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Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 7: 151–158, Bamberg (2005), ISSN 1430-015X
Neue und bemerkenswerte Funde von Kleinschmetterlingen aus Bayern
(Insecta: Lepidoptera)
von
Helmut Kolbeck, Peter Lichtmannecker & Herbert Pröse
Abstract: 12 species are added to the Bavarian fauna of microlepidoptera: Nemapogon gliriella (Heyden, 1865), Phyllonorycter
issikii (Kumata, 1963), Elachista occidentalis Frey, 1882, Telechrysis tripuncta (Haworth, 1828), Coleophora cornutella
Herrich-Schäffer, 1861, Coleophora adspersella Benander, 1939, Pseudatemelia elsae Svensson, 1982, Caryocolum
marmorea (Haworth, 1828), Crocidosema plebejana Zeller, 1847, Cydia lobarzewskii (Nowicki, 1860), Cydia oxytropidis
(Martini, 1912) and Pammene juniperana (Milliére, 1858). Some other species with rediscoveries after a long time or remarkable changes in distribution are mentioned. One species, Eteobalea intermediella (Riedl, 1966), has to be omitted from the
Bavarian checklist.
Zusammenfassung: 12 Arten von Kleinschmetterlingen werden als Neufund für die bayerische Fauna gemeldet. Weitere Meldungen betreffen Arten, deren letzte Nachweise entweder weit zurücklagen oder deren Verbreitungsbild sich durch aktuelle Funde markant geändert hat. Eine Art, Eteobalea intermediella (Riedl, 1966), wird von der bayerischen Artenliste ausgeschlossen.
Einleitung
Die Zusammenarbeit der im microlepidopterologisch-faunistischen Bereich aktiven Kollegen in der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Entomologen e. V. wirkt sich weiterhin positiv aus. Die 12 Neuzugänge zur bayerischen Fauna sind, mit Ausnahme einer Art, aktuell aus Bayern belegt. Als umfangreiche
Quelle, neben der laufend durchgeführten Erfassung, wird nun das von Hermann H. Hacker in den Naturwaldreservaten erhobene Material ausgewertet, wobei diese Arbeiten noch fortzuführen sind. Die Fülle des
Materials, basierend auf über 20 Jahren Erfassung, erzwingt rationellere Arbeitsmethoden; Genitaluntersuchungen werden – soweit möglich – durch Abpinseln oder durch Präparate, die an der Nadel befestigt werden, durchgeführt, Dauerpräparate auf Objektträger werden nur ausnahmsweise angefertigt.
Stigmella rhamnella (Herrich-Schäffer, 1860)
Die Art entwickelt sich in verschiedenen Kreuzdornarten wie Rhamnus cathartica, Rh. saxatilis, Rh. pumilus oder Rh. alpina; die Wiederfunde gelangen auf Rhamnus cathartica im Auenbereich und in den Hangleiten des Isartales auf trockenwarmen Stellen. Das Minenmaterial sowie der Fotobeleg (Abb. 4) – der
Zuchtversuch läuft noch – wurden von E. v. Nieukerken als Stigmella rhamnella angesprochen. Nachweise lagen bisher von Schmid (1887) und Sälzl (ca. 1949, Manuskript) aus dem Raum Regensburg vor,
letzteres möglicherweise nur eine Wiederholung der Schmidschen Meldung.
Stadt Landshut, Gretlmühle, Säumelwasen, 18.ix. 2004, Mine mit Raupe, leg. P. Lichtmannecker, vid. E. v.
Nieukerken; Lkr. Landshut, Niederaichbach, 14.ix. 2003, Minen, 29.ix. 2004, Minen, leg. H. Kolbeck, vid.
E. v. Nieukerken; Lkr. Landshut, Weng, 4.x. 2004, Minen, leg. H. Kolbeck.
Antispila metallella ([Denis & Schiffermüller], 1775)
Das Artenpaar Antispila metallella und A. treitschkiella (Fischer von Röslerstamm, 1843) wird anhand
von Minen, die jedoch nicht trennbar sind, immer wieder gefunden; im Hinblick auf eine aktuelle Meldung
in der Deutschlandliste wird nun stellvertretend ein Falterfund angeführt.
Stadt Landshut, Obere Isarauen, 28.–29.v. 2003, leg. Th. Grünewald.
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Agnathosia mendicella ([Denis & Schiffermüller], 1775)
Von dieser selten gefundenen Art liegen nun neuere Funde vor, die auf eine weitere Verbreitung schließen
lassen.
Stadtwald Iphofen, 800 m sw Birklingen, Hochwald, 345 m, 17.vi. 2002, 8.vii. 2002, leg. H.-P. Schreier, coll.
H. H. Hacker; Lkr. Tirschenreuth, FoA Mitterteich, NWR Gitschger, 680 m, 13.vii.1997, 1 GU, leg. et coll.
H. H. Hacker, det. H. Kolbeck.
Scardia boletella (Fabricius, 1794)
Von dieser auffällig großen Tineiden-Art, die im bayerischen Alpenraum auch schon zwei Jahrzehnte ohne
Nachweis ist, gibt es nun in deutlicher Disjunktion aktuelle Funde aus dem Nationalpark Bayerischer Wald.
Die Falter wurde zuerst in Malaisefallen-Material gefunden, eine gezielte Nachsuche am Standort der Falle
ergab dann Schlupflöcher in liegendem Totholz sowie in Konsolenpilzen (Abb. 6a, b). Zwischen den Erfassungsjahren 2000 und 2004 wurden Malaisefallen betrieben, jedoch war im Material kein weiterer Nachweis von S. boletella enthalten.
Lkr. Regen, Nationalpark Bayerischer Wald, Erweiterungsfläche Nähe Zwieslerwaldhaus, Mitte vi. 2000, Anfang vii. 2000, Mitte vii. 2000, mehr als 20 Ex. in Malaisefallen-Material, Bearb. G. Merkel-Wallner; dito,
21.vii. 2004, 19.viii. 2004, ca 15 Exuvien, leg. et det. G. Merkel-Wallner.
Nemapogon gliriella (Heyden, 1865)
Neufund für Bayern.
Nach Steuer (mündl. Mitteilung), der diese Art mehrfach gezogen hat, lebt die Raupe dieser selten
beobachteten Motte an Schicht- und Rindenpilzen (Aleurodiscus und Stereum spp.) verschiedener Laubhölzer. Sie ist in Deutschland sonst nur aus Thüringen und Rheinland-Pfalz bekannt.
Stadtwald Iphofen, 800 m sw Birklingen, Hochwald, 345 m, 8.vii. 2002, 1 GU H. Kolbeck, leg. H.-P.
Schreier, coll. H. H. Hacker.
Parornix anguliferella (Zeller, 1847)
Von dieser lange Zeit nicht gefundenen Art liegen nun aktuelle Nachweise vor. Möglicherweise sind die an
alte Obstbäume gebundenen Arten – eine Struktur, die in dörflichen Lebensräumen noch öfters gegeben ist
– nicht so selten, lediglich die Erfassungshäufigkeit ist gegenüber anderen Lebensraumtypen herabgesetzt.
Mittels Abpinseln können die von denen anderer Parornix-Arten leicht unterschieden werden.
Lkr. Landshut, Adlkofen Dorf, LF 12.v.1998, 1 , LF 26.vii.1998, 1 GU-375F/03 Kolbeck, leg. P. Lichtmannecker.
Phyllonorycter issikii (Kumata, 1963)
Neufund für Bayern.
Die aus Japan beschriebene Art ist seit wenigen Jahrzehnten, ausgehend von der Ukraine, in beständiger
Westausbreitung. In den letzten Jahren ist sie bereits aus Brandenburg (Graf et al., 2002) und Sachsen
(Gaedike et al., 2003) gemeldet worden, das Auftreten in Bayern war zu erwarten und nur noch eine Frage
der Zeit. Die Funde im Raum Landshut repräsentieren kaum den aktuellen Stand der Ausbreitungslinie, da
die Art im Frühsommer 2004 auf einem oberbayerischen Autobahnrastplatz als Minenfund registiert wurde
(M. Nuss, mündl. Mitt.); der Nachweis ist unten nicht aufgeführt, da Ort und Zeit nicht mehr rekonstruierbar sind, weil die Bedeutung des Fundes dem Beobachter nicht bewußt war.
Neben der Einwanderung aus dem Südosten ist auch zu unterstellen, daß die Art bereits das nordöstliche
Bayern erreicht hat, da die Ausbreitung in den letzten zwei Jahren ganz Sachsen erfaßt hat (A. Stübner,
mündl. Mitt.). Die unterseitigen Minen sind an Linden überwiegend an Stockausschlägen zu finden.
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Lkr. Landshut, Günzkofen, Kühbuch, 16.ix. 2004, Minen, leg. P. Lichtmannecker; Lkr. Landshut, Niederaichbach, 18.ix. 2004, 1 Raupe, leg. H. Kolbeck; Lkr. Landshut, Goldern, 18.ix. 2004, 1 Mine, leg. H. Kolbeck;
Lkr. Landshut, Adlkofen, Stöckl am Eck, 19.ix. 2004, Minen, leg. P. Lichtmannecker; Stadt Landshut, Gretlmühle, Säumelwasen, 19.ix. 2004, Minen, leg. P. Lichtmannecker; Lkr. Landshut, Oberköllnbach, Hofberg,
29.ix. 2004, 3 Puppen, leg. H. Kolbeck; Lkr. Landshut, Adlkofen Dorf, 1.x. 2004, Minen, leg. P. Lichtmannecker; Lkr. Landshut, Weng, Pestendorf, 5.x. 2004, Minen, leg. H. Kolbeck.
Elachista occidentalis Frey, 1882
Erstmeldung für Bayern.
In der ehemaligen Gattung Biselachista Traugott-Olsen & Schmidt Nielsen, 1977 war die Identifizierung von Arten um Elachista juliensis Frey, 1870 deutlich erschwert, da in einer weiteren Publikation
von Traugott-Olsen (1994) zwar neue Arten beschrieben wurden, dabei aber offensichtlich die bereits
bekannten Arten falsch interpretiert und Abbildungen – wie auch 1977 – vertauscht worden sind. In einer
Revision der Elachista juliensis-Gruppe durch Kaila & Varalda (2004) wurde nun neben E. juliensis
auch E. occidentalis für Bayern bestätigt.
Regensburg, 15.vi.1932, e.l. ex Carex silv., leg. Sälzl, Lauri Kaila slide 3743, coll. ZSM.
Dystebenna stephensi (Stainton, 1849)
Diese sehr selten im Regensburger Raum gefundene Art (Segerer, 1997) ist nun aktuell wieder belegt.
Lkr. Bamberg, N Fabrikschleichach, Buchen-Altbestand, LF 16.vii. 2004, 1 GU H. Kolbeck, leg. et coll.
H. H. Hacker.
Haplochrois ochraceella (Rebel, 1903)
Von der bei Pröse et al. (2003) – als Tetanocentria ochraceella – erstmalig für Deutschland und Bayern
gemeldeten Art liegen nun weitere, ältere Meldungen vor, die unerkannt in den Sammlungen enthalten waren. Das Material war bei Tischeria- und Caloptilia-Arten eingeordnet. Damit wird auch die Angabe für
Deutschland in Koster & Sinev (2003) plausibel, da offensichtlich aus Deutschland auch andernorts noch
weitere, nicht publizierte Nachweise vorlagen.
Lkr. Schweinfurt, Oberschwarzach, 5.vii.1983, 1 , leg. H. H. Hacker, det. et coll. G. Derra; Lkr. Lichtenfels,
Klosterlangheim, Moritzanger, 3.vii.1992, 1 , Bodenfalle, leg. et coll. H. H. Hacker, det. H. Kolbeck.
Alabonia geoffrella (Linnaeus, 1767)
Die prächtige, submediterrane Oecophoridae war seit einem halben Jahrhundert in Bayern verschollen und
wurde zuletzt bei Gotthardt (1952) aus Unterfranken erwähnt, wo der Falter am 22.v.1949 bei Klingenberg/Main gefunden worden war. Seither wurde kein Fund aus Bayern mehr bekannt. Die Art wurde nun
2003 in diesem Bereich und 2004 sogar östlich des Spessarts wiedergefunden (Abb. 1). Sie ist in Deutschland sonst aktuell nur aus Westdeutschland (Nordrhein-Westfalen bis Saarland) bekannt. Die Raupe lebt im
Mulm und Totholz von Quercus spp., Prunus spinosa und anderen Laubhölzern.
Lkr. Miltenberg, Faulbach, LF 24.v. 2003, 3 Ex., leg. W. Wolf; Lkr. Main-Spessart, Karlburg, LF 8.vi. 2004, leg.
G. Nowak & H. Pröse.
Telechrysis tripuncta (Haworth, 1828)
Neufund für Bayern.
In Nord- und Mitteleuropa sehr lückenhaft verbreitete Art, die in Deutschland nur in drei Bundesländern
aktuelle Nachweise besitzt (Gaedike & Heinicke, 1999). Ihre Lebensweise ist weitgehend unbekannt.
Lkr. Schwandorf, Burglengenfeld, NWR Gailenberg, 7.vi.1993, 3 Ex., leg. et. coll. H. H. Hacker.
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2a
3
2b
4
6a
5
6b
Abb. 1: Falter von Alabonia geoffrella (Linnaeus, 1767) (Foto: A. Skale/H. Pröse).
Abb. 2a: Falter von Pammene juniperana (Milliére, 1858) (Foto: A. Skale/H. Pröse).
Abb. 2b: -Genitalstrukturen von Pammene juniperana (Milliére, 1858) (Foto: W. Wolf).
Abb. 3: männlicher Falter von Cydia lobarzewskii (Nowicki, 1860) (Foto: P. Lichtmannecker).
Abb. 4: Raupe und Mine von Stigmella rhamnella (Herrich-Schäffer, 1860) auf Rhamnus cathartica (Foto: P. Lichtmannecker).
Abb. 5: Sack und Fraßbild von Coleophora cornutella Herrich-Schäffer, 1861 (Foto: P. Lichtmannecker).
Abb. 6a: Schlupflöcher von Scardia boletella (Fabricius, 1794) auf liegendem Totholz mit cf. Buchenzunderschwamm,
Fomes fomentarius (Foto: G. Merkel-Wallner).
Abb. 6b: dito, Detailaufnahme der Exuvie (Foto: G. Merkel-Wallner).
Coleophora cornutella Herrich-Schäffer, 1861
Neufund für Bayern.
Eine Sackträgermotten-Art, die in Deutschland aktuell nur aus Sachsen und Baden-Württemberg
bekannt ist; die Sackfunde, teilweise mit Raupen (Abb. 5), wurden von den Gebietskennern der Nachbargebiete – A. Stübner und G. Baisch – als zu dieser Art gehörig bestätigt. Das Fraßbild auf BirkenJungwuchs ist auffällig, da jedesmal, wenn eine „Platzmine“ ausgefressen ist, die untere Epidermis ausgeschnitten und an der Mundöffnung des Sackes den bisherigen Ausschnitten hinzugefügt wird. Das Fraßbild
alleine kann deshalb eher mit Schabefraß von Käfern oder anderen Lepidopteren verwechselt werden, da
die untere Epidermis mit dem für Coleophoriden-Minen typischen Ein- und Austrittsloch fehlt. Der Sack ist
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infolge der ständig hinzugefügten Epidermis-Stücke unverwechselbar. Die Funde gelangen auf Kahlflächen in Fichtenforsten mit beginnender Schlagflur, die aufgrund von ebener Lage und Vernässung als
kleinklimatisch sehr kalt mit hoher Spätfrostgefahr zu bezeichnen sind.
Lkr. Erding, Buch am Buchrain, Tannenhof, 16.ix. 2003, 1 Raupe, dito, 22.ix. 2003, 2 Raupen, 2 alte Säcke, leg.
H. Kolbeck; Lkr. Erding, Pastetten, Stallering, 21.x. 2003, 1 Sack, leg. H. Kolbeck.
Coleophora adspersella Benander, 1939
Neufund für Bayern.
Eine in Mitteleuropa an mineralreichen Ruderalstellen (auch Binnensalzstellen) zerstreut, aber weit verbreitet vorkommende Art, deren Raupe in den Samenständen von Atriplex und Chenopodium lebt.
Stadtwald Iphofen, 800 m sw Birklingen, Mittelwald, 345 m, 29.vii. 2002, 1 GU H. Kolbeck, leg. H.-P.
Schreier, coll. H. H. Hacker.
Pseudatemelia elsae Svensson, 1982
Neufund für Bayern.
Substrat unbekannt, wohl ähnlich der Folgenden; eine Art mit boreomontaner Verbreitung: In Skandinavien wird die Art von trockenen, armen Kiefern- und Heidestandorten angegeben (Palm, 1989), in Nordtirol liegen die Funde im Lechtal auf kiesigen Schwemmflächen mit Salici-Myricarietum und dryasreichen
Föhrenauen (Huemer, 1991). Der Fundort in der Oberpfalz fällt etwas aus der Reihe, da es sich um einen
Moor-Kiefernwald mit kaltem Lokalklima handelt, Nährstoffarmut ist aber allen Flächen gemeinsam.
Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab, NWR Gscheibte Loh W Weiden, 26.vi.1996 1 GU, 1 , 13.vii.1997, 1 , leg. et
coll. H. H. Hacker, det. H. Kolbeck.
Pseudatemelia synchrozella (Jäckh, 1959)
In der Originalbeschreibung (Jäckh, 1959) war die Art auch aus dem bayerischen Alpenraum – mit disjunktem Vorkommen im Pfälzer Wald – gemeldet; der aktuelle Wiederfund in Nordbayern liegt ähnlich
weit entfernt von den alpinen Vorkommen.
Da die Pseudatemelia-Arten als vermutete Detritusfresser kaum Ansprüche an das Substrat stellen, sind
möglicherweise kleinklimatische Besonderheiten als Ursachen für das lokale Vorkommen zu vermuten.
Der Fundort in Oberfranken ist ein steiler und demzufolge kühler, nordexponierter Hang.
Lkr. Forchheim, Gößweinstein, NWR Wasserberg, 17.vi. 2003, 2 GU H. Kolbeck, leg. et coll. H. H.
Hacker.
Eteobalea anonymella (Riedl, 1965)
Eteobalea intermediella (Riedl, 1966) wurde unlängst (Pröse, 2001) als neu für Bayern gemeldet. Es wurde betont, daß einige Stücke aus Frauendorf bei Staffelstein (Oberfranken) der Originalbeschreibung von
Riedl weitgehend entsprachen, wobei aber bereits auf die starke Ähnlichkeit mit E. anonymella hingewiesen wurde.
Die besondere Schwierigkeit der Unterscheidung dieser beiden Cosmopterigidae hat auch Kasy (1978)
erkannt, der bemerkte „daß die Bestimmung gewisser Eteobalea-Stücke nicht so eindeutig möglich ist, wie
es nach den Angaben und Abbildungen Riedls den Anschein hat.“
Jetzt liegt aber mit der Bearbeitung der Cosmopterigidae durch Koster & Sinev (2003) eine verbesserte
Bestimmungshilfe vor, die uns nun auch anhand neueren Materials von Frauendorf ermöglicht, die fraglichen Tiere richtig zu bestimmen. Danach ist eindeutig klar, daß es sich bei den gemeldeten E. intermediella,
wie auch bei dem neueren Material, um E. anonymella handelt.
E. intermediella ist somit aus der bayerischen Artenliste zu streichen.
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Aristotelia brizella (Treitschke, 1833)
Die monophag an Armeria spp. lebende Gelechiidae war bisher besonders aus mittelfränkischen Sandgebieten mit Grasnelken-Beständen (dort an Armeria maritima ssp. elongata) bekannt geworden; ein älterer
Nachweis liegt aus dem isolierten Vorkommen der Serpentin-Grasnelke (Armeria maritima ssp. serpentini)
in der Münchberger Gneisscholle (Wojaleite bei Rehau) vor. Ein ähnlich weit vom Hauptareal entferntes
Grasnelken-Vorkommen ist das der seit langem bekannten, jetzt vom Aussterben bedrohten Armeria maritima ssp. purpurea im NSG Benninger Ried bei Memmingen, wo jetzt die Art als Erstfund für Südbayern
gefunden wurde.
Memmingen, NSG Benninger Ried, 19.v. 2004, leg. R. Heindel.
Caryocolum marmorea (Haworth, 1828)
Neufund für Bayern.
Eine thermophile, an Hornkräutern (Cerastium spp.) lebende Gelechiidae, deren bisherige bayerische
Literaturangaben offenbar alle auf Fehlbestimmungen beruhten, meist Verwechslung mit C. junctella. Nun
liegt ein genitalgeprüfter sicherer Nachweis vor; das schlecht erhaltene Stück ist sehr dunkel und entspricht
der Fig. 60 bei Huemer (1988), die weiblichen Genitalarmaturen sind aber unverwechselbar. Ein zweites,
helleres Stück mit gleichen Daten, das sehr wahrscheinlich auch zu dieser Art gehört, ist leider ohne Abdomen.
Mülldeponie Nürnberg-Süd, 6.ix. 2004, 1 , leg. R. Tannert, GU 04/1962-Pröse.
Crocidosema plebejana Zeller, 1847
Neufund für Bayern.
Diese Art ist im Ausnahmejahr 2003, das für zuwandernde Arten auch in Bayern vermehrt Meldungen
erbrachte, als „Faunenneuheit“ gefunden worden.
Lkr. Landshut, Adlkofen Dorf, LF 30.vii. 2003, 1 Ex., 21.ix. 2003, 1 , leg. P. Lichtmannecker, GU-374F/
03-Kolbeck.
Cydia lobarzewskii (Nowicki, 1860)
Neufund für Bayern.
Von dieser Art (Abb. 3), deren Raupe an Prunus und Malus in Früchten lebt, gab es nur ältere Nachweise
aus Hessen und Sachsen (Thomas, 1974; Gaedike & Heinike, 1999). Offensichtlich charakteristisch ist
der Fundort Dorf mit diversen Obstbäumen.
Lkr. Landshut, Adlkofen Dorf, LF 15.vi. 2003, 1 , 9.vi. 2004, 1 , leg. et coll. P. Lichtmannecker.
Cydia oxytropidis (Martini, 1912)
Neufund für Bayern.
Vom Hauptareal (Sibirien, Ost- und Südosteuropa bis Burgenland und Niederösterreich) weit getrennt,
hat diese Grapholitini-Art in Mitteldeutschland ein isoliertes Vorkommen, das seit langem bekannt ist und
auch den Typenfundort Sömmerda in Thüringen einschließt, von wo sie der Entdecker der Art, Wilhelm
Martini, in der Zeitschrift Iris 1912, S. 95 beschrieb. Er konnte auch die Biologie erkunden und zog die
Falter aus den Schoten des Behaarten Spitzkiels Oxytropis pilosa (Rapp, 1936). Die Art wurde auch noch
an anderen Stellen in Thüringen festgestellt: Jena, Erfurt, Bad Blankenburg u. a.; zuletzt wurde die Art 1986
gefunden (Steuer, 1995). Sie ist aus anderen deutschen Ländern nicht bekannt.
Im Rahmen der Kartierungen des „GEO-Tages der Artenvielfalt, Grünes Band“ wurde der seltene Wickler nun in Unterfranken nachgewiesen. Die Eintragungen im bayerischen Pflanzenatlas (Schönfelder &
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Bresinsky, 1990) lassen erkennen, daß Oxytropis pilosa in Bayern streng auf dieses unterfränkisch-thüringische Grenzgebiet beschränkt ist, wo nur für zwei Meßtischblätter Nachweise vermerkt sind.
Der unscheinbare, einfarbig mittelbraune Falter ist sehr leicht zu übersehen, hat aber wegen der engen
Bindung an die seltene Substratpflanze sicher nur wenige weitere Vorkommen.
Lkr. Rhön-Grabfeld, Irmelshausen, NSG Poppenolz, 13.vi. 2001, 1 , leg. F. Vetter & R. Tannert, GU 1946Pröse, coll. Pröse.
Pammene juniperana (Milliére, 1858)
Neufund für Bayern.
Von dieser winzigen Pammene-Art waren aus Deutschland nur alte Angaben aus Niedersachsen (Lüneburger Heide), Hessen und Thüringen (Reinsberge bei Plaue, 6.vii.1904, leg. A. Petry) bekannt. Aus Bayern war die Art noch nie gemeldet. Jetzt wurde sie in einem xerothermen, aufgelockerten, Juniperus-reichen Steppenheidewald in Unterfranken gefunden, wobei die Falter tagsüber aus den Wacholderbüschen
geklopft werden konnten (Abb. 2a). Die Genitaluntersuchung eines (GU 04-1959-Pröse, Abb. 2b) erbrachte die Bestätigung der Bestimmung. Die Art lebt monophag in den Früchten von Juniperus communis.
Lkr. Main-Spessart, Aschfeld, 8.vi. 2004, mehrfach, leg. G. Nowak & H. Pröse, 1 GU 04-1959-Pröse.
Danksagung
Für die Mitteilung relevanter Funddaten und wichtiger Hinweise danken wir Günter Baisch (BiberachMettenberg), Georg Derra (Reckendorf ), Dr. Theo Grünewald (Landshut), Hermann H. Hacker (Bad
Staffelstein), Richard Heindel (Günzburg), Dr. Gisela Merkel-Wallner (Kötzting), Dr. Erik J. van
Nieukerken (Leiden), Georg Nowak (Hof ), Dr. Matthias Nuss (Dresden), Rudi Tannert (Nürnberg),
Hans-Peter Schreier (Geisfeld), André Skale (Hof ), Dr. Helmut Steuer (Bad Blankenburg), Andreas
Stübner (Jänschwalde-Ost), Franz Vetter (Nürnberg) und Werner Wolf (Bindlach).
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Anschriften der Verfasser:
Helmut Kolbeck
Zieglerstr. 17
84187 Weng
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Peter Lichtmannecker
Nirschlkofener Str. 8
84166 Adlkofen
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Herbert Pröse
Friedrichstr. 11
95028 Hof/Saale
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Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 7 (2005)

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