Schule und Beratung - Bayerisches Staatsministerium für Ernährung

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Schule und Beratung - Bayerisches Staatsministerium für Ernährung
Bayerisches Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
6-7/2015
Fachinformationen aus der
Landwirt­schafts­verwaltung
in Bayern
IMPRESSUM
SCHULE
und
BERATUNG
Herausgeber:
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
ISSN: 0941-360
Internet:
http://www.stmelf.bayern.de/SuB
Abonnentenservice:
Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Porschestraße 5 a, 84030 Landshut,
Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399
Kontakt:
Schriftleitung: Angelika Spitzer,
Porschestraße 5 a, 84030 Landshut,
Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 9522-399
[email protected]
Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten
Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder.
Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt.
Redaktionsschluss für Heft 10/15:
1. August 2015
AA Barrierefreiheit geht uns alle an
AA Elf Wochen nur mit regionalen Produkten
AA Mechanisierte Ernte von Bleichspargel
AA Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt
Inhalt
Barrierefreiheit
Bildung
Diversifizierung
Energie
Unternehmensberatung
Ernährung
Genie ist
zu 10 % Inspiration und
Europa und Markt
Führung
Öffentlichkeitsarbeit
zu 90 % Transpiration
Umberto Eco
34 Mechanisierte Ernte von Bleichspargel
38 Buchführungsergebnisse bayerischer Testbetriebe
44 Mutterkuhhaltung in Dänemark
48
50
52
53
Mehr Bio-Lebensmittel aus der Region
Schulverpflegung mit regionalen Produkten
4. Bayerische Ernährungstage: Erlebnis für die ganze Familie
Kräuter und Gewürze
55 Luxemburg übernimmt Ratspräsidentschaft
57 Die Entwicklung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels Bayerns 2014 – Teil 1
59 Neu: Agrarmärkte 2015
60
62
65
67
Nachwuchskräfte verjüngen die Verwaltung
Disziplinarrecht und Führungsverantwortung – Teil 1
Zum Selbstverständnis der Landwirtschaftsverwaltung
Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt
69 Das Recht am eigenen Bild – Teil 2
72 26 Stationen zum 50. Geburtstag
75 Letzte Seite
BILDUNG
DIVERSIFI­
ZIERUNG
ENERGIE
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
24 Rapsölkraftstoff aus Bayern
28 Der ökologische Fußabdruck – mein Anteil Erde
30 Energieeffizienz bei der Direktvermarktung
ERNÄHRUNG
Elf Wochen nur mit regionalen Produkten
Mit Diversifizierung Einkommen in Berggebieten sichern
Fitnessprogramm für Regionalinitiativen
Meisteranwärterinnen Hauswirtschaft an der Fachakademie in Triesdorf
Den Bauernhof mit allen Sinnen erleben
EUROPA UND
MARKT
14
17
19
21
22
FÜHRUNG
9 Agrarpolitik greifbar gemacht
11 „Gewinn nicht Ziel, sondern Bedingung“
13 EUROPEA INTERNATIONAL – Dachorganisation europäischer Fachschulen aus dem Agrarbereich
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
4 Barrierefreiheit geht uns alle an
7 Sind PDFs noch zeitgemäß?
BARRIEREFREIHEIT
INHALT
BARRIEREFREIHEIT
BARRIEREFREIHEIT
Barrierefreiheit geht uns alle an
von DR. BET TINA ROTHER: Den Begriff „Barrierefreiheit“ verbindet man in erster Linie mit
Menschen mit Behinderungen und fühlt sich selbst – wenn nicht betroffen – nicht wirklich
angesprochen. Barrierefreiheit wird als lästige, gesetzliche Verpflichtung gegenüber einer
Randgruppe angesehen und unterschwellig, unausgesprochen stellt sich manch einer die
Frage, ob sich der Aufwand wirklich lohnt und gerechtfertigt ist.
Ja, es stimmt: Für Webangebote der Bund- und Länderverwaltungen ist die Barrierefreiheit Pflicht.
In der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung
(BITV) ist die Durchführung geregelt. Die entsprechende
Verordnung auf Länderebene ist in Bayern die Bayerische
Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik (BayBITV). Die Europäische Kommission arbeitet derzeit
an einem Richtlinienentwurf für den barrierefreien Zugang
zu Websites öffentlicher Stellen. Die Umsetzung soll bis zum
31. Dezember 2015 erfolgen.
Aber, der Aufwand lohnt sich: Barrierefreiheit bedeutet,
dass alle Menschen mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten
ohne Schwierigkeiten auf das Internet und alle Webinhalte
zugreifen können. Dies ist sowohl für Menschen mit und
ohne Behinderungen von Vorteil. Denn ein unübersichtliches Menü, ein unverständlicher Text, Fachbegriffe, Fremdwörter und Abkürzungen sowie Webinhalte, die sich nicht
aufrufen lassen, stellen auch für Menschen ohne Behinderungen Barrieren dar. Barrierefreiheit geht uns alle an und
wir alle profitieren von barrierefreien Webangeboten!
Barrieren gibt es viele
Für Blinde und Menschen mit Sehbehinderungen, die weder
Bildschirm noch Maus nutzen, sondern Screenreader (Vorlese-Software), Brailleschrift (Blindenschrift) oder eine Bildschirmlupe, sind skalierbare Inhalte, gute Farbkontraste und
Textalternativen zu visuellen Informationen wie Bildern und
Videos unverzichtbar. Für Gehörlose und Hörgeschädigte
sind eine gute Lesbarkeit, eine einfache Sprache und Gebärdensprachevideos entscheidend. Für motorisch behinderte
Menschen, die ihre Arme nur eingeschränkt bewegen können, müssen Webinhalte nicht ausschließlich mit der Maus
bedienbar sein und die Timeouts (Zeitbeschränkungen für
Vorgänge im Internet) länger gewählt werden. Menschen
mit kognitiven Behinderungen, die Probleme beim Lesen,
Lernen und Verstehen haben, sind auf einfache Textinhalte,
kurze Sätze und eine klare Textgliederung angewiesen.
Doch nicht nur Menschen mit Behinderungen treffen im
Internet auf Barrieren. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten branchenfremd und können deshalb bestimmte Fachbegriffe
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oder Akronyme (Kurzwörter, die aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetzt sind, zum Beispiel
iBALIS) auf einer Webseite nicht verstehen. Oder Ihre Muttersprache ist zum Beispiel Englisch und deshalb machen
Ihnen komplizierte, deutsche Ausdrücke Schwierigkeiten.
Oder Sie sind im Internet noch unerfahren oder unsicher
und werden mit einem komplexen Aufbau einer Webseite
und kurzen Timeouts konfrontiert.
Technische Barrieren und Herausforderungen
Auch die Technik schafft Barrieren. Breitband ist noch nicht
überall Standard. Eine geringe Bandbreite und eine damit
verbundene langsame Internetverbindung führen zu langen
Ladezeiten beim Transfer und Herunterladen großer Datenmengen. Folglich sollten Bilder auf eine kleinere Dateigröße
(150 ppi [Pixel pro Inch]) reduziert werden und beschreibende Alternativtexte aufweisen. Damit werden Bilder maschinenlesbar und können auch über Suchmaschinen gefunden werden.
Auch mobile Endgeräte (Smartphone, Tablet) stellen
technische Barrieren dar: ein kleines Display, das Webinhalte
nur ausschnittsweise darstellt, die geringe Bildschirmauflösung, die häufig schlechte Unterstützung von JavaScript bei
der Darstellung von Inhalten und die zum Teil instabilen
Netzverbindungen. Hier spielt das Design eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist, dass die Inhalte entsprechend aufbereitet und angezeigt werden, und dass für grafische und
spezielle Inhalte wie Videos, die sich unter Umständen nicht
darstellen lassen, Textalternativen angeboten werden.
Vorteile Barrierefreiheit
Es gibt noch weitere, stichhaltige Argumente, die für die Barrierefreiheit sprechen und an die man zunächst nicht denkt:
die Optimierung für Suchmaschinen und die einfache Aktualisierung von Inhalten.
Suchroboter von Suchmaschinen durchsuchen systematisch das Internet und analysieren Webseiten, um diese in ihren Suchindex aufzunehmen. Bei der Indexierung stoßen
Suchroboter auf ähnliche Barrieren wie blinde Benutzer. Barrierefreie Webseiten werden von Suchmaschinen einfacher
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BARRIEREFREIHEIT
BARRIEREFREIHEIT
Infobox: Grundregeln für Lesbarkeit, Layout und Navigation
Lesbarkeit
• Bemühen Sie sich um einen einfachen Sprachstil und verwenden Sie kurze Sätze.
• Erklären Sie Fachbegriffe, Abkürzungen und Akronyme und übersetzen Sie fremdsprachige Wörter und Begriffe.
• Sorgen Sie für eine klare Textgliederung durch Überschriften, Zwischenüberschriften und Absätze.
• Verwenden Sie so genannte „sprechende“, erklärende Linktexte, die Aufschluss über ihr Ziel geben.
• Achten Sie bei Tabellen auf eine sinnvolle und systematische Anordnung der Zelleninhalte. Wichtig ist, dass die Zellen Zeile für
Zeile von links nach rechts gelesen werden können und einen Sinn ergeben. Setzen Sie Layout-Tabellen reduziert ein.
Bedenken Sie, dass Tabellen auch auf mobilen Endgeräten vollständig angezeigt werden sollten.
• Bieten Sie für längere Fließtexte oder komplexe Tabellen und Diagramme Zusammenfassungen an. Diese gliedern zugleich
den Text.
• Geben Sie Bildern und Abbildungen Alternativtexte und versehen Sie Videos mit Untertiteln.
Layout und Navigation
• Stellen Sie keine Informationen ausschließlich durch Farbe dar.
• Achten Sie auf gute Farbkontraste. Der Kontrast ohne Schrift sollte auch mit ausgeschaltetem Hintergrund noch genügend
groß sein. Empfehlungen für gute Farbkontraste sind
omindestens 4,5:1 für Schriften kleiner als 18pt
o mindestens 3:1 für Schriften größer als 18pt
Mit Contrast-A (http://www.dasplankton.de/ContrastA/), einem Werkzeug zur Kontrastanalyse, können Sie die Farbkontraste Ihrer Webinhalte einfach und schnell überprüfen.
• Sorgen Sie dafür, dass die Schrift über den Browser skalierbar ist.
• Bieten Sie die wichtigen Informationen zur Webseite im Seitentitel und in den Meta-Daten an. Seitentitel und Meta-Daten
werden im Kopf-Bereich eines HTML-Dokuments eingegeben. Sie werden von Suchmaschinen gewichtet und erscheinen in
den entsprechenden Ergebnislisten.
• Verwenden Sie echte HTML-Überschriften (h1 bis h3).
• Geben Sie Tabellen eine Überschrift und erläutern Sie in der Zusammenfassung die Struktur der Tabelle.
• Stellen Sie sicher, dass jede Funktion der Seite auch allein über die Tastatur in einer schlüssigen Reihenfolge zu erreichen ist.
• Die Navigation sollte auch ohne JavaScript funktionieren.
• Verwenden Sie Cascading Style Sheets, um Inhalt und Design voneinander zu trennen.
Über Cascading Style Sheets (kurz CSS) werden Webseiten formatiert und das Layout festgelegt.
und vollständiger indiziert und erzielen daher eine bessere
Reihung in den Suchergebnissen. Barrierefreiheit führt also
zu einem besseren Suchmaschinenranking und dazu, dass
die eigenen Webinhalte überhaupt oder schneller gefunden
werden.
Bei einer barrierefreien Webseite sind Inhalt, Struktur
und Design strikt voneinander getrennt. Das bedeutet, dass
Inhalte problemlos aktualisiert werden können, ohne in das
Design eingreifen zu müssen. Umgekehrt kann das visuelle
Erscheinungsbild des Webauftritts verändert werden, ohne
Inhalt oder Struktur anfassen zu müssen. Barrierefreiheit
kann in diesem Punkt also auch Zeit und Kosten sparen.
Barrierefreiheit – leichter als gedacht
Barrierefreiheit ist kein Buch mit sieben Siegeln und einfacher umzusetzen, als es den Anschein macht. Beachtet
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man einige Grundregeln, ist schon viel erreicht (siehe Infobox).
Herausforderung barrierefreie PDF-Dokumente
Grundsätzlich ist eine Webseite immer barrierefreier als ein
PDF-Dokument. Deshalb sollte als erstes eine HTML-Seite erstellt und nur wenn notwendig die weniger zugängliche
PDF-Version zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Wird
ein PowerPoint-Vortrag als PDF-Dokument eingestellt, sollte
zusätzlich eine kurze Inhaltsangabe („Abstract“) im HTMLFormat eingestellt werden. Denn Vortragsfolien sind in der
Regel nicht selbsterklärend, sondern oft nur in Verbindung
mit dem Redetext verständlich. Bitte bedenken Sie, dass
PDF-Dokumente generell und gerade über mobile Endgeräte aufgrund meist langer Ladezeiten nur ungern und sehr
eingeschränkt aufgerufen werden!
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Barrierefreiheit
Barrierefreiheit
Voraussetzung für eine barrierefreie PDF-Datei ist eine
gut strukturierte Vorlage. Hier sollten Sie folgende Punkte
beachten:
AADas Dokument besteht aus durchsuchbarem Text
und nicht aus eingescannten Bildern.
AADie Struktur des Dokuments wird mit Tags abgebildet (tagged PDF).
AADie Lesereihenfolge ist klar und eindeutig.
AAFür alle grafischen Elemente, Hyperlinks und Bilder
stehen Alternativtexte zur Verfügung.
AAEs stehen Navigationshilfen (Lesezeichen, Links,
Inhaltsverzeichnis) zur Verfügung.
AADie Hauptsprache des Dokuments ist angegeben;
abweichende Textstellen werden entsprechend mit
dem korrekten Spracheintrag versehen.
AADie im Dokument verwendeten Schriftarten/Fonts
stellen genügend Informationen bereit, um die
Inhalte als Text wiederzugeben.
AADie Sicherheitseinstellungen behindern nicht den
Einsatz von Screenreadern.
AAFarben sind so auszuwählen, dass die Texte gut
lesbar sind – auch auf Farbflächen.
AABieten Sie die wichtigen Informationen zum Dokument wie Titel, Autor, Erstellungsdatum und Beschreibung in den Meta-Daten an.
Sorgen Sie für so wenige Barrieren wie möglich
Eine 100-prozentige Barrierefreiheit gibt es nicht! Ziel sollte
es trotzdem sein, den eigenen Webauftritt so barrierearm
wie möglich zu gestalten und damit seine Webinhalte niemanden bewusst vorzuenthalten. Voraussetzung dafür ist
das Wissen um die Anforderungen der BITV bzw. BayBITV
und deren Umsetzung.
Bei der Auftragsvergabe an externe Agenturen bzw.
Dienstleister muss, sowohl für Web- wie auch für PrintAufträge (Printmedien wie Faltblätter oder Broschüren
werden häufig als PDF-Dokumente ins Internet eingestellt), die barrierearme Umsetzung als Kriterium in die
Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Die konkreten Anforderungen und Ziele an die Barrierefreiheit
sollten genannt und bei der Abnahme der Leistung auch
geprüft werden.
Responsive Design unterstützt Barrierefreiheit
Der Begriff „Responsive Design“ ist in aller Munde und auch
das Staatsministerium und seine nachgeordneten Behörden
stellen ihre Webauftritte sukzessive auf Responsive Design
um. Responsive Design bedeutet, dass sich der grafische
Aufbau von Webseiten dynamisch an die Größe des verwendeten mobilen Endgeräts anpasst und damit eine optimale
Darstellung gewährleistet.
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Responsive Design erfüllt dadurch automatisch einige
Anforderungen der Barrierefreiheit. So können Menschen
mit Sehbehinderungen die Zoomfunktion nutzen oder sich
eine niedrigere Bildschirmauflösung einstellen, um einen
Vergrößerungseffekt zu erreichen. Auch entfallen die horizontalen Scrollbalken, die für viele Nutzer problematisch
sind und das Lesen erschweren.
Barrierefreiheit ist uns wichtig
Barrierefreiheit ist für das Staatsministerium nicht nur eine
Verpflichtung, sondern vor allem ein Anliegen. Wir bieten in
puncto Barrierefreiheit umfangreiche Dienstleistungen an
durch
AAdie Einhaltung der BayBITV,
AAdas Umstellen unserer Webauftritte auf Responsive
Design,
AAeinen ausführlichen Redaktionsleitfaden für die
Gestaltung barrierearmer Webinhalte,
AAdie Bereitstellung barrierearmer Word-Formatvorlagen,
AAAnleitungen zur Erstellung barrierearmer PDF-Dokumente aus Word und InDesign,
AAAnleitungen zur Prüfung der Barrierefreiheit mit dem
PDF Accessibility Checker (PAC), einem Prüfwerkzeug, das einen Eindruck zum vorhandenen Ausmaß
der Barrierefreiheit bei PDF-Dokumenten liefert.
Barrierefreiheit hilft uns, Webinhalte redaktionell gut aufzubereiten, da man sich in die Rolle des Lesers hineinversetzen
muss und dadurch „runde“ Texte verfasst. Durch die Bereitstellung barrierearmer Word-Formatvorlagen erhöhen wir
unsere Produktivität und Effektivität beim Erstellen barrierearmer PDF-Dokumente.
Wir möchten unsere Webinhalte allen Menschen zugänglich machen. Unsere Informationen sind es uns wert –
unsere Mitmenschen auch!
Literatur
Alles zum Thema Barrierefreiheit im Internet
www.einfach-barrierefrei.net
Das Angebot der Aktion Mensch www.einfach-fuer-alle.de
Barrierefreies Webdesign www.barrierefreies-webdesign.de
Die barrierefreie Website www.die-barrierefreie-website.de
Web ohne Barrieren www.wob11.de
Dr. Bettina Rother
Bayerisches Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
[email protected]
SuB 6-7/2015
Sind PDFs noch zeitgemäß?
von DR. HORST NEUHAUSER: Das Dateiformat PDF gilt als das Format, das auch in Zukunft
gelesen werden können sollte. Auch ist es ein Format, das unabhängig von der Erstellungssoftware auf nahezu allen EDV-Geräten in definiertem Layout den Inhalt darstellt. Der PDFStandard hat sich in den vergangenen Jahren somit bewährt und gilt bei vielen als anerkannt.
Aber ist dieses Format aufgrund sich etablierender Technik wie Tablets, Phablets und Smartphones noch brauchbar? Und ist die Erzeugung von PDFs aus Textverarbeitungssystemen
heraus noch effizient und zeitgemäß?
Der ursprüngliche Sinn des Portable Document Formats
(PDF) war ein plattformunabhängiges Dateiformat für Dokumente zu haben. Damit ist es möglich auf unterschiedlichen
Geräten ein Dokument in dem vom Ersteller gewünschten
und erzeugten Layout zu lesen. Es spielt damit keine Rolle,
ob das Dokument auf einem beliebigen PC, auf einem Tablet
oder als gedruckte Seite betrachtet oder gelesen wird. Es
spielt auch keine Rolle, mit welcher Software ein Dokument
vor der Umwandlung in ein PDF erzeugt bzw. bearbeitet
wurde. PDFs lassen sich aus Textverarbeitungs-, Präsentationsprogrammen, Internetseiten u. v. m. heraus erzeugen.
Ursprünglicher Hauptansatz war, Dokumente zu erzeugen, die im Ausdruck der gewünschten und vertrauten „Papierform“ sehr nahe kommen. Dieser Ansatz war zur damaligen Zeit ein wichtiger Meilenstein und auf die damals
übliche und technisch mögliche Arbeitsweise abgestimmt.
Auch wenn das PDF-Format sich seit dieser Zeit weiterentwickelt hat und viele neue und sinnvolle Möglichkeiten bietet,
stößt es aber gleichzeitig an seine Grenzen. Insbesondere
bei den neu auf den Markt gekommenen Geräten wie Tablets, Phablets und Smartphones und aufgrund der sehr starken Verbreitung des Internets.
Grenzen von PDFs auf Tablets, Smartphones usw.
Der Großteil der PDFs ist auf einen Ausdruck auf DIN A4, z. T.
DIN A5, ausgelegt. Dies bedeutet, dass die Schriftgröße des
Textes je nach Schriftart 10 oder 12 pt ist. Betrachtet man
solch ein Dokument auf einem Tablet mit einer Bildschirmdiagonale von ca. 10 Zoll bzw. Phablets ab 5 Zoll oder Smartphones, so ist der Text meist nicht mehr lesbar, weil zu klein.
Die Geräte bieten zwar die Möglichkeit die Texte zu vergrößern, es wird dann aber nur ein Teil der Zeile dargestellt. Dies
bedeutet, dass man ständig auf seinem Tablet oder Smartphone den Text hin und her schieben muss. Ein vernünftiges
und strukturiertes Lesen ist so aber nicht mehr möglich.
Wer noch nicht oder wenig mit Tablets oder Smartphones gearbeitet hat, wird sich jetzt wohl denken: „Dann drucke es Dir halt aus!“. Sicher, das ginge. Dieses Vorgehen ba-
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siert aber auf den traditionellen, papierorientierten Arbeitsverfahren und -abläufen. Diese haben sich über Hunderte
von Jahren bewährt und prägen immer noch unsere Arbeit.
Doch sind wir derzeit in einer Umbruchphase. Der Absatz bei
klassischen PCs (1) und Notebooks geht zurück. Dagegen
steigen die Verkaufszahlen von Tablets und Smartphones,
und insbesondere bei Phablets und Smartphones wird sich
wohl dieser Trend fortsetzen (2). Damit geht einher, dass immer mehr Menschen diese Geräte zum Lesen von Fachbuchliterarien, Zeitschriften, Zeitungen, Büchern und Internetseiten nutzen. Aber auch für elektronisch eingehende Rechnungen und Briefe. Wer seine Arbeitsstrukturen auf diese
Technik ausgelegt hat, für den sind die klassischen, papier­
orientierten Verfahren nervig und ineffizient.
Mit welcher Geschwindigkeit sich diese Techniken auch
in Deutschland etablieren zeigt die Tatsache, dass seit dem
2. Quartal 2013 mehr Tablets als Notebooks verkauft werden
(3). Im Jahr 2014 wurden nach derzeitigen Schätzungen in
Deutschland 24 Millionen Smartphones und 9 Millionen Tablets verkauft (4).
Damit Texte auf Geräten unterschiedlicher Größe optimal zu lesen sind, ist derzeit wohl der einfachste Weg über
html zu gehen, also sie direkt als Internetseite zu erstellen.
Die automatische Anpassung einer Internetseite auf die Bildschirmgröße des Zielgerätes (PC, Notebook, Tablet, Smartphone) wird zunehmend zum Standard und ermöglicht damit das komfortable Lesen von Texten unabhängig von der
Größe des Anzeigegerätes. Wie sich der Aufbau einer Internetseite automatisch anpasst, ist z. B. auf der Internetseite
der FüAk (http://www.fueak.bayern.de) nachvollziehbar.
Hierzu ist das Browserfenster auf dem Bildschirm des PCs
oder Notebooks zu verkleinern. Ändert man nun die Breite
des Fensters mit der Maus, passt sich der Aufbau der Seite
und die Textbreite des Artikels automatisch der Browserfensterbreite an.
Sobald dieser Vorteil aber bei allen Dokumenten – die
der Information dienen – genutzt werden kann, sind die derzeit meistens genutzten Prozesse zur Erzeugung von Tex-
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BARRIEREFREIHEIT
BARRIEREFREIHEIT
BARRIEREFREIHEIT
BARRIEREFREIHEIT
ten/Dokumenten nicht mehr praktikabel. Bisher erstellen
wir Texte/Dokumente, indem wir sie mit einem Textverarbeitungssystem tippen, formatieren und dann in ein PDF umwandeln. Häufig wird dieses PDF Dokument mit einem kurzen Teaser direkt ins Internet gestellt, mit all den vorher
beschriebenen Nachteilen. Eine internetkonforme Aufbereitung wird meist als zu aufwändig betrachtet und deshalb
unterlassen.
Allerdings hat sich die Erstellung von Internetseiten, von
der Technik gilt dies auch für das Mitarbeiterportal des
Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der nachgeordneten Behörden, in den letzten Jahren vereinfacht. Bei den heutigen Systemen ist keine Programmiererfahrung mehr notwendig. Es dürfte heute jedem
möglich sein, Texte, Bilder und Grafiken für Internetseiten zu
erzeugen. Aus diesen Internetseiten können, sofern nötig,
dann auch PDFs erzeugt werden.
Dieser Weg gibt auch aus einem anderen Grund Sinn: Die
Inhalte im Internet sind barrierefrei zu gestalten. Die Erstellung eines barrierefreien PDF mit einem Textverarbeitungssystem setzt voraus, dass der Text auf der Basis von Dokumentenvorlagen zu strukturieren ist, z. B. sind den Überschriften die entsprechenden Formatvorlagen zuzuweisen.
Dies passiert derzeit in den wenigsten Fällen, so dass auch in
der Nutzung von Textverarbeitungssystemen ein Umdenken erforderlich sein wird. Zudem müssen auch gut strukturierte Dokumente noch nachbearbeitet werden, z. B. die verbale Beschreibung von Bildern und Grafiken.
Auch wenn in den Behörden derzeit Tablets, Phablets
und Smartphones kaum im Einsatz und die beschriebenen
Vorteile nicht sofort nutzbar sind, ergibt sich im Ergebnis
auch kein Nachteil. Allerdings kann eine Behörde im Falle der
Einführung dieser Techniken dann bereits auf ein breiteres
Fundament zurückgreifen.
Textverarbeitungsprogramme werden aber trotzdem
auch weiterhin ihre Berechtigung haben, z. B. bei Briefen
und umfangreichen Dokumenten.
Literatur
(1) STATISTICA: Absatz von PCs in Deutschland; http://de.statista.
com/statistik/daten/studie/188178/umfrage/absatz-vonpcs-in-deutschland-nach-quartalen/, abgerufen am
13. November 2014
(2) SCHWUCHOW, OLIVER: Prognose: Tablet-Verkäufe stagnieren,
Phablets weiter im Trend; http://www.mobiflip.de/
prognose-tablet-verkaeufe-phablets-trend/, abgerufen
am 13. November 2014
(3) STATISTICA: Tablets weiter beliebter als Notebooks; http://
de.statista.com/infografik/1161/absatz-von-tablets-undnotebooks-in-deutschland/, abgerufen am 13. November
2014
(4) BITKOM: Mobilgeräte verändern den Markt für Unterhaltungselektronik; https://www.bitkom.org/de/
presse/81149_80234.aspx, abgerufen am 13. November
2014
DR. HORST NEUHAUSER
STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR
ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN
[email protected]
Excel-Zeilen in Spalten umwandeln und umgekehrt
Beim Erstellen von Excel-Tabellen merkt
man manchmal zu spät, dass die ZeilenSpalten-Anordnung umgekehrt besser
gewesen wäre. Die einzelnen Zellinhalte
nun verschieben, ist aber sehr umständlich. Einfacher geht es folgendermaßen:
Markieren Sie den falsch angeordneten
Tabellenbereich und kopieren Sie ihn
in die Zwischenablage (Strg + C). Setzen Sie den Cursor jetzt an die Stelle,
an der Sie die Tabelle richtig angeordnet haben wollen. Wählen Sie aus dem
Kontextmenü (rechte Maustaste) den
Eintrag Inhalte einfügen aus. In der Auswahl setzen Sie ein Häkchen bei Transponieren und drücken OK – fertig.
Dr. Horst Neuhauser
Haben Sie auch Tipps und Tricks zur Arbeitserleichterung. Bitte schicken an [email protected]
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SUB 6-7/2015
BILDUNG
Agrarpolitik greifbar gemacht
Lehrfahrt der Landwirtschaftsschule Passau
BILDUNG
von ANIKA WIRSIG: „Agrarpolitik greifbar machen!“ unter diesem Motto stand die Lehrfahrt
der Landwirtschaftsschule Passau nach München im Februar 2015. Das Programm bot den
jungen Landwirten die Möglichkeit, den Weg der Beschlussfassung in der Agrarpolitik, begonnen vom Landtag bis zum Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
nachzuverfolgen und die direkten Auswirkungen politischer Entscheidungen am Beispiel der
BayWa AG zu beleuchten. Da die Besucher selbst aktiv in der Landwirtschaft tätig sind, stand
vor allem die Auseinandersetzung mit aktuellen agrarpolitischen Entscheidungen wie der
neuen Agrarreform im Mittelpunkt und bot Anlass für angeregte Diskussionen.
Wo agrarpolitische Beschlüsse gemacht werden
rekt auf ihre praktische Arbeit als Landwirte auswirken, zu
Der Besuch des Maximilianeums bot zunächst die Möglich- hinterfragen. Waschler begrüßte die Diskussion, in der es unkeit zu sehen, wie agrarpolitische Entscheidungen auf den ter anderem um die Belange der Landwirte bezüglich FlutWeg gebracht werden. Prof. Dr. Gerhard Waschler, Mitglied polder oder die Verkehrsführung im Raum Passau ging. Er
des bayerischen Landtages, führte die Studierenden und konnte so dazu beitragen, Agrarpolitik begreifbar zu maihren Schulleiter Johann Rosenberger, sowie Fachlehrer chen.
Thomas Lehner durch das von 1857 bis 1874 erbaute Gebäude. Im Fraktionssaal der CSU erklärte er den Ablauf von
Vom Beschluss zur praktischen Umsetzung
Sitzungen im Landtag. Die Fraktionen treffen sich regel­ Entsprechend dem Weg, welcher die im Landtag gefassten
mäßig im Plenarsaal, um Stellungnahmen vorzubereiten Entschlüsse gehen, war die nächste Station der Besucher das
und Gesetzesvorlagen zu erarbeiten.
„Wenn keine Einigung erzielt werden kann“, erklärte
Waschler auf Nachfrage,
„können solche Sitzungen
sehr lang werden.“ Ein Beispiel dafür ist die Ausgestaltung der neuen Agrarreform, bei der verschiedene
Verbände ihre Eingaben machen konnten, die dann bei
den Greening-Auflagen berücksichtigt werden mussten. Daraufhin konnten die
Studierenden selbst im Plenarsaal Platz nehmen und
bekamen die Möglichkeit
Politik dort zu erleben, wo
sie gemacht wird. Sie nutzten das Gespräch mit dem
Abgeordneten, um die Hintergründe politischer Ent- AA Bild: Staatsminister Brunner (1. Reihe Mitte) und Ministerialrat Manfred Pusch (1. reihe rechts) nahmen sich viel
scheidungen, die sich oft diZeit, für die Fragen der jungen Landwirte von der Passauer Landwirtschaftsschule
SUB 6-7/2015
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BILDUNG
BILDUNG
Staatsministerium. Dort wurden sie von Manfred Pusch, Leitendem Ministerialrat, empfangen und bekamen einen kleinen Einblick in die Geschichte und Organisationsstruktur des
Hauses.
Nach seiner Einführung stellte Pusch die provozierende
Frage:
„Ist ein bayerisches Landwirtschafts­
ministerium überhaupt nötig?“
Der einhelligen Meinung, dass es durchaus nötig ist, ließen
die Studierenden schnell einige Begründungen folgen. Sie
sahen die Belange der vielfältigen Naturräume, die auch für
den Tourismus von großer Bedeutung sind, und der vielen in
der Landwirtschaft Tätigen in einem eigenen Ministerium
am besten aufgehoben. Pusch ergänzte, dass jeder dritte
deutsche landwirtschaftliche Betrieb in Bayern steht und es
deshalb eine wichtige Aufgabe sei, die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Betriebe zu erhalten. Deshalb geschieht die
Umsetzung der vom Landtag gefassten Beschlüsse, wie z. B.
der Greening-Auflagen, mit dem Ziel den Landwirt für die
Erhaltung einer lebenswerten Umwelt entsprechend zu belohnen.
Im Anschluss nahm sich Staatsminister Helmut Brunner
Zeit für die Fragen der Studierenden. Dass sich die jungen
Landwirte mit den politischen Anforderungen, sei es Greening oder Fruchtfolgeregelung, bereits in der Schule und
aus persönlichem Interesse auseinandergesetzt haben,
zeigte die rege und praxisnahe Diskussion. Brunner antwortete auf die Fragen sowohl als Staatsminister, aber auch als
Landwirt und zeigte Verständnis für die Schwierigkeiten,
welche manche Landwirte mit den geänderten Auflagen der
neuen Agrarreform haben.
Auswirkungen am Beispiel der BayWa AG
Um die Auswirkungen agrarpolitischer Entscheidungen
sichtbar zu machen, besuchten die Passauer Landwirte zum
Abschluss des Tages die BayWa AG.
Als weltweit größter Händler von Kernobst wurden vom
Gastgeber neben Kaffee und kalten Getränken auch Äpfel
gereicht, von deren Qualität sich die Besucher überzeugen
konnten. Dr. Joseph Krapf, Mitglied des Vorstandes, zeigte
zunächst einen Film über die Aufgabenbereiche der BayWa
AG und informierte dann in einem Vortrag über die Agrarmärkte der Zukunft und deren Bedeutung für die bayerischen Landwirte. Die anschließenden Fragen der Studie-
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renden reichten von der eigenen Einschätzung über die
Lage der Agrarpolitik, bis hin zu den Auswirkungen des
Russland-Embargos und des TTIP-Abkommens. Die Umsetzung der neuen Agrarreform mit den Greening-Auflagen
hat laut Dr. Krapf positive Auswirkungen auf den Absatz
von Leguminosen- und anderem Saatgut, weil es sich für
die Einsaat von Stilllegungsflächen eignet. Dennoch wurde
während des Gespräches deutlich, dass die Einstellungen
zu den Zielen, welche derzeit mit der Agrarpolitik verfolgt
werden, sehr unterschiedlich sind. Auf Seiten der Politik besteht der Wunsch, die bayerische Landwirtschaft durch
Aufrechterhaltung kleiner Strukturen und naturnaher Produktion attraktiv für Tourismus und Verbraucher zu erhalten, was sich in der Ausgestaltung der aktuellen Agrar­
reform zeigt. Auf der Seite der landwirtschaftlichen
Unternehmen oder landwirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen zwingt das fortschreitende Bevölkerungswachstum und die zunehmende Flächenknappheit zum
Nachdenken, ob dies der richtige Weg für eine zukunftsfähige Landwirtschaft ist.
Den Eindruck, dass es kein entweder – oder in dieser
Frage gibt, nahmen die jungen Landwirte am Abend mit
nach Haus. Die Lehrfahrt nach München hat ihnen gezeigt,
dass Agrarpolitik und deren Umsetzung von der Diskussion
und der Beteiligung aller Betroffenen abhängt. Fachlehrer
Lehner bringt es auf den Punkt:
„Wer von den Herren Studierenden der
Fachschule heute also unzufrieden mit der
Umsetzung der Agrarpolitik ist, kann ja
langfristig die harten Sessel in der Schule
gegen die weichen Sessel im Maximilianeum
tauschen“.
ANIKA WIRSIG
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN PASSAU-ROT THALMÜNSTER
[email protected]
SUB 6-7/2015
BILDUNG
„Gewinn nicht Ziel, sondern
Bedingung“
von DR. REINHARD BISCHOFF: „Reisen veredelt den Geist und räumt mit all unseren Vorurteilen auf“, so der irische Schriftsteller Oscar Wilde (1854 – 1900). Kurz gesagt: Reisen bildet. Seit
2009 fahren das erste und dritte Semester der Landwirtschaftsschule Schweinfurt gemeinsam
mit dem Schulleiter und den beiden Semesterleitern zum Semesterende für drei bis vier Tage
in die Ferne.
Abschlussfahrt wird Lehrfahrt. So das fortwährende Motto der
Reisen der Landwirtschaftsschule Schweinfurt. In diesem Jahr
führte sie uns nach Tschechien und die Slowakei. Wozu eigentlich? Was sollten wir da außer Frust ernten? Mit denen können
wir doch nicht mithalten! So der Tenor manch skeptische
Frage zu Beginn. Stimmt. Auf den ersten Blick. Fünf außer­
ordentliche Betriebe in drei Tagen. Humor kam nicht zu kurz.
Unternehmensführung hautnah, in der Praxis
Der erste Besichtigungsbetrieb nahe Cheb (Eger) bewirtschaftet mit 3 200 Hektar rund 500 Hektar mehr als unser gesamtes
Abschluss-Semester (im Durchschnitt 180 ha). Ein anderer
nahe Brünn, ebenso groß, bei weit besseren Bonitäten, aber
wenig Regen. Begrüßung durch Maximilan Schmailzl. 62 Jahre
und noch immer voller Ideen, voller Pläne. Was für ein Typ!
Denkt manch einer der Studierenden. Auch die Lehrer sind
spürbar angetan. Der gebürtige Ingolstädter fasste 1996 den
Entschluss, seine Verwaltertätigkeit auf einem unterfränkischen Gutshof zu beenden und im Nachbarland neu durchzustarten. Bereut hat er es nie. Und dann legt er auch gleich los:
„Kostensenkung ist unternehmerische Kern­
aufgabe. Denn Gewinn kann kein Ziel sein,
Gewinn ist eine Bedingung. Auch in Tsche­
chien und der Slowakei. In jedem Betrieb.“
Die Studierenden kennen die Situation auf ihren Betrieben.
Dennoch – wir brauchen keine Angst zu haben. Wir können
mithalten. Das hat kürzlich auf dem vlf-Unternehmerseminar
in Bad Kissingen DLG-Marktexperte Dr. Christian Bickert bestätigt. Wir, die bayerischen Familienbetriebe, sind wettbewerbsfähig; aus drei Gründen:
AAniedrigere Betriebsmittelpreise (Vergleich USA),
AAdie Qualität stimmt und
AAdie Logistik funktioniert.
SUB 6-7/2015
Die Marktpreise für Weizen und Raps sind aber international
nahezu identisch.
Maximilan Schmailzl verbreitet Mut und Zuversicht. Er
hatte damals bei „Null“ begonnen, war bereits nicht mehr
der Jüngste und schaffte es, sich in Tschechien erfolgreich
durchzusetzen. Warum sollte nicht jeder unserer Studierenden zu Gleichem fähig sein?
Der sechsundvierzigjährige Roman Gernert begann vor 19 Jahren
seine Aktivitäten in der Tschechischen Republik gemeinsam mit Maximilan Schmailzl. Heute bewirtschaftet er zwei Drittel der 3 200 Hektar im
Eigentum. Aktuell liegen die Bodenpreise in der Region zwischen 4 000
bis 10 000 Euro je Hektar. In den An- AA Roman Gernert hat
seinen Neubeginn
fangsjahren war das Hektar noch für
in Cheb nie bereut
600 bis 700 Euro zu bekommen. Der
Unternehmer hat heute seinen Lebensmittelpunkt bei Eger aufgebaut. Er spricht mittlerweile gut tschechisch und kommt mit den siebzehn eigenen Angestellten und den örtlichen Behörden gut zurecht.
Was können wir da lernen? Vielleicht helfen einige Aussagen des Betriebsleiters Roman Gernert:
AAEigener Mähdrescher lohnt sich nicht wegen sehr
kurzer Erntezeit (Eger).
AAEs sind nur Gebrauchtmaschinen im Einsatz (Maschinenzeitwert 470 €/ha).
AASparen ist das Motto.
AAFlächentausch ist problemlos.
AAKleine Fehler haben große Wirkung: deshalb sind
Information und Beratung das A und O.
Standortvorteil: unsere Berufsausbildung
Das Wichtigste aber sind verlässliche, qualifizierte Mitarbeiter.
Gilt das nicht auch alles für uns? Entscheidend für den Erfolg
und damit für die Zukunft der Landwirtschaft sind die Men-
11
BILDUNG
Abschlussfahrten an der Landwirtschaftsschule Schweinfurt sind fester Bestandteil der
Bildung und führen zu neuen Sichtweisen
BILDUNG
BILDUNG
schen mit Realitätssinn, Kreativität, Engagement und Mut. Hier
wie dort. Deutliche Unterschiede gibt es im Ausbildungsniveau
der Landwirte. Die landwirtschaftliche Berufsausbildung ist in
den beiden Nachbarstaaten nicht mit den bayerischen Standards zu vergleichen. Hier sind wir deutlich im Vorteil. Auch Agraringenieuren fehlt meist noch der Bezug zur Praxis. Kostenintensive Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Betriebe sind
in Tschechien und der Slowakei unabdingbar und die Regel.
Ulrik Hansen, Däne, Chef eines
6 000 Hektar-Betriebes mit 180 000
Hühnern und 5 000 Zuchtsauen nahe
Bratislava in der Slowakei, erwartet
von seinen Mitarbeitern Emotion
(Identifikation), Loyalität und Teamfähigkeit. Genau diese Eigenschaften
brauchen wir genauso in unseren Familienbetrieben. Das wird jedem klar.
Die Studierenden gehen mit, sind voll
dabei. Kommunikation erfolgt auf
Englisch, zwischen den Mitarbeitern
AA Ulrik Hansen
von Hansen, aber auch zwischen ihm
bewirtschaftet einen
und uns. Sein Unternehmen erwirtBetrieb in der Slowakei
schaftet jährlich einen Gewinn von
etwa 800 Euro je Hektar. Lohnkosten sind da bereits abgeglichen. Der Steuersatz in der Slowakei beträgt einheitlich 25 Prozent. Für Hansen ein besonderer Vorteil für seine Investition in
dieser Region. Diese Vorzüge werden auch uns Deutschen bewusst. Ökonomische Auswertungen werden vorgestellt, und
die Studierenden fragen nach. Unternehmensführung in der
Praxis. Unsere Fahrt in die Ferne macht Sinn!
schaftsschule nimmt deutlich zu. Der Zusammenhalt unter­
einander aber auch mit den Lehrkräften erfährt einen
spürbaren Schub. Beste Voraussetzungen für eine entstehende kameradschaftliche Lernatmosphäre im dritten Semester. Annette Dodel beschreibt die Straubinger Erfahrungen für
einen anzustrebenden Unterricht in ihrem Artikel wie folgt
„Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl
stärken. Dies äußert sich in gegenseitiger
Unterstützung und Fairness bei gleichzeitig
niedrig ausgeprägter Konkurrenz untereinan­
der, sowohl auf der Ebene der Studierenden,
als auch auf der der Lehrer. Alles, was das
Wir-Gefühl und die Identifikation mit der
eigenen Schule fördert, ist von Nutzen.“
AA Erlebnis Slowakei
Persönlichkeit und Zusammenhalt
Der Nutzen von Abschlussfahrten geht jedoch weit über
Wissenszuwachs und kulturelle Erlebnisse hinaus. Der pädagogische Wert richtig gestalteter Semesterfahrten kann
nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zum Thema Abschlussfahrt ist auch der Artikel in der März-Aprilausgabe
2011 von „Schule und Beratung“ (1) sehr interessant. Die Autorin Annette Dodel schildert die Straubinger Erfahrungen
und betrachtet die Abschlussfahrt als Höhepunkt und bleibende Erinnerung. Zur Förderung des Wir-Gefühls und der
Identifikation mit der Schule.
Unsere Erfahrungen zeigen: Studierende und Lehrkräfte
begegnen sich auf einer Abschlussfahrt in einem weit umfassenderen Rahmen als in der Schule und erfahren dabei voneinander viele bislang unbekannte Fähigkeiten und Begabungen. Distanzen und Hierarchien verschwinden. Lehrer werden
zu Erfahrenden, Schüler lernen Grenzen kennen und Regeln
als sinnvolle Ordnungsprinzipien für eine funktionierende Gemeinschaft zu schätzen. In diesem Zusammenhang ist auch
die Teilnahme des ersten Semesters an der gemeinsamen Abschlussfahrt zu bewerten. Die Identifikation mit der Landwirt-
12
Lehrfahrten bringen die Schule diesem Ideal näher. Die Landwirtschaftsschule Schweinfurt organisiert deshalb darüber
hinaus in jedem Jahr mehrtägige Fahrten zur Agritechnika,
Eurotier und DLG-Feldtage. Der pädagogische Wert dieser erlebnis- und erfahrungsorientierten Veranstaltungen liegt
nicht zuletzt in der Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden. Die Resonanz ist durchgehend positiv. Dies belegen Umfragen, die am Ende der drei Semester erstellt werden. Ein
Merkmal der Landwirtschaftsschule Schweinfurt: Der Blick
über den Tellerrand. Und Studierende empfehlen diese Schule
gerne weiter.
Literatur
DODEL, ANNETTE: Erfolgsfaktor Schulklima an der Landwirtschaftsschule, „Schule und Beratung“ Heft 3-4/11, Seite I-1 ff.
DR. REINHARD BISCHOFF
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN SCHWEINFURT
[email protected]
SUB 6-7/2015
BILDUNG
Seit vielen Jahren existiert eine Dachorganisation für die Bündelung der Interessen
der europäischen Agrarfachschulen in
Brüssel. Dort sind 22 Länder mit über 600
Agrarfachschulen und landwirtschaftliche Bildungseinrichtungen vertreten.
Im September 2014 wurde in Freiberg/
Sachsen am dortigen Fachschulzentrum ein deutscher Ableger „EUROPEA
DEUTSCHLAND“ wieder belebt. Schulleiter Gerd Alscher wurde zum Bundesvorsitzenden dieses nach deutschem
Recht gegründeten Vereins zur Förderung und Vernetzung der Agrarbildung.
Ziel dieser Interessensgruppe sind die
Vernetzung und Zusammenarbeit der
Schulen im Agrarbereich innerhalb Europas. Natürlich sind diese Fachschulen
sehr heterogen und haben unterschiedliche Bildungsziele und Zielgruppen.
Gemeinsam will man sich aber in der
Branche und der Politik Gehör verschaffen und die zeitlose Bildungsaufgabe
für alle Agrarberufe voranbringen.
Auf EU-Ebene treffen sich die Vorsitzenden zweimal jährlich in dem Staat,
der gerade die EU-Ratspräsidentschaft
innehat, unter der bewährten Führung
von Henrik Dethlefsen aus Dänemark. Er
beschrieb in seiner Ansprache anschaulich die Potenziale des Netzwerkes auf
europäischer Ebene: EUROPEA INTERNATIONAL organisiert und koordiniert
grenzübergreifend Schüler- und Lehrer­
austausch, europäische Berufswettbewerbe, gemeinsame Projekte über die
EU-Pro­gramme Erasmus plus sowie Schulpartnerschaften und Fachexkursionen
auf allen Ebenen der grünen Bildung.
Die deutschen Mitglieder treffen sich
im Herbst bei der Schulleitertagung der
Agrarfachschulen auf Bundesebene.
Als bayerische Gründungsmitglieder
haben sich die Staatliche Technikerschule für Agrarwirtschaft Triesdorf sowie die Staatliche Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim mit den jeweiligen
Ehemaligenverbänden eingebracht.
Grundsätzlich kann jede deutsche Fachschule für Landwirtschaft, Gartenbau
und Weinbau für 75 Euro Jahresbeitrag
beitreten. Die Satzung kann in der Vereinsgeschäftsstelle, Hauptstraße 150,
Freiberg, eingesehen oder per E-Mail bei
[email protected]
angefordert werden. Die Homepage
von EUROPEA INTERNATIONAL
lautet www.europea.org.
ARVED VON MANSBERG
STAATLICHE MEISTER- UND
TECHNIKERSCHULE FÜR WEINBAU
UND GARTENBAU VEITSHÖCHHEIM
[email protected]
AA Gründungsmitglieder von EUROPEA DEUTSCHLAND (von links) Franziska Kampf (BilSE-Institut Güstrow), Mario Schmidt (LfULG Döbeln), Henrik
Dethlefsen (Dachverband EUROPEA INTERNATIONAL), Dr. Britta Ender (BilSE-Institut), Arved von Mansberg (Staatliche Meister- und Technikerschule
für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim), Dr. Gisela Spangenberg (Fachschule Johann Heinrich von Thünen, Güstrow), Christoph Weidensdorfer
(Grüne Schule grenzenlos e. V., Zethau), Gerd Alscher (Fachschulzentrum Freiberg-Zug), Fritz Vogt (Vereinigung ehemaliger Triesdorfer), Rolf Hauser
(Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg), Dr. Wilhem Wehren (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kleve)
SUB 6-7/2015
13
BILDUNG
EUROPEA INTERNATIONAL – Dachorganisation europäischer Fachschulen aus dem Agrarbereich
DIVERSIFIZIERUNG
Elf Wochen nur mit regionalen
Produkten
Ein Selbstversuch des Regionalbuffet Franken
DIVERSIFI­
ZIERUNG
von MARTIN HORNDASCH: Vor elf Jahren entstanden in Mittelfranken erste Kooperationen
zwischen Produzenten, Direktvermarktern und Gastronomen. Ihr erklärtes Ziel: Frische und
regionale Lebensmittel auf den Teller bringen. Die Wertschöpfung bleibt vor Ort, und die
Transportwege bleiben kurz. „Regionalbuffet“ ist gleichzeitig Logo und Name der Initiative.
Anlässlich des Geburtstages fand die Aktion „Taste It – Taste Dich an regionale Lebensmittel
heran“ statt: Elf Personen ernähren sich elf Wochen lang ausschließlich von regionalen
Produkten. Ihre Erfahrungen teilen sie über einen Blog der Öffentlichkeit mit.
Eine Vielfalt an Produkten ziert derzeit das Modewort „regional“. Doch was bedeutet „regional“ konkret? Jeder sieht dies
anders. Für den einen ist dies die Herkunft aus dem jeweiligen Landkreis, für andere der Regierungsbezirk, das Bundesland, die Nation oder ganz Europa.
Folgendes Ergebnis lieferte eine Befragung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten (StMELF): „Regional“ bedeutet vor allem die Herkunft „aus Bayern“. Exaktere Abgrenzungen (z. B. „Landkreis“) oder weiter gefasste Grenzen (z. B. „Süddeutschland“)
waren weniger zugkräftig (1).
Die Initiative Regionalbuffet begegnet dieser Fragestellung mit ihrer Internetseite. Dort können Verbraucher die
Liste der teilnehmenden Betriebe und deren Standort auf
der Landkarte einsehen. Für Verbraucher kann dies als Hilfestellung dienen, für sich selbst eine Abgrenzung und Definition des Begriffs „Region“ zu finden. Die Standortinformationen der einzelnen Betriebe werden von Bildern,
Öffnungszeiten und Speisekarten bzw. Sortiment ergänzt.
Das Regionalbuffet gibt vier Regionen vor:
AA„Romantisches Franken“
AA„Fränkisches Seenland“
AA„Steigerwald Süd“
AA„Rund um Nürnberg“
Regionalität: nachprüfbar & nachvollziehbar
Die enge Verbindung zwischen Erzeugern, Verarbeitern und
Gastronomie ist der Interessengemeinschaft Regionalbuffet
wichtig. Regionale Produkte und Zutaten sollen ohne lange
Transportwege ans Ziel gelangen. Konkrete Informationen
zu Herkunft und Herstellung schaffen Transparenz. Erzeuger
sind auf der Speisekarte eines Gastwirtes vermerkt. Teilnehmende Gasthäuser tragen ein Schild mit Logo im Eingangs-
14
bereich (siehe Bild 1).
Gerichte
wechseln
selbstverständlich der
Saison entsprechend.
Getränke werden ebenfalls von regionalen
Herstellern bezogen.
Der Herkunftssicherheit für Gastronomen
steht die planbare Absatzmenge für Erzeuger gegenüber. Beide
Seiten profitieren.
Aus ursprünglich 17
Teilnehmern erwuchs AA Bild 1: Das Logo des Regionalbuffets
ein Netzwerk von derzeit 150 Betrieben.
Transportwege bleiben transparent, statt in einem Logistikprozess verborgen. Neben gesetzlichen Regelungen und
Verordnungen werden weitere Kriterien eingehalten: Nur Gerichte aus überwiegend regionalen Zutaten tragen das Logo.
Eine Kommission kann dies jederzeit nachprüfen. Statt häufig
wechselnder Kennzeichnung ist das Emblem der Initiative
seit elf Jahren dasselbe. Kontinuität schafft Vertrauen, und
Regionalität ist hier kein Wort aus einer Marketingabteilung.
Der elfte Geburtstag: „Taste It“
„Taste It – Taste Dich an regionale Lebensmittel heran“. Dieser moderne Slogan soll gerade junge Menschen ansprechen, sich intensiver mit regionalen Lebensmitteln zu beschäftigen. Ernährung ist geprägt von Gewohnheiten. Man
muss sich an diese „herantasten“, um sie zu ändern. Sorgt der
englische Name auch für Verwunderung, so hat er bereits
SUB 6-7/2015
DIVERSIFIZIERUNG
AA Bild 2: Startschuss für "Taste it" im August 2014 in Ansbach
eine wesentliche Funktion von Werbung erfüllt: Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Die Teilnehmer sollen versuchen, sich über einen Zeitraum von elf Wochen ausschließlich mit regionalen Produkten zu versorgen. Hierbei soll, wenn möglich, auf die
Angebote und Partnerbetriebe des Regionalbuffets zurückgegriffen werden. Vier Haushalte wurden im Vorfeld
ausgewählt: drei Familien und ein Singlehaushalt. Von
städtisch bis ländlich war deren Umfeld zu beschreiben.
Die Teilnehmer bekamen jeweils einen „Paten“ aus dem
Organisationsteam zur Seite gestellt, den sie um Rat fragen konnten. Die Herausforderung liegt in der Zeitdauer
der Aktion. Mit sporadischen Einkäufen auf dem Bauernmarkt oder einem Besuch im Hofladen ist es nicht getan.
Elf Wochen zeigen, wie leicht oder schwierig es tatsächlich
ist, sich konsequent regional zu ernähren.
„Tue Gutes und rede darüber“
Als Anreiz erhalten die vier Teilnehmer je einen Tablet-PC,
welchen sie nach Ende der Aktion behalten dürfen. Sie
dokumentieren Erfahrungen aus dem Alltag und teilen sie
per Internet in sozialen Medien: Fotos hochladen, Videos
drehen. Blogeinträge können auf einer eigens eingerichteten Seite hinterlassen werden. Es soll für andere Menschen sichtbar werden, welche Konsequenzen dieser Versuch hat. Die Initiatoren erhoffen sich durch die Aktion
einen Informationsgewinn: Wie viel zusätzliche Zeit benö-
SUB 6-7/2015
Startschuss für „Taste it“
Das Regionalbuffet baut Brücken zwischen Erzeugern und
Verbrauchern. Wo könnte also ein passenderer Ort als in der
Nähe des Einkaufszentrum Brückencenter in Ansbach für die
Veranstaltung liegen. „An der Riviera“ – so der Name des
Platzes – herrschte am 29. August 2014 herrliches Wetter.
Zahlreiche Passanten verfolgten die Veranstaltung und kosteten die angebotenen Spezialitäten (siehe Bild 2).
Aus dem StMELF war Viktoria Lofner-Meir angereist. Weitere Vertreter kamen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ansbach, den umliegenden Ämtern, der
Lokalpolitik, sowie der Presse. Das Kompetenzzentrum Ernährung (KErn) aus Kulmbach war durch Dr. Simon Reitmeier
und Martina Wirth vertreten. Erkenntnisse aus der Aktion
sollen in zukünftige Marketingmaßnahmen Eingang finden.
Wolfgang Heinzel, Vorsitzender der Initiative, moderierte die
Auftaktveranstaltung und stellte die Aktion und Teilnehmer
vor.
Eine Aufgabe war noch zu bewältigen: Die Teilnehmer
durften gemeinsam mit den Ehrengästen Apfelwaffeln backen. Vier Köche gaben Hilfestellung, und sofort herrschte
eifriges Treiben an den Tischen (siehe Bild 3). Den Geschmackstest haben alle bestanden. Die warmen Waffeln
wurden an Passanten und Gäste verteilt. Deren einstimmiges Urteil: Regional schmeckt lecker!
Keine Startveranstaltung ohne Starter-Korb: Um für die
ersten Tage gerüstet zu sein, bekamen die Teilnehmer eine
Auswahl an regionalen Produkten überreicht (siehe Bild 4).
Ansprechpartner für Fragen und Probleme wurden ebenfalls
zugeteilt. Der Inhalt der Starterkörbe war schnell verzehrt.
Mit Navigationsgerät und Infomaterial galt es, sich auf eigene Faust mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen.
Erfahrungen hautnah
Bald stellten sich neue Routinen im Alltag der Teilnehmer
ein: Einkaufstour, Rezepte, Bilder machen, Blogeintrag hochladen. Beeindruckt war man vom Elan, der zu spüren war. Sogar Ketchup wurde aus regionalen Zutaten selbst zubereitet.
Die Teilnehmer entwickelten ihren eigenen Stil bei der Präsentation ihrer Gerichte und hatten sichtlich Spaß dabei, dies
anderen mitzuteilen. Die Familien bestätigten, dass sie alle
mehr Zeit gemeinsam verbracht haben. In der Arbeit und im
Bekanntenkreis wurden sie regelmäßig angesprochen, wie
sie denn mit den Vorgaben zurechtkämen. Ein Teilnehmer
schilderte erleichtert von einer Nebenwirkung der Aktion:
Ganz nebenbei nahm er sechs Kilogramm ab! Sein Argu-
15
DIVERSIFI­
ZIERUNG
tigen die Familien nun für ihre Einkäufe, um die Vorgaben
einzuhalten? Oder: Was ist am Gesamtkonzept „Regionalbuffet“ zu ändern, um dessen Attraktivität zu steigern?
DIVERSIFI­
ZIERUNG
DIVERSIFIZIERUNG
die Taste-It-Teilnehmer in
den einzelnen Regionen zu
besuchen. Sie sollten jeweils
an einem für sie im Veranstaltungszeitraum wichtigen
Anlaufpunkt von ihren Erfahrungen berichten. Flugs
wurde eine Tour geplant, die
in Ergersheim mit einem regionalen Frühstücksbuffet
begann. Mit Secco und
Jungwein wurde auf den Tag
angestoßen. Entlang der
herbstlich gefärbten Weinberge ging es weiter nach
Fürth. Nach Besichtigung eiAA Bild 3: Regional schmeckt lecker: Gemeinsames Apfelwaffel-Backen der Teilnehmer mit professioneller
nes
Gemüsebaubetriebs
Hilfestellung bei der Auftaktveranstaltung
und einem regionalen Mitment sind die gemeinsam gekochten und verzehrten Mahl- tagessen führte die Route ins Fränkische Seenland. In Ellinzeiten. Ladenöffnungszeiten und die Verfügbarkeit der Pro- gen empfing eine Blasmusikkapelle im Hof der Brauerei
dukte waren Punkte, welche die Teilnehmer gerne noch „Fürst Carl“ die Gruppe. Zum Abendessen ging es ins Roverbessert sähen. Der Blog ist unter www.regionalbuffet.de mantische Franken. Gans, Ente und Frankenwein rundeten
erreichbar, und die Erfahrungen der Teilnehmer sind dort die Aktion genussvoll ab. Alle Teilnehmer waren sich einig,
nachzulesen.
dass „Taste It“ ihr Leben verändert hat.
Der Abschlussbericht des KErn spiegelte den Aha-Effekt
Kulinarische Abschlusstour
und das große mediale Echo der Aktion wider: Es gelang vor
Zum Abschluss der Aktion wollte man die Erfahrungen der allem die Gruppe der 18- bis 45-Jährigen anzusprechen. ErTeilnehmer noch einmal Revue passieren lassen. Schnell war nährung ist ein Thema, das keineswegs nur die ältere Generaden Organisatoren klar: Eine Veranstaltung an einem Ort tion, sondern grade auch jüngere Menschen interessiert.
kann dies nicht leisten. Stattdessen wurde die Idee geboren,
Wolfgang Heinzel fasste die Aktion noch einmal zusammen und verwies vor allem auf deren medialen Erfolg: Mehr
als 40 Artikel erschienen im Aktionszeitraum zum Thema
“Taste It” in regionalen Tageszeitungen. Im Zusammenhang
mit dem Blog waren die Zahlen noch beeindruckender: Die
355 Beiträge der Teilnehmer enthielten 750 Bilder und wurden 270 Mal kommentiert. Zusätzlich wurden 61 Videos
hochgeladen.
Herzlichen Glückwunsch, Regionalbuffet, auf die kommenden elf Jahre!
Literatur
(1) BALLING, R.: „Kennzeichnung regionaler Produkte“ in: „Schule
und Beratung“ („SuB“) Nr. 7-8; S. 2 ff. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung Landwirtschaft und Forsten/
StMELF (Hrsg.): München, 2012.
AA Bild 4: Der Starter-Korb rüstet die Teilnehmer für die ersten Tage mit
einer Auswahl an regionalen Produkten
16
MARTIN HORNDASCH
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN
ANSBACH
[email protected]
SUB 6-7/2015
DIVERSIFIZIERUNG
Mit Diversifizierung Einkommen
in Berggebieten sichern
von DR. PAULA WEINBERGER-MILLER: Das Forschungsprojekt hatte die Zielsetzung, die
Einkommenssicherung und -entwicklung landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten durch
Diversifizierung zu ermitteln. Der Bericht führt grundsätzliche Informationen zu den Lebensund Arbeitsbedingungen landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten auf der Grundlage
einer einführenden Strukturanalyse auf. Die Bearbeitung einzelner Schwerpunktthemen
lieferte Ergebnisse zum Einfluss der Diversifizierung auf die Hofnachfolge und die Bedeutung
der Diversifizierung für die Betriebsentwicklung. Mit der Analyse der Herstellung spezieller
Bergbauernprodukte und deren einzelbetrieblicher, aber auch kooperativer Vermarktung
über verschiedene Vertriebsschienen wird eine Form der Einkommenskombination für die
Landwirte vertiefend betrachtet.
Ausgangspunkt für die Bearbeitung des Themas „Bedeutung der Diversifizierung in Einkommenskombinationen in
der Berglandwirtschaft“ im Zusammenhang mit dem gleichnamigen Arbeitsschwerpunkt Berglandwirtschaft der Landesanstalt für Landwirtschaft war die Tatsache, dass landwirtschaftliche Betriebe in Berggebieten aufgrund ihrer
meist kleinen Betriebsgrößen besonders vom Strukturwandel betroffen sind und zur Anpassung an neue strukturelle
Erfordernisse Einkommenszuwächse für eine angemessene
Lebenshaltung erreichen müssen. Insbesondere bei einem
anstehenden Generationswechsel ist eine attraktive Gestaltung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zentrale Aufgabe, die die Weiterführung des Betriebs maßgeblich bestimmt.
Der aktuelle Forschungsbericht liefert grundsätzliche Informationen zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten und ihren Per­
spektiven für die Zukunft. Dazu wurden in einer einführenden
Betriebsanalyse anhand realer Szenarien landwirtschaftlicher Familien in Berg- und Nicht-Bergbetrieben mit Diversifizierung in Einkommenskombinationen, Wirtschaftsweise
und Einstellungen zugänglich gemacht, um daran an­
knüpfend spezifische Schwerpunktthemen vertiefend zu
bearbeiten. Dabei wurde die Spannbreite jeweiliger zusammengesetzter Einzelaktivitäten erfasst, analysiert und bewertet. Aus der Bearbeitung folgender Schwerpunktthemen
sind ausgewählte Ergebnisse in den Bericht eingestellt:
AAStrukturanalyse in landwirtschaftlichen Betrieben
mit Diversifizierung in Berggebieten
AAHofnachfolge in Haupterwerbs- und Nebenerwerbsbetrieben (ASG-Beitrag)
SUB 6-7/2015
AAHofnachfolge in diversifizierenden Betrieben der
Berglandwirtschaft, eine weitere qualitative Untersuchung (Philipp Maier, Student der Geographie, LMU
München, Bachelorarbeit)
AADiversifizierung in Betrieben der Berglandwirtschaft
als Beitrag zur Existenzsicherung (Anja Boneberger,
Studentin der Universität Hohenheim, Masterarbeit)
AABedeutung der Diversifizierung in der Berglandwirtschaft (Stefanie Büchl, Studentin der Hochschule
Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät für Land- und
Ernährungswirtschaft, Bachelorarbeit)
AABeweggründe für eine Direktvermarktung von
Milch- und Milchprodukten in der Berglandwirtschaft (Sina Kraus, Studentin der Ökologischen
Agrarwissenschaften, Universität Kassel, Master­
arbeit)
AAVorzüglichkeit der Direktvermarktung von Bergkäse
über verschiedene Vermarktungswege (Simon
Magerl, Student der Hochschule WeihenstephanTriesdorf, Fakultät Land- und Ernährungswirtschaft,
Bachelorarbeit)
Multifunktionalität in kleinstrukturierten Betrieben
Die Strukturanalyse ergab typische Betriebsformen, Wirtschaftsweisen und Einzelaktivitäten von Familienmitgliedern der Bergbetriebe in Abgrenzung zu solchen von
Nicht-Bergbetrieben. Bei Leitfadeninterviews mit Betriebsinhabern zur Bewirtschaftung ihrer, nach bestimmten Kriterien ausgewählten Betriebe ließen sich aus den
Ergebnissen Muster mit austauschbaren oder situativ erweiterbaren Bausteinen erkennen, die je nach individuel-
17
DIVERSIFI­
ZIERUNG
Forschungsprojekt der LfL untersucht Lebens- und Arbeitsbedingungen
landwirtschaftlicher Betriebe in Berggebieten
DIVERSIFIZIERUNG
DIVERSIFI­
ZIERUNG
ler Entscheidungslage, abhängig vom Lebenszyklus der
Familie immer wieder neu positioniert werden. Dabei
wurden auch Einstellungen und Aktivitäten von Hofnachfolgern in Abhängigkeit von der Betriebsform und die Bedeutung typischer Formen der Bewirtschaftung für derzeitige und zukünftige Bewirtschafter ermittelt. Auf der
Grundlage verifizierter Haushalts- und Betriebsmodelle
und deren ökonomischer Bedeutung, aber auch unter Berücksichtigung raumbezogener Einflussgrößen auf die
Bewirtschaftung der Betriebe konnten Perspektiven und
Handlungsoptionen mit Einkommenskombinationen erarbeitet werden.
Schnittstelle Berglandwirtschaft
Die Berglandwirtschaft ist als Schnittstelle zwischen ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Herausforderungen zu sehen. Bei einer unzureichenden Einkommenssicherung der Betriebe und einer daraus resultierenden
Betriebsaufgabe ist nicht nur die Existenz der landwirtschaftlichen Familie neu zu begründen. Gleichzeitig sind Maßnahmen zur Pflege der Kulturlandschaft bei Nichtbewirtschaftung von Flächen einzuleiten.
Es hat sich gezeigt, dass außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten für die Existenzsicherung der Bergbetriebe bedeutsam
sind, falls geeignete Arbeitsplätze in erreichbarer Entfernung
zur Verfügung stehen. Die Diversifizierung in Einkommenskombinationen erhält immer dann einen besonderen Stellenwert, wenn ausbaufähige Kapazitäten des Betriebs und der
Region für attraktive Geschäftsfelder vorhanden sind und
auch als solche verstanden werden. Die Bewirtschaftung von
Einkommenskombinationen kann zu ansehnlichen Einkommensbeiträgen verhelfen, doch auch trotz geringem realem
Einkommen aus Einkommenskombinationen kann die Bewirtschaftung solcher Geschäftsbereiche sehr bedeutsam für
die Betriebe sein. Allerdings lassen betriebliche wie auch regionale Disparitäten verallgemeinernde Aussagen zur Bedeutung von Einkommenskombinationen in der Berglandwirtschaft nicht zu. Generell ist eine Verknüpfung betrieblicher
Angebote mit Potenzialen der Region gerade in Berggebieten
unabdingbar. In peripher gelegenen Räumen mit unterdurchschnittlichem Bevölkerungspotential und geringem Einkommensniveau kann aber auch eine wenig produktive Landwirtschaft wenig Zuspruch durch Touristen finden. Eine negative
betriebliche Bilanz, gekoppelt mit einer negativen regionalen
Wirtschaftskraft führt so unter Umständen zur Entscheidung
gegen solche Einkommensalternativen.
wesentlich beitragen können. Multifunktional wirtschaftende Bergbetriebe müssen grundsätzlich aus Konglomeraten verschiedenster Einzelaktivitäten und der Bewirtschaftung mehrerer mehr oder weniger umfangreicher
Geschäftsbereiche eine transparente Ordnung herstellen.
Jeder Geschäftsbereich für sich soll den Erwartungen an einen dem Input angemessenen Einkommensbeitrag gerecht
werden. Synergien durch den Kombicharakter sind zu nutzen, dennoch sind Geschäftsbereiche eher zu spezifizieren
als zu harmonisieren, um so eine Alleinstellung, beispielsweise mit Spezialitäten im wachsenden Premiumbereich
bzw. mit geschützten Spezialitäten zu erreichen. Das Betriebsmanagement muss somit den ökonomischen Input soweit in Richtung Optimierung der Geschäftsbereiche verteilen, dass diese ihren typischen Charakter erhalten. Mit einem
einfachen Zusammensetzen einzelner Einkommenskombinationen ist es nicht getan. Vielmehr ist so etwas wie eine
„EKK-Collage“ mit transparenter Ordnung nach ihrer Bedeutung für eine attraktive Wirtschaftsweise durch gegenwärtige und zukünftige Betriebsleiter zu schaffen, in die jederzeit nach persönlichen Vorlieben, ökologischen bzw.
ökonomischen Notwendigkeiten fördernd oder hemmend
eingegriffen werden kann.
Literatur
FORSCHUNGSBERICHT: Einkommenssicherung und -entwicklung
landwirtschaftlicher Familien in Berggebieten durch Diversifizierung, LfL-Schriftenreihe, 2014
Infobox: Forschungsbericht in zwei Versionen
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sind in zwei
Publikationen veröffentlicht: Die detaillierte Untersuchung als LfL-Schriftenreihe (266 Seiten) und eine gekürzte Fassung als LfL-Information (87 Seiten).
http://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/
schriftenreihe/einkommenssicherung-diversifikation-berglandwirtschaft_lfl-schriftenreihe-1-2015.pdf: Einkommenssicherung und -entwicklung durch Diversifikation in der
Berglandwirtschaft (LfL-Schriftenreihe)
http://www.lfl.bayern.de/cms07/publikationen/informationen/098409/index.php: Einkommenssicherung und -entwicklung durch Diversifikation in der Berglandwirtschaft (LfL-Information)
DR. PAULA WEINBERGER MILLER
Synergien nutzen aus verschiedenen Geschäftsfeldern
Aus der Bearbeitung der Themenschwerpunkte resultiert
eine Reihe von Handlungsoptionen, die zur Verbesserung
der Lebens- und Arbeitssituation der Bergfamilien und
gleichzeitig zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Betriebe
18
leitete den Arbeitsbereich „Haushalt und Erwerbs­
kombination“ an der Landesanstalt für Landwirtschaft.
Seit 1. Januar 2015 ist sie im Ruhestand.
ALTE ALLEE 66, 81245 MÜNCHEN
[email protected]
SUB 6-7/2015
DIVERSIFIZIERUNG
von KLAUDIA SCHWARZ: Regionalmarketing zielt auf die Verbraucherpräferenzen Sicherheit/
Nähe, Genuss, Nachhaltigkeit oder individuelle Verbundenheit mit der Region ab. Regionalität
zählt zu den langanhaltenden Konsumtrends, hat aber keine dominante Präferenz. Der Zusatznutzen muss immer wieder neu kommuniziert werden. Dazu sind Profilbildung und eine klare
Kennzeichnung notwendig. Der Verbraucher muss durch einheitlichen Marktauftritt Regionalmarken „wiedererkennen“. Bei den Akteuren auf Anbieterseite ist ein gutes Innenmarketing
notwendig, um Zusammenhalt für die gemeinsame Vision zu entwickeln. Diese Ziele verfolgt
das „Fitnessprogramm für Regionalinitiativen in Bayern 2014/15“ des Bundesverbands der
Regionalinitiativen e. V. in Kooperation mit dem StMELF und dem Cluster Ernährung.
Das Programm richtet sich vor allem an Führungskräfte, Begleiter und Initiatoren von Regionalinitiativen, weil die organisatorischen Strukturen einer Initiative und die Professionalität der Akteure zentrale Erfolgsfaktoren sind. 2015 fanden
drei zweitägige Workshops statt: Qualitäts- und Herkunftssicherung, Marketing und Kommunikation und Logistik und
Strukturentwicklung. Auch Fallbetrachtungen zu thematischen Schwerpunkten bei Regionalinitiativen vor Ort sind
geplant. Der Beitrag stellt kurz die Inhalte der Workshops vor.
Infobox: Informationen zum Fitnessprogramm
„Regionalinitiativen“
Weitere Informationen und Möglichkeit zur Anmeldung zu den Fallbetrachtungen unter:
www.regionalbewegung.de/projekte/fitnessprogrammfuer-regionalinitiativen/
Kriterien der Qualitäts- und Herkunftssicherung
Partnerbetrieb kann zum Beispiel ein kleines oder mittelständisches Unternehmen, aber auch eine Kommune, ein
Verband oder Institution werden. Alle müssen in der Region
ansässig sein und sich aktiv für die Ziele der Regionalinitiative einsetzen. Das Engagement bei Werbeaktionen und Öffentlichkeitsarbeit kann in Partnerkriterien festgelegt werden, ebenso wie Zusammenarbeit und Liefervereinbarungen.
Basiskriterien sind Kriterien, die alle Produkte gleichermaßen erfüllen müssen. Sie können für verschiedene Dimensionen festgelegt werden. Basiskriterien zur Regionalität wären z. B.:
AADer Hauptbestandteil eines Produktes stammt aus
der definierten Region.
AAErzeuger, Verarbeiter und Inverkehrbringer des
Produkts müssen ihren Betriebssitz in der definierten
Region haben.
SUB 6-7/2015
AADie Vermarktung findet in der definierten Region
statt.
AAZutaten, die nicht aus der definierten Region
verfügbar sind, sollten aus der Region mit dem
nächst möglichen regionalen Bezug sein.
Basiskriterien zur Qualität könnten lauten:
AADie Produkte werden ohne Gentechnik erzeugt und
verarbeitet.
AAFuttermittel/Rohstoffe stammen aus der definierten
Region.
AAArtgerechte Tierhaltung (z. B. Bestandsobergrenzen).
Als Basiskriterien zur Nachhaltigkeit wären denkbar:
AAStärkung der heimischen Wirtschaft,
AAErhalt der vielfältigen Kulturlandschaft,
AASoziale Kriterien, z. B. Bezahlung des Mindestlohnes.
„Region“ muss definiert sein
Die Definition einer Region ist wesentliche Voraussetzung
für eine Regionalinitiative. Eine Region muss eine überschaubare und pragmatische Größe haben, damit ein ausreichendes Einzugsgebiet für Erzeuger der angestrebten ProduktPalette, aber auch ein ausreichendes Absatzgebiet zum
Erreichen einer kritischen Masse für den Umsatz vorhanden
ist. Eine allgemeingültige Definition von „Region“ ist nicht
möglich. Eine Umfrage bei bayerischen Regionalinitiativen
ergab laut Ludwig Karg von B.A.U.M. Consult GmbH, dass
alle Initiativen kleinräumiger als Bayern sind.
Ohne Kontrollsystem keine Regionalinitiative
Am Beispiel „Geprüfte Qualität – Bayern“ veranschaulichte
Claudia Günther von QAL GmbH die Möglichkeit eines Kon­
trollsystems. Viele Regionalinitiativen haben ein eigenes, internes Kontrollsystem, in dem sie konkret festlegen, welche
19
DIVERSIFI­
ZIERUNG
Fitnessprogramm für
Regionalinitiativen
DIVERSIFI­
ZIERUNG
DIVERSIFIZIERUNG
Kriterien kontrolliert werden. In einem Anforderungskatalog
legen sie fest, wie die Kontrolle abläuft. Es gibt Auditinformationen, Auditchecklisten mit Auditbericht, sogenannte K. O.
Kriterien usw. Die Kontrollen betreffen in der Regel den Betrieb, die Herkunft der Rohstoffe, Tiere und Futtermittel, die
Verarbeitung, Rückverfolgbarkeit, Produkteigenschaften,
Lagerung und Etikettierung.
Gesetzliche Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und -hygiene müssen selbstverständlich eingehalten
werden. Interne Auditsysteme sind nicht ganz unproblematisch nach dem Motto „Kollegen kontrollieren/beraten Kollegen“. Einfacher zu handhaben sind externe Kontrollsysteme,
scheitern aber häufig an den Kosten.
Vorschläge, wie Qualitäts- und Herkunftssicherung für
eine Regionalinitiative in die Praxis umgesetzt werden können, wurden während des Seminares immer wieder an bestehenden Initiativen aufgezeigt, z. B. „SooNahe e. V.“ „AUS
DER REGION – FÜR DIE REGION“, „Vier Gärten e. V.“, „UNSER
LAND GmbH“.
Kundensegmentierung entscheidend
Marketing im weiteren Sinn ist ein steter Prozess, der am
Kunden und am Markt ausgerichtet ist. Für ein gutes Marketing ist eine Zielgruppensegmentierung notwendig. Keiner
kann alle Verbraucher gleichermaßen bedienen. Wer ist die
Zielgruppe für regionale Produkte oder für die eine Regional­
initiative? Dr. Anke Zühlsdorf von Agrifood Consulting GmbH
ging auf die Kundensegmente ein. Auf der Grundlage der
Sinus-Milieustudie lassen sich vor allem „Traditionelle“,
„Bürgerliche Mitte“ und „Sozialökologische“ von regionalen
Produkten ansprechen: Menschen mit nicht besonders hohem Einkommen, aber in der Region verwurzelt und mit
dem Bedürfnis, etwas für ihre Heimat tun zu wollen. Es gilt
aber nicht nur die sozialen Milieus im Blick zu haben, sondern beispielsweise auch den gesundheitsbewussten Verbraucher oder den Kochbegeisterten. Nach der im Internet
veröffentlichten Nestlé Studie 2012 „Das is(s)t Qualität“ werden Verbraucher immer qualitätsbewusster: „Quality Eater“
erobern den Supermarkt. Die Deutschen achten beim Lebensmitteleinkauf immer mehr und immer genauer auf
Qualität. Dabei ist für die Mehrzahl eine hohe Qualität wichtiger als ein besonders günstiger Preis. Bereits jeder vierte
Verbraucher zählt zur Gruppe der „Quality Eater“, die besonders hohe Maßstäbe an die Lebensmittelqualität stellen. Für
sie sind ein guter Geschmack, hohe Sicherheit und auch Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekte gleichermaßen von
großer Bedeutung.
Regionalmarketing ist Vertrauensmarketing
Regionale Produkte genießen einen Vertrauensvorschuss.
Wichtige Verbraucherpräferenzen sind Sicherheit/Nähe, Genuss, Nachhaltigkeit oder individuelle Verbundenheit mit
20
der Region. Damit zählt Regionalität zu den langanhaltenden Konsumtrends. Sie hat aber keine dominante Präferenz,
ihr Zusatznutzen muss kommuniziert werden. Dazu ist die
Profilbildung und eine klare Kennzeichnung voranzutreiben.
Regionalmarken müssen mit Regionalität und Qualität „aufgeladen“ werden. Reine Herkunftsmarken haben sich weniger bewährt. Ehrlichkeit und Qualitätssicherung sind eine
grundlegende Voraussetzung.
Marken sind ein Versprechen
Marken erzeugen Bilder. „Deshalb ist mehr nötig, als ein
Logo zu entwickeln.“, so der Referent Ludwig Karg von
B.A.U.M. Consult GmbH aus München. „Aber jeder, der mit
dem Logo umgeht, muss seine Bedeutung erklären können!“
Für eine Marke braucht man:
AAgemeinsames Verständnis und Motivation aller
Partner (wichtig: Innenmarketing für die gemeinsame Vision; gilt nicht nur für den Chef, sondern für
alle Mitarbeiter),
AARichtlinien und Kontrollsystem (konform mit rechtlichen Partnern),
AATrägerorganisation („Zeichengeber“) und Unterstützerstrukturen,
AAeingetragene Wort-/Bild-Marke,
AAGestaltungsrichtlinien (Corperate Design),
AAMaßnahmenprogramm zur Bewerbung der Idee und
des Zeichens,
AAZeichennutzer und deren Produkte sowie Marktpartner,
AAemotionale Ansprache als wichtiges Instrument für
viele Milieus,
AABotschafter, die ihr Verhalten an der Botschaft des
Zeichens ausrichten.
Dann entwickelt eine Regionalmarke folgenden Nutzen:
AAIdentifikationssymbol für die Akteure des Gemeinschaftsmarketings,
AAWiedererkennbarkeit und Signalwirkung beim
Verbraucher durch einheitlichen Marktauftritt,
AASicherheit bei der Kaufentscheidung,
AAhöhere Zahlungsbereitschaft für Qualitäts- und
Markenprodukte, die weniger dem direkten Preisvergleich ausgesetzt sind,
AAMarketingsynergien: Das gute Gefühl bzw. die
Zufriedenheit mit dem Produkt wird auf andere
Produkte der Regionalmarke übertragen.
Anhand mitgebrachter und präsentierter Beispiele wurden
einschlägige Kommunikationsinstrumente wie Etiketten,
Plakate oder Flyer auf ihre Wirkung und Aussagekraft hin un-
SUB 6-7/2015
DIVERSIFIZIERUNG
Marke – Zusatzmarke – Dachmarke
Da fast alle Erzeuger ein eigenes Etikett entwickelt haben,
stellt sich die Frage, wie bei einer neuen Kooperation vorgegangen werden soll. Die Erfahrungen sprechen für das CoBranding: Das neue Qualitäts- und Herkunftssiegel wird als
Zusatzzeichen auf die bestehenden Produkte aufgeklebt
oder in das bestehende Warenschild integriert. Eine andere
Vorgehensweise ist die Dachmarke, bei der die eigene Produktbezeichnung in den Hintergrund tritt bzw. ganz verschwindet. Gute Beispiele zu zentralen Botschaften oder zu
Co-Branding finden sich bei „Unser Land“ oder auch bei der
Dachmarke Rhön in der Produktlinie „Rhönwiese“. Außerdem empfiehlt es sich, für eine Initiative ein duales System
aufzubauen: einen Regionalverein für die Kommunikation,
Marketing und Kontrollen, sowie eine Vermarktungsorganisation für den Vertrieb und die Warenwirtschaft (oft eine
GmbH).
Im Rahmen des Seminars wurde auch die Lebensmittelinformationsverordnung vorgestellt, die ab 13. Dezember 2014 in Kraft getreten ist. Allerdings hat Deutschland zur
Herkunftskennzeichnung noch keine Durchführungsverordnung erlassen. Ein Informationsblock zu regionalen Kennzeichen der EU, des Bundes (Regionalfenster) und der Länder
sowie zu Werbung und Verbrauchertäuschung rundeten das
Seminar ab.
DIVERSIFI­
ZIERUNG
tersucht. Die Information steht bei Plakaten meist nicht im
Vordergrund. Ein gutes Plakat, das Aufmerksamkeit erregen
will, soll den Betrachter emotional ansprechen und braucht
nur wenige Worte. Ein regionales Produkt überträgt immer
eine Botschaft. Dafür muss Platz auf dem Etikett vorgesehen
sein. Zentrale Botschaften sind beispielsweise Informationen zur Erzeugung des Produktes oder der Zusatznutzen,
der dieses Produkt von seinen Mitbewerbern unterscheidet.
PRAXISWORKSHOP 1
ADELHEID MEIER (REBELEIN)
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN ANSBACH
[email protected]
PRAXISWORKSHOP 2
KLAUDIA SCHWARZ
AMT FÜR ERNÄHRUNG , LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN SCHWEINFURT
[email protected]
Meisteranwärterinnen Hauswirtschaft an der Fachakademie in Triesdorf
AA Mit Schwung und Elan – Nabburger Meisteranwärterinnen an der Fachakademie in Triesdorf
18 Hauswirtschafterinnen aus der ganzen Oberpfalz besuchen in Nabburg einmal wöchentlich am Amt für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten einen Vorbereitungslehrgang auf die Meisterprüfung. 24 Teilnehmerinnen zählt der Lehrgang der Landwirtschaftsverwaltung für
die Oberfranken am AELF in Münchberg.
SUB 6-7/2015
Die Prüfung zur Ausbildereignung, mit
schriftlicher Prüfung und praktischer
Arbeitsunterweisung, haben sie bereits
nach ihrem Start im November 2014
nach einem bezirksübergreifenden Lehrgang in Weiden hinter sich gebracht.
Nicht immer findet der Unterricht an den
Ämtern statt: Den Meisteranwärterin-
nen wird 2015 ein zweitägiger Aufenthalt an der Staatlichen Fachakademie
für Ernährung und Versorgungsmanagement in Triesdorf ermöglicht. Im
Lehrgang „Großhaushalt“ können sie
praktische Erfahrungen in einer Großküche sammeln von der Warenwirtschaft und Speisenproduktion bis hin
zu Reinigung und Desinfektion sowie
Abfallwirtschaft. Nächstes Jahr werden
sie an einem weiteren Lehrgangstag
Gelegenheit haben, in der zertifizierten Wäscherei der Fachakademie auf
aktuellem Stand professionelle Textilreinigung und Pflege zu erleben. Darüber
hinaus steht ein Besuch im der Haustechnik im Agrarbildungszentrum Landsberg am Lech im Lehrgangsprogramm.
Hedwig Jakobey, LfL
21
DIVERSIFIZIERUNG
Den Bauernhof mit allen
Sinnen erleben
Erlebnisorientierte Angebote auf Höfen unterstützen ein besseres Verständnis für die
Landwirtschaft und fördern den Dialog
DIVERSIFI­
ZIERUNG
von CHRISTIANE WELLENSIEK: Die Erlebnisbäuerinnen und -bauern in Bayern haben mit ihren
Angeboten, die zum Mit-Machen, Ausprobieren, Anpacken einladen, ein besonderes Pfund in
der Hand, um mit ihren Besuchern über Landwirtschaft ins Gespräch zu kommen. Unrealistische Vorstellungen über Landwirtschaft werden dabei oftmals revidiert, Bedenken und
Wünsche von Verbrauchern für die Branche nachvollziehbarer. Auf der diesjährigen Grünen
Woche wurde erprobt, ob sich auch am „dritten Ort“ - in einer Messehalle – durch „Erleben mit
allen Sinnen“ eine vergleichbar positive Gesprächsdynamik entfaltet wie auf dem Hof.
„Hier wachsen Ideen“ – unter diesem vielversprechenden
Motto lud das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu seiner diesjährigen Sonderschau auf der
Grünen Woche. Gemeinsam mit Partnern stellte das Ministerium seine verschiedenen Aufgaben- und Themenbereiche
vor. Interaktion und Kreativität waren gefragt, um die unterschiedlichen Besuchergruppen der Messe zu begeistern.
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten präsentierte den Einkommensbereich „Erlebnisorientierte Angebote auf dem Bauernhof“.
Idee war, sich die guten Erfahrungen auf den Höfen, die erlebnisorientiert arbeiten, zu Nutze zu machen und den
Messe­auftritt als „Mit-Mach-Aktion“ zu konzipieren.
Erlebnisorientierte Angebote – ihre Breite und Tiefe
Kindergeburtstage, Schulklassenbesuche, Besuche von
Kindergärten, ganzjährige Kindergruppen, Events für Vereine, Betriebsfeste, Teambildungscamps, Angebote für
Best-Ager – und das ist nur eine Auswahl – locken heute
Menschen auf das Land. Dieses noch jüngere Geschäftsfeld ergänzt klassische Einkommensstandbeine wie z. B.
Direktvermarktung (Hofläden, Abo-Kisten), Urlaub auf dem
Bauernhof oder Bauernhofgastronomie (Bauernhofcafés).
Die „Erlebnisorientierten Angebote“ boomen und halten
für jede Altersstufe und Interessenslage Spannendes bereit.
Ihre Devise „Erleben und Lernen mit allen Sinnen“ zieht.
Mittlerweile sind „Erlebnisorientierte Angebote“ attraktive
zusätzliche Einkommensquellen für Betriebe geworden. Gerade auch die Möglichkeit, unterschiedliche berufliche Kompetenzen zu einem nützlichen Mix zusammenzuführen,
macht sie so gewinnbringend. So können auf der Grundlage
von Berufen aus dem landwirtschaftlichen sowie pädagogischen oder sozialen Bereich Betriebskonzepte mit Allein­
stellungsmerkmalen entstehen.
Doch die „Erlebnisorientierten Angebote“ bieten noch
22
AA Bild 1: Realitätsgetreu – der Boxen-Laufstall „in Miniatur“
mehr! Es zeigt sich, dass Gespräche und Diskussionen, die
sich im Rahmen solcher Veranstaltungen auf den Höfen zwischen – in der Regel – Menschen mit landwirtschaftlichem
und nicht-landwirtschaftlichem Hintergrund ergeben, eine
besondere Qualität besitzen. Sie sind geprägt von dem Erlebten, Beobachtungen, Neugier, Interesse und insbesondere Respekt vor dem anderen und seinem Tun. Klischees
und Vorurteile treten in den Hintergrund.
Die Herausforderung
Lässt sich mit der Philosophie „Mit allen Sinnen erleben“
auch am dritten Ort eine Aktion mit ähnlich positiven Wirkungen kreieren und umsetzen? Taugt sie auch als Ansatz
zur Gestaltung eines Messeauftrittes?
Ein Hof strotzt vor Erlebnissen mit „Kopf, Herz und Hand“:
die putzigen Kälber, die jeden noch so Zögernden zum Streicheln „verführen“, Heu und Stroh, das zum Reinspringen und
Anfassen lockt, die vielfältigen Düfte und Früchte im Bauerngarten, die zum Schnuppern und Zugreifen einladen. Wind, der in
den Haaren zaust; Sonne, die die Augen zukneifen lässt; Regen,
der überall die schönsten Pfützen entstehen lässt; Ausblicke auf
Landschaften im Wechsel der Jahreszeiten. Diese authentischen
SUB 6-7/2015
DIVERSIFIZIERUNG
Das Mit-Mach-Angebot
Im Mittelpunkt des bayerischen Messeauftrittes stand das interaktive Angebot mit dem Motto: „Das möchte ich auf dem Bauernhof erleben“. Idee der Mit-Mach-Aktion war, die Besucher anzuregen, ihre Wünsche und Vorstellungen, was sie gerne auf
dem Land erleben würden, auf kreative Weise mitzuteilen. Zugleich plante man auf diese Weise, ohne ein bestimmtes Thema
vorzugeben, ins Gespräch kommen. Zum einen, um zu informieren, zum anderen, um zuzuhören und zu erfahren, was die Bevölkerung in Sachen Landwirtschaft bewegt und beschäftigt.
Auf einem Spieltisch befanden sich vielfältigste Materialien und Utensilien, um ein Szenario rund um Landwirtschaft
ganz nach persönlichen Vorstellungen aufzubauen. Tiere
vom Bauernhof, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte,
ein einsichtbares Laufstallgebäude, Figuren sowie Naturmaterialien zogen die Blicke der Besucher auf sich, verlockten
zum Anfassen und Loslegen.
Das Angebot richtete sich an alle Besuchergruppen. Jeder
Teilnehmende – Gruppe oder Einzelperson – hatte eine vorher vereinbarte Zeit zum Gestalten der Erlebnis-Idee. Nach
dieser Zeit erläuterten die Teilnehmenden ihr „Modell“.
Bäuerinnen, die die Fortbildung zur „zertifizierten Erlebnisbäuerin“ absolviert haben und aus der Praxis kommen,
leiteten die Aktion an.
Die Beobachtung
Die Aktionsfläche machte unterschiedlichste Zielgruppen –
Kinder, Jugendliche und Familien/Unkundige und Fachbesucher – neugierig. Die Kinder registrierten – bei noch so dichtem Menschengetümmel – das „Spielzeug“ und waren
sofort interessiert, mitzumachen. Jugendliche und Erwachsene beobachteten zunächst die Situation und begannen,
von persönlichen Erlebnissen auf Bauernhöfen und auf dem
Land oder von Informationen aus den Medien zu erzählen.
Unabhängig vom Alter dachten viele an ihre Ferien auf dem
Bauernhof und schilderten Erlebnisse und Begebenheiten.
Fachpublikum inspizierte interessiert den professionellen
Boxen-Laufstall mit Melkroboter „in Miniatur“.
Neben der großen Kreativität, Ausdauer und Phantasie mit
der sowohl kleine, als auch ältere Kinder sich der gestellten Aufgabe widmeten, beindruckte die Qualität der Gespräche. Es
entspannen sich Fachgespräche zu Stallbau und -ausstattung,
engagierte Diskussionen zu Tierwohl und Haltungsbedingungen, Leben und Arbeiten im ländlichen Raum, Konfliktpotenzial zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, zu persönlichen Problemen mit Baugenehmigungen und Betriebsgrößen,
Strukturwandel und Generationswechsel auf dem Hof. Das PoSUB 6-7/2015
AA Bild 2: Der Spieltisch und das Equipment zur Aktion
tenzial des außerschulischen Lernens auf dem Bauernhof und
die erholsame Wirkung durch Landurlaub erweiterten die Themenpalette. Nicht zu vergessen die Gespräche mit den Kindern, die es genossen, einfach „nur“ zu spielen, Zeit und Raum
für sich zu haben. Stolz berichteten sie über ihr Wissen von einem Bauernhof. Das „Nicht-Virtuelle“, sondern das „echte Spielzeug“ stand selbst bei Jugendlichen hoch im Kurs.
Das Mit-Mach-Angebot und die fachkompetente und
aufmerksame Gesprächsführung der Erlebnisbäuerinnen
kamen gut an. Genau wie im Rahmen der „Erlebnisorientierten Angebote“ auf den Höfen informierten sie zu Fachfragen
und erläuterten ihren Arbeitsalltag. Wie auf dem Hof entstand eine angenehme Gesprächsatmosphäre, die zum einen von persönlichen Erfahrungen, zum anderen von sachlich-fachlichem Austausch geprägt war.
Es zeigte sich, dass die Philosophie „Erleben mit allen
Sinnen“ und die darauf basierenden Angebote sehr geeignet sind, um sowohl auf dem Hof, als auch am „dritten Ort“
Situationen zu schaffen, um Gedanken- und Meinungsaustausch anzuregen und echte Begegnung zu ermöglichen.
Zukünfig mehr Dialog „mit Kopf, Herz und Hand“
Diese wenigen, aber doch so eindrücklichen Erfahrungen
machen Lust und motivieren, Mit-Mach-Aktionen, wie die geschilderte, als vielschichtiges, didaktisches Instrument fortzuentwickeln. Ziel ist, eine qualitativ-hochwertige „Dialog-Kultur“ zu fördern, die auf lebendigen Austausch setzt, bei dem
die Gesprächsteilnehmer offen sind, die Perspektive zu wechseln und in die Rolle des anderen zu schlüpfen.
Die Leitmaxime der bayrischen Agrarpolitik - „Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft“ – bietet den notwendigen Überbau, um einzelne positive Erfahrungen in einem griffigen Konzept zur Verbesserung der „Dialog-Kultur“ zu fassen.
CHRISTIANE WELLENSIEK
MÜHLEN 46, 83377 VACHENDORF
Selbstständige Beraterin für Agrar- und Umweltprojekte
[email protected]
23
DIVERSIFI­
ZIERUNG
sinnlichen Eindrücke vermittelt nur der Bauernhof. Die Herausforderung war, all diese vielfältigen Reize auf andere Weise zu
wecken und eine dem Bauernhof ähnliche Atmosphäre zu
schaffen, die zum Selbst-Aktiv-Werden und Mitmachen motiviert. Und im besten Fall zum Gedankenaustausch anregt.
ENERGIE
Rapsölkraftstoff aus Bayern
Beitrag zum Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft
ENERGIE
von KARSTEN ENGELMANN, DR. DANIELA DRESSLER und DR. EDGAR REMMELE: Erneuerbare Energien sind ein wichtiger Bestandteil der Europäischen Klima- und Energiepolitik. Im
Verkehrssektor werden bislang vor allem Biokraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
eingesetzt, um den Treibhausgasausstoß zu verringern. Für die Herstellung von Biokraft­
stoffen ist unter anderem ein Mindestmaß an Treibhausgaseinsparung gegenüber fossilen
Kraftstoffen ordnungspolitisch vorgeschrieben. Durch die Herstellung von Rapsölkraftstoff in
dezentralen Ölmühlen und dessen Einsatz in pflanzenöltauglichen Maschinen der Land- und
Forstwirtschaft können bis zu 80 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu fossilen
Kraftstoffen eingespart werden.
Als Teil des Klima- und Energiepakets der Europäischen
Union (EU) trat im Juni 2009 die Erneuerbare-EnergienRichtlinie 2009/28/EG (RED) (1) in Kraft. Neben den Ausbauzielen für erneuerbare Energien wurden damit auch erstmals Nachhaltigkeitskriterien für die Herstellung von Biokraftstoffen festgelegt. Diese Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen hat Deutschland
über die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) umgesetzt. Demnach müssen Biokraftstoffe
seit 2011 unter anderem mindestens 35 Prozent der Treib­
hausgase (THG) gegenüber fossilen Kraftstoffen einsparen.
Ab 2017 steigt diese Anforderung auf 50 Prozent und ab
2018 für Anlagen, die nach 2016 in Betrieb genommen werden, auf 60 Prozent. Die RED gibt Standardwerte für die
THG-Einsparung von verschiedenen Biokraftstoffen, aufgeteilt nach Anbau, Transport und Verarbeitung, vor. Für
Rapsöl aus industrieller Verarbeitung (zentrale Ölmühlen,
Großanlagen) gilt derzeit ein Standardwert von 57 Prozent
– unabhängig davon, wo und unter welchen Bedingungen
AA Der Einsatz von Rapsölkraftstoff in der Land- und Forstwirtschaft wird
vom StMWi über die Richtlinie RapsTrak200 gefördert 24
© TFZ Straubing
Raps angebaut wurde. THG-Flüsse im Rapsanbau sind jedoch stark standort- und bewirtschaftungsabhängig. Zudem werden mit dem RED-Standardwert von Rapsöl möglicherweise klimarelevante Vorteile der dezentralen Rapssaatenverarbeitung, wie kürzere Transportwege und energiesparende Ölgewinnung, nicht ausreichend abgebildet.
Die Quantifizierung der tatsächlichen THG-Einsparung
kann jedoch durch die Umstellung der Biokraftstoffquote
auf eine Treibhausgasquote, welche Deutschland als erster
Mitgliedstaat mit Beginn des Jahres 2015 vollzogen hat,
entscheidend für deren Wirtschaftlichkeit sein. Gänzlich
unberücksichtigt bleibt die tatsächliche Verwendung des
Rapspresskuchens als hochwertiges Eiweißfuttermittel in
der heimischen Tierhaltung. Für die Bewertung von Koppelprodukten schreibt die RED eine Aufteilung („Allokation“) der THG-Emissionen zwischen Haupt- und Koppelprodukt auf Basis ihrer Heizwerte vor (Energieallokationsmethode). Eine Alternative stellt die Substitutionsmethode
dar. Hierbei erhalten Biokraftstoffe eine THG-Gutschrift,
wenn bei ihrer Herstellung anfallende Koppelprodukte andere, klimaschädlichere Produkte ersetzen.
Erhebung von regionalspezifischen Betriebsdaten
Deutschlandweit befindet sich in Bayern die größte Anzahl
von dezentralen Ölsaatenverarbeitungsanlagen (2). Zur umfassenden Bewertung ihrer ökologischen und ökonomischen Effekte werden im Rahmen des Forschungsvorhabens
„ExpRessBio“ (siehe Infobox) unter anderem regionalspezifische THG-Bilanzen für dezentral erzeugten Rapsölkraftstoff
aus Bayern erstellt. Die Grundlage für die Regionalisierung
bilden die Boden-Klima-Räume in Bayern (3). Hierdurch werden wesentliche Einflussfaktoren des Standortes, wie Boden
und Witterung, insbesondere Temperatur und Niederschlag
auf die Produktivität des Rapsanbaus berücksichtigt. Um
SUB 6-7/2015
ENERGIE
Boden-Klima-Raum A
Boden-Klima-Raum B
Boden-Klima-Raum C
Boden-Klima-Raum-Bezeichnung
Tertiär-Hügelland
Donau-Süd
Albflächen und
Ostbayerisches
Hügelland
Verwitterungsböden in den
Übergangslagen
Landwirtschaftlicher Betriebstyp
und Anzahl (n)
Ackerbau (n = 4)
Gemischt (n = 1)
Gemischt (n = 5)
Gemischt (n = 5)
8,2
1 128
lehmiger Sand – sandiger Lehm
50
7,9
848
Lehm – schwerer Lehm
50
8,7
751
anlehmiger Sand – Ton
40
41,2
241
200
41
44,9
246
196
50
39,1
271
176
94
Standortdaten
Jahrestemperatur1) in °C
Jahresniederschlag1) in mm
Bodenartenspektrum2)
Ø Ackerzahl2)
Rapsanbaudaten3)
Ertrag (91 % TM) in dt ha-1
N-Düngung in kg N ha-1
mit Mineraldünger
mit Wirtschaftsdünger4)
Mittelwerte (Referenzzeitraum 1981 – 2010) Quelle: Deutscher Wetterdienst
Bodenschätzungsdaten Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung
3)
zweijährige Mittelwerte (Erntejahre 2013 und 2014) über fünf Betriebe
4)
ohne N-Ausbringungsverluste
1)
AA Tabelle: Standortdaten und Mittelwerte ausgewählter Rapsanbaudaten der untersuchten Landwirtschaftsbetriebe in den drei Boden-Klima-Räumen
möglichst praxisnahe Daten zum Rapsanbau und zur dezentralen Rapssaatenverarbeitung zu erhalten, sind drei dezen­
trale Ölmühlen mit Verarbeitungskapazitäten von 500, 800
und 1 800 kg Rapssaat pro Stunde sowie jeweils fünf Landwirtschaftsbetriebe im Umkreis von maximal 40 km um die
Ölmühlen in die Untersuchungen eingebunden. Die Ergebnisse der Vorort-Befragungen zum Rapsanbau in den drei
Boden-Klima-Räumen zeigen insbesondere für die Erträge
und Stickstoff (N)-Düngung unterschiedliche Niveaus (siehe
Tabelle). Im Mittel der Erntejahre 2013 und 2014 erzielten die
tierhaltenden Gemischtbetriebe im Boden-Klima-Raum C
die geringsten Rapserträge, obgleich diese Betriebe die
höchsten N-Mengen auf ihren Rapsflächen ausbrachten. Ein
vergleichsweiser großer Anteil dieser N-Mengen stammt aus
Wirtschaftsdüngern.
Optimierungspotenziale besonders bei Rapsanbau
Unter Verwendung der Energieallokationsmethode gemäß
der RED, weist Rapsölkraftstoff aus Bayern im Mittel der
drei untersuchten dezentralen Ölmühlen und 15 Landwirtschaftsbetriebe ein THG-Einsparpotenzial von 59 Prozent
gegenüber fossilen Kraftstoffen auf (siehe Abbildung 1). Dieser Wert liegt leicht über dem RED-Standardwert von Rapsöl
(57 Prozent). Die kürzeren Transportwege und die energiesparende Ölgewinnung wirken sich besonders positiv auf
die THG-Bilanz aus. Demgegenüber sind die spezifischen
THG-Emissionen im Rapsanbau mit 33 g CO2-Äq MJ-1 Raps-
SUB 6-7/2015
Infobox: „ExpRessBio“
Das Forschungsvorhaben „Expertengruppe Ressourcenmanagement Bioenergie in Bayern – ExpRessBio“
wird mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert.
Mit ExpRessBio werden bereits vorhandene bayerische
Kompetenzen aus den Bereichen land- und forstwirtschaftliche Produktion, THG- und Ökobilanzierung sowie Technologie und Ökonomie nachwachsender Rohstoffe vernetzt. Partner sind: Bayerische Landesanstalt
für Landwirtschaft, Bayerische Landesanstalt für Wald
und Forstwirtschaft, Hochschule WeihenstephanTriesdorf – Wissenschaftszentrum Straubing, Technische Universität München – Holzforschung München
sowie Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme, Technologie- und Förderzentrum im
Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe.
Wesentliche Ziele von ExpRessBio sind, Maßnahmen
zur Reduktion der THG-Emissionen durch die Landund Forstwirtschaft in Bayern abzuleiten sowie Handlungsempfehlungen für Produzenten, Verbraucher
und Entscheidungsträger zu erstellen. Mehr Informa­
tionen unter
http://www.tfz.bayern.de/nachhaltigkeit
25
ENERGIE
2)
ENERGIE
ENERGIE
ölkraftstoff höher als der entsprechende RED-Teilstandardwert von
Rapsöl (30 g CO2-Äq MJ-1).
Allerdings gibt es dabei regionale
Unterschiede. Im Mittel der Erntejahre
2013 und 2014 weisen die untersuchten
Landwirtschaftsbetriebe in den BodenKlima-Räumen A und B mit 33 bzw. 32 g
CO2-Äq MJ-1 geringere spezifische THGEmissionen auf als die Betriebe im Boden-Klima-Raum C (35 g CO2-Äq MJ-1).
Für eine Optimierung der THG-Bilanz ist
jedoch die einzelbetriebliche Betrachtung entscheidend. Die große Spannweite von 26 bis 40 g CO2-Äq MJ-1 zeigt,
dass einige Betriebe den RED-Teilstandardwert von Rapsöl erreichen oder so- AA Abbildung 1: THG-Emissionen und THG-Einsparungen von Rapsölkraftstoff aus Bayern (eigene
Berechnungen) sowie von Rapsöl und fossilen Kraftstoffen (jeweils RED-Standardwerte)
gar darunter liegen (siehe Abbildung 2).
Die ebenfalls stark unterschiedlichen
Rapserträge von 33 bis 51 dt ha-1 eignen sich dafür aber nur Rapsanbau ist somit nicht nur die Höhe der N-Düngung entbedingt zur Erklärung. Die Ursachen liegen vielmehr in einem scheidend sondern auch deren qualitative Zusammensetauf den Standort und die Betriebsstruktur abgestimmten N- zung. Die Pflanzenschutzmittel- und Saatgutproduktion haDüngungsmanagement. Der Einsatz von Wirtschaftsdün- ben dagegen mit einem relativen Anteil von zusammen
gern bietet einerseits Vorteile, da diesen, anders als Mineral- 1 Prozent kaum Einfluss auf die THG-Bilanz. Ähnlich sieht es
düngern, in der THG-Bilanz keine Herstellungsemissionen für die Dieselbereitstellung und den -verbrauch sowie die
zugewiesen werden. Anderseits stellt der darin enthaltende Maschinen- und Geräteproduktion aus, wo pflugloser Anbau
N, ebenso wie der aus Mineraldüngern und Ernte-Wurzel- und Pflugeinsatz sich nur durch relative Anteile von 7 bis 10
rückständen, eine Quelle für direkte und indirekte Lachgas Prozent unterscheiden.
(N2O)-Feldemissionen dar (4), die mit relativen Anteilen von
47 bis 74 Prozent die bestimmende Größe in der THG-Bilanz
Einfluss auf die Ergebnisse
des Rapsanbaus sind. Doch auch die THG-Emissionen aus der Die RED empfiehlt der EU-Kommission für politische AnalyProduktion der eingesetzten Mineraldünger können mit rela- sen im Rahmen ihrer Berichterstattung auch die Ergebnisse
tiven Anteilen von 16 bis 45 Prozent eine
wesentliche Rolle in der THG-Bilanz des
Rapsanbaus spielen. Entscheidend dafür ist neben der Aufwandmenge auch
die Mineraldüngerform. Bei der Produktion von Ammoniumdüngern werden
große Mengen an Energie verbraucht
(Haber-Bosch-Verfahren). Die THG-Bilanz von Nitratdüngern wird darüber hinaus durch N2O-Emissionen bei der Salpetersäureproduktion belastet. Im
Mittel der 15 untersuchten Betriebe
stammen 59 Prozent des eingesetzten
Mineral-N aus Ammonsulfatsalpeter
und 16 Prozent aus Kalkammonsalpeter.
Während der N-Gehalt dieser beiden
Mineraldünger in etwa vergleichbar ist,
unterscheiden sie sich in ihrem Nitrat- AA Abbildung 2: Spezifische THG-Emissionen im Rapsanbau und mittlere Rapserträge der
anteil wesentlich. Für die THG-Bilanz im
15 untersuchten Landwirtschaftsbetriebe (Erntejahre 2013 und 2014)
26
SUB 6-7/2015
der Substitutionsmethode heranzuziehen. Aus diesem Grund wurde der
Einfluss der Bewertungsmethode für
Koppelprodukte auf die Ergebnisse
der THG-Bilanz von Rapsölkraftstoff
aus Bayern untersucht (siehe Abbildung 3). Für die Anwendung der Substitutionsmethode ist eine räumliche
und/oder zeitliche Systemraumerweiterung notwendig. Darüber hinaus
müssen konkrete Annahmen für die
substituierten Produkte getroffen
werden. Die Substitution von importiertem Sojaextraktionsschrot durch
heimischen Raps­
presskuchen als Eiweißfuttermittel in der Rinderhaltung
erfolgt auf Grundlage des Futterwer- AA Abbildung 3: THG-Einsparung von Rapsölkraftstoff aus Bayern in Abhängigkeit der Bewertungsmethode für Koppelprodukte
tes. Als Vergleichsbasis dient das nutzbare, darmverfügbare Eiweiß (nXP) in
der Rinderfütterung (5). Für die Herkunftszusammenset- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel verwendet (7).
zung des Sojaextraktionsschrotes wurde die Importstatistik
Bei der Bewertung des Rapspresskuchens nach seiner tataus dem Jahr 2011 verwendet. Auf Grundlage von Zahlen sächlichen Verwendung als hochwertiges Eiweißfuttermittel
der Oil World GmbH veröffentlicht der Verband der Ölsaa- (THG-Gutschrift I) erhöht sich das THG-Einsparpotenzial von
tenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) jährlich Rapsölkraftstoff aus Bayern auf 71 Prozent. Davon entfallen
eine Übersicht zum Import von Sojaschrot in Deutschland. 58 Prozent der THG-Einsparung auf Gutschriften für den verIm Jahr 2011 wurden demnach 3,5 Millionen Tonnen Soja- miedenen Sojaanbau und dessen Verarbeitung zu Soja­
schrot in Deutschland importiert, wovon 78 Prozent aus extraktionsschrot sowie 13 Prozent auf die entsprechenden
Südamerika stammen (6). Ein weiterer Aspekt bei der Be- Transporte nach Deutschland. Bei einer zusätzlichen Berückwertung von Rapsölkraftstoff ist der Vorfruchtwert von sichtigung des Vorfruchtwertes von Raps (THG-Gutschrift II)
Raps. Durch hohe N-Mengen aus Ernterückständen des weist die THG-Bilanz von Rapsölkraftstoff aus Bayern ein
Rapses können N-Dünger im nachfolgenden Weizenanbau THG-Einsparpotenzial von 80 Prozent gegenüber fossilen
eingespart werden. Zudem sorgen intensive Durchwurze- Kraftstoffen auf.
lung und langfristige Beschattung der Rapsbestände für
eine optimale Bodengare, wodurch die N-Effizienz der im
Fazit
Winterweizenanbau eingesetzten Mineraldünger erhöht Im Vergleich mit anderen, aus Anbaubiomasse gewonnenen
wird. Zur Berechnung der Gutschrift für den Vorfruchtwert Biokraftstoffen nimmt Rapsölkraftstoff aus dezentraler Verarvon Raps wurden Daten eines Fruchtfolgeversuches der beitung mit einer THG-Einsparung von bis zu 80 Prozent gegenüber fossilen Kraftstoffen eine Spitzenposition ein. Weitere Optimierungsansätze liegen vor allem in einem standortangepassten Düngungsmanagement zum Rapsanbau.
Literaturangaben bei den Autoren.
AA Dezentrale Ölmühle in Bayern SUB 6-7/2015
© TFZ Straubing
KARSTEN ENGELMANN
DR.-ING. DANIELA DRESSLER
DR. EDGAR REMMELE
TECHNOLOGIE- UND FÖRDERZENTRUM IM KOMPETENZZENTRUM FÜR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE
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ENERGIE
ENERGIE
ENERGIE
Der ökologische Fußabdruck –
mein Anteil Erde
ENERGIE
von DR. REINHARD PAUSCH: In Zeiten des Überflusses, die aber geprägt sind von dem
Bestreben, unseren Lebensstil und die endlichen Ressourcen unserer Erde unter einen Hut zu
bringen, mangelt es nicht an Bewertungsmethoden zur Erfassung des eigenen Beitrags. Eine
davon ist der Ökologische Fußabdruck oder ecological footprint. Dr. Reinhard Pausch, der an
der Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Leadfunktion Nachhaltigkeit mitwirkt, hat uns eine ehrliche Selbstanalyse dazu geschickt.
Niemand kann sich ohne weiteres den üblichen Verhaltensweisen und Gebräuchen des Alltags entziehen, die sich
über Jahrzehnte herausgebildet haben. Jeder ist mit seinen
Gepflogenheiten sozial eingebunden. Mit dem eingeübten
Verhalten reagiert man nicht zuletzt auf gesellschaftlich
anerkannte, ja erwartete Maßstäbe. Zwangsläufig erzeugt
jeder seinen eigenen, persönlichen ökologischen Fußabdruck. Das Konzept dafür wurde 1994 von Mathis Wackernagel und William Rees erarbeitet. Es gibt auch ein Global
Footprint Network. Der ökologische Fußabdruck ist die Fläche der Erde, die ich anteilig beanspruche, damit mir die für
meine Lebensart nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Man kann diese Fläche in Quadratmetern ausdrücken.
Man kann aus den verbrauchten Rohstoffen, der Energie
und der Infrastruktur aber auch errechnen, wie viele Erden
nötig wären, wenn jeder Mensch meinen Fußabdruck
hätte. Die Menschen leben freilich unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. Etwa in den 70er Jahren ist global ein
kritischer Punkt überschritten worden, sodass die Menschheit jährlich mehr verbraucht, als die Erde auf Dauer hergibt. Wie beschrieben kann man auch das Datum im Jahr
errechnen, an welchem die Kapazität der Erde jedes Jahr
überschritten wird. Das ist der sogenannte Earth Overshoot
Day. Noch Anfang der 1990er Jahre lag dieser Tag im Dezember. In 2014 war es schon der 19. August! Der Rest des
Jahres geht auf Kosten zukünftiger Generationen.
Solche Überlegungen führen dazu, dass man sich persönlich angesprochen fühlt. Auf der anderen Seite lässt
sich nicht ignorieren, dass es einige Überwindung kosten
kann, sich deutlich von den gebräuchlichen Verhaltensweisen abzusetzen. Wieso soll ich als Einzelner mir das Leben schwer machen, wenn doch der große Trend in eine
völlig andere Richtung läuft? Wie soll Ökologie und Nachhaltigkeit denn erfolgreich werden, wenn das keinen
Spaß macht? Andererseits: Könnte es nicht auch eine Herausforderung sein zu testen, ob ich in der Lage bin, frei
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Infobox 1: Leadfunktion nachhaltiges Handeln an
der Staatlichen Führungsakademie
Die Leadfunktion Nachhaltiges Handeln hat es sich zur Aufgaben gemacht, an der Führungsakademie auf den Feldern
des nachhaltigen Handelns Anstöße zu geben, Bewusstsein
zu schaffen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Im Einzelnen
betrachtet die Leadfunktion Prozesse und Aktivitäten der
FüAk im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Sie spürt Einsparpotentiale im Energieverbrauch an der FüAk auf, dokumentiert
Verbrauchszahlen, fördert die Anschaffung energieeffizienter Produkte, analysiert relevante Handlungsfelder und erarbeitet hierzu Strategien. Schon seit einiger Zeit arbeitet die
FüAk an der Umsetzung eines nachhaltigen und fairen Einkaufs im Ressortbereich. Nicht zuletzt hat sich die Leadfunktion zum Ziel gesetzt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Bezug auf Themen des nachhaltigen Handelns zu sensibilisieren und die Diskussion anzuregen.
Leadfunktionen an der FüAk besetzen, entwickeln und bearbeiten Themenfelder oder Aufgaben organisationsübergreifend. Sie sind den im Organigramm definierten Aufgaben
gleichberechtigt und bleiben solange bestehen, solange sie
für die FüAk von Bedeutung und nicht fest im Organigramm
verankert sind. Sie sind zudem ein Personalentwicklungs­
instrument, das die Vernetzung der Mitarbeiter und der vorhandenen Kompetenzen fördert. Derzeit gibt es neben der
Leadfunktion Nachhaltiges Handeln noch die Leadfunktionen Gesundheitsmanagement, Innovationen und Europakompetenz.
und unabhängig über mein mehr oder weniger ökologisches Lebensmodell zu entscheiden? Vielleicht findet
man ja Möglichkeiten, mit weniger Fußabdruck ein viel interessanteres Leben zu gestalten? Das ist die persönliche
Seite.
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Infobox 2: Links zu einigen Fußabdruck-Apps
http://www.mein-fussabdruck.at/
Einfach zu bedienen. Angaben nach Lebensbereichen.
Mit Zwischenergebnissen. Berücksichtigt Zweitwohnungen.
http://www4.ichundco2.at/
Mit Zahlen CO2 Tonnen und Zwischenergebnissen.
http://www.wwf.ch/de/aktiv/besser_leben/footprint/
mit Detail-Anzeige der Auswirkungen.
http://www.brot-fuer-die-welt.de/themen/bewahrung-derschoepfung/klimaschutz/oekologischer-fussabdruck-test.
html
Wäre es also nicht doch interessant, wie groß dieser
mein Fuß-Abdruck ist. Trotz aller Bedenken, ich habe mir im
Internet Apps angeschaut, die meinen Fußabdruck berechnen. Ich wollte es wissen. Um es vorauszuschicken: Die Programme arbeiten unterschiedlich genau, denn sie müssen
vereinfachen. Das Ergebnis war dennoch „interessant“.
Was mein Wohn- und Freizeitverhalten sowie meine Ernährungsgewohnheiten betrifft, so konnte ich mit regionalen Produkten und eher gemäßigtem Fleischkonsum für
mich noch einigermaßen zufriedenstellend abschneiden.
Übermäßig beheizte Innenräume mag ich auch nicht. Aber
Zweitwohnsitz und das viele Unterwegssein führen dazu,
dass bei mir die Mobilität einen recht großen Anteil des
Fußabdrucks ausmacht. Plötzlich wurde deutlich, dass es
nicht egal ist, mit welchem Fahrstil ich unterwegs bin. Ein
Programm schaffte es, meinen in der Regel sehr energiesparenden Fahrstil abzubilden. Das verbesserte das Gesamtbild. Ich war etwas erleichtert. Energiesparendes Fahren macht Spaß, finde ich inzwischen, weil man mehr
mitdenken und vorausschauen muss. Fahrfehler und Verkehrsbehinderungen lassen sich verbrauchsmäßig nicht so
einfach ausbügeln. Mich begeistert, was hier technisch
möglich ist, wenn das Auto dazu passt. Unter fünf Liter sind
bei Mittel- und Langstrecken realistisch, es kommt öfter
vor, dass ich unter vier Litern bleiben kann. Überraschend
stelle ich fest, dass sich bei meinen Strecken der Zeitgewinn durch Schnellfahren sich in Grenzen hält. Das schließt
nicht aus, dass ich zwischendrin einmal mit Vollgas unterwegs bin, um die Mechanik des Autos nicht zu langweilen.
Das nutze ich, wenn es wirklich pressiert. Vor allem bemühe
ich mich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, das
kann entspannend sein, manchmal sehr informativ, man
bekommt viel Leben mit, es kann jedoch vorkommen, dass
SUB 6-7/2015
man sich als unfreiwilliger Beobachter in eher heftigen sozialempirischen Studien fühlt. Ein Glück: ich bin antizyklisch unterwegs. Was hat das mit dem Thema zu tun? Es
zeigt, dass persönliche Verhaltensänderungen nicht einfach eine Verschiebung eines Rechenergebnisses bedeuten, sondern das Alltagserleben verändern: Man muss sich
in Teilen neu einrichten.
Aber dennoch ist es schon Einiges, was alles unternommen werden muss, damit man überhaupt eine Chance hat
in die Nähe eines auf Dauer erträglichen Fußabdrucks zu
kommen. Wieviel ist noch o.k. zu heizen? Im 18. Jahrhundert gab es den Wintermantel in der Wohnung und kleine
Wärmestuben, in denen sich alles drängte? Viele kennen
die Erzählungen von eingefrorenem Wasser in Waschschüsseln, vom Rauhreif auf der Zudecke, vom einen beheizten Zimmer im ganzen Haus. Trotz aller Effizienzsteigerungen steigt seit Jahrhunderten der Energiebedarf der
Menschheit drastisch an. Zwar gibt es sparsame Motoren,
aber die Autos fahren weite Strecken und sind so zahlreich,
schwer, groß und schnell wie noch nie. Man bestellt nur
scheinbar virtuell am Bildschirm und setzt damit doch
große Versorgungsmaschinerien in Gang. Zwar werden
Häuser gut isoliert, aber die Wohnfläche pro Kopf und die
Heiztemperaturen, vor allem die Zahl der Häuser ist enorm
gestiegen. Wie ökologisch ist die Forderung, für diese Art
der Lebensgestaltung auf Flächen- und Landschaftsressourcen zuzugreifen? Das betrifft auch die sogenannte regenerativen Energien! Immerhin ist es in der Bundesrepu­
blik gelungen, nach einem steilen Anstieg Anfang der 70er
Jahre den Energieverbrauch „trotz“ Wirtschaftswachstum
zu deckeln. Eigentlich müsste er aber deutlicher reduziert
werden, denn erst dann könnte man wirklich von Energiewende sprechen. Angestrebt sind rund 20 Prozent Reduktion in den nächsten 25 Jahren.
Mit nachdenklicher Stimmung beende ich meine Erprobung einiger Fußabdruck-Apps. Wenn Effizienz bedeutet,
Lebensqualität aus begrenzten Ressourcen zu gewinnen,
dann kann es nicht allein um Ressourcenverfügbarkeit gehen. Notwendig stärker in den Blick rückt die Qualität der
Zeitgestaltung und Kommunikation, meiner Beziehungen,
meiner Wege und Plätze, der Orte und Landschaften, die
mich umgeben. Das sind Rahmenbedingungen erlebter
Wahrnehmung. Es sind auch Bereiche großer Defizite und
Verluste. Also haben gerade kulturelle Aspekte im weiteren
Sinn eine wesentlich höhere Bedeutung für Nachhaltigkeit,
als bisher vermutet wird.
DR. REINHARD PAUSCH
STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR
ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN
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ENERGIE
ENERGIE
ENERGIE
Energieeffizienz bei der
Direktvermarktung
ENERGIE
von DR. PAULA WEINBERGER-MILLER und DR. RUDOLF LANDMANN: Landwirte als Energielieferanten nutzen gleichzeitig bereitgestellte Energie. Ein Energiemanagement verhilft zum
energieeffizienten Einsatz. Direktvermarkter mit einem Qualitätsmanagement-System haben
ihre Prozesse im Hinblick auf eine kontinuierliche Verbesserung bereits im Blick. Im weitreichenden Feld verschiedenster Verarbeitungs- und Vermarktungsprozesse haben sie auch eine
Reihe von Maßnahmen aufgegriffen, um den Energiefluss zu optimieren. Verschiedene
Beispiele zeigen praktiziertes Energieflussmanagement von Direktvermarktern auf.
Stellen Landwirte Energie bereit, ist der Einsatz für den Eigenbedarf besonders effektiv, wenn die Energie zeitversetzt
und für verschiedene Prozesse direkt und indirekt genutzt
wird. Erzeugte Solarwärme kann beispielsweise zur Warmwasserbereitung, gleichzeitig zum Beheizen von Wohn- oder
Betriebsgebäuden und zum Decken des Kühlbedarfs eingesetzt werden. Berücksichtigen dabei Gebäudeausbau und
Gerätekonstruktion einen sparsamen Verbrauch, sind gute
Voraussetzungen für eine hohe Energieeffizienz gegeben.
Erste Schritte im praktischen Energiemanagement
Gemeinsam mit dem AELF Münchberg (Dr. Rudolf Landmann) hatte die Landesanstalt für Landwirtschaft im Sommer 2014 einzelne Direktvermarkter mit unterschiedlichen
Produktsortimenten und Betreiber eines Qualitätsmanagement-Systems für einen Praxistest zur Ermittlung praktischer
Maßnahmen der Energieeffizienz ausgewählt. Es wurden dabei ermittelt:
AAdie konkreten Energieziele des Betriebs; denn ohne
konkrete Zielsetzung bleibt oft der Weg zur besseren
Energieeffizienz undurchsichtig,
AAdie Verbrauchswerte für einzelne Wärme- oder
Kühlprozesse auf der Grundlage aktueller Messungen an Verbrauchs- und Schnittstellen zwischen
Abläufen, z. B. für Erhitzungs- und Kühlprozesse,
beim Verkauf im Hofladen,
AAder Spielraum für Verfahrens- und Verhaltensänderungen,
AAgeplante Maßnahmen zur Energieeffizienz nach
durchgängiger Kontrolle aller Abläufe zur kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse und Beschaffung
notwendiger Nachweise zur Energieeffizienz.
Bereiche mit Potenzial für mehr Energieeffizienz
Ansatzmöglichkeiten zum effizienten Energieeinsatz sind jedoch sehr breit gefächert. So birgt Beleuchtung als Kriterium
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für die Qualität von Arbeitsplätzen ein großes Potenzial als
Produktionsfaktor, weil gute Arbeitsplatzbeleuchtung vor
Ausschuss schützt und leistungsfördernd wirkt. Ergänzend
zum Einsatz geeigneter Leuchten werden Wirtschaftlichkeit
und Effizienz durch eine an den individuellen Bedarf angepasste Lichtsteuerung erreicht.
Messungen an Kühlmöbeln im Lebensmitteleinzelhandel zeigen hohe Abweichungen bei den Energiekosten
(Steinmaßl, 2014); aber auch bei thermischen Prozessen sind
große Einsparpotenziale zu erwarten, Grund genug, sich damit auseinander zu setzen.
Wenn sich Direktvermarkter, ausgehend vom aktuellen
Bedarf, für einen möglichst überschaubaren Zeitraum übergeordnete und bereichsspezifische Energiesparziele setzen,
können bereits Einzelmaßnahmen gewichtige Kosteneinsparungen zur Folge haben. Wird dabei der Ersatz alter Geräte mit hohen Einzelverbräuchen gegen neue Modelle erwogen, können ganz spezifische Vorteile alter Geräte trotz
hohem Verbrauch und bereits abgelaufener Amortisationsdauer für eine Weiternutzung sprechen. Bei einer Vernetzung von Geräten müssen sie dennoch meist ausgemustert
werden, weil letztlich ein aufeinander abgestimmtes Bündel
von Maßnahmen, je nach Betriebssituation, zentral oder dezentral gesteuert, den Einsatz der Energie organisieren muss.
Verhaltens- und Verfahrenspraxis sind dazu umfassend anzupassen.
Im Folgenden sind bei der Beleuchtung, beim Kühlen
und Gefrieren sowie beim Erhitzen einzelne Anforderungen
an energieeffizientes Wirtschaften aufgeführt und diesen
bereits umgesetzte Maßnahmen der Direktvermarkter gegenüber gestellt.
Maßnahmen bei der Beleuchtung
Licht ist Produktionsfaktor aufgrund seiner großen Bedeutung für die Qualität des Arbeitsplatzes und steuert mit biologischen Impulsen die innere Uhr, das Schlafen und Wach-
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ENERGIE
Infobox 1: Anforderungen an Beleuchtung und energiesparenden Maßnahmen im Bereich Direktvermarktung
Anforderungen
Umgesetzte Maßnahmen
Gutes Licht fördert die Leistung. Optimale Beleuchtungs- Nach Erprobung einzelner alternativer Leuchten (Energiekonzepte in Richtung Ästhetik, Funktionalität und Kosten sparlampen, LEDs …) im Ersatzfall wurde mit einem Spezierfordern eine umfassende Lichtplanung.
alberater ein Beleuchtungskonzept für die Verarbeitung
und den Verkauf erarbeitet.
LED-Beleuchtung muss gekonnt sein. Bei der Warenpräsen- Im kleinen Hofladen wird eine LED-Beleuchtung als vermestation ist mit Fingerspitzengefühl zu beleuchten.
sen angesehen.
Bei zurückhaltender Grundbeleuchtung betont eine direkte Zusätzlich zur Allgemeinbeleuchtung gibt es im Hofladen
Beleuchtung (z. B. mit Spots) spezifische Warenpositionen. Spezialleuchten für die Produktpräsentation.
Umfassende technische Erneuerung bedarf eines intelligen- Bei der Steuerung des Lichts sind Bewegungs- bzw. Präsenzten Managements. Die elektronische Steuerung dokumen- melder hilfreich. Eine Dokumentation des Stromverbrauchs
tiert gleichzeitig den Stromverbrauch.
mit detaillierten Mess­werten erfolgt.
Die gezielte Nutzung von Tageslicht dient der Energie­ Arbeitsplätze sind günstig zum Tageslichteinfall angeordeinsparung.
net.
sein und nimmt so Einfluss auf den circadianen Rhythmus
des Menschen, der die Leistungsfähigkeit wesentlich mitbestimmt. Eine Gegenüberstellung der Anforderungen an eine
sinnvolle Beleuchtung und gezielter Maßnahmen im Bereich
Direktvermarktung zeigt Infobox 1.
Maßnahmen beim Kühlen und Gefrieren
Kühl- und Gefriergeräte haben durch ihren meist dauerhaften Einsatz relativ hohe Stromkosten zur Folge. Von Gerät zu
Gerät können diese stark voneinander abweichen in Abhängigkeit von einem elektrischen Abtauen, dem Standort des
Geräts, vom Befüllen und der Häufigkeit der Warenentnahme (Türöffnung). In Infobox 2 sind Maßnahmen für eine
bessere Energieeffizienz zusammengestellt.
Maßnahmen beim Erwärmen und Erhitzen
Grundsätzlich erfordert eine Wärmezufuhr relativ mehr
Energie als das Kühlen. Bei der Produktverarbeitung und
Konservierung handelt es sich jedoch um einzelne, periodisch anfallende Arbeitsabläufe, beim Kühlen meist um einen dauerhaften Einsatz. Auch hier ist eine Gegenüberstellung der Anforderungen und der Maßnahmen sinnvoll (siehe
Infobox 3).
Schlussfolgerungen
Direktvermarkter sind sich einig, dass Energieeffizienz im Betrieb nicht allein mit Einzelmaßnahmen erreicht werden
kann, da punktuelle Verbesserungen in einem Bereich häufig durch Schwächen im angrenzenden Bereich zunichte gemacht werden können. Eine durchgängige Arbeitsweise bezieht auch Schnittstellen mit ein.
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Vorhandene Qualitätsmanagement-Systeme grenzen
Prozesse ab, erfassen Schnittstellen und haben Materialfluss- sowie Prozessablaufpläne als Grundlage. Vorgabe- (Rezepte, Anweisungen) und Nachweisdokumente (Kontrollblätter) werden selbstverständlich gehandhabt, denn trotz
weitgehend automatisierter, papierloser Aufgabenerledigung nach Anweisung zeigen Erfahrungen mit den von der
Lebensmittelüberwachung mehrheitlich akzeptierten Aufzeichnungen aus dem Qualitätsmanagement-System doch,
wie notwendig eine auch noch so streng vereinfachte Dokumentation ist. Bei Standardisierung des Hygienemanagements und der gängigen Anweisungspraxis für Aufgaben
führen Direktvermarkter Messungen zum Verbrauch beim
Verarbeiten, beim Lagern in Normal- und Niedrigtarifphasen, beim Transport in Abhängigkeit von der Entfernung stetig durch. Das Zusammenspiel von Technik mit den zu bearbeitenden Produkten und Hilfsmitteln muss dabei stimmig
sein. Aber auch dann, wenn jedes Gerät für sich zuverlässig
funktioniert, ist über die Systemgrenze der Maschine hinaus
jeder Prozess im Gesamtsystem abzustimmen.
Fazit
Landwirtschaftliche Betriebe zeigen für Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit eine große
und relativ dauerhafte Investitionsbereitschaft. Bei großen
Perspektiven in der Zukunft hat Energieeffizienz als Grundlage jedoch eine maßvolle und maßgeschneiderte technische Erneuerung (SMART TECHNIK) unter Einsatz oftmals nur
geringer Investitionen, die bei intelligentem Management
und viel Kommunikation im Vorfeld erhebliche Kosteneinsparungen zur Folge haben kann. Wie alle systematischen
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ENERGIE
Arbeitsplatz- und Allgemeinbeleuchtung profitieren vom Ausstattung (Wände, Decken) und Einrichtung sind möghellen Hintergrund.
lichst hell gestaltet.
ENERGIE
Infobox 2: Anforderungen und energiesparende Maßnahmen im Bereich Kühlen und Gefrieren
Anforderungen
Umgesetzte Maßnahmen
Sonneneinstrahlung steigert den Stromverbrauch von Kühl- Kühl- und Gefriergeräte stehen im breiten Eingangsbereich
und Gefriergeräten erheblich. Die Geräte sollen deswegen der Wirtschaftsräume bei geringem Lichteinfall. Im Winter
einen kühlen, dunklen Standort haben.
werden Türen nach außen periodisch geöffnet.
Die Anpassung des Fassungsvermögens an den Bedarf verhilft zum Einsparen von Energie. Kühl- und Gefriergeräte
sind gut gefüllt zu betreiben. Bei unzureichender Befüllung
sind Leerstandsintervalle zu organisieren. Eine erneute Inbetriebnahme der Geräte erfordert weniger Strom als der
Dauerbetrieb mit geringer Auslastung.
Das Fassungsvermögen der Geräte ist auf den erfahrungsgemäßen Bedarf abgestimmt. Der Kühlraum ist nur bei vorhandener Ware eingeschaltet. Rinderachtel lagern in der
umgenutzten, kühlen Garage ohne elektrische Kühlung bis
zur Verarbeitung. Einzelne Kühlgeräte laufen nur zu Öffnungszeiten des Hofladens.
ENERGIE
Getränkevorräte lassen sich in kühlen Kellerräumen ohne Das separate Kleingerät zum Kühlen der Ware im Hofladen
Kühlung lagern und kurz vor dem Verkauf in die Kühlung (Spezial-Rinderschinken, kühlbedürftige Halbkonserven) für
einstellen (ca. 45min vor Ladenöffnung).
das Tagesgeschäft reduziert das Öffnen der Kühlung bis auf
das Befüllen und die Entnahme der Ware für das Kühlgerät
im Laden. Wurstkonserven stehen in Kühlvitrinen zur Entnahme beim Verkauf. Eine Kühltheke existiert nicht.
Nur kühlbedürftige Waren sind zu kühlen, Vorgabetempe- „Geringwertige“ Ware wird nur kurzfristig eingefroren. Obst
raturen sind dabei nicht zu unterschreiten. Kühlmöbel sind und Gemüse wird zur Vermeidung längerfristiger Kühllagezur Verringerung der Schaltzyklen nachts stets abzudecken. rung der Verkaufsprodukte verstärkt sterilisiert.
Vor Einlagerung großer Mengen in die Kühlung sind die Pro- Die Einlagerung umfangreicher, gut gekühlter Ware erfolgt
dukte gut zu kühlen.
in der Niedrigtarifphase, da die Geräte direkt nach der Einlagerung hochtourig laufen.
Verschmutzte Verflüssigerlamellen haben erhebliche Eine periodische Grundreinigung der Kühl- und GefriergeStromkosten zur Folge, eine Vereisung verursacht ebenfalls räte innen und außen erfolgt zusätzlich zur alltäglichen ReiMehrkosten.
nigung.
Optimierungsprozesse braucht das Energiemanagement einen langen Atem, denn letztlich rechnet sich manches sofort, manches erst später, aber einiges an Energie lässt sich
unter Umständen sogar ohne Einsatz von Eigenkapital einsparen.
Ein umfassendes zertifizierbares EnergiemanagementSystem (DIN 50 001) mit Pflichtdokumentation im Management-Handbuch erfordert jedoch relativ viel Zeit und Geld.
Von vorhandenen Maßnahmen zur Steuerung von Prozessen kann bei auch nur annähernder Konformität mit standardisierten Systemen jedes Unternehmen profitieren.
Letztendlich entsteht ein wirksames System, wenn in Richtung eines übergeordneten Zieles eine strukturierte Aus­
einandersetzung mit dem Thema Energie erfolgt. Die ParetoAnalyse (80/20-Regel) verhilft dabei zu einer Gesamtschau,
um die hauptsächlichen „Energiefresser“ zu eliminieren.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Das Thema Energieeffizienz beschäftigt Direktvermarkter intensiv. Die Ansatzmöglichkeiten für Einsparungen bei der Energie sind
sehr breit gefächert. Mit umfassenden Maßnahmen zur
Energieeffizienz lassen sich Mehrkosten der Energie und damit auch Preissteigerungen von Verkaufsprodukten vermei-
32
den. Beim Ausloten von Potenzialen ist jedoch viel hauswirtschaftliche Kompetenz gefragt.
Literatur
STEINMASSL, 2014: Studie: Strom sparen bei steckerfertigen
Kühlmöbeln im Lebensmitteleinzelhandel. Internet:
www.steinmaszl.com/documents/-content2013/130918-EnergieeffizienzsteckerfertigerKuehlmoebel (Zugriff: 24.02.2015).
BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT, 2009: Leitfaden für
effiziente Energienutzung in Industrie und Gewerbe. E-Mail:
[email protected]
UMWELTBUNDESAMT: Energiemanagementsysteme in der Praxis,
DIN EN 16001: Leitfaden für Unternehmen und Organisationen. E-Mail: [email protected]; Internet: www.bmu.de.
UMWELTBUNDESAMT, 2009: Beleuchtungstechnik mit geringerer
Umweltbelastung, 18. März 2009; Internet: www.uba.de/
energie/licht (Zugriff: 19.09.2013).
DLZ-AGRARMAGAZIN, 2013: Helle sein – Strom sparen, Oktober
2013, S. 150-152
DENA – DEUTSCHE ENERGIE-AGENTUR, 2013: Einfach Strom
sparen: Ich will doch kein Geld verschleudern. Internet:
www.energieeffizienz.de (Zugriff: 30.01.2013).
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ENERGIE
Infobox 3: Anforderungen und energiesparende Maßnahmen im Bereich Erwärmen und Erhitzen
Anforderungen
Umgesetzte Maßnahmen
Eine Bestandsaufnahme zum Zustand der Geräte, zu Ver- Alle Elektrogeräte in der Küche und bei der Verarbeitung
brauchsdaten und Prozessabläufen (nach Art und Häufig- wurden nach Kontrolle der Verbrauchsdaten gezielt an die
keit) verschafft einen Überblick.
aktuelle Verfahrenspraxis angepasst, Verfahrens- und Verhaltensänderungen sind eingeführt.
Die Verarbeitungsmengen sind streng am Fassungsvermö- Der kompetente Einsatz des Kombidämpfers zum gleichzeigen zu orientieren und gut einzuteilen, damit Geräte nur bei tigen Garen verschiedener Speisen wurde den Mitarbeitern
optimaler Füllung laufen.
vermittelt. Messwerte dienten als Entscheidungshilfe.
Insbesondere bei lang andauernden, aufwendigen Er­ Das sehr energieaufwendige Sterilisieren erfolgt nachts, mit
hitzungsprozessen sind Niedrigtarifphasen zu wählen.
Gefäßen, die auf die Verarbeitungsmenge abgestimmt sind.
Die bereitgestellte Energie für Haushalt und Betrieb ist mög- Der erzeugte Strom der 20 Jahre alten PV-Anlage wird bei
lichst optimal auf die Geschäftsbereiche zu verteilen.
guter Ausschüttung verkauft. Eine neue, kleine Anlage auf
dem Scheunendach liefert Strom für den Eigenbedarf. Bereits erwärmtes Wasser der Hackschnitzelheizung wird für
verschiedene Erhitzungsvorgänge (z. B. das Brühen von
Schlachtkörpern bei 61 °C, das Erwärmen von Wachs zum
Rupfen von Geflügel bei 100 °C) und zum Reinigen genutzt.
Durch Kombination einzelner Vorgänge (parallel, in Serie, in
der Reihe) können energieaufwendige Arbeitsschritte entfallen. Bei Vorgängen zum Erhitzen auf relativ hohe Temperaturen sind anschließende Arbeitsgänge ohne Abkühl­
phasen zum Erreichen einer Vollauslastung zu organisieren.
Die zielgerichtete Vorbereitung entfrachtet energieaufwendige Prozesse.
Zum Kochen des Schweinekopfes wird er vor dem Kochen
im Kochkessel zum Herstellen von rotem Presssack grob zerteilt, nicht verwertbare Teile werden abgetrennt und verworfen (nicht mitgekocht). Für das ebenfalls energieaufwendige Auskochen von Knochen für die Knochenmarkgewinnung (Qualitätszutat bei Fleischwaren) wird der bereits
in Betrieb genommene Kochkessel wiederholt genutzt. Abläufe werden sehr zeit- und energiebewusst in ihrer Reihenfolge vorbereitet. Die Zeitschaltuhr ist wichtigstes Steuerungsmittel.
Beim Konservieren sind verschiedene Verfahren nach Art
der Rohprodukte und der herzustellenden Erzeugnisse mit
den zur Verfügung stehenden Energiequellen und Geräten
sowie der Lagerkapazitäten (kühlbedürftig oder nicht) intensiv abzustimmen.
Die Garmachungsart richtet sich nach Eignung der Produkte,
die Wahl der Geräte für die Zubereitung nach Menge und
Verfahren. Verursachen Geräte zum Rüsten, Schneiden, Reinigen und Nachrüsten einen unverhältnismäßig hohen Aufwand, wird fallweise manuell gearbeitet. Nach Wärmequellen differenziert verhelfen Induktionskochplatten zur schnelleren Wärmeübertragung beim Erhitzen. Im Dampfdrucktopf werden große Mengen je Prozessablauf sterilisiert.
DR. PAULA WEINBERGER MILLER
leitete den Arbeitsbereich „Haushalt und Erwerbskombina­
tion“ an der Landesanstalt für Landwirtschaft. Seit 1. Januar
2015 ist sie im Ruhestand.
DR. RUDOLF LANDMANN
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN MÜNCHBERG
[email protected]
ALTE ALLEE 66, 81245 MÜNCHEN
[email protected]
SUB 6-7/2015
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ENERGIE
Um vorhandene Potenziale zu nutzen, sind Schnittstellen Zum Kochen der Ausgangsware (Kopffleisch) für die Herstelwärmeliefernder Prozesse auszuloten.
lung von Rotem Presssack in der Niedrigtarifphase wird
Heißwasser von der Hackschnitzelheizung eingesetzt.
UNTERNEHMENSBERATUNG
Mechanisierte Ernte von
Bleichspargel
Verringert der Einsatz von Spargelvollerntern die Erntekosten?
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
von MARTIN SCHASER: Ob der Einsatz eines Spargelvollernters für einen Betrieb sinnvoll ist,
ist von vielen Faktoren abhängig. Ein Forschungsprojekt der Bayerischen Landesanstalt für
Weinbau und Gartenbau (LWG) verglich die zeitintensive Handernte mit der vollmechanischen
Maschinenernte bei Bleichspargel hinsichtlich Gesamtertrag, Stangensortierung, Stangenqualität, Pflanzengesundheit und Langlebigkeit der Anlage. Ergebnis war eine Liste mit
Entscheidungshilfen, die interessierten Landwirten an die Hand gegeben werden kann.
Das Forschungsprojekt stand unter
der Federführung der LWG und in
Zusammenarbeit mit Peter Strobl
vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schrobenhausen und dem Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte an der
Landesanstalt für Landwirtschaft.
Das Bayerische Staatsministerium
für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten finanzierte das fünfjährige
Projekt.
Die Versuchsdurchführung erfolgte auf Flächen des Praxisbetriebes Kügel in Sandharlanden (Landkreis Kelheim, Niederbayern). Für
den Vergleich der Ernteverfahren
wurde eine im Vollertrag befind­
liche, 2007 mit der Spargelsorte
Grolim (5 Pfl./lfm) bepflanzte Fläche,
fünf Ernteperioden lang bewertet
(2010 – 2014).
Das Ziel der Forschungsarbeit
war es, allgemeine Empfehlungen
zum Einsatz von Erntemaschinen zu
entwickeln. Aufgrund der Menge an
Faktoren, die die Rentabilität des
Verfahrens beeinflussen, ist dies so
jedoch nicht möglich. Im Vorfeld einer Entscheidung sollten jedoch auf
einzelbetrieblicher Ebene eine Vielzahl von Punkten durchdacht werden (siehe Infobox).
34
Infobox: Ist der Einsatz eines Vollernters für meinen Betrieb sinnvoll?
Entscheidungshilfen
• Maschinelle Spargelernte ist erst ab einer Dammlänge von 200 m sinnvoll/
rentabel/organisatorisch umsetzbar …
• Je weiter die Spargelflächen vom Betrieb und voneinander entfernt sind,
umso aufwändiger ist der Transport des Vollernters.
• Ideal für die maschinelle Ernte sind leichte, gut siebfähige und steinfreie Böden.
• Dickfallende und stabilere Sorten (z. B. Grolim) eignen sich besser für die Maschinenernte als dünnfallende, leicht brechende Sorten (z. B. Gijnlim).
• Mehrfachbedeckungen zur Ernteverfrühung sind mit der Maschinenernte
schwierig vereinbar.
• Zum Einsatz des Vollernters wird ein passender Schlepper in dieser Zeit uneingeschränkt benötigt. Außerdem muss geschultes Personal vorhanden sein.
• Kurze Sortierungen müssen dauerhaft und zeitnah zu einem angemessenen Preis
vermarktbar sein.
• Die Ernteintervalle bei der Maschinenernte sind so zu steuern, dass eine kontinuierliche Versorgung des Marktes möglich ist.
• Im Falle einer Schlechtwetterperiode oder eines Maschinenschadens muss zeitnah
Personal für die Handernte zur Verfügung stehen.
• Eine moderne Sortiermaschine, die auch kurze Spargelstangen optimal ablängt
und sortiert, ist durch den hohen Anteil kurzer Stangen bei der Maschinenernte
von großem Nutzen.
• Besteht die Möglichkeit des überbetrieblichen Einsatzes des Vollernters?
• Ist es möglich, zugunsten einer Arbeitsentlastung auf einen Teil des Betriebs­
gewinns zu verzichten?
Detaillierten Ergebnisse unter
http://www.lwg.bayern.de/gartenbau/gemuesebau/index.php
http://www.lfl.bayern.de/iem/obst-gemuese/030930/index.php
SUB 6-7/2015
UNTERNEHMENSBERATUNG
AA Bild 1: Spargelvollernter
Drei verschiedene Erntemethoden getestet
Von Hand wurde der Spargel täglich geerntet. Die mechanische Ernte erfolgt mit einer gezogenen Maschine des Typs
Kirpy der Firma ai-solution. Bei diesem System werden die
100 %
18
25
1
80 %
1
Anteil in Prozent (%)
12
60 %
Spargeldämme in einem Ernteintervall von 7 bis 10 Tagen
unterschnitten. Eine Siebkette trennt Erde und Spargelstangen. Das Erntegut fällt anschließend auf ein Verleseband und
wird von Erntehelfern in Kisten abgelegt. Die Maschine baut
gleichzeitig den Damm wieder auf
(siehe Bild 1).
In einer weiteren Versuchsvariante wurde die maschinelle Ernte
23
mit der Handernte kombiniert.
Dabei wurden die Spargelstangen, die nach einer maschinellen
Ernte als erste den Damm wieder
8
durchbrachen, von Hand geerntet. Zwei bis drei Tage später
wurde erneut mit der Maschine
12
geerntet.
18
40 %
81
58
44
20 %
0%
Hand
lange Stangen (17-23,5 cm)
Maschine
kurze Stangen (12-16,9 cm)
Maschine & Hand
Spitzen
(6-12 cm)
nicht marktfähig
AA Abbildung 1: Handernte, Maschine, kombinierte Ernte – Ertragsanteile je Stangenlänge (%), 2011 bis 2014
SUB 6-7/2015
Ertrag bei Handernte am
höchsten
Die über den Versuchszeitraum
hinweg bei der einreihigen Pflanzung ermittelten Erträge zeigen,
dass bei rein maschineller Ernte
ein Marktertrag von 54 dt/ha erreicht wurde. Bei der kombinierten Maschinen- und Handernte
waren es 59 dt/ha. Die Handernte
erzielte mit 79 dt/ha den höchsten
Marktertrag. Den prozentualen
Roh- und Marktertrag zeigt Abbildung 1.
Ab 2013 wurde eine doppelreihig gepflanzte Anlage (Grolim, 8 Pfl./lfm) geprüft. Der dortige Rohertrag der Hand­ernte von
35
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
AA Bild 2: Stangensortierung bei Ernte mit Vollernter
UNTERNEHMENSBERATUNG
80
70
Gewichtsanteil in Prozent (%)
60
50
Handernte
40
Maschine
Masch. + Hand
30
20
10
0
ohne Mangel
Aufblüher
Offene
Krumme
Hohle
Rost
Keulen
Rosa
171 dt/ha entsprach den Erwartungen. Die rein mechanische Ernte erzielte in 2014 einen Rohertrag von 131 dt/ha.
Prozentual betrachtet ist das Ergebnis verglichen mit der
Einzelreihenpflanzung aber nahezu identisch.
Handernte liefert beste Stangensortierung
Je nach Erntemethode unterscheiden sich die Anteile der
geernteten Stangen einer Länge am Erntegut stark. Bei der
Handernte stellen marktfähige lange Stangen einen Anteil
von 81 Prozent. Deutlich niedriger ist dieser Anteil bei den
Varianten der mechanischen Ernte (44 und 58 Prozent). Methodisch bedingt sind bei der nicht selektiven Maschinenernte die Anteile kurzer Stangen (18 Prozent) und Spargelspitzen (12 Prozent) höher (siehe Bild 2). Bei Handernte liegt
dieser Anteil bei etwa 1 Prozent des Ertrags. Die Fraktion
nicht marktfähiger Ware ist bei mechanischer Ernte mit
23 bis 25 Prozent merklich höher als bei der Handernte (siehe
Abbildung 2).
Mit maschineller Ernte bessere Stangenqualität
Im betrachteten Zeitraum wiesen bei Handernte 50 Prozent
aller bewerteten Stangen keinen Mangel auf. Das entspricht
etwa dem Ergebnis bei Kombination beider Ernteverfahren
Die rein maschinelle Ernte lieferte einen Anteil mängelfreier
Stangen von 62 Prozent. Es ist jedoch darauf zu verweisen,
dass durch diese Bonitur keine mechanischen Beschädigungen erfasst wurden.
Krumme Stangen traten bei der Ernte von Hand wesentlich häufiger auf als bei maschinell geernteter Ware. Hohle
sowie auch keulenförmige Spargelstangen waren zu vernachlässigen. Der Anteil an berosteten Stangen war bei den
Varianten der maschinellen Ernte gegenüber der Handernte
120
100
Ertrag in Prozent (%)
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
AA Abbildung 2: Gewichtsanteile von Spargelstangen mit und ohne Mängel (Rohertrag abzüglich Abschnitte), 2011 bis 2014
100
100
74
80
80
69
75
60
2011-2014 Rohertrag
2011-2014 Marktertrag
40
20
0
Handernte
Maschinenernte
Masch.+Hand
AA Abbildung 3: Durchschnittlicher Roh- und Marktertrag (in %) je Erntemethode (Grolim, 5 Pfl./m), 2011 bis 2014
36
SUB 6-7/2015
UNTERNEHMENSBERATUNG
Spargelexperte Peter Strobl im Ruhestand
Unser Kollege Peter Strobl ist ein hoch geschätzter Spargelexperte am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Pfaffenhofen. Sein Fachwissen ist in ganz Bayern und weit
darüber hinaus gefragt. Auch nach seiner Pensionierung im
Mai 2015 wird er für den Bundesarbeitskreis Spargel tätig
bleiben.
Peter Strobl betreute den Landessortenversuch Spargel in
Schrobenhausen, war als Vertreter Bayerns Mitglied im bundesweiten Arbeitskreis Spargel und unterstützte uns immer
tatkräftig bei Veranstaltungen, Vorhaben und Projekten, wie
zuletzt dem hier beschriebenen Pilotprojekt „Vergleich von
Maschinenernte und Handernte bei Spargel und Anpassung
des Kulturverfahrens an die Maschinenernte“. Herr Strobl hat
ein gutes Stück dazu beigetragen, den bayerischen Spargelanbau dorthin zu bringen, wo er heute steht. So setzte er
sich maßgeblich dafür ein, dass der Schrobenhausener Spargel als „geschützte geographische Angabe“ geschützt wird.
Wir möchten uns im Namen der LWG für über 30 Jahre gute,
konstruktive und angenehme Zusammenarbeit bedanken
und wünschen ihm eine lange, gesunde und aufregende
Zeit im Ruhestand.
SUB 6-7/2015
Das Gemüsebauteam der LWG
AA Bild 4: Schnitt nach Optimierung des Anschnittwinkels
deutlich geringer. Die Anteile an rosa bis violett gefärbten
Stangen waren bei mechanisch beernteten Varianten gegenüber der Handernte erhöht (siehe Abbildung 3).
Hinsichtlich der Pflanzengesundheit ist durch die reduzierte Berostung klar belegt, dass bei mechanischer Ernte die
Ausbreitung von bodenbürtigen Schaderregern verringert
wird. Ursächlich hierfür sind das regelmäßige Umschichten
und die damit verbundene verbesserte Durchlüftung des
Dammes sowie das Aussieben von verrottenden Pflanzenteilen. Stark gemindert wird dadurch auch der Unkrautdruck
in der Kultur.
Ein Einfluss auf die Langlebigkeit der Anlage durch die
kontinuierliche mechanische Beerntung war nicht zu belegen.
Technische Verbesserungen des Vollernters
Im Verlauf des Projekts regten der Praxisbetrieb und der
Versuchsingenieur zahlreiche technische Verbesserungen
an, zum Teil entwickelt und vom Hersteller auch umgesetzt. So wurden größere Pflugschare zum Halten der
Dammhöhe eingebaut, die Schneideinheit umfassend neu
konzipiert und der Schnitt der Spargelstangen wesentlich
verbessert (siehe Bilder 3 und 4). Die Verwendung einer engmaschigen Siebkette reduzierte die Verluste stark. Der Einbau einer zweiten Videokamera über der Siebkette verbesserte die Steuerung der Erdbedeckung durch den
Schlepperfahrer deutlich.
MARTIN SCHASER
BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR WEINBAU
UND GARTENBAU
JETZT
BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT
[email protected]
37
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
AA Bild 3: Schnitt vor Optimierung des Anschnittwinkels
UNTERNEHMENSBERATUNG
Buchführungsergebnisse
bayerischer Testbetriebe
Für die Haupterwerbsbetriebe noch einmal ein insgesamt gutes wirtschaftliches Ergebnis
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
von DR. EVA-MARIA SCHMIDTLEIN und PETER HAUSHAHN: Das Wirtschaftsjahr 2013/2014
brachte für die Haupterwerbsbetriebe gute bis sehr gute Ergebnisse, teilweise aber auch sehr
deutliche Gewinneinbußen. Die gute Ertragslage der Milchviehbetriebe führte dazu, dass die
Haupterwerbsbetriebe insgesamt noch einmal ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen
konnten.
Jährlich werden rund 3 500 Buchführungsabschlüsse aus
repräsentativ ausgewählten Testbetrieben der Bundesund Landesstatistik am Institut für Betriebswirtschaft und
Agrarstruktur erfasst und ausgewertet. Die Wirtschaftsdaten dieser Betriebe sind die Grundlage für eine Beurteilung
der aktuellen Lage der Landwirtschaft. Die Testbetriebe
werden anhand ihrer Daten aus den Buchführungsabschlüssen typisiert und zu Gruppen zusammengefasst (z. B.
Haupterwerbsbetriebe, Betriebe mit gleicher betriebswirtschaftlicher Ausrichtung). Die Buchführungsdaten aus den
Gruppen und davon abgeleitete betriebswirtschaftliche
Kennwerte werden anschließend zu arithmetischen Mittelwerten verrechnet. In einer Broschüre der Reihe „LfL Information Buchführungsergebnisse“ sind diese nicht hochgerechneten Ergebnisse für die einzelnen Wirtschaftsjahre
veröffentlicht.
Die ausgewerteten Buchführungsergebnisse aus rund
2 800 bayerischen Haupterwerbsbetrieben und GruppenerEinheit
Zahl der Betriebe
gebnisse der spezialisierten Ackerbau-, Dauerkultur-, Futterbau- und Veredelungsbetriebe sowie der Verbundbetriebe
sind nachfolgend dargestellt. Tabelle 1 zeigt die Rahmendaten der erfassten Haupterwerbsbetriebe für die Wirtschaftsjahre 2008/2009 bis 2013/2014. In diesem Zeitraum führten
die Landwirte eine Reihe von Anpassungen in ihren Betrieben durch. So nahm die landwirtschaftliche Nutzfläche um
durchschnittlich 6,25 ha je Betrieb zu, und der Fremdkapitaleinsatz erhöhte sich um durchschnittlich 40 131 Euro je
Unternehmen.
Leichter Gewinnrückgang
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 weisen die Buchführungsergebnisse der bayerischen Haupterwerbsbetriebe einen
durchschnittlichen Gewinn (laut Bilanz) von 57 147 Euro
aus. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Gewinne im Mittel um 2 729 Euro je Unternehmen bzw. 5 Prozent zurück.
Seit dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 haben sich die durch-
2008/2009
2009/2010
2010/2011
2011/2012
2012/2013
2013/2014
2 925
2 894
2 810
2 903
2 812
2 765
59,31
60,2
61,53
63,22
64,55
65,56
Mittlere Betriebsgröße
1)
Landw. genutzte Fläche
ha
Familien-AK
AK/100 ha LF
2,6
2,6
2,5
2,5
2,4
2,4
Ackerflächenanteil
Prozent der LF
71
71
71
71
71
71
Viehbesatz
VE/100 ha LF
151
154
153
154
152
153
Fremdkapital
EUR/ha LF
1 900
1 991
2 075
2 130
2 177
2 331
38 060
38 011
51 138
56 882
59 877
57 147
642
631
831
900
928
872
24 715
24 682
32 992
36 698
38 382
36 869
4 745
452
10 743
14 147
13 518
9 801
Mittleres wirtschaftliches Ergebnis
1)
EUR/Unternehmen
Gewinn
EUR/ha LF
EUR/Fam.-AK
Eigenkapitalveränderung EUR/Unternehmen
1)
Durchschnitt der ausgewerteten Haupterwerbsbetriebe (10 bis 150 ha LF); nicht hochgerechnet
AA Tabelle 1: Betriebsgrößen und Wirtschaftsergebnisse in bayerischen Haupterwerbsbetrieben
38
SUB 6-7/2015
UNTERNEHMENSBERATUNG
EUR/Unternehmen
400 000
350 000
300 000
250 000
200 000
150 000
100 000
50 000
0
2012/13
2013/14
Alle Betriebe
2012/13
2013/14
Ackerbaubetriebe
2012/13
2013/14
2012/13
Dauerkulturbetriebe
Handel, Dienstleistungen, Nebenbetriebe, Sonstiges
2013/14
Futterbaubetriebe
Obst-, Garten- und Weinbau
2012/13
2013/14
2012/13
Veredelungsbetriebe
Tierproduktion
2013/14
Verbundbetriebe
Pflanzenproduktion
Quelle: Bundes- und Landesstatistik, 10 bis 150 ha LF, arithmtisches Mittel nicht hochgerechnet
AA Abbildung 2: Umsatzerlöse in bayerischen Haupterwerbsbetrieben
SUB 6-7/2015
39
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
EUR/Unternehmen
löse aus dem Verkauf von Rindern
und Schweinen im Mittel der Haupt­
70 000
erwerbsbetriebe nahezu den Vorjah59 877
57
147
resergebnissen entsprachen.
60 000
56 882
Die Beihilfen lagen im Wirtschafts51 138
jahr 2013/2014 mit durchschnittlich
50 000
31 601 Euro je Unternehmen auf dem
38 011
38 060
Vorjahresniveau, obwohl die Betriebe
40 000
ihre landwirtschaftliche Nutzfläche
gegenüber dem Vorjahr um durch30 000
schnittlich knapp 2 Prozent ausgeweitet haben. Wie im Vorjahr trugen die
20 000
14 147
Zulagen und Zuschüsse mit durch13 518
10 743
9 801
schnittlich 11 Prozent zum Unterneh10 000
4 745
mensertrag bei. Der Materialaufwand
452
Tierproduktion erhöhte sich im Mittel
0
2008/2009
2009/2010
2010/2011
2011/2012
2012/2013
2013/2014
der Haupterwerbsbetriebe um 4 379
Euro (+6 Prozent). Diese KostensteigeGewinn je Unternehmen
Eigenkapitalveränderung laut Bilanz
Poly. (Gewinn je Unternehmen)
Poly. (Eigenkapitalveränderung laut Bilanz)
rung war hauptsächlich bei den Tierzukäufen (Rinder +9 Prozent,
Quelle: Bundes- und Landesstatistik, 10 bis 150 ha LF, arithmtisches Mittel nicht hochgerechnet
Schweine +10 Prozent) zu verzeichnen. Der Personalaufwand stieg weiAA Abbildung 1: Entwicklung des Gewinns und der Eigenkapitalbildung in bayerischen
ter an und erhöhte sich um durchHaupterwerbsbetrieben
schnittlich 698 Euro (+12 Prozent) geschnittlichen Gewinne der Haupterwerbsbetriebe auf ho- genüber dem Vorjahr.
hem Niveau stabilisiert (siehe Abbildung 1).
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 nahm das Eigenkapital (laut
Der leichte Gewinnrückgang im Wirtschaftsjahr Bilanz) im Mittel der Haupterwerbsbetriebe um 9 801 Euro je
2013/2014 gegenüber dem Vorjahr ist auf deutlich nied- Unternehmen zu. Der durchschnittliche Kapitaleinsatz war
rigere Umsatzerlöse aus dem Verkauf von pflanzlichen tendenziell leicht rückläufig. Die mehrjährige BuchführungsErzeugnissen (Rückgang um 7 973 Euro bzw. 16 Prozent) auswertung zeigt, dass die Inhaber der Haupterwerbsbezurückzuführen. Durch die Steigerung der Umsatzerlöse triebe die notwendigen Maßnahmen zur langfristigen Exisfür tierische Erzeugnisse um 15 567 Euro je Unterneh- tenzsicherung in ihren Unternehmen umgesetzt haben. In
men (+10 Prozent) war im Durchschnitt aller Betriebe ein den Einzelbetrieben sind dazu erfahrungsgemäß jährlich
teilweiser Ausgleich bei der Umsatzentwicklung mög- mindestens etwa 8 000 bis 10 000 Euro je Unternehmen erlich. Sehr deutliche Erlössteigerungen gab es bei den forderlich. Landwirtsfamilien mit auslaufenden Betrieben
Milchverkäufen (+22 Prozent), während die Umsatzer- ziehen für ihre Vermögenssicherung meist Kapitalanlagen
UNTERNEHMENSBERATUNG
zeugnissen zufriedenstellende Preise erzielt werden.
70 000
Die Haupt­erwerbsbetriebe
verzeichneten durchwegs
60 000
niedrigere Umsatzerlöse in
50 000
der Pflanzenproduktion. In
den Futterbau-, Verede40 000
lungs- und Verbundbetrieben fielen die Umsatzerlöse
30 000
für Tierische Erzeugung hö20 000
her aus als im Vorjahr (siehe
Abbildung 2).
10 000
In Bayern sind die Fut0
terbaubetriebe, vor allem
2008/2009
2009/2010
2010/2011
2011/2012
2012/2013
2013/2014
die Milchviehbetriebe, zahlenmäßig deutlich stärker
Ackerbaubetriebe
Dauerkulturbetriebe
Futterbaubetriebe
als die Betriebe der übrigen
Veredlungsbetriebe
Verbundbetriebe
Alle Betriebe
Produktionsrichtungen verQuelle: Gewinn laut Bilanz, arithmetische Mittelwerte, nicht hochgerechnet, 10 bis 150 ha LF
treten; für den mittleren Gewinn aller HaupterwerbsbeAA Abbildung 3: Gewinnentwicklung in bayerischen Haupterwerbsbetrieben mit unterschiedlicher Produktions­triebe ist deshalb die
ausrichtung
Gewinnentwicklung
bei
außerhalb der Landwirtschaft vor. Eine Reihe von Landwir- den Futterbaubetrieben prägend (siehe Abbildung 3 und 4)
ten verwendete verfügbare Finanzmittel auch für die Alterssicherung (Riester-Rente).
Starke Gewinneinbußen bei den Ackerbaubetrieben
Der Unternehmensgewinn der Ackerbaubetriebe lag mit
Umsatzentwicklung in den Produktionsausrichtungen durchschnittlich 47 725 Euro je Unternehmen um 34 ProIm Wirtschaftsjahr 2013/2014 fielen die Ernteerträge durch- zent unter dem sehr guten Vorjahresergebnis. Die
wegs günstig aus. Allerdings konnten nicht bei allen Er- Gewinn­einbuße betrug durchschnittlich 24 899 Euro je
80 000
70 000
60 000
50 000
EUR/Unternhemen
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
EUR/Unternehmen
80 000
40 000
30 000
20 000
10 000
0
Ackerbaubetriebe
2008/2009
Dauerkulturbetriebe
2009/2010
2010/2011
Futterbaubetriebe
2011/2012
Veredlungsbetriebe
2012/2013
Verbundbetriebe
2013/2014
Quelle: Gewinn laut Bilanz, arithmetische Mittelwerte, nicht hochgerechnet, 10 bis 150 ha LF
AA Abbildung 4: Gewinnentwicklung in bayerischen Haupterwerbsbetrieben mit unterschiedlicher Produktionsausrichtung
40
SUB 6-7/2015
UNTERNEHMENSBERATUNG
Wirtschaftsjahr 2012/13 2013/14
Anzahl der Betriebe
Ackerbaubetriebe Dauerkulturbetriebe Futterbaubetriebe Veredelungsbetriebe Verbundbetriebe
2012/13
2013/14 2012/13
2013/14
2012/13
2013/14
2012/13
2013/14
2012/13 2013/14
2 812
2 765
285
285
55
56
1 598
1 591
363
333
426
409
64,55
65,56
67,10
68,12
9,78
9,65
54,21
54,61
59,83
61,62
68,70
69,53
50 334
42 361
166 593 143 936
65 165
57 597
Landw genutzte Fläche
ha
Umsatzerlöse Pflanzenproduktion
Euro
Umsatzerlöse Tierpro­
duktion
Euro 160 773 176 339
Umsatzerlöse Obst-,
Garten- und Weinbau
Euro
884
966
144
Umsatzerlöse Handel,
Dienstleistungen,
Nebenbetriebe
Euro
9 591
9 875
8 374
8 262
Sonstige betriebliche
Erträge
Euor
60 808
61 855
59 897
davon Zulagen und
Zuschüsse
Euro
31 919
31 601
darunter entkoppelte
Betriebsprämie
Euro
21 629
Materialaufwand
Pflanzenproduktion
Euro
Materialaufwand
Tierproduktion
9 586
1 833
9 909
0
95 103 707
1 267
15 841
0 147 054
12 070
35 751
167 994 327 436
29 339
342 897 150 657 161 578
106 334
96
51
202
78
2 346
2 411
9 992
10 415
5 756
6 608
6 693
6 947
12 213
9 934
62 578
27 656
28 334
51 710
51 725
71 791
74 133
61 841
61 661
29 725
28 557
4 666
4 176
29 094
28 344
27 098
27 746
32 637
31 532
21 044
23 482
22 099
1 914
2 275
18 439
17 590
19 080
19 938
23 180
22 294
22 691
23 329
40 794
40 962
6 082
7 635
13 587
14 722
23 646
24 676
28 083
28 076
Euro
71 019
75 398
4 867
5 794
-
-
46 043
49 254 196 129
205 916
84 783
94 993
Materialaufw. Kellerei,
Handel, Nebenbetriebe,
Sonstiges
Euro
31 457
32 444
30 276
29 383
25 842
23 076
26 614
28 437
35 130
36 711
31 638
31 541
Personalaufwand
Euro
5 793
6 491
10 615
10 891
14 662
15 876
4 243
4 748
4 847
5 579
5 443
5 916
Abschreibungen
Euro
30 416
32 387
26 557
28 245
16 030
16 540
29 374
30 875
31 645
36 576
25 257
25 778
Sonstige betriebliche
Aufwendungen
Euro
59 089
63 084
58 724
63 207
44 155
38 017
48 350
51 988
76 751
81 239
62 622
65 084
Zinsaufwand 2)
Euro
4 173
3 978
3 178
2 976
3 261
3 072
3 549
3 459
6 170
5 926
3 256
3 110
Gewinn je Unternehmen
Euro
59 877
57 147
72 624
47 725
36 027
42 302
51 058
57 622
68 457
59 391
52 934
41 282
Ordentliches Ergebnis
Euro
60 672
58 855
71 497
47 993
36 129
42 341
52 361
59 343
70 665
61 718
54 099
43 066
1)
Auszüge aus der Gewinn- und Verlustrechnung; Betriebe mit 10 – 150 ha LF (außer Dauerkulturbetriebe); Aufwandspositionen jeweils ohne Vorzeichen
2)
Zinszuschüsse saldiert
AA Tabelle 2: Buchführungsergebnisse in bayerischen Haupterwerbsbetrieben 1)
Unternehmen. Sie kann hauptsächlich auf deutlich niedrigere Umsatzerlöse im Vergleich zum Vorjahr zurückgeführt werden. Die ungünstige Entwicklung bei den Umsatzerlösen der Ackerbaubetriebe zeichnete sich bereits
im Herbst 2013 ab, nachdem bei wichtigen pflanzlichen
Erzeugnissen deutliche Preiseinbrüche beobachtet wurden. Vor allem die stark zurückgegangenen Produktpreise
bei wichtigen Erzeugnissen führten im Wirtschaftsjahr
2013/2014 im Durchschnitt der Ackerbaubetriebe zu einem Rückgang der Erlöse um 22 658 auf 143 936 Euro je
Unternehmen (siehe Tabelle 2). Die Ackerbaubetriebe erSUB 6-7/2015
zielten je Dezitonne Getreide im Mittel 18,59 Euro. Im Jahr
davor lag der Getreidepreis bei 23,34 €/dt (–20 Prozent).
Auch bei den Ölfrüchten waren die Verkaufspreise um 17
Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 39,90 €/dt gesunken.
Während die Zuckerrübenpreise weitgehend konstant
blieben, lagen die Verkaufspreise bei Kartoffeln (durchschnittlich 11,76 €/dt) um 10 Prozent unter denen des Vorjahres.
Die Ertragsentwicklung verlief in den Ackerbaubetrieben je nach Art der Feldfrucht unterschiedlich. Gegenüber
dem Vorjahr waren die Getreideerträge um 7 Prozent hö41
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
Alle Betriebe
UNTERNEHMENSBERATUNG
Bayerische Buchführungsergebnisse für das Wirtschaftsjahr 2013/2014
Umfangreiche Auswertungen zu den Betriebsergebnissen der bayerischen Testbetriebe enthält die von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur, herausgegebene Broschüre „Buchführungsergebnisse
des Wirtschaftsjahres 2013/2014“.
Als bewährte Datensammlung richtet sich das statistische Werk in erster Linie an Politik, Beratung, Verwaltung, Wissenschaft,
Medien, Verbände und die fachlich interessierte Öffentlichkeit.
Die Buchführungsstatistik ist gegen einen Unkostenbeitrag von 5 Euro zuzüglich Porto zu beziehen bei der Bayerischen Landes­
anstalt für Landwirtschaft, Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur, Menzinger Straße 54, 80638 München, Telefon:
089 17800-159. Bestellungen auch per E-Mail unter [email protected] oder direkt im Internet unter der Adresse:
www.lfl.bayern.de/ilb/unternehmensfuehrung/18043/index.php
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
her. Die Erträge der Ölfrüchte lagen mit durchschnittlich
37 dt/ha um 13 Prozent über den Vorjahresergebnissen. Die
Zuckerrübenerträge (712 dt/ha) fielen um 11 Prozent niedriger als im Vorjahr aus, und die mittleren Kartoffelerträge
blieben mit 337 dt/ha um 18 Prozent unter dem Vorjahresergebnis.
Bei nahezu gleich hohem Materialaufwand Pflanzenproduktion waren in den Ackerbaubetrieben die Abschreibungen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen um 6 bzw.
8 Prozent höher als im Vorjahr. Die Kosten für Pachten stiegen durchschnittlich um 726 Euro je Unternehmen (5 Prozent).
In Dauerkulturbetrieben gestiegene Gewinne
In den spezialisierten Dauerkulturbetrieben, die überwiegend aus den der Landwirtschaft zurechenbaren Weinbaubetrieben bestehen, war eine Steigerung des durchschnittlichen Gewinns um 6 275 Euro auf 42 302 Euro (+17
Prozent) möglich. Die Dauerkulturbetriebe konnten die
Umsatzerlöse aus Obst-, Garten- und Weinbau im Mittel
um 2 627 auf 106 334 Euro je Unternehmen (+3 Prozent)
steigern. Beim Materialaufwand Kellerei, Handel, Nebenbetriebe, Sonstiges und beim sonstigen Betriebsaufwand
waren nennenswerte Kosteneinsparungen (–11 bzw. –19
Prozent) möglich.
Die Gruppe der Dauerkulturbetriebe besteht hauptsächlich aus kleineren Betrieben mit etwa 10 ha Nutzfläche,
die weitgehend für den Anbau der Sonderkulturen genutzt
wird. Diese Betriebe erwirtschaften im Durchschnitt jährliche Umsätze von rund 100 000 Euro und erhalten vergleichsweise geringe Beträge als Zulagen und Zuschüsse.
Die Dauerkulturbetriebe erzielten ihre beachtlichen Gewinne auch mit dem Direktabsatz ihrer Erzeugnisse. In spezialisierten Weinbaubetrieben sind die Jahresabschlüsse
oft auch in anderen Formaten üblich. Diese können in der
vorliegenden Auswertung jedoch nicht mitberücksichtigt
werden.
42
Uneinheitliche Entwicklung in Futterbaubetrieben
Die Futterbaubetriebe konnten ihr wirtschaftliches Ergebnis gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 6 564
Euro je Unternehmen verbessern (+13 Prozent). Diese Betriebsgruppe erzielte einen durchschnittlichen Gewinn
von 57 622 Euro je Unternehmen. Sie übertraf damit den
bislang erreichten Höchststand im Wirtschaftsjahr
2007/2008.
Bei leicht nachgebenden Umsatzerlösen aus dem Verkauf von Rindern waren die Erlöse aus dem Milchverkauf um
durchschnittlich 20 846 Euro je Unternehmen (+21 Prozent)
gegenüber dem Vorjahr gestiegen und damit prägend für
das sehr gute Ergebnis der Futterbaubetriebe. Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 betrug der Milchpreis durchschnittlich
41,5 Cent/kg. Aufgrund von günstigen Absatzmöglichkeiten
und einer gestiegenen Auslandsnachfrage lag der Milchpreis je kg um 6,1 Cent über dem Vorjahr (+17 Prozent). Die
Milchviehhalter konnten die Milcherzeugungsmenge je Kuh
gegenüber dem Vorjahr im Mittel um 149 kg steigern. Günstige Witterungsbedingungen im Sommer ermöglichten die
Erzeugung von qualitativ hochwertigen Wirtschaftsfuttermitteln in ausreichender Menge.
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 gab es in dieser Betriebsgruppe erkennbare Kostensteigerungen beim Materialaufwand Tierproduktion infolge der höheren Kosten beim Tierund Futtermittelzukauf. Der sonstige Betriebsaufwand
nahm um durchschnittlich 3 638 Euro je Unternehmen
(+8 Prozent) zu. Die Kosten für den Pachtaufwand stiegen
um durchschnittlich 3 Prozent.
In den sonstigen Futterbaubetrieben (keine oder nahezu keine Milchviehhaltung) fiel die wirtschaftliche Entwicklung weniger günstig aus. Die Gewinne der sonstigen
Futterbaubetriebe lagen im Mittel mit 38 766 Euro je Unternehmen um 9 139 niedriger als im Vorjahr (–19 Prozent). In
dieser Betriebsgruppe stiegen die Umsatzerlöse aus der
Tierproduktion um durchschnittlich 3 651 Euro je Unternehmen (2 Prozent). Relativ stark gingen die sonstigen Er-
SUB 6-7/2015
träge aus entkoppelten Betriebsprämien zurück (Abnahme
um 3 407 Euro je Unternehmen bzw. 15 Prozent), weil die
bislang angebotenen Beihilfen für die Rindfleischerzeugung ausgelaufen sind.
Rückläufige Gewinne bei den Veredelungsbetrieben
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 erzielte die Gruppe der Veredelungsbetriebe einen durchschnittlichen Gewinn von 59 391
Euro je Unternehmen (siehe Abbildung 3 und 4). Dieser Gewinn lag im Mittel um 9 066 Euro je Unternehmen, das heißt
um 13 Prozent unter dem Vorjahresergebnis.
Auf der Erlösseite kam es aufgrund der günstigen Preisentwicklung bei Ferkeln und Schweinefleisch zu einem
leichten Anstieg der Umsatzerlöse Tierproduktion um
durchschnittlich 15 461 Euro (+5 Prozent). Allerdings gingen auch in dieser Betriebsgruppe die Umsatzerlöse Pflanzenproduktion zurück (– 6 412 Euro je Unternehmen bzw.
–18 Prozent). In den Ferkelerzeugungsbetrieben entwickelten sich die Umsatzerlöse Tierproduktion im Wirtschaftsjahr 2013/2014 günstiger als im Mittel aller Veredelungsbetriebe.
Der Materialaufwand für Tierzukäufe lag im Durchschnitt der Veredelungsbetriebe um 10 043 Euro über dem
Vorjahr (+13 Prozent). Dieser Kostenanstieg resultierte vorwiegend aus den höheren Zukaufspreisen bei Ferkeln.
Demgegenüber gaben die Kosten für Futtermittelzukauf
im Mittel leicht nach (–1 652 Euro bzw. –2 Prozent). Stärker
als in anderen Betriebsgruppen erhöhten sich bei den Veredelungsbetrieben die Abschreibungen (+16 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Der Pachtaufwand stieg im gleichen
Zeitraum um durchschnittlich 1 503 Euro je Unternehmen
(+10 Prozent).
Gewinneinbußen bei den Verbundbetrieben
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 erreichten die Verbundbetriebe im Mittel Gewinne von 41 282 Euro je Unternehmen
(siehe Abbildung 3). Gegenüber dem Vorjahr fiel der Gewinn
um durchschnittlich 11 652 Euro je Unternehmen niedriger
(–22 Prozent) aus. Dies kann auf die geringeren Umsatzerlöse
Pflanzenproduktion (–7 568 Euro je Unternehmen bzw.
–12 Prozent) zurückgeführt werden. Außerdem ist in dieser
Gruppe der Materialaufwand für Tierzukäufe 7 422 Euro
(+17 Prozent) gestiegen. In dieser Betriebsgruppe erhöhte
sich der Materialaufwand für Futtermittel um durchschnittlich 2 571 Euro je Unternehmen (+7 Prozent) gegenüber dem
Vorjahr, ebenso stieg der Pachtaufwand im Mittel um
1 065 Euro je Unternehmen (+8 Prozent).
Zusammenfassung und Ausblick
Im Wirtschaftsjahr 2013/14 weisen die Buchführungsergebnisse der bayerischen Haupterwerbsbetriebe einen durch-
SUB 6-7/2015
schnittlichen Gewinn von 57 147 Euro je Unternehmen aus
(–5 Prozent gegenüber dem Vorjahr). In den vergangenen
fünf Jahren haben sich die Gewinne günstig entwickelt und
insgesamt ein beachtliches Niveau erreicht.
Je nach Produktionsausrichtung brachte das Wirtschaftsjahr 2013/2014 in den Haupterwerbsbetrieben unterschiedliche wirtschaftliche Ergebnisse. Während die
Ackerbaubetriebe im Mittel gegenüber dem sehr guten
Vorjahr sehr ausgeprägte Gewinneinbußen (–34 Prozent)
zu verzeichnen hatten, waren die Gewinne im Mittel der
Dauerkulturbetriebe nach mehreren Jahren erstmals wieder spürbar gestiegen (+17 Prozent). In den Futterbaubetrieben war im Wirtschaftsjahr 2013/2014 im Mittel eine
spürbare Gewinnsteigerung (+13 Prozent) gegenüber dem
Vorjahr möglich. In dieser Gruppe profitierten die spezialisierten Milchviehbetriebe von der vergleichsweise günstigen Entwicklung der Milchpreise (Gewinn +18 Prozent),
während die Gewinne der sonstigen Futterbaubetriebe
drastisch zurückgingen (–19 Prozent). In der Gruppe der
Veredelungsbetriebe fielen die Gewinne im Mittel um
13 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Die Gewinne
der Verbundbetriebe lagen durchschnittlich um 22 Prozent
unter dem Vorjahr.
Das Eigenkapital (laut Bilanz) erhöhte sich in den Haupt­
erwerbsbetrieben im Mittel um 9 801 Euro je Unternehmen
gegenüber dem Vorjahr. Die Buchführungsauswertung über
mehrere Wirtschaftsjahre zeigt, dass die Inhaber der Haupt­
erwerbsbetriebe im Mittel die notwendigen Maßnahmen
zur langfristigen Existenzsicherung in ihren Unternehmen
umgesetzt haben.
Seit dem Ende des Wirtschaftsjahres 2013/2014 hat sich
bei bedeutenden Agrarerzeugnissen die Marktlage stark
verändert. Exportmöglichkeiten sind weggefallen und bei
einer Reihe wichtiger Agrarerzeugnisse, wie Getreide, Raps,
Kartoffeln und Milch, gerieten die Preise unter Druck. Für das
laufende Wirtschaftsjahr 2014/2015 ist mit deutlichen Gewinneinbußen zu rechnen.
DR. EVA-MARIA SCHMIDTLEIN
PETER HAUSHAHN
BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT
INSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT UND AGRAR­
STRUKTUR
[email protected]
[email protected]
43
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
UNTERNEHMENSBERATUNG
UNTERNEHMENSBERATUNG
Mutterkuhhaltung in Dänemark
von JOHANNES VOGEL: Um Mutterkuhhaltern immer wieder neue Haltungssysteme, genetische Vielfalt und Vermarktungsstrategien zeigen können, organisierten das Fachzentrum für
Fleischrinderzucht und Mutterkuhhaltung gemeinsam mit dem Arbeitskreis Mutterkuhhaltung in Mittelfranken und dem Fleischrinderverband Bayern e. V. eine Lehrfahrt nach Dänemark. Zu sehen gab es großrahmige, gut bemuskelte Zuchtrinder, Weidehaltung auf Wechselgrünland sowie großzügige, freitragende Tiefstreuställe.
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
Die dreitägige Lehrfahrt startete am 29. April 2015 und bot
den 46 Teilnehmern insgesamt zwölf Stationen. Die Organisation unterstützte Henning Hansen, der Vorsitzende der
Mutterkuhhalter in Dänemark, der mit seinen guten Deutschkenntnissen für uns übersetzte und Detailfragen klärte.
ebenen Zweiflächenställen gehalten. Zusätzlich hält der Betrieb 800 bis 1 000 Legehennen in Freilandhaltung und
17 Pensionspferde. Das Mittagessen wurde danach in der
Gastwirtschaft des jüngeren Sohnes eingenommen.
Mageres Charolais-Fleisch auf Grasbasis
Auf dem Weg Richtung Norden bot sich der Betrieb Lockemann in Göttingen an. Manfred Lockemann bewirtschaftet
mit seinem ältesten Sohn 270 Hektar landwirtschaftliche
Nutzfläche. Die sehr steinreichen 160 Hektar Ackerland
werden seit 20 Jahren mit Raps, Weizen und Gerste pfluglos
bestellt. Die 110 Hektar Wiesen und Weiden verwerten 42
Charolais Mutterkühe samt Nachzucht und Mast. Der Züchter setzt auf behornte Linien, da diese weniger stark zum
Verfetten neigen. Er vermarktet die Mastrinder an einen örtlichen Metzger, der bis zu 4 Euro pro kg Schlachtgewicht
zahlt. Die im Winter geborenen Kälber werden alle enthornt
und bleiben 10 Monate an der Kuh. Sie erreichen dann mit
17 bis 18 Monaten 320 bis 350 kg Schlachtgewicht bei den
weib­lichen bzw. 400 bis 420 kg Schlachtgewicht bei den
männ­lichen Tieren. Die Kälber erhalten Kraftfutter und bestes Heu zur freien Verfügung, ansonsten bekommen alle
Rinder beste Grassilage und die Bullen zusätzlich bis zu 3 kg
Schrot pro Tag (siehe Bild 1). Die Rinder werden im Winter in
Ein Stall mit allen Raffinessen
Nach einer Nacht in Husum an der Nordseeküste ging es
weiter auf den Hereford-Betrieb von Henning Have in Egtved. Zum landwirtschaftlichen Betrieb, den er gemeinsam
mit seiner Frau betreibt, gehören 60 Hektar Wiesen, 50 Hektar Wald und 20 Mutterkühe mit Nachzucht, die zeitweise
auch in der Naturpflege eingesetzt werden. Hauptberuflich
leiten beide ein Tiefbauunternehmen mit 150 Angestellten.
Der Zuchtbetrieb, der sehr oft auf Tierschauen vertreten ist,
setzt auf Sperma von fleischreichen Bullen aus dem Ausland. Um die Besamung zum richtigen Zeitpunkt durchführen zu können, verwendet Familie Have ein elektronisches
Brunsterkennungssystem.
Sehenswert war auf dem Betrieb ein Fangstall mit Güllekeller, Tränken, Kälberschlupf, der sowohl für Besamungen als
auch für Kraftfuttergaben bei Weidebetrieb genutzt wird.
Auch die perfekt gestaltete Abkalbebucht mit Türen, Toren,
Personenschlupf, Fangfressgitter und Fixierungshilfe beim
Geburtsvorgang oder bei Behandlungen beeindruckte die
Besucher (siehe Bild 2). Als Verköstigung gab es zum Mittag-
AA Bild 1: Fleischreiche Charolais Kälber mit ihrem Vater und Müttern auf
AA Bild 2: Vorzeigeabkalbebucht auf dem Betrieb Have mit allen
dem Betrieb Lockemann
44
wichtigen Einrichtungen
SUB 6-7/2015
UNTERNEHMENSBERATUNG
essen einen Braten vom Hirsch, den die beiden passionierten Jäger erlegt hatten.
Gesamte Familie steht hinter der Limousin Zucht
In Julsminde begutachteten die Fachleute aus Bayern auf
dem 25 Hektar umfassenden Betrieb vom Karsten Laursen
eine sehr ruhige 25 köpfige Mutterkuhherde der Rasse Limousin mit Nachzucht. Der Betriebsleiter, ein Gärtner, und
seine Frau, eine Altenpflegerin, haben sich 2012 entschieden, einen neuen Tiefstreustall mit angehobenen Fressplatz
und Bergehalle zu bauen (Bild 4). Der Zuchtbetrieb arbeitet
für die künstliche Besamung ebenfalls mit einem elektronischen Brunsterkennungssytem. Für die Züchtung, die auf
möglichst hohen Fleischansatz abzielt, kommen hauptsächlich Bullen aus behornten Linien zum Einsatz, da hornlose
Linien zu wenig Milch vererben. Die ganze Familie samt
Sohn und Tochter engagieren sich für die Mutterkühe, egal
ob beim Füttern, Misten oder Rinder führig machen. Die
ausgemästeten Rinder vermarkten sie an Danish Crown, die
ein spezielles Limousin Qualitätsprogramm haben. Für bis
zu 12 Monate alte Bullen, die nach Tierwohlkriterien gehalten werden, erzielen sie so bei einem Schlachtgewicht von
320 kg ein Aufschlag von 0,50 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht.
Rinderhaltung auf Wechselgrünland
Bjarne Pagh züchtet auf seinem Betrieb in Flemming bereits
seit 35 Jahren Charolais Rinder. 1998 und 2008 hat er gemeinsam mit seiner Frau, einer Tierärztin, zwei Tiefstreuställe gebaut. Die durchgezüchtete Herde mit maximaler Bemuskelung kalbt von Februar bis Mitte Mai ab. Mutterkühe
und Kälber verbringen dann den Sommer bis November auf
der Weide. Für die künstlliche Besamung werden dänische,
französische, schwedische, teilweise hornlose Bullen eingesetzt. Silagebereitung und Mistausbringung erledigt ein
Lohnunternehmen. Das Stroh zum Einstreuen kauft der Betrieb zu, da auf den eigenen Flächen wechselweise Gras und
SUB 6-7/2015
AA Bild 3: Exzellentes Zuchtvieh vom Betrieb Andersen auf Stroh aufgereiht
AA Bild 4: Lange und rumpfige Kuh mit gut bemuskelten Kalb auf dem
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
Großrahmige gut bemuskelte Simmentaler
Auf dem Betrieb von Aksel Givskov Andersen in Hornsyld
gab es exzellente homo- und heterozygot hornlose Sim­
mentaler Mutterkühe zusehen. Sofort ins Auge gestochen
haben die sehr großrahmigen und sehr gut bemuskelten
Tiere. Die 25 Mutterkühe und Nachzucht werden in Einraumtieflaufställen und einem Anbindestall von dem ehemaligen
Futtermeister und Postboten gehalten (Bild 3). Wie an seinen
Auszeichnungen ersichtlich, ist er sehr oft erfolgreich auf
Tierschauen vertreten. Seine Linien gehen auf Sirius und Atlantis zurück. 2005 begann der Rinderzüchter mit Mutterkühen, nachdem die letzte dänische rote Milchkuh den Bestand verlassen hatte.
Betrieb Laursen
AA Bild 5: Weiss Blaue Belgier, Limousin Bullen in einer Box der Leistungsprüfungsstation Aalestrup
Mais angebaut werden. Die Bullen, mit denen der Betrieb
Pagh sehr erfolgreich auf Schauen ist und die er anschließend zu guten Preisen an Züchter verkauft, füttert er mit
Kraftfutter ad libtum und Silage.
Leistungsprüfstation für Fleischrinder
Eine weitere Station der Reise war die 1998 errichtete Leistungsprüfstation Aalestrup. Henning Hansen, der einheimische Mutterkuhexperte, übernahm die Führung. Hier
werden jährlich 130 bis 150 Bullenkälber zwischen dem
225. und 365. Lebenstag auf Zunahmen und Futterverwer-
45
UNTERNEHMENSBERATUNG
UNTERNEHMENS­
BERATUNG
tung getestet. Die Fütterung erfolgt über Responder, die
Tiere erhalten alle eine gewogene Mischung aus pelletiertem Kraftfutter plus Heu und Stroh (Bild 5). Alle vier Wochen werden Wiegungen und Ultraschallmessungen des
Rückenmuskels durchgeführt um die täglichen Zunahmen,
Bemuskelung und Futterverwertung feststellen zu können.
Die 140 Tage in der Prüfstation kosten einem Landwirt ca.
800 Euro pro Bullen. Problem sind die mit 2 500 Euro pro
Bullen zu geringen Verkaufspreise. Für die Zukunft ist geplant, auch die Fettauflage und Marmorierung zu messen.
Zuchtbullen in Besamungsstationen
Der Simmental Betrieb Lykkegard, ebenfalls in Aalestrup
gelegen, betreibt seit 22 Jahren Fleischrinderzucht. 1988
wurde die erste Färse gekauft, auf die alle Linien im Stall zurückgehen. Der Betrieb baut auf 33 Hektar Gras und Getreide an und hält im 1993 erbauten Tiefstreustall mit Spaltenboden im Fressbereich 20 Mutterkühe samt Nachzucht.
Gefüttert werden im Winter Grassilage, Heu und Zuckerrübenschnitzel. Im Sommer sind die Rinder auf der Weide.
Die Zuchterfolge werden alle Jahre auf Tierschauen präsentiert und später an Züchter verkauft (Bild 6). Drei Zuchtbullen stehen bereits in Besamungsstationen. Als weitere
Standbeine betreiben der Besamungstechniker und die
Bankkauffrau noch eine Pferde- und Hundezucht.
im Stall Gras- und Maissilage sowie Heu. Täglich bekommen die im Fressgitter fixierten Rinder Kraft- und Mineralfutter. Die Kalbungen erfolgen von Dezember bis April.
Großen Wert legen die beiden Züchter auf die 200 und 365
Tage-Wiegung. Die Mutterkühe mit ihren Kälbern konnten
nach einem kleinen Fußmarsch über einen befestigten
Triebweg begutachtet werden.
Limousin im Tieflaufstall mit Auslauf
Am letzten Tag in Dänemark ging es am Morgen in Skive
auf dem Betrieb von Age Skov Madsen. Auf dem 1985 erworbenen Hof hielt der Betriebsleiter mit seinem Vater bis
2008 eine Jersey Milchviehherde, bis er und seine Frau
dann auf die Zucht von Limousins umgestellt haben. Die
175 köpfige Rinderherde ist in einem großzügigen Einraum-Tieflaufstall mit Auslauf untergebracht. Die 65 Mutterkühe werden ausschließlich von homozygot hornlosen
Bullen bedeckt. Die Kühe kalben ab Januar innerhalb von
drei Monaten ab. Futtergewinnung erfolgt auf 62 Hektar
Ackerland, auf denen abwechselnd Gras und Getreide angebaut wird. Der Betrieb vermarktet die erzeugten Tiere
sowohl als Zucht- als auch als Schlachtvieh. Als zweites
Standbein hat der Vollerwerbsbetrieb noch 14 Bienenvölker.
Künstliche Besamung in der Hereford Zucht
Bei Kirsten und Erik Siersback auf Bakgaard, einer Anhöhe
in Frostrup, neben einem 600 Hektar großen Vogelschutzgebiet, konnten 16 Hereford Mutterkühe und 20 Stropshire
Schafe bewundert werden. 1988 kauften der ehemalige
Polizist und die Lehrerin den 16 Hektar großen Hof (Bild 7).
Alle Kühe und die weibliche Nachzucht werden mit Sperma
von englischen, kanadischen und amerikanischen Bullen
besamt. Letztes Jahr wurden im Durchschnitt für eine erfolgreiche Besamung 1,5 Dosen gebraucht. Gefüttert wird
Weltweiter Verkauf von Angus Zuchtrindern
Auf dem Betrieb von Johannes Riis Nielsen in Karup hat die
Mutterkuhhaltung schon eine lange Tradition. 1984 starteten er und seine Frau mit 60 Angusrinder. 1986 führten sie
17 Spitzen-Angus-Zuchtrinder aus England ein. 1989 stellten sie auf 90 Limousin-Zuchtrinder um. 1996 importierten
sie rote Angus aus England und 1998 noch einmal 18 Färsen
aus Kanada. Heute verkauft der Betrieb weltweit Zuchtvieh, sogar bis Korea. Zur Fütterung stehen 13 Hektar Wiesen für die Silageerzeugung und 30 Hektar extensives Grasland zur Beweidung, sowie Futterkarotten zur Verfügung
AA Bild 6: Sehr rahmiges Kalb mit Spitzenbemuskelung auf dem Betrieb
AA Bild 7: Lehrfahrtgruppe auf dem Betrieb Siersback mit dem Meer im
Lykkegard in Aalestrup
46
Rücken
SUB 6-7/2015
UNTERNEHMENSBERATUNG
des Betriebs Rils Nielsen
(Bild 8). Im Winter sind die Tiere in ganz einfachen Tiefstreuställen untergebracht. Bis vor kurzem wurde auch noch
eine Chincilla- Haltung betrieben.
Dänische Genetik erfolgreich in Franken etabliert
Simmental Bakkely, der Betrieb von Britta und Jens Hansen
in Give war der letzte Betrieb auf der Reise durch Dänemark. Die Betriebsfläche von 30 Hektar teilt sich in Grünland und Ackerland auf, welches jederzeit bewässert werden kann. 2008 baute die Familie einen neuen Tieflaufstall
für ihre 50 Mutterkühe. Die Züchterfamilie ist mit ihren
großrahmigen, gut bemuskelten Simmentalern auf starken
Fundamenten bei guter Milchleistung auf vielen Schauen
vertreten und hat schon viele Erfolge eingefahren (Bild 9).
Ihre Zuchtbullen und -rinder werden in großen Teilen Europas eingesetzt. Ein Bulle der auf den ersten Blick grob, wenig rumpfig und langbeinig erscheinenden Tiere wird seit
einiger Zeit schon erfolgreich auf Fleckviehbetrieben in
Franken eingesetzt.
Homogene Angusherde basierend auf vielen Linien
Auf der Rückreise machte die Reisegruppe noch Halt auf
den Angus-Zuchtbetrieb Riekenberg in Großburgwedel.
Heinz Wilhelm Riekenberg hält hier 60 rote und schwarze,
deutsche und Aberdeen-Angus. Gefüttert werden die Rinder von 90 Hektar Grünland und 10 Hektar Mais. Von Mitte
April bis November sind alle Tiere auf der Weide. 25 Hektar
Weide im Niedermoor werden am 15. Juni bzw. 1. Juli ausgemäht. Die Kälber kommen alle im Herbst von Ende September bis Dezember auf die Welt. Dieses Jahr wurden sogar 17 Embryotransfers durchgeführt. Im Winter werden
die Mutterkühe mit ihren Kälbern im neugebauten Tiefstreustall mit erhöhtem Standbereich, der wöchentlich abgeschoben wird, gehalten. Die Wasserversorgung im aus-
SUB 6-7/2015
AA Bild 9: Großrahmigen, sehr gut bemuskelte Jungrinder auf der Weide
auf dem Betrieb Hansen
gesiedelten Stall erfolgt über einen Brunnen, die Fütterung
über Siloblöcke, die mit dem Frontlader auf den hochverlegten Futtertisch gestellt werden. Eingestreut werden alle
zwei Tage sechs Rundballen Stroh. Die Bullen werden in der
Althofstelle gehalten, die Rinder bleiben ganzjährig im
Freien. Drei Bullen gehen pro Jahr in die Direktvermarktung, alle anderen erzeugten Tiere werden als Zuchtvieh
verkauft und finden sich auch auf bayerischen Betrieben
wieder.
Blick über den landwirtschaftlichen Tellerrand
Auch außerfachlich hatte die Lehrfahrt einiges zu bieten: In
Jütland gab es einen kleinen Abstecher zu den Jelling Monumenten. Die Runensteine aus dem 10. Jahrhundert, die den
dänischen Königen gewidmet sind, werden zusammen mit
den Grabhügeln bei der Unesco als Weltkulturerbe geführt.
Ein kurzer Stopp an der Meeresküste bei Bulberg ermöglichte allen einen fantastischen Ausblick bei Sonnenschein
und eine frische Meeresbrise. Einige Mutige wagten auch
den Gang ins kalte Meer.
In Osterild ergab sich die Gelegenheit, das Testzentrum
für große Windturbinen zu besichtigen. Dort testet Siemens
derzeit die leistungsstärkste Windturbine der Welt.
JOHANNES VOGEL
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN SCHWANDORF
FACHZENTRUM FLEISCHRINDERZUCHT UND
MUT TERKUHHALTUNG
[email protected]
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UNTERNEHMENS­
BERATUNG
AA Bild 8: Angus-Mutterkuhherde mit Karottenbeifütterung auf der Weide
ERNÄHRUNG
Mehr Bio-Lebensmittel aus der
Region
Die Gemeinschaftsverpflegung macht sich stark
ERNÄHRUNG
von SILVIA HILGER: „Auf den Geschmack kommen – BioRegio 2020“ lautete der Titel der
Fachtagungen 2015 für die Verpflegungsverantwortlichen im Gesundheits- und Sozialbereich
sowie den Betriebsrestaurants, die die acht Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
mit Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung in den sieben bayerischen Regierungsbezirken organisierten. Am Beispiel der oberbayerischen Fachtagung (Oberbayern Ost)
in Ebersberg soll das große Potenzial der Gemeinschaftsverpflegung in Bezug auf das Landesprogramm „BioRegio Bayern 2020“ dargestellt werden. Das Interesse der Teilnehmer spiegelte sich an den vielen Anmeldungen wider.
In Ebersberg bei München fand am 25. März 2015 die sechste
Fachtagung, erstmalig im „Alten Speicher“, einem ansprechend
renovierten Stadtsaal, statt. 150 Akteure aus der Gemeinschaftsverpflegung sind der Einladung des Fachzentrums Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung Oberbayern Ost gefolgt.
Die Tagungsteilnehmer in Ebersberg bringen täglich fast
110 000 Essen auf den Tisch. Damit tragen sie auch für
110 000 Menschen Verantwortung: in erster Linie für deren
Gesundheit und Wohlbefinden. Sie übernehmen damit aber
auch Verantwortung für die Umwelt und für ihre Region.
Denn die Akteure bestimmen, was es zu essen gibt und welche Lebensmittel wo eingekauft werden.
Die Teilnehmer an der Tagung verpflegen überwiegend
Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene (siehe Abbildung 1).
Nach einer kurzen Begrüßung durch Behördenleiter
Friedrich Nebl, hieß Ernährungsminister Helmut Brunner die
Tagungsteilnehmer herzlich willkommen.
„Die Staatsregierung will mit ihrem Landes­
programm „BioRegio Bayern 2020“ die Erzeu­
gung von Bio-Produkten in Bayern bis zum
Jahr 2020 verdoppeln“
Helmut Brunner, Staatsminister
Die Nachfrage nach ökologischen Lebensmitteln soll künftig
auch in der Gemeinschaftsverpflegung (GV) stärker aus der
heimischen und regionalen Produktion gedeckt werden. Denn
eins ist sicher: Die Essensgäste wünschen sich mehr gesunde
und frische Produkte aus der Region – auch am Arbeitsplatz.
48
Sonstige (3 Prozent)
Care (12 Prozent)
Kinder (36 Prozent)
Senioren (12 Prozent)
Erwachsene (36 Prozent)
AA Abbildung 1: Teilnehmende GV-Betriebe, sortiert nach Gästeklientel
Praktiker erzählen von ihren Erfahrungen
Nicht nur die Theorie, sondern vor allem die praktische Umsetzung, hat das Fachzentrum in diesem Jahr in den Mittelpunkt gestellt. Vier Praktiker, die in ihrer Gemeinschaftsverpflegung schon regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel einsetzen, stellten in einer Podiumsdiskussion den Anwesenden ihre Erfolgsrezepte vor. Sie diskutierten mit den
Tagungsgästen ausgiebig über Herausforderungen, Chancen und Möglichkeiten und konnten den Teilnehmern wertvolle Anregungen und Ideen mit auf den Weg geben: „Legen
Sie den Fokus wieder auf die Wertschätzung des Lebensmittels und die fachlich qualifizierte Arbeitskraft in der Küche.“
Auf die Frage, was das schönste Erlebnis beim Einsatz von
BioRegio-Lebensmitteln war, antwortete Küchenchef Gilbert
Bielen: „Ein Mitarbeiter sagte: „Früher bin ich in die Arbeit gegangen, weil ich musste, – heute, gehe ich gerne.“
SUB 6-7/2015
ERNÄHRUNG
AA Bild 2: Am Markt der Möglichkeiten (von links): Ursula Koenig und Birgit
Diane Buchmann, Hubert Bittl, Irmgard Reischl, Walter Kratzer und
Graßl vom AELF Ebersberg mit Landrat Robert Niedergesäß, StM Helmut
Gilbert Bielen
Brunner, Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer und MdL Thomas Huber
Gelegenheit zum Vernetzen
Die Umsetzung war zentrales Thema beim Markt der Möglichkeiten, bei dem acht Aussteller aus dem Bio-Sektor ihre
Produkte vorstellten bzw. rund um biologisch erzeugte und
regional vermarktete Lebensmittel informierten. Diese Gelegenheit nahmen die Teilnehmer gerne in Anspruch, zumal
hier auch kräftig probiert werden durfte (siehe Bild 2).
Auch in der Mittagspause kamen die Gäste „auf den Geschmack“ mit einem guten Essen, welches aus regionalen
und biologischen Lebensmitteln hergestellt wurde.
Vier Foren sorgen für interessantes Angebot
Dr. Julia Bollwein ließ die Teilnehmer den Geschmack praktisch erleben. Gemeinsam nahmen sie sich Zeit für eine Sinnes-Schulung, für Experimente und für Diskussion.
AA Bild 3: In Schwung kommen für BioRegio: Zur Auflockerung wurde eine
kleine Bewegungs- und Konzentrationsübung angeboten
SUB 6-7/2015
Zeit für Diskussionen nahm sich auch Josefine Oberst
vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn), indem sie mit
Walter Kratzer (Gastroleiter der Allianz Deutschland) und mit
Ralf Angermaier (Küchenleiter der WWK Lebensversicherung) über die Umsetzung der im März von Helmut Brunner
verabschiedeten „Bayerischen Leitlinien der Betriebsgastronomie“ sprach. Viele praktische Handlungsempfehlungen
über die Gestaltung des Speisenangebotes, den Einkauf und
Einsatz regionaler und ökologisch erzeugter Lebensmittel
bis hin zur Akzeptanz beim Essensgast wurden besprochen.
Bei dem Workshop mit Hubert Bittl, BioMentor und Küchenleiter der Versicherungskammer Bayern, konnten sich
die Tagungsgäste Anregungen holen, wie „BioRegio“ im Praxisalltag funktionieren kann. Im Mittelpunkt standen Themen wie Kommunikation, Lieferanten, Einkauf und Lagerhaltung, aber auch die Preisfindung. Nicht zuletzt beschäftigte
alle die Frage: „Ist „BioRegio“ für jede Einrichtung passend?“
Selbst wenn man als Verantwortlicher in der Gemeinschaftsverpflegung in seinem Unternehmen vermehrt regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel einsetzen will,
ist trotzdem der Rückhalt des eigenen Unternehmens nötig,
sowie viele Mitstreiter, um tatsächlich erfolgreich etwas verändern zu können. Das Handwerkszeug für diesen Veränderungsprozess, bekamen die Teilnehmer von Renate BaurRichter, die in ihrem Forum ein Navigations-Instrument zur
Ideen-Umsetzung entwickelte. Sie zeigte, wie man Veränderungen von der Chef-Sache zur Team-Sache machen kann.
SILVIA HILGER
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND
FORSTEN EBERSGERG
[email protected]
49
ERNÄHRUNG
AA Bild 1: BioRegio – Erfolgsrezepte aus der Praxis (von links):
ERNÄHRUNG
Schulverpflegung mit regionalen
Produkten
Erste Ergebnisse des Modellprojekts „Unsere Zukunft isst oberfränkisch!“
ERNÄHRUNG
von CAROLA CLAUSNITZER und MARTINA WIRTH: Im Frühjahr 2013 wurde das Projekt
„Unsere Zukunft isst oberfränkisch! Schulessen aus der Region für die Region“ ins Leben
gerufen. Ziel des Projekts war es, den Einsatz regionaler Produkte und Anbieter im Bereich
Schulverpflegung in Oberfranken zu verstärken. Die Erkenntnisse der ersten Modellphase
zeigen, dass detaillierte Vorarbeit und Recherche von hoher Bedeutung sind: Speisenanbieter
sollten sich vorab informieren, welche Produktgruppen in der Region angeboten werden und
dann auch erst mit wenigen Produktgruppen beginnen. Für diese Umstellung sollte etwa ein
Schuljahr eingeplant werden.
In Bayern gibt es über 1 300 offene
Ganztagesschulen und über 900 Schulen mit gebundenem Ganztagesangebot. Diese Einrichtungen sind dazu verpflichtet, ihren Schülerinnen und Schülern ein Mittagessen anzubieten. Der
Qualitätsstandard für die Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung e. V. (DGE) empfiehlt, neben
der ernährungsphysiologischen Qualität, auch auf Nachhaltigkeitsaspekte
wie Regionalität und ökologische Erzeugung bei der Beschaffung der Lebensmittel zu achten.
Durch den Skandal um virenverseuchte Tiefkühlerdbeeren an ost- AA Schulen und Projektpartner starteten gemeinsam die erste Modellphase für die MD Martin
Neumeyer (4. v. r.) den offiziellen Startschuss gab. Quelle: KErn
deutschen Schulen im Herbst 2012
fühlte sich die Regionalinitiative Genussregion Oberfranken in der Pflicht auf die Qualität und vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, LandSituation in der Schulverpflegung hinzuweisen. Durch die- wirtschaft und Forsten eingerichtet wurde. Auf Basis der
sen Impuls entstand die Idee für das Projekt „Unsere Zu- Projektziele unterteilte man das Projekt in drei Phasen und
kunft isst oberfränkisch! Schulessen aus der Region für die baute es als ein erweitertes Schulverpflegungs-Coaching
Region“. Angelegt als ein Modell- und Kooperationsprojekt auf.
arbeiteten verschiedene Projektpartner wie die Genussregion Oberfranken e. V., der Cluster Ernährung, der BayeriWissenschaftliche Begleitung zu Beginn
sche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern e. V., Wissenschaftliche Grundlagen lieferten zwei Abschlussardie Handwerkskammer für Oberfranken und die Regierung beiten der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die sich
von Oberfranken zusammen an der Umsetzung. Die Koor- mit den Potenzialen und Kosten einer regionalen Schulverdination des Projekts obliegt dem Kompetenzzentrum für pflegung in Oberfranken auseinandersetzten. Des Weiteren
Ernährung im Bereich Ernährungswirtschaft und Produk- begleitete eine Studentengruppe der Hochschule Coburg
tion, sowie der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Ober- zwei Semester lang das Modellprojekt mit wichtigen Beiträfranken, an der eigens für dieses Projekt eine Projektstelle gen für die spätere Umsetzung. Bei der Auswahl der Modell-
50
SUB 6-7/2015
ERNÄHRUNG
schulen und Speisenanbieter achtete das Projektteam bewusst darauf, verschiedene Schul- und Speisenanbieterformen einzubeziehen, um einen möglichst großen Erkenntnisgewinn zu erhalten (siehe Tabelle 1).
Die teilnehmenden Speisenanbieter wurden im Rahmen
einer Umfrage gebeten, ihre aktuellen Liefermengen und
den Verarbeitungsgrad der einzelnen Produktgruppen zu
dokumentieren. Diese Zahlen lieferten den Erzeugern regionaler Produkte ein möglichst genaues Bild über den Bedarf
in der Schulverpflegung. Mit Hilfe der Genussregion Oberfranken und den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten wurden Listen mit Erzeugeradressen angefertigt, die
den Speisenanbietern in der Modellphase zur Verfügung gestellt wurden. Zusätzlich wurden eine telefonische Befragung und eine Informationsveranstaltung zum Modellprojekt für interessierte Erzeuger abgehalten.
Präsentation eines regionalen Wochenspeiseplans, stellte
sich der Speisenanbieter mit seinem Angebot bei den Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Vertretern
des Elternbeirates und dem Sachaufwandsträger vor.
Start der Modellphase mit Aktionstagen
Bei der Auftaktveranstaltung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth im November 2013 wurde
den Modellschulen und Speisenanbietern der offizielle Startschuss gegeben. Während der Veranstaltung konnten sich
die Modellteilnehmer bei den Good-Practice Vorträgen von
Gilbert Bielen (Küchenleiter des Kinderkrankenhaus St. Marien in Landshut) und Alexander Pilling (Leader Manager des
Saale-Orla-Kreises) für ihr Vorhaben Anregungen holen und
sich untereinander austauschen.
In den darauffolgenden Wochen fanden Aktionstage in
den Modellschulen zum Thema „Schulessen aus der Region“
statt. Die Gestaltung und den Zeitpunkt wählten die Schulen
selbst. Beispielsweise organisierten die Schulen Bauernhofund Wochenmarktbesuche, Elternabende, einen Schulmarktplatz und ein gemeinsames Kochen mit regionalen Lebensmitteln.
Weitere Aktionstage fanden im März und April 2014 statt.
Hier veranstalteten die Modellschulen Mensatage, bei denen der Speisenanbieter im Vordergrund stand: Neben der
Themen der Netzwerktreffen waren:
AA„Abwechslungsreiches Schulessen in jeder
Jahreszeit“
AA„Regionalität im Unterricht“
AA„Schulverpflegung regional und ökologisch“
Modellschule
Speisenanbieter
Grund- und Mittelschule Weidenberg
Zubereitungsküche
Grundschule Kulmbach-Burghaig
Menüfaktur – Diako Oberfranken
Grund- und Mittelschule
Stadtsteinach-Untersteinach
Caritas Kulmbach
Ab Januar 2014:
Hümmer Catering & Eventservice
Obere Volksschule
Café & Restaurant Sternstunde
Ab September 2014: Menüfaktur
Diako Oberfranken
Gymnasium Münchberg
Zubereitungsküche „PiKANT“
Jean-Paul-Gymnasium Hof
Jugendherberge Hof
AA Tabelle 1: Teilnehmende Modellschulen und Speisenanbieter
SUB 6-7/2015
„Bereits während der Mensatage waren die
ersten Produktumstellungen erfolgt.“
Als begleitende Maßnahmen während der Modellphase
wurden Netzwerktreffen an den Modellschulen organisiert. Teilweise waren diese auch für RegioTreff-Teilnehmer
offen (Der RegioTreff ist eine regionale Plattform zum Erfahrungsaustausch für engagierte Akteure in der Schulverpflegung).
Fazit und Ausblick
Fünf der sechs Modellschulen bezogen am Ende der Modellphase (Schuljahr 2013/2014) ein bis zwei Produktgruppen
aus der Region. Diese Produkte entsprachen größtenteils
den landwirtschaftlichen Produktionsschwerpunkten der
Regionen Kulmbach, Bayreuth und Hof: Kartoffeln, Fleischund Wurstwaren. Eine Modellschule
Gesamtschülerzahl
musste aufgrund eines kurzfristigen
Wechsels des Speisenanbieters vor546
zeitig ausscheiden, griff aber ver92
mehrt das Thema Regionalität im Un241
terricht auf.
Alle Modellschulen, die bis zum
120
Ende der Projektphase dabei waren,
empfanden das Projekt als gelungen.
Die Schülerinnen und Schüler profi780
tierten von mehr regionalen Lebens470
mitteln, welche einen festen Platz in
den Speiseplänen gefunden haben.
51
ERNÄHRUNG
Neben der Vernetzungsmöglichkeit zwischen Schulen und
Speisenanbietern wurde der Austausch untereinander angeregt, Wissen und aktuelle Kenntnisse zur regionalen Verpflegung weitergegeben und für die Thematik sensibilisiert.
Auch erschien alle zwei Monate ein Newsletter, welcher alle
Beteiligten über den aktuellen Stand des Projekts informierte.
ERNÄHRUNG
Aus den Rückmeldungen der Schulen und Speisenanbieter
ging hervor, dass sich manche von ihnen noch konkretere
Unterstützung bei der Umsetzung gewünscht hätten.
Diesem Wunsch wird in einer neuen Modellphase im
Schuljahr 2015/2016 nachgekommen. Die Erkenntnisse der
ersten Modellphase sind:
AADetaillierte Vorarbeit und Recherche sind von hoher
Bedeutung: Der Speisenanbieter sollte sich vorab
informieren, welche Produktgruppen in der Region
angeboten werden.
AAKleine Schritte führen zum Erfolg: Es sollten nicht alle
Produktgruppen auf einmal umgestellt werden,
sondern mit 1 – 2 Produktgruppen begonnen
werden.
AAEinführung regionaler Produkte braucht Zeit: Für die
Umstellung von 1 – 2 Produktgruppen sollte etwa
ein Schuljahr eingeplant werden.
Die nächste Projektphase wird verstärkt das Thema BioRegio aufgreifen. Es ist geplant auf Grundlage des Schulverpflegungs-Coachings eine Zubereitungs- und eine Verteilerküche, die mindestens eine Schule und eine KiTa mit Mittagessen versorgen, intensiv zu unterstützen. Für die Erhöhung der Akzeptanz bio-regionalen Essens soll ein Kommu-
Infobox:
Aus den Erkenntnissen entstand ein Praxisleitfaden,
der zum Download bereit steht unter:
www.schulverpflegung.bayern.de
www.kern.bayern.de
nikationskonzept erarbeitet und getestet werden. Im Hintergrund werden bayernweit Erzeuger und Verarbeiter von
bio-regionalen oder regionalen Produkten recherchiert und
der Dialog mit dem Großhandel gesucht.
CAROLA CLAUSNITZER
VERNETZUNGSSTELLE SCHULVERPFLEGUNG
OBERFRANKEN
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN BAYREUTH
[email protected]
MARTINA WIRTH
KOMPETENZZENTRUM FÜR ERNÄHRUNG – KERN
[email protected]
ERNÄHRUNG
4. Bayerische Ernährungstage: Erlebnis für die ganze Familie
Ernährung erleben!
Komm zum großen
Kindertag der
Ernährung!
Melde Dich jetzt an zur Kinder-Uni
auf www.ernaehrungstage.de/kinderuni
Bayerische
Ernährungstage
Samstag, 27. Juni 2015
von 10 bis 18 Uhr
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Im Schmuckhof des
Ernährungsministeriums,
Ludwigstraße 2 in München
U-Bahn: Odeonsplatz
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www.ernaehrungstage.de
Kindertag der Ernährung im Schmuckhof
des Ernährungsministeriums. Während
der Nachwuchs in der Kinder-Uni erfuhr,
warum der Körper Nährstoffe braucht,
fanden Eltern Informationen zum Beispiel
zum „richtig guten“ Pausensnack oder zur
Verpflegung an Schulen und Kitas. Und
die ganze Familie konnte mitmachen bei
Kochevents und einem bunten Rahmenprogramm mit Musik, Bewegungsspielen
und Theater. Die Ämter für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten mit den Fachzentren für Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung boten vom 13. bis 28. Juni
Aktionen, bei denen sich gesunde Kinder­
ernährung mit allen Sinnen erleben ließ.
Mehr Informationen:
«
«
Radio
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be
Kindertag der Ernährung
Die Bayerischen Ernährungstage
vom 12. bis 28. Juni 2015 standen dieses Jahr unter dem Motto
"Gesund essen - ein Leben lang"
mit dem Schwerpunktthema Kinderernährung und Sensorik.
Gesunde Ernährung und Spaß
an der Bewegung sind entscheidend für die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen. Mit verschiedenen Aktionen richtete sich das
Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) im Geschäftsbereich
des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
gezielt an Kinder und ihre Eltern.
Den Höhepunkt der Ernährungstage bildete am 27. Juni der große
www.ernaehrungstage.de
AA Das aktuelle Poster des Kindertags
52
SUB 6-7/2015
Ernährung
Kräuter und Gewürze
Kompendium zeigt Vielfalt, Geschmack und Genuss auf
Während im 15. Jahrhundert Kräuter und Gewürze aus Prestigegründen reichlich verwendet wurden, steht heutzutage
der Eigengeschmack der Speisen im Vordergrund, d. h.
Würzmittel werden gezielt ausgewählt und dosiert, um Speisen eine besondere Note zu geben.
Würzpflanzen entfalten je nach Protein- und Fettzusammensetzung der Speise unterschiedliche Aromaprofile. Mithilfe verschiedener mechanischer, chemischer oder thermischer Verarbeitungsschritte in Industrie und Haushalt lassen
sich die Spektren der originär in den Kräutern und Gewürzen
vorkommenden Aromastoffe erweitern. Aus den gleichen
Grundzutaten entstehen durch die Verwendung unterschiedlicher Kräuter und Gewürze immer wieder neue Gerichte, wie die Kochtraditionen verschiedener Länder zeigen.
keit zur intensiven Geschmackswahrnehmung abnimmt,
können Speisen durch das Würzen besser wahrgenommen
werden. Dadurch kann beispielsweise der kritischen Appetitlosigkeit bei Senioren entgegengewirkt werden. Doch nicht
nur bei älteren Menschen spielen Geschmackserlebnisse eine
wesentliche Rolle, sondern auch bei Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen, da die angeborenen Vorlieben durch erlernte Präferenzen erweitert und überlagert werden. Ein frühzeitiger Einsatz von Kräutern und Gewürzen kann dazu beitragen, das Fehlen des Geschmacksträgers Fett zu kompensieren bzw. den Salzverzehr zu reduzieren.
Um diesen günstigen Effekt der Kräuter und Gewürze
nicht durch diverse Kontaminationen zu verringern, ist ein
durchgehendes Qualitätssystem von der Erzeugung, über
Ernte, Lagerung, Transport und Bearbeitung erforderlich.
Rechtliche Regelungen – auch im Hinblick auf Bestrahlung –,
staatlich beauftragte Kontrollen sowie weitere Qualitätsparameter tragen zur Sicherheit der Verbraucher beim in Verkehr bringen der mikrobiologisch sensiblen Ware bei.
Nährwert und Gesundheitswert
Grundsätzlich ist der Beitrag von Kräutern zur Deckung des
Nährstoffbedarfs relativ niedrig, da den Gerichten in der Regel nur geringe Mengen zugegeben werden. Eine besondere
Bedeutung spielen die sekundären Pflanzenstoffe, deren WirRezeptteil verdeutlicht den Gebrauchswert
kung jedoch noch nicht vollständig erforscht ist. Das Kompendium beschreibt in den einzelnen Steckbriefen die wich- Um die Aromastoffe, z. B. ätherische Öle sowie Gerb-, Bittigsten Inhaltsstoffe von etwa 50 würzenden Pflanzen sowie ter- und Scharfstoffe, im Lebensmittel zu erhalten sind
Kräuter und Gewürze vor Licht, Temperatur und Sauerstoff
Handelsformen und Verwendung näher.
Die bekannte gesundheitsförderliRote-Bete-Dipp
che Bedeutung von Gewürzen und
Eine ideale Vorspeise mit regionalem Gemüse, das mit
Kräutern beruht vor allem auf der AnreKardamom und Chili gewürzt wird.
gung von Verdauungssekreten in Form
Die Kapsel des Kardamoms sollte frisch und geschlossen
sein. Das volle Aroma ist im Samen zu finden und kann
von Speichel, Galle und Magensäure,
durch Anrösten verstärkt werden. Grüner Kardamom verwodurch die Verdauung gefördert und
leiht der roten Bete eine Frische, die sich in Verbindung
die Bekömmlichkeit des Essens – nicht
mit der sauren Sahne voll entfaltet, während Chili Schärfe
verleiht. Etwas Petersilie bringt frische Würze.
nur im Alter – zunimmt.
Da im Alter die Anzahl an Ge- AA Abbildung 1: Vielfalt genießen: Wer die Kunst des Würzens beherrscht, kann das Zusammenspiel
der verschiedenen Aromen erleben und auskosten (Auszug aus dem Rezept „Rote-Bete-Dipp“ )
schmacksknospen und somit die Fähig-
SuB 6-7/2015
53
Ernährung
von Sirkka Spreidler und Birgit Distler: Kräuter und Gewürze faszinieren mit ihrer
Farbenpracht und sprechen in ganz besonderer Weise unsere Sinnesorgane und unsere
Emotionen an. Die bewusste Wahrnehmung mit allen Sinnen trägt zu einem nachhaltigen
Geschmackserlebnis und positiven Lebensgefühl bei. Daher sind Würzpflanzen aus einer
modernen Küche nicht wegzudenken. Kräuter und Gewürze können ganzjährig frisch oder
verarbeitet verwendet werden, wodurch diverse sensorische Noten erzielt werden können.
Das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) hat ein Kompendium und einen Vortrag zu
Kräutern und Gewürzen entwickelt mit ernährungsphysiologischen, sensorischen und technologischen Inhalten, aber auch Rezepten und Informationen zum Einsatz von Kräutern und
Gewürzen in der Küche.
ERNÄHRUNG
ERNÄHRUNG
AA Abbildung 2: Vielfalt schmecken: Nach Einführung in die Sensorik (links) werden die Pfefferarten mit allen Sinnen verkostet (rechts)
zu schützen und erst kurz vor der Verwendung zu zerkleinern. Für den Einsatz der verschiedenen würzenden Pflanzen gibt der Rezeptteil im Kompendium (siehe Abbildung 1)
viele Anregungen. Eine Gewürz-und-Kräuter-Matrix erleichtert das Auffinden von Gerichten mit bestimmten würzenden Zutaten. Die Rezepte enthalten auch Hinweise, wie
die Gewürze oder Kräuter ersetzt werden können, wenn Allergien oder geschmackliche Vorbehalte bestehen. Des
Weiteren bietet der Fachpraxisteil Informationen zur Verwendung im Hinblick auf Haltbarmachung und Steigerung
des Genusswertes. Dabei steht der Eigengeschmack der
Speisen im Vordergrund, d. h. Würzmittel werden gezielt
ausgewählt und wohldosiert zugegeben, um den Gerichten eine besondere Note zu geben. Durch kreative, eigene
Kräuter-Gewürz-Kompositionen lässt sich die Aufnahme
von Salz oder anderen geschmacksgebenden Zutaten gegenüber fertigen Gewürzzubereitungen oder -salzen einschränken.
Übungen lassen Genusswert praktisch erleben
Abgesehen von den „ernährungsphysiologischen, hygienischen und technologischen Aspekten“ spielt bei der Qualitätsbeurteilung eines Lebensmittels auch der sensorische
Wert eine entscheidende Rolle. Alle unsere fünf Sinne entscheiden mit, ob uns Kräuter und Gewürze isoliert oder in Gerichten schmecken oder nicht. Zuerst kommt der optische
Eindruck, dann gegebenenfalls das Fühlen und Tasten mit der
Hand, bevor wir daran riechen und die Würzmittel schließlich
probieren. Beim Schmecken handelt es sich jedoch nicht nur
um die Wahrnehmung der Grundgeschmacksrichtungen.
Vielmehr bezieht es die Sinneswahrnehmungen der Nase
und der Zunge im Hinblick auf das Riechen, die Haptik und
Beschaffenheit sowie die Empfindung von Temperatur und
Schärfe mit ein. Für den „Geschmack“ (=Flavour) von zentraler
Bedeutung ist das Riechen. Dies erfolgt zum einen direkt über
54
die Nase und zum anderen beim Kauen retronasal über den
Rachenraum (siehe Abbildung 2, links).
Diese theoretischen Informationen zur Sinneswahrnehmung können in praktischen Übungen mit den Schulungsmaterialien umgesetzt und erfahren werden. Durch das Verkosten von verschiedenen Pfefferarten lassen sich
Unterschiede im Aussehen und Geruch sowie Geschmack
feststellen und in einem sensorischen Netz eintragen (siehe
Abbildung 2, rechts). Bei den Sinnesübungen zeigt es sich,
dass bereits ein Gewürz verschiedene „Feuerwerke für die
Sinne“ – in Abhängigkeit von Art und Verarbeitung – auslösen kann. Generell wird diese Flut an Sinneseindrücken umgewandelt, neuronal weitergeleitet und anschließend mit
einer Art „kulinarischem Gedächtnis“ verglichen. Ein besonders sensibles Zeitfenster zur Entwicklung dieses
Erfahrungsschatzes sind dabei die ersten Lebensjahre. Da
(Klein-)Kinder sich sehr leicht an den Geschmack und die
Geschmacksintensität der angebotenen, gewürzten Speisen gewöhnen, ist ein frühzeitiges Training der Sinneswahrnehmung von großer Bedeutung. Daher steht diese Thematik auch bei den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten während der Ernährungstage im Jahr 2015 schwerpunktmäßig im Fokus. Die Inhalte der Materialien im Hinblick auf die optische und aromatische Vielfalt von Kräutern
und Gewürzen lassen sich sicherlich auch bei den Aktionstagen gemäß dem Motto „Entdecken – schmecken – genießen
– ein Leben lang“ einbringen bzw. verknüpfen.
SIRKKA SPREIDLER
BIRGIT DISTLER
KOMPETENZZENTRUM FÜR ERNÄHRUNG – KERN
[email protected]
[email protected]
SUB 6-7/2015
BLICKPUNK T EUROPA
Luxemburg übernimmt
Ratspräsidentschaft
von DR. ANJA HENSEL-LIEBERTH: Luxemburg übernimmt zur Jahresmitte die Ratspräsidentschaft der
Europäischen Union. Ein erfahrener Europäer übernimmt das Ruder, zum zwölften Mal in dieser bedeutenden
Funktion. Was macht dieses kleine Großherzogtum so bedeutend für Europa oder Europa für es? Ein kleines
Land, das durch seine hervorragenden Wirtschaftsdaten auffällt. Wenngleich hierbei die Landwirtschaft nur
eine ungeordnete Bedeutung hat, lohnt sich der Blick auf den Staat, der für die EU in den nächsten sechs
Monaten die Führungsrolle übernimmt. Daten zum Land und Informationen über die aktuellen Entwicklungen
sind im folgenden Beitrag zusammengefasst.
Regierungskoalition aus Liberalen (DP), Luxemburgischer Sozialistischer Arbeiterpartei (LSAP), je 13 Sitze, sowie den Grünen (Déi Greng, 6 Sitze) löste die Regierung der Christlich Sozialen Volkspartei (CSV/PCS) Jean Claude Junckers ab, der von
1995 bis 2013 Premierminister des Landes war.
In Luxemburg leben auf einer Fläche von 2 586 km² 549 680
Menschen. Damit ist die Bevölkerungsdichte mit der Italiens
vergleichbar. Im Land leben 300 766 Luxemburger, 91 000 Portugiesen, 37 000 Franzosen, 19 000 Italiener, 1 800 Belgier und
1 300 Deutsche. Diese Zahlen sind nach Aussage des Auswärtigen Amtes nie genau, da viele Luxemburger doppelte Staatsangehörigkeit haben. Luxemburg hat drei offizielle Amtssprachen: lëtzebuergesch, französisch und deutsch (1).
Die Land- und Forstwirtschaft
Seit Jahren liegt das luxemburgische Bruttoinlandsprodukt
Infobox 2: Lohhecken
Infobox 1: Exkurs in den europäischen Adel
Der vollständige Name des Großherzogen Henri lautet:
„Seine Königliche Hoheit Henri, Großherzog von Luxemburg, Herzog von Nassau, Prinz von Bourbon-Parma, Graf
von Sayn, Königstein, Katzenelnbogen und Diez, Burggraf
von Hammerstein, Herr von Mahlberg, Wiesbaden, Idstein,
Merenberg, Limburg und Eppstein“. Hier werden die Verbindungen zu zahlreichen europäischen Regionen deutlich.
Doch gerade zu Bayern gibt es besondere Verbindungen:
Sein Ururgroßvater war der bayerische Herzog Carl Theodor
in Bayern, der jüngere Bruder Kaiserin Sissis und
Schwiegervater des letzten bayerischen Kronprinzen
Rupprecht von Bayern. Die Urgroßmutter Elisabeth Gabriele
Valérie Marie Herzogin in Bayern war an der Seite Königs Albert I. von 1909 bis 1934 Königin von Belgien. Die Thronfolge
des Großherzogtums wurde 2010 neu geregelt. Seit fünf Jahren gilt, dass zukünftig die Erstgeborenen – ob Tochter oder
Sohn – den Thron besteigen werden (2a).
SUB 6-7/2015
Lohhecken, die zur Gewinnung der Eicherinde (Lohe) angelegt wurden, finden sich vor allem im Rheinischen Schiefergebirge in Luxemburg. Die Landschaft ist durch viele steile
Hänge mit flachgründigen, sauren Schieferböden geprägt.
An diesen Standorten konnte sich weder Landwirtschaft
noch Wertholzproduktion entwickeln. Die Eichen-Niederwälder nahmen um 1900 ca. 26 000 ha Fläche ein. Lohe
wird wegen seines hohen Tanningehalts als Gerbstoff für
Leder, in der Naturheilkunde und für Kosmetika verwendet.
(6) Diese Niederwaldnutzung wurde unrentabel und dadurch aufgegeben. Durch Kahlschlag alle 15 – 30 Jahre mit
anschließender Nutzung der Parzelle verschwand im Laufe
der letzten Jahrzehnte eine der traditionellsten Waldbewirtschaftungsformen in diese Region. Neben dem kulturelles Erbe, aber der Energiequelle ging zunehmend ein
wertvoller Lebensraum, insbesondere für das Haselhuhn,
verloren. Mittels LEADER konnten im Projekt „Lohhecken –
Energie- und Biotopspender“ Maßnahmen finanziert werden, um Holznutzung und die Erhaltung des Lebensraums
in Einklang zu bringen (7).
55
EUROPA UND
MARKT
Luxemburg – Staat und Land
Luxemburg ist in der Europäischen Union tief verwurzelt
und mit seinen europäischen Funktionen und Aufgaben
ein bekannter Partner. Es zählt zu den sechs Gründungsmitgliedern der Europäischen Union und führte allein zwischen 1960 und 2004 elf Mal den Europäischen Rat. Zahlreiche Institutionen der Gemeinschaft beherbergt der Staat:
Er ist Sitz des Europäischen Gerichtshofs, des Europäischen
Rechnungshofs, der Europäischen Investitionsbank und
des Sekretariat des Europäischen Parlaments.
Luxemburg ist eine Parlamentarische Demokratie in der
Form einer konstitutionellen Monarchie. Das Großherzogtum
wurde nach wechselnden Zugehörigkeiten 1839 von den Niederlanden unabhängig. International anerkannt wurde der
Staat 1867. Staatsoberhaupt ist seit 7. Dezember 2000 der
sechzigjährige Großherzog Henri. Das Staatsoberhaupt
nimmt heute nahezu ausschließlich repräsentative Aufgaben
wahr. Die Regierung Luxemburgs führt seit 4. Dezember 2013
Premierminister Xavier Bettel (Demokratesch Partei, DP). Seine
BLICKPUNK T EUROPA
EU-Nachrichten: Mehr Transparenz bei TTIP
Die geplante Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA, kurz TTIP, wird in breiten Teilen der Gesellschaft intensiv und kontrovers diskutiert. Oftmals basieren die Argumente aber nicht auf Fakten. Um den Bedenken
vieler Bürgerinnen und Bürger Rechnung zu tragen, will die neue Handelskommissarin Cecila Malmström für mehr Offenheit und
Transparenz bei den Verhandlungen sorgen. Das Verhandlungsmandat und viele Positionspapiere sind bereits unter der alten
Kommission veröffentlicht worden. Nun sollen weitere Dokumente folgen. Wie der Stand der Dinge ist, welche Positionen, roten
Linien und bisherigen Ergebnisse bei den Gesprächen herausgekommen sind, ist auf den Seiten der Kommission nachlesen unter
http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm
Weitere Nachrichten unter: http://ec.europa.eu/deutschland/press/eu_news/index_de.htm
EUROPA UND
MARKT
pro Kopf mit 85 640 Euro/Kopf (2014), abgesehen von Liechtenstein und Monaco, weltweit an der Spitze aller Länder.
Die wirtschaftliche Situation Luxemburgs korrekt zu beschreiben fällt schwer. Die Berechnung der Wirtschaftsdaten ist nicht einfach vergleichbar mit anderen Staaten. So
werden beim BIP nur die Einwohner des Landes im Quotienten, nicht aber die zahlreichen Pendler über die Staatsgrenzen eingerechnet. Und ein kleinerer Quotient bewirkt
ein höheres Ergebnis.
Die Landwirtschaft hat mit 130 Mio. Euro einen Anteil
von nur 0,3 Prozent an der Bruttowertschöpfung zu Herstellerpreisen des Landes und auch die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie hat mit 0,7 Prozent nur einen geringen Anteil daran. Nur 1,3 Prozent der Arbeitnehmer sind in
der Landwirtschaft tätig (3).
Eine Fläche von 131 492 Hektar wird in Luxemburg landwirtschaftlich genutzt, vorrangig als Weideland und für
Acker- und Gartenbau. Die vor allem familiengeführten Betriebe zählen mit einer durchschnittlichen Fläche von 61,5
Hektar zu den größeren in Europa; knapp zwei Drittel der Betriebe bewirtschaften mehr als 20 Hektar Fläche. Mit seiner
Weinbaufläche, die ca. 1 300 Hektar beträgt, ist Luxemburg
das kleinste Weinbauland in Europa. Im Tal der Obermosel,
wo der Fluss auf 42 Kilometer Länge die Grenze zu Deutschland bildet, wird fast ausschließlich Weißwein angebaut (4).
Europa links unten
Im Juni 2015 wurden es 30 Jahre, dass
die Europaflagge vom Europäischen
Rat als offizielles Symbol eingeführt
wurde, und 60 Jahre seit ihrer Einführung durch den Europarat. Zu diesem Jubiläum werden alle
19 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsraums in der zweiten
Jahreshälfte 2015 eine Gedenkmünze mit einer gemeinsamen nationalen Seite ausgeben. Über das Design der Gedenkmünze konnten die Europäer abstimmen. Mehr als
100 000 europäische Bürgerinnen und Bürger haben für ihre
Lieblingsmünze gestimmt. Der Münzentwurf Nummer 4 ist
der Gewinner. Der Entwurf stammt von George Stamatopoulos, Designer bei der Bank von Griechenland.
56
Gut ein Drittel des Landes ist bewaldet, vorwiegend mit
Rotbuchen, Eichen, Ahorn und Fichten. Dabei nehmen Eichen-Niederwälder, die so genannten Lohhecken heute ca.
11 000 ha (2006) ein. Mehr als die Hälfte der Waldfläche ist
Privatwald (55 Prozent), den sich rund 14 000 Privatbesitzer
teilen. Die durchschnittliche Größe eines Privatwaldbesitzes beläuft sich auf ca. 3,5 Hektar (5).
Literatur:
(1) AUSWÄRTIGES AMT (2013): Außen- und Europapolitik,
Länderinformationen: Luexemburg, URL: http://www.
auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/
Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Luexemburg_
node.html, Stand Februar 2015
(2) WIKIPEDIA, Die freie Enzyklopädie (2015): Seite „Luxemburg“,
URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Luxembu
rg&oldid=142992802 (Mai 2015)
(2a) WIKIPEDIA, Die freie Enzyklopädie (2015): Seite „Großherzog_
Henri“, URL: https://de.wikipedia.org/w/index.
php?title=Henri_(Luxemburg)&oldid=142828898 (Mai 2015)
(3) EUROSTAT, EUROPEAN COMMISSION (2013): Agriculture,
forestry, and fishery statistics; Pocketbook, 2013 edition.
URL: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/
KS-FK-13-001/EN/KS-FK-13-001-EN.PDF, (http://www.ser.
public.lu/publikationen/Landwirtschaft_in_Luxbg/
lux_landw_zahl_de.pdf)
(4) INSTITUT VITI-VINICOLE (2014) : Weinbau in Luxemburg, URL :
http://www.ivv.public.lu/anbaugebiet/index.html, Mai 2015
(5) MINISTÈRE DE L'ENVIRONNEMENT (2014): Die Resultate des
Luxemburger Landeswaldeinventars, URL: http://
privatbesch.lu/fileadmin/filedump/GDS_Luxemburger_
Wald_RZ3_180511-Ansicht-Einzelseiten.pdf)
(6) M. REDMANN, et al. (2013): Lohhecken in Luxemburg: Entwicklungsoptionen aus verschiedenen Blickwinkeln, Vortrag
beim Waldsymposium: „Trends im Bësch“, Wiltz
(7) Büro LEADER Eschdorf (n.d.):Lohhecken – Energie- und
Biotopspender, URL: http://rw.leader.lu/projet/lohheckenenergie-und-biotopspender/, (Mai 2015)
DR. ANJA HENSEL-LIEBERTH
BAYERISCHE LANDESANSTALT
FÜR LANDWIRTSCHAFT
[email protected]
SUB 6-7/2015
EUROPA UND MARK T
Die Entwicklung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels
Bayerns 2014
Differenzierung nach Produkten – Teil 1
von JOSEF HUBER und HERBERT GOLDHOFER: Im letzten Jahr erzielten sowohl die ernährungswirtschaftliche Aus- als auch Einfuhr trotz des schwachen Wirtschaftswachstums in der
EU-28 und im Euro-Währungsgebiet neue Rekordstände. Der Gesamtwert der ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren stieg 2014 um 2,6 Prozent und erreichte mit 8,71 Mrd. Euro einen
neuen Höchstwert. Käse, Milch und Milcherzeugnisse sowie Fleisch und Fleischwaren sind seit
langem die drei bedeutsamsten Ausfuhrprodukte. Die Einfuhren nahmen um 1,0 Prozent auf
8,12 Mrd. Euro zu. Bei den eingeführten Produkten lag Käse an erster Stelle, gefolgt von Obst
einschließlich Südfrüchten sowie Fleisch und Fleischwaren.
Käse und Milch führen Ausfuhren an
Von den verschiedenen ernährungswirtschaftlichen Produkten Bayerns ist Käse bei der
Ausfuhr am wichtigsten. Der Exportwert lag 2014
bei 1,65 Mrd. Euro (siehe Abbildung 1) und war damit um 5,9 Prozent höher als 2013. Dabei nahmen
die exportierte Menge um 5,1 Prozent und der
durchschnittliche Produktpreis um 0,8 Prozent
gegenüber dem Vorjahr zu.
An zweiter Stelle in der Reihenfolge der Ausfuhrwerte standen Milch und Milcherzeugnisse.
SUB 6-7/2015
Darunter werden in der Außenhandelsstatistik auch Rahm,
Buttermilch, saure Milch, Kefir und Molke, Magermilchpulver, Vollmilchpulver, Molkenpulver sowie Joghurt mit und
ohne Fruchtzusätze zusammengefasst. Der Wert der Ausfuhr dieser Warenuntergruppe stieg gegenüber 2013 von
1,21 Mrd. Euro auf 1,25 Mrd. Euro oder um 3,5 Prozent. Der
mengenmäßige Absatzrückgang um 1,3 Prozent wurde
durch Preiszuschläge in Höhe von 5,0 Prozent überboten.
Export von Fleisch und Fleischwaren gesunken
Bei den auf dem dritten Rang folgenden Fleisch und Fleischwaren fiel der Exportwert um 1,9 Prozent auf 1,05 Mrd. Euro.
Dabei sanken die durchschnittlichen Produktpreise um 7,8
Prozent und der mengenmäßige Absatz stieg um 6,4 Prozent.
EUROPA UND
MARKT
Ernährungswirtschaftliche Ausfuhren
Nach vorläufigen Ergebnissen des Bayerischen Landesamtes für Statistik exportierten die gewerbliche Wirtschaft
und die Ernährungswirtschaft Bayerns im vergangenen
Jahr Produkte im Wert von insgesamt 168,9 Mrd. Euro. Auf
Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft entfielen
8,71 Mrd. Euro. Zu den ernährungswirtschaftlichen Produkten werden neben Agrarprodukten, Lebens- und Futtermitteln auch Genussmittel gezählt. Dabei übertraf die Ausfuhr der Ernährungswirtschaft mit einer Steigerung von
2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr die gewerbliche Wirtschaft um 2,0 Prozent.
Im Vorjahr, also 2013, wurden ernährungswirtschaftliche
Waren im Wert von 8,49 Mrd. Euro exportiert. Demzufolge
hat die Ausfuhr der Land- und ErnährungswirtMio. €
schaft im letzten Jahr um 220 Mio. Euro oder um
2,6 Prozent zugenommen.
* vorläufig.
Quelle: Bay. LfStaD.
AA Abbildung 1: Ausfuhrwert der wichtigsten ernährungswirtschaftlichen Produkte
Bayerns in den letzten beiden Jahren
IEM 1
57
EUROPA UND MARK T
EUROPA UND
MARKT
Bei lebenden Tieren erhöhte sich der Exportwert um 6,6
Prozent auf 154 Mio. Euro. Dabei übertrafen die angestiegenen Exporte bei Rindern und Schweinen die niedrigeren
Ausfuhren bei Pferden und Hausgeflügel.
Die wertmäßige Summe aus Tierischen Produkten und
lebenden Tieren stieg um 3,1 Prozent und erreichte 2014 einen Exportwert von 4,34 Mrd. Euro. Dies wurde vor allem
wegen der höheren Verkaufserlöse bei Käse sowie Milch und
Milcherzeugnissen erreicht. Wie Abbildung 2 zeigt, hatte
diese Warenhauptgruppe im letzten Jahr einen Anteil am
gesamten Ausfuhrwert der bayerischen Ernährungswirtschaft von 49,8 Prozent.
Steigerung bei Export Pflanzlicher Erzeugnisse
Die Summe des Exportwertes bei den Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs machte im letzten Jahr 3,25 Mrd. Euro aus
und bedeutete gegenüber 2013 eine Steigerung um 2,9 Prozent. Der Anteil von Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs an
den gesamten ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren lag
2014 bei 37,3 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte gegenüber
dem Vorjahr).
Bei dieser Warenhauptgruppe stechen die „Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs, anders nicht genannt“ hervor.
Deren Ausfuhrwert vergrößerte sich im letzten Jahr auf 867
Mio. Euro (+9,1 Prozent). Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise Essig, Suppen, Brühen, Pflanzensäfte, Würzsoßen und
Eiweißkonzentrate.
Des Weiteren sticht bei den pflanzlichen Produkten
auch die Warenuntergruppe „Backwaren und andere Zubereitungen aus Getreide“ mit einem Exportwert von 565
Mio. Euro und einer Steigerung um 4,6 Prozent gegenüber
dem Vorjahr hervor. Dazu gehören Teigwaren, Kekse, Knäckebrot und Waffeln. Zudem sind auch mit Fleisch gefüllte
Teigwaren, wie z. B. Ravioli, Maultaschen oder Lasagne, eingeschlossen.
Das drittwichtigste Exportprodukt von pflanzlichen Erzeugnissen sind Zuckerrüben, Zucker und Zuckererzeugnisse. Der Exportwert fiel von 318 Mio. Euro 2013 auf 315 Mio.
Euro im Jahr 2014 (–0,7 Prozent).
Bedeutend beim Export der pflanzlichen Warengruppe
waren auch noch Weizen mit einem Ausfuhrwert von 290
Mio. Euro (+35,7 Prozent), Kleie und sonstige Futtermittel mit
214 Mio. Euro (+5,8 Prozent) sowie Kakao und Kakaoerzeugnisse mit 150 Mio. Euro (+2,2 Prozent).
Genussmittelexport hält Niveau
Bei den Genussmitteln gab der Exportwert im vergangen
Jahr geringfügig auf rund 1,13 Mrd. Euro nach und war damit um 0,2 Prozent unter dem Wert von 2013. Der Anteil
an den ernährungswirtschaftlichen Exporten verringerte
58
%
60
56,6
Tier. Prod./leb. Tiere
Pflanzl. Produkte
Genussmittel
49,8
40
37,3
33,7
20
12,9
9,7
0
Ausfuhr
Einfuhr
* vorläufig.
Quelle: Bay. LfStaD. - eigene Berechnungen
IEM 1
AA Abbildung 2: Anteile der drei Warenhauptgruppen im ernährungs-
wirtschaftlichen Außenhandel Bayerns 2014* (Gesamtwert jeweils
100 Prozent)
sich zum Vorjahr um ein Prozent auf nur noch 12,9 Prozent
(siehe Abbildung 2).
Bei Bier (ohne alkoholfreie Biere) lag der Ausfuhrwert im
letzten Jahr mit 420 Mio. Euro um 2,6 Prozent über dem Vorjahr. Der wertmäßig zweitwichtigste Produktbereich der Warenhauptgruppe 'Genussmittel' ist Rohtabak und Tabakerzeugnisse. Der erzielte Exportwert von 382 Mio. Euro
bedeutet gegenüber 2013 ein Minus von 9,7 Prozent. Hopfen
wurde im Wert von 189 Mio. Euro aus Bayern exportiert. Wegen der höheren Preise stieg der Exportwert um 5,4 Prozent
gegenüber dem Vorjahr.
Ernährungswirtschaftliche Einfuhren
Der Einfuhrwert von Produkten der Ernährungswirtschaft
lag mit 8,12 Mrd. Euro wie bereits im Vorjahr über der 8 Mrd.
Euro-Schwelle. Die Zunahme gegenüber 2013 belief sich auf
1,0 Prozent.
In der Struktur unterscheiden sich die ernährungswirtschaftlichen Einfuhren erheblich von den Ausfuhren. Wie die
Abbildung 2 zeigt, waren dabei Produkte pflanzlichen Ursprungs mit einem Anteil von 56,6 Prozent mit großem Vorsprung am bedeutendsten.
Käse führt auch Import an
Von den nach Bayern eingeführten Lebensmitteln blieb Käse
mit einem Importwert von 896 Mio. Euro an erster Stelle
(siehe Abbildung 3). Gegenüber 2013 bedeutet dies eine Zunahme um 0,9 Prozent.
Obst und Südfrüchte erreichten trotz des Rückgangs um
0,9 Prozent mit rund 804 Mio. Euro den zweiten Rang. Die
hohen Importe bei dieser Produktgruppe lassen sich durch
den mit rund sieben Prozent sehr geringen Selbstversorgungsgrad Bayerns beim Obst erklären.
Mit einer Verminderung um 2,2 Prozent gegenüber dem
Vorjahr auf 731 Mio. Euro belegten Fleisch und Fleischwaren
SUB 6-7/2015
EUROPA UND MARK T
Mio. €
den dritten Rang der wertmäßig bedeutsamsten Einfuhrprodukte.
Ein weiterer wichtiger Importbereich war Milch und Milcherzeugnisse,
der sich um 4,6 Prozent gegenüber
dem Vorjahr auf 654 Mio. Euro und damit über dem Durchschnitt steigerte.
Bei „Gemüse und sonstige Küchengewächse“ betrug der Einfuhrwert 575
Mio. Euro und war damit um 2,2 Prozent niedriger als 2013.
„Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs, anders nicht genannt“ stellten
mit einem Importwert von 552 Mio.
* vorläufig.
Quelle: Bay. LfStaD.
Euro (+1,9 Prozent) die sechstwichtigste Warengruppe der ernährungsAA Abbildung 3: Einfuhrwert der wichtigsten ernährungswirtschaftlichen Produkte Bayerns in den
IEM 1
wirtschaftlichen Einfuhren dar.
letzten beiden Jahren
Bei Genussmitteln machte der Einfuhrwert 787 Mio. Euro (–2,2 Prozent) aus. Wein stand dabei nen neuen Höchststand. Dabei erlangten die drei bedeutauf dem ersten Rang (366 Mio. Euro; +7,0 Prozent), darauf samsten Importprodukte Käse, Obst und Südfrüchte sowie
folgte der Branntwein mit 216 Mio. Euro (–2,3 Prozent). Eine Fleisch und Fleischwaren knapp 30 Prozent der gesamten
außerordentliche Verringerung gab es bei Rohtabak und Einfuhren. Wegen der höheren Steigerungen beim Export
Tabakerzeugnissen, dem drittwichtigsten Einfuhrprodukt erhöhte sich der positive Außenhandelssaldo der bayeribei den Genussmitteln. Der Importwert sank um 33,9 Pro- schen Land- und Ernährungswirtschaft 2014 gegenüber
zent auf nur noch 63 Mio. Euro.
dem Vorjahr von 446 Mio. Euro auf 587 Mio. Euro.
JOSEF HUBER
HERBERT GOLDHOFER
BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT
INSTITUT FÜR ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT UND MÄRKTE
[email protected]
[email protected]
Neu: Agrarmärkte 2015
SCHWÄBISCH GMÜND
Agrarmärkte 2015
3
2015
Schriftenreihe
ISSN 1611-4159
Im Juli 2015 erscheint die 11. Ausgabe
der LfL-Schrift „Agrarmärkte“ als aktuelles Jahresheft 2015. Bereits vor Veröffentlichung der Druckausgabe stehen die 17 Einzelkapitel heuer zum
ersten Mal online zur Verfügung.
Das Jahresheft „Agrarmärkte“ wird vom Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte
der LfL gemeinsam mit der Landesstelle
für landwirtschaftliche Marktkunde der
LEL Baden-Württemberg herausgegeben. Es stellt die Entwicklungen auf den
wichtigsten Agrarmärkten dar und gibt
eine Übersicht über die Marktzusammenhänge auf internationaler, europäischer
und deutscher Ebene sowie auf Länder­
ebene (Bayern bzw. Baden-Württemberg).
Landwirtschaftliche Betriebe, landwirtschaftliche Ausbilder und Auszubildende
sowie Fach- und Hochschulen können
mithilfe dieses „Standardwerks“ Markttrends besser erkennen und damit auf
Marktentwicklungen besser reagieren.
Sylvia Haaser-Schmid
AA online www.lfl.bayern.de/iem/agrarmarkt/104269
SUB 6-7/2015
59
EUROPA UND
MARKT
Fazit
Der Gesamtwert der ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren
erreichte 2014 mit 8,71 Mrd. Euro (+2,6 Prozent) einen neuen
Rekord. Der wertmäßige Export der drei wichtigsten Erzeugnisse Käse, Milch und Milcherzeugnisse sowie Fleisch und
Fleischwaren erreichte dabei über 45 Prozent der Gesamtexporte. Die gesamten ernährungswirtschaftlichen Einfuhren
erlangten 2014 mit 8,12 Mrd. Euro (+1,0 Prozent) ebenfalls ei-
FÜHRUNG
Nachwuchskräfte verjüngen
die Verwaltung
Landwirtschaftsverwaltung verstärkt sich mit 39 neuen Kräften
von HELMUT RAMESBERGER und THOMAS HÖCKMEIER: Ende Mai konnte das Personalreferat im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 22 Landwirtschaftsoberinspektoren und-inspektorinnen sowie acht Referendare nach ca. zweijähriger Anwärter- bzw.
Referendarzeit und Bestehen des Staatsexamens zu Beamten auf Probe ernennen. In einem
feierlichen Akt wurden die Urkunden überreicht. Gleichzeitig traten am 1. Juni 17 Anwärter
der QE3 und 22 Referendare die Anwärterzeit bzw. das Referendariat an. Sie wurden zeitgleich
zu Beamten auf Widerruf bestellt.
Der Demographische Wandel ist nicht nur in der Gesellschaft ein aktuelles Thema, sondern auch in der bayerischen
Landwirtschaftsverwaltung. Im nächsten Jahrzehnt werden
ungefähr 800 Personen der Landwirtschaftsverwaltung in
den wohlverdienten Ruhestand eintreten können. Um trotz
des gesetzlich vorgegebenen Personalabbaus bis zum
Jahre 2019 adäquate Nachbesetzungen vornehmen zu können, werden in den nächsten Jahren rund 60 Nachwuchskräfte pro Jahr der unterschiedlichen Qualifikationsebenen
(QE) in der Landwirtschaftsverwaltung ausgebildet.
„Eine Investition in Wissen bringt immer
noch die besten Zinsen“
FÜHRUNG
Benjamin Franklin, Amerikanischer Staatsmann
ber 2015 stehen dem Bereich Landwirtschaft im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF)
zusätzlich 20 Referendarstellen der QE4 und 20 Anwärterstellen der QE3 zur Verfügung. Das sind dann insgesamt künftig:
AA50 Referendarstellen,
AA50 Anwärterstellen QE3 und
AA15 Anwärterstellen QE2.
Nach vielen Jahren der Einstellung im Zwei-Jahres-Rhythmus kann seit 2015 in allen Bereichen wieder jährlich eingestellt werden. Für die kommenden Jahre sind dies bis zu 25
Referendarinnen und Referendare, 25 Anwärterinnen und
Anwärter der QE3 (einschließlich der Fachlehreranwärterinnen) und 15 Anwärterinnen und Anwärter der QE2. Sie werden die Personallücken infolge der Ruhestandsversetzungen füllen können.
Ausbildung des Berufsnachwuchses geht alle an
Diese Aussage ist heute genauso aktuell wie im 18. Jahrhun- Zum 1. Juni 2015 wurden 17 neue Anwärter der QE3 und 22
dert. Die jetzige Investition in eine hochqualifizierte Ausbil- Referendare eingestellt. Diese werden den Ämtern in den
dung der Nachwuchskräfte der Landwirtschaftsverwaltung kommenden 18 bzw. 24 Monaten zur Ausbildung zugewiewird in den kommenden
Jahrzehnten für die Verwaltung sowie ihre Klientel eine angemessene
Rendite liefern. Dank des
engagierten Einsatzes von
Staatsminister
Helmut
Brunner bei den Haushaltsverhandlungen 2015
wurde das Ausbildungskontingent der Landwirtschaftsverwaltung
um
weitere 40 Ausbildungsstellen erhöht. Ab Okto- AA 39 Anwärter und Referendare stellte die Landwirtschaftsverwaltung am 1. Juni ein
60
SUB 6-7/2015
FÜHRUNG
Einstellungsjahrgang 2013 ernannt und versetzt
Ein besonderes Highlight für alle Beteiligten war die kleine Feierstunde am Donnerstag, dem 28. Mai 2015, im StMELF. Das
Personalreferat konnte den Prüfungskandidaten des Jahrgangs 2013 die Ernennungsurkunden zum Beamten oder zur
Beamtin auf Probe aushändigen. Die Urkunden gingen an:
AA22 Landwirtschaftsoberinspektorinnen und -inspektoren,
AA7 Landwirtschaftsräte und -rätinnen und
AA1 Hauswirtschaftsrätin.
Diesem einfachen Akt ging aber eine Vielzahl von Einzelarbeiten voraus. Die Ausschreibung bei der QE4 erfolgte bereits im Januar 2013 mit Bewerbungsschluss zum 1. März. Ursprünglich sollte nur ein kleiner Zwischenjahrgang eingestellt werden, um alle Ausbildungsplanstellen auszuschöpfen. 47 Bewerbungen gingen ein, 25 Bewerber wurden zu
Vorstellungsgespräche eingeladen. Wichtige Kriterien für
die Vorauswahl sind die Abschlussnote im Studium sowie die
Berufserfahrung der Bewerber. Für die Vorstellungsgespräche wurden Bewerbungen bis zu einem Notenschnitt von
2,2 berücksichtigt. Die Einstellung zum Referendar (Beamter
auf Widerruf) erfolgte dann zum 3. Juni 2013.
In der QE3 erfolgte die Ausschreibung Mitte Januar 2013
mit einem Bewerbungsschluss zum 26. April. Hier bewarben
sich 83 Interessenten, 47 konnten zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst erfolgte am 30. September.
Modulare Qualifikation ermöglichte Aufstieg
Vier Kandidaten der QE3 qualifizierten sich über das sogenannte Zulassungsverfahren, das in der Beurteilung 2012
den Vermerk „für die Ausbildungsqualifizierung geeignet“
voraussetzt. Dazu sind vier schriftliche Prüfungen abzulegen, die Anfang 2013 stattfanden. 16 Bewerber von 32 möglichen Kandidaten nahmen daran teil. Die erfolgreichen vier
Bewerber bekamen einen Dienstposten der QE3 zugeteilt.
Sie mussten während des Vorbereitungsdienstes an den
Lehrgängen teilnehmen und alle Prüfungsleistungen absolvieren: fünf schriftliche Prüfungen, eine Beratungsprüfung
und eine mündliche Prüfung mit Vortrag und Fragen zu den
unterschiedlichen Prüfungsgebieten.
Ämter warten schon auf die Neuen
Sowohl die „Aufsteiger“ als auch alle anderen Anwärter der
3. QE absolvierten das Staatsexamen so gut, dass sie ins Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und versetzt werden konnten. Die neuen Dienstorte entsprachen nicht immer den Wünschen der jungen Beamten, aber letztendlich
waren doch alle froh, es geschafft zu haben.
Von den zehn Referendaren der QE4 wurden acht zu Beamten auf Probe ernannt und den Ämtern zugeteilt werden.
Eine Referendarin war für Sachsen ausgebildet worden.
Insgesamt starteten wieder 30 junge Kräfte in unserer
Verwaltung; sie schließen die größten Lücken sowohl im Bereich der QE3, als auch als Lehrkräfte, um die Unterrichtsversorgung für den kommenden Schulwinter
zu verbessern. Auf sie warten vielfältige Aufgaben.
Allen Anfängern in unserer Verwaltung und den
jungen Kollegen und Kolleginnen an ihrer ersten
Dienststelle wünschen wir einen guten Start und einen erfüllten Berufsalltag!
AA 30 Nachwuchskräfte der 3. und 4. QE konnten am 28. Mai zu Beamten auf Probe
ernannt und an die Ämter versetzt werden
SUB 6-7/2015
HELMUT RAMESBERGER
THOMAS HÖCKMEIER
BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR
ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND
FORSTEN, REFERAT A6
[email protected]
[email protected]
61
FÜHRUNG
sen. Diese Erhöhung der Ausbildungszahlen senkt zwar den
Ressourceneinsatz pro ausgebildeter Nachwuchskraft, da
sich die Grundlast für Personalaufwand und Kosten auf eine
größere Anzahl an Auszubildenden verteilt. Der Gesamt-Ressourcenbedarf für die Konzeption, Organisation, Durchführung und Evaluierung der Ausbildung wird sich aber erhöhen. Diese zusätzliche Investition in unseren Nachwuchs wird
sich aber sukzessive lohnen und als sehr rentabel herausstellen. Darum sind wir sicher, dass alle Beteiligten, wie das Personalreferat der Landwirtschaftsverwaltung, die Staatliche Führungsakademie, die Landesanstalten, die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Fachschulen, die Hospitationslehrer und Betreuungsberater sowie jeder einzelne
Mitarbeiter der Landwirtschaftsverwaltung, diese Herausforderung annehmen und ihren Beitrag dazu leisten werden. Jeder Einzelne unserer Verwaltung, der die Anwärter und Referendare in die Arbeit einführt, sie unterweist oder nur bei Gelegenheit in den Außendienst mitnimmt, trägt dazu bei , dass
sie ihre künftigen Tätigkeiten kennen und beherrschen lernen. Darum bitten wir Sie um aktive Mithilfe bei dieser wichtigen Ausbildung unseres „Nachwuchses“.
FÜHRUNG
Disziplinarrecht und
Führungsverantwortung
Geltungsbereich und Disziplinarmaßnahmen – Teil 1
FÜHRUNG
von CLAUS-PETER SPIESS: Das Disziplinarrecht erfreut sich im Allgemeinen keiner großen
Beliebtheit. Der Anlass ist typischerweise unerfreulich und die Durchführung des Verfahrens
für alle Beteiligten belastend. Für die Behördenleiter gehört dieser Teil des Dienstrechts sicher
zu den unangenehmeren Aufgaben. Es ist eine Herausforderung, das nötige Fingerspitzengefühl und wenn notwendig zugleich auch eine harte Hand zu beweisen. Dies bietet aber auch
die Chance Führungsqualität zu zeigen. Der folgende Beitrag gibt daher einen Überblick über
den Geltungsbereich des Disziplinarrechts und die zur Verfügung stehenden Disziplinarmaßnahmen.
Zu den unangenehmeren Pflichten eines Dienstvorgesetzten gehört es, sich mit Fehlverhalten von Beschäftigten auseinandersetzen zu müssen. Bei Beamtinnen und Beamten
steht hierbei die Einleitung und Durchführung eines Disziplinarverfahrens im Raum. Zwar kommt dies erfreulicherweise
nicht sehr häufig vor, die Kehrseite hiervon ist aber, dass es
gerade bei kleineren Dienststellen kaum Erfahrung mit dem
dienstrechtlichen Instrumentarium gibt. Dies führt fast
zwangsläufig zu einer gewissen Unsicherheit und der Sorge,
hier nicht das richtige Maß zu finden. Einleitung und Durchführung eines Disziplinarverfahrens bedeuten für die Betroffenen eine große Belastung. Jeder Dienstvorgesetzte muss
sich daher seiner Verantwortung bewusst sein und mit dem
notwendigen Fingerspitzengefühl vorgehen. Die Verantwortung des Dienstvorgesetzten erstreckt sich aber auch
auf die gesamte Dienststelle. Vor allem, wenn das Dienstvergehen auch Auswirkungen auf andere Beschäftigte hat oder
es mit einer negativen Außenwirkung verbunden ist, ist es
notwendig, eine klare Reaktion zu zeigen und deutlich zu
machen, dass das Nichteinhalten von Grenzen nicht akzeptiert wird. Hier ist der Dienstvorgesetzte gegenüber der übrigen Belegschaft in der Pflicht durchzugreifen und wo notwendig auch harte Maßnahmen zu ergreifen. Diesen
Anforderungen kann nur gerecht werden, wer über die notwendigen Grundkenntnisse zum Disziplinarverfahren verfügt und sich mit den Rechten, Pflichten und Interessen aller
Beteiligten auseinandergesetzt hat.
Geltungsbereich und Ziele des Disziplinarrechts
Das Disziplinarrecht sanktioniert den Verstoß gegen Dienstpflichten. Es gehört zum Beamtenrecht und ist nur auf Beamtinnen und Beamten, nicht aber auf Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer anwendbar. Das gesamte Institut des Berufs-
62
beamtentums fußt auf einer besonderen Rechtstreue und
einem ausgeprägten Pflichtbewusstsein der Beamtinnen
und Beamten. Genau dies wird bei der Einstellung auch mit
dem Amtseid beteuert. Das Disziplinarrecht zielt darauf, Integrität und Ordnung nach innen und außen zu sichern. Dies
bedeutet zum einen, dass disziplinarrechtliche Sanktionen
die betroffenen Beamtinnen und Beamten dazu anhalten
sollen, in Zukunft ihren Dienstpflichten gerecht zu werden.
Es bedeutet zum anderen aber auch, dass in den Fällen, in
denen aufgrund der Schwere des Dienstvergehens das Vertrauensverhältnis grundlegend zerstört ist, das Disziplinarrecht als Konsequenz auch die Entfernung aus dem Dienst
vorsieht.
Das Dienstvergehen
Zentraler Anknüpfungspunkt des Disziplinarrechts ist der im
Beamtenstatusgesetz definierte Begriff des Dienstvergehens: Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten
verletzen.
So einfach diese Definition auf den ersten Blick auch
scheinen mag, so schwierig kann es im Einzelfall sein festzustellen, ob ein Dienstvergehen vorliegt, denn einen abschließenden Katalog von Dienstpflichten gibt es nicht. Es sind keineswegs alle Dienstpflichten in einer ausdrücklichen
gesetzlichen Regelung fixiert. In vielen Fällen handelt es sich
um – zum Teil erst durch Gerichte erfolgte - Konkretisierungen allgemeiner Pflichten. Dies ist insbesondere die in § 34
Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) normierte Pflicht
der Beamtinnen und Beamten, sich mit vollem persönlichem
Einsatz ihrem Beruf zu widmen.
Hinzu kommt, dass auch ein Verhalten außerhalb des
Dienstes ein Dienstvergehen sein kann, wenn es nach den
SUB 6-7/2015
FÜHRUNG
Abgestufte Disziplinarmaßnahmen
Das Disziplinarrecht sieht einen abgestuften Katalog von
Disziplinarmaßnahmen vor. Dies geht für aktive Beamtinnen
und Beamte vom Verweis über Geldbuße, Kürzung der
Dienstbezüge und Zurückstufung bis hin zur Entfernung aus
dem Beamtenverhältnis. Für Ruhestandsbeamtinnen und
Ruhestandsbeamte drohen eine Kürzung des Ruhegehalts
sowie eine Aberkennung des Ruhegehalts. Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge und Zurückstufung sowie Kürzung
des Ruhegehalts sind dabei jeweils im Einzelfall konkret zuzumessen.
Verweis
Der Verweis (Art. 7 Bayerisches Disziplinargesetz - BayDG)
stellt die mildeste mögliche Disziplinarmaßnahme dar. Unter
Verweis versteht man den Tadel eines bestimmten Verhaltens. Der Verweis muss schriftlich erfolgen und ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Wird eine missbilligende Äußerung wie etwa eine Zurechtweisung, eine Ermahnung
oder eine Rüge nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet, so
handelt es sich nicht um eine Disziplinarmaßnahme, sondern um eine bloße dienstaufsichtliche Maßnahme. Eine solche Missbilligung unterliegt nicht den Regeln des Disziplinarrechts.
Geldbuße
Die Geldbuße (Art. 8 BayDG) ist die nächst schärfere Sanktion. Es handelt sich um eine einmalige finanzielle Belastung,
die dem Dienstherrn zufließt. Diese ist individuell zuzumessen und darf höchstens bis zur Höhe der monatlichen Dienstoder Anwärterbezüge auferlegt werden
Kürzung der Dienstbezüge
Die Kürzung der Dienstbezüge (Art. 9 BayDG) ist demgegenüber eine laufende Belastung. Die monatlichen Dienstbezüge werden dabei anteilmäßig für eine bestimmte Zeit ver-
SUB 6-7/2015
ringert. Zeitdauer und Kürzungsumfang sind wieder
individuell zuzumessen. Der Umfang der Kürzung ist dabei
auf ein Fünftel der monatlichen Bezüge und die Zeitdauer
auf höchstens drei Jahre (im Eingangsamt, und in laufbahnfreien Ämtern auf fünf Jahre) beschränkt. Leistungsbezüge verfallen ganz. Zudem gilt während der Laufzeit
der Disziplinarmaßnahme ein Beförderungsverbot (Art. 9
Abs. 4 Satz 1 BayDG).
Zurückstufung
Die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) ist die Versetzung in ein
Amt mit geringerem Endgrundgehalt. Die Zurückstufung
kann um ein oder auch mehrere Ämter erfolgen, bis hin
zurück ins Eingangsamt der jeweiligen Qualifikationsebene. Beamtinnen und Beamte im Eingangsamt können
nicht zurückgestuft werden. (Dies ist auch der Grund für
die höhere Zeitgrenze bei der Kürzung der Dienstbezüge.)
Mit der Zurückstufung verlieren Betroffene alle Rechte aus
dem bisherigen Amt. Dies betrifft auch das Recht, die entsprechende Amtsbezeichnung zu führen. Die Zurückstufung ist zeitlich nicht begrenzt. Vor Ablauf von fünf Jahren
nach Rechtskraft der Entscheidung darf weder eine Beförderung erfolgen noch eine Leistungsstufe vergeben werden.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG)
ist die schärfste Sanktion des Disziplinarrechts. Die Betroffenen verlieren alle Rechte aus dem Beamtenverhältnis
(Bezüge, Versorgung, Hinterbliebenenversorgung, Amtsbezeichnung, Titel etc.). Unter Umständen wird für kurze
Zeit noch ein Unterhaltsbeitrag gezahlt. Zur Altersversorgung erfolgt eine Nachversicherung in der gesetzlichen
Rentenversicherung, die aber ebenfalls zu finanziellen
Nachteilen führt, da hierbei die Bruttobezüge zugrunde
gelegt werden, die bei Beamtinnen und Beamten aufgrund
der fehlenden Anteile für die Sozialversicherung typischerweise niedriger sind als bei vergleichbaren Arbeitnehmern.
Kürzung des Ruhegehalts
Die Kürzung des Ruhegehalts (Art. 12 BayDG) ist das Pendant zur Kürzung der Dienstbezüge. Wird die Beamtin oder
der Beamte pensioniert, so erfolgt statt einer Kürzung der
Dienstbezüge eine Kürzung des Ruhegehalts.
Das Dienstvergehen, das zur Kürzung des Ruhegehalts
führt, wird aber in den meisten Fällen noch während der
aktiven Dienstzeit begangen worden sein. Mit dem Ruhestand und dem damit verbundenen Ende des aktiven Beamtenverhältnisses entfallen zahlreiche Dienstpflichten. Es
verbleiben für Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte nur wenige Pflichten, gegen die verstoßen werden
kann und die ein während des Ruhestandes begangenes
63
FÜHRUNG
Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet
ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise
zu beeinträchtigen. Denn nach § 34 Satz 3 BeamtStG muss
das Verhalten der Beamtinnen und Beamten der Achtung
und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.
Das Disziplinarrecht sanktioniert nur ein schuldhaftes Begehen eines Dienstvergehens. Schuldhaft bedeutet dabei
ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Fahrlässigkeit ist
immer dann gegeben, wenn vermeidbar gegen Sorgfaltspflichten verstoßen wird. Konkret bedeutet dies, dass die Beamtin oder der Beamte die Verletzung der Dienstpflicht
hätte erkennen und die Pflichtverletzung durch entsprechendes Verhalten hätte verhindern können.
Dienstvergehen können nicht nur durch aktives Tun, sondern auch durch Unterlassen begangen werden.
FÜHRUNG
Dienstvergehen begründen könnten. Ein Beispiel wären falsche oder unvollständige Angaben im Zusammenhang mit
dem Bezug von Leistungen (insbesondere dem Ruhegehalt)
des Dienstherrn (vgl. Art. 77 Nr. 4 Bayerisches Beamtengesetz).
Aberkennung des Ruhegehalts
Die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) entspricht der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und hat
vergleichbare Folgen.
Bemessung der Disziplinarmaßnahme
Die Entscheidung, ob und welche Disziplinarmaßnahme
ausgesprochen wird, ist eine Ermessensentscheidung. Dabei
sind insbesondere die Schwere des Dienstvergehens, die Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, das Persönlichkeitsbild und das bisherige
dienstliche Verhalten zu berücksichtigen (Art. 14 Abs. 1 Satz
2 BayDG). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist als
ultima ratio immer dann geboten, wenn aufgrund eines
schweren Dienstvergehens das Vertrauen des Dienstherrn
oder der Allgemeinheit endgültig verloren gegangen ist.
Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme
empfiehlt es sich regelmäßig, zunächst anhand von vergleichbaren Fällen für das jeweilige Dienstvergehen zu ermitteln, in welchem Rahmen sich für entsprechendes Fehlverhalten die Disziplinarmaßnahmen bewegen und dann in
einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die dem Fall angemessene Maßnahme
zu bestimmen. Insbesondere in kleinen Dienststellen kann
dies für die Dienstvorgesetzten eine Herausforderung sein,
da ihnen oftmals ausreichende Erfahrungswerte fehlen.
FÜHRUNG
Verbotsgründe für Disziplinarmaßnahmen
Nicht immer kann wegen eines Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden. Zeitablauf oder
auch ein zeitgleich durchgeführtes Straf- oder Bußgeldverfahren können entgegenstehen. Auf solche Umstände ist
daher jederzeit zu achten.
Zeitablauf
Anknüpfend an die Vollendung des Dienstvergehens dürfen
einzelne Disziplinarmaßnahmen nur innerhalb bestimmter
Zeiträume ausgesprochen werden: Verweis oder Geldbuße
dürfen nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr erteilt werden, Kürzung der Dienstbezüge oder Kürzung des Ruhegehalts nach Ablauf von drei Jahren und eine Zurückstufung
nach Ablauf von sieben Jahren (vgl. Art. 16 BayDG). Für die
Bemessung der Disziplinarmaßnahme darf dies aber selbstverständlich keine Rolle spielen. Es darf also nicht etwa des-
64
halb auf eine Geldbuße entschieden werden, nur weil ein
Verweis wegen Zeitablaufs nicht mehr zulässig wäre.
In diesem Zusammenhang ist auch das Gebot der Beschleunigung nach Art. 4 BayDG zu sehen. Allerdings ist
auch zu beachten, dass die oben genannten Fristen bei bestimmten Verfahrenshandlungen (etwa Einleitung des Disziplinarverfahrens, Erhebung der Disziplinarklage etc.) erneut
zu laufen beginnen. Gleichwohl kann bei schwierigen Ermittlungen ein Disziplinarmaßnahmeverbot aufgrund Zeitablaufs in Betracht kommen.
Straf- oder Bußgeldverfahren in gleicher Sache
Dienstvergehen können gleichzeitig auch einen Verstoß gegen Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht bedeuten. In
diesem Fall sind einige Besonderheiten zu beachten.
So gilt im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht der
Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“, was bedeutet, dass jemand nicht zweimal wegen der gleichen Sache belangt werden darf. Dieser Rechtsgrundsatz ist auch im Disziplinarrecht
zu beachten. Ein Straf- oder Bußgeldverfahren in gleicher Sache kann daher einer Disziplinarmaßnahme entgegenstehen.
Es darf aber nicht übersehen werden, dass Straf- und
Ordnungswidrigkeitenrecht auf der einen Seite und das Disziplinarecht auf der anderen Seite sich in ihrer Zielsetzung
unterscheiden und auch nicht die identischen Wertemaßstäbe ansetzen. Verkürzt gesagt: Von Beamtinnen und Beamten wird mehr Rechtstreue und Pflichtbewusstsein erwartet als von „normalen“ Bürgerinnen und Bürgern. Dies
kann dazu führen, dass trotz eines Straf- oder Bußgeldverfahrens in gleicher Sache noch eine Disziplinarmaßnahme
ausgesprochen werden kann, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um die Beamtin oder den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten oder das Ansehen des Berufsbeamtentums
zu wahren. Man spricht hier vom sogenannten disziplinären
Überhang. Einzelheiten regelt Art. 15 BayDG.
Eine weitere Besonderheit ist, dass tatsächliche Feststellungen in einem rechtskräftigen Urteil in einem Straf- oder
Bußgeldverfahren für ein Disziplinarverfahren bindend sind
(Art. 25 Abs. 1 BayDG). Eigene Ermittlungen sind dann insoweit nicht mehr durchzuführen. Aufgrund dessen ist ein Disziplinarverfahren auch auszusetzen, wenn in gleicher Sache
im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben wird (Art. 24
BayDG).
CLAUS-PETER SPIESS
BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG,
LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN
[email protected]
SUB 6-7/2015
FÜHRUNG
Zum Selbstverständnis der
Landwirtschaftsverwaltung
Dienstleistungen für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum in Bayern
von JAKOB OPPERER: Die Landwirtschaft und der ländliche Raum stehen bei internationalen
Organisationen wie zum Beispiel der FAO, bei den Organen der EU sowie bei verschiedenen
Ministerien im Bund und in Bayern auf der politischen Agenda. Unbestritten sind es aber die
Verwaltungen der Länder, wie die des Freistaats Bayern, die diesen Themen am nächsten
stehen. Sie haben den unmittelbarsten Kontakt mit der Landwirtschaft, den Bürgermeistern
und den Landräten aus dem ländlichen Raum. Man könnte deshalb davon ausgehen, dass die
bayerischen Verwaltungen am besten wissen, was zu tun und was zu lassen ist.
SUB 6-7/2015
Markenkern der Verwaltung muss sichtbar sein
Aus guten Gründen hat sich Bayern, wie viele andere Länder
auch, in den vergangenen 200 Jahren für eine eigene Fachkompetenz in den für das Gemeinwesen und das Staatswohl
essentiellen Bereichen entschieden. Vergleicht man unsere
wirtschaftliche und soziale Situation mit der vieler anderer
Staaten, wird offensichtlich, dass dieser Weg der richtige war,
weil er zu einer gesunden Balance zwischen öffentlichen
und privaten Interessen führte.
Dennoch ist es richtig, ein über viele Jahre und Jahrzehnte gewachsenes Selbstverständnis immer wieder kritisch zu beleuchten. Man kann dies zum Beispiel mit der
Frage, ob Fachverwaltungen heute noch gerechtfertigt sind,
machen. Die Antwort lautet eindeutig: Ja! Allerdings sind an
dieses Bekenntnis Bedingungen zu knüpfen. Wie das Wort
Fachverwaltung sagt, muss sie sich an fachlichen Gesichtspunkten orientieren und wissen, wofür sie steht. Ihr „Markenkern“ muss für die Kundschaft, aber auch für Außenstehende erkennbar sein.
Man muss als fachkompetenter, unabhängi­
ger und neutraler Ratgeber gefragt sein.
Das geht nicht ohne die Generierung neuen Wissens durch
Untersuchungen, Forschungsvorhaben und persönliche Erfahrungen. Die Ergebnisse müssen Bestandteil von Bildungsmaßnahmen und des Wissenstransfers sein. Und nicht zuletzt müssen sie die Grundlage für den Hoheitsvollzug und
für die Fördermaßnahmen bilden. Jede einzelne Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter muss sich immer wieder bewusst machen, dass es um Landwirtschaft, ländlichen Raum, Ernäh-
65
FÜHRUNG
Ganz so einfach ist es freilich nicht. Die Europäische Union
wacht darüber, ob EU-Richtlinien und -Verordnungen eingehalten und wie Fördermittel in den einzelnen Mitgliedstaaten ausgereicht werden. Auch der Einsatz öffentlicher
und privater Gelder für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben hat sich streng an europäischen und bundesdeutschen Vorgaben zu richten. Innerhalb des Landes Bayern
haben verschiedene Verwaltungen direkten Einfluss auf
die Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Neben dem
unmittelbar dafür zuständigen Ressort, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, beschäftigen sich zahlreiche andere Ministerien und ihre nachgeordneten Behörden damit. Sogar das Finanzministerium,
das sich neuerdings Heimatministerium nennt, ist mittlerweile ins operative Geschäft eingestiegen. Und dann gibt
es noch unterschiedliche Behörden innerhalb des Landwirtschaftsressorts, die sich mit diesen Themen befassen.
Neben dem Ministerium sind das vor allem die Ämter für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Ämter für ländliche Entwicklung, die Führungsakademie für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, die Landesanstalten und die
Kompetenzzentren.
Diese Einrichtungen haben ihre spezifischen Besonderheiten, aber auch gemeinsame Schnittmengen mit den anderen Behörden. Gelegentlich stellt sich die Frage, ob man
das Ganze unter dem Stichwort „Schlanker Staat“ nicht einfacher und effizienter organisieren könnte. Da oder dort gibt
es auch die Meinung, dass sich staatliche Behörden auf reine
Verwaltungsaufgaben beschränken und fachliche Belange
der Politik und der Wirtschaft überlassen sollten. Wenn es für
Entscheidungen Sachverstand braucht, dann könnte man
diesen ja bei Hochschulen, Verbänden oder Firmen einholen.
FÜHRUNG
rung und Forsten geht. Das sind die Pflichtfelder, die
wahrnehmbar belegt und besetzt werden müssen. Fachverwaltungen werden dann in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen, wenn Aufgaben effizient und sachgerecht erledigt und transparent gesteuert werden. Parallelarbeiten sind
tunlichst zu vermeiden. Die Politik für den Bürger und die
Nähe zum Bürger hat dort ihre Grenzen, wo Ressourcen verschwendet und Arbeiten nebeneinanderher laufen. Das veränderte Mobilitätsverhalten in der Gesellschaft und neue
Medien erfordern heute andere Angebotsstrukturen als früher. Zusammenarbeit und arbeitsteiliges Handeln können
Reserven mobilisieren. Deshalb sind sie ganz gezielt zu nutzen. Zu einer verbesserten Wahrnehmung gehört auch, dass
Ziele formuliert und die Ergebnisse verständlich publiziert
werden. Gerade bei arbeitsteiligen Prozessen, wie dem Wissenstransfer, ist es notwendig, dass die Zusammenarbeit unter Partnern reibungslos klappt.
muss sich in regelmäßigen Abständen fragen, ob die richtigen Themen angepackt und die richtigen Fragen gestellt
werden. Dafür braucht es längerfristige Perspektiven und
die Flexibilität, aktuelle Probleme schneller aufgreifen zu
können. Obwohl die personellen Spielräume immer geringer werden, sollten wir uns im Denken und Handeln Freiräume bewahren und sichern. Vielleicht schlummern ja auch
noch Reserven in einer besseren Zusammenarbeit der einzelnen Verwaltungen unserer breit aufgestellten Fachverwaltung.
Nutznießer leisten Beitrag für Leistungen
Eine Fachverwaltung ist kein Wissensdiscounter der Beliebigkeit, bei dem man sich zu Schnäppchenpreisen bedienen
kann. Eine Verwaltung kann und muss fördern und fordern.
Das bedeutet, dass die Nutznießer staatlicher Leistungen einen angemessenen Eigenbeitrag leisten müssen. Dies müssen nicht zwingend finanzielle Beiträge sein. Wichtig und
zielführend können auch
AAdie Beteiligung an Untersuchungen,
AAdie Bereitstellung von Daten,
AAdas Engagement in Arbeitskreisen und
AAdie Öffnung der Betriebe für die Öffentlichkeit sein.
Zu guter Letzt sollten wir es uns auch rechtzeitig eingestehen, wenn wir etwas nicht mehr schaffen, weil uns die personellen Ressourcen fehlen. Es ist dann allemal besser, die
Bremse zu ziehen und Aufgaben auf- oder abzugeben, als sie
oberflächlich und fehlerhaft zu erledigen. Genau daran wird
eine Fachverwaltung nämlich gemessen.
FÜHRUNG
Die Bedeutung von Forschung und Entwicklung für einen
Wirtschaftszweig ist allgemein unumstritten. Es ist höchste
Zeit, dass man deren Wert auch für die Landwirtschaft und
für den ländlichen Raum wieder erkennt. Dass eine neutrale
und wirtschaftlich unabhängige Datenerhebung, Interpretation und Beratung einen hohen Wert darstellt, wird vor dem
Hintergrund starker Monopolisierungs- und Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft immer offensichtlicher.
Schlussfolgerungen für die Verwaltung
Was bedeutet dies für die bayerische Landwirtschaftsverwaltung? Um als Fachverwaltung er- und anerkannt zu werden, dürfen wir nicht als Konglomerat verschiedener Einzelverwaltungen wahrgenommen werden. Notwendig ist ein
gut organisiertes Fachressort, bei dem die Zuständigkeiten
klar geregelt sind und jeder weiß, was seine Aufgabe ist. Man
66
Landwirtschaft, Forsten, Ernährung
und ländliche Entwicklung haben
mehr gemeinsame Schnittmengen,
als man denkt.
JAKOB OPPERER
PRÄSIDENT DER
BAYERISCHEN LANDESANSTALT FÜR
LANDWIRTSCHAFT
[email protected]
„Treffende Bemerkungen mögen
ihre Wirkung haben,
doch ist noch kein Wort je
so wirkungsvoll gewesen,
wie eine Kunstpause zur rechten Zeit.“
Mark Twain
SUB 6-7/2015
FÜHRUNG
Vom Landwirtschaftsamt ins
Landratsamt
von ANGELIKA SPITZER: Maria Rita Zinnecker, im März 2014 zur Landrätin des Landkreises
Ostallgäu gewählt, ist ein echtes Gewächs der Landwirtschaftsverwaltung und als Ökotrophologin für die Laufbahn des höheren landwirtschaftlich-hauswirtschaftlichen Beratungs- und
Fachschuldienstes qualifiziert. Sie leitete als Ministerialrätin das Referat für Ernährungsstandards und Qualitätssicherung im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten und anschließend das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren.
Nun steht sie seit mehr als einem Jahr an der Spitze einer noch größeren Verwaltung und noch
stärker im Rampenlicht der Öffentlichkeit. „Schule und Beratung“ fragt nach, wie es ihr mit
ihrer neuen Aufgabe geht.
Was war für die Landrätin Zinnecker die bedeutendste Veränderung im Vergleich zur Behördenleiterin?
Herausforderungen sind sicher die Breite der Themen und
die vielen Positionen, die gleichzeitig mit einem solchen Amt
verbunden sind. So bin ich zum Beispiel Vorsitzende des
Tourismusverbandes, des Landschaftspflegeverbandes, des
Zweckverbandes Allgäuer Moorallianz, des Kommunalunternehmens Kliniken, im Verwaltungsrat der Sparkassen, im
Aufsichtsrat der Allgäu GmbH sowie im Vorstand der Europäischen Metropolregion München und, und, und. Also neben der klassischen Arbeit im Landratsamt noch eine Vielzahl weiterer Positionen, in denen es gilt die Interessen des
Landkreises zu vertreten. Auch die permanente Wahrnehmung in der Öffentlichkeit hat man als Behördenleiterin in
diesem Ausmaß nicht.
Was unterscheidet die Führung eines LRA von der
eines AELF?
Zum einen die Größe der Behörde: Das Landratsamt Ostallgäu ist von der Anzahl der Mitarbeiter her so groß wie das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Hinzu
SUB 6-7/2015
kommen noch die angegliederten Einrichtungen, wie zum Beispiel die
drei Bauhöfe oder die elf
landkreiseigenen Schulen. An meinen bisherigen Führungspositionen
habe ich häufig aktiv
meine Mitarbeiter aufgesucht. Dies ist bei einer
Behörde mit vier Abteilungen und 20 Sachgebieten leider nicht mehr
realisierbar. Es lag mir
aber sehr am Herzen, in
den ersten drei Monaten AA Maria Rita Zinnecker, Landrätin am
sämtliche Sachgebiete
Landratsamt Ostallgäu
und die Bauhöfe persönlich zu besuchen, was ich auch geschafft habe.
Zum zweiten ist die politische Dimension in dieser Position nicht zu unterschätzen: Es gibt einen Kreistag, der in vielen Bereichen mitbestimmt.
Was gefällt Ihnen am besten in Ihrem neuen Amt?
Am besten gefällt mir der Kontakt zu Menschen – dafür muss
man Menschen mögen, sonst ist man meiner Meinung nach
fehl am Platz. Außerdem begeistern mich die Vielfalt der
Themen und Aufgaben. Nicht zuletzt schöpfe ich auch gerne
das kreative Potenzial und die Gestaltungsfreiräume aus, die
man zusammen mit den Mitarbeitern hat.
Was fordert Sie heraus? Vermissen Sie auch etwas?
In all meinen bisherigen beruflichen Veränderungen habe
ich immer auch die Chancen und Herausforderungen gese-
67
FÜHRUNG
Frau Zinnecker, seit einem Jahr Landrätin, sind Sie
schon angekommen in Ihrem neuen Amt?
Ich hatte eigentlich keine Zeit zum Ankommen: Nur vier Wochen nach der Wahl ging es am 1. Mai unmittelbar los mit den
neuen Aufgaben. Ich habe eine sehr gute Mannschaft im
Landratsamt und ein schlagkräftiges Team in meinem Umfeld vorgefunden, was mir den Start erleichtert hat. Es gab
keine Schonfrist, im Gegenteil, in der ersten Zeit kommen
deutlich mehr Anliegen und zahllose Antrittsbesuche und
Einladungen. Dadurch konnte ich mich aber auch sehr schnell
einarbeiten und kann nun sagen: Ja, ich bin angekommen!
FÜHRUNG
hen – die Freude an der neuen Aufgabe überwiegt. Außerdem habe ich gar keine Zeit zum Zurückblicken!
Was hat Sie am meisten geprägt?
Das war mit Sicherheit die Vielfalt meiner bisherigen Positionen. Ich habe alle Verwaltungsebenen und mehrere Ressorts
kennengelernt (Ämter, Regierung, zwei Ministerien). Ich war
Mitarbeiter und Führungskraft, kenne also beide Seiten. Davon profitiere ich sehr.
Was hilft Ihnen in Ihrer neuen Funktion?
Mit den Strukturen der Landratsämter hatte ich mich zumindest von außen bereits intensiv befasst. Außerdem war ich
selber bereits als Kreisrätin in einem kommunalen Gremium,
habe also auch die politische Seite dieses Amtes gekannt.
Was die Situation als Frau in einer solchen Position und
eine von vier Landrätinnen in den 71 bayerischen Landkreisen betrifft: Als ehemals eine von vier Behördenleiterinnen
in Bayern und eine der wenigen weiblichen Referatsleiterinnen im Staatsministerium ist dies für mich keine neue Rolle.
FÜHRUNG
Wie bewerten Sie rückwirkend Ihre Qualifizierung in
der Landwirtschaftsverwaltung?
Die Aus- und Fortbildungsangebote beziehungsweise Qualifizierungen der Landwirtschaftsverwaltung haben mir sehr
viel gebracht. Neben den Fortbildungen in Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Moderation und Projektmanagement,
waren die Qualifizierungen für Führungskräfte, z. B. im
Change­management, in der Personalführung und im Controlling, sowie die Mitwirkung als Beobachter beim Assessmentcenter besonders hilfreich.
Wo liegen die Berührungspunkte mit Ihrer ehemaligen Verwaltung?
Die Land- und Forstwirtschaft spielt im Ostallgäu strukturell
eine bedeutende Rolle. Im Landratsamt gibt es viele Schnittstellen zur Landwirtschafts- und Forstverwaltung und beide
Seiten profitieren von einer engen Zusammenarbeit. So
habe ich viele Aufgaben und Themen mitgenommen, bei
denen ich jetzt in der Position bin, Initiative zu ergreifen und
bei Bedarf etwas zu verändern.
Neben zahlreichen Privilegierungssachverhalten und
Baugenehmigungen, die jeweils Einzelfallentscheidungen
sind, nachfolgend nur ein paar aktuelle Beispiele:
AAder Bau der beiden neuen Schulen (Landwirtschaftsschule und Technikerschule) im Rahmen des neuen
Grünen Zentrums Ostallgäu-Kaufbeuren;
AAdie Kreuzkrautproblematik im Allgäu – mit der
Auflage eines Fonds zur Unterstützung der Landwirte bei der Entsorgung;
68
AAeine Allgemeinverfügung für bestimmte Gebiete im
Rahmen des Bibermanagements;
AAdie TBC-Problematik bei Rindern und Wild, hier
insbesondere derzeit den Umgang mit Untersuchungsverweigerern;
AAals LAG-Vorsitzende der Start der neuen Leader-Förderperiode mit entsprechenden Projekten;
AAdie Zusammenarbeit mit Jägern und Waldbesitzern,
oder ganz konkret eine Kommunalbürgschaft für das
Walderlebniszentrum.
Wie sehen Sie als jetzt Außenstehende unsere
Verwaltung?
Von außen betrachtet ist die Organisation der Ernährungs-,
Land- und Forstwirtschaftsverwaltung auf allen Ebenen
schwierig zu durchschauen und schwer nachvollziehbar, insbesondere die Veränderungen in den letzten Jahren. Die Zuständigkeiten und Nichtmehrzuständigkeiten sind nicht immer transparent. Auch die Steuerung und Verantwortlichkeiten in den beiden Bereichen Land- und Forstwirtschaft und
den Außenstellen sind verwirrend für Außenstehende. Großen Respekt hat die Förderabwicklung verdient! Und was
meiner Meinung nach gar nicht genug wertgeschätzt werden kann, ist das Bildungs- und Beratungsangebot in den
Behörden und Schulen.
Land- und Forstverwaltung und Landratsämter können
viel voneinander lernen. Ich schlage deshalb vor, dass in die
Ausbildung des Nachwuchses bei allen Laufbahngruppen
in der Land- und Forstverwaltung ein Abschnitt in einem
Landratsamt aufgenommen wird – möglicherweise im Rahmen eines „Volontariats“. Davon würden beide Seiten profitieren!
Was möchten Sie den ehemaligen Kolleginnen und
Kollegen noch mitgeben?
Etwas Werbung in eigener Sache: Ich lade sie ein ins wunderschöne Ostallgäu – den zehntgrößten Landkreis in Bayern –
wo auf den Bergen Schlösser wachsen. Landwirtschaftlich
und touristisch geprägt mit abwechslungsreichen landschaftlichen Strukturen, Bergen, Seen und Schlössern. Ich
freue mich immer auf ein Wiedersehen!
Frau Zinnecker, vielen Dank für das Interview.
DAS INTERVIEW FÜHRTE
ANGELIKA SPITZER
STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG,
LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN
[email protected]
SUB 6-7/2015
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Das Recht am eigenen Bild
Urheberrecht und Kunsturheberrecht – Teil 2
von SONJA OBERSEIDER und SONJA BÖHM: Nicht nur das Werk an sich ist urheberrechtlich
geschützt, auch die Personen, die es abbildet, genießen einen besonderen Schutz. Ob Abbildungen von Personen verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt, beispielsweise im Internet
veröffentlicht oder auf Flyern oder in der Zeitung abgedruckt werden dürfen, ist im Gesetz
betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG), oft genannt Kunsturhebergesetz, geregelt.
Regelmäßig nur mit Einwilligung
Grundsätzlich darf jede Person selbst bestimmen, ob sie
möchte, dass eine Abbildung von ihr in irgendeiner Form
veröffentlicht oder verbreitet wird. Dieses Recht am eigenen
Bild ist Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf allgemeine
Selbstbestimmung.
§ 22 KunstUrhG verlangt daher für die Verbreitung oder
öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen grundsätzlich
die Einwilligung der abgebildeten Personen. Entscheidend
ist, dass diese Einwilligung nicht für das Fotografieren, sondern für das Verbreiten oder öffentliche Zurschaustellen erforderlich ist. Unter Verbreiten und öffentlicher Zurschaustellung fallen alle Handlungen, die das Bildnis körperlich
verbreiten, bzw. das Bildnis gegenüber einer nicht begrenzten Öffentlichkeit sichtbar machen (1). Dies kann beispielsweise die Verwendung eines Bildnisses auf Flyern, Plakaten,
in der Zeitung, in Film oder Fernsehen, auf der Homepage
oder in einer Präsentation sein.
Gesetzlich gilt eine Einwilligung nur in einem Fall als im
Zweifel erteilt, nämlich wenn die abgebildete Person für die
Abbildung bezahlt wurde. Dies ist v.a. bei Models der Fall, die
SUB 6-7/2015
sich gegen Bezahlung ablichten lassen. Mit Bezahlung ist im
Regelfall jedoch nicht der normale Arbeitslohn bzw. die Besoldung der Beschäftigten gemeint (2).
Von einigen wenigen Ausnahmen ist andernfalls immer
eine Einwilligung der abgebildeten Personen für die jeweilige Verwendung erforderlich. Sie ist nur wirksam, wenn die
betroffene Person über die genaue Nutzung des Bildnisses
informiert wurde und die Einwilligung für diese Verwendung erteilt hat. Spricht beispielsweise ein Fotograf bei einer
Veranstaltung Personen an einem Stand an, ob er sie fotografieren darf, um das Bild zu Werbezwecken auf die Homepage des AELF zu stellen, haben die Personen ihr Einverständnis durch schlüssiges Handeln erteilt, wenn sie sich lächelnd für die Kamera aufstellen. Von dieser Einwilligung
wäre aber nicht die Verwendung des Bildes für Flyer oder
Plakate oder zu Werbezwecken für eine andere Firma gedeckt. Soll das Bild nachträglich für einen anderen Zweck
oder mittels eines anderen Mediums verbreitet werden,
muss die betroffene Person gesondert einwilligen.
Neben schriftlichen sind auch mündliche Einwilligungen
oder Einwilligungen durch schlüssiges Handeln wirksam. Im
Streitfall ist der Beweiswert einer schriftlichen Einwilligungserklärung zur berechtigten Verwendung jedoch ungleich
höher als „Aussage gegen Aussage“.
Bei Kindern Einwilligung beider Eltern
Bei Kindern ist erhöhte Sensibilität geboten. Kinder besitzen
ein eigenes Persönlichkeitsrecht. Deshalb ist bei Einsichtsfähigkeit des Kindes zusätzlich die Einwilligung des Kindes erforderlich. Diese Einsichtsfähigkeit ist in der Regel mit Vollendung des 14. Lebensjahres gegeben (3). Allein die Einwilligung des Kindes reicht aber nicht aus. Da Kinder die Tragweite einer Veröffentlichung noch nicht absehen können, ist
hier grundsätzlich die Erlaubnis der Eltern als gesetzliche
Vertreter des Kindes einzuholen. Teilen sich Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder, müssen beide Elternteile in die konkrete
69
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
Gerade Fotografien mit Kindern erzeugen oft die besondere
Aufmerksamkeit beim Leser eines Fachartikels oder einer Informationsbroschüre. Mit Waldpädagogik, ErlebnisBauernhof und dem Netzwerk Junge Familie gehören auch Themen
zu unserem Ressort, die zwingend mit Kindern verbunden
sind. Schnell kann man in Schwierigkeiten geraten, wenn die
notwendigen Vorkehrungen nicht getroffen sind, die bei der
Verwendung von Bildern mit Abbildungen von Personen zu
beachten sind.
Der vorliegende Artikel will daher das Problembewusstsein im Zusammenhang mit der Abbildung von Personen
schärfen. Eine juristische Prüfung im Einzelfall kann er leider
nicht ersetzen.
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
Verwendung der Abbildung einwilligen. Aufgrund der mittlerweile großen Anzahl der Getrenntlebenden oder nicht
verheirateten Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht sollte
grundsätzlich immer die Einwilligung beider Elternteile eingeholt werden. Sofern sich nämlich beide Elternteile nicht einig über die Veröffentlichung von Bildnissen ihres gemeinsamen Kindes sind, kann dies zu Problemen führen. Vorsicht ist
auch bei Einwilligungserklärungen der Eltern gegenüber der
Schule geboten. Die Verwendung von Fotos der Schüler bei
Exkursionen oder Waldfesten für außerschulische Zwecke,
wie etwa die Verwendung auf der Homepage eines AELF, ist
in der Regel nicht von den Einwilligungen, die die Schule eingeholt hat, umfasst.
Einwilligungsfreie Ausnahmen
Vom grundsätzlichen Einwilligungserfordernis gibt es einige
Ausnahmen, die in § 23 KunstUrhG geregelt sind.
Ohne die Einwilligung der abgebildeten Personen dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte veröffentlicht werden. Hierunter fallen Abbildungen von Politikern,
Prominenten oder Ereignissen, die die Bevölkerung interessieren. Dies kann auch ein Tag der offenen Tür oder ein Waldfest sein. Leider gibt es keine pauschale Antwort darauf, ob
ein Ereignis der Zeitgeschichte vorliegt. Vielmehr muss in jedem Fall abgewogen werden, ob das Informationsinteresse
der Bevölkerung und die Pressefreiheit gegenüber den Interessen der abgebildeten Person, namentlich den Schutz der
Privatsphäre, überwiegen. Voraussetzung für die einwilligungsfreie Verwendung ist, dass die Berichterstattung der
öffentlichen Meinungsbildung dienen kann (4). Als Faustregel gilt; je größer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Abbildung ist, umso weniger wiegt das Interesse
des Betroffenen auf Privatsphäre (5). Wichtig ist, dass gewöhnliche Privatpersonen, die nur für einen bestimmten
Zeitraum in der Öffentlichkeit stehen, etwa aufgrund eines
bestimmten Ereignisses, auch nur für diesen Zeitraum als im
Blickpunkt der Öffentlichkeit stehende Personen anzusehen
sind (6). Solche Abbildungen dürfen dementsprechend nicht
mehr verwendet werden, wenn durch Zeitablauf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit entfallen ist. Auch die
Größe des Informationsinteresses der Öffentlichkeit spielt
eine Rolle. Entscheidend kann hier sein, ob es sich „nur“ um
ein regionales Ereignis handelt oder um ein Ereignis, das
bundesweit von Interesse ist. Bei Politikern besteht regelmäßig ein höheres Informationsinteresse als bei Privatpersonen (7).
Auch Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen, an denen die abgebildeten Personen teilgenommen haben, dürfen ohne Einwilligung der abgebildeten Personen verbreitet und zur Schau gestellt werden. Dies
70
sind beispielsweise Demonstrationen oder Sportveranstaltungen, aber auch Kongresse oder Vereinsveranstaltungen.
Nachdem sich die Personen hier freiwillig in die Öffentlichkeit begeben haben, müssen sie damit rechnen, fotografiert
und abgebildet zu werden. Feste, Tage der offenen Tür und
Informationsveranstaltungen fallen ebenfalls hierunter,
nicht aber rein private Veranstaltungen (8). Entscheidend ist
hier, dass bei diesen Abbildungen die Versammlung oder die
Veranstaltung im Vordergrund steht. Einzelne Gesichter dürfen zwar erkennbar sein, der Schwerpunkt der Abbildung
muss jedoch auf der Versammlung liegen und nicht auf einzelnen individuellen Personen. Hier empfiehlt es sich, einen
repräsentativen Ausschnitt der Veranstaltung mit mehreren
Personen zu fotografieren, so dass die Versammlung oder
Veranstaltung erkennbar ist (9).
Als weitere Ausnahme dürfen Bildnisse, auf denen die
Personen lediglich als Beiwerk neben einer Landschaft
oder einer sonstigen Örtlichkeit stehen, ohne Einwilligung
der Abgebildeten veröffentlicht werden. Dies wäre beispielsweise eine Fotografie vom Eiffelturm, auf der zufällig
einige Personen zu sehen sind. Als Faustregel bei Landschaftsbildern gilt, dass das Bild ohne die abgebildeten
Personen auskommen kann, ohne dass dies am Charakter
des Bildes etwas ändert (10).
Aufnahmen von Gebäuden und Sachen
Aufnahmen von Sachen können auch ohne die Einholung einer Einwilligung verbreitet werden. Zu beachten sind aber
etwaige Urheber- oder Markenrechte. Bei Gebäuden gilt,
dass Außenaufnahmen, die von allgemein zugänglichen Orten gemacht wurden, grundsätzlich ohne Einwilligung des
Eigentümers oder Nutzers verbreitet werden dürfen. Von
dieser sogenannten Panoramafreiheit ist jedoch nicht gedeckt, sich durch Hilfsmittel, etwa mittels Leitern oder von
einer höher gelegenen Wohnung aus, einen besseren Blickwinkel auf das Gebäude zu verschaffen (11). Auch dürfen insbesondere eingefriedete Grundstücke nicht betreten werden, um Gebäude zu fotografieren. Die Verbreitung oder
Veröffentlichung solcher Bilder ist ohne Einwilligung des
Grundstücksbesitzers nicht zulässig.
Vorsicht ist auch bei Abbildungen von Sachen oder Gebäuden geboten, wenn persönliche Daten betroffen sind.
Gerade durch kritische Artikel oder Bildunterschriften kann
ein Eigentümer einer Sache oder ein Tierhalter verunglimpft
werden, bzw. ihm kann Rufschädigung drohen, wenn durch
die Abbildung auf die Identität der Person rückgeschlossen
werden kann. Auf der sicheren Seite ist man daher, wenn bei
der Abbildung von Kfz-Kennzeichen oder Tierohrmarken
mit der Betriebsnummer generell die Einwilligung der betroffenen Person eingeholt wird.
SUB 6-7/2015
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Formular zur Einwilligung der Abbildung der eigenen
Person unter Info-Anbieter/FüAk/Sonstiges/Öffentlichkeitsarbeit:
http://www.stmelf.bybn.de/fueak/sonstiges/oeffentlichkeitsarbeit/medbeauftragte/doks/einwilligungserklaerung_06_12.doc
dies vor Augen führt, kommt man in den meisten Fällen mit
Sensibilität und gesundem Menschenverstand auch ohne
vertiefte juristische Prüfung zur rechtlich richtigen Lösung.
Grundsätzlich ist man mit folgendem Motto immer gut beraten:
„Im Zweifel lieber einmal mehr die Einwilli­
gung der abgebildeten Personen einholen,
als hoffen, dass alles schon seine Richtigkeit
haben wird“.
Formular zur Einwilligung der Eltern zur Abbildung
Kinder unter Info-Anbieter/FüAk/Sonstiges/Öffentlichkeitsarbeit:
http://www.stmelf.bybn.de/fueak/sonstiges/oeffentlichkeitsarbeit/medbeauftragte/doks/einwilligungserklaerung_eltern_06_12.doc
Formular zur Übertragung von Bildnutzungsrechten unter Info-Anbieter/FüAk/Sonstiges/Öffentlichkeitsarbeit:
http://www.stmelf.bybn.de/fueak/sonstiges/oeffentlichkeitsarbeit/medbeauftragte/doks/bildnutzungsrechte_07_09.doc
Rechtliche Konsequenzen bei Verstoß
Sollte es trotz aller Vorsicht zu einer unberechtigten Verwendung eines Bildnisses gekommen sein, kann die betroffene
Person bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen verschiedene Ansprüche geltend machen. Zunächst kann verlangt werden, dass die weitere Verbreitung oder Veröffentlichung des Bildnisses unterlassen wird, bzw. dass die vervielfältigten Bildnisse vernichtet oder an die betroffene Person
herausgegeben werden. Daneben kann entweder eine angemessene Lizenzgebühr, die Herausgabe des erlangten Gewinns aus der Verwendung oder der Ersatz des konkreten
Schadens verlangt werden (12). In der Regel kommt bei Bildnisveröffentlichungen eine angemessene Lizenzgebühr als
Schadensersatz in Betracht, die sich am Honorar orientiert,
das die abgebildete Person üblicherweise für die Zustimmung zur Verwendung ihres Bildnisses erhält (13). Bei
schwerwiegenden Eingriffen kann zusätzlich ein Anspruch
auf eine Geldentschädigung als Ersatz für die immateriellen
Schäden bestehen.
Sensibilität ist gefragt
Bis auf wenige Ausnahmen wollen die wenigsten Personen
bei einer privaten Aktivität fotografiert werden und sich anschließend ungefragt auf einem Werbeplakat oder in der
Zeitung wiederfinden. Die Regeln des Kunsturhebergesetzes verfolgen letztlich nichts anderes, als Personen vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Sofern man sich
SUB 6-7/2015
Literatur
(1) vgl. WANDTKE/FRICKE in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 22 KunstUrhG,
Rn. 8 f. [Wandtke/Bullinger]
(2) vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 18
(3) vgl. DREIER/SPECHT in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz,
4. Auflage 2013, § 22 KunstUrhG, Rn. 26 [Dreier/Schulze]
(4) vgl. BVerfG GRUR-RR 2010, 484
(5) vgl. BGH GRUR 2007, 527, 529
(6) vgl. LG Hamburg ZUM-RD 2009, 30, 31
(7) vgl. DREIER/SCHULZE/SPECHT, KunstUrhG, § 23, Rn. 15
(8) vgl. DREIER/SCHULZE/SPECHT, KunstUrhG, § 23, Rn. 39
(9) vgl. OLG Hamburg GRUR 1990, 35, 36
(10)vgl. DREIER/SCHULZE/SPECHT, KunstUrhG, § 23, Rn. 35
(11) vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 21
(12)vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 28
(13)vgl. WANDTKE/BULLINGER/FRICKE, § 22 KunstUrhG, Rn. 28
SONJA OBERSEIDER
SONJA BÖHM
STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR
ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND
FORSTEN
[email protected]
[email protected]
Der Fehlerteufel hat zugeschlagen
Ausgerechnet im Artikel „Urheberrecht und Kunsturheberrecht“ in Ausgabe 3/2015 war der Bildnachweis zum Bild auf
Seite 25 nicht korrekt. Das Bild ist nicht wie fälschlich angegeben von Sabine Biberger, sondern vom StMELF. Wir bedauern dies sehr!
Die Schriftleitung
71
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
Infobox: Formulare zum Dienstgebrauch im Intranet
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
26 Stationen zum 50. Geburtstag
Jubiläum des AELF Weiden würdig begangen
von PETER GACH: „Süß ist die Erinnerung an vergangene Mühen“ (Euripides 480 – 407 v. Chr.).
Ein Thema in der öffentlichen Meinung zu verankern erfordert harte Arbeit. Mit dem Tag der
offenen Tür haben wir die Aufgaben des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit
der Landwirtschaftsschule dargestellt. Welche Ideen zur Öffentlichkeitsarbeit wir mit einem
Zeitaufwand von 1 600 Stunden umgesetzt haben, beschreibt der Beitrag.
Beethovenstraße 9, Weiden i. d. OPf: Ein Haus ist 50 Jahre
jung und feiert den Tag seiner Einweihung. Ziel der Feierlichkeiten ist es, die Aufgaben des AELF Weiden der Bevölkerung
in Stadt und Land zu vermitteln.
Zum Glück gab es keine weitere, größere Veranstaltung
am Sonntag, 26. Oktober 2014 in der Stadt und im Landkreis.
Den Termin haben wir in die Veranstaltungskalender der Gemeinden eingetragen. Das Wetter hat seinen Beitrag mit einem sonnig, milden Herbsttag geleistet.
Am Anfang stehen Renovierungen
Startschuss war eine Pressekonferenz im November 2012 zur
Grundsteinlegung im Jahr 1962. Landrat und Oberbürgermeister waren als Sachaufwandsträger eingeladen. Mit diesem Besuch starteten Renovierungsmaßnahmen in erheblichem Umfang. Dämmung der Außenfassade, Erneuerung
des Treppenaufganges, Malerarbeiten, Ausbesserung des
AA Das von Peter Gach (links) moderierte Gespräch spannte einen Bogen
über die letzten 50 Jahre
Infobox: Veranstaltungsreihe zu 50 Jahre AELF Weiden im Jubiläumsjahr 2014
Datum
Thema
Ort
Gäste
22. November 2012
Pressegespräch zur Grundsteinlegung für die Land-
AELF Weiden
Landrat, Oberbürgermeister
wirtschaftsschule Weiden vor 50 Jahren
28. Mai 2014
Neuer Internetauftritt des AELF Weiden
AELF Weiden
Landrat, Oberbürgermeister
10. Juni 2014
300. Laufstall im Landkreis Neustadt a. d. W.
Betrieb im Landkreis
Abgeordnete
Bürgermeister der Gemeinde,
MEG Vorsitzender, Molkerei
Bereichsleiter der Molkerei
7. August 2014
Berufsausbildung in der Landwirtschaft
Betrieb im Landkreis
Abgeordnete
Repräsentanten der Aus-und Fortbildung im
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
ländlichen Raum
14. Oktober 2014
Ausstellung „Gesichter eines Dorfes“
AELF Weiden
Landwirtschaft im Dialog mit der Gesellschaft
21. Oktober 2014
Interaktive Ausstellung „Restlos gut essen“
Öffentlichkeit
Kolleginnen und Kollegen des AELF Weiden
AELF Weiden
Multiplikatoren, Schulen, Netzwerk „Junge
Eltern/ Familien“, Öffentlichkeit
72
SUB 6-7/2015
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Ein Jahr lang im Gespräch sein
Die Ideen für einen Tag der offenen Tür kamen von den Kolleginnen und Kollegen. Als hilfreich erwiesen sich auch Besuche von Ausstellungen wie der Tag der offenen Tür in der
Staatskanzlei in München oder der Herbstmarkt in Kelheim.
Hier gab es Anregungen für Medien und Ausstellungsgestaltung. Dem Tag des Jubiläums am 26. Oktober 2014 ist eine
Veranstaltungsreihe vorausgegangen, die im Jubiläumsjahr
stattfand (siehe Infobox).
Für die Öffentlichkeit begann der Tag der offenen Tür
um 13 Uhr. Die Projektverantwortung für die Organisation und Durchführung der Stationen übernahmen die
Kollegeninnen und Kollegen. Wertvolle Unterstützung
lieferten die Ehemaligen der Landwirtschaftsschule
und die Studierenden.
Festakt und Tag der offenen Tür ergänzen sich
Hauptprogrammpunkte des Festaktes am Vormittag waren
AAder Festvortrag von Staatssekretär Albert Füracker
zum Thema „Land- und Hauswirtschaft im Wandel
der Zeit“,
AAdas moderierte Gespräch „Haus für Stadt und Land“
mit Gesprächspartnern vom Verband landwirtschaftlicher Fachbildung, dem Bayerischen Bauernverband, dem Maschinenring und Studierenden.
„Ein Haus für Stadt und Land“
Bei dem moderierten Gespräch antworteten die Teilnehmer auf vorbereitete Fragen. Die Spannung in den
Antworten entstand durch die Sichtweise der Studierenden von 50 Jahren und den Absolventen des Jahrganges 2014/15. Sie vermittelten den Zuhörern ihre
Sichtweise, was in ihrem Jahrgang von besonderem Interesse war.
An die Absolventen der Land- und Hauswirtschaft
vor 50 Jahren richteten sich die Fragen „Was hat sich
im Rückblick anders entwickelt, als Sie es vermutet
haben?“ oder die Frage nach der „ewigen Wahrheit“:
„Was hat sich in den letzten Jahren nicht verändert?“
Alle hörten dieser Zeitreise gespannt zu.
Die Geschäftsführer des Bayerischen Bauernver­
AA Chronik der Ehemaligen
AA Aufbau der Station Hauschronik
AA In der Kinderbackstube
AA Fast kein Durchkommen
SUB 6-7/2015
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
Parkplatzes, Erneuerung der Grünanlagen und vieles mehr
sind in dieser Zeit erfolgreich ausgeführt worden.
73
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
bandes und des Maschinenringes beleuchteten blitzlichtartig die Schwerpunkte, die sie in den vergangenen Jahren im
Unterricht gesetzt haben.
Die Brücke in die Zukunft bauten zum Abschluss die Absolventinnen des letztjährigen Jahrganges der Land- und
Hauswirtschaftsschulen: „Welche Ziele haben Sie sich nach
dem Schulabschluss 2014 für Ihren Betrieb vorgenommen?“.
Zur Auflockerung des Gespräches haben wir über eine
Power­Point-Präsentation Bilder eingeblendet, die die Aussagen der Akteure bildhaft dargestellt und verstärkt haben z. B.
einen Waschvollautomat aus den sechziger Jahren oder das Familienbild mit vier Generationen unserer jungen Absolventen.
Das moderierte Gespräch mit sechs Teilnehmern und einem Moderator hatte einen Zeitbedarf im Festprogramm von
40 Minuten. Hier war die Disziplin aller Teilnehmer gefordert.
Per Livestream in den Melkstand
Die 26 Stationen, 20 davon von den Kolleginnen und Kollegen des AELF Weiden konzipiert und betreut, waren jede für
sich ein Highlight. Jeweils aus der Sicht des Betrachters haben sich die Jüngsten am Streichelzoo und in der Backstube
für Kinder erfreut, die Ehemaligen studierten eifrig die Bilder
der Schülerchronik von 1964 bis 2014. Andere interessierten
sich besonders für die Ausstellung „RESTLOS GUT ESSEN“.
Die Technikbegeisterten bestaunten eine Schlepperschau
oder erfreuten sich an einer Echtzeitübertragung (Live-Streaming), die mit einer Kamera aus einem Melkstand mit einem automatischen Melksystem live ins Klassenzimmer an
die Wand projiziert wurde. Ein ehemaliger Studierender
machte dies in Zusammenarbeit mit dem Melkmaschinenhersteller technisch möglich. Auch die Ausstellung „Gesichter eines Dorfes“, zu deren Besuch die Studierenden mit alkoholfreien Cocktails einluden und die Stände für das
leibliche Wohl fanden, wie erwartet, guten Zuspruch.
ÖFFENTLICHKEITS­
ARBEIT
Die Nachbereitung
Eine gute Nachbereitung einer Veranstaltung dient zur nachhaltigen Sicherung des Erfolges. Das beginnt mit dem Aufräumen des Hauses, der Rückgabe der geliehenen Ausstellungsobjekte, der Evaluierung des Jubiliäumstages mit den
Kollegeninnen und Kollegen und endet mit einer Brotzeit
und der persönlichen Danksagung an alle Beteiligten.
Die Presse würdigte diesen Tag mit drei Beiträgen. Die Überschriften der Artikel sind ein Blitzlicht dieses Tages:
AA28. Oktober 2014: Mit 50 auf der Höhe der Zeit
AA30. Oktober 2014: 26 Stationen zum 50. Geburtstag
– Amt für Landwirtschaft ist bestens besucht
AA5. November 2014: Technische Revolution in Haus
und Hof – Gesprächsforum befasst sich mit dem
Wandel in der Landwirtschaft in den vergangenen
50 Jahren
74
AA Jeder Schlepper ein Jahrzehnt Schleppertechnik ...
Den zeitlichen Aufwand haben wir über die Kosten- und
Leistungsrechnung ermittelt. Für das Jubiläumsjahr haben
wir 1 600 Stunden aufgewendet.
Nutzen und Fazit
AAFür das Haus: Auch kleinere Erhaltungsmaßnahmen
wie ein neuer Innenanstrich für die Garagen kamen
zur Ausführung.
AAFür die Ehemaligen: Der Besuch der Schule und das
Treffen mit früheren Mitschülern bietet immer
Gelegenheit für gute Gespräche.
AAFür die Studierenden: Der Tag der offenen Tür bot
den Studierenden Gelegenheit, ihre Dialogkompetenz mit den Besuchern aus Stadt und Land zu
fördern.
AAFür die Bevölkerung: Die Besucher und die Leser der
Tageszeitung haben erfahren, dass das Amt für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die
Menschen in Stadt und Land arbeitet.
AAFür die Kollegen und Kollegeninnen: Wir identifizieren uns mit einer leistungsstarken Behörde.
PETER GACH
AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT
UND FORSTEN WEIDEN
[email protected]
„Anstrengung ist für edle Geister eine
Stärkung.“
Seneca (ca. 4 v. Chr. – 65 n. Chr., römischer Politiker,
Rhetor, Philosoph und Schriftsteller)
SUB 6-7/2015
Inhalt
Barrierefreiheit
Bildung
Diversifizierung
Energie
Unternehmensberatung
Ernährung
Genie ist
zu 10 % Inspiration und
Europa und Markt
Führung
Öffentlichkeitsarbeit
zu 90 % Transpiration
Umberto Eco
Bayerisches Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
6-7/2015
Fachinformationen aus der
Landwirt­schafts­verwaltung
in Bayern
IMPRESSUM
SCHULE
und
BERATUNG
Herausgeber:
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
ISSN: 0941-360
Internet:
http://www.stmelf.bayern.de/SuB
Abonnentenservice:
Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Porschestraße 5 a, 84030 Landshut,
Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399
Kontakt:
Schriftleitung: Angelika Spitzer,
Porschestraße 5 a, 84030 Landshut,
Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 9522-399
[email protected]
Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten
Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder.
Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt.
Redaktionsschluss für Heft 10/15:
1. August 2015
AA Barrierefreiheit geht uns alle an
AA Elf Wochen nur mit regionalen Produkten
AA Mechanisierte Ernte von Bleichspargel
AA Vom Landwirtschaftsamt ins Landratsamt

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