Singen macht süchtig!
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Singen macht süchtig!
Singen macht süchtig! Zum Kurs „Meine Stimme braucht Training“, 27. - 29. 04. 2007 Sabine Schwieder Wer kann ahnen, dass sich hinter dem sachlichen Seminartitel „Meine Stimme braucht Training I“ ein Wochenende voll Euphorie und Freude verbirgt? Wer die drei Dozentinnen Irmhild Wicking (Darmstadt), Cornelia Fisch (Soest) und Monika Gößwein-Wobbe (Frankfurt) allerdings schon einmal erlebt hat, der konnte ahnen, dass dieses Wochenende ein rundum gelungenes werden würde. 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich am Freitag bei strahlendem Frühsommerwetter in Ilbenstadt, und die alten Mauern des ehemaligen Klosters versetzten uns gleich zu Beginn in eine Stimmung, die ganz auf Erholung vom Alltag ausgerichtet war. Der große Park mit den hohen Bäumen war mit weißen Gänseblümchen und rosa Baumblüten übersät, der Probenraum im runden Turm mit seiner hohen Decke versprach eine gute Akustik, und gleich beim Abendessen konnte von Fremdeln nicht mehr die Rede sein. Die Teilnehmer kamen aus aller Herren Richtungen, aus dem Nachbarort genauso wie aus Hamburg, von wo aus eine Sängerin schon morgens um sechs gestartet war. Und die Altersstruktur? Bunt gemischt vom Teenager zum älteren Herren. Wie immer allerdings bei diesen Kursen waren die Frauen stark in der Mehrzahl, doch die vier Bässe und Tenöre schlugen sich tapfer, so dass mehrstimmige Chorsätze möglich waren. Aber auch die Umgebung des Klosters von Ilbenstadt ist wunderschön, und einige Sänger haben es sehr genossen, am Samstag ausreichend Zeit für einen großen Spaziergang zu haben. Den Anfang des Kursprogramms in unserem Turm machte Irmhild, die unter dem Stichwort „Körperarbeit“ dafür sorgte, dass keiner einen Frosch im Hals hatte und dass wir uns ohne Scheu gleich ins Programm stürzen konnten. Neben kleineren gymnastischen Übungen kam es dabei auf drei Dinge an: auf einen guten Stand, auf die richtige Haltung – und darauf, den Humor zu bewahren. Mit sprechenden Bildern halfen uns die beiden Stimmbildnerinnen Irmhild und Cornelia immer wieder, die Theorie auch in die Praxis umzusetzen. „Unten Sumo-Ringer, oben königliche Haltung à la Queen Mum“, machte uns Irmhild deutlich, dass ein gutes Körperbewusstsein auch beim Gang in den Speisesaal trainiert werden kann. „Lasst den Kiefer hängen. Wenn Ihr ganz blöd ausseht, dann ist es richtig“, ermutigte sie uns, weniger auf die Schönheit als auf den schönen Ton zu achten. Und Cornelia schaffte es, uns auch nach einem langen Abend morgens mit den richtigen Atemübungen wach und munter zu bekommen: „Stellt Euch vor, Ihr seid in einem Pezziball und versucht, die Wände weiter zu machen.“ Nebenbei wurde man sich des eigenen Körpers bewusster und entdeckte Muskeln, von denen man gar nicht wusste, dass man sie hat. Wo befindet sich eigentlich das Zwerchfell, was haben Beckenbodenübungen mit dem Singen zu tun, wohin fließt mein Atem, sitzt mein Kopf richtig auf dem Hals, ist die Kehle geöffnet oder macht der ganze Körper zu? Der angenehme Nebeneffekt all dieser Übungen: Gut eingesungen singt es sich länger und leichter. Über das gesamte Wochenende war auch Einzelunterricht gestreut, für jeden Teilnehmer zweimal 25 Minuten. So etwas will organisiert sein, und hier profitierten wir von den Erfahrungen der drei Dozentinnen, denn das dafür vorgesehen Programm wurde perfekt eingehalten. Während sich also die ersten Mutigen am Freitagabend schon mit klopfendem Herzen in die Einzel-Stimmbildung schlichen, übernahm Chorleiterin Monika Gößwein-Wobbe die Ensemblearbeit. Die Lieder, Arien, mehrstimmigen Stücke, Kanons und gegen Ende sogar Musical-Melodien, die sie ausgesucht hatte, ergaben ein insgesamt sehr rundes und ausgeglichenes Repertoire. Ungeübte wie Profis, die hier gemeinsam sangen, hatten etwas davon, und es spricht sehr für die Gruppe, die an diesem Wochenende zusammengekommen war, dass die Unterschiede zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen bald verschwammen und dass es kaum Intonationsschwierigkeiten gab. Sicher, das Lerntempo war nicht gerade langsam, doch man konnte sich schnell daran gewöhnen, ein Stück relativ zügig mehrstimmig zu erarbeiten, denn die falschen Töne zwischendurch wurden nie belächelt. So entstand von Anfang an eine Atmosphäre, in der sich auch die Ängstlichen mehr trauten also sonst. Dazu beigetragen hat natürlich auch der Einzelunterricht, in dem alle ein bisschen über ihre vermeintlichen Grenzen hinausgestupst wurden und darüber hinaus viele Tipps für den Alltag mitbekommen haben. Mit ängstlicher Miene und eingedrückten Knien hingeschlichen, mit einem strahlenden Gesicht oder verklärtem Lächeln und aufrechter Haltung in den Kreis der Gruppe zurückgekehrt: Nicht wenigen erging es so, und auch wenn man in der Ensemblearbeit dann nicht alles gleich in die Praxis umsetzen konnte, merkte man doch, wie viel Spaß es macht, das zu versuchen. Wenn dann am Abend der gemütliche Teil beginnen sollte, gab es fast enttäuschte Gesichter. Singen macht eben süchtig. „Eigentlich sollte sich dieser Kurs geschlossen für den September anmelden“, meinte eine Sängerin beim Abschied – und stieß auf ungeteilte Zustimmung. Bis September also. (07. 09. 2007, gleiches Team, gleicher Ort: „Meine Stimme braucht Training II“, Teilnahme auch für Neueinsteiger unproblematisch möglich!)