P R E S S E K O N F E R E N Z

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P R E S S E K O N F E R E N Z
PRESSEKONFERENZ
11. Dezember 2014, 10:30 Uhr,
Kaufmanns-Casino ,
Odeonsplatz 6 , 80539 München
„Neues Odeon“ an der Galeriestraße
Inhaltsverzeichnis
1. Statement Konzertsaal München e. V.
(Vorsitzender Manfred Wutzlhofer)
2. Statement Dipl.-Ing. Gert F. Goergens DBW
(Architekt und Stadtplaner, Stadtheimatpfleger)
3. Präsentation (Kurzfassung) Architekt Markus Krempels
4. Bilder des Ist-Zustandes
5. Studie zum Finanzgarten (Kurzfassung)
Landschaftsarchitekt Heiner Luz
Ansprechpartner
• Manfred Wutzlhofer
Vorsitzender des Konzertsaal München e. V.
[email protected]
• Karin Renner
Geschäftsstelle Konzertsaal München e. V.
[email protected]
• Architekt Dipl.-Ing. Gert F. Goergens DBW
Architekt und Stadtplaner, Stadtheimatpfleger
[email protected]
• Markus Krempels
Bermüller + Hauner Architekturwerkstatt, Nürnberg
[email protected]
• Dipl.-Ing. Heiner Luz
LUZ Landschaftsarchitekten München
[email protected]
1. Manfred Wutzlhofer
Konzertsaal München e. V. , Vorsitzender
Der neue Konzertsaal soll als „Neues Odeon“ an der Galeriestraße entstehen.
Dadurch wird auch eine wesentliche Verbesserung der Gesamtsituation dieses Teils
der nördlichen Altstadt ermöglicht.
1. Eine ausreichend neue Konzertsaalkapazität für mindestens 1.800 Plätze ist
im Areal des Gasteigs bzw. der Residenz in akzeptabler Weise nicht zu
schaffen. Für einen neuen Konzertsaal sind diese Standorte daher
abzulehnen.
2. Der Konzertsaal München Verein schlägt deshalb vor, einen neuen
Konzertsaal in dem Areal zwischen der Galeriestraße, der Von-der -TannStraße und dem jetzigen Parkplatz des Landwirtschaftsministeriums am
westlichen Rand des Finanzgartens zu errichten.
3. Der Verein bittet dazu
a) die Bayer. Staatsregierung, die erforderlichen Schritte zur
Standortfestlegung vorzunehmen sowie
b) die Landeshauptstadt München als Trägerin der Planungshoheit, das
Vorhaben durch die erforderlichen Bauleitplanverfahren zu unterstützen.
4. Bei der Gestaltungsplanung im vorgeschlagenen Areal müssen die besonders
anspruchsvollen Belange des Standorts sensibel berücksichtigt werden:
a) In städtebaulicher Hinsicht die Strukturen des Residenzareals sowie der
anliegenden Straßen und Plätze,
b) Im Hinblick auf den Denkmalschutz die Berücksichtigung der
vorgegebenen Maßstäbe des baulichen Umfelds sowie der vorhandenen
Bodendenkmäler,
c) In ökologischer Hinsicht die Belange des Finanzgartens und seines
Umfelds mit Verbesserungs-, Kompensations- und
Ausgleichsmaßnahmen.
5. Der vorgeschlagene Standort ist durch den U-Bahnhof Odeonsplatz mit vier
U-Bahn-Linien hervorragend erschlossen; für PKW-Fahrer kann eine
öffentliche Tiefgarage gebaut werden. Sie ist bereits in einem für das Areal
seit 1967 geltenden Bebauungsplan vorgesehen.
6. Der neue Konzertsaal soll „Neues Odeon“ heißen in Anknüpfung an den in der
Nähe befindlichen ehemaligen Standort des berühmten und im Krieg
zerstörten Odeons.
7. Durch den vorgeschlagenen Standort eröffnet sich die stadtplanerisch
einmalige Möglichkeit,
a) einen neuen Konzertsaal zu errichten, der vor allem akustisch weltweite
Bedeutung erlangt,
b) architektonisch ein Gebäude zu errichten, das zu einer zusätzlichen
Attraktion Münchens wird und
c) mit einer landschafts- und stadtplanerischen Gestaltung des Umfelds, die
die Erlebbarkeit des Finanzgartens verbessert, zusätzliche öffentlich
begehbare Räume schafft und eine ökologisch wertvolle und sehr
attraktive fußläufige Verbindung vom Odeonsplatz über Finanz- und
Hofgarten zum Englischen Garten und zum Haus der Kunst herstellt.
Dadurch kann eine bedeutende Verbesserung der Situation im Bereich der
nord-östlichen Altstadt erreicht werden.
Während der jahrelangen Suche nach einem akzeptablen Standort für den dringend
notwendigen Konzertsaal in München wurde, vor allem von Architektenseite, immer
wieder der Standort an der Galeriestraße vorgeschlagen. Nachdem alle Versuche,
andere Standorte für das Projekt vorzusehen, gescheitert sind, gibt es eine
stadtplanerisch einmalige Chance, das nord-östliche Areal der Altstadt im Bereich
der Galeriestraße mit dem Bau eines neuen Konzertsaals erheblich aufzuwerten.
Gegenwärtig ist dieses Areal eingezwängt
- im Norden vom Altstadtring entlang der Von-der-Tann-Straße,
- im Süden von der als Parkplatz genutzten und derzeit unansehnlichen
Galeriestraße,
- im Osten von einem versiegelten Parkplatz des Landwirtschaftsministeriums,
dem sich nach Osten der weitgehend abgeschottete Finanzgarten anschließt
und der sich gegenwärtig als eine verborgene und eher abweisende
Grünfläche, aber nicht als bemerkbarer, attraktiv erlebbarer Stadtpark
darstellt.
Durch das historische bedeutsame Umfeld von Residenz, Hofgarten, Odeonsplatz
und Ludwigstrasse und dem ökologischen Stellenwert des Finanzgartens können
dort neue Planungsvorhaben nur akzeptabel sein, wenn sie auf die dortigen
besonderen Anforderungen sehr sensibel Rücksicht nehmen.
Am Beispiel des Planungsentwurfs von Markus Krempels, der anschließend
vorgestellt wird, kann aufgezeigt werden, dass dies durch eine durchdachte attraktive
Architektur und gleichzeitig durch eine neue und sehr kreative
landschaftsplanerische Gestaltung des Umfelds nicht nur möglich ist, sondern
dadurch das gesamte nord-östliche Altstadtareal wesentlich aufgewertet werden
kann. Der Entwurfsverfasser, Herr Krempels wurde dazu nicht von uns beauftragt,
sondern hat seinen Entwurf als Studienarbeit im Rahmen seines Architekturstudiums
an der TH Nürnberg angefertigt. Es ist klar, dass die endgültige, zur Ausführung
kommende Planung über die dafür notwendigen Verfahren, insbesondere auch über
einen Architektenwettbewerb gefunden werden muss.
Um von vorneherein die Belange des Finanzgartens zu berücksichtigen, wurde vom
Konzertsaalverein dazu ergänzend eine Untersuchung veranlasst. Wir haben dafür
den Landschaftsarchitekten Heiner Luz beauftragt, der seine Überprüfungen in einer
Studie zusammengefasst hat.
Im Ergebnis wird dort dargestellt, dass für die Eingriffe in den Grünbestand
ökologische Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen sowohl im näheren als
auch im weiteren Umfeld erforderlich sind. Andererseits kann ein solches Vorhaben
dann gerechtfertigt sein, wenn es zusätzlich in stadt- und landschaftsgestalterischer
Hinsicht erhebliche Verbesserungen gegenüber dem Istzustand bringt.
Dass dies grundsätzlich möglich ist, zeigt der Entwurf von Herrn Krempels
beispielhaft auf.
2. Dipl.-Ing. Gert F. Goergens DBW
Architekt und Stadtplaner, Stadtheimatpfleger
Beginnend mit dem Jahr 2004 hat sich die Architekturfakultät der TUM in München
vom Lehrstuhl Prof. Hannelore Deubzer mit dem Standort am Rande des
Finanzgartens befasst und das Thema als Diplomarbeit gestellt.
Im SS 2013 wurden auf der Vorlage des Raumprogramms des
Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks ganze 45 Diplomarbeiten
verfasst, von denen die besten Arbeiten dokumentiert sind. Sie zeigen eine enorme
Vielfalt an Entwurfsideen, aber auch eine große Freiheit im Umgang mit dem Ort.
Anfang 2013 gelang es über Prof. Florian Fischer an der Technischen Hochschule,
den jungen Architekturstudenten Markus Krempels für eine Abschlussarbeit seines
Studiums der Architektur für den Konzertsaal zu gewinnen. Diese Arbeit zeichnet
sich durch eine ungewöhnliche, intensive Auseinandersetzung mit dem Ort, der
Topographie, der Stadtsilhouette und einer stupenden Durchdringung der
komplexen Aufgabenstellung aus. Darüber hinaus bietet der Entwurf sowohl
konstruktive als auch gestalterisch einen sehr faszinierenden, heiteren, poetischen
Ansatz.
Unter allen Studentenarbeiten hat (mich) dieser Entwurf am stärksten beeindruckt.
Er wird deshalb heute als einer aus der Fülle der Arbeiten herausragender Beitrag
von ihm vorgestellt.
Die Arbeit zeigt auf, dass ein Konzertsaal an diesem Standort eine Bereicherung
des Stadtraums und insbesondere durch die Einbeziehung der bisher dem
Autoverkehr vorbehaltenen Verkehrsflächen, ein Gewinn für die Urbanität darstellt
sowie zur Aufwertung und Belebung dieses Ortes beitragen kann.
Eine endgültige Klärung der bestmöglichen Lösung wird einem
Architektenwettbewerb vorbehalten bleiben. Der von Markus Krempels vorgestellte
Lösungsansatz zeigt ein hohes Potenzial.
3. Markus Krempels
Architekt
Ort und Topographie
Als Standort für den neuen Konzertsaal wird ein Teil des Finanzgartens nördlich der
Galeriestraße und unmittelbar östlich des Landwirtschaftsministeriums
vorgeschlagen.
Die zur Überbauung vorgesehene Fläche liegt zu einem Teil auf der großen
Parkplatzfläche östlich des LW-Ministeriums, zum anderen Teil auf der teilweise
baumbestandenen Wiesenfläche am westlichen Rand des Finanzgartens, der
überwiegend in den 1980er Jahren neu angepflanzt wurde. Der östlich
anschließende, denkmalgeschützte Gartenteil über den Resten der historischen
Befestigungsanlagen ist überwiegend bewaldet. Das, auch Dichtergarten genannte,
Areal mit seiner bewegten Topographie ist Dichtern und Literaten gewidmet, die mit
der Stadt München verbunden sind.
Idee / Konzept
Trotz der innerstädtischen Lage des Grundstücks zeigt sich, dass der Finanzgarten
von der Bevölkerung und Passanten nur spärlich wahrgenommen und genutzt wird.
Der Entwurf soll dazu beitragen, die momentane Situation zu verbessern und
aufzuwerten. Das Potential als Aufenthaltsort soll wiederhergestellt und
ausgeschöpft werden. Der Ort als Verknüpfung zwischen Englischem Garten und
des südlichen Stadtzentrums soll aufgewertet werden. Der Entwurf funktioniert
hierbei als Bindeglied zwischen Grünraum und urbanem Umfeld; er wirkt als
Attraktor und Anziehungspunkt.
GELÄNDE: Um diese Verbindung zu schaffen, wird die signifikante Topographie
des Finanzgartens erhalten und aufgenommen und in das Innere des Gebäudes
übertragen. Die Ebenen „umspülen“ das Herzstück – den Konzertsaal – und
ergeben in den Schnittpunkten die Ränge und Tribünen der Zuschauerbereiche. Es
entstehen offene, großzügige Räume, die fließend ineinander übergehen und an die
Wegeführung der Fußpfade des Finanzgartens erinnern.
HÜLLE: Städtebaulich schließt der Entwurf an die strengen und klaren Formen der
Umgebungsbebauung an. Eine Dynamik erreicht die Gebäudeform in den
Fassaden, die sich in Richtung Finanzgarten schwunghaft und auflockernd
präsentieren. Durch ihre transparente und offene Gestaltung fließen Außen- und
Innenräume ineinander über. Die Dynamik findet sich auch im Dach wieder, das
westlich an der Traufhöhe des Ministeriums anknüpft. Die Bewegung nimmt in
Richtung des Finanzgartens zu und deutet den Übergang zum Blätterdach des
Baumbestands an.
LICHT UND SCHATTEN: Die Adaption des Blätterdachs findet sich in den
Fassaden wieder. So gliedern sie sich in ein Voronoi-Muster. Die Größe der Zellen
nimmt zu den Traufkanten hin ab und die Dichte im Gesamten zu. Sie definieren
sich als geschlossene bzw. offene Zellen, die im Innenraum tagsüber Licht- und
Schattenspiele erzeugen. Sie lassen den Besucher in eine malerische Atmosphäre
eintauchen. Abends hingegen präsentiert sich das Gebäude selbstbewusst nach
außen hin und taucht das Umfeld in ein strahlendes und anziehendes Licht.
TRAGWERK: Das Thema des Grünraums wird konsequent weitergeführt und findet
im Tragwerk seinen Abschluss. Um im Inneren den angestrebten freien und
fließenden Raumeindruck zu erhalten, ist es wichtig, diesen möglichst stützenfrei zu
halten. Das Tragwerkskonzept sieht hierfür vier überdimensionale Stützen vor, die
sich in den Eckpunkten des Gebäudes befinden. Wie aus einem Baumstamm das
Geäst, entwickelt sich die Tragstruktur von hier.
SAAL: Im Zentrum des Inneren steht vor allem anderen der Konzertsaal – das
Herzstück. So ist auch dessen Form organisch geformt und erlaubt, in Verbindung
mit der roten Signalfarbe, Assoziationen an das wichtigste menschliche Organ, die
sich auch durch die offenen Fassaden hindurch sichtlich abzeichnen. Über acht
Hauptzugänge gelangen die Konzertbesucher zu ihren Plätzen und in den ca.
1.800 Sitzplätze fassenden Saal. Seine Proportionen sowie die Anordnung und
Lage seiner Ränge basiert dabei einerseits auf dem klassischen
"Schuhschachtelprinzip", andererseits rückt das Orchester durch umliegende und
rückwärtige Ränge mehr ins Zentrum – ähnlich wie in der Philharmonie Berlin.
4. Bilder des Ist-Zustands
Galeriestraße nach Osten (Foto: © Martin Wöhr)
Parkplatz Landwirtschaftsministerium (Foto: © Gert F. Goergens)
Galeriestraße nach Westen (Foto: © Martin Wöhr)
Von-der-Tann-Straße (Foto: © Martin Wöhr)
Blick von der Von-der-Tann-Straße (Foto: © Martin Wöhr)
5. Heiner Luz, Landschaftsarchitekt
Studie zum Konzerthaus Neues Odeon Grün- und Freiflächen
Wird ein neues Haus gebaut, betrifft das erst einmal die Umgebung. Es ändert, wenn man so will, die
Landschaft.
Aber früher oder später verändert das Haus dann wieder die Landschaft.
So gesehen ist beim Bauen immer ein perspektivischer Blick in die Zukunft notwendig. Der Blick
alleine auf das im Heute Vorhandene genügt nicht.
Die Beurteilung wird umso schwieriger je stärker die Vegetation davon betroffen ist, weil:
In langer Zeit Gewachsenes, und damit Vertrautes und Wertvolles, verschwindet. Bis dies alles wieder
nachgewachsen ist, das dauert dann ebenfalls lange Zeit.
Die Landschaftsarchitektur bearbeitet bei der Planung von Grün- und Freiflächen immer drei Aspekte,
die grundsätzlich erst einmal gleichrangig betrachtet werden:
- Ökologie / Vegetation
- Gestaltung / Erscheinungsbild
- Funktion mit Nutzung / Aneignung
Bezogen auf den jeweiligen Ort und das Umfeld des Projekts kommt es innerhalb dieser
Gleichrangigkeit zwangsläufig zu Verschiebungen und zum Setzen von Schwerpunkten;
Ökologie/ Vegetation
Gestaltung
Erscheinungsbild
Funktion
Nutzung
Aneignung
Der Finanzgarten ist als Ganzes - damit einschließlich des Parkplatzes am Ministerium - als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.
Die Münchner Stadtbiotopkartierung erfasst hier zwei Biotope: unter der Nummer M - 0153 - 001 die
als Finanzgarten bezeichnete Teilfläche 1 und unter der Nummer M - 0153 - 002 die als Östlicher
Hofgarten bezeichnete Teilfläche 2.
Im Finanzgarten ist der alte und auch wertvolle Baumbestand Teil des Biotops.
Das Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) weist die vorbeschriebenen Teilflächen mit der
Nummer 425 als "Strukturreiche Grünanlage" aus, die einen lokal bedeutsamen Lebensraum darstellt.
Diese Bewertung steht in der 4-stufigen Hierarchie des ABSP an unterster Stelle.
In der faunistischen Artenschutzkartierung sind im Finanzgarten keine Fundorte verzeichnet.
Der Finanzgarten einschließlich des Parkplatzes am Staatsministerium ist im Flächennutzungsplan mit
integriertem Landschaftsplan der Landeshauptstadt München als "Allgemeine Grünfläche" dargestellt.
Im Bebauungsplan 280 wird diese Ausweisung festgesetzt. Im westlichen Teilbereich ist die Anlage
einer öffentlichen Tiefgarage zulässig.
All dies sagt zunächst viel über Ökologie, aber leider wenig über die Wertigkeit von Gestaltung /
Erscheinungsbild und Nutzung / Aneignung aus.
Anfangs reichte der Englische Garten mit dem so genannten Elevengarten und dem Garten um das
heutige Prinz-Carl-Palais bis an die Galeriegebäude des Hofgartens heran. Am Tor zum Englischen
Garten stand die "Harmlos-Statue". Dabei wirkt der Garten des heutigen Prinz-Carl-Palais' so, als
zwänge er sich zwischen zwei Bastionen der Stadtmauer.
Insbesondere mit dem Ausbau der Von-der-Tann-Straße wurde diese direkte Verbindung zum
Englischen Garten in den 1930-er Jahren gekappt. Heute erreicht man den Englischen Garten
deswegen nur noch durch eine Unterführung.
Diese Zäsur führt dazu, dass der Finanzgarten einen seltsam unentschlossenen Status ausstrahlt. Er
ist weder Teil des Englischen Gartens noch des innerstädtischen Freiraumsystems. Vermutlich ist er
im Bewusstsein der Münchner auch kaum präsent.
Die Kriegsschäden konnten nur durch Baumspenden halbwegs repariert werden.
An der Von-der-Tann-Straße steht im Übergang zur umgebenden Stadt ein Maschendrahtzaun. Die
Verbindung zur Stadt ist nicht mehr als ein Schlupfloch in diesem Zaun. Ein gut 20 m breiter
Grünstreifen ist durch Bepflanzung und weiterer Umzäunung von der öffentlichen Grünfläche
"abgehängt". Soziologisch betrachtet ist dies ein Angstraum.
An der Galeriestraße grenzt sich der Garten zur Stadt mit einer Mauer ab, die in absehbarer Zeit
saniert werden muss. Die stadtseitigen Eingänge sind kaum zu finden. Der Eingang zum Hofgarten
mit dem Bezug zur Residenz, zur Oper wird durch parkende Autos zugestellt. Die Straße ist gar keine
Straße, sondern ein Parkplatz mit einer nicht einmal ausreichenden Dimensionierung der
Erschließung der Stellplätze.
Im Garten selbst soll der Bezug zu München als "Dichtergarten" mit dem Aufstellen von Statuen von
Dichtern und Komponisten verbessert werden, die gar nicht alle einen besonderen Bezug zur Stadt
München haben.
Entlang des Rundwegs im denkmalgeschützten Abschnitt ist nicht mal ein Blick zum Friedensengel
oder auf die Staatskanzlei möglich.
All das wirkt seltsam unentschlossen und uninspiriert. Fast ist man geneigt, zu sagen, das
Notwendigste wird verwaltet.
Im übertragenen Sinne ist das eine Disharmonie. Jedenfalls kein harmonischer Dreiklang aus
Ökologie, Gestaltung und Aneignung.
Der Neue Konzertsaal bietet die Chance, dass dies sich ändert.
Mit dem Neuen Odeon wird der so genannte Finanzgarten selbstverständlicher Teil der Innenstadt. Er
wird dem Stadtraum zugeordnet, zu dem er zumindest seit den Veränderungen durch den
Straßenbau, gehört.
Mit dem Neuen Odeon entsteht zusammen mit der zur Promenade umgebauten Galeriestraße ein
8.200 m2 großes "Foyer" als attraktive, urbane Freifläche.
Dies zu Lasten von etwa 8.900 m2 der vorhandenen Grünfläche sowie dem dort stehenden alten
Baumbestands, der bis auf wenige Ausnahmen nicht erhalten werden kann, sowie von etwa 3.100 m2
des Parkplatzes am Landwirtschaftsministerium.
Aber:
Der Rand der Innenstadt wird - interessanterweise in Fortführung der ehemaligen Bastionsanlagen
der Stadt zur Landschaft - nach Norden würdig gestaltet. Markus Krempels hat dies bereits erläutert.
In Kurzfassung nochmals zur Erinnerung:
Die Von-der-Tann-Straße wird zugunsten von Baumpflanzungen um eine Fahrspur verschmälert. Der
Übergang der Innenstadt zum nördlichen Quartier wird ansprechend gestaltet. Wünschenswert ist,
dass auch die Grünfläche um das Prinz-Carl-Palais der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Dies
schließt ein zeitlich begrenztes Absperren nicht aus, wenn im Palais ein Staatsempfang gegeben wird.
Der Parkplatz Galeriestraße wird in eine öffentliche Tiefgarage verlegt.
Hier entsteht eine mit Bäumen bepflanzte Promenade. Der Bezug zum Hofgarten, zum Herkulessaal,
zur gesamten Residenz wird erlebbar.
Um den Konzertsaal herum entsteht eine attraktive, urbane Freifläche mit weiteren
Solitärbaumpflanzungen.
Das heute schon Sichtbare und Markante des denkmalgeschützten Bereichs im Finanzgarten wird gar
nicht angetastet. Eher besteht die Chance zur Aufwertung und Belebung. Der dortige Buchenwald
mitten in der Innenstadt rückt ebenfalls in das Bewusstsein der Bevölkerung.
Aus einem kriselnden Finanzgarten wird ein aufblühender Odeonsgarten.
Der eindrucksvolle Blick von der Stadtzufahrt auf der Prinzregentenstraße bleibt nicht nur erhalten, auf
den letzten Metern bis zur Ludwigstraße entsteht eine ansehnliche Fassade.
Bei einer einseitigen Betrachtung des Standbeins Ökologie / Vegetation muss jeder Zugriff auf den
Finanzgarten logischerweise als Angriff gewertet werden. Mit dem in der Dimension "Zeit" zu kurzen
Blick können so auch nur Verluste konstatiert werden.
Anders ist das bei einer ganzheitlichen Betrachtung unter der anfangs beschriebenen
gleichrangigen Einbeziehung von Nutzung / Aneignung und Gestaltung / Erscheinungsbild zu
Ökologie / Vegetation in den Abwägungsprozess:
Hier ist der bereits genannte Verlust von 8.900 m2 Grünfläche - und auch der alten und wertvollen
Bäume - zu ersetzen gemäß der Eingriffs-/ Ausgleichsregelung im Leitfaden der Bayerischen
Staatsregierung durch eine auch 20 Jahre zu pflegende Ausgleichsfläche von gut 30.000 m2 Größe.
Über das Ökokonto der Stadt München muss dann ein geeigneter Standort im vergleichbaren
Landschaftsraum gefunden werden.
Dazu kommt noch der "Neuwert" von 3.800 m2 urbaner Freifläche des bereits beschriebenen Foyers
des Neuen Konzertsaals, sowie 4.400 m2 neu gestalteter und mit Bäumen bepflanzter Promenade in
der Galeriestraße, die auch von einer breiten Öffentlichkeit genutzt werden wird.
Der neue Konzertsaal im alten Finanzgarten würde damit nicht nur den großen Platzbedarf für
konzertante Musik in München abdecken, er würde auch einen nennenswerten Beitrag zur ebenso
notwendigen Stadtgestaltung am Rand der Innenstadt leisten.
Der vernachlässigte "Niemandsland" zwischen Englischem Garten und Innenstadt gehört zukünftig
eindeutig dahin, wohin es eigentlich schon seit dem Schleifen der Stadtbefestigung hingehört: zur
belebten Innenstadt.