Berufsfeuerwehr auf dem Prüfstand
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Berufsfeuerwehr auf dem Prüfstand
OZ Hansestadt Greifswald Dienstag, 4. Mai 2004 15 Berufsfeuerwehr auf dem Prüfstand Entscheidung liegt bei Bürgerschaft Der Briefkasten der Ostsee-Post in der Bachstraße. OZ-Foto: P. B. Postangebot für unser Land Greifswald. Die Ostsee-Post macht’s möglich. Ab sofort können Briefsendungen zu günstigen Preisen mit der Ostsee-Post befördert werden. Die Sendungen können im Service-Center der OZ in der Bachstraße 32 abgegeben werden. Außerdem steht jetzt ein Briefkasten zur Verfügung. Die Briefmarken gibt es im ServiceCenter. Zukunftsfähigkeit der Kirchen Greifswald. Vom 6. bis 8. Mai treffen sich Vertreter von Wissenschaft und Kirche in den Räumen des Biotechnikums, um über „Missionarische Perspektiven der Kirchen der Zukunft“ zu sprechen. Es ist die erste wissenschaftliche Konferenz des am 1. April gegründeten Institutes zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung. Zum Auftakt gibt es einen öffentlichen Vortrag des Wiener Professors Paul Zulehner, der zu den angesehensten Theologen unserer Zeit gehört. Er spricht am 6. Mai um 18.30 Uhr über „Aufbrechen oder Untergehen. Wie können unsere Gemeinden zukunftsfähig werden?“ Im Zuge der Arbeit am Haushaltssicherungskonzept wird auch die Berufsfeuerwehr auf den Prüfstand gestellt. Das sei aber keine Weichenstellung für eine Auflösung, betont der Oberbürgermeister. Von ECKHARD OBERDÖRFER Greifswald. Das Haushaltssicherungskonzept der Hansestadt stellt nicht die Weichen fürs Ende der Berufsfeuerwehr in Greifswald. Vorgegeben sei lediglich, auch diese Möglichkeit zu prüfen, so OB Dr. Arthur König und der Chef der Berufsfeuerwehr, Thomas-Christian Paul, auf OZ-Nachfrage. Solche Prüfaufträge habe es auch für Stadtwerke oder städtische Forsten, hier z. B. in Richtung Privatisierung, gegeben. Solch eine Prüfung erfolge nicht fürs nächste Jahr, sondern für längere Zeiträume. Paul informierte, dass gegenwärtig über die Möglichkeit der Übernahme größerer territorialer Bereiche und weiterer Aufgaben durch die Berufsfeuerwehr gesprochen wird. Im Zuge der Strukturund Funktionalreformen könnte es zu einer Veränderung der Feuer- wehrzuständigkeiten kommen, erinnerte der OB. Derzeit ist die Feuerwehr eine kommunale Aufgabe. Und wenn die Kreisfreiheit aufgegeben werden muss? „Ich bin dagegen, dass ein Kreistag, der einen Raum bis zur Uecker vertritt, über unsere Berufsfeuerwehr entscheidet“, so der Oberbürgermeister. Eine mögliche Alternative zur Berufsfeuerwehr sei die Freiwillige Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften im 24-Stunden-Dienst, erläuterte Thomas-Christian Paul. Diese werde unabhängig vom Haushaltssicherungskonzept geprüft. Letzten Endes müsse die Bürgerschaft entscheiden, ob sie die Berufsfeuerwehr in der bisherigen Form will oder nicht. Mit Ergebnissen der Prüfung rechnet Paul noch in diesem Jahr. Detlef Mielke, der Stadtwehrführer der Freiwilligen Feuerwehr, ist gegen eine Auflösung der Berufsfeuerwehr. „In der Arbeitszeit ist es heute sehr schwer, die nötige Zahl der Kameraden für jeden Einsatzfall zusammen zu bekommen“, betont er. „Da wird es oft sehr eng.“ Dazu komme, dass man vorgeschriebene Ausrückzeiten nicht immer einhalten könne. In Kürze werde eine Überprüfung genaue Zahlen bringen. Medien und Rechte der Persönlichkeit Greifswald. Die EU fördert das Internationale Symposium zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch die Medien, das vom 6. bis 8. Mai im Krupp Kolleg stattfindet und von den Greifswalder Professoren Peter Gotthardt und Stefan Habermeier organisiert wird. Unter anderem werden Wissenschaftler aus Schweden, England, Norwegen, Frankreich und Deutschland über die Situation in ihren Ländern berichten. Auch Aspekte der Pressefreiheit, der historischen Entwicklung und grenzüberschreitender Persönlichkeitsverletzungen durch die Medien kommen zur Sprache. Aus grüner Sicht sind wir gut Greifswalder Politikwissenschaftler vergleichen entwickelte Staaten Greifswald. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Politikwissenschaftler der Ernst-MoritzArndt-Universität wegen zu geringer Einwerbung von Drittmitteln kritisiert wurden. Das hat sich grundlegend geändert, die Kurve zeigt nach oben. Und das, obwohl zum Wintersemester die Zahl der Studenten auf fast 700 anstieg. Nach diesem Maßstab sind die Politikwissenschaftler die größte Einrichtung der Philosophischen Fakultät. Die Universität Greifswald wird vom Stern übrigens ausdrücklich für zielstrebige Studenten empfohlen. Allerdings sind die Politologen an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt: Studenten haben ein Schild „Überfülltes Institut“ im Haus Baderstraße angebracht. Zurück zu den Drittmitteln. Sehr erfolgreich bei der Einwerbung war Professor Detlef Jahn, der mit diesem Geld auch einer ganzen Reihe anderer Wissenschaftler Lohn und Brot sichert. „Wir sitzen gerade an einem Zwischenbericht eines von der Deutschen For- Ohne Feuerwehr kann Greifswald nicht existieren. Eine Würdigung der Arbeit waren Auszeichnungen und Beförderungen am 1. Mai. Foto: K. Hebeler CDU sieht Klinikum in Gefahr Bildungsministerium dementiert Befürchtungen Greifswald. Der Allgemeine Studierendenausschuss hatte eine Ahnung und protestierte mittags gegen erneute Kürzungspläne des Landes. Gestern, so informierte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Harry Glawe, habe die Landesregierung die Gelder für die zweite Ausbaustufe des Klinikums um 4,4 Millionen Euro auf 9 Millionen gekürzt. Er protestierte energisch. Glawes Logik ist bestechend. Es sei nur wenige Wochen her, dass sich die Landesregierung im Glanz der Einweihung des ersten Bauabschnittes sonnte, erinnerte er. Nach wie vor arbeiten Kliniken unter völlig unzureichenden Bedingungen, wovon sich zum Bei- Die Finnin Kati Kuitto, die am Osteuropaprojekt des Institutes für Politikwissenschaft mitarbeitet, im Gespräch mit dem Projektleiter, Professor Detlef Jahn. OZ-Foto: E. Ob. spiel jeder Lungenkranke in der Loefflerstraße überzeugen kann. Die Leistungen der Greifswalder sind unter diesen Bedingungen erstaunlich und fanden über Europa hinaus Beachtung. Weitere Proteste gegen die erneuten Kürzungen, gegen den Bruch von Versprechen blieben allerdings gestern aus. Hochschulverantwortliche waren abends nicht mehr zu erreichen. War alles nur Taktik der CDU vor den Kommunalwahlen? Das Bildungsministerium soll noch gestern dementiert haben. Es handele es sich um Umschichtungen im Haushalt, der Bau des Klinikums sei nicht gefährdet. Die entsprechende Pressemitteilung lag aber in Greifswald nicht vor. E. Ob. Osterweiterung im Blick Greifswald. „Chancen und Herausforderungen der Erweiterung der Europäischen Union“, sind das Thema einer zweitägigen Internationalen Konferenz, die morgen im BiG-Bildungszentrum eröffnet wird und auf der unter anderem MV-Ministerpräsident Ringstorff sprechen wird. Der Direktor der Europäischen Bildungsstiftung Köslin, Professor Ploszynski, referiert über die Humaressourcen Polens in der EU. EWN-Geschäftsführer Dieter Rittscher beleuchtet die Entwicklung des Industriestandortes Lubmin mit Blick auf die EU-Osterweiterung. In vier Arbeitsgruppen soll über die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Toleranzerziehung und interkulturelle Kommunikation, Bildung sowie das EU-Projekt Region des Wissens, in das das BiG integriert ist, beraten werden. schungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes, an dem zwei wissenschaftliche Mitarbeiter und drei bis vier studentische Hilfskräfte beteiligt sind“, erzählt Detlef Jahn. „Dabei wird die Umweltpolitik der OECD-Länder untersucht.“ Maßstab der wissenschaftlichen Einschätzung sind die Forderungen der Ökobewegung. Besonders grün aus diesem Blickwinkel sind Österreich und Dänemark. Auch Deutschland ist in der ersten Gruppe. „Schweden hat einen guten Ruf, betreibt aber eher Hightech-Umweltpolitik“, sagt der Professor und verweist auf den hohen Anteil der Kernenergie. Ganz hinten in diesem Vergleich finden sich zum Beispiel Portugal, Kanada, die USA sowie Australien. Gewonnene Erkenntnisse lassen sich sehr gut in die Lehre einbringen. Gemeinsam mit Juristen und dem Professor für Umweltethik, Konrad Ott, gehört ein Masterstudiengang Green Politics zum Angebot des Institutes. Umweltpolitik ist auch die Überschrift eines Vorhabens, das der Greifswalder Politikwissenschaftler gemeinsam mit der Finnischen Akademie der Wissenschaften betreibt. Hier steht der Ostseeraum im Mittelpunkt, z. B. die Einflüsse der skandinavischen Länder auf die baltischen Staaten. In einem zweiten Projekt der DFG, für das unmittelbar Kati Kuitto verantwortlich zeichnet, wird seit dem 1. Januar dieses Jahres gemeinsam Osteuropa unter die Lupe genommen. „Es geht darum, welche Arten von Demokratien sich dort etabliert haben“, erklärt Professor Jahn. In England und den USA z. B. handele es sich um Mehrheitsdemokratien, in der Schweiz oder den Niederlanden spreche man von Konsensdemokratien. Untersucht werden elf Länder Osteuropas. Russland, Weißrussland und die Ukraine sind nicht darunter. Sie gelten nicht als intakte Demokratien. Und sonst, haben die Polen eine Mehrheitsdemokratie? Da will sich der Professor als guter, ergebnisoffener Wissenschaftler noch nicht festlegen. E. Ob. Über Nottingham nach Greifswald Die Universitätsverwaltung hat Detlef Jahn vor kurzem schon zum 50. Geburtstag gratuliert, bis dahin hat der in Duisburg geborene Professor aber noch zwei Jahre Zeit. Studiert hat er in seiner Heimatstadt, in Bielefeld und Edinburgh sowie an einem Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Detlef Jahn, der als Schwe- denspezialist gilt, wurde in Göteborg promoviert. Vor seiner Berufung 1999 auf den Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre an das jüngste deutsche Institut für Politikwissenschaft in Greifswald (gegründet 1993) war Detlef Jahn drei Jahre in Nottingham tätig. Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören „Politische Syste- me und Beziehungen im Ostseeraum“ (mit Nikolaus Werz/Rostock, 2002) und „Die Lernfähigkeit politischer Systeme“ (2000). Professor Jahn ist ledig und kinderlos. Trotz mäßiger Ausstattung und wenig Geld gefällt es ihm in Greifswald, Jahn schätzt die Zusammenarbeit: „Ich könnte nicht sagen, wo ich lieber sein wollte.“ Andere Einsparpotenziale am Klinikum suchen Greifswald. „Wir werden uns der Verantwortung für das Universitätsklinikum stellen“, so Bernd Gembus von ver.di auf OZ-Nachfrage zur Reaktion auf die Unterfinanzierung der Einrichtung durch die Krankenkassen. Von diesem Problem nicht betroffen sind die Ärzte, weil sie vom Land bezahlt werden. Durch die nicht ausreichenden Geldzuflüsse über die Kassen drohen weit über 100 betriebs- bedingte Kündigungen. Die Mitgliederversammlung der Gewerkschaft konnte sich nicht auf eine Aufnahme von Verhandlungen über eine Arbeitszeitverkürzung als Alternative zur Kündigung einigen. „Die Meinungen gingen sehr weit auseinander“, so Gembus. Die Initiative, zunächst nach Einsparmöglichkeiten durch Erhöhung der Effektivität oder bei den Sachkosten zu suchen, sei vom Kaufmännischen Direktor des Klinikums aufgenommen worden. Gembus erklärte, dass es eine Absenkung der Bezüge ohne Gegenleistung mit ver.di nicht gibt: „Die Beschäftigten dürfen nicht allein die Folgen der Gesundheitspolitik ausbaden.“ Das Uniklinikum ist neben Wolgast und Demmin derzeit das einzige vorpommersche Krankenhaus, das noch nach Bundesangestelltentarif zahlt. E. Ob. Wenn das Glück abhanden gekommen ist Estländisches Stück feiert am 6. Mai Schauspielpremiere Greifswald. Als Hanno klein war, erzählte ihm sein Vater ein „Märchen“ von einem Mann, der einen schweren Stein berauf rollt. Immer, wenn er oben ist, rollt der Stein wieder herab. Und der Mann fängt wieder von vorn ab, rollt den Stein wieder bergauf. Immer wieder. Bis an sein Lebensende. Aber das gab es eigentlich gar nicht. Denn er war unsterblich. Der Vater erzählte dieses Märchen seinem Sohn, nachdem die Mutter sie am Johannitag verlassen hatte. Nun erzählt es der erwachsene Hanno anlässlich des Jahrestages seinem jüngeren Bruder Heldur. Beide sind vorbestraft, arbeitslos und meistens im Alkoholrausch. Mit ihnen in dieser Vorhölle des Lebens haust Marta, Heldurs Frau. Sie will raus, ein neues Leben beginnen. Sie will, dass Heldur sich endlich von seinem Bruder trennt. Aber selbst nachdem Heldur im Vollrausch seinen Bruder beinahe bei lebendigem Leibe verbrannt hätte und Hanno auf seinen Bruder geschossen hat, kommt es zu keiner Lösung. Das Johannifeuer hat keine befreiende Kraft... Die Geschichte vom „Johannifeuer“, in der Feder des estländischen Autors Rünno Saaremäe (Jg. 1966) entstanden, macht traurig, regt zum tiefen Nachdenken an, auch wenn grotesk-komische Momente nicht fehlen. „Es zeigt Menschen am sozialen Rand, in einem asozialen Milieu“, berichtet Regisseur Michael Baumgarten, der das Stück für das Theater Vorpommern inszenierte. Und es ist alles andere als ein Zufall, dass das Schauspiel zum Festival „Nordischer Klang“ seine Premie- re erlebt. „Estland hat eine interessante Theaterszene“, so Chefdramaturg Baumgarten. Junge Autoren würden viel Neues schreiben, entsprechend häufig seien auch auf den Bühnen Gegenwartsstücke zu sehen. Nun also Rünno Saaremäe. Der einstige Seefahrer und Journalist stammt aus dem Nordosten Estlands. „Eine Region, in der Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Alkoholismus vorherrschen. Und die Umweltverschmutzung ist so groß wie sonst nirgends im Land“, beschreibt der Regisseur die Situation und fügt hinzu: „Eine verdammt teuflische Ecke, dagegen ist Vorpommern noch harmlos.“ Genau in dieser Region leben Hanno (Markus Voigt), Heldur (Andreas Dobberkau) und Marta (Eva-Maria Blumentrath). Drei Menschen, denen das Glück abhanden gekommen ist. Und damit auch der Sinn des Lebens. „Die Inszenierung gibt keine Antworten auf ihre Fragen“, schickt der Theaterwissenschaftler Baumgarten voraus. Wer sich das Schauspiel anschaut (Bühne und Kostüme: Marion Eisele, Frank Chamier), wird sich unweigerlich die Frage nach dem Sinn seines Lebens stellen. Hat nicht jeder schon mal den Stein wieder bergauf asten müssen, nachdem er hinunter gerollt ist? Das Leben als Sisyphus-Arbeit! Nicht sinnlos. Sondern schön und traurig, voller Begeisterung und Ängsten, Niederlagen und Siegen. Vor allem voller Träume und Hoffnungen. PETRA HASE Premiere: 6. Mai, 20 Uhr im Theater im Penguin Hanno, Heldur und Marta sind die Hauptpersonen im Schauspiel „Johannifeuer“ des estnischen Autors Rünno Saaremäe. Foto: Theater Vorpommern