Rekrutierungsspiele - Army Gaming Championships

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Rekrutierungsspiele - Army Gaming Championships
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 /
14. Wahlperiode
04. 07. 2007
1487
Kleine Anfrage
des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP
und
Antwort
des Ministeriums für Arbeit und Soziales
Rekrutierungsspiele – Army Gaming Championship
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Sind der Landesregierung seit der Mündlichen Anfrage vom 14. Februar
2007 die Rekrutierungsspiele der amerikanischen Streitkräfte inzwischen
bekannt, inwieweit hat sie sich mit den Inhalten näher befasst und wie bewertet sie diese Spiele?
2. Hat die Landesregierung bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
(USK) eine Prüfung der Rekrutierungsspiele angeregt? Wenn nein, warum
nicht?
3. Ist der Landesregierung bekannt, dass ab dem amerikanischen Unabhängigkeitstag das Pentagon die „Army Gaming Championships“ veranstaltet,
bei denen die besten Spieler der Welt die Demonstration soldatischer
Leistungen in Spielen (America’s Army, Counter-Strike, Command &
Conquer 3, Ghost Recon: Advanced Warfighter, Gears of War) beweisen
und insgesamt 200.000 US-Dollar an Preisen gewinnen können?
4. Trifft es zu, dass zum Beispiel das Spiel Gears of War von PEGI (Pan-European Game Information) ab 18 Jahre klassifiziert wurde, und die USK in
Deutschland eine Alterskennzeichnung verweigert hat, wodurch es indiziert ist?
5. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass sich Spieler aus
Deutschland ab einem Alter von 17 Jahren an den Army Gaming Championships beteiligen können, obwohl zum Beispiel das Spiel Gears of War
indiziert ist?
04. 07. 2007
Kluck FDP/DVP
Eingegangen: 04. 07. 2007 / Ausgegeben: 30. 07. 2007
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 1487
Antwort
Mit Schreiben vom 25. Juli 2007 Nr. 22–0141–5/14/1487 beantwortet das
Ministerium für Arbeit und Soziales die Kleine Anfrage wie folgt:
1. Sind der Landesregierung seit der Mündlichen Anfrage vom 14. Februar
2007 die Rekrutierungsspiele der amerikanischen Streitkräfte inzwischen
bekannt, inwieweit hat sie sich mit den Inhalten näher befasst und wie bewertet sie diese Spiele?
Der Landesregierung ist bekannt, dass die U. S. Army die Spielreihe „America’s Army“ als Werbemedium zur Rekrutierung von Soldaten im Internet für
den kostenlosen Download bereitstellt.
In „America’s Army“ kämpfen virtuelle US-Soldaten verschiedener Einheiten auf mehreren Kriegsschauplätzen gegen gegnerische Einheiten, Aufständische oder Terroristen. Die realistischen Waffen wurden denen der U. S.
Army nachempfunden. Die Spielersoldaten müssen verschiedene Aufträge
erfüllen, bei denen sie Punkte sammeln können. Der Spielverlauf ist geprägt
von der Simulation einer soldatischen Karriere und der virtuellen Einübung
des Kriegshandwerks.
Die Bewertung von Computerspielen in jugendschutzrechtlicher Hinsicht obliegen den in der Bundesrepublik Deutschland dafür zuständigen Stellen: Für
die Prüfung hinsichtlich der Altersfreigabe ist die Unterhaltungssoftware
Selbstkontrolle (USK) und für die Indizierung die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) zuständig.
Das Spiel „America’s Army“ (für die Microsoft X-Box) und das inhaltsgleiche
Spiel „America’s Army: Rise of a Soldier“ (für die Sony Playstation 2), werden
in Deutschland als Handelsversionen von der Firma Ubisoft angeboten und
sind ab 16 Jahren freigegeben. Die Spiele sind allerdings nicht völlig inhaltsgleich mit den kostenlosen Online-Versionen.
2. Hat die Landesregierung bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
(USK) eine Prüfung der Rekrutierungsspiele angeregt? Wenn nein, warum
nicht?
Eine Vorlage von Computerspielen bei der USK kann nur durch die Hersteller selbst erfolgen. Eine gesetzliche Vorlagepflicht besteht nicht. An der – mit
Kosten verbundenen – Prüfung durch die USK haben die Hersteller in der
Regel ein wirtschaftliches Interesse, da sich in Deutschland nur Computerspiele mit gesetzlicher Altersfreigabe erfolgreich vermarkten lassen. Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) sieht weder vor, dass die USK von sich aus eine
Spieleprüfung vornimmt, noch ist den Ländern die Möglichkeit eingeräumt,
ihrerseits eine Vorlage bei der USK anzuregen oder zu veranlassen.
3. Ist der Landesregierung bekannt, dass ab dem amerikanischen Unabhängigkeitstag das Pentagon die „Army Gaming Championships“ veranstaltet, bei denen die besten Spieler der Welt die Demonstration soldatischer
Leistungen in Spielen (America’s Army, Counter-Strike, Command & Conquer 3, Ghost Recon: Advanced Warfighter, Gears of War) beweisen und
insgesamt 200.000 US-Dollar an Preisen gewinnen können?
Bei der „Army Gaming Championship“ werden die besten Spieler verschiedener Strategie- und Shooter-Spiele gesucht. Seitens der US-Armee sind
Preise in einer Gesamthöhe von 200.000 US-Dollar ausgelobt, davon allein
40.000 Dollar für den besten Spieler.
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Die US-Armee stellt für die „Army Gaming Championship“ Server bereit,
auf denen die Meisterschaften ausgetragen werden. Um teilnehmen zu können müssen die Spiele selbst von den Teilnehmern bereits erworben (Ausnahme: die kostenlose Spielreihe „America’s Army“, vgl. Ziff. 1) und auf
dem eigenen PC installiert sein.
Die im Rahmen der „Army Gaming Championship“ zugelassenen Spiele sind
sämtlich auch auf dem deutschen Markt erhältlich und wurden nach dem
JuSchG wie folgt gekennzeichnet:
– Die Spiele „Battlefield 2142“, „Counter Strike: Source“, „Ghost Recon:
Advanced Warfighter“, „Halo 2“ sind ab 16 Jahren freigegeben.
– Die Spiele „Call of Duty 2“, „Call of Cuty 3“, „Resistance – Fall of Man“,
„Rainbow Six Vegas“ sowie „Command & Conquer 3 Tiberium Wars
Kane Edition“ sind mit „Keine Jugendfreigabe“ gekennzeichnet.
– Das Spiel „Gears of War“ ist indiziert.
4. Trifft es zu, dass zum Beispiel das Spiel Gears of War von PEGI (Pan-European Game Information) ab 18 Jahre klassifiziert wurde, und die USK in
Deutschland eine Alterskennzeichnung verweigert hat, wodurch es indiziert ist?
Das Spiel „Gears of War“ wurde der USK in der Originalversion vorgelegt,
die mit der PEGI-Klassifizierung „18+“ gekennzeichnet ist. In dieser Version
erhielt das Spiel keine Kennzeichnung. Daraufhin legte der Anbieter Microsoft das für die X-Box 360 ausgelegte Spiel in einer geänderten Fassung vor,
der jedoch ebenfalls das Kennzeichen verweigert wurde. Da Microsoft keine
Spiele ohne Alterskennzeichnung auf den deutschen Markt bringt, kam das
Spiel in Deutschland nicht offiziell in den Handel. Über Grauimporte aus
dem Ausland gelangten jedoch Spiele in der Originalversion auch nach
Deutschland. Das Spiel wurde daraufhin von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert (Bundesanzeiger Nr. 222 vom 25. November 2006 und Nr. 21 vom 31. Januar 2007).
5. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass sich Spieler aus
Deutschland ab einem Alter von 17 Jahren an den Army Gaming Championships beteiligen können, obwohl zum Beispiel das Spiel Gears of War
indiziert ist?
Nach den Spielregeln der „Army Gaming Championship“ steht die Teilnahme Spielern ab 17 Jahren offen, die US-Bürger sind oder als Ausländer
ihren ständigen Wohnsitz in den USA haben. Sollten dennoch minderjährige
Spieler aus Deutschland an dem Wettbewerb teilnehmen, so ist dies seitens
deutscher Behörden kaum zu verhindern. Allein die Teilnahmemöglichkeit
erfüllt nach Auffassung des Ministeriums für Arbeit und Soziales noch nicht
den Tatbestand des Zugänglichmachens eines indizierten Spieles nach § 15
Absatz 1 Nr. 2 JuSchG. Das Einloggen auf einen Online-Server setzt zwingend voraus, dass das entsprechende Spiel bereits erworben und auf dem
eigenen PC installiert wurde. Die in Amerika befindlichen Server stellen
nicht die Spiel-Inhalte selbst zur Verfügung sondern lediglich die Plattform,
auf der gespielt wird.
Hinzu kommt, dass die Spiele auf Servern in den USA ausgetragen werden
und das deutsche Recht insoweit nicht greifen kann.
Es bliebe die Möglichkeit, den Zugang aus Deutschland durch technische
Sperrung zu verhindern. Solche Sperrungsverfügungen durch Aufsichtsbehörden sind aber bereits für den Bereich absolut unzulässiger Inhalte (Kin-
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derpornografie, volksverhetzende Inhalte) rechtlich umstritten. Im Bereich
der nur für Kinder und Jugendliche unzulässigen Inhalte (Indizierungen)
wäre ein solches Vorgehen nur dann verfassungskonform, wenn die Sperrung soweit wie möglich auf minderjährige Nutzer beschränkt werden
könnte.
Dieser Gesamtkomplex wird momentan von der zuständigen Medienaufsicht,
der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gutachterlich geklärt.
Nach Angaben von jugendschutz.net, der gemeinsamen Stelle der Länder für
Jugendschutz in Telemedien, werden allerdings Spieler von Deutschland aus
an den Wettkämpfen schon allein deshalb nicht teilnehmen können, weil die
interkontinentalen Internetverbindungen hierfür in der Regel zu langsam
sind.
Dr. Stolz
Ministerin für Arbeit und Soziales
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