MuP-Leitfaden RoHS II (2011/65/EU) - Mess- und Prüftechnik
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MuP-Leitfaden RoHS II (2011/65/EU) - Mess- und Prüftechnik
MuP-Leitfaden RoHS II (2011/65/EU) RoHS - Restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment Stand 27.10.2014 Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbau e.V. Präsident: Dr. Reinhold Festge Hauptgeschäftsführer: Dr. Hannes Hesse Mess- und Prüftechnik Vorsitzender: Dieter Menne Geschäftsführer: Markus Heseding Lyoner Straße 18 60528 Frankfurt am Main, Germany Telefon +49 69 66 03-15 29 Telefax +49 69 66 03-25 29 E-Mail [email protected] Internet www.vdma.org VDMA Technik für Menschen MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 2 Inhaltsverzeichnis Rechtlicher Hinweis Vorwort 1 Worum geht es? .......................................................................................................... 4 1.1 Allgemeines ................................................................................................................ 4 1.2 Aufbau der Richtlinie .................................................................................................. 4 1.3 Umsetzung in deutsches Recht .................................................................................. 5 2 Welche Produkte sind betroffen – welche nicht?...................................................... 5 2.1 Genereller Geltungsbereich (siehe Art. 3) ................................................................... 5 2.2 Spezieller Geltungsbereich (siehe Anhang I) .............................................................. 5 2.3 Sonderfall "Offener Geltungsbereich" (siehe Art. 2(1) i.V.m. Anhang I)....................... 6 2.4 Ausschlüsse (siehe Art. 2(4)) ...................................................................................... 6 2.4.1 Kennzeichen für "Large scale stionary industrial tools (LSSIT)" ............................... 6 2.4.2 Kennzeichen für "Large scale fixed installations (LSFI)" .......................................... 6 2.4.3 Kriterien für LSSIT und LSFI .................................................................................... 7 3 Welche Übergangsfristen und wichtige Termine sind zu beachten? ...................... 7 3.1 Geräte-Kategorie 2 ..................................................................................................... 7 3.2 Geräte-Kategorie 8 und 9 ........................................................................................... 7 3.3 Geräte-Kategorie 11 ................................................................................................... 8 3.4 Kabel (siehe Art. 3, Nr. 5) ........................................................................................... 8 3.5 Ersatzteile (siehe Art. 3, Nr. 27) .................................................................................. 8 4 Was muss ich tun? ...................................................................................................... 9 4.1 CE-Kennzeichnung, EU-Konformitätserklärung, Wirtschaftsakteure ........................... 9 4.2 Technische Unterlagen (siehe Art. 7, Nr. b) ................................................................ 9 4.3 Konformitätserklärung (siehe Art. 7 und Art. 13) ......................................................... 9 5 Welche Maßnahmen sollten durchgeführt werden? ............................................... 10 6 Welche Risiken gehe ich bei Nichteinhaltung der Richtlinie ein?.......................... 11 7 Beispielhafte Produkteinordnung ............................................................................ 11 7.1 Wägetechnik-Produkte ............................................................................................. 11 7.2 Prüftechnik-Produkte ................................................................................................ 11 7.3 Längenmesstechnik-Produkte .................................................................................. 11 8 Wo erhalte ich weitere Informationen? .................................................................... 12 8.1 Ansprechpartner im VDMA ....................................................................................... 12 8.2 Literaturhinweise ...................................................................................................... 12 MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 3 Rechtlicher Hinweis Der Leitfaden dient als Anhaltspunkt und bietet nur einen Überblick zur Beurteilung von Produkten der Mess- und Prüftechnik im Rahmen der Stoffbeschränkungen nach der EURoHS II-Richtlinie (2011/65/EU). Er erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch auf die exakte Auslegung der bestehenden Rechtsvorschriften. Er darf nicht das Studium der relevanten Richtlinien, Gesetze und Verordnungen ersetzen. Weiter sind die Besonderheiten der jeweiligen Produkte, sowie deren unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten zu berücksichtigen. Von daher sind bei den im Leitfaden angesprochenen Beurteilungen, Vorgehensweisen und Maßnahmen eine Vielzahl weiterer Konstellationen denkbar. Vorwort Worum geht es? Welche Produkte sind betroffen – welche nicht? Welche Übergansfristen gibt es? Was muss ich tun? Diese und mehr Fragen beschäftigen Unternehmen, wenn sie sich mit dem Thema RoHS beschäftigen. Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Europäischen Richtlinie sind weitaus mehr Produkte und damit Unternehmen betroffen als es zunächst den Anschein hat. Vor diesem Hintergrund wurde in einem Arbeitskreis im Fachverband Mess- und Prüftechnik der vorliegende Leitfaden für diese Branche entwickelt. Für die engagierte Mitarbeit bedankt sich der Fachverband Mess- und Prüftechnik bei dem Arbeitskreis RoHS/WEEE für die Sicht aus der Praxis und bei den VDMA-Abteilungen Technik und Umwelt sowie Recht für die fachliche und inhaltliche Unterstützung. Weiterhin sind Erkenntnisse aus dem VDMA-Infotag "Update Elektro-/Elektronikschrott" am 31.10.2013 eingeflossen. Dieser Leitfaden steht ausschließlich VDMA-Mitgliedern zur Verfügung. Ein weiterer Leitfaden zu WEEE ist in Arbeit und steht in Kürze zur Verfügung. MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 4 1 Worum geht es? 1.1 Allgemeines Die RoHS- Richtlinie – Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten - regelt das Inverkehrbringen von Elektro- und Elektronikgeräten in Bezug auf in den Produkten enthaltene gefährliche Inhaltsstoffe. An die Stelle der bisher geltenden Richtlinie 2002/95/EG (RoHS I) ist die neue Richtlinie 2011/65/EU (RoHS II) getreten. Die RoHS II ist seit 21. Juli 2011 in Kraft. Die Mitgliedstaaten mussten die neuen Vorschriften bis zum 2. Januar 2013 in nationales Recht umsetzen. Betroffene Produkte dürfen vom Hersteller nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn folgende Stoffe unterhalb bestimmter Grenzwerte je homogenem Werkstoff im Produkt enthalten sind (siehe Anhang II): • Blei (0,1 %) • Quecksilber (0,1 %) • Cadmium (0,01 %) • Sechswertiges Chrom (0,1 %) • Polybromierte Biphenyle (PBB) (0,1 %) • Polybromierte Diphenylether (PBDE) (0,1 %) Ein „homogener Werkstoff“ ist ein Werkstoff von durchgehend gleichförmiger Zusammensetzung oder ein aus verschiedenen Werkstoffen bestehender Werkstoff, der nicht durch mechanische Vorgänge wie Abschrauben, Schneiden, Zerkleinern, Mahlen und Schleifen in einzelne Werkstoffe zerlegt oder getrennt werden kann (siehe Art. 3, Nr. 20). Anhang III und IV der Richtlinie enthalten bereits erteilte Ausnahmen von den Stoffbeschränkungen für bestimmte Anwendungszwecke. Bestehende Ausnahmen sind mit einem Ablaufdatum versehen, können aber auf Antrag verlängert werden. Anträge für neue Ausnahmen sind ebenfalls möglich. Die Gültigkeitsdauer einer Ausnahme hängt von der Gerätekategorie ab (s. Art. 5, Abs.2). In der weiteren Diskussion befindliche Stoffe sind: • Flammhemmer in styrolhaltigen Polymeren, Textilien o Hexabrom-Cyclododecan (HBCDD) • Weichmacher in PVC o Diethylhexylphthalat (DEHP) o Benzylbutylphthalat (BBP) o Dibutylphthalat (DBP) 1.2 Aufbau der Richtlinie Die Richtlinie besteht aus 28 Artikeln und folgenden Anhängen: Anhang I: Geltungsbereich Anhang II: Stoffverbote, Grenzwerte Anhang III: Allgemeine Ausnahmen Anhang IV Ausnahmen medizinische Geräte (Kat. 8) und Überwachungs- und Kontrollinstrumente (Kat. 9) Anhang V: Inhalt der Ausnahmeanträge Anhang VI: EU-Konformitätserklärung Anhang VII: Aufgehobene Richtlinien Anhang VIII: Entsprechungstabelle (kapitelweise Gegenüberstellung mit der RoHS I) MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 5 1.3 Umsetzung in deutsches Recht Die 1:1-Umsetzung der RoHS II in das deutsche Recht erfolgte durch die Verordnung zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroStoffV), die am 19. April 2013 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Die Verordnung ist am 9. Mai 2013 in Kraft getreten und regelt somit den Vollzug der Richtlinie in Deutschland. 2 Welche Produkte sind betroffen – welche nicht? Welche Produkte betroffen sind, ergibt sich aus dem Anhang I der Richtlinie. Die richtlinienkonforme Ausführung/Einordnung muss in einem Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen und dokumentiert werden. Dieses Verfahren ist vom Hersteller oder dessen Bevollmächtigten durchzuführen. Im Rahmen dieses Verfahrens muss der Hersteller/ Bevollmächtigte auch eine Einschätzung vornehmen, ob das Produkt unter RoHS II fällt oder nicht. Kommt er zu der Erkenntnis, dass das Produkt unter RoHS fällt, muss er eine Einstufung nach Anhang I vornehmen. Für die Einstufung, die sich im Konformitätsbewertungsverfahren widerspiegelt, trägt der Hersteller/Bevollmächtigte die Verantwortung. Die hiernach vorzunehmende CE-Kennzeichnung ist dann Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Produkten. Mit der CE-Kennzeichnung dokumentiert der Hersteller nach außen, dass sein Produkt die gesetzlichen Anforderungen aus der Richtlinie erfüllt. Soweit das Produkt unter die Richtlinie fällt, begründet die CE-Kennzeichnung eine wiederlegbare gesetzliche Vermutung, dass das jeweilige Gerät keine verbotenen Stoffe oberhalb der zulässigen Grenzen beinhaltet, über die erforderlichen technischen Unterlagen verfügt und nach Durchführung eines anerkannten Konformitätsbewertungsverfahrens mit einer EUKonformitätserklärung versehen wurde. 2.1 Genereller Geltungsbereich (siehe Art. 3) a) Geräte, die zu ihrem bestimmungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig sind b) Geräte zur Erzeugung, Übertragung und Messung solcher Ströme und Felder für den Betrieb mit Wechselstrom bis höchstens 1.000 Volt für den Betrieb mit Gleichstrom von höchstens 1.500 Volt "Abhängig" bedeutet der Umstand, dass zur Erfüllung mindestens einer der beabsichtigten Funktionen, elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigt werden. Das heißt, eine elektrische Funktion kann dazu führen, dass ein „Gerät“ als „Elektrogerät“ zu klassifizieren ist (z.B. elektrische Zündung bei Rasenmähern). 2.2 Spezieller Geltungsbereich (siehe Anhang I) Zusätzlich zu den bisherigen Geräte-Kategorien unter der RoHS I sind die Kategorien 8 und 9 im Hinblick auf die Stoffbeschränkungen neu hinzugekommen. Die Kategorie 11 ist gänzlich neu. Im Einzelnen: 1. Haushaltsgroßgeräte 2. Haushaltskleingeräte 3. IT- und Telekommunikationsgeräte 4. Geräte der Unterhaltungselektronik 5. Beleuchtungskörper 6. Elektrische und elektronische Werkzeuge 7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 6 8. Medizinische Geräte (neu in RoHS II) 9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente einschließlich Überwachungs- und Kontrollinstrumenten in der Industrie (neu in RoHS II) 10. Automatische Ausgabegeräte 11. Sonstige Elektro- und Elektronikgeräte, die keiner der bereits genannten Kategorien zuzuordnen sind (neu in RoHS II) Geräte aus dem Bereich der Mess-, Wäge- und Prüftechnik lassen sich nach RoHS II den Kategorien 2 oder 9 zuordnen. Im Einzelfall kann auch eine andere Kategorie zutreffen. Die Einteilung erfolgt nach der bestimmungsgemäßen Verwendung. 2.3 Sonderfall "Offener Geltungsbereich" (siehe Art. 2(1) i.V.m. Anhang I) Die RoHS II hat einen sog. "offenen Geltungsbereich (Kat. 11)". Dies bedeutet, dass der Geltungsbereich - nicht wie derzeit der Fall - auf ein Verzeichnis geschlossener Kategorien begrenzt ist, sondern für alle neuen Geräte, die die Begriffsbestimmungen (Art. 3) der Richtlinie erfüllen, „offen“ ist. 2.4 Ausschlüsse (siehe Art. 2(4)) Ortsfeste industrielle Großwerkzeuge (Large-scale stationary industrial tools (LSSIT)) und ortsfeste Großanlagen (Large-scale fixed installations (LSFI)) sind von der RoHS II ausgeschlossen. Nachfolgende Hinweise zur Beurteilung sind dem FAQ-Papier (siehe 8.2) entnommen. 2.4.1 Kennzeichen für "Large-scale stationary industrial tools (LSSIT)" Es müssen alle nachfolgenden Kriterien zutreffen: • Groß angelegte Anordnung von mehrerer Maschinen, Geräten und/oder Bauteilen und • Erfüllen für bestimmte Anwendungen gemeinsam eine Funktion und • Werden von Fachpersonal dauerhaft an einem bestimmten Ort installiert und abgebaut und • Werden von Fachpersonal in industriellen Fertigungs-, Forschungs- oder Entwicklungsanlagen eingesetzt und instand gehalten. Beispiele hierfür sind: • CNC-Koordinatenmessmaschinen • Prüfstände • Elektronenstrahl-, Lasersysteme • Auch andere Maschinen mit vergleichbarer Komplexität, wie oben aufgelistet 2.4.2 Kennzeichen für "Large-scale fixed installations (LSFI)" Es müssen alle nachfolgenden Kriterien zutreffen: • Groß angelegte Kombination von Geräten unterschiedlicher Art und ggf. weiterer Einrichtungen, und • Werden von Fachpersonal montiert und installiert, und • Sind dazu bestimmt, auf Dauer an einem vorbestimmten Ort betrieben zu werden, und • Sind dazu bestimmt von Fachpersonal abgebaut zu werden. Beispiele hierfür sind: • Straßenfahrzeugwaagen • Bandwaagen • Fördersysteme MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 7 2.4.3 Kriterien für LSSIT und LSFI Spezielle Größenkriterien für LSSIT und LSFI können laut FAQ-Papier der EU (siehe 8.2) sein: • Gesamtes Gerät (zerlegt oder unzerlegt) passt nicht in ein Standard-20-Fuß-Container, • Gerät ist zu schwer für einen 44-Tonner LKW, • Schwerlastkran ist für Installation/Abbau erforderlich, • Gerät passt nicht in normale industrielle Umgebung, da Umbauten erforderlich sind (z.B. Fundamentverstärkung) oder • Nennleistung ist größer als 375 kW. Kriterien für "ortsfest" • Geräte sind nicht leicht umsetzbar. • Partiell mobile Geräte, z.B. Maschinen auf Gleisen, können ortsfest sein. Alle anderen Maschinen, die an verschiedenen Orten betrieben werden sollen, sind nicht ortsfest. Geräte, Teile und Ersatzteile sind von der RoHS II ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich für den Einsatz in LSSIT/LSFI konzipiert sind. IT, Mess- und Kontrollinstrumente sind meist keine LSSIT/LSFI. 3 Welche Übergangsfristen und wichtige Termine sind zu beachten? 3.1 Geräte-Kategorie 2 Geräte der Kategorie 2 unterlagen bereits den Stoffbeschränkungen gemäß RoHS I (2002/95/EG). Für diese existiert somit keine Übergangsfrist in der RoHS II. 3.2 Geräte-Kategorie 8 und 9 Geräte der Kategorie 8 und 9 waren unter RoHS I von den Stoffverboten ausgenommen. Unter RoHS II gelten zukünftig für diese Kategorien die gleichen Stoffbeschränkungen wie für die Geräte der anderen Kategorien. Es gelten folgende Übergangsfristen: 22. Juli 2014: Stoffverbote für medizinische Geräte (Kat. 8) 22. Juli 2014: Stoffverbote für (nicht industrielle) Überwachungs- und Kontrollinstrumente (Kat. 9) 22. Juli 2016: Stoffverbote für In-Vitro-Diagnostika (Kat. 8) 22. Juli 2017: Stoffverbote für industrielle Geräte und Kontrollinstrumente (Kat. 9) Der Begriff "professionelle Nutzung" wird in den Begriffsbestimmungen an zwei Stellen definiert und zwar unter Art. 3 Nr. 24 (industrielle Überwachungs- und Kontrollinstrumente) und Nr. 28 (bewegliche Maschinen). Professionelle Nutzung bezieht sich dabei auf die Gebrauchsphase (Zweckbestimmung) des Elektro- und Elektronikgeräts, d.h. der Endnutzer muss ein gewerblicher oder industrieller Kunde sein. Industrielle Überwachungs- und Kontrollinstrumente sind ausschließlich für industrielle und gewerbliche Zwecke bestimmt. Nach Auffasung des VDMA ist ein Kriterium für "nicht industriell" z.B. der Einsatz im Labor oder in Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es wird empfohlen, die gewählte Einstufung der Produkte mit Kategorie und Begründung schriftlich festzulegen. MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 8 3.3 Geräte-Kategorie 11 22. Juli 2019: Stoffverbote für Geräte der Kategorie 11 Für alle Geräte, die zukünftig unter die Kategorie 11 fallen, gelten ab dem 22. Juli 2019 ebenfalls die Stoffverbote, d.h. ab diesem Zeitpunkt dürfen nicht RoHS-konforme Produkte nicht mehr verkauft werden (sog. Hard-Stop). Offen ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Verkauf von Produkten, die sich noch in den Lagern von Händler befinden, ab 22. Juli 2019 erfolgen kann. Hierzu laufen derzeit noch Gespräche zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und Industrie, deren Ausgang offen ist. Das FAQ-Papier (siehe 8.2) spricht die Problematik des Verkaufs von nicht RoHSkonformen Produkten ebenfalls an. Hierzu ist aber anzumerken, dass das Papier insoweit nicht den aktuellen Stand der Verhandlungen beschreibt, sondern denjenigen vom Dezember 2012. Die EU-Kommission hat dieses Problem erkannt und erwägt Änderungen in Bezug auf die Regelungen der Artikel 2(2) bzw. 4(3) und 4(4) der Richtlinie. Die Kategorie 11 stellt den sog. "offenenen Geltungsbereich" dar, insofern ist unklar, was im Einzelfall tatsächlich als ein Produkt dieser Kategorie anzusehen ist. Kann ein Gerät einer der 10 anderen Kategorien zugeordnet werden, geht die speziellere Kategorie der Kategorie 11 vor. 3.4 Kabel (siehe Art. 3, Nr. 5) In den Geltungsbereich der RoHS II fallen nur Kabel mit einer Nennspannung < 250 V. Hierbei muss zwischen internen Kabel und externer Anschlusskabel unterschieden werden: Interne Kabel oder Verdrahtungen werden als Bestandteil des Elektrogerätes betrachtet. Fällt das Gerät in den Geltungsbereich der RoHS II müssen die Stoffbeschränkungen eingehalten werden. Unterliegt das Gerät einer Übergangsperiode, so gilt diese auch für die interne Verkabelung. Für am Elektrogerät fest installierte Anschlusskabel und/oder zusammen mit dem Gerät vermarktete, zugehörige Anschlusskabel, gelten die gleichen Regularien hinsichtlich der Stoffbeschränkungen wie für interne Kabel. Fällt das Elektrogerät nicht in den Geltungsbereich der RoHS II, so gelten auch keine Beschränkungen für die internen Kabel. Externe Anschlusskabel, die nicht fest installiert sind, können gemeinsam mit dem Elektrogerät, als Zubehör oder einzeln auf den Markt gebracht werden. Gehören diese Kabel zu einem bestimmten Elektrogerät fallen sie in die gleiche Kategorie wie das Elektrogerät selbst. Gehören diese Kabel nicht zu einem bestimmten Elektrogerät fallen sie in Kategorie 11. In beiden Fällen ist eine CE-Kennzeichnung auf der Verpackung ausreichend (siehe hierzu ZVEI-Positionspapier, Fachverband Kabel und isolierte Drähte). 3.5 Ersatzteile (siehe Art. 3, Nr. 27) Nach den Begriffsbestimmungen ist ein Ersatzteil ein Einzelteil eines Elektro- und Elektronikgeräts, das einen Bestandteil eines solchen Gerätes ersetzen kann und dabei dessen Funktionsfähigkeit wieder herstellt oder verbessert, die Wiederverwendung ermöglicht oder das Leistungsvermögen erweitert. Bei den Ersatzteilen gilt es mehrere Fälle zu unterscheiden: • Ersatzteile unterliegen generell dann den Stoffbeschränkungen, wenn sie ein eigenständiges Elektro- und Elektronikgerät im Sinne der Richtlinie sind. • Für "historische" Altgeräte (vor dem 1. Juli 2006 in Verkehr gebracht) gelten die Stoffbeschränkungen für Ersatzteile nicht. MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 9 Ansonsten gelten für Ersatzteile dieselben Anforderungen wie für die Geräte der entsprechenden Kategorien (siehe 3.2) und bei Kategorie 11-Geräten der Hard-Stop. Die Wiederverwendung von Ersatzteilen, die aus Elektro- und Elektronikgeräten, die vor dem 1. Juli 2006 in Verkehr gebracht wurden, ausgebaut werden, ist unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 1. Juli 2016 möglich (siehe Art. 4(5)). 4 Was muss ich tun? 4.1 CE-Kennzeichnung, EU-Konformitätserklärung, Wirtschaftsakteure Die "RoHS-Konformität" ist nach der RoHS II-Richtlinie zukünftig mittels der CEKennzeichnung zu erklären. Die CE-Kennzeichnung löst damit den bunten Wirrwarr an herstellereigenen Labeln ab. Die RoHS II kennt verschiedene Wirtschaftsakteure, wie z.B. • Hersteller (siehe Art. 3, Nr. 6), • Bevollmächtigter (siehe Art. 3, Nr. 7), • Vertreiber (siehe Art. 3, Nr. 8), • Importeur (siehe Art. 3, Nr. 9). 4.2 Technische Unterlagen (siehe Art. 7, Nr. b) Die Übereinstimmung mit den Vorgaben der RoHS II wird durch technische Unterlagen belegt. Bestandteile sind: (siehe [Ahlhaus 2013]) • Eine allgemeine Produktbeschreibung • Entwürfe, Fertigungszeichnungen und –pläne von Bauteilen, Baugruppen, Schaltkreisen, usw. • Weitere Beschreibungen und Erläuterungen • Eine Liste der harmonisierten Normen, die entweder vollständig oder teilweise angewandt wurden, • Ergebnisse von Konstruktionsberechnungen, Prüfungen, usw. • Prüfberichte • Beurteilung betreffend RoHS II insbesondere durch EN 50581: 2012-09, veröffentlicht im Amtsblatt am 23.11.2012 (Einhaltung der Vorgaben löst Konformitätsvermutung aus!) • Angaben zu verwendeten Materialien, Bauteilen und/oder Baugruppen • Angabe zu herangezogenen oder zugrunde gelegter technischer Normen • Bewertungsprozess ist durch den Hersteller erforderlich • Bestimmung der benötigten Informationen • Erhebung der Informationen • Beurteilung der Informationsqualität und Vertrauenswürdigkeit mit der letztendlichen Entscheidung, ob diese Informationen in den technischen Unterlagen aufgenommen werden sollen. 4.3 Konformitätserklärung (siehe Art. 7 und Art. 13) Die RoHS II muss spätestens bis zum jeweils gültigen Stichtag der Gerätekategorie in die Konformitätserklärungen aufgenommen werden. Die Abgrenzung nach Ausnahme- und Übergangsbestimmungen sind zu beachten. Anhaltspunkte hierfür liefert die EN ISO/IEC 17050-1. Nach RoHS II ist keine Weitergabe der Erklärung in der Lieferkette erforderlich. Seite 10 MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) 5 Welche Maßnahmen sollten durchgeführt werden? Nachfolgend werden beispielhaft Maßnahmen genannt, die das Bewusstsein dafür sensibilisieren sollen, um in Zukunft RoHS-konforme Produkte herzustellen. Maßnahmen bei der Beschaffung • Umfrage bei Lieferanten, ob die zugelieferten Teile RoHS-konform sind • Keine Lieferantenfreigabe ohne Bestätigung der Einhaltung der Stoffgrenzwerte • Lieferanten von Teilen vertraglich verpflichten, RoHS konforme Produkte zu liefern und RoHS-Status mitzuteilen (z.B. Vermerk auf Zeichnung und Bestellung) • Stichproben-Kontrollen im Wareneingang, im Produktaudit und der Prozesse beim Lieferanten. Maßnahmen am Produkt • Identifizierung betroffener Geräte, Teile, Materialien • Prüfen, ob für die Anwendung eine Ausnahme in Frage kommt, z.B. LSSIT, LSFI • Prüfen, ob die Umstellung von Standardbauteilen in von der Richtlinie ausgenommenen Geräten erforderlich ist • Prüfen, ob Standardkabel eingesetzt werden und ob diese RoHS-konform sind • Evtl. Materialänderung vornehmen, z.B. chrom-VI-freie Schrauben, bleifreie Lote • Möglicherweise Tests durchführen (lassen) Organisatorische Maßnahmen • Änderung von Werknormen vornehmen/beachten • RoHS-Status im Teilestammsatz vermerken • Automatischer Hinweis an die Entwicklung, wenn RoHS-Status "nicht-konform" • Zeitplan für die Umstellung neu betroffener Geräte auf RoHS-Konformität bis zum jeweiligen Stichtag erstellen • Umstellung der Produktion mit Blick auf die jeweiligen Stichtage (Lagerbestände im Handel?) • Keine Umstellung für Produkte, die zum jeweiligen Stichtag nicht mehr erstmalig auf dem Markt bereitgestellt werden sollen • Übergangsfristen beachten Zur Sicherung der RoHS-Konformität in Zukunft, nachfolgend ein paar Beispiele zur Umsetzung der Anforderungen aus der EN 50581: Anforderungen aus EN 50581 (Auszug) Umsetzung, z.B. durch Allgemeine Beschreibung des Produkts Bedienungsanleitung Dokumente zu Materialen, Bauteilen, usw. Stücklisten, Zeichnungen, Datenstammsatz Vertrauenswürdigkeit des Lieferanten RoHS ist Bestandteil des Freigabeprozesses und von Voraudits Zuliefererklärung/Materialdeklaration Lieferantenbestätigung zu RoHS-Status der Teile Vertragliche Vereinbarung Einschlägige Werknorm als Vertragsbestandteil Analytische Testergebnisse Stichprobenkontrollen im Wareneingang Plausibilitätsprüfung der Lieferantenaussage Beurteilung durch hausinterne zuständige Abteilung Tabelle 1: Anforderungen aus EN 50581 und deren Umsetzung MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 11 Die vorgenannten Ausführungen stellen nur einen beispielhaften Überblick von unternehmensinternen Maßnahmen und Umsetzungsmöglichkeiten dar. Es sind durchaus noch andere Sachlagen möglich. 6 Welche Risiken gehe ich bei Nichteinhaltung der Richtlinie ein? Die Regelungen zur Konformitätsbewertung, CE-Kennzeichnung und Marktüberwachung, die aus dem Bereich der Produktsicherheit bekannt sind, werden nun auch auf RoHS II ausgedehnt. Bei Verstößen z.B. gegen die CE-Kennzeichnung können somit Sanktionen nach dem Produktsicherheitsgesetz oder der Elektrostoffverordnung drohen. Fragen hierzu und weitere rechtliche Risiken, die sich bei Verstößen gegen die RoHS II-Richtlinie ergeben können, beantwortet gerne die Abteilung Recht im VDMA. 7 Beispielhafte Produkteinordnung Produkte der Mess- und Prüftechnik lassen sich gemäß der RoHS II bzw. der ElektroStoffV in folgende Geräte-Kategorien einstufen. 7.1 Wägetechnik-Produkte • • • • • • • • • • • • Bodenwaagen (Kat. 9) Haushaltswaagen (Kat. 2) Hängewaagen (Kat. 9) Industriewaagen für industrielle Prozesse, wie Checkweigher, Preisauszeichner (Kat. 9) Industriewaagen (NSW) (Kat. 9) Kranwaagen (Kat. 9) Laborwaagen (Kat. 9) Ladenwaagen (Kat. 9) Medizinische Waagen unter 93/42/EWG (Medizinprod-RL) (Kat. 8) Medizinische Waagen außerhalb der 93/42/EWG (Medizinprod-RL) (Kat. 2 oder Kat. 9) Mobile Waagen in Arbeitsmaschinen (Kat. 9) Straßenfahrzeugwaage (Kat. 9, soweit nicht LSFI) 7.2 Prüftechnik-Produkte • Prüfstände (Kat. 9, soweit nicht LSSIT) 7.3 Längenmesstechnik-Produkte • • • • 3D-Koordinatenmessgeräte (Kat. 9, soweit nicht LSSIT) Konturmessgeräte (Kat. 9, soweit nicht LSSIT) Oberflächenmessgeräte (Kat. 9, soweit nicht LSSIT) Taster (Kat. 9) MuP-Leitfaden RoHS II (Stand 27.10.2014) Seite 12 8 Wo erhalte ich weitere Informationen? 8.1 Ansprechpartner im VDMA VDMA Mess- und Prüftechnik Hans-Günter Heil Tel.: ++ 49 69 66 03 15 50 E-Mail: [email protected] VDMA Technik und Umwelt Karl-Werner Benz Tel.: ++ 49 69 66 03 13 24 E-Mail: [email protected] VDMA Recht Gunther Hess Tel.: ++ 49 69 66 03 12 68 E-Mail: [email protected] 8.2 Literaturhinweise Ahlhaus 2013 "Neu: Die CE-Kennzeichnung nach RoHS", Martin A. Ahlhaus, Kanzlei Noerr LLP, Präsentation am VDMA-Infotag 31.10.2013 FAQ-Papier vom 12.12. 2012 Hinweis: Das FAQ-Papier der EU-Kommission vom 12.12.2012 stellt eine Auslegungshilfe für die Behörden da, ist aber nicht gesetzlich verbindlich. Bei Gerichtsentscheidungen wird dieses Dokument aber als Erkenntnisquelle herangezogen werden. Es kann unter folgender Adresse heruntergeladen werden: http://ec.europa.eu/environment/waste/rohs_eee/events_rohs3_en.htm EN ISO/IEC 17050-1:2010-08 Konformitätsbewertung - Konformitätserklärung von Anbietern - Teil 1: Allgemeine Anforderungen EN 50581: 2012-09 Technische Dokumentation zur Beurteilung von Elektro- und Elektronikgeräten hinsichtlich der Beschränkung gefährlicher Stoffe RoHS II – Fact Sheet VDMA Technik und Umwelt, Juli 2013 ZVEI-Fachverband Kabel und isolierte Drähte Positionspapier Kabel unter der RoHS-Richtlinie, September 2013