Das Pfandrecht - Prof. Paulus - Hu

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Das Pfandrecht - Prof. Paulus - Hu
04.07.2012
Zweck des Pfandrechts
• Realkredit
Das Pfandrecht
Vorlesung Sachenrecht 4.7.2012
Friedrich Benjamin Schneider, Ass.Jur. LL.M.
Humboldt-Universität zu Berlin
Lehrstuhl Prof. Dr. Christoph G. Paulus, LL.M.
[email protected]
• Bei Zwangsvollstreckung: § 805 ZPO
(Vorzugsweise Befriedigung)
• Bei Insolvenz: § 50 InsO (Absonderung)
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Grundlegendes
• Entstehung:
• gesetzlich – vertraglich
• an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff) – an
Rechten (§§ 1273 ff)
• Grundsätze:
• Strenge Akzessorietät (§§ 1204, 1250,
1252)
• Spezialität
• Publizität
• Bei Fälligkeit: §§ 1228 ff (Verwertung)
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A) Pfandrecht
an beweglichen Sachen
1) vertraglich vereinbartes
Pfandrecht
2) gesetzliches Pfandrecht
B) Pfandrecht an Rechten
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Rechtsbeziehungen.
A) Pfandrecht
an beweglichen Sachen
Persönlicher
Schuldner
Zu sichernde Forderung, z.B. aus § 488 I 2
Causa für Pfandrechtsbestellung:
1) vertraglich vereinbartes
Pfandrecht
2) gesetzliches Pfandrecht
Sicherungsabrede
B) Pfandrecht an Rechten
Pfandgläubiger
Verpfänder
------------Trennungs- und Abstraktionsprinzip beachten ! --------
(kann, muss
aber nicht
mit persönlichem
Schuldner
identisch sein)
Einigung über
Pfandrechtsbestellung
§ 1205 I
Publizitätsakt:
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Übergabe des Pfandes § 1205 I, II
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Entstehung (Ersterwerb)
Voraussetzungen:
• Rechtsgeschäftliche Einigung mit Inhalt
des § 1204
• Übergabe (§ 1205 Abs. 1 S. 2 / Abs. 2)
• Berechtigung des Verpfänders
• Gutgläubiger Erwerb gem. § 1207
• Bestand einer zu sichernden (auch
künftigen) Forderung
• Bei künftiger Forderung Entstehung mit
Zeitpunkt der Bestellung des Pfandes
Problemfall 1
G räumt S ein Darlehen gegen Bestellung
eines Pfandrechts an einer Ming-Vase ein.
Nach Übergabe der Ming-Vase und
Auszahlung des Darlehensbetrages stellt sich
heraus, dass der Darlehensvertrag nichtig ist.
Problem?
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Problemfall 1
Gutgläubiger Erwerb (I)
G räumt S ein Darlehen gegen Bestellung
eines Pfandrechts an einer Ming-Vase ein.
Nach Übergabe der Ming-Vase und
Auszahlung des Darlehensbetrages stellt sich
heraus, dass der Darlehensvertrag nichtig ist.
• A) S verpfändet G ein Gemälde seines
Onkels O, wobei G zulässigerweise davon
ausgeht, dass O mit der Verpfändung
einverstanden ist. O weiß von nichts.
BGH NJW 1968, 1134: Das Pfandrecht
sichert auch die Rückzahlungsforderung
aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.
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Gutgläubiger Erwerb (I)
Gutgläubiger Erwerb (II)
• A) S verpfändet G ein Gemälde seines
Onkels O, wobei G zulässigerweise davon
ausgeht, dass O mit der Verpfändung
einverstanden ist. O weiß von nichts.
Der gute Glaube an die Verfügungsmacht
wird nicht geschützt
(Ausnahme: Konstellationen des § 366
HGB, s. aber auch § 367 HGB)
• G lässt bei S eine diesem gehörige Sache
vom Gerichtsvollzieher pfänden, der eine
Pfandmarke anbringt. S entfernt sie und
verpfändet die Sache einem anderen
Gläubiger D.
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Gutgläubiger Erwerb (II)
Übertragung des Pfandrechts
(Zweiterwerb)
• G lässt bei S eine diesem gehörige Sache
vom Gerichtsvollzieher pfänden, der eine
Pfandmarke anbringt. S entfernt sie und
verpfändet die Sache einem anderen
Gläubiger D.
Das Pfändungspfandrecht des G erlischt
nicht, D erlangt aber gutgläubig ein
vorrangiges Pfandrecht, § 1208.
• Akzessorität Übergang (nur) mit der
Forderung (§ 1250 Abs. 1)
• Gutgläubiger Erwerb eines nicht
bestehenden Pfandrechts?
• Nein, wenn die Forderung nicht besteht
(kein gutgl. Forderungserwerb!).
• Wenn das Pfandrecht nicht besteht?
Nein, arg. gutgl. Erwerb als Ausnahme,
h. nicht im Gesetz geregelt
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Stellung der Beteiligten vor der
Pfandreife (I)
„Pfandreife“
• Der Zeitpunkt, zu dem der Pfandgläubiger
berechtigt ist, das Pfand zu verwerten.
• § 1228 Abs. 2 S. 1: Fälligkeit der
Forderung
• § 1228 Abs. 2 S. 2: Übergang der
Forderung in eine Geldforderung
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Stellung der Beteiligten vor der
Pfandreife (II)
• Ablösungsrechte
• Verpfänder (vgl. § 1223)
• Eigentümer und jeder sonstige durch die
Veräußerung des Pfandes Beeinträchtigte (vgl.
§ 1249)
können das Pfand ablösen, sobald der Schuldner
zur Tilgung der Schuld berechtigt ist
• Rechtsfolge:
• Übergang von Forderung auf Ablösenden
• Mit der Forderung geht das Pfandrecht auf den
Ablösenden über, §§ 412, 401.
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• Gläubigerschutz: Recht zum Besitz; Schutz
wie Eigentümer (§ 1227 §§ 985ff, 1004)
• Gesetzliches Schuldverhältnis zwischen
Gläubiger und Verpfänder:
• Recht des Gläubigers zum Besitz und
zum Ziehen der Nutzungen (wenn §§
1213, 1214), Ersatz der Aufwendungen
• Pflichten des Gläubigers: sorgfältige
Verwahrung (§ 1215), Rückgabe nach
Erlöschen (§ 1223)
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Die Pfandverwertung
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• Gläubiger kann Pfandgegenstand verkaufen
und sich aus dem Erlös befriedigen, §§ 1228,
1247.
• Normalfall: Versteigerung durch den
Gläubiger, § 1233 Abs. 1
• Andere Möglichkeiten
• Verwertung nach Vollstreckungsrecht,
§ 1233 Abs. 2
• Verwertung nach Parteivereinbarung,
§§ 1245, 1259
• Verwertung entsprechend einer
Entscheidung des Gerichts, § 1246
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Öffentliche Versteigerung
durch den Gläubiger
• Verkäufer ist der Gläubiger, der vertreten
durch die Versteigerungsperson den
Kaufvertrag mit dem Erwerber abschließt
(durch Zuschlag, § 156) und ihm das
Pfandobjekt gem. §§ 929 ff übereignet (mit
gesetzlicher Verfügungsermächtigung)
• Ordnungsvorschriften (z.B. § 1234 Abs. 1,
1237 S. 2, …) Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen (s. § 1243)
• Für öffentliche Versteigerung vgl. § 383 Abs. 3
S. 1.
Öffentliche Versteigerung –
Rechtmäßigkeitsvorauss.
• Pfandrecht
• Pfandreife (§ 1228)
• Kein Verkauf einer größeren Zahl von
Pfändern als nötig (§ 1230 S. 2)
• Öffentliche Bekanntmachung der
Versteigerung (§ 1237)
• Bei Gold-/Silberwaren: Erreichen mindestens
des Metallwertes (§ 1240)
• Öffentliche Versteigerung (§ 1235)
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Öffentliche Versteigerung –
Rechtmäßigkeitsvorauss.
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§ 1247: Erlös aus dem Pfand (I)
• Soweit der Pfanderlös dem Pfandgläubiger zu
seiner Befriedigung gebührt, gilt die
Forderung als von dem Eigentümer entrichtet.
• Gebührt = wenn und soweit dem Gl.
Pfandrecht und Forderung zustanden.
• Folge: Es wird so angesehen, als habe der
Eigentümer den Gl. befriedigt.
Pfandrecht
Pfandreife (§ 1228)
Kein Verkauf größerer Zahl von Pfändern als nötig
Öff. Bekanntmachung der Versteigerung
Metallwert erreich
Öffentliche Versteigerung (bzw. 1233 Abs. 2 / 1240 )
Ersteher wird Eigentümer, sämtliche sonst an der Sache
bestehende Pfandrechte erlöschen.
Fehlt ein Pfandrecht, muss sich der gute Glaube sowohl
auf das Bestehen der Forderung als auch auf das Bestehen
des Pfandrechts beziehen
Rechtsfolge der rechtmäßigen Versteigerung: § 1242
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• Eigentümer = persönlicher Schuldner:
Erfüllung der Forderung
• Eigentümer ≠ Schuldner Forderung des
Gläubigers gegen den Schuldner geht auf den
Pfandeigentümer über (analog §§ 1249, 268
Abs. 3 oder 1225)
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§ 1247: Erlös aus dem Pfand (II)
Eigentümer
„Zahlung“
Schuldner
Pfandgläubiger
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• Im Übrigen tritt der Erlös an die Stelle des
Pfandes
• Dingliche Surrogation: Die
Rechtsbeziehungen am Pfandgegenstand
setzen sich am Pfanderlös fort
• D.h.: Der ursprüngliche Eigentümer des
Pfandes wird Eigentümer des Erlöses
• Höhe: Voll, wenn das Pfandrecht nicht
bestand; anteilig, wenn der Erlös die
Forderung überstieg (Miteigentum).
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Beispielsfall
Beispielsfall - Lösung
• Die dem Juwelier E gestohlene Uhr wird
dem G von S für dessen Schuld verpfändet
und vom gutgläubigen K ersteigert.
Wer ist Eigentümer der Uhr, wer des
Geldes?
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Einreden gegen Forderung und
Pfandrecht
A) Verpfänder = Eigentümer = Schuldner
• Einreden gegen die Forderung
• Einreden gegen das Pfandrecht
B) Verpfänder = Eigentümer ≠ Schuldner
• Einreden gegen das Pfandrecht
• § 1211 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.: Einreden gegen
die Forderung
• § 1211 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.: Einreden des
Bürgen
Eigentum an der Uhr:
• Eigentümer der Uhr war E
• K erlangte Eigentum (§ 1244, 932)
Eigentum am Erlös:
• Der Pfandgläubiger G, soweit ihm der Erlös
gebührt (§ 1247 S. 1) inzidente Prüfung der
Entstehung des Pfandrechts!
• h.: Fehlende Berechtigung hinsichtlich des
Pfandrechts, kein gutgläubiger Erwerb, weil
§ 935 kein Pfandrecht
• Erlös gebührte nicht dem G Dingliche
Surrogation (§ 1247 S. 2) E wurde Eigentümer
des Erlöses
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Erlöschen des Pfandrechts
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Exkurs: Pflaschen“pfand“
• § 1252: Mit der Forderung, für die es besteht.
• Wenn Gläubiger und Schuldner
personenidentisch werden (z.B. Erbschaft)
• § 1255: Aufhebung
Recht des Verpfänders, vom Pfandgläubiger
das Pfand zurückzuverlangen (§ 1223 Abs. 1);
ebenso Eigentümer (§ 985)
• § 1253 Abs. 1: Rückgabe des Pfandes an den
Eigentümer (auch bei Vorbehalt)
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A) Pfandrecht
an beweglichen Sachen
• Kein Pfandrecht iSd §§ 1204 ff
• Unterscheide (BGH NJW 2007, 2912 und 2913):
• individualisierte Flaschen: Lieferant bleibt
Eigentümer, „Pfandgeld“ sichert als Kaution
den Anspruch des Lieferanten auf Rückgabe
• Einheitsflasche: Verkäufer verkauft und
übereignet sie verbunden mit dem Angebot
des Rückkaufs „ad incertam personem“
1) vertraglich vereinbartes
Pfandrecht
2) gesetzliches Pfandrecht
B) Pfandrecht an Rechten
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Gutgläubiger Erwerb eines
gesetzlichen Pfandrechts?
Gesetzliche Pfandrechte
• Besitzpfandrechte, z.B.
• § 647 Werkunternehmerpfandrecht
• § 464 HGB Spediteurspfandrecht
• Besitzlose Pfandrechte, z.B.
• §§ 562-562 d Vermieterpfandrecht
• § 704 Gastwirtpfandrecht
• § 1 Düngemittelsicherungsgesetz…
• Voraussetzung immer: Eigentum des
Schuldners
• § 1257: Geltung der Vorschriften über
vertragliche Pfandrechte
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Pfandrecht an Rechten Grundsätzliches
A) Pfandrecht
an beweglichen Sachen
1) vertraglich vereinbartes
Pfandrecht
2) gesetzliches Pfandrecht
B) Pfandrecht an Rechten
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Vertragliches Pfandrecht an
Rechten
• Bestellung: § 1274: nach den für die
Übertragung des Rechts geltenden
Vorschriften
• Bei Forderungen: Verpfändungsvertrag (idR
formlos) + Verpfändungsanzeige an
Gläubiger (§ 1280)
• Briefhypothek Briefübergabe
• Bei Buchhypotheken: Einigung und
Eintragung
• Übertragung: §§ 1273 Abs. 2, 1250 mit
Abtretung der Forderung
Wenn kein Eigentum an der Pfandsache…
• Besitzlose Pfandrechte?
• Schon kein Rechtsscheinträger
• Besitzpfandrechte?
• Str
• Rspr., eher hL (-) (Arg. § 1257
„entstandenes“)
• Daher beim Werkunternehmerpfandrecht
idR AGB über vertragliches Pfandrecht
• Systematik
• Geregelt in §§ 1273 ff
• Anwendung §§ 1204 ff, soweit nicht
Spezialregelungen in §§ 1273 ff
• Akzessorietät, Spezialität
• Entstehung:
• Gesetzlich – vertraglich
• Beispiele: Pfandrecht an
• Forderung, GmbH-Anteil, Hypothek…
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Stellung des Pfandgläubigers
bei Pfandrecht an Forderungen
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• Aufhebung des Verpfändeten Rechts § 1276
nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers
• Vor Eintritt der Verwertungsbefugnis:
• § 1281 Leistung nur gemeinschaftlich an
Gläubiger und Pfandgläubiger § 1287
• Nach Eintritt der Verwertungsbefugnis:
• § 1282 Berechtigung des Pfandgläubigers
zur Einziehung der Forderung in eigenem
Namen, Schuldner kann nur noch an ihn
leisten
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Exkurs
Exkurs - Pfandkehr
Theodor (T) bucht eine Übernachtung im
Hotel des H. Als H am nächsten Morgen
Bezahlung verlangt, schlägt T den H nieder,
schnappt sich seinen Koffer und verlässt das
Hotel.
Strafbarkeit des T?
§ 289 StGB (1) Wer seine eigene bewegliche
Sache oder eine fremde bewegliche Sache
zugunsten des Eigentümers derselben dem
Nutznießer, Pfandgläubiger oder
demjenigen, welchem an der Sache ein
Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht
zusteht, in rechtswidriger Absicht
wegnimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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