Ein Nachbarschaftsstreit und die Zwangsvollstreckung
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Ein Nachbarschaftsstreit und die Zwangsvollstreckung
SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 73. Jahrgang 2002, Heft 1 Seite 3 - 4 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 44704 Bochum www.schiedsamt.de [email protected] Ein Nachbarschaftsstreit und die Zwangsvollstreckung von Rechtsanwältin Johanna Dietert, Göttingen Mit einem Nachbarschaftsstreit hatte sich das Amtsgericht Göttingen (Nds.) im Juni 1999 zu befassen. Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Der Kläger ist Eigentümer eines Hausgrundstücks, an das an seiner südlichen Seite das Hausgrundstück des beklagten Ehepaares grenzt. An dieser Grenze steht auf einer Länge von 24,2 m ein vom Kläger errichteter Maschendrahtzaun mit Sockelmauer sowie auf dem Grundstück der Beklagten eine Hecke aus Thuja — Sträuchern. Diese Hecke hat eine Höhe von ca. 2,00 bis 2,20 m und eine Breite von 0,7 m. Der Kläger begehrte mit der von ihm eingereichten Klage ein Zurückschneiden der Hecke in dem Zeitraum vom 01. Oktober 2000 bis zum 15. März 2001 auf eine Höhe von 1,20 m. Die Beklagten beantragten, die Klage abzuweisen. Zwischen den Parteien war nicht nur der Anspruch auf Zurückschneiden der Hecke umstritten, sondern auch der Grenzabstand der Hecke. Während der Kläger von einem Grenzabstand von 0.30 bis 0,35 m ausging, behaupteten die Beklagten, der Grenzabstand betrage mindestens 0,5 m. Das Amtsgericht Göttingen erhob nach mündlicher Verhandlung schließlich Beweis über die Behauptung des Klägers, die streitbefangene Thuja-Hecke stehe lediglich 0,30 bis 0,35 m von der Grenze zum klägerischen Grundstück entfernt. Es erließ einen Beweisbeschluss, aufgrund dessen die streitige Frage durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens entschieden werden sollte. Zum Sachverständigen wurde gleichzeitig das Katasteramt Göttingen bestellt. In seinem erbrachten Gutachten bestätigte es die vom Kläger getroffene Behauptung zum Grenzabstand der Hecke. Demzufolge verurteilte das Amtsgericht Göttingen die Beklagten entsprechend dem klägerischen Antrag zum Zurückschneiden der Hecke in der Zeit vom 01. Oktober 2000 bis zum 01. März 2001 auf eine Höhe von 1,20 m. Ein derartiger Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 53 II, III Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz. Bei einem Grenzabstand zwischen 0,25 und 0,35 m darf die Hecke gemäß § 50 I, II Nds. Nachbarrechtsgesetz nicht höher als 1,20 m sein. § 12 a II NBauO war im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da dieser den Grenzabstand baulicher Anlagen regelt. Bei der Hecke handelt es sich jedoch nicht um eine bauliche Anlage, sondern vielmehr um eine lebende Hecke gemäß § 50 II Nds. Nachbarrechtsgesetz. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 1/2 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 73. Jahrgang 2002, Heft 1 Seite 3 - 4 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 44704 Bochum www.schiedsamt.de [email protected] Das Urteil wurde den Beklagten im Mai 2000 zugestellt. Als Ende November 2000 die Hecke von den Beklagten immer noch nicht zurückgeschnitten worden war, reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen schriftlichen Antrag nach § 887 ZPO mit folgendem Inhalt ein: 1. Der Kläger wird ermächtigt, die nach dem vollstreckbaren und rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom ... – Az:... – den Beklagten als Gesamtschuldnern obliegende Verpflichtung, die an der nördlichen Grenze ihres Grundstücks ... gepflanzte Hecke aus Thuja — Sträuchern in der Zeit vom 01.10. bis 15.03. auf 1,20 m zurückzuschneiden, durch ein vom Gläubiger zu beauftragendes Gartenbauunternehmen vornehmen zu lassen. 2. Die Schuldner sind als Gesamtschuldner verpflichtet, zu diesem Zweck den Mitarbeitern des Gartenbauunternehmens das Betreten ihres Grundstücks zu dulden und Zugang zum Garten und zur Hecke zu verschaffen. 3. Die Schuldner sind als Gesamtschuldner verpflichtet, die für das Zurückschneiden entstehenden voraussichtlichen Kosten in Höhe von 334,08 DM an den Gläubiger vorauszuzahlen. Das Amtsgericht hat diesen Vollstreckungs-Antrag des Klägers durch Beschluss mit der Begründung zurückgewiesen, dass der im Urteil genannte Zeitraum zum Zurückschneiden noch nicht verstrichen sei und es den Beklagten freistehe, zu irgendeinem Zeitpunkt in diesem Zeitraum bis zum 15.03.01 die Hecke zurückzuschneiden und damit die Verpflichtung aus dem Urteil zu erfüllen. Eine Verpflichtung, vor Ablauf des 15.03.01 zurückzuschneiden, bestehe aber nicht. Tatsächlich haben die Beklagten dann im Frühjahr die Hecke zurückgeschnitten. Hätten sie das nicht getan, hätte der Kläger ein neues Urteil für den entsprechenden Zeitraum des nächsten Jahres erstreiten müssen, denn das bereits erstrittene Urteil sah nur eine Verpflichtung zum Zurückschnitt bis zum 15.03.01 vor. Also, noch mal Glück gehabt! Dieser Fall zeigt ein weiteres Mal, dass Recht haben und Recht bekommen in der Praxis tatsächlich zwei Paar Schuhe sind, wobei die Durchsetzung des Rechts erhebliche Probleme bereiten kann. Angesichts dessen erscheint auch der kostenrechtliche Aspekt nicht uninteressant: die Beklagten mussten für den verlorenen Prozess insgesamt 2.714,40 DM zahlen. Ausgehend von einem Streitwert von 3.000,– DM betrugen im einzelnen die Gerichtskosten 390,— DM, die Gutachterkosten 770,— DM sowie die Rechtsanwaltskosten pro Partei 777,20 DM. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 2/2 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.