Barrierefrei das Magazin
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in Barrierefrei das Magazin 12/2014 Schutzgebühr: 4,50 Euro das Magazin Rollschuh oder Rollstuhl Kinder mit Behinderung Abenteuer Schnee Wenn Huskys die Seele berühren Alessandro Z anardi 1 BARRIEREFREI - das Magazin INDEGO Indego Die Wiederentdeckung der Bewegung tag hat vor etwa 15 Jahren begonnen, als stationäre Gangtrainer mit einem integrierten Laufband eingesetzt wurden. Seit einigen Jahren sind nun Exoskelette erhältlich, welche ein Gangtrainig auf unterschiedlichen Bodengegebenheiten ermöglichen und gehbehinderte Personen auch im Alltag unterstützen können. Indego kommt 2015 auf den deutschen Markt Per Definition ist ein Exoskelett eine Stützstruktur für einen Organismus, das eine stabile äußere Hülle um diesen bildet. Sie wurden in den letzten Jahrzenten entwickelt, um Bewegungseingeschränkten Menschen das Gehen zu ermöglichen. Kleine Motoren treiben die Geh-Orthese an. Der Einsatzbereich von Exoskeletten ist heute sehr vielseitig und reicht vom Militär über industrielle Fertigungsanlagen bis hin zur Unterstützung von Patienten im Therapiealltag. Die Firma General Electric entwickelte 1960 das erste Exoskelett und nannte es Hardiman. Dieses Gerät war aber äußerst schwer und sperrig, daher kam es nie wirklich zum Einsatz. Dank einer rasanten technischen Entwicklung in den letzten Jahren sind die Geräte heute viel kleiner und leichter geworden. Die Anwendung von Exoskeletten im Therapieall- 14 BARRIEREFREI - das Magazin Das Indego des Unternehmens Parker Hannifin aus den USA wird um die Hüfte und Beine getragen und ermöglicht gehbehinderten Personen das Stehen und Gehen. Der Name Indego (Eine Zusammensetzung der Wörter „Independence = Unabhängigkeit“ und „Go = Gehen“) unterstreicht den primären Nutzen des Gerätes, nämlich die verbesserte Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Patienten. Die Idee, ein solches Exoskelett zu entwickeln, hatten Wissenschafter an der Vanderbilt University in Nashville (USA). Von Anfang hatten sie das Ziel, ein Gerät zu entwickeln, dass sowohl in der Therapie eingesetzt wird, um die Gehfunktion von gehbehinderten Personen zu verbessern, als auch leicht und schmal genug ist, um den Patienten zu Hause im Alltag zu unterstützen. Obwohl diese beiden Anwendungsbereiche unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen, gibt es entscheidende Merkmale, die sowohl in der Rehaklinik als auch zu Hause identisch sind. „Für uns ist es ganz entscheidend, dass ein Therapiegerät schnell und problemlos auf den Patienten eingestellt werden kann“, sagt Clare Hartigan, eine erfahrene Therapeutin vom Shepherd INDEGO Center in Atlanta, welche die Entwicklung von Indego aus klinischer Sicht mitbegleitet hat. „Gleichzeitig muss die Anwendung sowohl für mich als Therapeut, aber auch für den Patienten intuitiv und so einfach wie möglich sein. Wenn dies der Fall ist, bringt Indego grosse Vorteile im Therapiealltag und im häuslichen Gebrauch mit sich“, so Hartigan weiter. Auch sie sieht das schnelle Anlegen und die einfache Bedienung von Indego als entscheidende Vorteile, verglichen mit anderen, bereits in Deutschland erhältlichen Exoskeletten. Michael Gore, aufgrund eines Unfalls komplett querschnittgelähmt, bestätigt dies und ergänzt: „Indego simuliert das natürlichste Gangbild aller getesteten Geräte“. Gore, der neben Indego auch zwei weitere Exoskelette getestet hat, schätzt außerdem, dass er Indego in seinem Rollstuhl anbehalten kann, welches mit anderen Geräten nicht vereinbar ist. Aus klinischer Sicht verfügt Indego über alle Voraussetzungen, um eine moderne Gangtherapie anzubieten und einen neuen Therapie-Standard für gehbehinderte Patienten zu setzen. Es ermöglicht ein Anwender-initiiertes, intensives und aufgabenorientiertes Gangtraining. Indego ist batteriebetrieben und kommt ohne sichtbare Kabel oder Rucksack-Komponenten aus. Zudem kann Indego auf den verschiedensten Bodengegebenheiten eingesetzt werden. Das Gerät imitiert die natürliche und harmonische Gehbewegung und reagiert auf Haltungsveränderungen und Gewichtsverlagerungen. Eine Gewichtsverlagerung nach vorne leitet das Aufstehen und Gehen ein. Eine Gewichtsverlagerung nach hinten dagegen das Stehenbleiben und Hinsetzen. So kann der geschulte Anwender unter Aufsicht von nur einem Therapeuten die Bewegung kontrollieren und steuern und somit effiziente Therapieeinheiten absolvieren. Klinische Erprobungen laufeN Auf Basis wissenschaftlicher Studien und gesetzlichen Zulassungen sollen zukünftige Indego-Versionen für gehbehinderte Personen mit unterschiedlichen neurologischen Krankheitsbildern wie zum Beispiel Schlaganfall oder Multiple Sklerose angeboten werden. „Für uns war es sehr wichtig, dass wir von Anfang an sehr intensiv mit exzellenten klinischen Partnern zusammen arbeiten“, sagt Dr. Stefan Bircher, Global Market Development Manager bei Parker Hannifin. „Wir werden diese wertvollen klinischen Rückmeldungen auch in der Weiterentwicklung von Indego berücksichtigen, um ein sinnvolles und effizientes Gerät anbieten zu können.“ Seit drei Monaten läuft in den USA eine große Multicenterstudie, um den Einsatz von Indego bei Patienten mit kompletter oder inkompletter Querschnittslähmung im klinischen Alltag, aber auch in der Heimanwendung zu testen. BARRIEREFREI - das Magazin 15 INDEGO Das Unternehmen Parker Hannifin 16 BARRIEREFREI - das Magazin Ein Beitrag von Lydia Saß Ansprechpartner für Deutschland Lars Wölfel Business Development Manager DACH Parker Hannifin GmbH Human Motion & Control Telefon: 0175 - 57 56 612 Email: [email protected] Herr Wölfel ist gerne bereit, weitere Fragen zur Verfügbarkeit von Indego und zu den klinischen Studien in Deutschland zu beantworten. Quelle Fotos: Parker Hannifin, Redaktion Barrierefrei Fünf der bekanntesten amerikanischen Rehabilitationskliniken nehmen an dieser umfassenden Studie teil. Erste Resultate werden Mitte des kommenden Jahres erwartet. Auch in Deutschland wurden erste Gespräche mit möglichen klinischen Forschungspartnern geführt. “Da Indego voraussichtlich erst ab Sommer 2015 für den breiten Einsatz in Rehabilitationskliniken und den privaten Gebrauch erhältlich sein wird, möchten wir die Zeit nutzen und auch in Deutschland mit wichtigen Forschungspartnern zusammenarbeiten”, so Dr. Bircher, der auch die laufende Multicenterstudie in den USA betreut. So wurde der BG Unfallklinik Murnau ein Indego Clinical Kit zur Verfügung gestellt, um Physiotherapeuten in der Indego-Anwendung zu schulen. „Wir sind sehr interessiert, Indego im Rahmen der Therapie von Patienten mit einer langjährigen Querschnittlähmung zu erproben und gespannt auf die Rückmeldungen, die uns die Betroffenen geben werden“, so Orpheus Mach, wissenschaftlicher Koordinator des Zentrums für Rückenmarkverletzte. Seit September diesen Jahres steht Indego in Europa und den USA für den wissenschaftlichen Einsatz zur Verfügung. Für Rehabilitationskliniken und Privatpersonen wird Indego in Europa voraussichtlich Mitte 2015 und in den USA gegen Ende 2015 erhältlich sein. Mit einem Jahresumsatz von 13 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2014 ist Parker Hannifin der weltweit führende Hersteller in der Antriebs- und Steuerungstechnologie. Das Unternehmen, welches in 4 Jahren sein 100jähriges Bestehen feiern wird, entwickelt und konstruiert Systeme und Präzisionssteuerungen für mobile und industrielle Anwendungen sowie für den Luft- und Raumfahrtsektor. Parker Hannifin beschäftigt rund 58.000 Mitarbeiter in 49 Ländern. Produkte von Parker sind bei über 450.000 Kunden in über 1.000 Märkten weltweit im Einsatz. Vom Windrad bis zur Raumfähre enthält nahezu alles, was sich bewegt, Technologien von Parker. Indego wird in einer neu gegründeten Geschäftseinheit namens ‚Human Motion und Control‘ entwickelt. In dieser Geschäftseinheit sollen weitere Medizinprodukte für unterschiedliche Anwendungsbereiche entwickelt, produziert und vermarktet werden. Das Indego Exoskelett hat 2013 den POPULAR MECHANICS Breakthrough Innovator Award gewonnen. Diese Auszeichnung wird Erfindern zuteil, die mit ihrer Arbeit die Welt intelligenter, sicherer und effizienter machen.