Individuelle, ärztliche Beschäftigungsverbote

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Individuelle, ärztliche Beschäftigungsverbote
Individuelle, ärztliche Beschäftigungsverbote für Schwangere
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Individuelle, ärztliche Beschäftigungsverbote für Schwangere
Nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) gibt es zwei Arten von Beschäftigungsverboten:
1. Generelle (weitere) Beschäftigungsverbote
gelten für alle werdenden und stillenden Mütter unabhängig von deren individuellen
Verhältnissen.
Diese generellen Beschäftigungsverbote sind mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft sofort wirksam. Der Arbeitgeber ist verpflichtet diese umzusetzen. Die Beschäftigungsverbote sind in §§ 4 und 8 des Mutterschutzgesetzes geregelt. Zum Beispiel dürfen werdende und stillende Mütter nach § 4 Abs. 1 MuSchG nicht mit schweren und gesundheitsgefährdenden Arbeiten beschäftigt werden.
Diese Beschäftigungsverbote bieten zwar bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf einen ausreichenden Schutz für Mutter und Kind, aber sie können die individuellen Gegebenheiten nicht ausreichend berücksichtigen.
2. Individuelle, ärztliche Beschäftigungsverbote
Diese Regelung bietet der Ärztin/dem Arzt die Möglichkeit zu bestimmen, welche Tätigkeit im Hinblick auf individuelle körperliche Gegebenheiten der werdenden Mutter
bzw. des Kindes eine Gefahr für die Mutter oder das Kind darstellen können und
deshalb nicht mehr ausgeübt werden dürfen.
Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:
1.
2.
3.
Fortdauer der Beschäftigung ist für die Mutter oder das Kind gesundheitsgefährdend (die konkrete Arbeit oder der Arbeitsplatz an sich ist nicht gesundheitsgefährdend).
Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse der Schwangeren, z. B. deren
Konstitution.
Krankhafte Beschwerden fallen nicht hierunter. Vielmehr handelt es sich um
Schwangere mit Beschwerden, die nicht krankhaft sind (z. B. Erbrechen, Rückenschmerzen) oder mit Symptomen wie z. B. Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt, drohende Eklampsie.
Das Beschäftigungsverbot wird mit Vorlage des ärztlichen Zeugnisses beim Arbeitgeber entsprechend des Inhaltes wirksam. Es ist sowohl für den Arbeitgeber als auch
für die Arbeitnehmerin bindend.
Das ärztliche Zeugnis muss klar abgefasst sein und die Rechtsgrundlage (§ 3 Abs. 1
MuSchG) berücksichtigen. Die Art, der Umfang und die Dauer des Beschäftigungsverbotes müssen klar formuliert werden.
Stand: Juli 2015
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A. Umfang des individuellen Beschäftigungsverbotes
Es besteht die Möglichkeit, ein totales (jede Tätigkeit ist untersagt bis zum
Eintritt der gesetzlichen Schutzfristen) oder ein partielles (nur bestimmte Tätigkeiten oder Zeiten) Beschäftigungsverbot zu attestieren. Beispiele für ein
partielles Beschäftigungsverbot sind: eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 4 Stunden oder eine Begrenzung der Tätigkeiten auf ausschließlich
sitzende Tätigkeit.
B. Die Art der Gefährdung bei Fortdauer der Beschäftigung muss möglichst genau und verständlich beschrieben werden. Es dürfen weder Angaben zum
Gesundheitszustand noch zum Verlauf der Schwangerschaft gemacht werden. Patientenbezogene medizinische Daten oder sogar Diagnosen dürfen
nicht an den Arbeitgeber weitergegeben werden.
C. Die Dauer des individuellen Beschäftigungsverbotes muss deutlich definiert
werden, z.B. ab sofort bis zur 35. SSW oder bis zum Eintreten der gesetzlichen Schutzfristen.
Eine klare Abgrenzung zwischen schwangerschafts- und krankheitsbedingten Beschwerden ist oft schwierig. Die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt muss anhand des Befundes entscheiden, ob die Symptome Krankheitswert haben und eine
Krankschreibung erfordern oder ob sie durch die Schwangerschaft hervorgerufen
werden und zu einer Gefährdung der Schwangeren bei Fortdauer der Beschäftigung
führen können. Letzteres ist beispielweise möglich, wenn Beschwerden mit der Arbeitstätigkeit auftreten bzw. sich dadurch verschlimmern oder vorzeitige Wehen wieder auftreten oder zunehmen. Sind aufgrund besonderer Umstände Komplikationen
für den Verlauf der Schwangerschaft zu befürchten, kann in diesen Einzelfällen ein
individuelles Beschäftigungsverbot geboten sein (beispielsweise bei körperlich geschwächter Verfassung der Schwangeren oder extremen psychischen Belastungen).
Die Kosten für das Attest trägt die Arbeitnehmerin. Die Ärztin/der Arzt muss zwischen
dem individuellen Beschäftigungsverbot und der Arbeitsunfähigkeit unterscheiden.
Nur dann hat das ärztliche Zeugnis einen hohen Beweiswert. Bei Zweifel an der
Richtigkeit des Attestes kann der Arbeitgeber (unter Beachtung des Rechts der
Schwangeren auf freie Arztwahl) eine Nachuntersuchung durch eine andere Ärztin/einen anderen Arzt verlangen.
Während der Zeit, in der die Beschäftigung untersagt ist, hat die Schwangere Anspruch auf den Durchschnittsverdienst. Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsverdienst sind die letzten drei Monate bzw. 13 Wochen vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist. Einbußen durch entfallende Akkord- und Fließbandarbeit oder Mehrarbeit, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
dürfen nicht eintreten.
Die Arbeitgeber sind am allgemeinen Umlageverfahren "U2-Verfahren" der gesetzlichen Krankenkassen beteiligt, durch das bei einem Beschäftigungsverbot die Lohnkosten auf Antrag voll zurückerstattet werden. Weitere Auskünfte erteilen die Krankenkassen der versicherten Arbeitnehmerinnen bzw. die Minijobzentrale für geringfügig Beschäftigte.
Stand: Juli 2015
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Die Überwachung der Durchführung der gesetzlichen Mutterschutzvorschriften erfolgt
durch die örtlich zuständigen Bezirksregierungen. Weitere Ansprechpartner bei offenen Fragen sind außerdem die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt und die Fachkraft
für Arbeitssicherheit.
Im Internet sind folgende Merkblätter einzusehen:
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Mutterschutz in Gärtnereien
Mutterschutz in Arztpraxen
Mutterschutz in Zahnarztpraxen
Mutterschutz in zahntechnischen Laboratorien
Mutterschutz in chemischen Laboratorien
Mutterschutz in Alten- und Pflegeheimen
Mutterschutz in der ambulanten Krankenpflege
Mutterschutz bei beruflichem Umgang mit Kindern
Mutterschutz bei beruflichem Umgang mit Tieren
Mutterschutz in stein- und holzverarbeitenden Betrieben
Mutterschutz im Maler- und Lackiererhandwerk
Mutterschutz in Spielhallen
Mutterschutz im Beauty-Bereich – Friseur
Arbeitszeiten in Schwangerschaft und Stillzeit
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Bei den Inhalten aller Merkblätter handelt es sich um allgemeine Hinweise, die nicht
die konkrete Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers im Einzelfall ersetzen können. Bei Unstimmigkeiten im konkreten Einzelfall entscheidet die zuständige Bezirksregierung.
Herausgeber:
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen,
Fürstenwall 25, 40219 Düsseldorf, E-Mail: [email protected], Web:
www.mais.nrw.de
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