Mit Vollgas an den Whirlpool

REISE
Souvenirs, Souvenirs
Was hast du mir
denn mitgebracht?
Eine Reise geht so schnell zu Ende,
und die Erinnerungen verblassen auch
immer sofort. Also bringen wir öfter
mal etwas mit und stellen unsere
Fundstücke vor.
Eine Carriel
Der Laden liegt in einer versteckten
Seitenstraße
der
kolumbianischen
Stadt Medellín. Lederwaren für den
Bedarf von Bauern. Zwischen Pferdesätteln, Stiefeln und übergroßen Hüten
hängt eine Reihe seltsamer, bunter Tragetaschen, gefaltet wie Ziehharmonikas, aus glatt gekämmtem Rinderfell.
An Straßenständen werden diese Taschen in winzigen Touristen-Versionen
angepriesen. Sie sind ein Symbol der Region Antioquia – in etwa so, wie Lederhosen für Bayern stehen. Jeder Paisa,
wie sich die Bewohner Antioquias nennen, weiß, dass die traditionelle Carriel
nur von Männern zu tragen ist. Das
macht der betagte Ledergerber in seinem Laden deutlich: Grimmig beobachtet er, wie sich eine amerikanische Touristin eine seiner Handtaschen über die
Schulter hängt.
Carriel-Taschen sind seltener geworden, außer als Accessoire für Städter
und Touristen dienen sie nur noch wenigen Kaffeebauern und reisenden Händlern als praktische Behältnisse für den
alltäglichen Bedarf. In dem Städtchen
Jérico, das für diese Kunstwerke berühmt ist, gibt es inzwischen nur noch
drei traditionelle Hersteller, die die
Taschen in mühsamer Handarbeit fertigen. In den durchschnittlich neun getrennten Fächern bewahrten früher vor
allem Maultiertreiber ihre Habseligkeiten auf. Das Secreto, das versteckte Geheimfach, war dabei nicht etwa primär
für die Geldbörse gedacht: Hier versteckte man eine parfümierte Haarsträhne der fernen Geliebten.
So urkolumbianisch wie die Tasche
ist auch die angebliche Entstehung ihres Namens: Das englische „carry all“,
mit der die geräumige Tasche beschrieben wird, verwandelt sich in typisch kolumbianischer Aussprache zu Carriel,
mit gerolltem R natürlich.
Ich greife zu der größten, mit 18 Fächern, und frage nach dem Preis. Im Gegensatz zu den windigen Dingern von
den Touristenständen auf der Straße halte ich hier ein gut verarbeitetes, wertvolles Stück in der Hand: 100 Euro sind jedoch viel Geld, sowohl für kolumbianische als auch für meine Verhältnisse.
Der alte Mann deutet meinen Gesichtsausdruck richtig und holt ein Exemplar
für umgerechnet 23 Euro hervor. Die ist
zwar viel kleiner und von „carry all“
kann man eigentlich nicht mehr sprechen – aber die Haarsträhne der Liebsten, die passt noch immer hinein.
Text: Jesko Habert, Foto: S. Rumpf
DEFGH Mittwoch/Donnerstag, 6./7. Juni 2012 • Nr. 129 • Seite 28
Teure Nächte in der Ukraine
Mit Vollgas an den Whirlpool
Wegen der erhöhten Nachfrage nach
Hotelzimmern steigen die Preise in den
EM-Austragungsstädten deutlich. Den
größten Preisanstieg verzeichnet Charkow, die zweitgrößte Stadt der Ukraine,
zum Spiel der deutschen Nationalmannschaft am 13. Juni gegen die Niederlande. Für eine Übernachtung nach dem
Spiel müssen Fans im Schnitt 241 Euro
pro Zimmer ausgeben, das sind 181 Prozent mehr als sonst, wie das Hotelportal
HRS mitteilte. Vergleichsweise günstig
übernachten Fußballfans in Lemberg,
Austragungsort des ersten Gruppenspiels der deutschen Elf gegen Portugal.
In der westukrainischen Stadt kostet ein
Hotelzimmer in der Nacht des Spiels am
9. Juni rund 120 Euro, beim zweiten
Spiel gegen Dänemark 144 Euro.
SZ
Gemeinsam kochen statt nur Kilometer herunterreißen: Wellness-Motorradreisen für Frauen
Die Leidenschaft für Motorräder nimmt
zu, auch bei Frauen. Auf weibliche Besitzer fielen 2011 in Deutschland 14 Prozent
der 141 000 neu zugelassenen Zweiräder. Was Frauen wollen, die sich in ihrer
Freizeit auf schwere Maschinen setzen,
weiß Ursula Arenz. Mit ihrem Reiseunternehmen „Ullatours“ (www.ullatours.de)
bietet die 52-jährige Bikerin aus BitzenDünebusch bei Köln seit zwei Jahren speziell auf weibliche Biker zugeschnittene
Motorradreisen an. Wellness, Shopping
oder gemeinsames Kochen gehören auf
Reisen mit Titeln wie „Frauenpower auf
zwei Rädern“ dazu.
Griechen werben für sich
SZ: Warum bieten Sie spezielle Frauentouren an?
Arenz: Eigentlich ist die Idee abgeleitet von meinen persönlichen Wünschen
an solche Fahrten, die früher aber nie erfüllt wurden. Nachdem ich mich, auch
im Bekanntenkreis, informiert hatte
und merkte, dass dafür durchaus Nachfrage bestünde, habe ich vor zwei Jahren die Frauentouren in mein Programm
aufgenommen.
Wegen der schlechten Buchungszahlen hat die Übergangsregierung in Athen
die Reize des traditionellen Urlaubslandes hervorgehoben. Das Bild, das von
Griechenland gezeichnet werde, müsse
der Wirklichkeit entsprechen, betonte
der Sprecher der Übergangsregierung,
Dimitris Tsiodras. Griechenland sei „ein
absolut sicheres Urlaubsziel“ mit „sehr
konkurrenzfähigen“ Preisen. Die Reservierungen aus dem Ausland sind wegen
der Krise deutlich zurückgegangen. Die
Buchungen aus Deutschland sanken im
Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent.
Das hoch verschuldete Griechenland
steckt nach den Wahlen Anfang Mai politisch in der Sackgasse, weshalb am 17. Juni erneut gewählt wird.
AFP
SZ: Waren die Frauen bei Ihren gemischten Touren unzufrieden?
Arenz: Bei unseren anderen Fahrten
haben wir sehr oft festgestellt, dass die
Frauen in gemischten Gruppen etwas
überfordert waren. Die Männer wollten
oft einen Zahn zulegen und sahen die
weiblichen Teilnehmer dabei als Hindernis. Viele Frauen fanden das stressig.
Das fand ich nicht gut – unsere Touren
sollen schließlich jedem Spaß machen.
Bedrohtes Great-Barrier-Riff
SZ: Fahren Frauen tatsächlich anders
als Männer?
Arenz: Unter Frauen ist der Wettbewerbsgedanke nicht so ausgeprägt. Sie
legen mehr Wert auf Genuss als auf Geschwindigkeit. Frauen wollen auch mal
einen Tag ausspannen und sich verwöhnen lassen. Männer dagegen fahren lieber fünf Tage täglich 300 Kilometer – Minimum. Die wollen vor allem schnell
sein und Kilometer reißen.
SZ: Heißt das, weibliche Biker haben
lahmere Maschinen?
Arenz: Nicht unbedingt, es gibt zunehmend Frauen mit größeren, hochmotorisierten Maschinen. Aber Frauen sind
trotzdem weniger risikobereit, darum
ist die weibliche Fahrweise ganz anders.
SZ: Wie steuern Sie eine große Gruppe von Bikerinnen?
Arenz: Ich fahre immer selbst mit, unsere Gruppen haben höchstens neun Teilnehmerinnen. Als Guide muss ich natürlich Rücksicht auf das schwächste Glied
nehmen. Schon beim Vorgespräch kann
ich heraushören, wer wie fährt. Als Leiterin fahre ich dann das Wunschtempo
der Gruppe. Privat bevorzuge ich aber
auch entspanntes Fahren, um einfach
die Umgebung zu genießen.
SZ: Welche Gegenden kommen dazu
am besten in Frage?
Arenz: Ich bin ein großer SüdtirolFan, und natürlich ist die ganze süddeutsche Bergregion reizvoll. Aber weil ich
schon seit 29 Jahren Motorrad fahre, ha-
Männer reißen gerne viele Kilometer an einem Tag herunter, Frauen gehen das Motorradfahren etwas gemächlicher
Foto: Kim Kimm/Getty
und mit mehr Genuss an, so zumindest die Erfahrung der Reiseveranstalterin.
be ich ganz Europa von links nach
rechts einmal durchquert und kenne viele wunderschöne Strecken. Speziell bei
den Frauentouren habe ich besonders
Wert auf Hotels mit schönem Verwöhnbereich gelegt.
SZ: Wie sieht ein gutes Wellnessprogramm für Bikerinnen aus?
Arenz: Zum Start in den Pausentag
ein ausführliches Sektfrühstück, ein
paar Stunden im Whirlpool, in der Sauna. Dazu abends ein mehrgängiges Dinner, dann vielleicht ein Cocktail an der
Bar – das verstehe ich unter einem guten
Entspannungsprogramm. Gut kommt es
auch an, wenn man mit dem Hausherrn
des Hotels in die Küche gehen und als
Gruppe gemeinsam kochen kann. Meist
gehen wir auch einen Tag zum Shoppen.
Jahre alt. Viele beginnen nach der Babypause mit dem Motorradfahren oder
steigen wieder ein. Manche machen ihren Führerschein auch erst mit 50. In
diesem Alter ist ja auch tendenziell das
nötige Kleingeld für das Wohlfühlprogramm und den Einkaufsbummel da.
Die jungen Ausnahmen gibt es aber
auch. Die haben oft schon in der Jugend
den Motorrad-Virus von der Mutter abbekommen.
SZ: Gibt es Hotels, die speziell auf diese Frauen zugeschnitten sind?
Ursula Arenz fährt
seit 29 Jahren
Motorrad und hat
dabei schon ganz
Europa durchquert. Sie besucht
am liebsten
Hotels, in denen
nicht nur Biker
absteigen. Foto: oh
SZ: Gibt es eine typische Klientel für
Ihre Entspannungsfahrten?
Arenz: Die Gruppen sind tatsächlich
relativ homogen. Ein Großteil der Teilnehmerinnen ist zwischen 40 und 60
Baden-Württemberg
Südbaden bei Freiburg,
Nordsee
Arenz: Die gibt es, wie es überhaupt
eine Menge Herbergen extra für Motorradfahrer gibt. Ich allerdings bevorzuge
die normalen Hotels. Die Extras der Bikerhotels halte ich gar nicht für nötig.
Eine Werkzeugecke zum Beispiel haben
wir bei unseren Touren bisher zum
Glück nie gebraucht. Und auf die Idee,
unterwegs sein Motorrad zu waschen,
verfällt sowieso niemand. Normale Hotels sind einfach abwechslungsreicher.
Da kommen abends manchmal viel nettere Gespräche zustande, weil sich bei
gemischten Gästen nicht alles ums Biken dreht.
SZ: Wird es auf Dauer nicht öde für
Sie, nur unter Frauen zu sein?
Arenz: Gar nicht. Man hat ja Kontakt
zu immer wieder neuen Leuten, mit
denen man seine Erlebnisse teilen kann.
Mal ausschließlich das zu machen,
was Frauen gerne tun, wird nie langweilig.
Interview: Nicole Sagener
Die Unesco hat Australien mit scharfen Worten gemahnt, das Great-BarrierRiff stärker zu schützen. Der Kohleabbau und der Tourismus bedrohten das
Weltnaturerbe. Sollte sich die Lage nicht
bessern, könnte das Riff vor der Ostküste
Australiens auf die Liste der „Welterbegüter in Gefahr“ kommen, schreibt das
Unesco-Welterbekomitee in seinem Bericht. Australien müsse mehr tun, um das
Ökosystem vor den Schäden von Tourismus sowie Kohle- und Gasabbau zu
bewahren. Vor allem sollen an der Küste
nahe dem Riff keine neuen Häfen mehr
gebaut werden. In Australien wurde die
Unesco-Kritik von Politikern zurückgewiesen. Australien ist der weltgrößte
Kohleexporteur. Ein großer Teil wird
von Häfen nahe des Riffs verschifft. dpa
Urlaub trotz Erdbeben
Adriaurlauber müssen nach den Erdbeben in Norditalien nicht mit Einschränkungen rechnen. „Nach derzeitigen Informationen gibt es keinerlei Schäden an
der touristischen Infrastruktur“, so Andrea Corsini, Präsident des Küstenverbandes der Emilia-Romagna. „Hotels,
Restaurants, Bars und Themenparks
sind regulär geöffnet. Alle Verkehrswege
sind frei, das öffentliche Transportwesen
ist unbeeinträchtigt.“ Das italienische
Tourismusministerium hat eine Hotline
eingerichtet: Unter der Telefonnummer
0039/039 03 90 39 erhalten Urlauber Informationen auf Deutsch zum Ortstarif.
In den vergangenen drei Wochen hatte
die Erde bei Ferrara und Modena heftig
gebebt, 24 Menschen starben.
dpa
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