gottesdienst im berner münster zur amtseinsetzung von pfrn. esther

Transcrição

gottesdienst im berner münster zur amtseinsetzung von pfrn. esther
GOTTESDIENST IM BERNER MÜNSTER
ZUR AMTSEINSETZUNG VON
PFRN. ESTHER SCHLÄPFER
12. OKTOBER 2014, 17. SONNTAG NACH TRINITATIS
Foto: Marie-Therese Lauper
GOTTESDIENST IM BERNER MÜNSTER
ZUR AMTSEINSETZUNG VON
PFRN. ESTHER SCHLÄPFER
12. OKTOBER 2014, 17. SONNTAG NACH TRINITATIS
Eingangsspiel
Clara Schumann (1819 – 1896)
Präludium in B-Dur
Eingangswort
Begrüssung
Gemeindelied
(stehend)
565, 1 – 4
Gemeinde:
Chor:
«Die güldene Sonne»
Verse 1 + 3
Verse 2 + 4
Gebet
Psalm
Psalm 119,101–108
Von jedem bösen Pfad habe ich meine Füsse zurückgehalten, damit
ich dein Wort bewahre. Von deinen Ordnungen bin ich nicht gewichen,
denn du hast mich unterwiesen. Wie süss sind meinem Gaumen deine
Worte, mehr als Honig meinem Mund! Aus deinen Vorschriften empfange ich Einsicht. Darum hasse ich jeden Pfad der Lüge! Eine Leuchte für meinen Fuss ist dein Wort, ein Licht für meinen Pfad. Ich habe
geschworen und halte es aufrecht, die Ordnungen deiner Gerechtigkeit
zu bewahren. Ich bin über die Massen gebeugt. Herr, belebe mich
nach deinem Wort! Die Gabe meines Mundes lass dir doch wohlgefallen, Herr! Lehre mich deine Ordnungen!
Chor
Johann Christoph Altnikol (1720 – 1759), «Befiehl du deine Wege»
1. Befiehl du deine Wege
und was dein Herze kränkt,
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt!
Der Wolken, Luft und Winden,
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuss gehen kann.
2. Dem Herren musst du trauen,
wenn dir’s soll wohlergehn;
auf sein Werk musst du schauen,
wenn dein Werk soll bestehn.
Predigttext
Mit Sorgen und mit Grämen
und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen,
es muss erbeten sein.
3. Dein’ ew’ge Treu’ und Gnade,
o Vater, weiss und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zum Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.
2. Korinther 4,5–7
Wir predigen nicht uns selbst, sondern Christus Jesus als Herrn, uns
aber als eure Diener um Jesu willen. Denn Gott, der gesagt hat: Aus
Finsternis wird Licht aufleuchten! er ist es, der in unseren Herzen aufgeleuchtet ist zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im
Angesicht Jesu Christi. Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefässen, damit das Aussergewöhnliche der Kraft von Gott sei und nicht
aus uns.
Chor
Johann Christoph Altnikol, «Befiehl du deine Wege»
4. Weg’ hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir’s nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht,
dein Werk kann niemand hindern,
dein’ Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
erspriesslich ist, willst tun.
6. Hoff, o du arme Seele,
hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle,
da dich der Kummer plagt,
mit grossen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken
die Sonn’ der schönsten Freud’.
5. Und ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurückegehn;
was er sich vorgenommen,
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.
7. Auf, auf, gib deinem Schmerze
und Sorgen gute Nacht!
Lass fahren, was dein Herze
betrübt und traurig macht!
Bist du doch nicht Regente
der alles führen soll;
Gott sitzt im Regimente
und führet alles wohl.
Predigt
Zwischenspiel
Improvisation
Glaubensbekenntnis Ich glaube an Gott,
(stehend)
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.
Amtseinsetzung
Segensgebet
mit Gemeindelied
514 (5x)
«Veni Sancte Spiritus»
(stehend)
Chor
Johann Christoph Altnikol, «Befiehl du deine Wege»
8. Ihn, ihn lass tun und walten,
er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
dass du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
die Sach’ hinausgeführet,
die dich bekümmert hat.
9. Er wird zwar eine Weile
mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile,
als hätt’ in seinem Sinn
er deiner sich begeben,
und sollt’st du für und für
in Angst und Nöten schweben,
frag’ er doch nichts nach dir.
11. Wohl dir, du Kind der Treue!
Du hast und trägst davon
mit Ruhm und Dankgeschreie
den Sieg und Ehrenkron’.
Gott gibt dir selbst die Palmen
in deine rechte Hand,
und du singst Freudenpsalmen
dem, der dein Leid gewandt.
10. Wird’s aber sich befinden,
dass du ihm treu verbleibst
so wird er dich entbinden,
da du’s am mind’sten gläubst;
er wird dein Herze lösen
von der so schweren Last,
die du zu keinem Bösen
bisher getragen hast.
12. Mach End’, o Herr, mach Ende
an aller unsrer Not,
stärk unsre Füss’ und Hände
und lass bis in den Tod
uns allzeit deiner Pflege
und Treu’ empfohlen sein,
so gehen unsre Wege
gewiss zum Himmel ein.
Willkommensgruss
Charlotte Gutscher, Kirchgemeinderatspräsidentin
Gemeindelied
724, 1 + 2
«Sollt ich meinem Gott nicht singen»
(stehend)
Wort zum Dienstantritt Esther Schläpfer
Gemeindelied
724, 4 + 5
«Seinen Geist, den edlen Führer»
(stehend)
Fürbitten und
Unser Vater
(stehend)
Grusswort
Christoph Lerch, Regierungsstatthalter
Mitteilungen
Segenslied
349, 1 – 3
«Segne und behüte»
Sendung und Segen
(stehend)
Ausgangsspiel
Clara Schumann
Fuge in B-Dur
Mitwirkende
Kantorei, Johannes Günther – Leitung, Stefan Schürch – Violone, Ekaterina Kofanova – Orgel-Continuo
Daniel Glaus – Orgel
Pfr. David Schneeberger – Liturgie und Predigt
Pfr. Beat Allemand
Pfrn. Esther Schläpfer
Charlotte Gutscher – Kirchgemeinderatspräsidentin
Christoph Lerch – Regierungsstatthalter Bern
Claudia Probst – Kirchgemeinderätin
Karin Scherrer-Schwyn – SD Kinder- und Jugendarbeit im Münster
Annette Dosch – aus Heidelberg
Felix Gerber – Betriebsleiter und Sigrist im Münster
Kollekte
SEK-Kollekte für die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen im Nahen Osten.
Herzlichen Dank für Ihre Gabe!
Predigt zur Amtseinsetzung von Pfarrerin Esther Schläpfer
im Berner Münster am 12. Oktober 2014, Pfr. David Schneeberger
2. Korinther 4,5–7
Wir predigen nicht uns selbst,
sondern Christus Jesus als Herrn,
uns aber als eure Diener um Jesu willen.
Denn Gott, der gesagt hat: Aus Finsternis wird Licht aufleuchten!
er ist es, der in unseren Herzen aufgeleuchtet ist
zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes
im Angesicht Jesu Christi.
Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefässen,
damit das Aussergewöhnliche der Kraft von Gott sei und nicht aus uns.
Auf der Frontseite des Liturgieblatts sehen wir, wie es ins Innere des Münsters
scheint. Farbig leuchtet es auf dem dezenten Sandstein. Geheimnisvoll abstrakt ist es und schön.
Was verbirgt sich hinter diesem ‚es’? Für die Musiker und Sängerinnen unter
Ihnen mag dieses ‚es’, das da leuchtet, nicht bloss eine visuelle Angelegenheit
sein, sondern auch eine Klangfarbe, ein einzelner Ton oder gar eine Tonart.
Im heutigen Gottesdienst liegt es nahe, dass sich hinter diesem leuchtenden
‚es’ die Initialen eurer neuen Münsterpfarrerin, Esther Schläpfer, verbergen.
Das ist doch, um beim Bild zu bleiben, der Wunsch, den wir insgeheim an eine
Pfarrerin haben: dass sie einleuchtende Zugänge zur Bibel schafft, Licht ins
Dunkel unserer Fragen bringt und Farbe in das Leben der Gemeinde in Unterweisung, Gottesdienst, Erwachsenenbildung und Seelsorge.
Dieses ‚es’, das da scheint, weist aber über uns hinaus. Zudem bist du Esther
kein unpersönliches ‚es’, sondern eine persönliche ‚sie’. Und wir sind ja nicht
das Licht selbst, sondern Trägerinnen und Träger, irdene Gefässe des Lichts.
Wir predigen nicht uns selbst, sondern Christus Jesus.
Bei zu hohen Ansprüche von aussen, bei zu hohen Ansprüchen an sich selbst
scheint zwar auch ein Licht auf, allerdings ein den Menschen verkennendes,
nämlich das scheinwerferartige Licht der Projektion, das aus uns macht, was
wir nicht sind.
Was also, verbirgt sich hinter dem diffusen Wort ‚es’ leuchtet, ,es’ scheint’?
Häufig verwenden wir ‚es’ im Zusammenhang mit dem Unverfügbaren; wenn
wir beispielsweise sagen: es regnet, es schneit, oder: es träumte mir. Im
Grunde sprechen wir da von Gott, ohne ihn zu nennen.
Und so ist es auch nicht das Münster selbst, das aus sich leuchtet. Das Lichtspiel ist vielmehr von Gott ins Kirchenschiff hineingelegt worden und schenkt
den erhabenen grau-grünen Mauern eine ungeahnte Fröhlichkeit und Leich-
tigkeit. Diese zarten Farben sind wahrlich ein himmlisches Geschenk. - Und ein
Geschenk ist es, den richtigen Moment, den Kairos zu treffen um Zeuge, um
Zeugin zu sein dieser göttlichen Vorstellung.
Die Rosette, durch welche das Licht in den Raum streift, hat die Form einer
sechsblättrigen blauen Blüte, die gegen die Mitte rot und im Zentrum golden
ist, wie ein Sinnbild für die Schöpfung und das Sechs-Tagewerk Gottes.
Als ob die Rosette noch nicht abstrakt genug wäre, verwandelt Gott mit seinem
Licht das streng geometrische Menschenwerk in ein eigenes Bild.
So erinnern die Lichttupfer im Münster-Innern auf diskrete Weise daran, dass
Gott wie damals am ersten Tag zu Gunsten des Lebens kreativ ist. Immer wieder bekräftigt er mit Licht seinen Bund mit den Menschen.
Als du Esther noch zur Schule gingst hat dein Lehrer dein Augenmerk für Regenbogen geschult. Mehr als einmal hiess es: Esther, renn, hol den Fotoapparat. So gelang es manchmal, den Regenbogen festzuhalten um ihn erinnern zu
können. Auf der Einladung zum heutigen Gottesdienst steht ein Regenbogen
nicht über sondern aufs Münster. Das ist durchaus im Doppelten Sinn zu verstehen.
An dir Esther ist es nun, die Aufmerksamkeit der Menschen zu schärfen, dass
Gott bereits aufgeleuchtet ist in der Gemeinde und in ihren Herzen, dass Gottes Spuren durchaus im Leben zu entdecken sind.
Als Pfarrerin stehen dir nun die gemeinsamen Räume offen, die Räume des
Feierns, des Austauschs, des Lernens, der Besinnung und der Sammlung. Richte diese Räume ein, halte Ausschau nach dem Aufleuchten Gottes in diesen
Herzkammern der Gemeinde. Es werden unverfügbare Ereignisse bleiben, doch
die Wertschätzung für den Moment, die Geistesgegenwart, die Agilität und das
Augenmerk werden die Wachsamkeit stärken.
Auch wenn das Herz der Gemeinde und der einzelnen Menschen manchmal ein
trotzig und verzagt Ding ist, das niemand ergründen kann, wie Jeremia sagt
(Jer 17,9), so hält Paulus dem entgegen, dass Gott sich bei uns einstellt und
uns zum Vis à Vis wird in Jesus Christus. Er ist es, der uns hat erfahren lassen,
wie die Welt aussieht, wenn auf Gott gehört wird, wenn Gott und kein anderer
Götze regiert. Auf ihn wollen wir uns ausrichten. Auf ihn schauen, der uns als
unseresgleichen entgegenkommt. Ihn predigen wir als unsern Herrn. Ihm begegnen wir im Angesicht unserer Nächsten und im Angesicht der Geringsten.
Auf dem Gesicht unseres Nächsten sollen wir den Gottesglanz erkennen. Unseren Nächsten sollen wir mit Jesus verwechseln. Wir werden, Gottes Glanz und
Herrlichkeit erkennen, wenn wir Jesus dort ins Gesicht schauen, wo er nun ist:
im Gesicht unserer Nachbarin, unseres Nachbarn – und besonders im Gesicht
derer, die hungrig und durstig sind, fremd und nackt, krank und im Gefängnis
(Mt 25).
Liebe Esther, du stellst dich in den Dienst an Gottes Wort, damit in den Dienst
an Christus und damit in den Dienst am Nächsten und an der Geringsten, wie
Christus selbst sich zum Diener gemacht hat. Du behältst den Schatz der Erkenntnis von Gottes Glanz und Herrlichkeit nicht für dich, sondern trägst ihn
hinaus in einem Alltags-Geschirr, in einem irdenen Gefäss. Heute wäre es wohl
ein Tupperware. Wer sich dafür interessiert, den wirst du Anteil haben lassen,
so wie du Anteil nehmen wirst am Glaubensschatz deiner Gemeindeglieder.
Ich bin überzeugt, dass so Gott durch euch wirken wird und eure Menschenwerke ebenso mit seinem Licht durchdringen wird, wie die Blumenrosette hinten im Münster.
Pfr. David Schneeberger