB 6-7/2015 DIVERSIFIZIERUNG Mit Diversifizierung Einkommen in Berggebieten sichern von DR. PAULA WEINBERGER-MILLER: Das Forschungsprojekt hatte die Zielsetzung, die Einkommenssicherung und -entwicklung landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten durch Diversifizierung zu ermitteln. Der Bericht führt grundsätzliche Informationen zu den Lebensund Arbeitsbedingungen landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten auf der Grundlage einer einführenden Strukturanalyse auf. Die Bearbeitung einzelner Schwerpunktthemen lieferte Ergebnisse zum Einfluss der Diversifizierung auf die Hofnachfolge und die Bedeutung der Diversifizierung für die Betriebsentwicklung. Mit der Analyse der Herstellung spezieller Bergbauernprodukte und deren einzelbetrieblicher, aber auch kooperativer Vermarktung über verschiedene Vertriebsschienen wird eine Form der Einkommenskombination für die Landwirte vertiefend betrachtet. Ausgangspunkt für die Bearbeitung des Themas „Bedeutung der Diversifizierung in Einkommenskombinationen in der Berglandwirtschaft“ im Zusammenhang mit dem gleichnamigen Arbeitsschwerpunkt Berglandwirtschaft der Landesanstalt für Landwirtschaft war die Tatsache, dass landwirtschaftliche Betriebe in Berggebieten aufgrund ihrer meist kleinen Betriebsgrößen besonders vom Strukturwandel betroffen sind und zur Anpassung an neue strukturelle Erfordernisse Einkommenszuwächse für eine angemessene Lebenshaltung erreichen müssen. Insbesondere bei einem anstehenden Generationswechsel ist eine attraktive Gestaltung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zentrale Aufgabe, die die Weiterführung des Betriebs maßgeblich bestimmt. Der aktuelle Forschungsbericht liefert grundsätzliche Informationen zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten und ihren Per spektiven für die Zukunft. Dazu wurden in einer einführenden Betriebsanalyse anhand realer Szenarien landwirtschaftlicher Familien in Berg- und Nicht-Bergbetrieben mit Diversifizierung in Einkommenskombinationen, Wirtschaftsweise und Einstellungen zugänglich gemacht, um daran an knüpfend spezifische Schwerpunktthemen vertiefend zu bearbeiten. Dabei wurde die Spannbreite jeweiliger zusammengesetzter Einzelaktivitäten erfasst, analysiert und bewertet. Aus der Bearbeitung folgender Schwerpunktthemen sind ausgewählte Ergebnisse in den Bericht eingestellt: AAStrukturanalyse in landwirtschaftlichen Betrieben mit Diversifizierung in Berggebieten AAHofnachfolge in Haupterwerbs- und Nebenerwerbsbetrieben (ASG-Beitrag) SUB 6-7/2015 AAHofnachfolge in diversifizierenden Betrieben der Berglandwirtschaft, eine weitere qualitative Untersuchung (Philipp Maier, Student der Geographie, LMU München, Bachelorarbeit) AADiversifizierung in Betrieben der Berglandwirtschaft als Beitrag zur Existenzsicherung (Anja Boneberger, Studentin der Universität Hohenheim, Masterarbeit) AABedeutung der Diversifizierung in der Berglandwirtschaft (Stefanie Büchl, Studentin der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät für Land- und Ernährungswirtschaft, Bachelorarbeit) AABeweggründe für eine Direktvermarktung von Milch- und Milchprodukten in der Berglandwirtschaft (Sina Kraus, Studentin der Ökologischen Agrarwissenschaften, Universität Kassel, Master arbeit) AAVorzüglichkeit der Direktvermarktung von Bergkäse über verschiedene Vermarktungswege (Simon Magerl, Student der Hochschule WeihenstephanTriesdorf, Fakultät Land- und Ernährungswirtschaft, Bachelorarbeit) Multifunktionalität in kleinstrukturierten Betrieben Die Strukturanalyse ergab typische Betriebsformen, Wirtschaftsweisen und Einzelaktivitäten von Familienmitgliedern der Bergbetriebe in Abgrenzung zu solchen von Nicht-Bergbetrieben. Bei Leitfadeninterviews mit Betriebsinhabern zur Bewirtschaftung ihrer, nach bestimmten Kriterien ausgewählten Betriebe ließen sich aus den Ergebnissen Muster mit austauschbaren oder situativ erweiterbaren Bausteinen erkennen, die je nach individuel- 17 DIVERSIFI ZIERUNG Forschungsprojekt der LfL untersucht Lebens- und Arbeitsbedingungen landwirtschaftlicher Betriebe in Berggebieten DIVERSIFIZIERUNG DIVERSIFI ZIERUNG ler Entscheidungslage, abhängig vom Lebenszyklus der Familie immer wieder neu positioniert werden. Dabei wurden auch Einstellungen und Aktivitäten von Hofnachfolgern in Abhängigkeit von der Betriebsform und die Bedeutung typischer Formen der Bewirtschaftung für derzeitige und zukünftige Bewirtschafter ermittelt. Auf der Grundlage verifizierter Haushalts- und Betriebsmodelle und deren ökonomischer Bedeutung, aber auch unter Berücksichtigung raumbezogener Einflussgrößen auf die Bewirtschaftung der Betriebe konnten Perspektiven und Handlungsoptionen mit Einkommenskombinationen erarbeitet werden. Schnittstelle Berglandwirtschaft Die Berglandwirtschaft ist als Schnittstelle zwischen ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Herausforderungen zu sehen. Bei einer unzureichenden Einkommenssicherung der Betriebe und einer daraus resultierenden Betriebsaufgabe ist nicht nur die Existenz der landwirtschaftlichen Familie neu zu begründen. Gleichzeitig sind Maßnahmen zur Pflege der Kulturlandschaft bei Nichtbewirtschaftung von Flächen einzuleiten. Es hat sich gezeigt, dass außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten für die Existenzsicherung der Bergbetriebe bedeutsam sind, falls geeignete Arbeitsplätze in erreichbarer Entfernung zur Verfügung stehen. Die Diversifizierung in Einkommenskombinationen erhält immer dann einen besonderen Stellenwert, wenn ausbaufähige Kapazitäten des Betriebs und der Region für attraktive Geschäftsfelder vorhanden sind und auch als solche verstanden werden. Die Bewirtschaftung von Einkommenskombinationen kann zu ansehnlichen Einkommensbeiträgen verhelfen, doch auch trotz geringem realem Einkommen aus Einkommenskombinationen kann die Bewirtschaftung solcher Geschäftsbereiche sehr bedeutsam für die Betriebe sein. Allerdings lassen betriebliche wie auch regionale Disparitäten verallgemeinernde Aussagen zur Bedeutung von Einkommenskombinationen in der Berglandwirtschaft nicht zu. Generell ist eine Verknüpfung betrieblicher Angebote mit Potenzialen der Region gerade in Berggebieten unabdingbar. In peripher gelegenen Räumen mit unterdurchschnittlichem Bevölkerungspotential und geringem Einkommensniveau kann aber auch eine wenig produktive Landwirtschaft wenig Zuspruch durch Touristen finden. Eine negative betriebliche Bilanz, gekoppelt mit einer negativen regionalen Wirtschaftskraft führt so unter Umständen zur Entscheidung gegen solche Einkommensalternativen. wesentlich beitragen können. Multifunktional wirtschaftende Bergbetriebe müssen grundsätzlich aus Konglomeraten verschiedenster Einzelaktivitäten und der Bewirtschaftung mehrerer mehr oder weniger umfangreicher Geschäftsbereiche eine transparente Ordnung herstellen. Jeder Geschäftsbereich für sich soll den Erwartungen an einen dem Input angemessenen Einkommensbeitrag gerecht werden. Synergien durch den Kombicharakter sind zu nutzen, dennoch sind Geschäftsbereiche eher zu spezifizieren als zu harmonisieren, um so eine Alleinstellung, beispielsweise mit Spezialitäten im wachsenden Premiumbereich bzw. mit geschützten Spezialitäten zu erreichen. Das Betriebsmanagement muss somit den ökonomischen Input soweit in Richtung Optimierung der Geschäftsbereiche verteilen, dass diese ihren typischen Charakter erhalten. Mit einem einfachen Zusammensetzen einzelner Einkommenskombinationen ist es nicht getan. Vielmehr ist so etwas wie eine „EKK-Collage“ mit transparenter Ordnung nach ihrer Bedeutung für eine attraktive Wirtschaftsweise durch gegenwärtige und zukünftige Betriebsleiter zu schaffen, in die jederzeit nach persönlichen Vorlieben, ökologischen bzw. ökonomischen Notwendigkeiten fördernd oder hemmend eingegriffen werden kann. Literatur FORSCHUNGSBERICHT: Einkommenssicherung und -entwicklung landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten durch Diversifizierung, LfL-Schriftenreihe, 2014 Infobox: Forschungsbericht in zwei Versionen Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sind in zwei Publikationen veröffentlicht: Die detaillierte Untersuchung als LfL-Schriftenreihe (266 Seiten) und eine gekürzte Fassung als LfL-Information (87 Seiten). http://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/ schriftenreihe/einkommenssicherung-diversifikation-berglandwirtschaft_lfl-schriftenreihe-1-2015.pdf: Einkommenssicherung und -entwicklung durch Diversifikation in der Berglandwirtschaft (LfL-Schriftenreihe) http://www.lfl.bayern.de/cms07/publikationen/informationen/098409/index.php: Einkommenssicherung und -entwicklung durch Diversifikation in der Berglandwirtschaft (LfL-Information) DR. PAULA WEINBERGER MILLER Synergien nutzen aus verschiedenen Geschäftsfeldern Aus der Bearbeitung der Themenschwerpunkte resultiert eine Reihe von Handlungsoptionen, die zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation der Bergfamilien und gleichzeitig zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Betriebe 18 leitete den Arbeitsbereich „Haushalt und Erwerbs kombination“ an der Landesanstalt für Landwirtschaft. Seit 1. Januar 2015 ist sie im Ruhestand. ALTE ALLEE 66, 81245 MÜNCHEN [email protected] SUB 6-7/2015 DIVERSIFIZIERUNG von KLAUDIA SCHWARZ: Regionalmarketing zielt auf die Verbraucherpräferenzen Sicherheit/ Nähe, Genuss, Nachhaltigkeit oder individuelle Verbundenheit mit der Region ab. Regionalität zählt zu den langanhaltenden Konsumtrends, hat aber keine dominante Präferenz. Der Zusatznutzen muss immer wieder neu kommuniziert werden. Dazu sind Profilbildung und eine klare Kennzeichnung notwendig. Der Verbraucher muss durch einheitlichen Marktauftritt Regionalmarken „wiedererkennen“. Bei den Akteuren auf Anbieterseite ist ein gutes Innenmarketing notwendig, um Zusammenhalt für die gemeinsame Vision zu entwickeln. Diese Ziele verfolgt das „Fitnessprogramm für Regionalinitiativen in Bayern 2014/15“ des Bundesverbands der Regionalinitiativen e. V. in Kooperation mit dem StMELF und dem Cluster Ernährung. Das Programm richtet sich vor allem an Führungskräfte, Begleiter und Initiatoren von Regionalinitiativen, weil die organisatorischen Strukturen einer Initiative und die Professionalität der Akteure zentrale Erfolgsfaktoren sind. 2015 fanden drei zweitägige Workshops statt: Qualitäts- und Herkunftssicherung, Marketing und Kommunikation und Logistik und Strukturentwicklung. Auch Fallbetrachtungen zu thematischen Schwerpunkten bei Regionalinitiativen vor Ort sind geplant. Der Beitrag stellt kurz die Inhalte der Workshops vor. Infobox: Informationen zum Fitnessprogramm „Regionalinitiativen“ Weitere Informationen und Möglichkeit zur Anmeldung zu den Fallbetrachtungen unter: www.regionalbewegung.de/projekte/fitnessprogrammfuer-regionalinitiativen/ Kriterien der Qualitäts- und Herkunftssicherung Partnerbetrieb kann zum Beispiel ein kleines oder mittelständisches Unternehmen, aber auch eine Kommune, ein Verband oder Institution werden. Alle müssen in der Region ansässig sein und sich aktiv für die Ziele der Regionalinitiative einsetzen. Das Engagement bei Werbeaktionen und Öffentlichkeitsarbeit kann in Partnerkriterien festgelegt werden, ebenso wie Zusammenarbeit und Liefervereinbarungen. Basiskriterien sind Kriterien, die alle Produkte gleichermaßen erfüllen müssen. Sie können für verschiedene Dimensionen festgelegt werden. Basiskriterien zur Regionalität wären z. B.: AADer Hauptbestandteil eines Produktes stammt aus der definierten Region. AAErzeuger, Verarbeiter und Inverkehrbringer des Produkts müssen ihren Betriebssitz in der definierten Region haben. SUB 6-7/2015 AADie Vermarktung findet in der definierten Region statt. AAZutaten, die nicht aus der definierten Region verfügbar sind, sollten aus der Region mit dem nächst möglichen regionalen Bezug sein. Basiskriterien zur Qualität könnten lauten: AADie Produkte werden ohne Gentechnik erzeugt und verarbeitet. AAFuttermittel/Rohstoffe stammen aus der definierten Region. AAArtgerechte Tierhaltung (z. B. Bestandsobergrenzen). Als Basiskriterien zur Nachhaltigkeit wären denkbar: AAStärkung der heimischen Wirtschaft, AAErhalt der vielfältigen Kulturlandschaft, AASoziale Kriterien, z. B. Bezahlung des Mindestlohnes. „Region“ muss definiert sein Die Definition einer Region ist wesentliche Voraussetzung für eine Regionalinitiative. Eine Region muss eine überschaubare und pragmatische Größe haben, damit ein ausreichendes Einzugsgebiet für Erzeuger der angestrebten ProduktPalette, aber auch ein ausreichendes Absatzgebiet zum Erreichen einer kritischen Masse für den Umsatz vorhanden ist. Eine allgemeingültige Definition von „Region“ ist nicht möglich. Eine Umfrage bei bayerischen Regionalinitiativen ergab laut Ludwig Karg von B.A.U.M. Consult GmbH, dass alle Initiativen kleinräumiger als Bayern sind. Ohne Kontrollsystem keine Regionalinitiative Am Beispiel „Geprüfte Qualität – Bayern“ veranschaulichte Claudia Günther von QAL GmbH die Möglichkeit eines Kon trollsystems. Viele Regionalinitiativen haben ein eigenes, internes Kontrollsystem, in dem sie konkret festlegen, welche 19 DIVERSIFI ZIERUNG Fitnessprogramm für Regionalinitiativen DIVERSIFI ZIERUNG DIVERSIFIZIERUNG Kriterien kontrolliert werden. In einem Anforderungskatalog legen sie fest, wie die Kontrolle abläuft. Es gibt Auditinformationen, Auditchecklisten mit Auditbericht, sogenannte K. O. Kriterien usw. Die Kontrollen betreffen in der Regel den Betrieb, die Herkunft der Rohstoffe, Tiere und Futtermittel, die Verarbeitung, Rückverfolgbarkeit, Produkteigenschaften, Lagerung und Etikettierung. Gesetzliche Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und -hygiene müssen selbstverständlich eingehalten werden. Interne Auditsysteme sind nicht ganz unproblematisch nach dem Motto „Kollegen kontrollieren/beraten Kollegen“. Einfacher zu handhaben sind externe Kontrollsysteme, scheitern aber häufig an den Kosten. Vorschläge, wie Qualitäts- und Herkunftssicherung für eine Regionalinitiative in die Praxis umgesetzt werden können, wurden während des Seminares immer wieder an bestehenden Initiativen aufgezeigt, z. B. „SooNahe e. V.“ „AUS DER REGION – FÜR DIE REGION“, „Vier Gärten e. V.“, „UNSER LAND GmbH“. Kundensegmentierung entscheidend Marketing im weiteren Sinn ist ein steter Prozess, der am Kunden und am Markt ausgerichtet ist. Für ein gutes Marketing ist eine Zielgruppensegmentierung notwendig. Keiner kann alle Verbraucher gleichermaßen bedienen. Wer ist die Zielgruppe für regionale Produkte oder für die eine Regional initiative? Dr. Anke Zühlsdorf von Agrifood Consulting GmbH ging auf die Kundensegmente ein. Auf der Grundlage der Sinus-Milieustudie lassen sich vor allem „Traditionelle“, „Bürgerliche Mitte“ und „Sozialökologische“ von regionalen Produkten ansprechen: Menschen mit nicht besonders hohem Einkommen, aber in der Region verwurzelt und mit dem Bedürfnis, etwas für ihre Heimat tun zu wollen. Es gilt aber nicht nur die sozialen Milieus im Blick zu haben, sondern beispielsweise auch den gesundheitsbewussten Verbraucher oder den Kochbegeisterten. Nach der im Internet veröffentlichten Nestlé Studie 2012 „Das is(s)t Qualität“ werden Verbraucher immer qualitätsbewusster: „Quality Eater“ erobern den Supermarkt. Die Deutschen achten beim Lebensmitteleinkauf immer mehr und immer genauer auf Qualität. Dabei ist für die Mehrzahl eine hohe Qualität wichtiger als ein besonders günstiger Preis. Bereits jeder vierte Verbraucher zählt zur Gruppe der „Quality Eater“, die besonders hohe Maßstäbe an die Lebensmittelqualität stellen. Für sie sind ein guter Geschmack, hohe Sicherheit und auch Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekte gleichermaßen von großer Bedeutung. Regionalmarketing ist Vertrauensmarketing Regionale Produkte genießen einen Vertrauensvorschuss. Wichtige Verbraucherpräferenzen sind Sicherheit/Nähe, Genuss, Nachhaltigkeit oder individuelle Verbundenheit mit 20 der Region. Damit zählt Regionalität zu den langanhaltenden Konsumtrends. Sie hat aber keine dominante Präferenz, ihr Zusatznutzen muss kommuniziert werden. Dazu ist die Profilbildung und eine klare Kennzeichnung voranzutreiben. Regionalmarken müssen mit Regionalität und Qualität „aufgeladen“ werden. Reine Herkunftsmarken haben sich weniger bewährt. Ehrlichkeit und Qualitätssicherung sind eine grundlegende Voraussetzung. Marken sind ein Versprechen Marken erzeugen Bilder. „Deshalb ist mehr nötig, als ein Logo zu entwickeln.“, so der Referent Ludwig Karg von B.A.U.M. Consult GmbH aus München. „Aber jeder, der mit dem Logo umgeht, muss seine Bedeutung erklären können!“ Für eine Marke braucht man: AAgemeinsames Verständnis und Motivation aller Partner (wichtig: Innenmarketing für die gemeinsame Vision; gilt nicht nur für den Chef, sondern für alle Mitarbeiter), AARichtlinien und Kontrollsystem (konform mit rechtlichen Partnern), AATrägerorganisation („Zeichengeber“) und Unterstützerstrukturen, AAeingetragene Wort-/Bild-Marke, AAGestaltungsrichtlinien (Corperate Design), AAMaßnahmenprogramm zur Bewerbung der Idee und des Zeichens, AAZeichennutzer und deren Produkte sowie Marktpartner, AAemotionale Ansprache als wichtiges Instrument für viele Milieus, AABotschafter, die ihr Verhalten an der Botschaft des Zeichens ausrichten. Dann entwickelt eine Regionalmarke folgenden Nutzen: AAIdentifikationssymbol für die Akteure des Gemeinschaftsmarketings, AAWiedererkennbarkeit und Signalwirkung beim Verbraucher durch einheitlichen Marktauftritt, AASicherheit bei der Kaufentscheidung, AAhöhere Zahlungsbereitschaft für Qualitäts- und Markenprodukte, die weniger dem direkten Preisvergleich ausgesetzt sind, AAMarketingsynergien: Das gute Gefühl bzw. die Zufriedenheit mit dem Produkt wird auf andere Produkte der Regionalmarke übertragen. Anhand mitgebrachter und präsentierter Beispiele wurden einschlägige Kommunikationsinstrumente wie Etiketten, Plakate oder Flyer auf ihre Wirkung und Aussagekraft hin un- SUB 6-7/2015 DIVERSIFIZIERUNG Marke – Zusatzmarke – Dachmarke Da fast alle Erzeuger ein eigenes Etikett entwickelt haben, stellt sich die Frage, wie bei einer neuen Kooperation vorgegangen werden soll. Die Erfahrungen sprechen für das CoBranding: Das neue Qualitäts- und Herkunftssiegel wird als Zusatzzeichen auf die bestehenden Produkte aufgeklebt oder in das bestehende Warenschild integriert. Eine andere Vorgehensweise ist die Dachmarke, bei der die eigene Produktbezeichnung in den Hintergrund tritt bzw. ganz verschwindet. Gute Beispiele zu zentralen Botschaften oder zu Co-Branding finden sich bei „Unser Land“ oder auch bei der Dachmarke Rhön in der Produktlinie „Rhönwiese“. Außerdem empfiehlt es sich, für eine Initiative ein duales System aufzubauen: einen Regionalverein für die Kommunikation, Marketing und Kontrollen, sowie eine Vermarktungsorganisation für den Vertrieb und die Warenwirtschaft (oft eine GmbH). Im Rahmen des Seminars wurde auch die Lebensmittelinformationsverordnung vorgestellt, die ab 13. Dezember 2014 in Kraft getreten ist. Allerdings hat Deutschland zur Herkunftskennzeichnung noch keine Durchführungsverordnung erlassen. Ein Informationsblock zu regionalen Kennzeichen der EU, des Bundes (Regionalfenster) und der Länder sowie zu Werbung und Verbrauchertäuschung rundeten das Seminar ab. DIVERSIFI ZIERUNG tersucht. Die Information steht bei Plakaten meist nicht im Vordergrund. Ein gutes Plakat, das Aufmerksamkeit erregen will, soll den Betrachter emotional ansprechen und braucht nur wenige Worte. Ein regionales Produkt überträgt immer eine Botschaft. Dafür muss Platz auf dem Etikett vorgesehen sein. Zentrale Botschaften sind beispielsweise Informationen zur Erzeugung des Produktes oder der Zusatznutzen, der dieses Produkt von seinen Mitbewerbern unterscheidet. PRAXISWORKSHOP 1 ADELHEID MEIER (REBELEIN) AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN ANSBACH [email protected] PRAXISWORKSHOP 2 KLAUDIA SCHWARZ AMT FÜR ERNÄHRUNG , LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN SCHWEINFURT [email protected] Meisteranwärterinnen Hauswirtschaft an der Fachakademie in Triesdorf AA Mit Schwung und Elan – Nabburger Meisteranwärterinnen an der Fachakademie in Triesdorf 18 Hauswirtschafterinnen aus der ganzen Oberpfalz besuchen in Nabburg einmal wöchentlich am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen Vorbereitungslehrgang auf die Meisterprüfung. 24 Teilnehmerinnen zählt der Lehrgang der Landwirtschaftsverwaltung für die Oberfranken am AELF in Münchberg. SUB 6-7/2015 Die Prüfung zur Ausbildereignung, mit schriftlicher Prüfung und praktischer Arbeitsunterweisung, haben sie bereits nach ihrem Start im November 2014 nach einem bezirksübergreifenden Lehrgang in Weiden hinter sich gebracht. Nicht immer findet der Unterricht an den Ämtern statt: Den Meisteranwärterin- nen wird 2015 ein zweitägiger Aufenthalt an der Staatlichen Fachakademie für Ernährung und Versorgungsmanagement in Triesdorf ermöglicht. Im Lehrgang „Großhaushalt“ können sie praktische Erfahrungen in einer Großküche sammeln von der Warenwirtschaft und Speisenproduktion bis hin zu Reinigung und Desinfektion sowie Abfallwirtschaft. Nächstes Jahr werden sie an einem weiteren Lehrgangstag Gelegenheit haben, in der zertifizierten Wäscherei der Fachakademie auf aktuellem Stand professionelle Textilreinigung und Pflege zu erleben. Darüber hinaus steht ein Besuch im der Haustechnik im Agrarbildungszentrum Landsberg am Lech im Lehrgangsprogramm. Hedwig Jakobey, LfL 21 DIVERSIFIZIERUNG Den Bauernhof mit allen Sinnen erleben Erlebnisorientierte Angebote auf Höfen unterstützen ein besseres Verständnis für die Landwirtschaft und fördern den Dialog DIVERSIFI ZIERUNG von CHRISTIANE WELLENSIEK: Die Erlebnisbäuerinnen und -bauern in Bayern haben mit ihren Angeboten, die zum Mit-Machen, Ausprobieren, Anpacken einladen, ein besonderes Pfund in der Hand, um mit ihren Besuchern über Landwirtschaft ins Gespräch zu kommen. Unrealistische Vorstellungen über Landwirtschaft werden dabei oftmals revidiert, Bedenken und Wünsche von Verbrauchern für die Branche nachvollziehbarer. Auf der diesjährigen Grünen Woche wurde erprobt, ob sich auch am „dritten Ort“ - in einer Messehalle – durch „Erleben mit allen Sinnen“ eine vergleichbar positive Gesprächsdynamik entfaltet wie auf dem Hof. „Hier wachsen Ideen“ – unter diesem vielversprechenden Motto lud das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu seiner diesjährigen Sonderschau auf der Grünen Woche. Gemeinsam mit Partnern stellte das Ministerium seine verschiedenen Aufgaben- und Themenbereiche vor. Interaktion und Kreativität waren gefragt, um die unterschiedlichen Besuchergruppen der Messe zu begeistern. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten präsentierte den Einkommensbereich „Erlebnisorientierte Angebote auf dem Bauernhof“. Idee war, sich die guten Erfahrungen auf den Höfen, die erlebnisorientiert arbeiten, zu Nutze zu machen und den Messeauftritt als „Mit-Mach-Aktion“ zu konzipieren. Erlebnisorientierte Angebote – ihre Breite und Tiefe Kindergeburtstage, Schulklassenbesuche, Besuche von Kindergärten, ganzjährige Kindergruppen, Events für Vereine, Betriebsfeste, Teambildungscamps, Angebote für Best-Ager – und das ist nur eine Auswahl – locken heute Menschen auf das Land. Dieses noch jüngere Geschäftsfeld ergänzt klassische Einkommensstandbeine wie z. B. Direktvermarktung (Hofläden, Abo-Kisten), Urlaub auf dem Bauernhof oder Bauernhofgastronomie (Bauernhofcafés). Die „Erlebnisorientierten Angebote“ boomen und halten für jede Altersstufe und Interessenslage Spannendes bereit. Ihre Devise „Erleben und Lernen mit allen Sinnen“ zieht. Mittlerweile sind „Erlebnisorientierte Angebote“ attraktive zusätzliche Einkommensquellen für Betriebe geworden. Gerade auch die Möglichkeit, unterschiedliche berufliche Kompetenzen zu einem nützlichen Mix zusammenzuführen, macht sie so gewinnbringend. So können auf der Grundlage von Berufen aus dem landwirtschaftlichen sowie pädagogischen oder sozialen Bereich Betriebskonzepte mit Allein stellungsmerkmalen entstehen. Doch die „Erlebnisorientierten Angebote“ bieten noch 22 AA Bild 1: Realitätsgetreu – der Boxen-Laufstall „in Miniatur“ mehr! Es zeigt sich, dass Gespräche und Diskussionen, die sich im Rahmen solcher Veranstaltungen auf den Höfen zwischen – in der Regel – Menschen mit landwirtschaftlichem und nicht-landwirtschaftlichem Hintergrund ergeben, eine besondere Qualität besitzen. Sie sind geprägt von dem Erlebten, Beobachtungen, Neugier, Interesse und insbesondere Respekt vor dem anderen und seinem Tun. Klischees und Vorurteile treten in den Hintergrund. Die Herausforderung Lässt sich mit der Philosophie „Mit allen Sinnen erleben“ auch am dritten Ort eine Aktion mit ähnlich positiven Wirkungen kreieren und umsetzen? Taugt sie auch als Ansatz zur Gestaltung eines Messeauftrittes? Ein Hof strotzt vor Erlebnissen mit „Kopf, Herz und Hand“: die putzigen Kälber, die jeden noch so Zögernden zum Streicheln „verführen“, Heu und Stroh, das zum Reinspringen und Anfassen lockt, die vielfältigen Düfte und Früchte im Bauerngarten, die zum Schnuppern und Zugreifen einladen. Wind, der in den Haaren zaust; Sonne, die die Augen zukneifen lässt; Regen, der überall die schönsten Pfützen entstehen lässt; Ausblicke auf Landschaften im Wechsel der Jahreszeiten. Diese authentischen SUB 6-7/2015 DIVERSIFIZIERUNG Das Mit-Mach-Angebot Im Mittelpunkt des bayerischen Messeauftrittes stand das interaktive Angebot mit dem Motto: „Das möchte ich auf dem Bauernhof erleben“. Idee der Mit-Mach-Aktion war, die Besucher anzuregen, ihre Wünsche und Vorstellungen, was sie gerne auf dem Land erleben würden, auf kreative Weise mitzuteilen. Zugleich plante man auf diese Weise, ohne ein bestimmtes Thema vorzugeben, ins Gespräch kommen. Zum einen, um zu informieren, zum anderen, um zuzuhören und zu erfahren, was die Bevölkerung in Sachen Landwirtschaft bewegt und beschäftigt. Auf einem Spieltisch befanden sich vielfältigste Materialien und Utensilien, um ein Szenario rund um Landwirtschaft ganz nach persönlichen Vorstellungen aufzubauen. Tiere vom Bauernhof, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, ein einsichtbares Laufstallgebäude, Figuren sowie Naturmaterialien zogen die Blicke der Besucher auf sich, verlockten zum Anfassen und Loslegen. Das Angebot richtete sich an alle Besuchergruppen. Jeder Teilnehmende – Gruppe oder Einzelperson – hatte eine vorher vereinbarte Zeit zum Gestalten der Erlebnis-Idee. Nach dieser Zeit erläuterten die Teilnehmenden ihr „Modell“. Bäuerinnen, die die Fortbildung zur „zertifizierten Erlebnisbäuerin“ absolviert haben und aus der Praxis kommen, leiteten die Aktion an. Die Beobachtung Die Aktionsfläche machte unterschiedlichste Zielgruppen – Kinder, Jugendliche und Familien/Unkundige und Fachbesucher – neugierig. Die Kinder registrierten – bei noch so dichtem Menschengetümmel – das „Spielzeug“ und waren sofort interessiert, mitzumachen. Jugendliche und Erwachsene beobachteten zunächst die Situation und begannen, von persönlichen Erlebnissen auf Bauernhöfen und auf dem Land oder von Informationen aus den Medien zu erzählen. Unabhängig vom Alter dachten viele an ihre Ferien auf dem Bauernhof und schilderten Erlebnisse und Begebenheiten. Fachpublikum inspizierte interessiert den professionellen Boxen-Laufstall mit Melkroboter „in Miniatur“. Neben der großen Kreativität, Ausdauer und Phantasie mit der sowohl kleine, als auch ältere Kinder sich der gestellten Aufgabe widmeten, beindruckte die Qualität der Gespräche. Es entspannen sich Fachgespräche zu Stallbau und -ausstattung, engagierte Diskussionen zu Tierwohl und Haltungsbedingungen, Leben und Arbeiten im ländlichen Raum, Konfliktpotenzial zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, zu persönlichen Problemen mit Baugenehmigungen und Betriebsgrößen, Strukturwandel und Generationswechsel auf dem Hof. Das PoSUB 6-7/2015 AA Bild 2: Der Spieltisch und das Equipment zur Aktion tenzial des außerschulischen Lernens auf dem Bauernhof und die erholsame Wirkung durch Landurlaub erweiterten die Themenpalette. Nicht zu vergessen die Gespräche mit den Kindern, die es genossen, einfach „nur“ zu spielen, Zeit und Raum für sich zu haben. Stolz berichteten sie über ihr Wissen von einem Bauernhof. Das „Nicht-Virtuelle“, sondern das „echte Spielzeug“ stand selbst bei Jugendlichen hoch im Kurs. Das Mit-Mach-Angebot und die fachkompetente und aufmerksame Gesprächsführung der Erlebnisbäuerinnen kamen gut an. Genau wie im Rahmen der „Erlebnisorientierten Angebote“ auf den Höfen informierten sie zu Fachfragen und erläuterten ihren Arbeitsalltag. Wie auf dem Hof entstand eine angenehme Gesprächsatmosphäre, die zum einen von persönlichen Erfahrungen, zum anderen von sachlich-fachlichem Austausch geprägt war. Es zeigte sich, dass die Philosophie „Erleben mit allen Sinnen“ und die darauf basierenden Angebote sehr geeignet sind, um sowohl auf dem Hof, als auch am „dritten Ort“ Situationen zu schaffen, um Gedanken- und Meinungsaustausch anzuregen und echte Begegnung zu ermöglichen. Zukünfig mehr Dialog „mit Kopf, Herz und Hand“ Diese wenigen, aber doch so eindrücklichen Erfahrungen machen Lust und motivieren, Mit-Mach-Aktionen, wie die geschilderte, als vielschichtiges, didaktisches Instrument fortzuentwickeln. Ziel ist, eine qualitativ-hochwertige „Dialog-Kultur“ zu fördern, die auf lebendigen Austausch setzt, bei dem die Gesprächsteilnehmer offen sind, die Perspektive zu wechseln und in die Rolle des anderen zu schlüpfen. Die Leitmaxime der bayrischen Agrarpolitik - „Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft“ – bietet den notwendigen Überbau, um einzelne positive Erfahrungen in einem griffigen Konzept zur Verbesserung der „Dialog-Kultur“ zu fassen. CHRISTIANE WELLENSIEK MÜHLEN 46, 83377 VACHENDORF Selbstständige Beraterin für Agrar- und Umweltprojekte [email protected] 23 DIVERSIFI ZIERUNG sinnlichen Eindrücke vermittelt nur der Bauernhof. Die Herausforderung war, all diese vielfältigen Reize auf andere Weise zu wecken und eine dem Bauernhof ähnliche Atmosphäre zu schaffen, die zum Selbst-Aktiv-Werden und Mitmachen motiviert. Und im besten Fall zum Gedankenaustausch anregt. ENERGIE Rapsölkraftstoff aus Bayern Beitrag zum Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft ENERGIE von KARSTEN ENGELMANN, DR. DANIELA DRESSLER und DR. EDGAR REMMELE: Erneuerbare Energien sind ein wichtiger Bestandteil der Europäischen Klima- und Energiepolitik. Im Verkehrssektor werden bislang vor allem Biokraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt, um den Treibhausgasausstoß zu verringern. Für die Herstellung von Biokraft stoffen ist unter anderem ein Mindestmaß an Treibhausgaseinsparung gegenüber fossilen Kraftstoffen ordnungspolitisch vorgeschrieben. Durch die Herstellung von Rapsölkraftstoff in dezentralen Ölmühlen und dessen Einsatz in pflanzenöltauglichen Maschinen der Land- und Forstwirtschaft können bis zu 80 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen eingespart werden. Als Teil des Klima- und Energiepakets der Europäischen Union (EU) trat im Juni 2009 die Erneuerbare-EnergienRichtlinie 2009/28/EG (RED) (1) in Kraft. Neben den Ausbauzielen für erneuerbare Energien wurden damit auch erstmals Nachhaltigkeitskriterien für die Herstellung von Biokraftstoffen festgelegt. Diese Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen hat Deutschland über die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) umgesetzt. Demnach müssen Biokraftstoffe seit 2011 unter anderem mindestens 35 Prozent der Treib hausgase (THG) gegenüber fossilen Kraftstoffen einsparen. Ab 2017 steigt diese Anforderung auf 50 Prozent und ab 2018 für Anlagen, die nach 2016 in Betrieb genommen werden, auf 60 Prozent. Die RED gibt Standardwerte für die THG-Einsparung von verschiedenen Biokraftstoffen, aufgeteilt nach Anbau, Transport und Verarbeitung, vor. Für Rapsöl aus industrieller Verarbeitung (zentrale Ölmühlen, Großanlagen) gilt derzeit ein Standardwert von 57 Prozent – unabhängig davon, wo und unter welchen Bedingungen AA Der Einsatz von Rapsölkraftstoff in der Land- und Forstwirtschaft wird vom StMWi über die Richtlinie RapsTrak200 gefördert 24 © TFZ Straubing Raps angebaut wurde. THG-Flüsse im Rapsanbau sind jedoch stark standort- und bewirtschaftungsabhängig. Zudem werden mit dem RED-Standardwert von Rapsöl möglicherweise klimarelevante Vorteile der dezentralen Rapssaatenverarbeitung, wie kürzere Transportwege und energiesparende Ölgewinnung, nicht ausreichend abgebildet. Die Quantifizierung der tatsächlichen THG-Einsparung kann jedoch durch die Umstellung der Biokraftstoffquote auf eine Treibhausgasquote, welche Deutschland als erster Mitgliedstaat mit Beginn des Jahres 2015 vollzogen hat, entscheidend für deren Wirtschaftlichkeit sein. Gänzlich unberücksichtigt bleibt die tatsächliche Verwendung des Rapspresskuchens als hochwertiges Eiweißfuttermittel in der heimischen Tierhaltung. Für die Bewertung von Koppelprodukten schreibt die RED eine Aufteilung („Allokation“) der THG-Emissionen zwischen Haupt- und Koppelprodukt auf Basis ihrer Heizwerte vor (Energieallokationsmethode). Eine Alternative stellt die Substitutionsmethode dar. Hierbei erhalten Biokraftstoffe eine THG-Gutschrift, wenn bei ihrer Herstellung anfallende Koppelprodukte andere, klimaschädlichere Produkte ersetzen. Erhebung von regionalspezifischen Betriebsdaten Deutschlandweit befindet sich in Bayern die größte Anzahl von dezentralen Ölsaatenverarbeitungsanlagen (2). Zur umfassenden Bewertung ihrer ökologischen und ökonomischen Effekte werden im Rahmen des Forschungsvorhabens „ExpRessBio“ (siehe Infobox) unter anderem regionalspezifische THG-Bilanzen für dezentral erzeugten Rapsölkraftstoff aus Bayern erstellt. Die Grundlage für die Regionalisierung bilden die Boden-Klima-Räume in Bayern (3). Hierdurch werden wesentliche Einflussfaktoren des Standortes, wie Boden und Witterung, insbesondere Temperatur und Niederschlag auf die Produktivität des Rapsanbaus berücksichtigt. Um SUB 6-7/2015 ENERGIE Boden-Klima-Raum A Boden-Klima-Raum B Boden-Klima-Raum C Boden-Klima-Raum-Bezeichnung Tertiär-Hügelland Donau-Süd Albflächen und Ostbayerisches Hügelland Verwitterungsböden in den Übergangslagen Landwirtschaftlicher Betriebstyp und Anzahl (n) Ackerbau (n = 4) Gemischt (n = 1) Gemischt (n = 5) Gemischt (n = 5) 8,2 1 128 lehmiger Sand – sandiger Lehm 50 7,9 848 Lehm – schwerer Lehm 50 8,7 751 anlehmiger Sand – Ton 40 41,2 241 200 41 44,9 246 196 50 39,1 271 176 94 Standortdaten Jahrestemperatur1) in °C Jahresniederschlag1) in mm Bodenartenspektrum2) Ø Ackerzahl2) Rapsanbaudaten3) Ertrag (91 % TM) in dt ha-1 N-Düngung in kg N ha-1 mit Mineraldünger mit Wirtschaftsdünger4) Mittelwerte (Referenzzeitraum 1981 – 2010) Quelle: Deutscher Wetterdienst Bodenschätzungsdaten Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung 3) zweijährige Mittelwerte (Erntejahre 2013 und 2014) über fünf Betriebe 4) ohne N-Ausbringungsverluste 1) AA Tabelle: Standortdaten und Mittelwerte ausgewählter Rapsanbaudaten der untersuchten Landwirtschaftsbetriebe in den drei Boden-Klima-Räumen möglichst praxisnahe Daten zum Rapsanbau und zur dezentralen Rapssaatenverarbeitung zu erhalten, sind drei dezen trale Ölmühlen mit Verarbeitungskapazitäten von 500, 800 und 1 800 kg Rapssaat pro Stunde sowie jeweils fünf Landwirtschaftsbetriebe im Umkreis von maximal 40 km um die Ölmühlen in die Untersuchungen eingebunden. Die Ergebnisse der Vorort-Befragungen zum Rapsanbau in den drei Boden-Klima-Räumen zeigen insbesondere für die Erträge und Stickstoff (N)-Düngung unterschiedliche Niveaus (siehe Tabelle). Im Mittel der Erntejahre 2013 und 2014 erzielten die tierhaltenden Gemischtbetriebe im Boden-Klima-Raum C die geringsten Rapserträge, obgleich diese Betriebe die höchsten N-Mengen auf ihren Rapsflächen ausbrachten. Ein vergleichsweiser großer Anteil dieser N-Mengen stammt aus Wirtschaftsdüngern. Optimierungspotenziale besonders bei Rapsanbau Unter Verwendung der Energieallokationsmethode gemäß der RED, weist Rapsölkraftstoff aus Bayern im Mittel der drei untersuchten dezentralen Ölmühlen und 15 Landwirtschaftsbetriebe ein THG-Einsparpotenzial von 59 Prozent gegenüber fossilen Kraftstoffen auf (siehe Abbildung 1). Dieser Wert liegt leicht über dem RED-Standardwert von Rapsöl (57 Prozent). Die kürzeren Transportwege und die energiesparende Ölgewinnung wirken sich besonders positiv auf die THG-Bilanz aus. Demgegenüber sind die spezifischen THG-Emissionen im Rapsanbau mit 33 g CO2-Äq MJ-1 Raps- SUB 6-7/2015 Infobox: „ExpRessBio“ Das Forschungsvorhaben „Expertengruppe Ressourcenmanagement Bioenergie in Bayern – ExpRessBio“ wird mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert. Mit ExpRessBio werden bereits vorhandene bayerische Kompetenzen aus den Bereichen land- und forstwirtschaftliche Produktion, THG- und Ökobilanzierung sowie Technologie und Ökonomie nachwachsender Rohstoffe vernetzt. Partner sind: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Hochschule WeihenstephanTriesdorf – Wissenschaftszentrum Straubing, Technische Universität München – Holzforschung München sowie Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme, Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe. Wesentliche Ziele von ExpRessBio sind, Maßnahmen zur Reduktion der THG-Emissionen durch die Landund Forstwirtschaft in Bayern abzuleiten sowie Handlungsempfehlungen für Produzenten, Verbraucher und Entscheidungsträger zu erstellen. Mehr Informa tionen unter http://www.tfz.bayern.de/nachhaltigkeit 25 ENERGIE 2) ENERGIE ENERGIE ölkraftstoff höher als der entsprechende RED-Teilstandardwert von Rapsöl (30 g CO2-Äq MJ-1). Allerdings gibt es dabei regionale Unterschiede. Im Mittel der Erntejahre 2013 und 2014 weisen die untersuchten Landwirtschaftsbetriebe in den BodenKlima-Räumen A und B mit 33 bzw. 32 g CO2-Äq MJ-1 geringere spezifische THGEmissionen auf als die Betriebe im Boden-Klima-Raum C (35 g CO2-Äq MJ-1). Für eine Optimierung der THG-Bilanz ist jedoch die einzelbetriebliche Betrachtung entscheidend. Die große Spannweite von 26 bis 40 g CO2-Äq MJ-1 zeigt, dass einige Betriebe den RED-Teilstandardwert von Rapsöl erreichen oder so- AA Abbildung 1: THG-Emissionen und THG-Einsparungen von Rapsölkraftstoff aus Bayern (eigene Berechnungen) sowie von Rapsöl und fossilen Kraftstoffen (jeweils RED-Standardwerte) gar darunter liegen (siehe Abbildung 2). Die ebenfalls stark unterschiedlichen Rapserträge von 33 bis 51 dt ha-1 eignen sich dafür aber nur Rapsanbau ist somit nicht nur die Höhe der N-Düngung entbedingt zur Erklärung. Die Ursachen liegen vielmehr in einem scheidend sondern auch deren qualitative Zusammensetauf den Standort und die Betriebsstruktur abgestimmten N- zung. Die Pflanzenschutzmittel- und Saatgutproduktion haDüngungsmanagement. Der Einsatz von Wirtschaftsdün- ben dagegen mit einem relativen Anteil von zusammen gern bietet einerseits Vorteile, da diesen, anders als Mineral- 1 Prozent kaum Einfluss auf die THG-Bilanz. Ähnlich sieht es düngern, in der THG-Bilanz keine Herstellungsemissionen für die Dieselbereitstellung und den -verbrauch sowie die zugewiesen werden. Anderseits stellt der darin enthaltende Maschinen- und Geräteproduktion aus, wo pflugloser Anbau N, ebenso wie der aus Mineraldüngern und Ernte-Wurzel- und Pflugeinsatz sich nur durch relative Anteile von 7 bis 10 rückständen, eine Quelle für direkte und indirekte Lachgas Prozent unterscheiden. (N2O)-Feldemissionen dar (4), die mit relativen Anteilen von 47 bis 74 Prozent die bestimmende Größe in der THG-Bilanz Einfluss auf die Ergebnisse des Rapsanbaus sind. Doch auch die THG-Emissionen aus der Die RED empfiehlt der EU-Kommission für politische AnalyProduktion der eingesetzten Mineraldünger können mit rela- sen im Rahmen ihrer Berichterstattung auch die Ergebnisse tiven Anteilen von 16 bis 45 Prozent eine wesentliche Rolle in der THG-Bilanz des Rapsanbaus spielen. Entscheidend dafür ist neben der Aufwandmenge auch die Mineraldüngerform. Bei der Produktion von Ammoniumdüngern werden große Mengen an Energie verbraucht (Haber-Bosch-Verfahren). Die THG-Bilanz von Nitratdüngern wird darüber hinaus durch N2O-Emissionen bei der Salpetersäureproduktion belastet. Im Mittel der 15 untersuchten Betriebe stammen 59 Prozent des eingesetzten Mineral-N aus Ammonsulfatsalpeter und 16 Prozent aus Kalkammonsalpeter. Während der N-Gehalt dieser beiden Mineraldünger in etwa vergleichbar ist, unterscheiden sie sich in ihrem Nitrat- AA Abbildung 2: Spezifische THG-Emissionen im Rapsanbau und mittlere Rapserträge der anteil wesentlich. Für die THG-Bilanz im 15 untersuchten Landwirtschaftsbetriebe (Erntejahre 2013 und 2014) 26 SUB 6-7/2015 der Substitutionsmethode heranzuziehen. Aus diesem Grund wurde der Einfluss der Bewertungsmethode für Koppelprodukte auf die Ergebnisse der THG-Bilanz von Rapsölkraftstoff aus Bayern untersucht (siehe Abbildung 3). Für die Anwendung der Substitutionsmethode ist eine räumliche und/oder zeitliche Systemraumerweiterung notwendig. Darüber hinaus müssen konkrete Annahmen für die substituierten Produkte getroffen werden. Die Substitution von importiertem Sojaextraktionsschrot durch heimischen Raps presskuchen als Eiweißfuttermittel in der Rinderhaltung erfolgt auf Grundlage des Futterwer- AA Abbildung 3: THG-Einsparung von Rapsölkraftstoff aus Bayern in Abhängigkeit der Bewertungsmethode für Koppelprodukte tes. Als Vergleichsbasis dient das nutzbare, darmverfügbare Eiweiß (nXP) in der Rinderfütterung (5). Für die Herkunftszusammenset- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel verwendet (7). zung des Sojaextraktionsschrotes wurde die Importstatistik Bei der Bewertung des Rapspresskuchens nach seiner tataus dem Jahr 2011 verwendet. Auf Grundlage von Zahlen sächlichen Verwendung als hochwertiges Eiweißfuttermittel der Oil World GmbH veröffentlicht der Verband der Ölsaa- (THG-Gutschrift I) erhöht sich das THG-Einsparpotenzial von tenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) jährlich Rapsölkraftstoff aus Bayern auf 71 Prozent. Davon entfallen eine Übersicht zum Import von Sojaschrot in Deutschland. 58 Prozent der THG-Einsparung auf Gutschriften für den verIm Jahr 2011 wurden demnach 3,5 Millionen Tonnen Soja- miedenen Sojaanbau und dessen Verarbeitung zu Soja schrot in Deutschland importiert, wovon 78 Prozent aus extraktionsschrot sowie 13 Prozent auf die entsprechenden Südamerika stammen (6). Ein weiterer Aspekt bei der Be- Transporte nach Deutschland. Bei einer zusätzlichen Berückwertung von Rapsölkraftstoff ist der Vorfruchtwert von sichtigung des Vorfruchtwertes von Raps (THG-Gutschrift II) Raps. Durch hohe N-Mengen aus Ernterückständen des weist die THG-Bilanz von Rapsölkraftstoff aus Bayern ein Rapses können N-Dünger im nachfolgenden Weizenanbau THG-Einsparpotenzial von 80 Prozent gegenüber fossilen eingespart werden. Zudem sorgen intensive Durchwurze- Kraftstoffen auf. lung und langfristige Beschattung der Rapsbestände für eine optimale Bodengare, wodurch die N-Effizienz der im Fazit Winterweizenanbau eingesetzten Mineraldünger erhöht Im Vergleich mit anderen, aus Anbaubiomasse gewonnenen wird. Zur Berechnung der Gutschrift für den Vorfruchtwert Biokraftstoffen nimmt Rapsölkraftstoff aus dezentraler Verarvon Raps wurden Daten eines Fruchtfolgeversuches der beitung mit einer THG-Einsparung von bis zu 80 Prozent gegenüber fossilen Kraftstoffen eine Spitzenposition ein. Weitere Optimierungsansätze liegen vor allem in einem standortangepassten Düngungsmanagement zum Rapsanbau. Literaturangaben bei den Autoren. AA Dezentrale Ölmühle in Bayern SUB 6-7/2015 © TFZ Straubing KARSTEN ENGELMANN DR.-ING. DANIELA DRESSLER DR. EDGAR REMMELE TECHNOLOGIE- UND FÖRDERZENTRUM IM KOMPETENZZENTRUM FÜR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE [email protected] [email protected] [email protected] 27 ENERGIE ENERGIE ENERGIE Der ökologische Fußabdruck – mein Anteil Erde ENERGIE von DR. REINHARD PAUSCH: In Zeiten des Überflusses, die aber geprägt sind von dem Bestreben, unseren Lebensstil und die endlichen Ressourcen unserer Erde unter einen Hut zu bringen, mangelt es nicht an Bewertungsmethoden zur Erfassung des eigenen Beitrags. Eine davon ist der Ökologische Fußabdruck oder ecological footprint. Dr. Reinhard Pausch, der an der Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Leadfunktion Nachhaltigkeit mitwirkt, hat uns eine ehrliche Selbstanalyse dazu geschickt. Niemand kann sich ohne weiteres den üblichen Verhaltensweisen und Gebräuchen des Alltags entziehen, die sich über Jahrzehnte herausgebildet haben. Jeder ist mit seinen Gepflogenheiten sozial eingebunden. Mit dem eingeübten Verhalten reagiert man nicht zuletzt auf gesellschaftlich anerkannte, ja erwartete Maßstäbe. Zwangsläufig erzeugt jeder seinen eigenen, persönlichen ökologischen Fußabdruck. Das Konzept dafür wurde 1994 von Mathis Wackernagel und William Rees erarbeitet. Es gibt auch ein Global Footprint Network. Der ökologische Fußabdruck ist die Fläche der Erde, die ich anteilig beanspruche, damit mir die für meine Lebensart nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Man kann diese Fläche in Quadratmetern ausdrücken. Man kann aus den verbrauchten Rohstoffen, der Energie und der Infrastruktur aber auch errechnen, wie viele Erden nötig wären, wenn jeder Mensch meinen Fußabdruck hätte. Die Menschen leben freilich unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. Etwa in den 70er Jahren ist global ein kritischer Punkt überschritten worden, sodass die Menschheit jährlich mehr verbraucht, als die Erde auf Dauer hergibt. Wie beschrieben kann man auch das Datum im Jahr errechnen, an welchem die Kapazität der Erde jedes Jahr überschritten wird. Das ist der sogenannte Earth Overshoot Day. Noch Anfang der 1990er Jahre lag dieser Tag im Dezember. In 2014 war es schon der 19. August! Der Rest des Jahres geht auf Kosten zukünftiger Generationen. Solche Überlegungen führen dazu, dass man sich persönlich angesprochen fühlt. Auf der anderen Seite lässt sich nicht ignorieren, dass es einige Überwindung kosten kann, sich deutlich von den gebräuchlichen Verhaltensweisen abzusetzen. Wieso soll ich als Einzelner mir das Leben schwer machen, wenn doch der große Trend in eine völlig andere Richtung läuft? Wie soll Ökologie und Nachhaltigkeit denn erfolgreich werden, wenn das keinen Spaß macht? Andererseits: Könnte es nicht auch eine Herausforderung sein zu testen, ob ich in der Lage bin, frei 28 Infobox 1: Leadfunktion nachhaltiges Handeln an der Staatlichen Führungsakademie Die Leadfunktion Nachhaltiges Handeln hat es sich zur Aufgaben gemacht, an der Führungsakademie auf den Feldern des nachhaltigen Handelns Anstöße zu geben, Bewusstsein zu schaffen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Im Einzelnen betrachtet die Leadfunktion Prozesse und Aktivitäten der FüAk im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Sie spürt Einsparpotentiale im Energieverbrauch an der FüAk auf, dokumentiert Verbrauchszahlen, fördert die Anschaffung energieeffizienter Produkte, analysiert relevante Handlungsfelder und erarbeitet hierzu Strategien. Schon seit einiger Zeit arbeitet die FüAk an der Umsetzung eines nachhaltigen und fairen Einkaufs im Ressortbereich. Nicht zuletzt hat sich die Leadfunktion zum Ziel gesetzt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bezug auf Themen des nachhaltigen Handelns zu sensibilisieren und die Diskussion anzuregen. Leadfunktionen an der FüAk besetzen, entwickeln und bearbeiten Themenfelder oder Aufgaben organisationsübergreifend. Sie sind den im Organigramm definierten Aufgaben gleichberechtigt und bleiben solange bestehen, solange sie für die FüAk von Bedeutung und nicht fest im Organigramm verankert sind. Sie sind zudem ein Personalentwicklungs instrument, das die Vernetzung der Mitarbeiter und der vorhandenen Kompetenzen fördert. Derzeit gibt es neben der Leadfunktion Nachhaltiges Handeln noch die Leadfunktionen Gesundheitsmanagement, Innovationen und Europakompetenz. und unabhängig über mein mehr oder weniger ökologisches Lebensmodell zu entscheiden? Vielleicht findet man ja Möglichkeiten, mit weniger Fußabdruck ein viel interessanteres Leben zu gestalten? Das ist die persönliche Seite. SUB 6-7/2015 Infobox 2: Links zu einigen Fußabdruck-Apps http://www.mein-fussabdruck.at/ Einfach zu bedienen. Angaben nach Lebensbereichen. Mit Zwischenergebnissen. Berücksichtigt Zweitwohnungen. http://www4.ichundco2.at/ Mit Zahlen CO2 Tonnen und Zwischenergebnissen. http://www.wwf.ch/de/aktiv/besser_leben/footprint/ mit Detail-Anzeige der Auswirkungen. http://www.brot-fuer-die-welt.de/themen/bewahrung-derschoepfung/klimaschutz/oekologischer-fussabdruck-test. html Wäre es also nicht doch interessant, wie groß dieser mein Fuß-Abdruck ist. Trotz aller Bedenken, ich habe mir im Internet Apps angeschaut, die meinen Fußabdruck berechnen. Ich wollte es wissen. Um es vorauszuschicken: Die Programme arbeiten unterschiedlich genau, denn sie müssen vereinfachen. Das Ergebnis war dennoch „interessant“. Was mein Wohn- und Freizeitverhalten sowie meine Ernährungsgewohnheiten betrifft, so konnte ich mit regionalen Produkten und eher gemäßigtem Fleischkonsum für mich noch einigermaßen zufriedenstellend abschneiden. Übermäßig beheizte Innenräume mag ich auch nicht. Aber Zweitwohnsitz und das viele Unterwegssein führen dazu, dass bei mir die Mobilität einen recht großen Anteil des Fußabdrucks ausmacht. Plötzlich wurde deutlich, dass es nicht egal ist, mit welchem Fahrstil ich unterwegs bin. Ein Programm schaffte es, meinen in der Regel sehr energiesparenden Fahrstil abzubilden. Das verbesserte das Gesamtbild. Ich war etwas erleichtert. Energiesparendes Fahren macht Spaß, finde ich inzwischen, weil man mehr mitdenken und vorausschauen muss. Fahrfehler und Verkehrsbehinderungen lassen sich verbrauchsmäßig nicht so einfach ausbügeln. Mich begeistert, was hier technisch möglich ist, wenn das Auto dazu passt. Unter fünf Liter sind bei Mittel- und Langstrecken realistisch, es kommt öfter vor, dass ich unter vier Litern bleiben kann. Überraschend stelle ich fest, dass sich bei meinen Strecken der Zeitgewinn durch Schnellfahren sich in Grenzen hält. Das schließt nicht aus, dass ich zwischendrin einmal mit Vollgas unterwegs bin, um die Mechanik des Autos nicht zu langweilen. Das nutze ich, wenn es wirklich pressiert. Vor allem bemühe ich mich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, das kann entspannend sein, manchmal sehr informativ, man bekommt viel Leben mit, es kann jedoch vorkommen, dass SUB 6-7/2015 man sich als unfreiwilliger Beobachter in eher heftigen sozialempirischen Studien fühlt. Ein Glück: ich bin antizyklisch unterwegs. Was hat das mit dem Thema zu tun? Es zeigt, dass persönliche Verhaltensänderungen nicht einfach eine Verschiebung eines Rechenergebnisses bedeuten, sondern das Alltagserleben verändern: Man muss sich in Teilen neu einrichten. Aber dennoch ist es schon Einiges, was alles unternommen werden muss, damit man überhaupt eine Chance hat in die Nähe eines auf Dauer erträglichen Fußabdrucks zu kommen. Wieviel ist noch o.k. zu heizen? Im 18. Jahrhundert gab es den Wintermantel in der Wohnung und kleine Wärmestuben, in denen sich alles drängte? Viele kennen die Erzählungen von eingefrorenem Wasser in Waschschüsseln, vom Rauhreif auf der Zudecke, vom einen beheizten Zimmer im ganzen Haus. Trotz aller Effizienzsteigerungen steigt seit Jahrhunderten der Energiebedarf der Menschheit drastisch an. Zwar gibt es sparsame Motoren, aber die Autos fahren weite Strecken und sind so zahlreich, schwer, groß und schnell wie noch nie. Man bestellt nur scheinbar virtuell am Bildschirm und setzt damit doch große Versorgungsmaschinerien in Gang. Zwar werden Häuser gut isoliert, aber die Wohnfläche pro Kopf und die Heiztemperaturen, vor allem die Zahl der Häuser ist enorm gestiegen. Wie ökologisch ist die Forderung, für diese Art der Lebensgestaltung auf Flächen- und Landschaftsressourcen zuzugreifen? Das betrifft auch die sogenannte regenerativen Energien! Immerhin ist es in der Bundesrepu blik gelungen, nach einem steilen Anstieg Anfang der 70er Jahre den Energieverbrauch „trotz“ Wirtschaftswachstum zu deckeln. Eigentlich müsste er aber deutlicher reduziert werden, denn erst dann könnte man wirklich von Energiewende sprechen. Angestrebt sind rund 20 Prozent Reduktion in den nächsten 25 Jahren. Mit nachdenklicher Stimmung beende ich meine Erprobung einiger Fußabdruck-Apps. Wenn Effizienz bedeutet, Lebensqualität aus begrenzten Ressourcen zu gewinnen, dann kann es nicht allein um Ressourcenverfügbarkeit gehen. Notwendig stärker in den Blick rückt die Qualität der Zeitgestaltung und Kommunikation, meiner Beziehungen, meiner Wege und Plätze, der Orte und Landschaften, die mich umgeben. Das sind Rahmenbedingungen erlebter Wahrnehmung. Es sind auch Bereiche großer Defizite und Verluste. Also haben gerade kulturelle Aspekte im weiteren Sinn eine wesentlich höhere Bedeutung für Nachhaltigkeit, als bisher vermutet wird. DR. REINHARD PAUSCH STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] 29 ENERGIE ENERGIE ENERGIE Energieeffizienz bei der Direktvermarktung ENERGIE von DR. PAULA WEINBERGER-MILLER und DR. RUDOLF LANDMANN: Landwirte als Energielieferanten nutzen gleichzeitig bereitgestellte Energie. Ein Energiemanagement verhilft zum energieeffizienten Einsatz. Direktvermarkter mit einem Qualitätsmanagement-System haben ihre Prozesse im Hinblick auf eine kontinuierliche Verbesserung bereits im Blick. Im weitreichenden Feld verschiedenster Verarbeitungs- und Vermarktungsprozesse haben sie auch eine Reihe von Maßnahmen aufgegriffen, um den Energiefluss zu optimieren. Verschiedene Beispiele zeigen praktiziertes Energieflussmanagement von Direktvermarktern auf. Stellen Landwirte Energie bereit, ist der Einsatz für den Eigenbedarf besonders effektiv, wenn die Energie zeitversetzt und für verschiedene Prozesse direkt und indirekt genutzt wird. Erzeugte Solarwärme kann beispielsweise zur Warmwasserbereitung, gleichzeitig zum Beheizen von Wohn- oder Betriebsgebäuden und zum Decken des Kühlbedarfs eingesetzt werden. Berücksichtigen dabei Gebäudeausbau und Gerätekonstruktion einen sparsamen Verbrauch, sind gute Voraussetzungen für eine hohe Energieeffizienz gegeben. Erste Schritte im praktischen Energiemanagement Gemeinsam mit dem AELF Münchberg (Dr. Rudolf Landmann) hatte die Landesanstalt für Landwirtschaft im Sommer 2014 einzelne Direktvermarkter mit unterschiedlichen Produktsortimenten und Betreiber eines Qualitätsmanagement-Systems für einen Praxistest zur Ermittlung praktischer Maßnahmen der Energieeffizienz ausgewählt. Es wurden dabei ermittelt: AAdie konkreten Energieziele des Betriebs; denn ohne konkrete Zielsetzung bleibt oft der Weg zur besseren Energieeffizienz undurchsichtig, AAdie Verbrauchswerte für einzelne Wärme- oder Kühlprozesse auf der Grundlage aktueller Messungen an Verbrauchs- und Schnittstellen zwischen Abläufen, z. B. für Erhitzungs- und Kühlprozesse, beim Verkauf im Hofladen, AAder Spielraum für Verfahrens- und Verhaltensänderungen, AAgeplante Maßnahmen zur Energieeffizienz nach durchgängiger Kontrolle aller Abläufe zur kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse und Beschaffung notwendiger Nachweise zur Energieeffizienz. Bereiche mit Potenzial für mehr Energieeffizienz Ansatzmöglichkeiten zum effizienten Energieeinsatz sind jedoch sehr breit gefächert. So birgt Beleuchtung als Kriterium 30 für die Qualität von Arbeitsplätzen ein großes Potenzial als Produktionsfaktor, weil gute Arbeitsplatzbeleuchtung vor Ausschuss schützt und leistungsfördernd wirkt. Ergänzend zum Einsatz geeigneter Leuchten werden Wirtschaftlichkeit und Effizienz durch eine an den individuellen Bedarf angepasste Lichtsteuerung erreicht. Messungen an Kühlmöbeln im Lebensmitteleinzelhandel zeigen hohe Abweichungen bei den Energiekosten (Steinmaßl, 2014); aber auch bei thermischen Prozessen sind große Einsparpotenziale zu erwarten, Grund genug, sich damit auseinander zu setzen. Wenn sich Direktvermarkter, ausgehend vom aktuellen Bedarf, für einen möglichst überschaubaren Zeitraum übergeordnete und bereichsspezifische Energiesparziele setzen, können bereits Einzelmaßnahmen gewichtige Kosteneinsparungen zur Folge haben. Wird dabei der Ersatz alter Geräte mit hohen Einzelverbräuchen gegen neue Modelle erwogen, können ganz spezifische Vorteile alter Geräte trotz hohem Verbrauch und bereits abgelaufener Amortisationsdauer für eine Weiternutzung sprechen. Bei einer Vernetzung von Geräten müssen sie dennoch meist ausgemustert werden, weil letztlich ein aufeinander abgestimmtes Bündel von Maßnahmen, je nach Betriebssituation, zentral oder dezentral gesteuert, den Einsatz der Energie organisieren muss. Verhaltens- und Verfahrenspraxis sind dazu umfassend anzupassen. Im Folgenden sind bei der Beleuchtung, beim Kühlen und Gefrieren sowie beim Erhitzen einzelne Anforderungen an energieeffizientes Wirtschaften aufgeführt und diesen bereits umgesetzte Maßnahmen der Direktvermarkter gegenüber gestellt. Maßnahmen bei der Beleuchtung Licht ist Produktionsfaktor aufgrund seiner großen Bedeutung für die Qualität des Arbeitsplatzes und steuert mit biologischen Impulsen die innere Uhr, das Schlafen und Wach- SUB 6-7/2015 ENERGIE Infobox 1: Anforderungen an Beleuchtung und energiesparenden Maßnahmen im Bereich Direktvermarktung Anforderungen Umgesetzte Maßnahmen Gutes Licht fördert die Leistung. Optimale Beleuchtungs- Nach Erprobung einzelner alternativer Leuchten (Energiekonzepte in Richtung Ästhetik, Funktionalität und Kosten sparlampen, LEDs …) im Ersatzfall wurde mit einem Spezierfordern eine umfassende Lichtplanung. alberater ein Beleuchtungskonzept für die Verarbeitung und den Verkauf erarbeitet. LED-Beleuchtung muss gekonnt sein. Bei der Warenpräsen- Im kleinen Hofladen wird eine LED-Beleuchtung als vermestation ist mit Fingerspitzengefühl zu beleuchten. sen angesehen. Bei zurückhaltender Grundbeleuchtung betont eine direkte Zusätzlich zur Allgemeinbeleuchtung gibt es im Hofladen Beleuchtung (z. B. mit Spots) spezifische Warenpositionen. Spezialleuchten für die Produktpräsentation. Umfassende technische Erneuerung bedarf eines intelligen- Bei der Steuerung des Lichts sind Bewegungs- bzw. Präsenzten Managements. Die elektronische Steuerung dokumen- melder hilfreich. Eine Dokumentation des Stromverbrauchs tiert gleichzeitig den Stromverbrauch. mit detaillierten Messwerten erfolgt. Die gezielte Nutzung von Tageslicht dient der Energie Arbeitsplätze sind günstig zum Tageslichteinfall angeordeinsparung. net. sein und nimmt so Einfluss auf den circadianen Rhythmus des Menschen, der die Leistungsfähigkeit wesentlich mitbestimmt. Eine Gegenüberstellung der Anforderungen an eine sinnvolle Beleuchtung und gezielter Maßnahmen im Bereich Direktvermarktung zeigt Infobox 1. Maßnahmen beim Kühlen und Gefrieren Kühl- und Gefriergeräte haben durch ihren meist dauerhaften Einsatz relativ hohe Stromkosten zur Folge. Von Gerät zu Gerät können diese stark voneinander abweichen in Abhängigkeit von einem elektrischen Abtauen, dem Standort des Geräts, vom Befüllen und der Häufigkeit der Warenentnahme (Türöffnung). In Infobox 2 sind Maßnahmen für eine bessere Energieeffizienz zusammengestellt. Maßnahmen beim Erwärmen und Erhitzen Grundsätzlich erfordert eine Wärmezufuhr relativ mehr Energie als das Kühlen. Bei der Produktverarbeitung und Konservierung handelt es sich jedoch um einzelne, periodisch anfallende Arbeitsabläufe, beim Kühlen meist um einen dauerhaften Einsatz. Auch hier ist eine Gegenüberstellung der Anforderungen und der Maßnahmen sinnvoll (siehe Infobox 3). Schlussfolgerungen Direktvermarkter sind sich einig, dass Energieeffizienz im Betrieb nicht allein mit Einzelmaßnahmen erreicht werden kann, da punktuelle Verbesserungen in einem Bereich häufig durch Schwächen im angrenzenden Bereich zunichte gemacht werden können. Eine durchgängige Arbeitsweise bezieht auch Schnittstellen mit ein. SUB 6-7/2015 Vorhandene Qualitätsmanagement-Systeme grenzen Prozesse ab, erfassen Schnittstellen und haben Materialfluss- sowie Prozessablaufpläne als Grundlage. Vorgabe- (Rezepte, Anweisungen) und Nachweisdokumente (Kontrollblätter) werden selbstverständlich gehandhabt, denn trotz weitgehend automatisierter, papierloser Aufgabenerledigung nach Anweisung zeigen Erfahrungen mit den von der Lebensmittelüberwachung mehrheitlich akzeptierten Aufzeichnungen aus dem Qualitätsmanagement-System doch, wie notwendig eine auch noch so streng vereinfachte Dokumentation ist. Bei Standardisierung des Hygienemanagements und der gängigen Anweisungspraxis für Aufgaben führen Direktvermarkter Messungen zum Verbrauch beim Verarbeiten, beim Lagern in Normal- und Niedrigtarifphasen, beim Transport in Abhängigkeit von der Entfernung stetig durch. Das Zusammenspiel von Technik mit den zu bearbeitenden Produkten und Hilfsmitteln muss dabei stimmig sein. Aber auch dann, wenn jedes Gerät für sich zuverlässig funktioniert, ist über die Systemgrenze der Maschine hinaus jeder Prozess im Gesamtsystem abzustimmen. Fazit Landwirtschaftliche Betriebe zeigen für Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit eine große und relativ dauerhafte Investitionsbereitschaft. Bei großen Perspektiven in der Zukunft hat Energieeffizienz als Grundlage jedoch eine maßvolle und maßgeschneiderte technische Erneuerung (SMART TECHNIK) unter Einsatz oftmals nur geringer Investitionen, die bei intelligentem Management und viel Kommunikation im Vorfeld erhebliche Kosteneinsparungen zur Folge haben kann. Wie alle systematischen 31 ENERGIE Arbeitsplatz- und Allgemeinbeleuchtung profitieren vom Ausstattung (Wände, Decken) und Einrichtung sind möghellen Hintergrund. lichst hell gestaltet. ENERGIE Infobox 2: Anforderungen und energiesparende Maßnahmen im Bereich Kühlen und Gefrieren Anforderungen Umgesetzte Maßnahmen Sonneneinstrahlung steigert den Stromverbrauch von Kühl- Kühl- und Gefriergeräte stehen im breiten Eingangsbereich und Gefriergeräten erheblich. Die Geräte sollen deswegen der Wirtschaftsräume bei geringem Lichteinfall. Im Winter einen kühlen, dunklen Standort haben. werden Türen nach außen periodisch geöffnet. Die Anpassung des Fassungsvermögens an den Bedarf verhilft zum Einsparen von Energie. Kühl- und Gefriergeräte sind gut gefüllt zu betreiben. Bei unzureichender Befüllung sind Leerstandsintervalle zu organisieren. Eine erneute Inbetriebnahme der Geräte erfordert weniger Strom als der Dauerbetrieb mit geringer Auslastung. Das Fassungsvermögen der Geräte ist auf den erfahrungsgemäßen Bedarf abgestimmt. Der Kühlraum ist nur bei vorhandener Ware eingeschaltet. Rinderachtel lagern in der umgenutzten, kühlen Garage ohne elektrische Kühlung bis zur Verarbeitung. Einzelne Kühlgeräte laufen nur zu Öffnungszeiten des Hofladens. ENERGIE Getränkevorräte lassen sich in kühlen Kellerräumen ohne Das separate Kleingerät zum Kühlen der Ware im Hofladen Kühlung lagern und kurz vor dem Verkauf in die Kühlung (Spezial-Rinderschinken, kühlbedürftige Halbkonserven) für einstellen (ca. 45min vor Ladenöffnung). das Tagesgeschäft reduziert das Öffnen der Kühlung bis auf das Befüllen und die Entnahme der Ware für das Kühlgerät im Laden. Wurstkonserven stehen in Kühlvitrinen zur Entnahme beim Verkauf. Eine Kühltheke existiert nicht. Nur kühlbedürftige Waren sind zu kühlen, Vorgabetempe- „Geringwertige“ Ware wird nur kurzfristig eingefroren. Obst raturen sind dabei nicht zu unterschreiten. Kühlmöbel sind und Gemüse wird zur Vermeidung längerfristiger Kühllagezur Verringerung der Schaltzyklen nachts stets abzudecken. rung der Verkaufsprodukte verstärkt sterilisiert. Vor Einlagerung großer Mengen in die Kühlung sind die Pro- Die Einlagerung umfangreicher, gut gekühlter Ware erfolgt dukte gut zu kühlen. in der Niedrigtarifphase, da die Geräte direkt nach der Einlagerung hochtourig laufen. Verschmutzte Verflüssigerlamellen haben erhebliche Eine periodische Grundreinigung der Kühl- und GefriergeStromkosten zur Folge, eine Vereisung verursacht ebenfalls räte innen und außen erfolgt zusätzlich zur alltäglichen ReiMehrkosten. nigung. Optimierungsprozesse braucht das Energiemanagement einen langen Atem, denn letztlich rechnet sich manches sofort, manches erst später, aber einiges an Energie lässt sich unter Umständen sogar ohne Einsatz von Eigenkapital einsparen. Ein umfassendes zertifizierbares EnergiemanagementSystem (DIN 50 001) mit Pflichtdokumentation im Management-Handbuch erfordert jedoch relativ viel Zeit und Geld. Von vorhandenen Maßnahmen zur Steuerung von Prozessen kann bei auch nur annähernder Konformität mit standardisierten Systemen jedes Unternehmen profitieren. Letztendlich entsteht ein wirksames System, wenn in Richtung eines übergeordneten Zieles eine strukturierte Aus einandersetzung mit dem Thema Energie erfolgt. Die ParetoAnalyse (80/20-Regel) verhilft dabei zu einer Gesamtschau, um die hauptsächlichen „Energiefresser“ zu eliminieren. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Das Thema Energieeffizienz beschäftigt Direktvermarkter intensiv. Die Ansatzmöglichkeiten für Einsparungen bei der Energie sind sehr breit gefächert. Mit umfassenden Maßnahmen zur Energieeffizienz lassen sich Mehrkosten der Energie und damit auch Preissteigerungen von Verkaufsprodukten vermei- 32 den. Beim Ausloten von Potenzialen ist jedoch viel hauswirtschaftliche Kompetenz gefragt. Literatur STEINMASSL, 2014: Studie: Strom sparen bei steckerfertigen Kühlmöbeln im Lebensmitteleinzelhandel. Internet: www.steinmaszl.com/documents/-content2013/130918-EnergieeffizienzsteckerfertigerKuehlmoebel (Zugriff: 24.02.2015). BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT, 2009: Leitfaden für effiziente Energienutzung in Industrie und Gewerbe. E-Mail: [email protected] UMWELTBUNDESAMT: Energiemanagementsysteme in der Praxis, DIN EN 16001: Leitfaden für Unternehmen und Organisationen. E-Mail: [email protected]; Internet: www.bmu.de. UMWELTBUNDESAMT, 2009: Beleuchtungstechnik mit geringerer Umweltbelastung, 18. März 2009; Internet: www.uba.de/ energie/licht (Zugriff: 19.09.2013). DLZ-AGRARMAGAZIN, 2013: Helle sein – Strom sparen, Oktober 2013, S. 150-152 DENA – DEUTSCHE ENERGIE-AGENTUR, 2013: Einfach Strom sparen: Ich will doch kein Geld verschleudern. Internet: www.energieeffizienz.de (Zugriff: 30.01.2013). SUB 6-7/2015 ENERGIE Infobox 3: Anforderungen und energiesparende Maßnahmen im Bereich Erwärmen und Erhitzen Anforderungen Umgesetzte Maßnahmen Eine Bestandsaufnahme zum Zustand der Geräte, zu Ver- Alle Elektrogeräte in der Küche und bei der Verarbeitung brauchsdaten und Prozessabläufen (nach Art und Häufig- wurden nach Kontrolle der Verbrauchsdaten gezielt an die keit) verschafft einen Überblick. aktuelle Verfahrenspraxis angepasst, Verfahrens- und Verhaltensänderungen sind eingeführt. Die Verarbeitungsmengen sind streng am Fassungsvermö- Der kompetente Einsatz des Kombidämpfers zum gleichzeigen zu orientieren und gut einzuteilen, damit Geräte nur bei tigen Garen verschiedener Speisen wurde den Mitarbeitern optimaler Füllung laufen. vermittelt. Messwerte dienten als Entscheidungshilfe. Insbesondere bei lang andauernden, aufwendigen Er Das sehr energieaufwendige Sterilisieren erfolgt nachts, mit hitzungsprozessen sind Niedrigtarifphasen zu wählen. Gefäßen, die auf die Verarbeitungsmenge abgestimmt sind. Die bereitgestellte Energie für Haushalt und Betrieb ist mög- Der erzeugte Strom der 20 Jahre alten PV-Anlage wird bei lichst optimal auf die Geschäftsbereiche zu verteilen. guter Ausschüttung verkauft. Eine neue, kleine Anlage auf dem Scheunendach liefert Strom für den Eigenbedarf. Bereits erwärmtes Wasser der Hackschnitzelheizung wird für verschiedene Erhitzungsvorgänge (z. B. das Brühen von Schlachtkörpern bei 61 °C, das Erwärmen von Wachs zum Rupfen von Geflügel bei 100 °C) und zum Reinigen genutzt. Durch Kombination einzelner Vorgänge (parallel, in Serie, in der Reihe) können energieaufwendige Arbeitsschritte entfallen. Bei Vorgängen zum Erhitzen auf relativ hohe Temperaturen sind anschließende Arbeitsgänge ohne Abkühl phasen zum Erreichen einer Vollauslastung zu organisieren. Die zielgerichtete Vorbereitung entfrachtet energieaufwendige Prozesse. Zum Kochen des Schweinekopfes wird er vor dem Kochen im Kochkessel zum Herstellen von rotem Presssack grob zerteilt, nicht verwertbare Teile werden abgetrennt und verworfen (nicht mitgekocht). Für das ebenfalls energieaufwendige Auskochen von Knochen für die Knochenmarkgewinnung (Qualitätszutat bei Fleischwaren) wird der bereits in Betrieb genommene Kochkessel wiederholt genutzt. Abläufe werden sehr zeit- und energiebewusst in ihrer Reihenfolge vorbereitet. Die Zeitschaltuhr ist wichtigstes Steuerungsmittel. Beim Konservieren sind verschiedene Verfahren nach Art der Rohprodukte und der herzustellenden Erzeugnisse mit den zur Verfügung stehenden Energiequellen und Geräten sowie der Lagerkapazitäten (kühlbedürftig oder nicht) intensiv abzustimmen. Die Garmachungsart richtet sich nach Eignung der Produkte, die Wahl der Geräte für die Zubereitung nach Menge und Verfahren. Verursachen Geräte zum Rüsten, Schneiden, Reinigen und Nachrüsten einen unverhältnismäßig hohen Aufwand, wird fallweise manuell gearbeitet. Nach Wärmequellen differenziert verhelfen Induktionskochplatten zur schnelleren Wärmeübertragung beim Erhitzen. Im Dampfdrucktopf werden große Mengen je Prozessablauf sterilisiert. DR. PAULA WEINBERGER MILLER leitete den Arbeitsbereich „Haushalt und Erwerbskombina tion“ an der Landesanstalt für Landwirtschaft. Seit 1. Januar 2015 ist sie im Ruhestand. DR. RUDOLF LANDMANN AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN MÜNCHBERG [email protected] ALTE ALLEE 66, 81245 MÜNCHEN [email protected] SUB 6-7/2015 33 ENERGIE Um vorhandene Potenziale zu nutzen, sind Schnittstellen Zum Kochen der Ausgangsware (Kopffleisch) für die Herstelwärmeliefernder Prozesse auszuloten. lung von Rotem Presssack in der Niedrigtarifphase wird Heißwasser von der Hackschnitzelheizung eingesetzt. UNTERNEHMENSBERATUNG Mechanisierte Ernte von Bleichspargel Verringert der Einsatz von Spargelvollerntern die Erntekosten? UNTERNEHMENS BERATUNG von MARTIN SCHASER: Ob der Einsatz eines Spargelvollernters für einen Betrieb sinnvoll ist, ist von vielen Faktoren abhängig. Ein Forschungsprojekt der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) verglich die zeitintensive Handernte mit der vollmechanischen Maschinenernte bei Bleichspargel hinsichtlich Gesamtertrag, Stangensortierung, Stangenqualität, Pflanzengesundheit und Langlebigkeit der Anlage. Ergebnis war eine Liste mit Entscheidungshilfen, die interessierten Landwirten an die Hand gegeben werden kann. Das Forschungsprojekt stand unter der Federführung der LWG und in Zusammenarbeit mit Peter Strobl vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schrobenhausen und dem Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte an der Landesanstalt für Landwirtschaft. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanzierte das fünfjährige Projekt. Die Versuchsdurchführung erfolgte auf Flächen des Praxisbetriebes Kügel in Sandharlanden (Landkreis Kelheim, Niederbayern). Für den Vergleich der Ernteverfahren wurde eine im Vollertrag befind liche, 2007 mit der Spargelsorte Grolim (5 Pfl./lfm) bepflanzte Fläche, fünf Ernteperioden lang bewertet (2010 – 2014). Das Ziel der Forschungsarbeit war es, allgemeine Empfehlungen zum Einsatz von Erntemaschinen zu entwickeln. Aufgrund der Menge an Faktoren, die die Rentabilität des Verfahrens beeinflussen, ist dies so jedoch nicht möglich. Im Vorfeld einer Entscheidung sollten jedoch auf einzelbetrieblicher Ebene eine Vielzahl von Punkten durchdacht werden (siehe Infobox). 34 Infobox: Ist der Einsatz eines Vollernters für meinen Betrieb sinnvoll? Entscheidungshilfen • Maschinelle Spargelernte ist erst ab einer Dammlänge von 200 m sinnvoll/ rentabel/organisatorisch umsetzbar … • Je weiter die Spargelflächen vom Betrieb und voneinander entfernt sind, umso aufwändiger ist der Transport des Vollernters. • Ideal für die maschinelle Ernte sind leichte, gut siebfähige und steinfreie Böden. • Dickfallende und stabilere Sorten (z. B. Grolim) eignen sich besser für die Maschinenernte als dünnfallende, leicht brechende Sorten (z. B. Gijnlim). • Mehrfachbedeckungen zur Ernteverfrühung sind mit der Maschinenernte schwierig vereinbar. • Zum Einsatz des Vollernters wird ein passender Schlepper in dieser Zeit uneingeschränkt benötigt. Außerdem muss geschultes Personal vorhanden sein. • Kurze Sortierungen müssen dauerhaft und zeitnah zu einem angemessenen Preis vermarktbar sein. • Die Ernteintervalle bei der Maschinenernte sind so zu steuern, dass eine kontinuierliche Versorgung des Marktes möglich ist. • Im Falle einer Schlechtwetterperiode oder eines Maschinenschadens muss zeitnah Personal für die Handernte zur Verfügung stehen. • Eine moderne Sortiermaschine, die auch kurze Spargelstangen optimal ablängt und sortiert, ist durch den hohen Anteil kurzer Stangen bei der Maschinenernte von großem Nutzen. • Besteht die Möglichkeit des überbetrieblichen Einsatzes des Vollernters? • Ist es möglich, zugunsten einer Arbeitsentlastung auf einen Teil des Betriebs gewinns zu verzichten? Detaillierten Ergebnisse unter http://www.lwg.bayern.de/gartenbau/gemuesebau/index.php http://www.lfl.bayern.de/iem/obst-gemuese/030930/index.php SUB 6-7/2015 UNTERNEHMENSBERATUNG AA Bild 1: Spargelvollernter Drei verschiedene Erntemethoden getestet Von Hand wurde der Spargel täglich geerntet. Die mechanische Ernte erfolgt mit einer gezogenen Maschine des Typs Kirpy der Firma ai-solution. Bei diesem System werden die 100 % 18 25 1 80 % 1 Anteil in Prozent (%) 12 60 % Spargeldämme in einem Ernteintervall von 7 bis 10 Tagen unterschnitten. Eine Siebkette trennt Erde und Spargelstangen. Das Erntegut fällt anschließend auf ein Verleseband und wird von Erntehelfern in Kisten abgelegt. Die Maschine baut gleichzeitig den Damm wieder auf (siehe Bild 1). In einer weiteren Versuchsvariante wurde die maschinelle Ernte 23 mit der Handernte kombiniert. Dabei wurden die Spargelstangen, die nach einer maschinellen Ernte als erste den Damm wieder 8 durchbrachen, von Hand geerntet. Zwei bis drei Tage später wurde erneut mit der Maschine 12 geerntet. 18 40 % 81 58 44 20 % 0% Hand lange Stangen (17-23,5 cm) Maschine kurze Stangen (12-16,9 cm) Maschine & Hand Spitzen (6-12 cm) nicht marktfähig AA Abbildung 1: Handernte, Maschine, kombinierte Ernte – Ertragsanteile je Stangenlänge (%), 2011 bis 2014 SUB 6-7/2015 Ertrag bei Handernte am höchsten Die über den Versuchszeitraum hinweg bei der einreihigen Pflanzung ermittelten Erträge zeigen, dass bei rein maschineller Ernte ein Marktertrag von 54 dt/ha erreicht wurde. Bei der kombinierten Maschinen- und Handernte waren es 59 dt/ha. Die Handernte erzielte mit 79 dt/ha den höchsten Marktertrag. Den prozentualen Roh- und Marktertrag zeigt Abbildung 1. Ab 2013 wurde eine doppelreihig gepflanzte Anlage (Grolim, 8 Pfl./lfm) geprüft. Der dortige Rohertrag der Handernte von 35 UNTERNEHMENS BERATUNG AA Bild 2: Stangensortierung bei Ernte mit Vollernter UNTERNEHMENSBERATUNG 80 70 Gewichtsanteil in Prozent (%) 60 50 Handernte 40 Maschine Masch. + Hand 30 20 10 0 ohne Mangel Aufblüher Offene Krumme Hohle Rost Keulen Rosa 171 dt/ha entsprach den Erwartungen. Die rein mechanische Ernte erzielte in 2014 einen Rohertrag von 131 dt/ha. Prozentual betrachtet ist das Ergebnis verglichen mit der Einzelreihenpflanzung aber nahezu identisch. Handernte liefert beste Stangensortierung Je nach Erntemethode unterscheiden sich die Anteile der geernteten Stangen einer Länge am Erntegut stark. Bei der Handernte stellen marktfähige lange Stangen einen Anteil von 81 Prozent. Deutlich niedriger ist dieser Anteil bei den Varianten der mechanischen Ernte (44 und 58 Prozent). Methodisch bedingt sind bei der nicht selektiven Maschinenernte die Anteile kurzer Stangen (18 Prozent) und Spargelspitzen (12 Prozent) höher (siehe Bild 2). Bei Handernte liegt dieser Anteil bei etwa 1 Prozent des Ertrags. Die Fraktion nicht marktfähiger Ware ist bei mechanischer Ernte mit 23 bis 25 Prozent merklich höher als bei der Handernte (siehe Abbildung 2). Mit maschineller Ernte bessere Stangenqualität Im betrachteten Zeitraum wiesen bei Handernte 50 Prozent aller bewerteten Stangen keinen Mangel auf. Das entspricht etwa dem Ergebnis bei Kombination beider Ernteverfahren Die rein maschinelle Ernte lieferte einen Anteil mängelfreier Stangen von 62 Prozent. Es ist jedoch darauf zu verweisen, dass durch diese Bonitur keine mechanischen Beschädigungen erfasst wurden. Krumme Stangen traten bei der Ernte von Hand wesentlich häufiger auf als bei maschinell geernteter Ware. Hohle sowie auch keulenförmige Spargelstangen waren zu vernachlässigen. Der Anteil an berosteten Stangen war bei den Varianten der maschinellen Ernte gegenüber der Handernte 120 100 Ertrag in Prozent (%) UNTERNEHMENS BERATUNG AA Abbildung 2: Gewichtsanteile von Spargelstangen mit und ohne Mängel (Rohertrag abzüglich Abschnitte), 2011 bis 2014 100 100 74 80 80 69 75 60 2011-2014 Rohertrag 2011-2014 Marktertrag 40 20 0 Handernte Maschinenernte Masch.+Hand AA Abbildung 3: Durchschnittlicher Roh- und Marktertrag (in %) je Erntemethode (Grolim, 5 Pfl./m), 2011 bis 2014 36 SUB 6-7/2015 UNTERNEHMENSBERATUNG Spargelexperte Peter Strobl im Ruhestand Unser Kollege Peter Strobl ist ein hoch geschätzter Spargelexperte am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen. Sein Fachwissen ist in ganz Bayern und weit darüber hinaus gefragt. Auch nach seiner Pensionierung im Mai 2015 wird er für den Bundesarbeitskreis Spargel tätig bleiben. Peter Strobl betreute den Landessortenversuch Spargel in Schrobenhausen, war als Vertreter Bayerns Mitglied im bundesweiten Arbeitskreis Spargel und unterstützte uns immer tatkräftig bei Veranstaltungen, Vorhaben und Projekten, wie zuletzt dem hier beschriebenen Pilotprojekt „Vergleich von Maschinenernte und Handernte bei Spargel und Anpassung des Kulturverfahrens an die Maschinenernte“. Herr Strobl hat ein gutes Stück dazu beigetragen, den bayerischen Spargelanbau dorthin zu bringen, wo er heute steht. So setzte er sich maßgeblich dafür ein, dass der Schrobenhausener Spargel als „geschützte geographische Angabe“ geschützt wird. Wir möchten uns im Namen der LWG für über 30 Jahre gute, konstruktive und angenehme Zusammenarbeit bedanken und wünschen ihm eine lange, gesunde und aufregende Zeit im Ruhestand. SUB 6-7/2015 Das Gemüsebauteam der LWG AA Bild 4: Schnitt nach Optimierung des Anschnittwinkels deutlich geringer. Die Anteile an rosa bis violett gefärbten Stangen waren bei mechanisch beernteten Varianten gegenüber der Handernte erhöht (siehe Abbildung 3). Hinsichtlich der Pflanzengesundheit ist durch die reduzierte Berostung klar belegt, dass bei mechanischer Ernte die Ausbreitung von bodenbürtigen Schaderregern verringert wird. Ursächlich hierfür sind das regelmäßige Umschichten und die damit verbundene verbesserte Durchlüftung des Dammes sowie das Aussieben von verrottenden Pflanzenteilen. Stark gemindert wird dadurch auch der Unkrautdruck in der Kultur. Ein Einfluss auf die Langlebigkeit der Anlage durch die kontinuierliche mechanische Beerntung war nicht zu belegen. Technische Verbesserungen des Vollernters Im Verlauf des Projekts regten der Praxisbetrieb und der Versuchsingenieur zahlreiche technische Verbesserungen an, zum Teil entwickelt und vom Hersteller auch umgesetzt. So wurden größere Pflugschare zum Halten der Dammhöhe eingebaut, die Schneideinheit umfassend neu konzipiert und der Schnitt der Spargelstangen wesentlich verbessert (siehe Bilder 3 und 4). Die Verwendung einer engmaschigen Siebkette reduzierte die Verluste stark. Der Einbau einer zweiten Videokamera über der Siebkette verbesserte die Steuerung der Erdbedeckung durch den Schlepperfahrer deutlich. MARTIN SCHASER BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR WEINBAU UND GARTENBAU JETZT BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT [email protected] 37 UNTERNEHMENS BERATUNG AA Bild 3: Schnitt vor Optimierung des Anschnittwinkels UNTERNEHMENSBERATUNG Buchführungsergebnisse bayerischer Testbetriebe Für die Haupterwerbsbetriebe noch einmal ein insgesamt gutes wirtschaftliches Ergebnis UNTERNEHMENS BERATUNG von DR. EVA-MARIA SCHMIDTLEIN und PETER HAUSHAHN: Das Wirtschaftsjahr 2013/2014 brachte für die Haupterwerbsbetriebe gute bis sehr gute Ergebnisse, teilweise aber auch sehr deutliche Gewinneinbußen. Die gute Ertragslage der Milchviehbetriebe führte dazu, dass die Haupterwerbsbetriebe insgesamt noch einmal ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen konnten. Jährlich werden rund 3 500 Buchführungsabschlüsse aus repräsentativ ausgewählten Testbetrieben der Bundesund Landesstatistik am Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur erfasst und ausgewertet. Die Wirtschaftsdaten dieser Betriebe sind die Grundlage für eine Beurteilung der aktuellen Lage der Landwirtschaft. Die Testbetriebe werden anhand ihrer Daten aus den Buchführungsabschlüssen typisiert und zu Gruppen zusammengefasst (z. B. Haupterwerbsbetriebe, Betriebe mit gleicher betriebswirtschaftlicher Ausrichtung). Die Buchführungsdaten aus den Gruppen und davon abgeleitete betriebswirtschaftliche Kennwerte werden anschließend zu arithmetischen Mittelwerten verrechnet. In einer Broschüre der Reihe „LfL Information Buchführungsergebnisse“ sind diese nicht hochgerechneten Ergebnisse für die einzelnen Wirtschaftsjahre veröffentlicht. Die ausgewerteten Buchführungsergebnisse aus rund 2 800 bayerischen Haupterwerbsbetrieben und GruppenerEinheit Zahl der Betriebe gebnisse der spezialisierten Ackerbau-, Dauerkultur-, Futterbau- und Veredelungsbetriebe sowie der Verbundbetriebe sind nachfolgend dargestellt. Tabelle 1 zeigt die Rahmendaten der erfassten Haupterwerbsbetriebe für die Wirtschaftsjahre 2008/2009 bis 2013/2014. In diesem Zeitraum führten die Landwirte eine Reihe von Anpassungen in ihren Betrieben durch. So nahm die landwirtschaftliche Nutzfläche um durchschnittlich 6,25 ha je Betrieb zu, und der Fremdkapitaleinsatz erhöhte sich um durchschnittlich 40 131 Euro je Unternehmen. Leichter Gewinnrückgang Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 weisen die Buchführungsergebnisse der bayerischen Haupterwerbsbetriebe einen durchschnittlichen Gewinn (laut Bilanz) von 57 147 Euro aus. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Gewinne im Mittel um 2 729 Euro je Unternehmen bzw. 5 Prozent zurück. Seit dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 haben sich die durch- 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2 925 2 894 2 810 2 903 2 812 2 765 59,31 60,2 61,53 63,22 64,55 65,56 Mittlere Betriebsgröße 1) Landw. genutzte Fläche ha Familien-AK AK/100 ha LF 2,6 2,6 2,5 2,5 2,4 2,4 Ackerflächenanteil Prozent der LF 71 71 71 71 71 71 Viehbesatz VE/100 ha LF 151 154 153 154 152 153 Fremdkapital EUR/ha LF 1 900 1 991 2 075 2 130 2 177 2 331 38 060 38 011 51 138 56 882 59 877 57 147 642 631 831 900 928 872 24 715 24 682 32 992 36 698 38 382 36 869 4 745 452 10 743 14 147 13 518 9 801 Mittleres wirtschaftliches Ergebnis 1) EUR/Unternehmen Gewinn EUR/ha LF EUR/Fam.-AK Eigenkapitalveränderung EUR/Unternehmen 1) Durchschnitt der ausgewerteten Haupterwerbsbetriebe (10 bis 150 ha LF); nicht hochgerechnet AA Tabelle 1: Betriebsgrößen und Wirtschaftsergebnisse in bayerischen Haupterwerbsbetrieben 38 SUB 6-7/2015 UNTERNEHMENSBERATUNG EUR/Unternehmen 400 000 350 000 300 000 250 000 200 000 150 000 100 000 50 000 0 2012/13 2013/14 Alle Betriebe 2012/13 2013/14 Ackerbaubetriebe 2012/13 2013/14 2012/13 Dauerkulturbetriebe Handel, Dienstleistungen, Nebenbetriebe, Sonstiges 2013/14 Futterbaubetriebe Obst-, Garten- und Weinbau 2012/13 2013/14 2012/13 Veredelungsbetriebe Tierproduktion 2013/14 Verbundbetriebe Pflanzenproduktion Quelle: Bundes- und Landesstatistik, 10 bis 150 ha LF, arithmtisches Mittel nicht hochgerechnet AA Abbildung 2: Umsatzerlöse in bayerischen Haupterwerbsbetrieben SUB 6-7/2015 39 UNTERNEHMENS BERATUNG EUR/Unternehmen löse aus dem Verkauf von Rindern und Schweinen im Mittel der Haupt 70 000 erwerbsbetriebe nahezu den Vorjah59 877 57 147 resergebnissen entsprachen. 60 000 56 882 Die Beihilfen lagen im Wirtschafts51 138 jahr 2013/2014 mit durchschnittlich 50 000 31 601 Euro je Unternehmen auf dem 38 011 38 060 Vorjahresniveau, obwohl die Betriebe 40 000 ihre landwirtschaftliche Nutzfläche gegenüber dem Vorjahr um durch30 000 schnittlich knapp 2 Prozent ausgeweitet haben. Wie im Vorjahr trugen die 20 000 14 147 Zulagen und Zuschüsse mit durch13 518 10 743 9 801 schnittlich 11 Prozent zum Unterneh10 000 4 745 mensertrag bei. Der Materialaufwand 452 Tierproduktion erhöhte sich im Mittel 0 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 der Haupterwerbsbetriebe um 4 379 Euro (+6 Prozent). Diese KostensteigeGewinn je Unternehmen Eigenkapitalveränderung laut Bilanz Poly. (Gewinn je Unternehmen) Poly. (Eigenkapitalveränderung laut Bilanz) rung war hauptsächlich bei den Tierzukäufen (Rinder +9 Prozent, Quelle: Bundes- und Landesstatistik, 10 bis 150 ha LF, arithmtisches Mittel nicht hochgerechnet Schweine +10 Prozent) zu verzeichnen. Der Personalaufwand stieg weiAA Abbildung 1: Entwicklung des Gewinns und der Eigenkapitalbildung in bayerischen ter an und erhöhte sich um durchHaupterwerbsbetrieben schnittlich 698 Euro (+12 Prozent) geschnittlichen Gewinne der Haupterwerbsbetriebe auf ho- genüber dem Vorjahr. hem Niveau stabilisiert (siehe Abbildung 1). Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 nahm das Eigenkapital (laut Der leichte Gewinnrückgang im Wirtschaftsjahr Bilanz) im Mittel der Haupterwerbsbetriebe um 9 801 Euro je 2013/2014 gegenüber dem Vorjahr ist auf deutlich nied- Unternehmen zu. Der durchschnittliche Kapitaleinsatz war rigere Umsatzerlöse aus dem Verkauf von pflanzlichen tendenziell leicht rückläufig. Die mehrjährige BuchführungsErzeugnissen (Rückgang um 7 973 Euro bzw. 16 Prozent) auswertung zeigt, dass die Inhaber der Haupterwerbsbezurückzuführen. Durch die Steigerung der Umsatzerlöse triebe die notwendigen Maßnahmen zur langfristigen Exisfür tierische Erzeugnisse um 15 567 Euro je Unterneh- tenzsicherung in ihren Unternehmen umgesetzt haben. In men (+10 Prozent) war im Durchschnitt aller Betriebe ein den Einzelbetrieben sind dazu erfahrungsgemäß jährlich teilweiser Ausgleich bei der Umsatzentwicklung mög- mindestens etwa 8 000 bis 10 000 Euro je Unternehmen erlich. Sehr deutliche Erlössteigerungen gab es bei den forderlich. Landwirtsfamilien mit auslaufenden Betrieben Milchverkäufen (+22 Prozent), während die Umsatzer- ziehen für ihre Vermögenssicherung meist Kapitalanlagen UNTERNEHMENSBERATUNG zeugnissen zufriedenstellende Preise erzielt werden. 70 000 Die Haupterwerbsbetriebe verzeichneten durchwegs 60 000 niedrigere Umsatzerlöse in 50 000 der Pflanzenproduktion. In den Futterbau-, Verede40 000 lungs- und Verbundbetrieben fielen die Umsatzerlöse 30 000 für Tierische Erzeugung hö20 000 her aus als im Vorjahr (siehe Abbildung 2). 10 000 In Bayern sind die Fut0 terbaubetriebe, vor allem 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 die Milchviehbetriebe, zahlenmäßig deutlich stärker Ackerbaubetriebe Dauerkulturbetriebe Futterbaubetriebe als die Betriebe der übrigen Veredlungsbetriebe Verbundbetriebe Alle Betriebe Produktionsrichtungen verQuelle: Gewinn laut Bilanz, arithmetische Mittelwerte, nicht hochgerechnet, 10 bis 150 ha LF treten; für den mittleren Gewinn aller HaupterwerbsbeAA Abbildung 3: Gewinnentwicklung in bayerischen Haupterwerbsbetrieben mit unterschiedlicher Produktionstriebe ist deshalb die ausrichtung Gewinnentwicklung bei außerhalb der Landwirtschaft vor. Eine Reihe von Landwir- den Futterbaubetrieben prägend (siehe Abbildung 3 und 4) ten verwendete verfügbare Finanzmittel auch für die Alterssicherung (Riester-Rente). Starke Gewinneinbußen bei den Ackerbaubetrieben Der Unternehmensgewinn der Ackerbaubetriebe lag mit Umsatzentwicklung in den Produktionsausrichtungen durchschnittlich 47 725 Euro je Unternehmen um 34 ProIm Wirtschaftsjahr 2013/2014 fielen die Ernteerträge durch- zent unter dem sehr guten Vorjahresergebnis. Die wegs günstig aus. Allerdings konnten nicht bei allen Er- Gewinneinbuße betrug durchschnittlich 24 899 Euro je 80 000 70 000 60 000 50 000 EUR/Unternhemen UNTERNEHMENS BERATUNG EUR/Unternehmen 80 000 40 000 30 000 20 000 10 000 0 Ackerbaubetriebe 2008/2009 Dauerkulturbetriebe 2009/2010 2010/2011 Futterbaubetriebe 2011/2012 Veredlungsbetriebe 2012/2013 Verbundbetriebe 2013/2014 Quelle: Gewinn laut Bilanz, arithmetische Mittelwerte, nicht hochgerechnet, 10 bis 150 ha LF AA Abbildung 4: Gewinnentwicklung in bayerischen Haupterwerbsbetrieben mit unterschiedlicher Produktionsausrichtung 40 SUB 6-7/2015 UNTERNEHMENSBERATUNG Wirtschaftsjahr 2012/13 2013/14 Anzahl der Betriebe Ackerbaubetriebe Dauerkulturbetriebe Futterbaubetriebe Veredelungsbetriebe Verbundbetriebe 2012/13 2013/14 2012/13 2013/14 2012/13 2013/14 2012/13 2013/14 2012/13 2013/14 2 812 2 765 285 285 55 56 1 598 1 591 363 333 426 409 64,55 65,56 67,10 68,12 9,78 9,65 54,21 54,61 59,83 61,62 68,70 69,53 50 334 42 361 166 593 143 936 65 165 57 597 Landw genutzte Fläche ha Umsatzerlöse Pflanzenproduktion Euro Umsatzerlöse Tierpro duktion Euro 160 773 176 339 Umsatzerlöse Obst-, Garten- und Weinbau Euro 884 966 144 Umsatzerlöse Handel, Dienstleistungen, Nebenbetriebe Euro 9 591 9 875 8 374 8 262 Sonstige betriebliche Erträge Euor 60 808 61 855 59 897 davon Zulagen und Zuschüsse Euro 31 919 31 601 darunter entkoppelte Betriebsprämie Euro 21 629 Materialaufwand Pflanzenproduktion Euro Materialaufwand Tierproduktion 9 586 1 833 9 909 0 95 103 707 1 267 15 841 0 147 054 12 070 35 751 167 994 327 436 29 339 342 897 150 657 161 578 106 334 96 51 202 78 2 346 2 411 9 992 10 415 5 756 6 608 6 693 6 947 12 213 9 934 62 578 27 656 28 334 51 710 51 725 71 791 74 133 61 841 61 661 29 725 28 557 4 666 4 176 29 094 28 344 27 098 27 746 32 637 31 532 21 044 23 482 22 099 1 914 2 275 18 439 17 590 19 080 19 938 23 180 22 294 22 691 23 329 40 794 40 962 6 082 7 635 13 587 14 722 23 646 24 676 28 083 28 076 Euro 71 019 75 398 4 867 5 794 - - 46 043 49 254 196 129 205 916 84 783 94 993 Materialaufw. Kellerei, Handel, Nebenbetriebe, Sonstiges Euro 31 457 32 444 30 276 29 383 25 842 23 076 26 614 28 437 35 130 36 711 31 638 31 541 Personalaufwand Euro 5 793 6 491 10 615 10 891 14 662 15 876 4 243 4 748 4 847 5 579 5 443 5 916 Abschreibungen Euro 30 416 32 387 26 557 28 245 16 030 16 540 29 374 30 875 31 645 36 576 25 257 25 778 Sonstige betriebliche Aufwendungen Euro 59 089 63 084 58 724 63 207 44 155 38 017 48 350 51 988 76 751 81 239 62 622 65 084 Zinsaufwand 2) Euro 4 173 3 978 3 178 2 976 3 261 3 072 3 549 3 459 6 170 5 926 3 256 3 110 Gewinn je Unternehmen Euro 59 877 57 147 72 624 47 725 36 027 42 302 51 058 57 622 68 457 59 391 52 934 41 282 Ordentliches Ergebnis Euro 60 672 58 855 71 497 47 993 36 129 42 341 52 361 59 343 70 665 61 718 54 099 43 066 1) Auszüge aus der Gewinn- und Verlustrechnung; Betriebe mit 10 – 150 ha LF (außer Dauerkulturbetriebe); Aufwandspositionen jeweils ohne Vorzeichen 2) Zinszuschüsse saldiert AA Tabelle 2: Buchführungsergebnisse in bayerischen Haupterwerbsbetrieben 1) Unternehmen. Sie kann hauptsächlich auf deutlich niedrigere Umsatzerlöse im Vergleich zum Vorjahr zurückgeführt werden. Die ungünstige Entwicklung bei den Umsatzerlösen der Ackerbaubetriebe zeichnete sich bereits im Herbst 2013 ab, nachdem bei wichtigen pflanzlichen Erzeugnissen deutliche Preiseinbrüche beobachtet wurden. Vor allem die stark zurückgegangenen Produktpreise bei wichtigen Erzeugnissen führten im Wirtschaftsjahr 2013/2014 im Durchschnitt der Ackerbaubetriebe zu einem Rückgang der Erlöse um 22 658 auf 143 936 Euro je Unternehmen (siehe Tabelle 2). Die Ackerbaubetriebe erSUB 6-7/2015 zielten je Dezitonne Getreide im Mittel 18,59 Euro. Im Jahr davor lag der Getreidepreis bei 23,34 €/dt (–20 Prozent). Auch bei den Ölfrüchten waren die Verkaufspreise um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 39,90 €/dt gesunken. Während die Zuckerrübenpreise weitgehend konstant blieben, lagen die Verkaufspreise bei Kartoffeln (durchschnittlich 11,76 €/dt) um 10 Prozent unter denen des Vorjahres. Die Ertragsentwicklung verlief in den Ackerbaubetrieben je nach Art der Feldfrucht unterschiedlich. Gegenüber dem Vorjahr waren die Getreideerträge um 7 Prozent hö41 UNTERNEHMENS BERATUNG Alle Betriebe UNTERNEHMENSBERATUNG Bayerische Buchführungsergebnisse für das Wirtschaftsjahr 2013/2014 Umfangreiche Auswertungen zu den Betriebsergebnissen der bayerischen Testbetriebe enthält die von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur, herausgegebene Broschüre „Buchführungsergebnisse des Wirtschaftsjahres 2013/2014“. Als bewährte Datensammlung richtet sich das statistische Werk in erster Linie an Politik, Beratung, Verwaltung, Wissenschaft, Medien, Verbände und die fachlich interessierte Öffentlichkeit. Die Buchführungsstatistik ist gegen einen Unkostenbeitrag von 5 Euro zuzüglich Porto zu beziehen bei der Bayerischen Landes anstalt für Landwirtschaft, Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur, Menzinger Straße 54, 80638 München, Telefon: 089 17800-159. Bestellungen auch per E-Mail unter [email protected] oder direkt im Internet unter der Adresse: www.lfl.bayern.de/ilb/unternehmensfuehrung/18043/index.php UNTERNEHMENS BERATUNG her. Die Erträge der Ölfrüchte lagen mit durchschnittlich 37 dt/ha um 13 Prozent über den Vorjahresergebnissen. Die Zuckerrübenerträge (712 dt/ha) fielen um 11 Prozent niedriger als im Vorjahr aus, und die mittleren Kartoffelerträge blieben mit 337 dt/ha um 18 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Bei nahezu gleich hohem Materialaufwand Pflanzenproduktion waren in den Ackerbaubetrieben die Abschreibungen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen um 6 bzw. 8 Prozent höher als im Vorjahr. Die Kosten für Pachten stiegen durchschnittlich um 726 Euro je Unternehmen (5 Prozent). In Dauerkulturbetrieben gestiegene Gewinne In den spezialisierten Dauerkulturbetrieben, die überwiegend aus den der Landwirtschaft zurechenbaren Weinbaubetrieben bestehen, war eine Steigerung des durchschnittlichen Gewinns um 6 275 Euro auf 42 302 Euro (+17 Prozent) möglich. Die Dauerkulturbetriebe konnten die Umsatzerlöse aus Obst-, Garten- und Weinbau im Mittel um 2 627 auf 106 334 Euro je Unternehmen (+3 Prozent) steigern. Beim Materialaufwand Kellerei, Handel, Nebenbetriebe, Sonstiges und beim sonstigen Betriebsaufwand waren nennenswerte Kosteneinsparungen (–11 bzw. –19 Prozent) möglich. Die Gruppe der Dauerkulturbetriebe besteht hauptsächlich aus kleineren Betrieben mit etwa 10 ha Nutzfläche, die weitgehend für den Anbau der Sonderkulturen genutzt wird. Diese Betriebe erwirtschaften im Durchschnitt jährliche Umsätze von rund 100 000 Euro und erhalten vergleichsweise geringe Beträge als Zulagen und Zuschüsse. Die Dauerkulturbetriebe erzielten ihre beachtlichen Gewinne auch mit dem Direktabsatz ihrer Erzeugnisse. In spezialisierten Weinbaubetrieben sind die Jahresabschlüsse oft auch in anderen Formaten üblich. Diese können in der vorliegenden Auswertung jedoch nicht mitberücksichtigt werden. 42 Uneinheitliche Entwicklung in Futterbaubetrieben Die Futterbaubetriebe konnten ihr wirtschaftliches Ergebnis gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 6 564 Euro je Unternehmen verbessern (+13 Prozent). Diese Betriebsgruppe erzielte einen durchschnittlichen Gewinn von 57 622 Euro je Unternehmen. Sie übertraf damit den bislang erreichten Höchststand im Wirtschaftsjahr 2007/2008. Bei leicht nachgebenden Umsatzerlösen aus dem Verkauf von Rindern waren die Erlöse aus dem Milchverkauf um durchschnittlich 20 846 Euro je Unternehmen (+21 Prozent) gegenüber dem Vorjahr gestiegen und damit prägend für das sehr gute Ergebnis der Futterbaubetriebe. Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 betrug der Milchpreis durchschnittlich 41,5 Cent/kg. Aufgrund von günstigen Absatzmöglichkeiten und einer gestiegenen Auslandsnachfrage lag der Milchpreis je kg um 6,1 Cent über dem Vorjahr (+17 Prozent). Die Milchviehhalter konnten die Milcherzeugungsmenge je Kuh gegenüber dem Vorjahr im Mittel um 149 kg steigern. Günstige Witterungsbedingungen im Sommer ermöglichten die Erzeugung von qualitativ hochwertigen Wirtschaftsfuttermitteln in ausreichender Menge. Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 gab es in dieser Betriebsgruppe erkennbare Kostensteigerungen beim Materialaufwand Tierproduktion infolge der höheren Kosten beim Tierund Futtermittelzukauf. Der sonstige Betriebsaufwand nahm um durchschnittlich 3 638 Euro je Unternehmen (+8 Prozent) zu. Die Kosten für den Pachtaufwand stiegen um durchschnittlich 3 Prozent. In den sonstigen Futterbaubetrieben (keine oder nahezu keine Milchviehhaltung) fiel die wirtschaftliche Entwicklung weniger günstig aus. Die Gewinne der sonstigen Futterbaubetriebe lagen im Mittel mit 38 766 Euro je Unternehmen um 9 139 niedriger als im Vorjahr (–19 Prozent). In dieser Betriebsgruppe stiegen die Umsatzerlöse aus der Tierproduktion um durchschnittlich 3 651 Euro je Unternehmen (2 Prozent). Relativ stark gingen die sonstigen Er- SUB 6-7/2015 träge aus entkoppelten Betriebsprämien zurück (Abnahme um 3 407 Euro je Unternehmen bzw. 15 Prozent), weil die bislang angebotenen Beihilfen für die Rindfleischerzeugung ausgelaufen sind. Rückläufige Gewinne bei den Veredelungsbetrieben Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 erzielte die Gruppe der Veredelungsbetriebe einen durchschnittlichen Gewinn von 59 391 Euro je Unternehmen (siehe Abbildung 3 und 4). Dieser Gewinn lag im Mittel um 9 066 Euro je Unternehmen, das heißt um 13 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Auf der Erlösseite kam es aufgrund der günstigen Preisentwicklung bei Ferkeln und Schweinefleisch zu einem leichten Anstieg der Umsatzerlöse Tierproduktion um durchschnittlich 15 461 Euro (+5 Prozent). Allerdings gingen auch in dieser Betriebsgruppe die Umsatzerlöse Pflanzenproduktion zurück (– 6 412 Euro je Unternehmen bzw. –18 Prozent). In den Ferkelerzeugungsbetrieben entwickelten sich die Umsatzerlöse Tierproduktion im Wirtschaftsjahr 2013/2014 günstiger als im Mittel aller Veredelungsbetriebe. Der Materialaufwand für Tierzukäufe lag im Durchschnitt der Veredelungsbetriebe um 10 043 Euro über dem Vorjahr (+13 Prozent). Dieser Kostenanstieg resultierte vorwiegend aus den höheren Zukaufspreisen bei Ferkeln. Demgegenüber gaben die Kosten für Futtermittelzukauf im Mittel leicht nach (–1 652 Euro bzw. –2 Prozent). Stärker als in anderen Betriebsgruppen erhöhten sich bei den Veredelungsbetrieben die Abschreibungen (+16 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Der Pachtaufwand stieg im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 1 503 Euro je Unternehmen (+10 Prozent). Gewinneinbußen bei den Verbundbetrieben Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 erreichten die Verbundbetriebe im Mittel Gewinne von 41 282 Euro je Unternehmen (siehe Abbildung 3). Gegenüber dem Vorjahr fiel der Gewinn um durchschnittlich 11 652 Euro je Unternehmen niedriger (–22 Prozent) aus. Dies kann auf die geringeren Umsatzerlöse Pflanzenproduktion (–7 568 Euro je Unternehmen bzw. –12 Prozent) zurückgeführt werden. Außerdem ist in dieser Gruppe der Materialaufwand für Tierzukäufe 7 422 Euro (+17 Prozent) gestiegen. In dieser Betriebsgruppe erhöhte sich der Materialaufwand für Futtermittel um durchschnittlich 2 571 Euro je Unternehmen (+7 Prozent) gegenüber dem Vorjahr, ebenso stieg der Pachtaufwand im Mittel um 1 065 Euro je Unternehmen (+8 Prozent). Zusammenfassung und Ausblick Im Wirtschaftsjahr 2013/14 weisen die Buchführungsergebnisse der bayerischen Haupterwerbsbetriebe einen durch- SUB 6-7/2015 schnittlichen Gewinn von 57 147 Euro je Unternehmen aus (–5 Prozent gegenüber dem Vorjahr). In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Gewinne günstig entwickelt und insgesamt ein beachtliches Niveau erreicht. Je nach Produktionsausrichtung brachte das Wirtschaftsjahr 2013/2014 in den Haupterwerbsbetrieben unterschiedliche wirtschaftliche Ergebnisse. Während die Ackerbaubetriebe im Mittel gegenüber dem sehr guten Vorjahr sehr ausgeprägte Gewinneinbußen (–34 Prozent) zu verzeichnen hatten, waren die Gewinne im Mittel der Dauerkulturbetriebe nach mehreren Jahren erstmals wieder spürbar gestiegen (+17 Prozent). In den Futterbaubetrieben war im Wirtschaftsjahr 2013/2014 im Mittel eine spürbare Gewinnsteigerung (+13 Prozent) gegenüber dem Vorjahr möglich. In dieser Gruppe profitierten die spezialisierten Milchviehbetriebe von der vergleichsweise günstigen Entwicklung der Milchpreise (Gewinn +18 Prozent), während die Gewinne der sonstigen Futterbaubetriebe drastisch zurückgingen (–19 Prozent). In der Gruppe der Veredelungsbetriebe fielen die Gewinne im Mittel um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Die Gewinne der Verbundbetriebe lagen durchschnittlich um 22 Prozent unter dem Vorjahr. Das Eigenkapital (laut Bilanz) erhöhte sich in den Haupt erwerbsbetrieben im Mittel um 9 801 Euro je Unternehmen gegenüber dem Vorjahr. Die Buchführungsauswertung über mehrere Wirtschaftsjahre zeigt, dass die Inhaber der Haupt erwerbsbetriebe im Mittel die notwendigen Maßnahmen zur langfristigen Existenzsicherung in ihren Unternehmen umgesetzt haben. Seit dem Ende des Wirtschaftsjahres 2013/2014 hat sich bei bedeutenden Agrarerzeugnissen die Marktlage stark verändert. Exportmöglichkeiten sind weggefallen und bei einer Reihe wichtiger Agrarerzeugnisse, wie Getreide, Raps, Kartoffeln und Milch, gerieten die Preise unter Druck. Für das laufende Wirtschaftsjahr 2014/2015 ist mit deutlichen Gewinneinbußen zu rechnen. DR. EVA-MARIA SCHMIDTLEIN PETER HAUSHAHN BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT INSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT UND AGRAR STRUKTUR [email protected] [email protected] 43 UNTERNEHMENS BERATUNG UNTERNEHMENSBERATUNG UNTERNEHMENSBERATUNG Mutterkuhhaltung in Dänemark von JOHANNES VOGEL: Um Mutterkuhhaltern immer wieder neue Haltungssysteme, genetische Vielfalt und Vermarktungsstrategien zeigen können, organisierten das Fachzentrum für Fleischrinderzucht und Mutterkuhhaltung gemeinsam mit dem Arbeitskreis Mutterkuhhaltung in Mittelfranken und dem Fleischrinderverband Bayern e. V. eine Lehrfahrt nach Dänemark. Zu sehen gab es großrahmige, gut bemuskelte Zuchtrinder, Weidehaltung auf Wechselgrünland sowie großzügige, freitragende Tiefstreuställe. UNTERNEHMENS BERATUNG Die dreitägige Lehrfahrt startete am 29. April 2015 und bot den 46 Teilnehmern insgesamt zwölf Stationen. Die Organisation unterstützte Henning Hansen, der Vorsitzende der Mutterkuhhalter in Dänemark, der mit seinen guten Deutschkenntnissen für uns übersetzte und Detailfragen klärte. ebenen Zweiflächenställen gehalten. Zusätzlich hält der Betrieb 800 bis 1 000 Legehennen in Freilandhaltung und 17 Pensionspferde. Das Mittagessen wurde danach in der Gastwirtschaft des jüngeren Sohnes eingenommen. Mageres Charolais-Fleisch auf Grasbasis Auf dem Weg Richtung Norden bot sich der Betrieb Lockemann in Göttingen an. Manfred Lockemann bewirtschaftet mit seinem ältesten Sohn 270 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Die sehr steinreichen 160 Hektar Ackerland werden seit 20 Jahren mit Raps, Weizen und Gerste pfluglos bestellt. Die 110 Hektar Wiesen und Weiden verwerten 42 Charolais Mutterkühe samt Nachzucht und Mast. Der Züchter setzt auf behornte Linien, da diese weniger stark zum Verfetten neigen. Er vermarktet die Mastrinder an einen örtlichen Metzger, der bis zu 4 Euro pro kg Schlachtgewicht zahlt. Die im Winter geborenen Kälber werden alle enthornt und bleiben 10 Monate an der Kuh. Sie erreichen dann mit 17 bis 18 Monaten 320 bis 350 kg Schlachtgewicht bei den weiblichen bzw. 400 bis 420 kg Schlachtgewicht bei den männlichen Tieren. Die Kälber erhalten Kraftfutter und bestes Heu zur freien Verfügung, ansonsten bekommen alle Rinder beste Grassilage und die Bullen zusätzlich bis zu 3 kg Schrot pro Tag (siehe Bild 1). Die Rinder werden im Winter in Ein Stall mit allen Raffinessen Nach einer Nacht in Husum an der Nordseeküste ging es weiter auf den Hereford-Betrieb von Henning Have in Egtved. Zum landwirtschaftlichen Betrieb, den er gemeinsam mit seiner Frau betreibt, gehören 60 Hektar Wiesen, 50 Hektar Wald und 20 Mutterkühe mit Nachzucht, die zeitweise auch in der Naturpflege eingesetzt werden. Hauptberuflich leiten beide ein Tiefbauunternehmen mit 150 Angestellten. Der Zuchtbetrieb, der sehr oft auf Tierschauen vertreten ist, setzt auf Sperma von fleischreichen Bullen aus dem Ausland. Um die Besamung zum richtigen Zeitpunkt durchführen zu können, verwendet Familie Have ein elektronisches Brunsterkennungssystem. Sehenswert war auf dem Betrieb ein Fangstall mit Güllekeller, Tränken, Kälberschlupf, der sowohl für Besamungen als auch für Kraftfuttergaben bei Weidebetrieb genutzt wird. Auch die perfekt gestaltete Abkalbebucht mit Türen, Toren, Personenschlupf, Fangfressgitter und Fixierungshilfe beim Geburtsvorgang oder bei Behandlungen beeindruckte die Besucher (siehe Bild 2). Als Verköstigung gab es zum Mittag- AA Bild 1: Fleischreiche Charolais Kälber mit ihrem Vater und Müttern auf AA Bild 2: Vorzeigeabkalbebucht auf dem Betrieb Have mit allen dem Betrieb Lockemann 44 wichtigen Einrichtungen SUB 6-7/2015 UNTERNEHMENSBERATUNG essen einen Braten vom Hirsch, den die beiden passionierten Jäger erlegt hatten. Gesamte Familie steht hinter der Limousin Zucht In Julsminde begutachteten die Fachleute aus Bayern auf dem 25 Hektar umfassenden Betrieb vom Karsten Laursen eine sehr ruhige 25 köpfige Mutterkuhherde der Rasse Limousin mit Nachzucht. Der Betriebsleiter, ein Gärtner, und seine Frau, eine Altenpflegerin, haben sich 2012 entschieden, einen neuen Tiefstreustall mit angehobenen Fressplatz und Bergehalle zu bauen (Bild 4). Der Zuchtbetrieb arbeitet für die künstliche Besamung ebenfalls mit einem elektronischen Brunsterkennungssytem. Für die Züchtung, die auf möglichst hohen Fleischansatz abzielt, kommen hauptsächlich Bullen aus behornten Linien zum Einsatz, da hornlose Linien zu wenig Milch vererben. Die ganze Familie samt Sohn und Tochter engagieren sich für die Mutterkühe, egal ob beim Füttern, Misten oder Rinder führig machen. Die ausgemästeten Rinder vermarkten sie an Danish Crown, die ein spezielles Limousin Qualitätsprogramm haben. Für bis zu 12 Monate alte Bullen, die nach Tierwohlkriterien gehalten werden, erzielen sie so bei einem Schlachtgewicht von 320 kg ein Aufschlag von 0,50 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht. Rinderhaltung auf Wechselgrünland Bjarne Pagh züchtet auf seinem Betrieb in Flemming bereits seit 35 Jahren Charolais Rinder. 1998 und 2008 hat er gemeinsam mit seiner Frau, einer Tierärztin, zwei Tiefstreuställe gebaut. Die durchgezüchtete Herde mit maximaler Bemuskelung kalbt von Februar bis Mitte Mai ab. Mutterkühe und Kälber verbringen dann den Sommer bis November auf der Weide. Für die künstlliche Besamung werden dänische, französische, schwedische, teilweise hornlose Bullen eingesetzt. Silagebereitung und Mistausbringung erledigt ein Lohnunternehmen. Das Stroh zum Einstreuen kauft der Betrieb zu, da auf den eigenen Flächen wechselweise Gras und SUB 6-7/2015 AA Bild 3: Exzellentes Zuchtvieh vom Betrieb Andersen auf Stroh aufgereiht AA Bild 4: Lange und rumpfige Kuh mit gut bemuskelten Kalb auf dem UNTERNEHMENS BERATUNG Großrahmige gut bemuskelte Simmentaler Auf dem Betrieb von Aksel Givskov Andersen in Hornsyld gab es exzellente homo- und heterozygot hornlose Sim mentaler Mutterkühe zusehen. Sofort ins Auge gestochen haben die sehr großrahmigen und sehr gut bemuskelten Tiere. Die 25 Mutterkühe und Nachzucht werden in Einraumtieflaufställen und einem Anbindestall von dem ehemaligen Futtermeister und Postboten gehalten (Bild 3). Wie an seinen Auszeichnungen ersichtlich, ist er sehr oft erfolgreich auf Tierschauen vertreten. Seine Linien gehen auf Sirius und Atlantis zurück. 2005 begann der Rinderzüchter mit Mutterkühen, nachdem die letzte dänische rote Milchkuh den Bestand verlassen hatte. Betrieb Laursen AA Bild 5: Weiss Blaue Belgier, Limousin Bullen in einer Box der Leistungsprüfungsstation Aalestrup Mais angebaut werden. Die Bullen, mit denen der Betrieb Pagh sehr erfolgreich auf Schauen ist und die er anschließend zu guten Preisen an Züchter verkauft, füttert er mit Kraftfutter ad libtum und Silage. Leistungsprüfstation für Fleischrinder Eine weitere Station der Reise war die 1998 errichtete Leistungsprüfstation Aalestrup. Henning Hansen, der einheimische Mutterkuhexperte, übernahm die Führung. Hier werden jährlich 130 bis 150 Bullenkälber zwischen dem 225. und 365. Lebenstag auf Zunahmen und Futterverwer- 45 UNTERNEHMENSBERATUNG UNTERNEHMENS BERATUNG tung getestet. Die Fütterung erfolgt über Responder, die Tiere erhalten alle eine gewogene Mischung aus pelletiertem Kraftfutter plus Heu und Stroh (Bild 5). Alle vier Wochen werden Wiegungen und Ultraschallmessungen des Rückenmuskels durchgeführt um die täglichen Zunahmen, Bemuskelung und Futterverwertung feststellen zu können. Die 140 Tage in der Prüfstation kosten einem Landwirt ca. 800 Euro pro Bullen. Problem sind die mit 2 500 Euro pro Bullen zu geringen Verkaufspreise. Für die Zukunft ist geplant, auch die Fettauflage und Marmorierung zu messen. Zuchtbullen in Besamungsstationen Der Simmental Betrieb Lykkegard, ebenfalls in Aalestrup gelegen, betreibt seit 22 Jahren Fleischrinderzucht. 1988 wurde die erste Färse gekauft, auf die alle Linien im Stall zurückgehen. Der Betrieb baut auf 33 Hektar Gras und Getreide an und hält im 1993 erbauten Tiefstreustall mit Spaltenboden im Fressbereich 20 Mutterkühe samt Nachzucht. Gefüttert werden im Winter Grassilage, Heu und Zuckerrübenschnitzel. Im Sommer sind die Rinder auf der Weide. Die Zuchterfolge werden alle Jahre auf Tierschauen präsentiert und später an Züchter verkauft (Bild 6). Drei Zuchtbullen stehen bereits in Besamungsstationen. Als weitere Standbeine betreiben der Besamungstechniker und die Bankkauffrau noch eine Pferde- und Hundezucht. im Stall Gras- und Maissilage sowie Heu. Täglich bekommen die im Fressgitter fixierten Rinder Kraft- und Mineralfutter. Die Kalbungen erfolgen von Dezember bis April. Großen Wert legen die beiden Züchter auf die 200 und 365 Tage-Wiegung. Die Mutterkühe mit ihren Kälbern konnten nach einem kleinen Fußmarsch über einen befestigten Triebweg begutachtet werden. Limousin im Tieflaufstall mit Auslauf Am letzten Tag in Dänemark ging es am Morgen in Skive auf dem Betrieb von Age Skov Madsen. Auf dem 1985 erworbenen Hof hielt der Betriebsleiter mit seinem Vater bis 2008 eine Jersey Milchviehherde, bis er und seine Frau dann auf die Zucht von Limousins umgestellt haben. Die 175 köpfige Rinderherde ist in einem großzügigen Einraum-Tieflaufstall mit Auslauf untergebracht. Die 65 Mutterkühe werden ausschließlich von homozygot hornlosen Bullen bedeckt. Die Kühe kalben ab Januar innerhalb von drei Monaten ab. Futtergewinnung erfolgt auf 62 Hektar Ackerland, auf denen abwechselnd Gras und Getreide angebaut wird. Der Betrieb vermarktet die erzeugten Tiere sowohl als Zucht- als auch als Schlachtvieh. Als zweites Standbein hat der Vollerwerbsbetrieb noch 14 Bienenvölker. Künstliche Besamung in der Hereford Zucht Bei Kirsten und Erik Siersback auf Bakgaard, einer Anhöhe in Frostrup, neben einem 600 Hektar großen Vogelschutzgebiet, konnten 16 Hereford Mutterkühe und 20 Stropshire Schafe bewundert werden. 1988 kauften der ehemalige Polizist und die Lehrerin den 16 Hektar großen Hof (Bild 7). Alle Kühe und die weibliche Nachzucht werden mit Sperma von englischen, kanadischen und amerikanischen Bullen besamt. Letztes Jahr wurden im Durchschnitt für eine erfolgreiche Besamung 1,5 Dosen gebraucht. Gefüttert wird Weltweiter Verkauf von Angus Zuchtrindern Auf dem Betrieb von Johannes Riis Nielsen in Karup hat die Mutterkuhhaltung schon eine lange Tradition. 1984 starteten er und seine Frau mit 60 Angusrinder. 1986 führten sie 17 Spitzen-Angus-Zuchtrinder aus England ein. 1989 stellten sie auf 90 Limousin-Zuchtrinder um. 1996 importierten sie rote Angus aus England und 1998 noch einmal 18 Färsen aus Kanada. Heute verkauft der Betrieb weltweit Zuchtvieh, sogar bis Korea. Zur Fütterung stehen 13 Hektar Wiesen für die Silageerzeugung und 30 Hektar extensives Grasland zur Beweidung, sowie Futterkarotten zur Verfügung AA Bild 6: Sehr rahmiges Kalb mit Spitzenbemuskelung auf dem Betrieb AA Bild 7: Lehrfahrtgruppe auf dem Betrieb Siersback mit dem Meer im Lykkegard in Aalestrup 46 Rücken SUB 6-7/2015 UNTERNEHMENSBERATUNG des Betriebs Rils Nielsen (Bild 8). Im Winter sind die Tiere in ganz einfachen Tiefstreuställen untergebracht. Bis vor kurzem wurde auch noch eine Chincilla- Haltung betrieben. Dänische Genetik erfolgreich in Franken etabliert Simmental Bakkely, der Betrieb von Britta und Jens Hansen in Give war der letzte Betrieb auf der Reise durch Dänemark. Die Betriebsfläche von 30 Hektar teilt sich in Grünland und Ackerland auf, welches jederzeit bewässert werden kann. 2008 baute die Familie einen neuen Tieflaufstall für ihre 50 Mutterkühe. Die Züchterfamilie ist mit ihren großrahmigen, gut bemuskelten Simmentalern auf starken Fundamenten bei guter Milchleistung auf vielen Schauen vertreten und hat schon viele Erfolge eingefahren (Bild 9). Ihre Zuchtbullen und -rinder werden in großen Teilen Europas eingesetzt. Ein Bulle der auf den ersten Blick grob, wenig rumpfig und langbeinig erscheinenden Tiere wird seit einiger Zeit schon erfolgreich auf Fleckviehbetrieben in Franken eingesetzt. Homogene Angusherde basierend auf vielen Linien Auf der Rückreise machte die Reisegruppe noch Halt auf den Angus-Zuchtbetrieb Riekenberg in Großburgwedel. Heinz Wilhelm Riekenberg hält hier 60 rote und schwarze, deutsche und Aberdeen-Angus. Gefüttert werden die Rinder von 90 Hektar Grünland und 10 Hektar Mais. Von Mitte April bis November sind alle Tiere auf der Weide. 25 Hektar Weide im Niedermoor werden am 15. Juni bzw. 1. Juli ausgemäht. Die Kälber kommen alle im Herbst von Ende September bis Dezember auf die Welt. Dieses Jahr wurden sogar 17 Embryotransfers durchgeführt. Im Winter werden die Mutterkühe mit ihren Kälbern im neugebauten Tiefstreustall mit erhöhtem Standbereich, der wöchentlich abgeschoben wird, gehalten. Die Wasserversorgung im aus- SUB 6-7/2015 AA Bild 9: Großrahmigen, sehr gut bemuskelte Jungrinder auf der Weide auf dem Betrieb Hansen gesiedelten Stall erfolgt über einen Brunnen, die Fütterung über Siloblöcke, die mit dem Frontlader auf den hochverlegten Futtertisch gestellt werden. Eingestreut werden alle zwei Tage sechs Rundballen Stroh. Die Bullen werden in der Althofstelle gehalten, die Rinder bleiben ganzjährig im Freien. Drei Bullen gehen pro Jahr in die Direktvermarktung, alle anderen erzeugten Tiere werden als Zuchtvieh verkauft und finden sich auch auf bayerischen Betrieben wieder. Blick über den landwirtschaftlichen Tellerrand Auch außerfachlich hatte die Lehrfahrt einiges zu bieten: In Jütland gab es einen kleinen Abstecher zu den Jelling Monumenten. Die Runensteine aus dem 10. Jahrhundert, die den dänischen Königen gewidmet sind, werden zusammen mit den Grabhügeln bei der Unesco als Weltkulturerbe geführt. Ein kurzer Stopp an der Meeresküste bei Bulberg ermöglichte allen einen fantastischen Ausblick bei Sonnenschein und eine frische Meeresbrise. Einige Mutige wagten auch den Gang ins kalte Meer. In Osterild ergab sich die Gelegenheit, das Testzentrum für große Windturbinen zu besichtigen. Dort testet Siemens derzeit die leistungsstärkste Windturbine der Welt. JOHANNES VOGEL AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN SCHWANDORF FACHZENTRUM FLEISCHRINDERZUCHT UND MUT TERKUHHALTUNG [email protected] 47 UNTERNEHMENS BERATUNG AA Bild 8: Angus-Mutterkuhherde mit Karottenbeifütterung auf der Weide ERNÄHRUNG Mehr Bio-Lebensmittel aus der Region Die Gemeinschaftsverpflegung macht sich stark ERNÄHRUNG von SILVIA HILGER: „Auf den Geschmack kommen – BioRegio 2020“ lautete der Titel der Fachtagungen 2015 für die Verpflegungsverantwortlichen im Gesundheits- und Sozialbereich sowie den Betriebsrestaurants, die die acht Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung in den sieben bayerischen Regierungsbezirken organisierten. Am Beispiel der oberbayerischen Fachtagung (Oberbayern Ost) in Ebersberg soll das große Potenzial der Gemeinschaftsverpflegung in Bezug auf das Landesprogramm „BioRegio Bayern 2020“ dargestellt werden. Das Interesse der Teilnehmer spiegelte sich an den vielen Anmeldungen wider. In Ebersberg bei München fand am 25. März 2015 die sechste Fachtagung, erstmalig im „Alten Speicher“, einem ansprechend renovierten Stadtsaal, statt. 150 Akteure aus der Gemeinschaftsverpflegung sind der Einladung des Fachzentrums Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung Oberbayern Ost gefolgt. Die Tagungsteilnehmer in Ebersberg bringen täglich fast 110 000 Essen auf den Tisch. Damit tragen sie auch für 110 000 Menschen Verantwortung: in erster Linie für deren Gesundheit und Wohlbefinden. Sie übernehmen damit aber auch Verantwortung für die Umwelt und für ihre Region. Denn die Akteure bestimmen, was es zu essen gibt und welche Lebensmittel wo eingekauft werden. Die Teilnehmer an der Tagung verpflegen überwiegend Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene (siehe Abbildung 1). Nach einer kurzen Begrüßung durch Behördenleiter Friedrich Nebl, hieß Ernährungsminister Helmut Brunner die Tagungsteilnehmer herzlich willkommen. „Die Staatsregierung will mit ihrem Landes programm „BioRegio Bayern 2020“ die Erzeu gung von Bio-Produkten in Bayern bis zum Jahr 2020 verdoppeln“ Helmut Brunner, Staatsminister Die Nachfrage nach ökologischen Lebensmitteln soll künftig auch in der Gemeinschaftsverpflegung (GV) stärker aus der heimischen und regionalen Produktion gedeckt werden. Denn eins ist sicher: Die Essensgäste wünschen sich mehr gesunde und frische Produkte aus der Region – auch am Arbeitsplatz. 48 Sonstige (3 Prozent) Care (12 Prozent) Kinder (36 Prozent) Senioren (12 Prozent) Erwachsene (36 Prozent) AA Abbildung 1: Teilnehmende GV-Betriebe, sortiert nach Gästeklientel Praktiker erzählen von ihren Erfahrungen Nicht nur die Theorie, sondern vor allem die praktische Umsetzung, hat das Fachzentrum in diesem Jahr in den Mittelpunkt gestellt. Vier Praktiker, die in ihrer Gemeinschaftsverpflegung schon regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel einsetzen, stellten in einer Podiumsdiskussion den Anwesenden ihre Erfolgsrezepte vor. Sie diskutierten mit den Tagungsgästen ausgiebig über Herausforderungen, Chancen und Möglichkeiten und konnten den Teilnehmern wertvolle Anregungen und Ideen mit auf den Weg geben: „Legen Sie den Fokus wieder auf die Wertschätzung des Lebensmittels und die fachlich qualifizierte Arbeitskraft in der Küche.“ Auf die Frage, was das schönste Erlebnis beim Einsatz von BioRegio-Lebensmitteln war, antwortete Küchenchef Gilbert Bielen: „Ein Mitarbeiter sagte: „Früher bin ich in die Arbeit gegangen, weil ich musste, – heute, gehe ich gerne.“ SUB 6-7/2015 ERNÄHRUNG AA Bild 2: Am Markt der Möglichkeiten (von links): Ursula Koenig und Birgit Diane Buchmann, Hubert Bittl, Irmgard Reischl, Walter Kratzer und Graßl vom AELF Ebersberg mit Landrat Robert Niedergesäß, StM Helmut Gilbert Bielen Brunner, Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer und MdL Thomas Huber Gelegenheit zum Vernetzen Die Umsetzung war zentrales Thema beim Markt der Möglichkeiten, bei dem acht Aussteller aus dem Bio-Sektor ihre Produkte vorstellten bzw. rund um biologisch erzeugte und regional vermarktete Lebensmittel informierten. Diese Gelegenheit nahmen die Teilnehmer gerne in Anspruch, zumal hier auch kräftig probiert werden durfte (siehe Bild 2). Auch in der Mittagspause kamen die Gäste „auf den Geschmack“ mit einem guten Essen, welches aus regionalen und biologischen Lebensmitteln hergestellt wurde. Vier Foren sorgen für interessantes Angebot Dr. Julia Bollwein ließ die Teilnehmer den Geschmack praktisch erleben. Gemeinsam nahmen sie sich Zeit für eine Sinnes-Schulung, für Experimente und für Diskussion. AA Bild 3: In Schwung kommen für BioRegio: Zur Auflockerung wurde eine kleine Bewegungs- und Konzentrationsübung angeboten SUB 6-7/2015 Zeit für Diskussionen nahm sich auch Josefine Oberst vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn), indem sie mit Walter Kratzer (Gastroleiter der Allianz Deutschland) und mit Ralf Angermaier (Küchenleiter der WWK Lebensversicherung) über die Umsetzung der im März von Helmut Brunner verabschiedeten „Bayerischen Leitlinien der Betriebsgastronomie“ sprach. Viele praktische Handlungsempfehlungen über die Gestaltung des Speisenangebotes, den Einkauf und Einsatz regionaler und ökologisch erzeugter Lebensmittel bis hin zur Akzeptanz beim Essensgast wurden besprochen. Bei dem Workshop mit Hubert Bittl, BioMentor und Küchenleiter der Versicherungskammer Bayern, konnten sich die Tagungsgäste Anregungen holen, wie „BioRegio“ im Praxisalltag funktionieren kann. Im Mittelpunkt standen Themen wie Kommunikation, Lieferanten, Einkauf und Lagerhaltung, aber auch die Preisfindung. Nicht zuletzt beschäftigte alle die Frage: „Ist „BioRegio“ für jede Einrichtung passend?“ Selbst wenn man als Verantwortlicher in der Gemeinschaftsverpflegung in seinem Unternehmen vermehrt regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel einsetzen will, ist trotzdem der Rückhalt des eigenen Unternehmens nötig, sowie viele Mitstreiter, um tatsächlich erfolgreich etwas verändern zu können. Das Handwerkszeug für diesen Veränderungsprozess, bekamen die Teilnehmer von Renate BaurRichter, die in ihrem Forum ein Navigations-Instrument zur Ideen-Umsetzung entwickelte. Sie zeigte, wie man Veränderungen von der Chef-Sache zur Team-Sache machen kann. SILVIA HILGER AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN EBERSGERG [email protected] 49 ERNÄHRUNG AA Bild 1: BioRegio – Erfolgsrezepte aus der Praxis (von links): ERNÄHRUNG Schulverpflegung mit regionalen Produkten Erste Ergebnisse des Modellprojekts „Unsere Zukunft isst oberfränkisch!“ ERNÄHRUNG von CAROLA CLAUSNITZER und MARTINA WIRTH: Im Frühjahr 2013 wurde das Projekt „Unsere Zukunft isst oberfränkisch! Schulessen aus der Region für die Region“ ins Leben gerufen. Ziel des Projekts war es, den Einsatz regionaler Produkte und Anbieter im Bereich Schulverpflegung in Oberfranken zu verstärken. Die Erkenntnisse der ersten Modellphase zeigen, dass detaillierte Vorarbeit und Recherche von hoher Bedeutung sind: Speisenanbieter sollten sich vorab informieren, welche Produktgruppen in der Region angeboten werden und dann auch erst mit wenigen Produktgruppen beginnen. Für diese Umstellung sollte etwa ein Schuljahr eingeplant werden. In Bayern gibt es über 1 300 offene Ganztagesschulen und über 900 Schulen mit gebundenem Ganztagesangebot. Diese Einrichtungen sind dazu verpflichtet, ihren Schülerinnen und Schülern ein Mittagessen anzubieten. Der Qualitätsstandard für die Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) empfiehlt, neben der ernährungsphysiologischen Qualität, auch auf Nachhaltigkeitsaspekte wie Regionalität und ökologische Erzeugung bei der Beschaffung der Lebensmittel zu achten. Durch den Skandal um virenverseuchte Tiefkühlerdbeeren an ost- AA Schulen und Projektpartner starteten gemeinsam die erste Modellphase für die MD Martin Neumeyer (4. v. r.) den offiziellen Startschuss gab. Quelle: KErn deutschen Schulen im Herbst 2012 fühlte sich die Regionalinitiative Genussregion Oberfranken in der Pflicht auf die Qualität und vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, LandSituation in der Schulverpflegung hinzuweisen. Durch die- wirtschaft und Forsten eingerichtet wurde. Auf Basis der sen Impuls entstand die Idee für das Projekt „Unsere Zu- Projektziele unterteilte man das Projekt in drei Phasen und kunft isst oberfränkisch! Schulessen aus der Region für die baute es als ein erweitertes Schulverpflegungs-Coaching Region“. Angelegt als ein Modell- und Kooperationsprojekt auf. arbeiteten verschiedene Projektpartner wie die Genussregion Oberfranken e. V., der Cluster Ernährung, der BayeriWissenschaftliche Begleitung zu Beginn sche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern e. V., Wissenschaftliche Grundlagen lieferten zwei Abschlussardie Handwerkskammer für Oberfranken und die Regierung beiten der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die sich von Oberfranken zusammen an der Umsetzung. Die Koor- mit den Potenzialen und Kosten einer regionalen Schulverdination des Projekts obliegt dem Kompetenzzentrum für pflegung in Oberfranken auseinandersetzten. Des Weiteren Ernährung im Bereich Ernährungswirtschaft und Produk- begleitete eine Studentengruppe der Hochschule Coburg tion, sowie der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Ober- zwei Semester lang das Modellprojekt mit wichtigen Beiträfranken, an der eigens für dieses Projekt eine Projektstelle gen für die spätere Umsetzung. Bei der Auswahl der Modell- 50 SUB 6-7/2015 ERNÄHRUNG schulen und Speisenanbieter achtete das Projektteam bewusst darauf, verschiedene Schul- und Speisenanbieterformen einzubeziehen, um einen möglichst großen Erkenntnisgewinn zu erhalten (siehe Tabelle 1). Die teilnehmenden Speisenanbieter wurden im Rahmen einer Umfrage gebeten, ihre aktuellen Liefermengen und den Verarbeitungsgrad der einzelnen Produktgruppen zu dokumentieren. Diese Zahlen lieferten den Erzeugern regionaler Produkte ein möglichst genaues Bild über den Bedarf in der Schulverpflegung. Mit Hilfe der Genussregion Oberfranken und den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurden Listen mit Erzeugeradressen angefertigt, die den Speisenanbietern in der Modellphase zur Verfügung gestellt wurden. Zusätzlich wurden eine telefonische Befragung und eine Informationsveranstaltung zum Modellprojekt für interessierte Erzeuger abgehalten. Präsentation eines regionalen Wochenspeiseplans, stellte sich der Speisenanbieter mit seinem Angebot bei den Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Vertretern des Elternbeirates und dem Sachaufwandsträger vor. Start der Modellphase mit Aktionstagen Bei der Auftaktveranstaltung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth im November 2013 wurde den Modellschulen und Speisenanbietern der offizielle Startschuss gegeben. Während der Veranstaltung konnten sich die Modellteilnehmer bei den Good-Practice Vorträgen von Gilbert Bielen (Küchenleiter des Kinderkrankenhaus St. Marien in Landshut) und Alexander Pilling (Leader Manager des Saale-Orla-Kreises) für ihr Vorhaben Anregungen holen und sich untereinander austauschen. In den darauffolgenden Wochen fanden Aktionstage in den Modellschulen zum Thema „Schulessen aus der Region“ statt. Die Gestaltung und den Zeitpunkt wählten die Schulen selbst. Beispielsweise organisierten die Schulen Bauernhofund Wochenmarktbesuche, Elternabende, einen Schulmarktplatz und ein gemeinsames Kochen mit regionalen Lebensmitteln. Weitere Aktionstage fanden im März und April 2014 statt. Hier veranstalteten die Modellschulen Mensatage, bei denen der Speisenanbieter im Vordergrund stand: Neben der Themen der Netzwerktreffen waren: AA„Abwechslungsreiches Schulessen in jeder Jahreszeit“ AA„Regionalität im Unterricht“ AA„Schulverpflegung regional und ökologisch“ Modellschule Speisenanbieter Grund- und Mittelschule Weidenberg Zubereitungsküche Grundschule Kulmbach-Burghaig Menüfaktur – Diako Oberfranken Grund- und Mittelschule Stadtsteinach-Untersteinach Caritas Kulmbach Ab Januar 2014: Hümmer Catering & Eventservice Obere Volksschule Café & Restaurant Sternstunde Ab September 2014: Menüfaktur Diako Oberfranken Gymnasium Münchberg Zubereitungsküche „PiKANT“ Jean-Paul-Gymnasium Hof Jugendherberge Hof AA Tabelle 1: Teilnehmende Modellschulen und Speisenanbieter SUB 6-7/2015 „Bereits während der Mensatage waren die ersten Produktumstellungen erfolgt.“ Als begleitende Maßnahmen während der Modellphase wurden Netzwerktreffen an den Modellschulen organisiert. Teilweise waren diese auch für RegioTreff-Teilnehmer offen (Der RegioTreff ist eine regionale Plattform zum Erfahrungsaustausch für engagierte Akteure in der Schulverpflegung). Fazit und Ausblick Fünf der sechs Modellschulen bezogen am Ende der Modellphase (Schuljahr 2013/2014) ein bis zwei Produktgruppen aus der Region. Diese Produkte entsprachen größtenteils den landwirtschaftlichen Produktionsschwerpunkten der Regionen Kulmbach, Bayreuth und Hof: Kartoffeln, Fleischund Wurstwaren. Eine Modellschule Gesamtschülerzahl musste aufgrund eines kurzfristigen Wechsels des Speisenanbieters vor546 zeitig ausscheiden, griff aber ver92 mehrt das Thema Regionalität im Un241 terricht auf. Alle Modellschulen, die bis zum 120 Ende der Projektphase dabei waren, empfanden das Projekt als gelungen. Die Schülerinnen und Schüler profi780 tierten von mehr regionalen Lebens470 mitteln, welche einen festen Platz in den Speiseplänen gefunden haben. 51 ERNÄHRUNG Neben der Vernetzungsmöglichkeit zwischen Schulen und Speisenanbietern wurde der Austausch untereinander angeregt, Wissen und aktuelle Kenntnisse zur regionalen Verpflegung weitergegeben und für die Thematik sensibilisiert. Auch erschien alle zwei Monate ein Newsletter, welcher alle Beteiligten über den aktuellen Stand des Projekts informierte. ERNÄHRUNG Aus den Rückmeldungen der Schulen und Speisenanbieter ging hervor, dass sich manche von ihnen noch konkretere Unterstützung bei der Umsetzung gewünscht hätten. Diesem Wunsch wird in einer neuen Modellphase im Schuljahr 2015/2016 nachgekommen. Die Erkenntnisse der ersten Modellphase sind: AADetaillierte Vorarbeit und Recherche sind von hoher Bedeutung: Der Speisenanbieter sollte sich vorab informieren, welche Produktgruppen in der Region angeboten werden. AAKleine Schritte führen zum Erfolg: Es sollten nicht alle Produktgruppen auf einmal umgestellt werden, sondern mit 1 – 2 Produktgruppen begonnen werden. AAEinführung regionaler Produkte braucht Zeit: Für die Umstellung von 1 – 2 Produktgruppen sollte etwa ein Schuljahr eingeplant werden. Die nächste Projektphase wird verstärkt das Thema BioRegio aufgreifen. Es ist geplant auf Grundlage des Schulverpflegungs-Coachings eine Zubereitungs- und eine Verteilerküche, die mindestens eine Schule und eine KiTa mit Mittagessen versorgen, intensiv zu unterstützen. Für die Erhöhung der Akzeptanz bio-regionalen Essens soll ein Kommu- Infobox: Aus den Erkenntnissen entstand ein Praxisleitfaden, der zum Download bereit steht unter: www.schulverpflegung.bayern.de www.kern.bayern.de nikationskonzept erarbeitet und getestet werden. Im Hintergrund werden bayernweit Erzeuger und Verarbeiter von bio-regionalen oder regionalen Produkten recherchiert und der Dialog mit dem Großhandel gesucht. CAROLA CLAUSNITZER VERNETZUNGSSTELLE SCHULVERPFLEGUNG OBERFRANKEN AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN BAYREUTH [email protected] MARTINA WIRTH KOMPETENZZENTRUM FÜR ERNÄHRUNG – KERN [email protected] ERNÄHRUNG 4. Bayerische Ernährungstage: Erlebnis für die ganze Familie Ernährung erleben! Komm zum großen Kindertag der Ernährung! Melde Dich jetzt an zur Kinder-Uni auf www.ernaehrungstage.de/kinderuni Bayerische Ernährungstage Samstag, 27. Juni 2015 von 10 bis 18 Uhr f lla ühr t d u r c h d a s Ta g es p ro Im Schmuckhof des Ernährungsministeriums, Ludwigstraße 2 in München U-Bahn: Odeonsplatz r. ate he t nt mi Li ve mu sik, Zumb F a und igu re www.ernaehrungstage.de Kindertag der Ernährung im Schmuckhof des Ernährungsministeriums. Während der Nachwuchs in der Kinder-Uni erfuhr, warum der Körper Nährstoffe braucht, fanden Eltern Informationen zum Beispiel zum „richtig guten“ Pausensnack oder zur Verpflegung an Schulen und Kitas. Und die ganze Familie konnte mitmachen bei Kochevents und einem bunten Rahmenprogramm mit Musik, Bewegungsspielen und Theater. Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit den Fachzentren für Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung boten vom 13. bis 28. Juni Aktionen, bei denen sich gesunde Kinder ernährung mit allen Sinnen erleben ließ. Mehr Informationen: « « Radio mm Ara gra be Kindertag der Ernährung Die Bayerischen Ernährungstage vom 12. bis 28. Juni 2015 standen dieses Jahr unter dem Motto "Gesund essen - ein Leben lang" mit dem Schwerpunktthema Kinderernährung und Sensorik. Gesunde Ernährung und Spaß an der Bewegung sind entscheidend für die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Mit verschiedenen Aktionen richtete sich das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gezielt an Kinder und ihre Eltern. Den Höhepunkt der Ernährungstage bildete am 27. Juni der große www.ernaehrungstage.de AA Das aktuelle Poster des Kindertags 52 SUB 6-7/2015 Ernährung Kräuter und Gewürze Kompendium zeigt Vielfalt, Geschmack und Genuss auf Während im 15. Jahrhundert Kräuter und Gewürze aus Prestigegründen reichlich verwendet wurden, steht heutzutage der Eigengeschmack der Speisen im Vordergrund, d. h. Würzmittel werden gezielt ausgewählt und dosiert, um Speisen eine besondere Note zu geben. Würzpflanzen entfalten je nach Protein- und Fettzusammensetzung der Speise unterschiedliche Aromaprofile. Mithilfe verschiedener mechanischer, chemischer oder thermischer Verarbeitungsschritte in Industrie und Haushalt lassen sich die Spektren der originär in den Kräutern und Gewürzen vorkommenden Aromastoffe erweitern. Aus den gleichen Grundzutaten entstehen durch die Verwendung unterschiedlicher Kräuter und Gewürze immer wieder neue Gerichte, wie die Kochtraditionen verschiedener Länder zeigen. keit zur intensiven Geschmackswahrnehmung abnimmt, können Speisen durch das Würzen besser wahrgenommen werden. Dadurch kann beispielsweise der kritischen Appetitlosigkeit bei Senioren entgegengewirkt werden. Doch nicht nur bei älteren Menschen spielen Geschmackserlebnisse eine wesentliche Rolle, sondern auch bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, da die angeborenen Vorlieben durch erlernte Präferenzen erweitert und überlagert werden. Ein frühzeitiger Einsatz von Kräutern und Gewürzen kann dazu beitragen, das Fehlen des Geschmacksträgers Fett zu kompensieren bzw. den Salzverzehr zu reduzieren. Um diesen günstigen Effekt der Kräuter und Gewürze nicht durch diverse Kontaminationen zu verringern, ist ein durchgehendes Qualitätssystem von der Erzeugung, über Ernte, Lagerung, Transport und Bearbeitung erforderlich. Rechtliche Regelungen – auch im Hinblick auf Bestrahlung –, staatlich beauftragte Kontrollen sowie weitere Qualitätsparameter tragen zur Sicherheit der Verbraucher beim in Verkehr bringen der mikrobiologisch sensiblen Ware bei. Nährwert und Gesundheitswert Grundsätzlich ist der Beitrag von Kräutern zur Deckung des Nährstoffbedarfs relativ niedrig, da den Gerichten in der Regel nur geringe Mengen zugegeben werden. Eine besondere Bedeutung spielen die sekundären Pflanzenstoffe, deren WirRezeptteil verdeutlicht den Gebrauchswert kung jedoch noch nicht vollständig erforscht ist. Das Kompendium beschreibt in den einzelnen Steckbriefen die wich- Um die Aromastoffe, z. B. ätherische Öle sowie Gerb-, Bittigsten Inhaltsstoffe von etwa 50 würzenden Pflanzen sowie ter- und Scharfstoffe, im Lebensmittel zu erhalten sind Kräuter und Gewürze vor Licht, Temperatur und Sauerstoff Handelsformen und Verwendung näher. Die bekannte gesundheitsförderliRote-Bete-Dipp che Bedeutung von Gewürzen und Eine ideale Vorspeise mit regionalem Gemüse, das mit Kräutern beruht vor allem auf der AnreKardamom und Chili gewürzt wird. gung von Verdauungssekreten in Form Die Kapsel des Kardamoms sollte frisch und geschlossen sein. Das volle Aroma ist im Samen zu finden und kann von Speichel, Galle und Magensäure, durch Anrösten verstärkt werden. Grüner Kardamom verwodurch die Verdauung gefördert und leiht der roten Bete eine Frische, die sich in Verbindung die Bekömmlichkeit des Essens – nicht mit der sauren Sahne voll entfaltet, während Chili Schärfe verleiht. Etwas Petersilie bringt frische Würze. nur im Alter – zunimmt. Da im Alter die Anzahl an Ge- AA Abbildung 1: Vielfalt genießen: Wer die Kunst des Würzens beherrscht, kann das Zusammenspiel der verschiedenen Aromen erleben und auskosten (Auszug aus dem Rezept „Rote-Bete-Dipp“ ) schmacksknospen und somit die Fähig- SuB 6-7/2015 53 Ernährung von Sirkka Spreidler und Birgit Distler: Kräuter und Gewürze faszinieren mit ihrer Farbenpracht und sprechen in ganz besonderer Weise unsere Sinnesorgane und unsere Emotionen an. Die bewusste Wahrnehmung mit allen Sinnen trägt zu einem nachhaltigen Geschmackserlebnis und positiven Lebensgefühl bei. Daher sind Würzpflanzen aus einer modernen Küche nicht wegzudenken. Kräuter und Gewürze können ganzjährig frisch oder verarbeitet verwendet werden, wodurch diverse sensorische Noten erzielt werden können. Das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) hat ein Kompendium und einen Vortrag zu Kräutern und Gewürzen entwickelt mit ernährungsphysiologischen, sensorischen und technologischen Inhalten, aber auch Rezepten und Informationen zum Einsatz von Kräutern und Gewürzen in der Küche. ERNÄHRUNG ERNÄHRUNG AA Abbildung 2: Vielfalt schmecken: Nach Einführung in die Sensorik (links) werden die Pfefferarten mit allen Sinnen verkostet (rechts) zu schützen und erst kurz vor der Verwendung zu zerkleinern. Für den Einsatz der verschiedenen würzenden Pflanzen gibt der Rezeptteil im Kompendium (siehe Abbildung 1) viele Anregungen. Eine Gewürz-und-Kräuter-Matrix erleichtert das Auffinden von Gerichten mit bestimmten würzenden Zutaten. Die Rezepte enthalten auch Hinweise, wie die Gewürze oder Kräuter ersetzt werden können, wenn Allergien oder geschmackliche Vorbehalte bestehen. Des Weiteren bietet der Fachpraxisteil Informationen zur Verwendung im Hinblick auf Haltbarmachung und Steigerung des Genusswertes. Dabei steht der Eigengeschmack der Speisen im Vordergrund, d. h. Würzmittel werden gezielt ausgewählt und wohldosiert zugegeben, um den Gerichten eine besondere Note zu geben. Durch kreative, eigene Kräuter-Gewürz-Kompositionen lässt sich die Aufnahme von Salz oder anderen geschmacksgebenden Zutaten gegenüber fertigen Gewürzzubereitungen oder -salzen einschränken. Übungen lassen Genusswert praktisch erleben Abgesehen von den „ernährungsphysiologischen, hygienischen und technologischen Aspekten“ spielt bei der Qualitätsbeurteilung eines Lebensmittels auch der sensorische Wert eine entscheidende Rolle. Alle unsere fünf Sinne entscheiden mit, ob uns Kräuter und Gewürze isoliert oder in Gerichten schmecken oder nicht. Zuerst kommt der optische Eindruck, dann gegebenenfalls das Fühlen und Tasten mit der Hand, bevor wir daran riechen und die Würzmittel schließlich probieren. Beim Schmecken handelt es sich jedoch nicht nur um die Wahrnehmung der Grundgeschmacksrichtungen. Vielmehr bezieht es die Sinneswahrnehmungen der Nase und der Zunge im Hinblick auf das Riechen, die Haptik und Beschaffenheit sowie die Empfindung von Temperatur und Schärfe mit ein. Für den „Geschmack“ (=Flavour) von zentraler Bedeutung ist das Riechen. Dies erfolgt zum einen direkt über 54 die Nase und zum anderen beim Kauen retronasal über den Rachenraum (siehe Abbildung 2, links). Diese theoretischen Informationen zur Sinneswahrnehmung können in praktischen Übungen mit den Schulungsmaterialien umgesetzt und erfahren werden. Durch das Verkosten von verschiedenen Pfefferarten lassen sich Unterschiede im Aussehen und Geruch sowie Geschmack feststellen und in einem sensorischen Netz eintragen (siehe Abbildung 2, rechts). Bei den Sinnesübungen zeigt es sich, dass bereits ein Gewürz verschiedene „Feuerwerke für die Sinne“ – in Abhängigkeit von Art und Verarbeitung – auslösen kann. Generell wird diese Flut an Sinneseindrücken umgewandelt, neuronal weitergeleitet und anschließend mit einer Art „kulinarischem Gedächtnis“ verglichen. Ein besonders sensibles Zeitfenster zur Entwicklung dieses Erfahrungsschatzes sind dabei die ersten Lebensjahre. Da (Klein-)Kinder sich sehr leicht an den Geschmack und die Geschmacksintensität der angebotenen, gewürzten Speisen gewöhnen, ist ein frühzeitiges Training der Sinneswahrnehmung von großer Bedeutung. Daher steht diese Thematik auch bei den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten während der Ernährungstage im Jahr 2015 schwerpunktmäßig im Fokus. Die Inhalte der Materialien im Hinblick auf die optische und aromatische Vielfalt von Kräutern und Gewürzen lassen sich sicherlich auch bei den Aktionstagen gemäß dem Motto „Entdecken – schmecken – genießen – ein Leben lang“ einbringen bzw. verknüpfen. SIRKKA SPREIDLER BIRGIT DISTLER KOMPETENZZENTRUM FÜR ERNÄHRUNG – KERN [email protected] [email protected] SUB 6-7/2015 BLICKPUNK T EUROPA Luxemburg übernimmt Ratspräsidentschaft von DR. ANJA HENSEL-LIEBERTH: Luxemburg übernimmt zur Jahresmitte die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union. Ein erfahrener Europäer übernimmt das Ruder, zum zwölften Mal in dieser bedeutenden Funktion. Was macht dieses kleine Großherzogtum so bedeutend für Europa oder Europa für es? Ein kleines Land, das durch seine hervorragenden Wirtschaftsdaten auffällt. Wenngleich hierbei die Landwirtschaft nur eine ungeordnete Bedeutung hat, lohnt sich der Blick auf den Staat, der für die EU in den nächsten sechs Monaten die Führungsrolle übernimmt. Daten zum Land und Informationen über die aktuellen Entwicklungen sind im folgenden Beitrag zusammengefasst. Regierungskoalition aus Liberalen (DP), Luxemburgischer Sozialistischer Arbeiterpartei (LSAP), je 13 Sitze, sowie den Grünen (Déi Greng, 6 Sitze) löste die Regierung der Christlich Sozialen Volkspartei (CSV/PCS) Jean Claude Junckers ab, der von 1995 bis 2013 Premierminister des Landes war. In Luxemburg leben auf einer Fläche von 2 586 km² 549 680 Menschen. Damit ist die Bevölkerungsdichte mit der Italiens vergleichbar. Im Land leben 300 766 Luxemburger, 91 000 Portugiesen, 37 000 Franzosen, 19 000 Italiener, 1 800 Belgier und 1 300 Deutsche. Diese Zahlen sind nach Aussage des Auswärtigen Amtes nie genau, da viele Luxemburger doppelte Staatsangehörigkeit haben. Luxemburg hat drei offizielle Amtssprachen: lëtzebuergesch, französisch und deutsch (1). Die Land- und Forstwirtschaft Seit Jahren liegt das luxemburgische Bruttoinlandsprodukt Infobox 2: Lohhecken Infobox 1: Exkurs in den europäischen Adel Der vollständige Name des Großherzogen Henri lautet: „Seine Königliche Hoheit Henri, Großherzog von Luxemburg, Herzog von Nassau, Prinz von Bourbon-Parma, Graf von Sayn, Königstein, Katzenelnbogen und Diez, Burggraf von Hammerstein, Herr von Mahlberg, Wiesbaden, Idstein, Merenberg, Limburg und Eppstein“. Hier werden die Verbindungen zu zahlreichen europäischen Regionen deutlich. Doch gerade zu Bayern gibt es besondere Verbindungen: Sein Ururgroßvater war der bayerische Herzog Carl Theodor in Bayern, der jüngere Bruder Kaiserin Sissis und Schwiegervater des letzten bayerischen Kronprinzen Rupprecht von Bayern. Die Urgroßmutter Elisabeth Gabriele Valérie Marie Herzogin in Bayern war an der Seite Königs Albert I. von 1909 bis 1934 Königin von Belgien. Die Thronfolge des Großherzogtums wurde 2010 neu geregelt. Seit fünf Jahren gilt, dass zukünftig die Erstgeborenen – ob Tochter oder Sohn – den Thron besteigen werden (2a). SUB 6-7/2015 Lohhecken, die zur Gewinnung der Eicherinde (Lohe) angelegt wurden, finden sich vor allem im Rheinischen Schiefergebirge in Luxemburg. Die Landschaft ist durch viele steile Hänge mit flachgründigen, sauren Schieferböden geprägt. An diesen Standorten konnte sich weder Landwirtschaft noch Wertholzproduktion entwickeln. Die Eichen-Niederwälder nahmen um 1900 ca. 26 000 ha Fläche ein. Lohe wird wegen seines hohen Tanningehalts als Gerbstoff für Leder, in der Naturheilkunde und für Kosmetika verwendet. (6) Diese Niederwaldnutzung wurde unrentabel und dadurch aufgegeben. Durch Kahlschlag alle 15 – 30 Jahre mit anschließender Nutzung der Parzelle verschwand im Laufe der letzten Jahrzehnte eine der traditionellsten Waldbewirtschaftungsformen in diese Region. Neben dem kulturelles Erbe, aber der Energiequelle ging zunehmend ein wertvoller Lebensraum, insbesondere für das Haselhuhn, verloren. Mittels LEADER konnten im Projekt „Lohhecken – Energie- und Biotopspender“ Maßnahmen finanziert werden, um Holznutzung und die Erhaltung des Lebensraums in Einklang zu bringen (7). 55 EUROPA UND MARKT Luxemburg – Staat und Land Luxemburg ist in der Europäischen Union tief verwurzelt und mit seinen europäischen Funktionen und Aufgaben ein bekannter Partner. Es zählt zu den sechs Gründungsmitgliedern der Europäischen Union und führte allein zwischen 1960 und 2004 elf Mal den Europäischen Rat. Zahlreiche Institutionen der Gemeinschaft beherbergt der Staat: Er ist Sitz des Europäischen Gerichtshofs, des Europäischen Rechnungshofs, der Europäischen Investitionsbank und des Sekretariat des Europäischen Parlaments. Luxemburg ist eine Parlamentarische Demokratie in der Form einer konstitutionellen Monarchie. Das Großherzogtum wurde nach wechselnden Zugehörigkeiten 1839 von den Niederlanden unabhängig. International anerkannt wurde der Staat 1867. Staatsoberhaupt ist seit 7. Dezember 2000 der sechzigjährige Großherzog Henri. Das Staatsoberhaupt nimmt heute nahezu ausschließlich repräsentative Aufgaben wahr. Die Regierung Luxemburgs führt seit 4. Dezember 2013 Premierminister Xavier Bettel (Demokratesch Partei, DP). Seine BLICKPUNK T EUROPA EU-Nachrichten: Mehr Transparenz bei TTIP Die geplante Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA, kurz TTIP, wird in breiten Teilen der Gesellschaft intensiv und kontrovers diskutiert. Oftmals basieren die Argumente aber nicht auf Fakten. Um den Bedenken vieler Bürgerinnen und Bürger Rechnung zu tragen, will die neue Handelskommissarin Cecila Malmström für mehr Offenheit und Transparenz bei den Verhandlungen sorgen. Das Verhandlungsmandat und viele Positionspapiere sind bereits unter der alten Kommission veröffentlicht worden. Nun sollen weitere Dokumente folgen. Wie der Stand der Dinge ist, welche Positionen, roten Linien und bisherigen Ergebnisse bei den Gesprächen herausgekommen sind, ist auf den Seiten der Kommission nachlesen unter http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm Weitere Nachrichten unter: http://ec.europa.eu/deutschland/press/eu_news/index_de.htm EUROPA UND MARKT pro Kopf mit 85 640 Euro/Kopf (2014), abgesehen von Liechtenstein und Monaco, weltweit an der Spitze aller Länder. Die wirtschaftliche Situation Luxemburgs korrekt zu beschreiben fällt schwer. Die Berechnung der Wirtschaftsdaten ist nicht einfach vergleichbar mit anderen Staaten. So werden beim BIP nur die Einwohner des Landes im Quotienten, nicht aber die zahlreichen Pendler über die Staatsgrenzen eingerechnet. Und ein kleinerer Quotient bewirkt ein höheres Ergebnis. Die Landwirtschaft hat mit 130 Mio. Euro einen Anteil von nur 0,3 Prozent an der Bruttowertschöpfung zu Herstellerpreisen des Landes und auch die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie hat mit 0,7 Prozent nur einen geringen Anteil daran. Nur 1,3 Prozent der Arbeitnehmer sind in der Landwirtschaft tätig (3). Eine Fläche von 131 492 Hektar wird in Luxemburg landwirtschaftlich genutzt, vorrangig als Weideland und für Acker- und Gartenbau. Die vor allem familiengeführten Betriebe zählen mit einer durchschnittlichen Fläche von 61,5 Hektar zu den größeren in Europa; knapp zwei Drittel der Betriebe bewirtschaften mehr als 20 Hektar Fläche. Mit seiner Weinbaufläche, die ca. 1 300 Hektar beträgt, ist Luxemburg das kleinste Weinbauland in Europa. Im Tal der Obermosel, wo der Fluss auf 42 Kilometer Länge die Grenze zu Deutschland bildet, wird fast ausschließlich Weißwein angebaut (4). Europa links unten Im Juni 2015 wurden es 30 Jahre, dass die Europaflagge vom Europäischen Rat als offizielles Symbol eingeführt wurde, und 60 Jahre seit ihrer Einführung durch den Europarat. Zu diesem Jubiläum werden alle 19 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsraums in der zweiten Jahreshälfte 2015 eine Gedenkmünze mit einer gemeinsamen nationalen Seite ausgeben. Über das Design der Gedenkmünze konnten die Europäer abstimmen. Mehr als 100 000 europäische Bürgerinnen und Bürger haben für ihre Lieblingsmünze gestimmt. Der Münzentwurf Nummer 4 ist der Gewinner. Der Entwurf stammt von George Stamatopoulos, Designer bei der Bank von Griechenland. 56 Gut ein Drittel des Landes ist bewaldet, vorwiegend mit Rotbuchen, Eichen, Ahorn und Fichten. Dabei nehmen Eichen-Niederwälder, die so genannten Lohhecken heute ca. 11 000 ha (2006) ein. Mehr als die Hälfte der Waldfläche ist Privatwald (55 Prozent), den sich rund 14 000 Privatbesitzer teilen. Die durchschnittliche Größe eines Privatwaldbesitzes beläuft sich auf ca. 3,5 Hektar (5). Literatur: (1) AUSWÄRTIGES AMT (2013): Außen- und Europapolitik, Länderinformationen: Luexemburg, URL: http://www. auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/ Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Luexemburg_ node.html, Stand Februar 2015 (2) WIKIPEDIA, Die freie Enzyklopädie (2015): Seite „Luxemburg“, URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Luxembu rg&oldid=142992802 (Mai 2015) (2a) WIKIPEDIA, Die freie Enzyklopädie (2015): Seite „Großherzog_ Henri“, URL: https://de.wikipedia.org/w/index. php?title=Henri_(Luxemburg)&oldid=142828898 (Mai 2015) (3) EUROSTAT, EUROPEAN COMMISSION (2013): Agriculture, forestry, and fishery statistics; Pocketbook, 2013 edition. URL: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/ KS-FK-13-001/EN/KS-FK-13-001-EN.PDF, (http://www.ser. public.lu/publikationen/Landwirtschaft_in_Luxbg/ lux_landw_zahl_de.pdf) (4) INSTITUT VITI-VINICOLE (2014) : Weinbau in Luxemburg, URL : http://www.ivv.public.lu/anbaugebiet/index.html, Mai 2015 (5) MINISTÈRE DE L'ENVIRONNEMENT (2014): Die Resultate des Luxemburger Landeswaldeinventars, URL: http:// privatbesch.lu/fileadmin/filedump/GDS_Luxemburger_ Wald_RZ3_180511-Ansicht-Einzelseiten.pdf) (6) M. REDMANN, et al. (2013): Lohhecken in Luxemburg: Entwicklungsoptionen aus verschiedenen Blickwinkeln, Vortrag beim Waldsymposium: „Trends im Bësch“, Wiltz (7) Büro LEADER Eschdorf (n.d.):Lohhecken – Energie- und Biotopspender, URL: http://rw.leader.lu/projet/lohheckenenergie-und-biotopspender/, (Mai 2015) DR. ANJA HENSEL-LIEBERTH BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT [email protected] SUB 6-7/2015 EUROPA UND MARK T Die Entwicklung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels Bayerns 2014 Differenzierung nach Produkten – Teil 1 von JOSEF HUBER und HERBERT GOLDHOFER: Im letzten Jahr erzielten sowohl die ernährungswirtschaftliche Aus- als auch Einfuhr trotz des schwachen Wirtschaftswachstums in der EU-28 und im Euro-Währungsgebiet neue Rekordstände. Der Gesamtwert der ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren stieg 2014 um 2,6 Prozent und erreichte mit 8,71 Mrd. Euro einen neuen Höchstwert. Käse, Milch und Milcherzeugnisse sowie Fleisch und Fleischwaren sind seit langem die drei bedeutsamsten Ausfuhrprodukte. Die Einfuhren nahmen um 1,0 Prozent auf 8,12 Mrd. Euro zu. Bei den eingeführten Produkten lag Käse an erster Stelle, gefolgt von Obst einschließlich Südfrüchten sowie Fleisch und Fleischwaren. Käse und Milch führen Ausfuhren an Von den verschiedenen ernährungswirtschaftlichen Produkten Bayerns ist Käse bei der Ausfuhr am wichtigsten. Der Exportwert lag 2014 bei 1,65 Mrd. Euro (siehe Abbildung 1) und war damit um 5,9 Prozent höher als 2013. Dabei nahmen die exportierte Menge um 5,1 Prozent und der durchschnittliche Produktpreis um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. An zweiter Stelle in der Reihenfolge der Ausfuhrwerte standen Milch und Milcherzeugnisse. SUB 6-7/2015 Darunter werden in der Außenhandelsstatistik auch Rahm, Buttermilch, saure Milch, Kefir und Molke, Magermilchpulver, Vollmilchpulver, Molkenpulver sowie Joghurt mit und ohne Fruchtzusätze zusammengefasst. Der Wert der Ausfuhr dieser Warenuntergruppe stieg gegenüber 2013 von 1,21 Mrd. Euro auf 1,25 Mrd. Euro oder um 3,5 Prozent. Der mengenmäßige Absatzrückgang um 1,3 Prozent wurde durch Preiszuschläge in Höhe von 5,0 Prozent überboten. Export von Fleisch und Fleischwaren gesunken Bei den auf dem dritten Rang folgenden Fleisch und Fleischwaren fiel der Exportwert um 1,9 Prozent auf 1,05 Mrd. Euro. Dabei sanken die durchschnittlichen Produktpreise um 7,8 Prozent und der mengenmäßige Absatz stieg um 6,4 Prozent. EUROPA UND MARKT Ernährungswirtschaftliche Ausfuhren Nach vorläufigen Ergebnissen des Bayerischen Landesamtes für Statistik exportierten die gewerbliche Wirtschaft und die Ernährungswirtschaft Bayerns im vergangenen Jahr Produkte im Wert von insgesamt 168,9 Mrd. Euro. Auf Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft entfielen 8,71 Mrd. Euro. Zu den ernährungswirtschaftlichen Produkten werden neben Agrarprodukten, Lebens- und Futtermitteln auch Genussmittel gezählt. Dabei übertraf die Ausfuhr der Ernährungswirtschaft mit einer Steigerung von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr die gewerbliche Wirtschaft um 2,0 Prozent. Im Vorjahr, also 2013, wurden ernährungswirtschaftliche Waren im Wert von 8,49 Mrd. Euro exportiert. Demzufolge hat die Ausfuhr der Land- und ErnährungswirtMio. € schaft im letzten Jahr um 220 Mio. Euro oder um 2,6 Prozent zugenommen. * vorläufig. Quelle: Bay. LfStaD. AA Abbildung 1: Ausfuhrwert der wichtigsten ernährungswirtschaftlichen Produkte Bayerns in den letzten beiden Jahren IEM 1 57 EUROPA UND MARK T EUROPA UND MARKT Bei lebenden Tieren erhöhte sich der Exportwert um 6,6 Prozent auf 154 Mio. Euro. Dabei übertrafen die angestiegenen Exporte bei Rindern und Schweinen die niedrigeren Ausfuhren bei Pferden und Hausgeflügel. Die wertmäßige Summe aus Tierischen Produkten und lebenden Tieren stieg um 3,1 Prozent und erreichte 2014 einen Exportwert von 4,34 Mrd. Euro. Dies wurde vor allem wegen der höheren Verkaufserlöse bei Käse sowie Milch und Milcherzeugnissen erreicht. Wie Abbildung 2 zeigt, hatte diese Warenhauptgruppe im letzten Jahr einen Anteil am gesamten Ausfuhrwert der bayerischen Ernährungswirtschaft von 49,8 Prozent. Steigerung bei Export Pflanzlicher Erzeugnisse Die Summe des Exportwertes bei den Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs machte im letzten Jahr 3,25 Mrd. Euro aus und bedeutete gegenüber 2013 eine Steigerung um 2,9 Prozent. Der Anteil von Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs an den gesamten ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren lag 2014 bei 37,3 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr). Bei dieser Warenhauptgruppe stechen die „Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs, anders nicht genannt“ hervor. Deren Ausfuhrwert vergrößerte sich im letzten Jahr auf 867 Mio. Euro (+9,1 Prozent). Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise Essig, Suppen, Brühen, Pflanzensäfte, Würzsoßen und Eiweißkonzentrate. Des Weiteren sticht bei den pflanzlichen Produkten auch die Warenuntergruppe „Backwaren und andere Zubereitungen aus Getreide“ mit einem Exportwert von 565 Mio. Euro und einer Steigerung um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr hervor. Dazu gehören Teigwaren, Kekse, Knäckebrot und Waffeln. Zudem sind auch mit Fleisch gefüllte Teigwaren, wie z. B. Ravioli, Maultaschen oder Lasagne, eingeschlossen. Das drittwichtigste Exportprodukt von pflanzlichen Erzeugnissen sind Zuckerrüben, Zucker und Zuckererzeugnisse. Der Exportwert fiel von 318 Mio. Euro 2013 auf 315 Mio. Euro im Jahr 2014 (–0,7 Prozent). Bedeutend beim Export der pflanzlichen Warengruppe waren auch noch Weizen mit einem Ausfuhrwert von 290 Mio. Euro (+35,7 Prozent), Kleie und sonstige Futtermittel mit 214 Mio. Euro (+5,8 Prozent) sowie Kakao und Kakaoerzeugnisse mit 150 Mio. Euro (+2,2 Prozent). Genussmittelexport hält Niveau Bei den Genussmitteln gab der Exportwert im vergangen Jahr geringfügig auf rund 1,13 Mrd. Euro nach und war damit um 0,2 Prozent unter dem Wert von 2013. Der Anteil an den ernährungswirtschaftlichen Exporten verringerte 58 % 60 56,6 Tier. Prod./leb. Tiere Pflanzl. Produkte Genussmittel 49,8 40 37,3 33,7 20 12,9 9,7 0 Ausfuhr Einfuhr * vorläufig. Quelle: Bay. LfStaD. - eigene Berechnungen IEM 1 AA Abbildung 2: Anteile der drei Warenhauptgruppen im ernährungs- wirtschaftlichen Außenhandel Bayerns 2014* (Gesamtwert jeweils 100 Prozent) sich zum Vorjahr um ein Prozent auf nur noch 12,9 Prozent (siehe Abbildung 2). Bei Bier (ohne alkoholfreie Biere) lag der Ausfuhrwert im letzten Jahr mit 420 Mio. Euro um 2,6 Prozent über dem Vorjahr. Der wertmäßig zweitwichtigste Produktbereich der Warenhauptgruppe 'Genussmittel' ist Rohtabak und Tabakerzeugnisse. Der erzielte Exportwert von 382 Mio. Euro bedeutet gegenüber 2013 ein Minus von 9,7 Prozent. Hopfen wurde im Wert von 189 Mio. Euro aus Bayern exportiert. Wegen der höheren Preise stieg der Exportwert um 5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ernährungswirtschaftliche Einfuhren Der Einfuhrwert von Produkten der Ernährungswirtschaft lag mit 8,12 Mrd. Euro wie bereits im Vorjahr über der 8 Mrd. Euro-Schwelle. Die Zunahme gegenüber 2013 belief sich auf 1,0 Prozent. In der Struktur unterscheiden sich die ernährungswirtschaftlichen Einfuhren erheblich von den Ausfuhren. Wie die Abbildung 2 zeigt, waren dabei Produkte pflanzlichen Ursprungs mit einem Anteil von 56,6 Prozent mit großem Vorsprung am bedeutendsten. Käse führt auch Import an Von den nach Bayern eingeführten Lebensmitteln blieb Käse mit einem Importwert von 896 Mio. Euro an erster Stelle (siehe Abbildung 3). Gegenüber 2013 bedeutet dies eine Zunahme um 0,9 Prozent. Obst und Südfrüchte erreichten trotz des Rückgangs um 0,9 Prozent mit rund 804 Mio. Euro den zweiten Rang. Die hohen Importe bei dieser Produktgruppe lassen sich durch den mit rund sieben Prozent sehr geringen Selbstversorgungsgrad Bayerns beim Obst erklären. Mit einer Verminderung um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 731 Mio. Euro belegten Fleisch und Fleischwaren SUB 6-7/2015 EUROPA UND MARK T Mio. € den dritten Rang der wertmäßig bedeutsamsten Einfuhrprodukte. Ein weiterer wichtiger Importbereich war Milch und Milcherzeugnisse, der sich um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 654 Mio. Euro und damit über dem Durchschnitt steigerte. Bei „Gemüse und sonstige Küchengewächse“ betrug der Einfuhrwert 575 Mio. Euro und war damit um 2,2 Prozent niedriger als 2013. „Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs, anders nicht genannt“ stellten mit einem Importwert von 552 Mio. * vorläufig. Quelle: Bay. LfStaD. Euro (+1,9 Prozent) die sechstwichtigste Warengruppe der ernährungsAA Abbildung 3: Einfuhrwert der wichtigsten ernährungswirtschaftlichen Produkte Bayerns in den IEM 1 wirtschaftlichen Einfuhren dar. letzten beiden Jahren Bei Genussmitteln machte der Einfuhrwert 787 Mio. Euro (–2,2 Prozent) aus. Wein stand dabei nen neuen Höchststand. Dabei erlangten die drei bedeutauf dem ersten Rang (366 Mio. Euro; +7,0 Prozent), darauf samsten Importprodukte Käse, Obst und Südfrüchte sowie folgte der Branntwein mit 216 Mio. Euro (–2,3 Prozent). Eine Fleisch und Fleischwaren knapp 30 Prozent der gesamten außerordentliche Verringerung gab es bei Rohtabak und Einfuhren. Wegen der höheren Steigerungen beim Export Tabakerzeugnissen, dem drittwichtigsten Einfuhrprodukt erhöhte sich der positive Außenhandelssaldo der bayeribei den Genussmitteln. Der Importwert sank um 33,9 Pro- schen Land- und Ernährungswirtschaft 2014 gegenüber zent auf nur noch 63 Mio. Euro. dem Vorjahr von 446 Mio. Euro auf 587 Mio. Euro. JOSEF HUBER HERBERT GOLDHOFER BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT INSTITUT FÜR ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT UND MÄRKTE [email protected] [email protected] Neu: Agrarmärkte 2015 SCHWÄBISCH GMÜND Agrarmärkte 2015 3 2015 Schriftenreihe ISSN 1611-4159 Im Juli 2015 erscheint die 11. Ausgabe der LfL-Schrift „Agrarmärkte“ als aktuelles Jahresheft 2015. Bereits vor Veröffentlichung der Druckausgabe stehen die 17 Einzelkapitel heuer zum ersten Mal online zur Verfügung. Das Jahresheft „Agrarmärkte“ wird vom Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte der LfL gemeinsam mit der Landesstelle für landwirtschaftliche Marktkunde der LEL Baden-Württemberg herausgegeben. Es stellt die Entwicklungen auf den wichtigsten Agrarmärkten dar und gibt eine Übersicht über die Marktzusammenhänge auf internationaler, europäischer und deutscher Ebene sowie auf Länder ebene (Bayern bzw. Baden-Württemberg). Landwirtschaftliche Betriebe, landwirtschaftliche Ausbilder und Auszubildende sowie Fach- und Hochschulen können mithilfe dieses „Standardwerks“ Markttrends besser erkennen und damit auf Marktentwicklungen besser reagieren. Sylvia Haaser-Schmid AA online www.lfl.bayern.de/iem/agrarmarkt/104269 SUB 6-7/2015 59 EUROPA UND MARKT Fazit Der Gesamtwert der ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren erreichte 2014 mit 8,71 Mrd. Euro (+2,6 Prozent) einen neuen Rekord. Der wertmäßige Export der drei wichtigsten Erzeugnisse Käse, Milch und Milcherzeugnisse sowie Fleisch und Fleischwaren erreichte dabei über 45 Prozent der Gesamtexporte. Die gesamten ernährungswirtschaftlichen Einfuhren erlangten 2014 mit 8,12 Mrd. Euro (+1,0 Prozent) ebenfalls ei- FÜHRUNG Nachwuchskräfte verjüngen die Verwaltung Landwirtschaftsverwaltung verstärkt sich mit 39 neuen Kräften von HELMUT RAMESBERGER und THOMAS HÖCKMEIER: Ende Mai konnte das Personalreferat im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 22 Landwirtschaftsoberinspektoren und-inspektorinnen sowie acht Referendare nach ca. zweijähriger Anwärter- bzw. Referendarzeit und Bestehen des Staatsexamens zu Beamten auf Probe ernennen. In einem feierlichen Akt wurden die Urkunden überreicht. Gleichzeitig traten am 1. Juni 17 Anwärter der QE3 und 22 Referendare die Anwärterzeit bzw. das Referendariat an. Sie wurden zeitgleich zu Beamten auf Widerruf bestellt. Der Demographische Wandel ist nicht nur in der Gesellschaft ein aktuelles Thema, sondern auch in der bayerischen Landwirtschaftsverwaltung. Im nächsten Jahrzehnt werden ungefähr 800 Personen der Landwirtschaftsverwaltung in den wohlverdienten Ruhestand eintreten können. Um trotz des gesetzlich vorgegebenen Personalabbaus bis zum Jahre 2019 adäquate Nachbesetzungen vornehmen zu können, werden in den nächsten Jahren rund 60 Nachwuchskräfte pro Jahr der unterschiedlichen Qualifikationsebenen (QE) in der Landwirtschaftsverwaltung ausgebildet. „Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen“ FÜHRUNG Benjamin Franklin, Amerikanischer Staatsmann ber 2015 stehen dem Bereich Landwirtschaft im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) zusätzlich 20 Referendarstellen der QE4 und 20 Anwärterstellen der QE3 zur Verfügung. Das sind dann insgesamt künftig: AA50 Referendarstellen, AA50 Anwärterstellen QE3 und AA15 Anwärterstellen QE2. Nach vielen Jahren der Einstellung im Zwei-Jahres-Rhythmus kann seit 2015 in allen Bereichen wieder jährlich eingestellt werden. Für die kommenden Jahre sind dies bis zu 25 Referendarinnen und Referendare, 25 Anwärterinnen und Anwärter der QE3 (einschließlich der Fachlehreranwärterinnen) und 15 Anwärterinnen und Anwärter der QE2. Sie werden die Personallücken infolge der Ruhestandsversetzungen füllen können. Ausbildung des Berufsnachwuchses geht alle an Diese Aussage ist heute genauso aktuell wie im 18. Jahrhun- Zum 1. Juni 2015 wurden 17 neue Anwärter der QE3 und 22 dert. Die jetzige Investition in eine hochqualifizierte Ausbil- Referendare eingestellt. Diese werden den Ämtern in den dung der Nachwuchskräfte der Landwirtschaftsverwaltung kommenden 18 bzw. 24 Monaten zur Ausbildung zugewiewird in den kommenden Jahrzehnten für die Verwaltung sowie ihre Klientel eine angemessene Rendite liefern. Dank des engagierten Einsatzes von Staatsminister Helmut Brunner bei den Haushaltsverhandlungen 2015 wurde das Ausbildungskontingent der Landwirtschaftsverwaltung um weitere 40 Ausbildungsstellen erhöht. Ab Okto- AA 39 Anwärter und Referendare stellte die Landwirtschaftsverwaltung am 1. Juni ein 60 SUB 6-7/2015 FÜHRUNG Einstellungsjahrgang 2013 ernannt und versetzt Ein besonderes Highlight für alle Beteiligten war die kleine Feierstunde am Donnerstag, dem 28. Mai 2015, im StMELF. Das Personalreferat konnte den Prüfungskandidaten des Jahrgangs 2013 die Ernennungsurkunden zum Beamten oder zur Beamtin auf Probe aushändigen. Die Urkunden gingen an: AA22 Landwirtschaftsoberinspektorinnen und -inspektoren, AA7 Landwirtschaftsräte und -rätinnen und AA1 Hauswirtschaftsrätin. Diesem einfachen Akt ging aber eine Vielzahl von Einzelarbeiten voraus. Die Ausschreibung bei der QE4 erfolgte bereits im Januar 2013 mit Bewerbungsschluss zum 1. März. Ursprünglich sollte nur ein kleiner Zwischenjahrgang eingestellt werden, um alle Ausbildungsplanstellen auszuschöpfen. 47 Bewerbungen gingen ein, 25 Bewerber wurden zu Vorstellungsgespräche eingeladen. Wichtige Kriterien für die Vorauswahl sind die Abschlussnote im Studium sowie die Berufserfahrung der Bewerber. Für die Vorstellungsgespräche wurden Bewerbungen bis zu einem Notenschnitt von 2,2 berücksichtigt. Die Einstellung zum Referendar (Beamter auf Widerruf) erfolgte dann zum 3. Juni 2013. In der QE3 erfolgte die Ausschreibung Mitte Januar 2013 mit einem Bewerbungsschluss zum 26. April. Hier bewarben sich 83 Interessenten, 47 konnten zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst erfolgte am 30. September. Modulare Qualifikation ermöglichte Aufstieg Vier Kandidaten der QE3 qualifizierten sich über das sogenannte Zulassungsverfahren, das in der Beurteilung 2012 den Vermerk „für die Ausbildungsqualifizierung geeignet“ voraussetzt. Dazu sind vier schriftliche Prüfungen abzulegen, die Anfang 2013 stattfanden. 16 Bewerber von 32 möglichen Kandidaten nahmen daran teil. Die erfolgreichen vier Bewerber bekamen einen Dienstposten der QE3 zugeteilt. Sie mussten während des Vorbereitungsdienstes an den Lehrgängen teilnehmen und alle Prüfungsleistungen absolvieren: fünf schriftliche Prüfungen, eine Beratungsprüfung und eine mündliche Prüfung mit Vortrag und Fragen zu den unterschiedlichen Prüfungsgebieten. Ämter warten schon auf die Neuen Sowohl die „Aufsteiger“ als auch alle anderen Anwärter der 3. QE absolvierten das Staatsexamen so gut, dass sie ins Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und versetzt werden konnten. Die neuen Dienstorte entsprachen nicht immer den Wünschen der jungen Beamten, aber letztendlich waren doch alle froh, es geschafft zu haben. Von den zehn Referendaren der QE4 wurden acht zu Beamten auf Probe ernannt und den Ämtern zugeteilt werden. Eine Referendarin war für Sachsen ausgebildet worden. Insgesamt starteten wieder 30 junge Kräfte in unserer Verwaltung; sie schließen die größten Lücken sowohl im Bereich der QE3, als auch als Lehrkräfte, um die Unterrichtsversorgung für den kommenden Schulwinter zu verbessern. Auf sie warten vielfältige Aufgaben. Allen Anfängern in unserer Verwaltung und den jungen Kollegen und Kolleginnen an ihrer ersten Dienststelle wünschen wir einen guten Start und einen erfüllten Berufsalltag! AA 30 Nachwuchskräfte der 3. und 4. QE konnten am 28. Mai zu Beamten auf Probe ernannt und an die Ämter versetzt werden SUB 6-7/2015 HELMUT RAMESBERGER THOMAS HÖCKMEIER BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN, REFERAT A6 [email protected] [email protected] 61 FÜHRUNG sen. Diese Erhöhung der Ausbildungszahlen senkt zwar den Ressourceneinsatz pro ausgebildeter Nachwuchskraft, da sich die Grundlast für Personalaufwand und Kosten auf eine größere Anzahl an Auszubildenden verteilt. Der Gesamt-Ressourcenbedarf für die Konzeption, Organisation, Durchführung und Evaluierung der Ausbildung wird sich aber erhöhen. Diese zusätzliche Investition in unseren Nachwuchs wird sich aber sukzessive lohnen und als sehr rentabel herausstellen. Darum sind wir sicher, dass alle Beteiligten, wie das Personalreferat der Landwirtschaftsverwaltung, die Staatliche Führungsakademie, die Landesanstalten, die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Fachschulen, die Hospitationslehrer und Betreuungsberater sowie jeder einzelne Mitarbeiter der Landwirtschaftsverwaltung, diese Herausforderung annehmen und ihren Beitrag dazu leisten werden. Jeder Einzelne unserer Verwaltung, der die Anwärter und Referendare in die Arbeit einführt, sie unterweist oder nur bei Gelegenheit in den Außendienst mitnimmt, trägt dazu bei , dass sie ihre künftigen Tätigkeiten kennen und beherrschen lernen. Darum bitten wir Sie um aktive Mithilfe bei dieser wichtigen Ausbildung unseres „Nachwuchses“. FÜHRUNG Disziplinarrecht und Führungsverantwortung Geltungsbereich und Disziplinarmaßnahmen – Teil 1 FÜHRUNG von CLAUS-PETER SPIESS: Das Disziplinarrecht erfreut sich im Allgemeinen keiner großen Beliebtheit. Der Anlass ist typischerweise unerfreulich und die Durchführung des Verfahrens für alle Beteiligten belastend. Für die Behördenleiter gehört dieser Teil des Dienstrechts sicher zu den unangenehmeren Aufgaben. Es ist eine Herausforderung, das nötige Fingerspitzengefühl und wenn notwendig zugleich auch eine harte Hand zu beweisen. Dies bietet aber auch die Chance Führungsqualität zu zeigen. Der folgende Beitrag gibt daher einen Überblick über den Geltungsbereich des Disziplinarrechts und die zur Verfügung stehenden Disziplinarmaßnahmen. Zu den unangenehmeren Pflichten eines Dienstvorgesetzten gehört es, sich mit Fehlverhalten von Beschäftigten auseinandersetzen zu müssen. Bei Beamtinnen und Beamten steht hierbei die Einleitung und Durchführung eines Disziplinarverfahrens im Raum. Zwar kommt dies erfreulicherweise nicht sehr häufig vor, die Kehrseite hiervon ist aber, dass es gerade bei kleineren Dienststellen kaum Erfahrung mit dem dienstrechtlichen Instrumentarium gibt. Dies führt fast zwangsläufig zu einer gewissen Unsicherheit und der Sorge, hier nicht das richtige Maß zu finden. Einleitung und Durchführung eines Disziplinarverfahrens bedeuten für die Betroffenen eine große Belastung. Jeder Dienstvorgesetzte muss sich daher seiner Verantwortung bewusst sein und mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl vorgehen. Die Verantwortung des Dienstvorgesetzten erstreckt sich aber auch auf die gesamte Dienststelle. Vor allem, wenn das Dienstvergehen auch Auswirkungen auf andere Beschäftigte hat oder es mit einer negativen Außenwirkung verbunden ist, ist es notwendig, eine klare Reaktion zu zeigen und deutlich zu machen, dass das Nichteinhalten von Grenzen nicht akzeptiert wird. Hier ist der Dienstvorgesetzte gegenüber der übrigen Belegschaft in der Pflicht durchzugreifen und wo notwendig auch harte Maßnahmen zu ergreifen. Diesen Anforderungen kann nur gerecht werden, wer über die notwendigen Grundkenntnisse zum Disziplinarverfahren verfügt und sich mit den Rechten, Pflichten und Interessen aller Beteiligten auseinandergesetzt hat. Geltungsbereich und Ziele des Disziplinarrechts Das Disziplinarrecht sanktioniert den Verstoß gegen Dienstpflichten. Es gehört zum Beamtenrecht und ist nur auf Beamtinnen und Beamten, nicht aber auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anwendbar. Das gesamte Institut des Berufs- 62 beamtentums fußt auf einer besonderen Rechtstreue und einem ausgeprägten Pflichtbewusstsein der Beamtinnen und Beamten. Genau dies wird bei der Einstellung auch mit dem Amtseid beteuert. Das Disziplinarrecht zielt darauf, Integrität und Ordnung nach innen und außen zu sichern. Dies bedeutet zum einen, dass disziplinarrechtliche Sanktionen die betroffenen Beamtinnen und Beamten dazu anhalten sollen, in Zukunft ihren Dienstpflichten gerecht zu werden. Es bedeutet zum anderen aber auch, dass in den Fällen, in denen aufgrund der Schwere des Dienstvergehens das Vertrauensverhältnis grundlegend zerstört ist, das Disziplinarrecht als Konsequenz auch die Entfernung aus dem Dienst vorsieht. Das Dienstvergehen Zentraler Anknüpfungspunkt des Disziplinarrechts ist der im Beamtenstatusgesetz definierte Begriff des Dienstvergehens: Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. So einfach diese Definition auf den ersten Blick auch scheinen mag, so schwierig kann es im Einzelfall sein festzustellen, ob ein Dienstvergehen vorliegt, denn einen abschließenden Katalog von Dienstpflichten gibt es nicht. Es sind keineswegs alle Dienstpflichten in einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fixiert. In vielen Fällen handelt es sich um – zum Teil erst durch Gerichte erfolgte - Konkretisierungen allgemeiner Pflichten. Dies ist insbesondere die in § 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) normierte Pflicht der Beamtinnen und Beamten, sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Hinzu kommt, dass auch ein Verhalten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen sein kann, wenn es nach den SUB 6-7/2015 FÜHRUNG Abgestufte Disziplinarmaßnahmen Das Disziplinarrecht sieht einen abgestuften Katalog von Disziplinarmaßnahmen vor. Dies geht für aktive Beamtinnen und Beamte vom Verweis über Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge und Zurückstufung bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Für Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte drohen eine Kürzung des Ruhegehalts sowie eine Aberkennung des Ruhegehalts. Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge und Zurückstufung sowie Kürzung des Ruhegehalts sind dabei jeweils im Einzelfall konkret zuzumessen. Verweis Der Verweis (Art. 7 Bayerisches Disziplinargesetz - BayDG) stellt die mildeste mögliche Disziplinarmaßnahme dar. Unter Verweis versteht man den Tadel eines bestimmten Verhaltens. Der Verweis muss schriftlich erfolgen und ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Wird eine missbilligende Äußerung wie etwa eine Zurechtweisung, eine Ermahnung oder eine Rüge nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet, so handelt es sich nicht um eine Disziplinarmaßnahme, sondern um eine bloße dienstaufsichtliche Maßnahme. Eine solche Missbilligung unterliegt nicht den Regeln des Disziplinarrechts. Geldbuße Die Geldbuße (Art. 8 BayDG) ist die nächst schärfere Sanktion. Es handelt sich um eine einmalige finanzielle Belastung, die dem Dienstherrn zufließt. Diese ist individuell zuzumessen und darf höchstens bis zur Höhe der monatlichen Dienstoder Anwärterbezüge auferlegt werden Kürzung der Dienstbezüge Die Kürzung der Dienstbezüge (Art. 9 BayDG) ist demgegenüber eine laufende Belastung. Die monatlichen Dienstbezüge werden dabei anteilmäßig für eine bestimmte Zeit ver- SUB 6-7/2015 ringert. Zeitdauer und Kürzungsumfang sind wieder individuell zuzumessen. Der Umfang der Kürzung ist dabei auf ein Fünftel der monatlichen Bezüge und die Zeitdauer auf höchstens drei Jahre (im Eingangsamt, und in laufbahnfreien Ämtern auf fünf Jahre) beschränkt. Leistungsbezüge verfallen ganz. Zudem gilt während der Laufzeit der Disziplinarmaßnahme ein Beförderungsverbot (Art. 9 Abs. 4 Satz 1 BayDG). Zurückstufung Die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) ist die Versetzung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt. Die Zurückstufung kann um ein oder auch mehrere Ämter erfolgen, bis hin zurück ins Eingangsamt der jeweiligen Qualifikationsebene. Beamtinnen und Beamte im Eingangsamt können nicht zurückgestuft werden. (Dies ist auch der Grund für die höhere Zeitgrenze bei der Kürzung der Dienstbezüge.) Mit der Zurückstufung verlieren Betroffene alle Rechte aus dem bisherigen Amt. Dies betrifft auch das Recht, die entsprechende Amtsbezeichnung zu führen. Die Zurückstufung ist zeitlich nicht begrenzt. Vor Ablauf von fünf Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung darf weder eine Beförderung erfolgen noch eine Leistungsstufe vergeben werden. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) ist die schärfste Sanktion des Disziplinarrechts. Die Betroffenen verlieren alle Rechte aus dem Beamtenverhältnis (Bezüge, Versorgung, Hinterbliebenenversorgung, Amtsbezeichnung, Titel etc.). Unter Umständen wird für kurze Zeit noch ein Unterhaltsbeitrag gezahlt. Zur Altersversorgung erfolgt eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, die aber ebenfalls zu finanziellen Nachteilen führt, da hierbei die Bruttobezüge zugrunde gelegt werden, die bei Beamtinnen und Beamten aufgrund der fehlenden Anteile für die Sozialversicherung typischerweise niedriger sind als bei vergleichbaren Arbeitnehmern. Kürzung des Ruhegehalts Die Kürzung des Ruhegehalts (Art. 12 BayDG) ist das Pendant zur Kürzung der Dienstbezüge. Wird die Beamtin oder der Beamte pensioniert, so erfolgt statt einer Kürzung der Dienstbezüge eine Kürzung des Ruhegehalts. Das Dienstvergehen, das zur Kürzung des Ruhegehalts führt, wird aber in den meisten Fällen noch während der aktiven Dienstzeit begangen worden sein. Mit dem Ruhestand und dem damit verbundenen Ende des aktiven Beamtenverhältnisses entfallen zahlreiche Dienstpflichten. Es verbleiben für Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte nur wenige Pflichten, gegen die verstoßen werden kann und die ein während des Ruhestandes begangenes 63 FÜHRUNG Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Denn nach § 34 Satz 3 BeamtStG muss das Verhalten der Beamtinnen und Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Das Disziplinarrecht sanktioniert nur ein schuldhaftes Begehen eines Dienstvergehens. Schuldhaft bedeutet dabei ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Fahrlässigkeit ist immer dann gegeben, wenn vermeidbar gegen Sorgfaltspflichten verstoßen wird. Konkret bedeutet dies, dass die Beamtin oder der Beamte die Verletzung der Dienstpflicht hätte erkennen und die Pflichtverletzung durch entsprechendes Verhalten hätte verhindern können. Dienstvergehen können nicht nur durch aktives Tun, sondern auch durch Unterlassen begangen werden. FÜHRUNG Dienstvergehen begründen könnten. Ein Beispiel wären falsche oder unvollständige Angaben im Zusammenhang mit dem Bezug von Leistungen (insbesondere dem Ruhegehalt) des Dienstherrn (vgl. Art. 77 Nr. 4 Bayerisches Beamtengesetz). Aberkennung des Ruhegehalts Die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) entspricht der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und hat vergleichbare Folgen. Bemessung der Disziplinarmaßnahme Die Entscheidung, ob und welche Disziplinarmaßnahme ausgesprochen wird, ist eine Ermessensentscheidung. Dabei sind insbesondere die Schwere des Dienstvergehens, die Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, das Persönlichkeitsbild und das bisherige dienstliche Verhalten zu berücksichtigen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist als ultima ratio immer dann geboten, wenn aufgrund eines schweren Dienstvergehens das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren gegangen ist. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme empfiehlt es sich regelmäßig, zunächst anhand von vergleichbaren Fällen für das jeweilige Dienstvergehen zu ermitteln, in welchem Rahmen sich für entsprechendes Fehlverhalten die Disziplinarmaßnahmen bewegen und dann in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die dem Fall angemessene Maßnahme zu bestimmen. Insbesondere in kleinen Dienststellen kann dies für die Dienstvorgesetzten eine Herausforderung sein, da ihnen oftmals ausreichende Erfahrungswerte fehlen. FÜHRUNG Verbotsgründe für Disziplinarmaßnahmen Nicht immer kann wegen eines Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden. Zeitablauf oder auch ein zeitgleich durchgeführtes Straf- oder Bußgeldverfahren können entgegenstehen. Auf solche Umstände ist daher jederzeit zu achten. Zeitablauf Anknüpfend an die Vollendung des Dienstvergehens dürfen einzelne Disziplinarmaßnahmen nur innerhalb bestimmter Zeiträume ausgesprochen werden: Verweis oder Geldbuße dürfen nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr erteilt werden, Kürzung der Dienstbezüge oder Kürzung des Ruhegehalts nach Ablauf von drei Jahren und eine Zurückstufung nach Ablauf von sieben Jahren (vgl. Art. 16 BayDG). Für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme darf dies aber selbstverständlich keine Rolle spielen. Es darf also nicht etwa des- 64 halb auf eine Geldbuße entschieden werden, nur weil ein Verweis wegen Zeitablaufs nicht mehr zulässig wäre. In diesem Zusammenhang ist auch das Gebot der Beschleunigung nach Art. 4 BayDG zu sehen. Allerdings ist auch zu beachten, dass die oben genannten Fristen bei bestimmten Verfahrenshandlungen (etwa Einleitung des Disziplinarverfahrens, Erhebung der Disziplinarklage etc.) erneut zu laufen beginnen. Gleichwohl kann bei schwierigen Ermittlungen ein Disziplinarmaßnahmeverbot aufgrund Zeitablaufs in Betracht kommen. Straf- oder Bußgeldverfahren in gleicher Sache Dienstvergehen können gleichzeitig auch einen Verstoß gegen Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht bedeuten. In diesem Fall sind einige Besonderheiten zu beachten. So gilt im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht der Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“, was bedeutet, dass jemand nicht zweimal wegen der gleichen Sache belangt werden darf. Dieser Rechtsgrundsatz ist auch im Disziplinarrecht zu beachten. Ein Straf- oder Bußgeldverfahren in gleicher Sache kann daher einer Disziplinarmaßnahme entgegenstehen. Es darf aber nicht übersehen werden, dass Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht auf der einen Seite und das Disziplinarecht auf der anderen Seite sich in ihrer Zielsetzung unterscheiden und auch nicht die identischen Wertemaßstäbe ansetzen. Verkürzt gesagt: Von Beamtinnen und Beamten wird mehr Rechtstreue und Pflichtbewusstsein erwartet als von „normalen“ Bürgerinnen und Bürgern. Dies kann dazu führen, dass trotz eines Straf- oder Bußgeldverfahrens in gleicher Sache noch eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden kann, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um die Beamtin oder den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten oder das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren. Man spricht hier vom sogenannten disziplinären Überhang. Einzelheiten regelt Art. 15 BayDG. Eine weitere Besonderheit ist, dass tatsächliche Feststellungen in einem rechtskräftigen Urteil in einem Straf- oder Bußgeldverfahren für ein Disziplinarverfahren bindend sind (Art. 25 Abs. 1 BayDG). Eigene Ermittlungen sind dann insoweit nicht mehr durchzuführen. Aufgrund dessen ist ein Disziplinarverfahren auch auszusetzen, wenn in gleicher Sache im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben wird (Art. 24 BayDG). CLAUS-PETER SPIESS BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] SUB 6-7/2015 FÜHRUNG Zum Selbstverständnis der Landwirtschaftsverwaltung Dienstleistungen für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum in Bayern von JAKOB OPPERER: Die Landwirtschaft und der ländliche Raum stehen bei internationalen Organisationen wie zum Beispiel der FAO, bei den Organen der EU sowie bei verschiedenen Ministerien im Bund und in Bayern auf der politischen Agenda. Unbestritten sind es aber die Verwaltungen der Länder, wie die des Freistaats Bayern, die diesen Themen am nächsten stehen. Sie haben den unmittelbarsten Kontakt mit der Landwirtschaft, den Bürgermeistern und den Landräten aus dem ländlichen Raum. Man könnte deshalb davon ausgehen, dass die bayerischen Verwaltungen am besten wissen, was zu tun und was zu lassen ist. SUB 6-7/2015 Markenkern der Verwaltung muss sichtbar sein Aus guten Gründen hat sich Bayern, wie viele andere Länder auch, in den vergangenen 200 Jahren für eine eigene Fachkompetenz in den für das Gemeinwesen und das Staatswohl essentiellen Bereichen entschieden. Vergleicht man unsere wirtschaftliche und soziale Situation mit der vieler anderer Staaten, wird offensichtlich, dass dieser Weg der richtige war, weil er zu einer gesunden Balance zwischen öffentlichen und privaten Interessen führte. Dennoch ist es richtig, ein über viele Jahre und Jahrzehnte gewachsenes Selbstverständnis immer wieder kritisch zu beleuchten. Man kann dies zum Beispiel mit der Frage, ob Fachverwaltungen heute noch gerechtfertigt sind, machen. Die Antwort lautet eindeutig: Ja! Allerdings sind an dieses Bekenntnis Bedingungen zu knüpfen. Wie das Wort Fachverwaltung sagt, muss sie sich an fachlichen Gesichtspunkten orientieren und wissen, wofür sie steht. Ihr „Markenkern“ muss für die Kundschaft, aber auch für Außenstehende erkennbar sein. Man muss als fachkompetenter, unabhängi ger und neutraler Ratgeber gefragt sein. Das geht nicht ohne die Generierung neuen Wissens durch Untersuchungen, Forschungsvorhaben und persönliche Erfahrungen. Die Ergebnisse müssen Bestandteil von Bildungsmaßnahmen und des Wissenstransfers sein. Und nicht zuletzt müssen sie die Grundlage für den Hoheitsvollzug und für die Fördermaßnahmen bilden. Jede einzelne Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter muss sich immer wieder bewusst machen, dass es um Landwirtschaft, ländlichen Raum, Ernäh- 65 FÜHRUNG Ganz so einfach ist es freilich nicht. Die Europäische Union wacht darüber, ob EU-Richtlinien und -Verordnungen eingehalten und wie Fördermittel in den einzelnen Mitgliedstaaten ausgereicht werden. Auch der Einsatz öffentlicher und privater Gelder für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben hat sich streng an europäischen und bundesdeutschen Vorgaben zu richten. Innerhalb des Landes Bayern haben verschiedene Verwaltungen direkten Einfluss auf die Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Neben dem unmittelbar dafür zuständigen Ressort, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, beschäftigen sich zahlreiche andere Ministerien und ihre nachgeordneten Behörden damit. Sogar das Finanzministerium, das sich neuerdings Heimatministerium nennt, ist mittlerweile ins operative Geschäft eingestiegen. Und dann gibt es noch unterschiedliche Behörden innerhalb des Landwirtschaftsressorts, die sich mit diesen Themen befassen. Neben dem Ministerium sind das vor allem die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Ämter für ländliche Entwicklung, die Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Landesanstalten und die Kompetenzzentren. Diese Einrichtungen haben ihre spezifischen Besonderheiten, aber auch gemeinsame Schnittmengen mit den anderen Behörden. Gelegentlich stellt sich die Frage, ob man das Ganze unter dem Stichwort „Schlanker Staat“ nicht einfacher und effizienter organisieren könnte. Da oder dort gibt es auch die Meinung, dass sich staatliche Behörden auf reine Verwaltungsaufgaben beschränken und fachliche Belange der Politik und der Wirtschaft überlassen sollten. Wenn es für Entscheidungen Sachverstand braucht, dann könnte man diesen ja bei Hochschulen, Verbänden oder Firmen einholen. FÜHRUNG rung und Forsten geht. Das sind die Pflichtfelder, die wahrnehmbar belegt und besetzt werden müssen. Fachverwaltungen werden dann in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen, wenn Aufgaben effizient und sachgerecht erledigt und transparent gesteuert werden. Parallelarbeiten sind tunlichst zu vermeiden. Die Politik für den Bürger und die Nähe zum Bürger hat dort ihre Grenzen, wo Ressourcen verschwendet und Arbeiten nebeneinanderher laufen. Das veränderte Mobilitätsverhalten in der Gesellschaft und neue Medien erfordern heute andere Angebotsstrukturen als früher. Zusammenarbeit und arbeitsteiliges Handeln können Reserven mobilisieren. Deshalb sind sie ganz gezielt zu nutzen. Zu einer verbesserten Wahrnehmung gehört auch, dass Ziele formuliert und die Ergebnisse verständlich publiziert werden. Gerade bei arbeitsteiligen Prozessen, wie dem Wissenstransfer, ist es notwendig, dass die Zusammenarbeit unter Partnern reibungslos klappt. muss sich in regelmäßigen Abständen fragen, ob die richtigen Themen angepackt und die richtigen Fragen gestellt werden. Dafür braucht es längerfristige Perspektiven und die Flexibilität, aktuelle Probleme schneller aufgreifen zu können. Obwohl die personellen Spielräume immer geringer werden, sollten wir uns im Denken und Handeln Freiräume bewahren und sichern. Vielleicht schlummern ja auch noch Reserven in einer besseren Zusammenarbeit der einzelnen Verwaltungen unserer breit aufgestellten Fachverwaltung. Nutznießer leisten Beitrag für Leistungen Eine Fachverwaltung ist kein Wissensdiscounter der Beliebigkeit, bei dem man sich zu Schnäppchenpreisen bedienen kann. Eine Verwaltung kann und muss fördern und fordern. Das bedeutet, dass die Nutznießer staatlicher Leistungen einen angemessenen Eigenbeitrag leisten müssen. Dies müssen nicht zwingend finanzielle Beiträge sein. Wichtig und zielführend können auch AAdie Beteiligung an Untersuchungen, AAdie Bereitstellung von Daten, AAdas Engagement in Arbeitskreisen und AAdie Öffnung der Betriebe für die Öffentlichkeit sein. Zu guter Letzt sollten wir es uns auch rechtzeitig eingestehen, wenn wir etwas nicht mehr schaffen, weil uns die personellen Ressourcen fehlen. Es ist dann allemal besser, die Bremse zu ziehen und Aufgaben auf- oder abzugeben, als sie oberflächlich und fehlerhaft zu erledigen. Genau daran wird eine Fachverwaltung nämlich gemessen. FÜHRUNG Die Bedeutung von Forschung und Entwicklung für einen Wirtschaftszweig ist allgemein unumstritten. Es ist höchste Zeit, dass man deren Wert auch für die Landwirtschaft und für den ländlichen Raum wieder erkennt. Dass eine neutrale und wirtschaftlich unabhängige Datenerhebung, Interpretation und Beratung einen hohen Wert darstellt, wird vor dem Hintergrund starker Monopolisierungs- und Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft immer offensichtlicher. Schlussfolgerungen für die Verwaltung Was bedeutet dies für die bayerische Landwirtschaftsverwaltung? Um als Fachverwaltung er- und anerkannt zu werden, dürfen wir nicht als Konglomerat verschiedener Einzelverwaltungen wahrgenommen werden. Notwendig ist ein gut organisiertes Fachressort, bei dem die Zuständigkeiten klar geregelt sind und jeder weiß, was seine Aufgabe ist. Man 66 Landwirtschaft, Forsten, Ernährung und ländliche Entwicklung haben mehr gemeinsame Schnittmengen, als man denkt. JAKOB OPPERER PRÄSIDENT DER BAYERISCHEN LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT [email protected] „Treffende Bemerkungen mögen ihre Wirkung haben, doch ist noch kein Wort je so wirkungsvoll gewesen, wie eine Kunstpause zur rechten Zeit.“ Mark Twain SUB 6-7/2015 FÜHRUNG Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt von ANGELIKA SPITZER: Maria Rita Zinnecker, im März 2014 zur Landrätin des Landkreises Ostallgäu gewählt, ist ein echtes Gewächs der Landwirtschaftsverwaltung und als Ökotrophologin für die Laufbahn des höheren landwirtschaftlich-hauswirtschaftlichen Beratungs- und Fachschuldienstes qualifiziert. Sie leitete als Ministerialrätin das Referat für Ernährungsstandards und Qualitätssicherung im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und anschließend das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren. Nun steht sie seit mehr als einem Jahr an der Spitze einer noch größeren Verwaltung und noch stärker im Rampenlicht der Öffentlichkeit. „Schule und Beratung“ fragt nach, wie es ihr mit ihrer neuen Aufgabe geht. Was war für die Landrätin Zinnecker die bedeutendste Veränderung im Vergleich zur Behördenleiterin? Herausforderungen sind sicher die Breite der Themen und die vielen Positionen, die gleichzeitig mit einem solchen Amt verbunden sind. So bin ich zum Beispiel Vorsitzende des Tourismusverbandes, des Landschaftspflegeverbandes, des Zweckverbandes Allgäuer Moorallianz, des Kommunalunternehmens Kliniken, im Verwaltungsrat der Sparkassen, im Aufsichtsrat der Allgäu GmbH sowie im Vorstand der Europäischen Metropolregion München und, und, und. Also neben der klassischen Arbeit im Landratsamt noch eine Vielzahl weiterer Positionen, in denen es gilt die Interessen des Landkreises zu vertreten. Auch die permanente Wahrnehmung in der Öffentlichkeit hat man als Behördenleiterin in diesem Ausmaß nicht. Was unterscheidet die Führung eines LRA von der eines AELF? Zum einen die Größe der Behörde: Das Landratsamt Ostallgäu ist von der Anzahl der Mitarbeiter her so groß wie das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Hinzu SUB 6-7/2015 kommen noch die angegliederten Einrichtungen, wie zum Beispiel die drei Bauhöfe oder die elf landkreiseigenen Schulen. An meinen bisherigen Führungspositionen habe ich häufig aktiv meine Mitarbeiter aufgesucht. Dies ist bei einer Behörde mit vier Abteilungen und 20 Sachgebieten leider nicht mehr realisierbar. Es lag mir aber sehr am Herzen, in den ersten drei Monaten AA Maria Rita Zinnecker, Landrätin am sämtliche Sachgebiete Landratsamt Ostallgäu und die Bauhöfe persönlich zu besuchen, was ich auch geschafft habe. Zum zweiten ist die politische Dimension in dieser Position nicht zu unterschätzen: Es gibt einen Kreistag, der in vielen Bereichen mitbestimmt. Was gefällt Ihnen am besten in Ihrem neuen Amt? Am besten gefällt mir der Kontakt zu Menschen – dafür muss man Menschen mögen, sonst ist man meiner Meinung nach fehl am Platz. Außerdem begeistern mich die Vielfalt der Themen und Aufgaben. Nicht zuletzt schöpfe ich auch gerne das kreative Potenzial und die Gestaltungsfreiräume aus, die man zusammen mit den Mitarbeitern hat. Was fordert Sie heraus? Vermissen Sie auch etwas? In all meinen bisherigen beruflichen Veränderungen habe ich immer auch die Chancen und Herausforderungen gese- 67 FÜHRUNG Frau Zinnecker, seit einem Jahr Landrätin, sind Sie schon angekommen in Ihrem neuen Amt? Ich hatte eigentlich keine Zeit zum Ankommen: Nur vier Wochen nach der Wahl ging es am 1. Mai unmittelbar los mit den neuen Aufgaben. Ich habe eine sehr gute Mannschaft im Landratsamt und ein schlagkräftiges Team in meinem Umfeld vorgefunden, was mir den Start erleichtert hat. Es gab keine Schonfrist, im Gegenteil, in der ersten Zeit kommen deutlich mehr Anliegen und zahllose Antrittsbesuche und Einladungen. Dadurch konnte ich mich aber auch sehr schnell einarbeiten und kann nun sagen: Ja, ich bin angekommen! FÜHRUNG hen – die Freude an der neuen Aufgabe überwiegt. Außerdem habe ich gar keine Zeit zum Zurückblicken! Was hat Sie am meisten geprägt? Das war mit Sicherheit die Vielfalt meiner bisherigen Positionen. Ich habe alle Verwaltungsebenen und mehrere Ressorts kennengelernt (Ämter, Regierung, zwei Ministerien). Ich war Mitarbeiter und Führungskraft, kenne also beide Seiten. Davon profitiere ich sehr. Was hilft Ihnen in Ihrer neuen Funktion? Mit den Strukturen der Landratsämter hatte ich mich zumindest von außen bereits intensiv befasst. Außerdem war ich selber bereits als Kreisrätin in einem kommunalen Gremium, habe also auch die politische Seite dieses Amtes gekannt. Was die Situation als Frau in einer solchen Position und eine von vier Landrätinnen in den 71 bayerischen Landkreisen betrifft: Als ehemals eine von vier Behördenleiterinnen in Bayern und eine der wenigen weiblichen Referatsleiterinnen im Staatsministerium ist dies für mich keine neue Rolle. FÜHRUNG Wie bewerten Sie rückwirkend Ihre Qualifizierung in der Landwirtschaftsverwaltung? Die Aus- und Fortbildungsangebote beziehungsweise Qualifizierungen der Landwirtschaftsverwaltung haben mir sehr viel gebracht. Neben den Fortbildungen in Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Moderation und Projektmanagement, waren die Qualifizierungen für Führungskräfte, z. B. im Changemanagement, in der Personalführung und im Controlling, sowie die Mitwirkung als Beobachter beim Assessmentcenter besonders hilfreich. Wo liegen die Berührungspunkte mit Ihrer ehemaligen Verwaltung? Die Land- und Forstwirtschaft spielt im Ostallgäu strukturell eine bedeutende Rolle. Im Landratsamt gibt es viele Schnittstellen zur Landwirtschafts- und Forstverwaltung und beide Seiten profitieren von einer engen Zusammenarbeit. So habe ich viele Aufgaben und Themen mitgenommen, bei denen ich jetzt in der Position bin, Initiative zu ergreifen und bei Bedarf etwas zu verändern. Neben zahlreichen Privilegierungssachverhalten und Baugenehmigungen, die jeweils Einzelfallentscheidungen sind, nachfolgend nur ein paar aktuelle Beispiele: AAder Bau der beiden neuen Schulen (Landwirtschaftsschule und Technikerschule) im Rahmen des neuen Grünen Zentrums Ostallgäu-Kaufbeuren; AAdie Kreuzkrautproblematik im Allgäu – mit der Auflage eines Fonds zur Unterstützung der Landwirte bei der Entsorgung; 68 AAeine Allgemeinverfügung für bestimmte Gebiete im Rahmen des Bibermanagements; AAdie TBC-Problematik bei Rindern und Wild, hier insbesondere derzeit den Umgang mit Untersuchungsverweigerern; AAals LAG-Vorsitzende der Start der neuen Leader-Förderperiode mit entsprechenden Projekten; AAdie Zusammenarbeit mit Jägern und Waldbesitzern, oder ganz konkret eine Kommunalbürgschaft für das Walderlebniszentrum. Wie sehen Sie als jetzt Außenstehende unsere Verwaltung? Von außen betrachtet ist die Organisation der Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaftsverwaltung auf allen Ebenen schwierig zu durchschauen und schwer nachvollziehbar, insbesondere die Veränderungen in den letzten Jahren. Die Zuständigkeiten und Nichtmehrzuständigkeiten sind nicht immer transparent. Auch die Steuerung und Verantwortlichkeiten in den beiden Bereichen Land- und Forstwirtschaft und den Außenstellen sind verwirrend für Außenstehende. Großen Respekt hat die Förderabwicklung verdient! Und was meiner Meinung nach gar nicht genug wertgeschätzt werden kann, ist das Bildungs- und Beratungsangebot in den Behörden und Schulen. Land- und Forstverwaltung und Landratsämter können viel voneinander lernen. Ich schlage deshalb vor, dass in die Ausbildung des Nachwuchses bei allen Laufbahngruppen in der Land- und Forstverwaltung ein Abschnitt in einem Landratsamt aufgenommen wird – möglicherweise im Rahmen eines „Volontariats“. Davon würden beide Seiten profitieren! Was möchten Sie den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen noch mitgeben? Etwas Werbung in eigener Sache: Ich lade sie ein ins wunderschöne Ostallgäu – den zehntgrößten Landkreis in Bayern – wo auf den Bergen Schlösser wachsen. Landwirtschaftlich und touristisch geprägt mit abwechslungsreichen landschaftlichen Strukturen, Bergen, Seen und Schlössern. Ich freue mich immer auf ein Wiedersehen! Frau Zinnecker, vielen Dank für das Interview. DAS INTERVIEW FÜHRTE ANGELIKA SPITZER STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] SUB 6-7/2015 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Das Recht am eigenen Bild Urheberrecht und Kunsturheberrecht – Teil 2 von SONJA OBERSEIDER und SONJA BÖHM: Nicht nur das Werk an sich ist urheberrechtlich geschützt, auch die Personen, die es abbildet, genießen einen besonderen Schutz. Ob Abbildungen von Personen verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt, beispielsweise im Internet veröffentlicht oder auf Flyern oder in der Zeitung abgedruckt werden dürfen, ist im Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG), oft genannt Kunsturhebergesetz, geregelt. Regelmäßig nur mit Einwilligung Grundsätzlich darf jede Person selbst bestimmen, ob sie möchte, dass eine Abbildung von ihr in irgendeiner Form veröffentlicht oder verbreitet wird. Dieses Recht am eigenen Bild ist Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf allgemeine Selbstbestimmung. § 22 KunstUrhG verlangt daher für die Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen grundsätzlich die Einwilligung der abgebildeten Personen. Entscheidend ist, dass diese Einwilligung nicht für das Fotografieren, sondern für das Verbreiten oder öffentliche Zurschaustellen erforderlich ist. Unter Verbreiten und öffentlicher Zurschaustellung fallen alle Handlungen, die das Bildnis körperlich verbreiten, bzw. das Bildnis gegenüber einer nicht begrenzten Öffentlichkeit sichtbar machen (1). Dies kann beispielsweise die Verwendung eines Bildnisses auf Flyern, Plakaten, in der Zeitung, in Film oder Fernsehen, auf der Homepage oder in einer Präsentation sein. Gesetzlich gilt eine Einwilligung nur in einem Fall als im Zweifel erteilt, nämlich wenn die abgebildete Person für die Abbildung bezahlt wurde. Dies ist v.a. bei Models der Fall, die SUB 6-7/2015 sich gegen Bezahlung ablichten lassen. Mit Bezahlung ist im Regelfall jedoch nicht der normale Arbeitslohn bzw. die Besoldung der Beschäftigten gemeint (2). Von einigen wenigen Ausnahmen ist andernfalls immer eine Einwilligung der abgebildeten Personen für die jeweilige Verwendung erforderlich. Sie ist nur wirksam, wenn die betroffene Person über die genaue Nutzung des Bildnisses informiert wurde und die Einwilligung für diese Verwendung erteilt hat. Spricht beispielsweise ein Fotograf bei einer Veranstaltung Personen an einem Stand an, ob er sie fotografieren darf, um das Bild zu Werbezwecken auf die Homepage des AELF zu stellen, haben die Personen ihr Einverständnis durch schlüssiges Handeln erteilt, wenn sie sich lächelnd für die Kamera aufstellen. Von dieser Einwilligung wäre aber nicht die Verwendung des Bildes für Flyer oder Plakate oder zu Werbezwecken für eine andere Firma gedeckt. Soll das Bild nachträglich für einen anderen Zweck oder mittels eines anderen Mediums verbreitet werden, muss die betroffene Person gesondert einwilligen. Neben schriftlichen sind auch mündliche Einwilligungen oder Einwilligungen durch schlüssiges Handeln wirksam. Im Streitfall ist der Beweiswert einer schriftlichen Einwilligungserklärung zur berechtigten Verwendung jedoch ungleich höher als „Aussage gegen Aussage“. Bei Kindern Einwilligung beider Eltern Bei Kindern ist erhöhte Sensibilität geboten. Kinder besitzen ein eigenes Persönlichkeitsrecht. Deshalb ist bei Einsichtsfähigkeit des Kindes zusätzlich die Einwilligung des Kindes erforderlich. Diese Einsichtsfähigkeit ist in der Regel mit Vollendung des 14. Lebensjahres gegeben (3). Allein die Einwilligung des Kindes reicht aber nicht aus. Da Kinder die Tragweite einer Veröffentlichung noch nicht absehen können, ist hier grundsätzlich die Erlaubnis der Eltern als gesetzliche Vertreter des Kindes einzuholen. Teilen sich Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder, müssen beide Elternteile in die konkrete 69 ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT Gerade Fotografien mit Kindern erzeugen oft die besondere Aufmerksamkeit beim Leser eines Fachartikels oder einer Informationsbroschüre. Mit Waldpädagogik, ErlebnisBauernhof und dem Netzwerk Junge Familie gehören auch Themen zu unserem Ressort, die zwingend mit Kindern verbunden sind. Schnell kann man in Schwierigkeiten geraten, wenn die notwendigen Vorkehrungen nicht getroffen sind, die bei der Verwendung von Bildern mit Abbildungen von Personen zu beachten sind. Der vorliegende Artikel will daher das Problembewusstsein im Zusammenhang mit der Abbildung von Personen schärfen. Eine juristische Prüfung im Einzelfall kann er leider nicht ersetzen. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT Verwendung der Abbildung einwilligen. Aufgrund der mittlerweile großen Anzahl der Getrenntlebenden oder nicht verheirateten Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht sollte grundsätzlich immer die Einwilligung beider Elternteile eingeholt werden. Sofern sich nämlich beide Elternteile nicht einig über die Veröffentlichung von Bildnissen ihres gemeinsamen Kindes sind, kann dies zu Problemen führen. Vorsicht ist auch bei Einwilligungserklärungen der Eltern gegenüber der Schule geboten. Die Verwendung von Fotos der Schüler bei Exkursionen oder Waldfesten für außerschulische Zwecke, wie etwa die Verwendung auf der Homepage eines AELF, ist in der Regel nicht von den Einwilligungen, die die Schule eingeholt hat, umfasst. Einwilligungsfreie Ausnahmen Vom grundsätzlichen Einwilligungserfordernis gibt es einige Ausnahmen, die in § 23 KunstUrhG geregelt sind. Ohne die Einwilligung der abgebildeten Personen dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte veröffentlicht werden. Hierunter fallen Abbildungen von Politikern, Prominenten oder Ereignissen, die die Bevölkerung interessieren. Dies kann auch ein Tag der offenen Tür oder ein Waldfest sein. Leider gibt es keine pauschale Antwort darauf, ob ein Ereignis der Zeitgeschichte vorliegt. Vielmehr muss in jedem Fall abgewogen werden, ob das Informationsinteresse der Bevölkerung und die Pressefreiheit gegenüber den Interessen der abgebildeten Person, namentlich den Schutz der Privatsphäre, überwiegen. Voraussetzung für die einwilligungsfreie Verwendung ist, dass die Berichterstattung der öffentlichen Meinungsbildung dienen kann (4). Als Faustregel gilt; je größer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Abbildung ist, umso weniger wiegt das Interesse des Betroffenen auf Privatsphäre (5). Wichtig ist, dass gewöhnliche Privatpersonen, die nur für einen bestimmten Zeitraum in der Öffentlichkeit stehen, etwa aufgrund eines bestimmten Ereignisses, auch nur für diesen Zeitraum als im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehende Personen anzusehen sind (6). Solche Abbildungen dürfen dementsprechend nicht mehr verwendet werden, wenn durch Zeitablauf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit entfallen ist. Auch die Größe des Informationsinteresses der Öffentlichkeit spielt eine Rolle. Entscheidend kann hier sein, ob es sich „nur“ um ein regionales Ereignis handelt oder um ein Ereignis, das bundesweit von Interesse ist. Bei Politikern besteht regelmäßig ein höheres Informationsinteresse als bei Privatpersonen (7). Auch Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen, an denen die abgebildeten Personen teilgenommen haben, dürfen ohne Einwilligung der abgebildeten Personen verbreitet und zur Schau gestellt werden. Dies 70 sind beispielsweise Demonstrationen oder Sportveranstaltungen, aber auch Kongresse oder Vereinsveranstaltungen. Nachdem sich die Personen hier freiwillig in die Öffentlichkeit begeben haben, müssen sie damit rechnen, fotografiert und abgebildet zu werden. Feste, Tage der offenen Tür und Informationsveranstaltungen fallen ebenfalls hierunter, nicht aber rein private Veranstaltungen (8). Entscheidend ist hier, dass bei diesen Abbildungen die Versammlung oder die Veranstaltung im Vordergrund steht. Einzelne Gesichter dürfen zwar erkennbar sein, der Schwerpunkt der Abbildung muss jedoch auf der Versammlung liegen und nicht auf einzelnen individuellen Personen. Hier empfiehlt es sich, einen repräsentativen Ausschnitt der Veranstaltung mit mehreren Personen zu fotografieren, so dass die Versammlung oder Veranstaltung erkennbar ist (9). Als weitere Ausnahme dürfen Bildnisse, auf denen die Personen lediglich als Beiwerk neben einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit stehen, ohne Einwilligung der Abgebildeten veröffentlicht werden. Dies wäre beispielsweise eine Fotografie vom Eiffelturm, auf der zufällig einige Personen zu sehen sind. Als Faustregel bei Landschaftsbildern gilt, dass das Bild ohne die abgebildeten Personen auskommen kann, ohne dass dies am Charakter des Bildes etwas ändert (10). Aufnahmen von Gebäuden und Sachen Aufnahmen von Sachen können auch ohne die Einholung einer Einwilligung verbreitet werden. Zu beachten sind aber etwaige Urheber- oder Markenrechte. Bei Gebäuden gilt, dass Außenaufnahmen, die von allgemein zugänglichen Orten gemacht wurden, grundsätzlich ohne Einwilligung des Eigentümers oder Nutzers verbreitet werden dürfen. Von dieser sogenannten Panoramafreiheit ist jedoch nicht gedeckt, sich durch Hilfsmittel, etwa mittels Leitern oder von einer höher gelegenen Wohnung aus, einen besseren Blickwinkel auf das Gebäude zu verschaffen (11). Auch dürfen insbesondere eingefriedete Grundstücke nicht betreten werden, um Gebäude zu fotografieren. Die Verbreitung oder Veröffentlichung solcher Bilder ist ohne Einwilligung des Grundstücksbesitzers nicht zulässig. Vorsicht ist auch bei Abbildungen von Sachen oder Gebäuden geboten, wenn persönliche Daten betroffen sind. Gerade durch kritische Artikel oder Bildunterschriften kann ein Eigentümer einer Sache oder ein Tierhalter verunglimpft werden, bzw. ihm kann Rufschädigung drohen, wenn durch die Abbildung auf die Identität der Person rückgeschlossen werden kann. Auf der sicheren Seite ist man daher, wenn bei der Abbildung von Kfz-Kennzeichen oder Tierohrmarken mit der Betriebsnummer generell die Einwilligung der betroffenen Person eingeholt wird. SUB 6-7/2015 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Formular zur Einwilligung der Abbildung der eigenen Person unter Info-Anbieter/FüAk/Sonstiges/Öffentlichkeitsarbeit: http://www.stmelf.bybn.de/fueak/sonstiges/oeffentlichkeitsarbeit/medbeauftragte/doks/einwilligungserklaerung_06_12.doc dies vor Augen führt, kommt man in den meisten Fällen mit Sensibilität und gesundem Menschenverstand auch ohne vertiefte juristische Prüfung zur rechtlich richtigen Lösung. Grundsätzlich ist man mit folgendem Motto immer gut beraten: „Im Zweifel lieber einmal mehr die Einwilli gung der abgebildeten Personen einholen, als hoffen, dass alles schon seine Richtigkeit haben wird“. Formular zur Einwilligung der Eltern zur Abbildung Kinder unter Info-Anbieter/FüAk/Sonstiges/Öffentlichkeitsarbeit: http://www.stmelf.bybn.de/fueak/sonstiges/oeffentlichkeitsarbeit/medbeauftragte/doks/einwilligungserklaerung_eltern_06_12.doc Formular zur Übertragung von Bildnutzungsrechten unter Info-Anbieter/FüAk/Sonstiges/Öffentlichkeitsarbeit: http://www.stmelf.bybn.de/fueak/sonstiges/oeffentlichkeitsarbeit/medbeauftragte/doks/bildnutzungsrechte_07_09.doc Rechtliche Konsequenzen bei Verstoß Sollte es trotz aller Vorsicht zu einer unberechtigten Verwendung eines Bildnisses gekommen sein, kann die betroffene Person bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen verschiedene Ansprüche geltend machen. Zunächst kann verlangt werden, dass die weitere Verbreitung oder Veröffentlichung des Bildnisses unterlassen wird, bzw. dass die vervielfältigten Bildnisse vernichtet oder an die betroffene Person herausgegeben werden. Daneben kann entweder eine angemessene Lizenzgebühr, die Herausgabe des erlangten Gewinns aus der Verwendung oder der Ersatz des konkreten Schadens verlangt werden (12). In der Regel kommt bei Bildnisveröffentlichungen eine angemessene Lizenzgebühr als Schadensersatz in Betracht, die sich am Honorar orientiert, das die abgebildete Person üblicherweise für die Zustimmung zur Verwendung ihres Bildnisses erhält (13). Bei schwerwiegenden Eingriffen kann zusätzlich ein Anspruch auf eine Geldentschädigung als Ersatz für die immateriellen Schäden bestehen. Sensibilität ist gefragt Bis auf wenige Ausnahmen wollen die wenigsten Personen bei einer privaten Aktivität fotografiert werden und sich anschließend ungefragt auf einem Werbeplakat oder in der Zeitung wiederfinden. Die Regeln des Kunsturhebergesetzes verfolgen letztlich nichts anderes, als Personen vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Sofern man sich SUB 6-7/2015 Literatur (1) vgl. WANDTKE/FRICKE in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 22 KunstUrhG, Rn. 8 f. [Wandtke/Bullinger] (2) vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 18 (3) vgl. DREIER/SPECHT in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 4. Auflage 2013, § 22 KunstUrhG, Rn. 26 [Dreier/Schulze] (4) vgl. BVerfG GRUR-RR 2010, 484 (5) vgl. BGH GRUR 2007, 527, 529 (6) vgl. LG Hamburg ZUM-RD 2009, 30, 31 (7) vgl. DREIER/SCHULZE/SPECHT, KunstUrhG, § 23, Rn. 15 (8) vgl. DREIER/SCHULZE/SPECHT, KunstUrhG, § 23, Rn. 39 (9) vgl. OLG Hamburg GRUR 1990, 35, 36 (10)vgl. DREIER/SCHULZE/SPECHT, KunstUrhG, § 23, Rn. 35 (11) vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 21 (12)vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 28 (13)vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 28 SONJA OBERSEIDER SONJA BÖHM STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] [email protected] Der Fehlerteufel hat zugeschlagen Ausgerechnet im Artikel „Urheberrecht und Kunsturheberrecht“ in Ausgabe 3/2015 war der Bildnachweis zum Bild auf Seite 25 nicht korrekt. Das Bild ist nicht wie fälschlich angegeben von Sabine Biberger, sondern vom StMELF. Wir bedauern dies sehr! Die Schriftleitung 71 ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT Infobox: Formulare zum Dienstgebrauch im Intranet ÖFFENTLICHKEITSARBEIT 26 Stationen zum 50. Geburtstag Jubiläum des AELF Weiden würdig begangen von PETER GACH: „Süß ist die Erinnerung an vergangene Mühen“ (Euripides 480 – 407 v. Chr.). Ein Thema in der öffentlichen Meinung zu verankern erfordert harte Arbeit. Mit dem Tag der offenen Tür haben wir die Aufgaben des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Landwirtschaftsschule dargestellt. Welche Ideen zur Öffentlichkeitsarbeit wir mit einem Zeitaufwand von 1 600 Stunden umgesetzt haben, beschreibt der Beitrag. Beethovenstraße 9, Weiden i. d. OPf: Ein Haus ist 50 Jahre jung und feiert den Tag seiner Einweihung. Ziel der Feierlichkeiten ist es, die Aufgaben des AELF Weiden der Bevölkerung in Stadt und Land zu vermitteln. Zum Glück gab es keine weitere, größere Veranstaltung am Sonntag, 26. Oktober 2014 in der Stadt und im Landkreis. Den Termin haben wir in die Veranstaltungskalender der Gemeinden eingetragen. Das Wetter hat seinen Beitrag mit einem sonnig, milden Herbsttag geleistet. Am Anfang stehen Renovierungen Startschuss war eine Pressekonferenz im November 2012 zur Grundsteinlegung im Jahr 1962. Landrat und Oberbürgermeister waren als Sachaufwandsträger eingeladen. Mit diesem Besuch starteten Renovierungsmaßnahmen in erheblichem Umfang. Dämmung der Außenfassade, Erneuerung des Treppenaufganges, Malerarbeiten, Ausbesserung des AA Das von Peter Gach (links) moderierte Gespräch spannte einen Bogen über die letzten 50 Jahre Infobox: Veranstaltungsreihe zu 50 Jahre AELF Weiden im Jubiläumsjahr 2014 Datum Thema Ort Gäste 22. November 2012 Pressegespräch zur Grundsteinlegung für die Land- AELF Weiden Landrat, Oberbürgermeister wirtschaftsschule Weiden vor 50 Jahren 28. Mai 2014 Neuer Internetauftritt des AELF Weiden AELF Weiden Landrat, Oberbürgermeister 10. Juni 2014 300. Laufstall im Landkreis Neustadt a. d. W. Betrieb im Landkreis Abgeordnete Bürgermeister der Gemeinde, MEG Vorsitzender, Molkerei Bereichsleiter der Molkerei 7. August 2014 Berufsausbildung in der Landwirtschaft Betrieb im Landkreis Abgeordnete Repräsentanten der Aus-und Fortbildung im ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT ländlichen Raum 14. Oktober 2014 Ausstellung „Gesichter eines Dorfes“ AELF Weiden Landwirtschaft im Dialog mit der Gesellschaft 21. Oktober 2014 Interaktive Ausstellung „Restlos gut essen“ Öffentlichkeit Kolleginnen und Kollegen des AELF Weiden AELF Weiden Multiplikatoren, Schulen, Netzwerk „Junge Eltern/ Familien“, Öffentlichkeit 72 SUB 6-7/2015 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Ein Jahr lang im Gespräch sein Die Ideen für einen Tag der offenen Tür kamen von den Kolleginnen und Kollegen. Als hilfreich erwiesen sich auch Besuche von Ausstellungen wie der Tag der offenen Tür in der Staatskanzlei in München oder der Herbstmarkt in Kelheim. Hier gab es Anregungen für Medien und Ausstellungsgestaltung. Dem Tag des Jubiläums am 26. Oktober 2014 ist eine Veranstaltungsreihe vorausgegangen, die im Jubiläumsjahr stattfand (siehe Infobox). Für die Öffentlichkeit begann der Tag der offenen Tür um 13 Uhr. Die Projektverantwortung für die Organisation und Durchführung der Stationen übernahmen die Kollegeninnen und Kollegen. Wertvolle Unterstützung lieferten die Ehemaligen der Landwirtschaftsschule und die Studierenden. Festakt und Tag der offenen Tür ergänzen sich Hauptprogrammpunkte des Festaktes am Vormittag waren AAder Festvortrag von Staatssekretär Albert Füracker zum Thema „Land- und Hauswirtschaft im Wandel der Zeit“, AAdas moderierte Gespräch „Haus für Stadt und Land“ mit Gesprächspartnern vom Verband landwirtschaftlicher Fachbildung, dem Bayerischen Bauernverband, dem Maschinenring und Studierenden. „Ein Haus für Stadt und Land“ Bei dem moderierten Gespräch antworteten die Teilnehmer auf vorbereitete Fragen. Die Spannung in den Antworten entstand durch die Sichtweise der Studierenden von 50 Jahren und den Absolventen des Jahrganges 2014/15. Sie vermittelten den Zuhörern ihre Sichtweise, was in ihrem Jahrgang von besonderem Interesse war. An die Absolventen der Land- und Hauswirtschaft vor 50 Jahren richteten sich die Fragen „Was hat sich im Rückblick anders entwickelt, als Sie es vermutet haben?“ oder die Frage nach der „ewigen Wahrheit“: „Was hat sich in den letzten Jahren nicht verändert?“ Alle hörten dieser Zeitreise gespannt zu. Die Geschäftsführer des Bayerischen Bauernver AA Chronik der Ehemaligen AA Aufbau der Station Hauschronik AA In der Kinderbackstube AA Fast kein Durchkommen SUB 6-7/2015 ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT Parkplatzes, Erneuerung der Grünanlagen und vieles mehr sind in dieser Zeit erfolgreich ausgeführt worden. 73 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT bandes und des Maschinenringes beleuchteten blitzlichtartig die Schwerpunkte, die sie in den vergangenen Jahren im Unterricht gesetzt haben. Die Brücke in die Zukunft bauten zum Abschluss die Absolventinnen des letztjährigen Jahrganges der Land- und Hauswirtschaftsschulen: „Welche Ziele haben Sie sich nach dem Schulabschluss 2014 für Ihren Betrieb vorgenommen?“. Zur Auflockerung des Gespräches haben wir über eine PowerPoint-Präsentation Bilder eingeblendet, die die Aussagen der Akteure bildhaft dargestellt und verstärkt haben z. B. einen Waschvollautomat aus den sechziger Jahren oder das Familienbild mit vier Generationen unserer jungen Absolventen. Das moderierte Gespräch mit sechs Teilnehmern und einem Moderator hatte einen Zeitbedarf im Festprogramm von 40 Minuten. Hier war die Disziplin aller Teilnehmer gefordert. Per Livestream in den Melkstand Die 26 Stationen, 20 davon von den Kolleginnen und Kollegen des AELF Weiden konzipiert und betreut, waren jede für sich ein Highlight. Jeweils aus der Sicht des Betrachters haben sich die Jüngsten am Streichelzoo und in der Backstube für Kinder erfreut, die Ehemaligen studierten eifrig die Bilder der Schülerchronik von 1964 bis 2014. Andere interessierten sich besonders für die Ausstellung „RESTLOS GUT ESSEN“. Die Technikbegeisterten bestaunten eine Schlepperschau oder erfreuten sich an einer Echtzeitübertragung (Live-Streaming), die mit einer Kamera aus einem Melkstand mit einem automatischen Melksystem live ins Klassenzimmer an die Wand projiziert wurde. Ein ehemaliger Studierender machte dies in Zusammenarbeit mit dem Melkmaschinenhersteller technisch möglich. Auch die Ausstellung „Gesichter eines Dorfes“, zu deren Besuch die Studierenden mit alkoholfreien Cocktails einluden und die Stände für das leibliche Wohl fanden, wie erwartet, guten Zuspruch. ÖFFENTLICHKEITS ARBEIT Die Nachbereitung Eine gute Nachbereitung einer Veranstaltung dient zur nachhaltigen Sicherung des Erfolges. Das beginnt mit dem Aufräumen des Hauses, der Rückgabe der geliehenen Ausstellungsobjekte, der Evaluierung des Jubiliäumstages mit den Kollegeninnen und Kollegen und endet mit einer Brotzeit und der persönlichen Danksagung an alle Beteiligten. Die Presse würdigte diesen Tag mit drei Beiträgen. Die Überschriften der Artikel sind ein Blitzlicht dieses Tages: AA28. Oktober 2014: Mit 50 auf der Höhe der Zeit AA30. Oktober 2014: 26 Stationen zum 50. Geburtstag – Amt für Landwirtschaft ist bestens besucht AA5. November 2014: Technische Revolution in Haus und Hof – Gesprächsforum befasst sich mit dem Wandel in der Landwirtschaft in den vergangenen 50 Jahren 74 AA Jeder Schlepper ein Jahrzehnt Schleppertechnik ... Den zeitlichen Aufwand haben wir über die Kosten- und Leistungsrechnung ermittelt. Für das Jubiläumsjahr haben wir 1 600 Stunden aufgewendet. Nutzen und Fazit AAFür das Haus: Auch kleinere Erhaltungsmaßnahmen wie ein neuer Innenanstrich für die Garagen kamen zur Ausführung. AAFür die Ehemaligen: Der Besuch der Schule und das Treffen mit früheren Mitschülern bietet immer Gelegenheit für gute Gespräche. AAFür die Studierenden: Der Tag der offenen Tür bot den Studierenden Gelegenheit, ihre Dialogkompetenz mit den Besuchern aus Stadt und Land zu fördern. AAFür die Bevölkerung: Die Besucher und die Leser der Tageszeitung haben erfahren, dass das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die Menschen in Stadt und Land arbeitet. AAFür die Kollegen und Kollegeninnen: Wir identifizieren uns mit einer leistungsstarken Behörde. PETER GACH AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN WEIDEN [email protected] „Anstrengung ist für edle Geister eine Stärkung.“ Seneca (ca. 4 v. Chr. – 65 n. Chr., römischer Politiker, Rhetor, Philosoph und Schriftsteller) SUB 6-7/2015 Inhalt Barrierefreiheit Bildung Diversifizierung Energie Unternehmensberatung Ernährung Genie ist zu 10 % Inspiration und Europa und Markt Führung Öffentlichkeitsarbeit zu 90 % Transpiration Umberto Eco Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6-7/2015 Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern IMPRESSUM SCHULE und BERATUNG Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ISSN: 0941-360 Internet: http://www.stmelf.bayern.de/SuB Abonnentenservice: Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Porschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399 Kontakt: Schriftleitung: Angelika Spitzer, Porschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 9522-399 [email protected] Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder. Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt. Redaktionsschluss für Heft 10/15: 1. August 2015 AA Barrierefreiheit geht uns alle an AA Elf Wochen nur mit regionalen Produkten AA Mechanisierte Ernte von Bleichspargel AA Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt