Der Abarth-Pfälzer

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Der Abarth-Pfälzer
Weiss, Karl Ludwig (MSa 09/2005)
Der Abarth-Pfälzer
arl Ludwig Weiss hätte 1972 fast jenes
K
Kunststück fertig gebracht, das nur wenigen deutschen Motorsportlern geglückt
ist: Im selben Jahr die Berg- und Rundstreckenmeisterschaft zu gewinnen. Wegen eines einzigen Ausfalls reichte es auf
der Rundstrecke aber nur zum Vize, während der Berg-Titel nie gefährdet war. Zusätzlich ging das Rekordjahr für den Abarth-1000-Mann mit der erfreulichen Erkenntnis zu Ende, nur Siege erreicht zu haben und ungeschlagen geblieben zu sein.
Und das bei Gegnern wie Johann Abt
und Hans Hessel (beide Abarth) sowie dem
wilden NSU-TT-Trio Siggi Spiess, Franz
Waldhier und Willi Bergmeister. «Eine verdammt schöne Zeit war’s», erinnert sich
Weiss. «Wir hatten gigantische Rennen,
haben uns bekämpft wie die Bekloppten
und dabei noch tierischen Spass gehabt.»
Ein Jahr später freilich musste der siegverwöhnte Junior-Chef eines Fiat-Autohauses lernen, was es heisst, als Privatier
zwischen die Fronten der beinhart kämpfenden Werksteams von Ford, BMW und
Porsche zu geraten. Weiss hatte sich für
die Profi-Liga Rennsportmeisterschaft
entschieden, trat im Capri RS von FordTuner Bernhard Grab an. Am Ende musste
er frustriert feststellen, dass im Vergleich
zur sorglosen Abarth-Zeit «alles viel erns-
ter, hektischer und teurer» war. Als magere Ausbeute blieben ein vierter sowie zwei
fünfte Plätze und Gesamtrang 11.
Diese Erfahrung und nur noch schwer
aufzutreibende Sponsorgelder als Nachwirkungen der Ölkrise bewogen den kühlen Rechner, dem Rennsport nach neun
Jahren mit rund 80 Siegen im Handgepäck
adieu zu sagen. Stattdessen brachte sich
der Grosshandelskaufmann und Kfz-Mechaniker verstärkt im Landauer Familienbetrieb ein und verkaufte tüchtig Fiat und
Lancia. «Heute haben wir ein Umsatzvolumen von rund 250 Autos im Jahr, unser
Betrieb hat 25 Mitarbeiter und ist für die
heutigen Anforderungen gut aufgestellt.»
Der einstige Abarth-Dauersieger, seit 30
Jahren verheiratet, zwei erwachsene Kinder (26, 24), hält sich mit Skilaufen, Golfen und Tennis fit. «Wenns grad passt»,
sagt der 58-Jährige, «schau’ ich mir ein
DTM-Rennen in Hockenheim an und treffe
im Fahrerlager den einen oder anderen
Weggefährten von früher.» Dazu gehört
neben PS-Zauberer Spiess auch Klaus Ludwig, mit dem er im Capri RS 1973 den Tourenwagen-GP am Nürburgring bestritt. Den
EM-Lauf beendeten die zwei seinerzeit als
Fünfte. «Als ich aufgehört habe mit der
Rennerei, hat der Klaus gerade so richtig
losgelegt.»
Vollgas mit Abarth: Weiss 1971
Vollgas im Geschäft: Weiss 2005
Hoch das Bein: Abarth-Artist Weiss 1972 im Schöller-S des Norisrings