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Gattungen 4
Plinius ep. III, 14; IX, 3; IX, 12
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Mein Sklave, mein Kind, mein Leben! Gesellschaftskonformes und
gesellschaftskritisches Denken in ausgewählten Plinius-Briefen (10. Klasse)
© iStockphoto
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Dr. Andreas Hensel, Langen
© Hemera
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Wie sieht ein erfülltes Leben aus? – Das ist nur eine der Fragen, mit denen sich Plinius in seinen Briefen beschäftigt.
Die über 300 Briefe des Plinius sind ein Kaleidoskop römischen Lebens in der Kaiserzeit: Private,
gesellschaftliche und allgemein-menschliche
Fragen werden hier berührt. Immer wieder wird
deutlich, dass Plinius gesellschaftskonforme,
aber auch -kritische Töne anschlägt. Seine
human-liberale Grundhaltung ist dabei auf eine
geistige Bewältigung des Lebens ausgerichtet.
Klassenstufe: 10. Klasse, Latein als 2. FS
Dauer:
11 Stunden
Bereich:
Literatur der Kaiserzeit, Brieliteratur; Umgang mit Sklaven, Erziehung, erfülltes Leben
Die Schülerinnen und Schüler lernen an drei
sprachlich einfachen Briefbeispielen diese
Haltung des Plinius kennen und erleben das
Spannungsfeld von gesellschaftskonformen und
-kritischen Aussagen des Autors. Die Lektüre
begleiten Grammatikarbeit, kreative Schreibaufträge und szenische Interpretationselemente.
28 RAAbits Latein Februar 2013
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Plinius ep. III, 14; IX, 3; IX, 12
Gattungen 4
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8./9. Stunde
Thema
Formen der Lebensführung (ep. IX, 3)
Material
Verlauf
M 11
Ein erfülltes Leben … / Bildbetrachtung und Diskussion
M 12
Gut leben heißt unsterblich werden / Texterschließung, Übersetzung, Interpretation von ep. IX, 3; kreatives Schreiben
10./11. Stunde
Thema
Abschlussphase
Material
Verlauf
M 13, Metaplankarten
Die Briefe des Plinius / Diskussion und Mindmapping in Kleingruppen; kreatives Schreiben
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Materialübersicht
1./2. Stunde:
Plinius und seine Briefe – eine Einführung
M 1 (Tx/Ab)
M 2 (Gd)
M 3 (Tx/Gd)
Plinius und seine Zeit
Merkmale der Gattung „Brief“ in der Antike
Sprachbaukasten: Pronomina
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3.–5. Stunde:
Grausame Herren, grausame Sklaven
M 4 (Tx/Ab)
M 5 (Tx/Gd)
M 6 (Tx/Ab)
M 7 (Tx/Bi)
M 8 (Bi)
Grauenvolle Rache (ep. III, 14, 1–5)
Ein multifunktionaler Kasus macht’s anschaulich
Ein Badbesuch als Vorzeichen (ep. III, 14, 6–8)
Laudatio funebris
Sklavenaufstand
6./7. Stunde:
Menschlichkeit als Maßstab der Kindererziehung
M 9 (Tx/Ab)
M 10 (Tx/Bi)
Wenn der Vater mit dem Sohne (ep. IX, 12)
patria potestas und Erziehung der Jungen
8./9. Stunde:
Formen der Lebensführung
M 11 (Fo)
M 12 (Tx/Ab)
Ein erfülltes Leben ...
Unsterblich gut leben (ep. IX,3)
10./11. Stunde:
Abschlussphase
M 13 (Gd)
Schlussgespräch: die Briefe des Plinius
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Lernerfolgskontrolle: Literatur als Partnerersatz?
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Plinius ep. III, 14; IX, 3; IX, 12
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Ein Badbesuch als Vorzeichen (ep. III, 14, 6–8)
Für den Tod des Larcius Macedo hatte es bereits ein schlechtes Omen gegeben:
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© Dorling Kindersley RF
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(6) Verum haec hactenus1. Quid praeterea novi?
Quid? Nihil, alioqui2 subiungerem3; nam et
charta adhuc superest4, et dies feriatus5 patitur
plura contexi6. Addam, quod opportune de
eodem Macedone succurrit7. Cum in publico8
Romae lavaretur9, notabilis10 atque etiam, ut
exitus11 docuit, ominosa12 res accidit.
(7) Eques Romanus a servo eius, ut transitum
daret13, manu leviter admonitus convertit
se nec servum, a quo erat tactus, sed ipsum
Macedonem tam graviter palma14 percussit15, ut
paene concideret16.
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(8) Ita balineum17 illi quasi per gradus18 quosdam primum contumeliae19 locus, deinde exitii20 fuit.
Vale.
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1 hāctenus (Adv.): so weit, bis hierher – 2 aliōquī (Adv.): ansonsten – 3 subiungere, ō, iūnxī, iūnctum:
hinzufügen – 4 charta ... superest: es ist Platz auf dem Blatt – 5 diēs fēriātus: Feiertag – 6 contexere,
ō, texuī, textum: zusammenweben, fortführen, hinzufügen – 7 succurrere, ō, currī, cursum: einfallen –
8 in pūblicō: in einem öffentlichen Bad – 9 lavārī, or, ātus sum: baden – 10 notābilis, e: bemerkenswert –
11 exitus, ūs m.: Ausgang, Ende – 12 ōminōsus, a, um: unheilvoll, reich an Vorbedeutung – 13 trānsitum
dare: Platz machen – 14 palma, ae f.: (lache) Hand – 15 percutere, iō, cussī, cussum: heftig schlagen
– 16 concidere, ō, cidī: hinfallen, stürzen – 17 balineum, ī n.: Bad – 18 gradus, ūs m.: Stufe, Schritt –
19 contumēlia, ae f.: Kränkung, Misshandlung – 20 exitium, ī n.: Tod
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Aufgaben
1. Erschließe den Abschluss des Briefes III, 14, indem du zunächst untersuchst, wie Plinius den
Übergang gestaltet (§ 6a) und welche Begriffe im Folgenden (§ 6b–8) eine inhaltliche Verbindung zum Hauptteil des Briefes erkennen lassen. Untersuche dazu insbesondere den Ort, die
Personen, den Vorgang und das Ergebnis des Geschehens.
2. Übersetze den Text in angemessenes Deutsch.
3. Vergleicht die beiden Episoden und diskutiert: Sind die §§ 6–8 ein beliebiges Anhängsel an
den Brief oder eine vertiefende Deutung?
4. Gestaltet zu beiden Szenen jeweils Standbilder, die das Verhältnis zwischen Herren und
Sklaven und zwischen den Herren untereinander verdeutlichen.
5. Informiere dich mithilfe geeigneter Fachliteratur und des Internets über moderne Theorien
zur Entstehung von Aggression. Versuche, das von Plinius dargestellte Geschehen damit zu
deuten.
6. Relektiere abschließend, wo Plinius in seinem Brief gesellschaftskonformes bzw. gesellschaftskritisches Denken dokumentiert.
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Laudatio funebris
Plinius’ Brief III, 14 greift Elemente einer anderen Textsorte auf.
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Marcus Antonius hält die Leichenrede für Caesar. Holzstich, 19. Jahrhundert
Die laudatio funebris war das zentrale Element der Totenehrung in Rom. Während der Republik wurde
diese Ansprache bei Mitgliedern aus bedeutenden Familien auf dem Forum gehalten. Der Redner
(meist ein Verwandter) sprach von der rostra über die Verdienste des Toten.
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Die festen Bestandteile einer solchen Würdigung waren:
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– Angabe der Vorfahren
– Angabe der honores des Toten
– Anrede/Nennung des Toten
– Feststellung seines Todes
– Darstellung der Verdienste und Leistungen, des Charakters, des Verhaltens (lobende Würdigung)
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– Darstellung der Auswirkungen/Folgen, die sein Tod auf die Lebenden hat
Aufgabe
Erörtere, inwiefern die Gattung der laudatio funebris im vorliegenden Brief von Plinius parodistisch verfremdet wurde, indem du die einzelnen Bestandteile mit lateinischen Zitaten belegst.
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patria potestas und Erziehung der Jungen
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Dies alles darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vater die zentrale Machtinstanz innerhalb der familia war, zu der seine Frau, die Verwandten und die Kinder sowie die Klienten und Sklaven
gehörten. Er hatte für all diese Menschen die rechtliche Verantwortung und übte die Befehlsgewalt
über sie aus. So hatte er u. a. das Recht, das Kind nach eigenem Ermessen zu züchtigen bzw. gar zu töten
(ius vitae necisque), es zu verkaufen (ius vendendi) oder auszusetzen (ius exponendi). In der Kaiserzeit
wurden diese Rechte zwar gesetzlich etwas eingeschränkt, doch an der grundsätzlichen Machtstruktur
wurde auch in dieser Zeit nichts verändert. Die patria potestas erlosch erst mit dem Tod des Vaters oder
etwa, wenn der Junge in eine andere Familie eintrat.
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Ein Kinderleben in Rom
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Ausschnitt aus dem Relief eines Sarkophags, Mitte 2. Jahrhundert n. Chr.
Aufgaben
1. Fasse auf der Grundlage der Materialien die Bedeutung des Vaters für die Erziehung eines
Jungen in der römischen Gesellschaft zusammen.
2. Diskutiert abschließend, inwiefern Plinius in seinem Brief gesellschaftskonforme oder gesellschaftskritische Perspektiven entwirft.
3. Konzipiert ein Standbild, das die Machtkonstellationen innerhalb einer römischen familia
veranschaulicht. Integriert dann die Figur des Plinius mit seiner Haltung in dieses Standbild.
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© akg-images/Erich Lessing
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Die Erziehung der Jungen in der römischen Gesellschaft war weitgehend Aufgabe der Mutter, die zudem
– falls die Familie sich das leisten konnte – Ammen (nutrices) oder ältere weibliche Verwandte mit dieser
Aufgabe betraute. Im weiteren Verlauf ihrer Kindheit wurden die Jungen dann an Sklaven übergeben,
die für die erste Sprachausbildung sorgten. Mit sieben Jahren begann der Elementarschulunterricht
beim ludi magister, der etwa bis zum 12.–14. Lebensjahr dauerte. Reichere Römer ließen ihre Kinder
bei einem Privatlehrer ausbilden. Stammte der Junge aus einer solchen Familie, folgte auf die Elementarschule meist die Ausbildung in Grammatik, Literatur, Geschichte, Geograie, Musik und Mythologie;
daran schloss sich die rhetorische Ausbildung an, die auf eine spätere politische oder anwaltliche Tätigkeit vorbereiten sollte.
Plinius ep. III, 14; IX, 3; IX, 12
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Ein erfülltes Leben ...
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Aufgabe
Diskutiert ausgehend von den Bildern, worin für euch ein erfülltes Leben besteht.
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