blaues wunder - Tourenfahrer
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K-074-ItalienSpezial.qxd:L-000-Muster.qxd 30.06.2008 16:44 Uhr Seite 74 ITALIEN-SPEZIAL BLAUES WUNDER GARDASEE Wie ein Fjord ragt Italiens schönster See hinein in die Steilwände der Alpen. Klar, dass man als Motorradfahrer auch abseits des Ufers gut aufgehoben ist. ie haben ihn noch nie umrundet? Dann wird es aber Zeit. Nein, nicht am Wochenende oder in der Ferienzeit, wenn sich die doppelstö- ckigen Reisebusse Stoßstange an Stoßstange stauen, sonst aber ist der Gardasee ein Traum. Gut 130 Kilometer Uferstraße, zypressenbestanden, ganz eng an steil aufragen- S Tiarno Passo di Croce Dominii 510 Riva di Garda 237 Torbole Lago di Ledro Storo Limone sul Garda 249 Tremósine Monte Caplone 1977 m Lago d’Idro Vésio Malcésine Monte Maggiore 2200 m Gargagno Riviera M Gardone on te Sábbio Ga rd as ee ITALIEN Ba ld Tignale Lago di Valvestino o Passo di Maniva Bagolino A 22 Torri del Benaco Salò Bréscia 45b Sirmione 10 km A4 Affi Garda 572 249 12 Desenzano Peschiera di Garda AUF EINEN BLICK Streckenlänge: Rund um den See: ca. 130 km, vom See in die Berge: ca 180 km Charakter: Beschauliche Sightseeing-Tour am Seeufer und extrem kurvige Bergrunde auf schmalsten Sträßchen. Zeitaufwand: Pro Runde sollte ein kompletter Fahrtag eingeplant werden. Reisezeit: Werktags im Frühjahr und Herbst, im Sommer und an Wochenenden ist der See hoffnungslos überfüllt. Übernachten: Am besten zwischen Riva und Gargnano, um bei der Bergrunde nichts doppelt zu fahren. An Unterkünften aller Kategorien herrscht außerhalb der Ferien selten Mangel. Nicht versäumen: Stadtbummel in Riva, Uferpromenade in Garda, »Schauderterrassen« in Pieve, Burg von Sirmione Karte: Kümmerly + Frey Blatt 3 »Trentino / Südtirol« Infos / Hotelbuchungen: www.trentinoinmoto.com www.gardasee.de www.gardasee.com www.itwg.com de Felswände gedrängt, durch spektakuläre Tunnels, vorbei an Seepromenaden und durch Palmenalleen. Dazwischen romantische Orte wie Limone und Malcésine, deren Klang allein schon unsere Eltern träumen ließen vom Land, wo die Zitronen blühen. Sicher, das flache Ostufer ist bei weitem nicht so reizvoll wie die gegenüberliegende »Gardesana Occidentale«, eine der schönsten Straßen der Welt. Aber dafür kann man von dort aus halt den Anblick der ganzen Pracht genießen. Sightseeing-Runde beendet? Dann los zu einer Tour, die keine Geraden mehr kennt. Von Riva aus noch mal die Gardesana entlang, bis kurz vor Campione mitten im Tunnel der Wegweiser nach Pieve zeigt. Was für eine Strecke – ein steiler, enger Lindwurm windet sich zwischen efeuumranktem Fels die Brasa-Schlucht hinauf, sogar ein Wasserfall wird über die Straße geleitet, und oben in Pieve lockt die unglaubliche »Schauderterrasse« des Hotels Paradiso Schwindelfreie zu einem Cappuccino über dem Abgrund. Weiter hinauf und über die Hochebene von Tremósine kurvt das spektakuläre Sträßchen, stürzt sich dann am »Balkon« von Tignale vorbei wieder atemberaubend hinab ans Seeufer. Im winzigen Hafen des zauberhaften Villa lässt sich unter Zitronenbäumen rasten, dann aber endgültig hinauf in die Berge. Serpentine um Serpentine gewinnt die Straße von Garg- nano aus an Höhe, wenig später wedelt man am Ufer des einsamen, tiefgrünen Stausees Lago di Valvestino entlang, dessen Arme wie Fjorde zwischen die bewaldeten Bergrücken fingern. Und noch ein See taucht bald auf, der Lago d´Idro, dessen Ufer wir aber bald wieder verlassen. Hoch zum Maniva – aber Vorsicht. Wer den Anstieg von Anfo aus wählt, könnte enttäuscht werden. Sicher eines der spektakulärsten Bergsträßchen überhaupt, aber oben, kurz vorm Pass, wo man längst über Schotter rumpelt, ist die Straße seit Jahren von einem Erdrutsch weggerissen. Endstation, hier geht’s höchstens für todesmutige Trialer weiter. Erklimmen wir die Passhöhe also vom hübschen Bergdorf Bagolino aus, schrauben uns hinauf zum 1664 m hohen Maniva und fahren weiter bergwärts. Nur ein paar Kilometer, dann endet der Asphalt, die spektakuläre Höhenstraße windet sich als staubige Piste durch überirdisch schöne Hochgebirgsszenerie und trifft erst am Croce Domini wieder auf Asphalt. Doch keine Angst, um das Natursträßchen zu befahren, muss man kein versierter Offroader sein, hier geht’s selbst für Gold Wings weiter. Hinab kurvt die Straße durch die Einsamkeit des CaffaroTals, und wer schließlich von Storo aus durchs tief eingeschnittene Ampola- und LedroTal wedelt, der hat das Geradeausfahren schnell verlernt. Vielleicht ganz gut, dass Riva am Gardasee bald erreicht ist. K-074-ItalienSpezial.qxd:L-000-Muster.qxd 30.06.2008 16:44 Uhr Seite 75 Überirdisch schön: Bergwelt zwischen Croce Domini und Manivapass. Im Hafen von Riva erhebt sich ein Wald aus Segelmasten. Senkrecht stürzen die Felswände an der Gardesana Occidentale hinab zum Wasser. 40 Tunnel auf 40 Kilometer – zwischen Riva und Salò wird man zum Schattenspieler. Zypressengesäumte Traumstraße – schwer vorstellbar, dass ihr Bau militärische Hintergründe hatte. 8/2008 TOURENFAHRER 75 K-074-ItalienSpezial.qxd:L-000-Muster.qxd 30.06.2008 16:44 Uhr Seite 76 ITALIEN-SPEZIAL Die Cinque Terre sind der wohl schönste Abschnitt der Riviera. Fünf Dörfer krallen sich an die Steilküste, hier Riomaggiore. Fangfrisch kommt der Fisch auf den Markt. Palmenbeschattete Nobelvillen sind vor allem an der Blumenriviera kein seltener Anblick. Nur wenige Kilometer hinter der Küste sieht die Welt anders aus. Abgeschiedene Bergdörfer ducken sich zwischen grün bewachsene Höhen. Letzter Ausblick auf San Remos Hafen, und dann nichts wie hinauf in die Berge. 76 TOURENFAHRER 8/2008 K-074-ItalienSpezial.qxd:L-000-Muster.qxd 30.06.2008 16:44 Uhr Seite 77 GEBIRGE AM MEER LIGURIEN Oben einsame Bergdörfer und keine 20 Kilometer entfernt die Riviera. Wo sich Seealpen und Apennin ins Meer stürzen, kommt jeder auf seine Kosten. iviera – allein der Name verströmt einen Hauch von Grandezza, von palmengesäumten Jugendstilvillen, ankernden Luxusyachten, mondänen Treffpunkten der High Society. Manch einer mag sich dagegen schaudernd abwenden beim Gedanken an überfüllte Strände, aus allen Nähten platzende Ferienorte und 300 km verstopfte Küstenstraße. So oder so aber stellt sich die Frage: Soll man dorthin mit dem Motorrad fahren? Unbedingt! Denn selbst wer die Küste partout nicht mag, findet in Ligurien, dem schmalen Streifen Land am Meer, ein bergiges Hinterland, dessen Schönheit einem die Sprache verschlägt. Schon im schicken San Remo kann man dem Trubel leicht entweichen und entdeckt nur wenige Kilometer landeinwärts das andere Ligurien. Keine hundert Meter geht es jetzt mehr geradeaus, in sich versunkene Bilderbuch-Dörfchen wie Triora oder Dolcedo klammern sich wie Schwalbennester an grüne Hänge, und handtuchbreite Sträßchen winden sich über die beachtlichen Höhen der Seealpen. Zurück am Meer, bietet Impéria einen turbulenten Kontrast. Cervo, Alassio, Albenga – kurvig windet sich die Via Aurelia die Küste hinauf, und man sollte gar nicht erst versuchen, das irre Tempo der einheimischen Rollerpiloten mitzugehen. An den Stränden reihen sich die Liegestühle, im Innern aber zeigen die uralten Küsten- R orte Einblicke ins Mittelalter. Zu viel Verkehr? Zwischen Loano und Finale Ligure kann man wieder in die Berge fliehen und hat tausend Kurven für sich allein. Steil stürzen sich die Berge hinter Finale ins Meer, zu ihren Füßen wurde die Via Aurelia aus dem Fels gesprengt, die keln sich die Orte der Riviera di Levante an ihren traumhaften Buchten, dann schlägt sich selbst die Hauptstraße kurvig in die Berge. Und kehrt zurück an den wohl schönsten Küstenabschnitt, die Cinque Terre. Schroffe Klippen und steile Weinberge ragen hier ins Meer, oben kurvt ein Sträßchen am L i g u r i e 45 n Campomorone Rossiglione Sassello A 26 339 A7 29 ITALIEN A 10 A6 28 Calizzano Savona Finale Loano Pieve di Teco 204 Triora Monte Ceppo 1627 m A 10 Albenga Alássio Uscio Camogli Portofino Sestri on Genua Golf v Borgo Monte Penno 1735 m 523 A 15 Pontrémoli Rapallo Genua Riviera di Ponente Abhang, unten türmen sich fünf wellenumtoste Dörfer am steilen Ufer. Schmale Wege führen hinunter, und wenigstens eins der Dörfer muss man einmal besucht haben. Das malerische Portovénere noch, dann kann man beruhigt heimkehren. Man hat die ganze Pracht Liguriens gesehen. Levante A 12 Lévanto Riviera di Levante Venazza Riomaggiore La Spézia Portovénere Riviera dei Fiori Docedo Impéria Ligurisches Meer 20 km San Remo sich gen Savona windet. Nun muss man sich entscheiden: weiter entlang der Küste bis nach Genua, eintauchen in pulsierendes Großstadtleben und die aufregendste Altstadt Italiens, ja vielleicht Europas erkunden? Oder einen sehr, sehr großen Bogen auf verwinkelten Apenninsträßchen um die Hafenstadt schlagen. Aber Vorsicht: Beim Ausflug ins Grüne wird der Gleichgewichtssinn von morgens bis abends auf eine harte Probe gestellt, denn so lang wird man brauchen für die Achterbahn in den Bergen. Camogli, Portofino, Sestri Levante – stolz und elegant rä- AUF EINEN BLICK Streckenlänge: ca. 520 km Charakter: Teils Küstenstraße mit vielen Stadtdurchfahrten, teils kurvige Bergstraßen. Zeitaufwand: Eher etwas für den Jahresurlaub mit Badeaufenthalten. Eine Woche sollte aber mindestens sein. Reisezeit: Wer nicht baden will, fährt im Frühjahr oder Herbst. In den Sommerferien ist die Küstenstraße Via Aurelia hoffnungslos überfüllt. Übernachten: An der Küste ist vom einfachen Hotel bis zur Luxusherberge alles vorhan- den. Günstiger kann man in einigen Bergdörfern übernachten, die auch nicht weit vom Meer entfernt sind. Nicht versäumen: Hinterland von San Remo, »Bucht der Stille« in Sestri Levante, Erkundung eines Cinque-TerreDorfs, Stadtbummel in Genua Karte: Kümmerly + Frey Blatt 6 »Ligurien« Infos / Hotelbuchungen: www.liguriaplanet.com (engl.) www.turismoinliguria.it www.itwg.com TF-Reportage: 10/2007