Anleitung 1 - Fachbereich Mathematik

Transcrição

Anleitung 1 - Fachbereich Mathematik
Fachbereich Mathematik der Universität Hamburg
Dr. Hanna Peywand Kiani
WiSe 2011/2012
Anleitung zu Blatt 1 Analysis I für Studierende der
Ingenieurwissenschaften
Aussagen, Beweistechniken, Funktionen I
04.11.2011
Die ins Netz gestellten Kopien der Anleitungsfolien sollen nur die Mitarbeit während der
Veranstaltung erleichtern. Ohne die in der Veranstaltung gegebenen zusätzlichen Erläuterungen
sind diese Unterlagen unvollständig (z. Bsp. fehlen oft wesentliche Voraussetzungen). Tipp–
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angesagt. Eine Korrektur im Netz erfolgt NICHT! Eine Veröffentlichung dieser Unterlagen an
anderer Stelle ist untersagt!
Ablauf, Organisation, Material
Vorlesung:
Prof. Oberle, Do 9:45-11:15 Audimax I, Mi 14:15-15:45, Audimax II
Übungen : 40 Gruppen, 20 Tutoren, Anmeldung erforderlich!, siehe
http://www.math.uni-hamburg.de/teaching/export/tuhh/cm/a1/1112/gruppen.html
14-täglich im Wechsel mit den Übungen zu Lineare Algebra
Übungsaufgaben:
http://www.math.uni-hamburg.de/teaching/export/tuhh/cm/a1/1112/lm.html
Abgabe der Übungsaufgaben jeweils in Gruppen von 2-4 Personen
Anleitungen: Brücke zwischen Vorlesung und Übung/Klausur
Hanna Peywand Kiani, Fr 11:30-13:00, Audimax I und
Fr. 14:15-15:45, Audimax II (AI,ET,IN) ;
2
14-täglich im Wechsel mit den Anleitungen zur Linearen Algebra
(Dr. Jens Zemke)
Alle Infos, Alles an Material zu Analysis (alte Klausuren, Sprechstunden etc.)
unter
http://www.math.uni-hamburg.de/teaching/export/tuhh/index.html
Kiani: Tel. 42838-4940
e-mail: kiani at math.uni-hamburg.de
Sprechstunden: Raum 2074, SBS95 (Lindwurm)
Probleme mit Chemie/Physikpraktikum
3
1.1. Aussagen sind sprachliche Gebilde, die eindeutig wahr oder falsch sind.
Einer Aussage wird der Wahrheitswert w (bzw. 1) oder f (bzw. 0) zugeordnet.
Aussagen kann man verknüpfen. Zum Beispiel
Aussage A : zwei ist eine gerade Zahl. (wahr)
Aussage B : zwei ist eine Primzahl. (wahr)
Aussage C : 2 · 3 = 5 (falsch)
Dann ist
A und B =: A ∧ B wahr,
A ∧ C falsch,
A oder B =: A ∨ B wahr.
Merke : Das mathematische oder ist kein entweder oder. Genauer:
4
Konjunktion (und)
A
1
1
0
0
B
1
0
1
0
A∧B
1
0
0
0
Adjunktion/Disjunktion (oder)
A
1
1
0
0
B
1
0
1
0
(Serienschaltung)
(Parallelschaltung)
A∨B
1
1
1
0
5
Negation von A : ¬A bzw. (Ā)
A
1
0
(bei Schaltern s̄)
¬A
0
1
Implikation B ∨ ¬A bzw.
A
1
1
0
0
B
1
0
1
0
A =⇒ B
1
0
1
1
Äquivalenz
A
1
1
0
0
B
1
0
1
0
A ⇐⇒ B
1
0
0
1
6
Beispiel: Implikation
Seien : A : x > 3,
B : x2 > 1
Die Aussage: aus A folgt B ist wahr.
A: wahr −→ offensichtlich ist B auch wahr
A: falsch
– z.B. x = 2 dann ist B wahr
– z.B. x = 0 dann ist B falsch
B: falsch −→ offensichtlich ist A auch falsch.
7
Behauptung: (A =⇒ B) ⇐⇒ (B ∨ ¬A ) ⇐⇒ ¬(A ∧ ¬B).
Beweis über Wahrheitstafeln:
A
1
1
0
0
B
1
0
1
0
Folgerung:
A =⇒ B
1
0
1
1
¬A
B ∨ ¬A
¬B
(A ∧ ¬B)
¬(A ∧ ¬B)
(¬A ∨ ¬C) ⇐⇒ ¬(A ∧ C)
Oft hilfreich : Regeln von D’Morgan
¬ (A ∨ B)
¬ (A ∧ B)
=
=
¬A ∧ ¬B
¬A ∨ ¬B
und Distributivgesetze:
A ∧ (B ∨ C) = (A ∧ B) ∨ (A ∧ C)
(Beweis: Übung)
A ∨ (B ∧ C) = (A ∨ B) ∧ (A ∨ C)
8
Beispiel Schaltkreis:
C
B
C
B
A
B
A
9
Zur Aufgabe 2: Für Alle / Es gibt / Aussageformen:
∀,
∃
¬ (∀x ∈ M : A) ⇐⇒ ∃x ∈ M : ¬A
Beispiel: M := Menge aller Personen im Saal
A(x) : Person x ist männlich
B(x) : Person x trägt eine blaue Hose
Behauptung: ∀x ∈ M : A(x) =⇒ B(x)
Beweistechniken: Zu Beweisen sei A =⇒ B
– direkter Beweis A ⇐⇒ · · · =⇒ · · · B,
– indirekter/Widerspruchsbeweis: führe Annahme A ∧ ¬B zum Widerspruch.
– Gegenbeispiel
10
Beispiel 1:
∀ε > 0
∃ δ > 0, so dass für alle x ∈ R mit |x − 2| < δ stets
|f (x) − f (2)| < ε gilt .
Was bedeutet das?
a) Für
f (x) = x2
Beweis: Sei ein beliebiges ε > 0 vorgegeben. Dann gilt wegen
|f (x) − f (2)| = |x2 − 22| = |(x + 2) · (x − 2)| = |x + 2| · |x − 2|
ǫ
zum Beispiel mit δ := min 1, 10 für alle x ∈ R mit |x − 2| < δ
|f (x) − f (2)| < 5 · |x − 2| < 5δ <
5ǫ
10
< ǫ.
11
b) Für
f (x) =
(
0
1
x<2
.
x≥2
Wähle z.B. ǫ = 0.5. Es gilt für alle δ > 0
δ
f 2 − 2 = 0,
f (2) = 1
δ
=⇒ f 2 − 2 − f (2) = 1 > ǫ.
Merke: Die Negation von
∀ x ∈ M : A(x) ist
∃ x ∈ M : ¬A(x).
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Beispiel 2:
Beweisen Sie folgende Aussagen indirekt oder widerlegen Sie die Aussagen mit
Hilfe von Gegenbeispielen.
a)
| 2ab | ≤ a2 + b2
∀ a, b ∈ R .
Beweis:
Annahme : Es gibt reelle Zahlen a, b mit | 2ab | > a2 + b2 . Dann folgt
(2ab > a2 +b2) ∨ (−2ab > a2 +b2) ⇐⇒ ( (a−b)2 < 0 ) ∨ ( (a+b)2 < 0 ) .
Widerspruch!
13
b)
(a ∈ Q) ∧ (b ∈ R \ Q) =⇒ a − b ∈ R \ Q.
Beweis:
Annahme: a − b ∈ Q. Da Q bzgl. der Multiplikation und Addition abgeschlossen ist, gilt
a, a − b ∈ Q =⇒ a, b − a ∈ Q =⇒ a + (b − a) = b ∈ Q .
Dies widerspricht der Voraussetzung b ∈ R \ Q. Also ist a − b ∈ R \ Q.
c)
∀ x ∈ Q : x2 ≥ x.
1 2
Die Aussage ist falsch! Gegenbeispiel: 2 = 14 <
Merke: Die Negation von
∀ x ∈ M : A(x) ist
1
2
∃ x ∈ M : ¬A(x).
14
Direkte Hinweise zur Aufgabe 2:
b) i) n ∈ N =⇒ ( ∃k ∈ N0 : (n = 3k − 1 ∨ n = 3k ∨ n = 3k + 1) )
+ Fallunterscheidung
b) ii) Führen Sie die Annahme:
∃x =
m
n
m, n ∈ Z \ {0} teilerfremd, mit p(x) = 0
√
zum Widerspruch. Vergleiche Beweis von 2 ist irrational aus der Vorlesung.
Oder: log10(2) ist irrational! Wobei:
x = log10(2) ⇐⇒ 10x = 2
15
Zur Aufgabe 3a):
Die Menge der reellen Zahlen ist geordnet. D.h. ∀ x, y, z ∈ R
(x ≤ y
x≤ y
x≤ y
x≤ y
x≤ y
∨
∧
∧
=⇒
∧
y ≤ x) ,
y≤ z
y≤ x
x+z
z≥0
∧
=⇒
=⇒
≤
=⇒
x
x
x
y+z
x·z
≤
≤
=
x
z
y
≤
y·z
16
Zur Aufgabe 3b), 4): Elementare Funktionen:
falls aus der schule nicht bekannt, bitte nachholen!
• (Affin-)Lineare Funktionen : y = mx + b = a1x + a0 .
• Polynome : y = anxn + an−1xn−1 + · · · + a1x + a0 .
Stichworte: p-q-Formel, quadratische Ergänzung
2
2
Parabel: x −4x−5=(x−2) −9
20
15
10
5
0
−5
−4
−2
0
2
4
6
8
17
• Exponentialfunktionen : werden erst später sauber eingeführt. In der Schule
definiert man für a ∈ R+
a1 = a,
ax+y = ax · ay ,
a0 = 1
(ex)′ = ex,
(ax)y = axy .
e = 2.7182818 · · · =: Eulersche Zahl.
ex = exp(x) > 0,
∀x ∈ R
x
Exponentialfunktion e
20
15
10
5
1
0
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
18
• Logarithmus Funktionen : Umkehrung der Exponentialfunktionen
ln(ex) = x,
loga(ax) = x,
loga(x · y) = loga(x) + loga(y) .
ex : R → R+, ln : R+ → R
3
y
y= log(x)
2
1
0
1
x
−1
−2
−3
−2
0
2
4
6
8
10
12
ln(1) = 0, ln(e) = 1
19
• Trigonometrische Funktionen: sin, cos.
Wir rechnen im Bogenmaß: 360◦ = 2π.
Gegeben : Punkt
mit Koordinaten x und y. φ: Winkel zwischen x−Achse und
Ortsvektor xy entgegen Uhrzeigersinn gemessen.
y
R
x
x2 + y 2 = R2
x = R cos(φ)
y = R sin(φ)
Speziell für R = 1 (Einheitskreis): x = cos(φ), y = sin(φ).
20
1
1
0.8
0.6
0.4
0.2
1
0
−0.2
−0.4
−0.6
−0.8
−1
−1
−0.5
0
0.5
1
Umfang des Einheitskreises: 2π
−→
Umfang des halben Einheitskreises: π
Bogenlänge zu 360◦ = 2π
−→
Bogenlänge zu 180◦ = π
Allgemein: Bogenlänge φ, die zu einem Winkel mit g Grad gehört:
φ
g
=
π
180
21
Aus der Geometrischen Interpretation ist unmittelbar klar:
Periodizität :
cos(2π + φ) = cos(φ)
sin(2π + φ) = sin(φ)
∀φ ∈ R
sin(−φ) = − sin(φ)
∀φ ∈ R
Symmetrie :
cos(−φ) = cos(φ)
Pythagoras : cos2(φ) + sin2(φ) := (cos(φ))2 + (sin(φ))2 = 1
Umkehrung: sin , cos sind auf ganz R definiert.
1
1
0.8
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
0
−0.2
−0.2
−0.4
−0.4
−0.6
−0.6
−0.8
−0.8
−1
−8
−6
−4
−2
0
2
4
6
8
−1
−2
−1
0
1
2
3
4
Umkehrung nur möglich, wenn man den Definitionsbereich einschränkt:
22
cos : [0, π] → [−1, 1],
arccos : [−1, 1] → [0, π]
sin : [− π2 , π2 ] → [−1, 1],
arcsin : [−1, 1] → [− π2 , π2 ]
arccos(α) : die Bogenläge, die zum Cosinuswert α gehört.
Beispiel: Schule: sin(30◦) = 0.5
φ
30
π
=
=⇒ φ = ,
π
180
6
sin( π6 ) = 0.5
−7π
π
5π
13π
· · · sin( −11π
)
=
sin(
)
=
sin(
)
=
sin(
)
=
sin(
6
6
6
6
6 ) = · · · = 0.5
Trotzdem: eindeutig arcsin(0.5) = sin( π6 )
Beispiel zur Aufgabe 4:
Für welche reellen Zahlen x ist
q
y(x) := ln( π4 arcsin(x) ) ∈ R definiert? Welche Werte nimmt y an?
23
Matlab?
Das vorletzte Bild wurde so erzeugt:
axis([-8 8 -1.05 1.05])
hold on
x=-15.9:.1:15.9;
y=sin(x);
plot(x,y)
z=cos(x);
plot(x,z,’r’)
24