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BAUGRUPPENFERTIGUNG Neue ESD-Normen IEC 61340-5-1 und IEC 61340-5-2 gelten seit 08/2007 ESD unter Kontrolle Nach mehrjähriger Diskussion in den internationalen Fachgremien sind im vergangenen Jahr die neuen Versionen der ESD-Normen erschienen. ESD Ausrüstungen Überprüfungsintervalle Anmerkungen Personenausrüstungen Handgelenkbandsysteme + Schuhe täglich Vor Betreten der EPA Bekleidung halbjährlich oder nach jedem Waschvorgang, Stichprobenprüfung Handschuhe, Fingerlinge täglich mit der Überprüfung des Handgelenkbandsystems Arbeitsplätze jährlich Fußboden jährlich Eventuell im Winter und im Sommer, um Abhängigkeiten von der Luftfeuchtigkeit festzustellen. Ionisatoren monatlich, jährlich Monatliche Kontrolle ob Geräte in Betrieb sind und ob die Pins sauber sind, jährlich: Kalibrierung, wenn vom Hersteller nicht anders vorgeschrieben Verpackungsmaterialien nach Anlieferung Stichprobenprüfung, halbjährlich Nach Anlieferung neuer Verpackungsmaterialien müssen diese auf ordnungsgemäße Funktion/Eigenschaften stichprobenartig überprüft werden. Halbjährlich muss überprüft werden, ob die Eigenschaften der Verpackungsmaterialien noch erfüllt werden. Maschinen, Anlagen halbjährlich Während der Überprüfung muss festgestellt werden, ob die Maschine noch ordnungsgemäß geerdet ist und ob alle eingesetzten ESD-Materialien (z. B. Plexiglas) ihre Eigenschaften besitzen. Tabelle 1: Empfohlene Intervalle für die Überprüfung auf Einhaltung von ESD-Normen Die deutsche Ausgabe der DIN EN 613405-1 ist 07/2008 erschienen, die Ausgabe der DIN EN 61340-5-2 wird voraussichtlich Ende dieses Jahres verfügbar sein. Zu beachten ist, dass es sich hier um den 1. Internationalen Standard handelt. Damit ist die korrekte Bezeichnung IEC 61340-5-1 Edition 1. Das Handbuch IEC 61340-5-2 ist klassifiziert als Technischer Report (TR). Die neuen Versionen unterscheiden sich komplett von den vorhergehenden Ausgaben. Das liegt daran, dass inzwischen eine Einigung mit der ESD-Association erzielt wurde und der amerikanische Standard ANSI/ESD S20.20 komplett in diese neuen Fassungen eingeflossen ist. Das kann Vor- und Nachteile haben. Ein Vorteil ist, wir haben einen weltweit einheitlichen ESD-Standard. Ein Nachteil kann sein, dass der amerikanische Standard fast wortwörtlich übernommen wurde. ˘ AUTOR Dipl.-Ing Hartmut Berndt ist Inhaber und Präsident der B.E.STAT group. Er ist Experte in nationalen und internationalen Normungsgremien, Sekretär des zuständigen IEC Komitees TC 101 „Electrostatics“. 48 Der Grundbaustein „ESD-Kontrollprogramm“ wurde 100 %ig übernommen und bildet den Schwerpunkt für alle weiteren ESD-Anforderungen. Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass sich die Grundprinzipien des ESD-Schutzes nicht geändert haben, jedoch die Art und Weise der Umsetzung. So muss heute jede Firma ein eigenes ESD-Kontrollprogramm erstellen. Die neue Norm ist dabei behilflich, allerdings gibt es kein konkretes ESD-Kontrollprogramm. Jede Firma muss ausgehend von ihren Anforderungen, den Anforderungen der ESDS und Baugruppen ein eigenes Programm erarbeiten. Ein Nachteil ist hier gerade die Tatsache, dass jede Firma ein eigenes Programm besitzen kann, das sich von dem einer anderen Firma total unterscheidet. Problematisch ist es, wenn es sich z. B. um einen Auftragsfertiger handelt und er viele Kunden hat. Jeder Kunde kann ein eigenes (sehr unterschiedliches) ESD-ontrollprogramm besitzen, das dann auch von ihm umgesetzt werden muss. Erarbeitung eines ESD-Kontrollprogrammes Die neue Norm erfordert die Erarbeitung eines ESD-Kontrollprogramms und eines ESD-Kontrollprogramm-Planes, der sowohl administrative als auch technische Maßnahmen enthält. Der administrative Teil beinhaltet den Plan für die Einführung, den Schulungsplan sowie den Plan zur Überprüfung der ESD-Kontrollmaßnahmen. Ausgehend von der ESD-Empfindlichkeit der zu bearbeitenden Bauelemente und Baugruppen (ESDS) sind die einzelnen ESDKontrollmaßnahmen an den notwendigen Arbeitsplätzen festzulegen. Sind ESDKontrollmaßnahmen vorhanden, müssen diese erfasst und auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit überprüft werden. Zu den administrativen Anforderungen gehört der eigentliche ESD-Kontrollprogramm-Plan. Dieser besteht aus ˘ Training, ˘ Überprüfungsmethoden, ˘ Erdungssysteme, ˘ Personenerdung, ˘ EPA-Anforderungen und -Ausrüstungen, ˘ Verpackungssysteme sowie ˘ Kennzeichnung. Sehr wichtig ist das Training des Personals. Nur wenn das Personals unterwiesen ist und mit den notwendigen ESD-Kontrollmaßnahmen vertraut ist, kann das Personal bewusst mit den ESD-Maßnah- productronic 11 - 2008 BAUGRUPPENFERTIGUNG men umgehen und diese einhalten. Die Schulung des Personals muss, wenn möglich, vor der Einführung der ESD-Kontrollmaßnahmen erfolgen. Wiederholungsschulungen müssen mindestens einmal im Jahr und bei Veränderungen oder neuen ESD-Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden. Folgende Fragestellungen und Schwerpunkte muss das Personaltraining beinhalten: ˘ Was ist ESD? Wie entstehen elektrostatische Aufladungen? ˘ Was kann dagegen getan werden? ˘ Wie beeinflussen elektrostatische Entladungen die Produktqualität? ˘ Erkennen von ESDS, ˘ ESD-Kontrollmaßnahmen (Personenausrüstungen, ESD Arbeitsplatzausrüstungen), ˘ Verpackungstechnologien (Verpackungsmaterialien) sowie ˘ spezielle ESD-Handhabungstechnologien. Neu ist der Plan zur Überprüfung der ESDKontrollmaßnahmen. Er beinhaltet alle ESD-Maßnahmen, die Überprüfungszyklen und die notwendigen Messverfahren sowie die festgelegten Grenzwerte. Die Überprüfung muss in den vorgegeben Zeitabständen erfolgen. Die Messwerte sind zu erfassen und zu dokumentieren. Gibt es Abweichungen oder werden Grenzwerte überschritten, ist der ESD-Koordinator zu informieren. Grundsätzlich muss eine Erstprüfung aller ESD-Kontrollmaßnahmen vor Inbetriebnahme und dann regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden (Tabelle 1). Im ESD-Überprüfungsplan sind neben den Messverfahren auch die Messgrößen und die Grenzwerte festzulegen. Werden spezielle Messverfahren verwendet, sind diese zu spezifizieren. Ändern sich die Messverfahren oder die Parameter, dann muss auch der Überprüfungsplan geändert werden. Der Plan enthält zusätzlich die notwendigen Vorlagen, für die Erfassung der Messwerte. Nachdem der administrative Plan erstellt wurde, sind die technischen ESD-Kontrollmaßnahmen festzulegen. Dabei wird zwischen Maßnahmen für das Personal und den eigentlichen ESD-Ausrüstungen unterschieden. Zu den technischen Maßnahmen gehören: productronic 11 - 2008 ESD Maßnahme Anforderung Überprüfungsmethode Anforderung Produktprüfung Norm Norm Grenzwerte ANSI/ESD S1.1 ≤ 1 x 105 Ω (innen) > 1 x 107 Ω (außen) Grenzwerte Handgelenkband siehe Handgelenkbandsystem Handgelenkbandsystem DIN EN 61340-5-1 A.1 Spiralkabel siehe Handgelenkbandsystem ANSI/ESD S1.1 < 5 x 106 Ω oder vom Anwender festgelegter Wert Schuhwerk siehe Personen-Schuhwerk System DIN EN 61340-4-3 leitfähig < 1 · 105 Ω ableitfähig 1 · 105 Ω ≤ R ≤ 1 · 108 Ω Personen-Schuhwerk-System DIN EN 61340-5-1 A.2 Personen-SchuhwerkFußboden-System siehe Personen-Schuhwerk System R < 3.5 · 107 Ω R < 3.5 · 107 Ω Keine Keine DIN EN 61340-4-5 Rg < 3,5 x 107 Ω oder Rg < 1 x 109 Ω und Körperspannung < 100 V (Mittelwert der 5 höchsten Spitzen) Tabelle 2: Anforderungen an die Personenerdung Bemerkung 1: Wird ESD-Bekleidung als Teil des Personenerdungssystem mit dem Handgelenkband verwendet, dann muss das gesamte System einen Widerstand kleiner 3,5 x 107 Ohm aufweisen. Bemerkung 2: RG bedeutet Widerstand gegen Erde ESD Maßnahme Anforderung Überprüfungsmethode Arbeitsplatzoberfläche, Lagerregale, Wagen DIN EN 61340-2-3 Rg < 1 · Fußboden DIN EN 61340-4-1 Rg < 1 · 109 Ω Stühle DIN EN 61340-2-3 Rg < 1 · 1010 Ω Anforderung Produktprüfung 109 Ω DIN EN 61340-2-3 DIN EN 61340-4-1 Rgp < 1 · 109 Ω Rp-p < 1 · 109 Ω (siehe Note 6) Rgp < 1 · 109 Ω (siehe Note 4 und 5) (8.6.3. mit Ausnahme, dass die Messung gegen Erde erfolgt) DIN EN 61340-2-3 Rgp < 1 · 1010 Ω (Widerstand zu einem Erdungspunkt – Messverfahren – 8.6.3.) Bekleidung ANSI/ESD STM2.1 Rp-p < 1 · 1012 Ω ANSI/ESD STM2.1 Rp-p < 1 · 1012 Ω Bekleidung, erdungsfähig ANSI/ESD STM2.1 Rp-p < 1 · 109 Ω ANSI/ESD STM2.1 Rp-p < 1 · 109 Ω Maschinen, Anlagen Zur Zeit gibt es keine Anforderungen, außer das alle Teile geerdet sein müssen und keine Materialien verwendet werden dürfen, die sich elektrostatisch aufladen. Ionisatoren ANSI/ESD STM 3.1 Entladezeit von 1 000 V auf 100 V ANSI/ESD STM 3.1 < 20 s Offsetspannung/ < ± 50 V Balance Entladezeit von 1 000 V auf 100 V < 20 s Offsetspannung/ < ± 50 V Balance Tabelle 3: Anforderungen an die Arbeitsplatzausrüstungen mit zugeschnittenen ESD-Anforderungen („Anpassung“ bzw. Tailoring) 1: Handgelenkband und Kabel 2: Arbeitsoberflächen 3: Beispiele eines gemeinsamen Erdungspunktes 4: ESD-Fußbodenmatte 5: ESD-Fußboden 6: Funktionserde oder Schutzerde (falls Funktionserde verwendet wird, sollte sie mit Schutzerde verbunden sein) ˘ Erdungssystem, ˘ Personenerdung, ˘ ESD-Ausrüstungen (EPA), ˘ Verpackungsmaterialien und ˘ Kennzeichnungen. Die Tabelle 2 zeigt die Anforderungen an die Personenausrüstungen und die Tabelle 3 die Arbeitsplatzausrüstungen. Zwei Grundprinzipien müssen immer gelten: ˘ 49 BAUGRUPPENFERTIGUNG 1. Elektrostatische Aufladungen zu vermeiden und 2. Elektrostatische Aufladungen gefahrlos abzuleiten. Es wird nicht möglich sein, elektrostatische Aufladungen 100 %ig zu vermeiden. Es gibt immer Quellen für elektrostatische Aufladungen, also muss auch der zweite Grundsatz unbedingt erfüllt werden. Personenerdung Grundsätzlich müssen alle Personen geerdet und mit dem Potentialausgleich verbunden werden. Das Handgelenkband bzw. das Handgelenkbandsystem ist die beste Möglichkeit um zu gewährleisten, dass die Personen nicht elektrostatisch aufgeladen sind. In sitzender Tätigkeit gibt es keine bessere Methode als das Handgelenkband. In stehender Tätigkeit kann das Handgelenkbandsystem oder die Möglichkeit der Erdung der Person über die Schuhe und den Fußboden angewandt werden. Der Systemwiderstand muss dann dem Wert in der Tabelle 2 entsprechen. Den Zusammenhang zwischen Personenableitwiderstand und elektrostatischer Bild 1: Zusammenhang zwischen Personenaufladung und Widerstand zum Erdpotential [4] Aufladung einer Person zeigt das Bild 1. Bei einer maximal zulässigen Personenaufladung von 100 V darf der Systemwiderstand Person-Schuhe-Fußboden den Wert von 3.5 x 107 Ω nicht übersteigen. Folgende Besonderheiten gegenüber den vorhergehenden Normen sind zu beachten: Grundsätzlich wird zwischen Personenerdung und ESD-Arbeitsplatz bzw. ESD-Bereich unterschieden. Die Maßnahmen zur Personenerdung sind unbedingt umzusetzen. Die Ausrüstungen des ESD-Arbeitsplatzes bzw. -Bereiches sind optional und als Ergänzung zur Personenerdung zu betrachten. Außerdem enthält die Tabelle 2 Vorschriften zur Produktprüfung. Diese Prüfungen sind durch den Hersteller durchzuführen. Der Anwender kann diese Prüfungen auch selbst zur Kontrolle durchführen. Der ESDKoordinator ist verpflichtet, nur die ESDProdukte einzusetzen, die den Anforderungen der Norm entsprechen. ESD-Arbeitsplatz und ESD-Bereich (EPA) Die Tabelle 3 enthält alle möglichen ESDMaßnahmen für die Einrichtung von einem Bild 2: Erdungssystem (EPA mit Referenzmasse) [3] Technische Anforderungen ESD-Eigenschaft Prüfverfahren (siehe Note 2) Geforderter Grenzwert Verpackung elektrostatisch ableitfähig IEC 61340-2-3 elektrostatisch leitfähig IEC 61340-2-3 1 x 102 ≤ Rs < 1 x 105 Ω abschirmend (Beutel) ANSI/ESD STM 11.31 <50 nJ 1 x 105 ≤ Rs < 1 x 1011 Ω (siehe Note 1) Tabelle 4: Verpackungsmaterialien [3] Note 1: Auf die Norm DIN EN 61340-2-3 ist Bezug zu nehmen und das Messverfahren für den Oberflächenwiderstand ist anzuwenden. Note 2: Für die Produktqualifikation von Verpackungsmaterialien muss die Umgehungsbedingung für die Messung bei 12 % r. F. und 23 °C liegen. Note 3: Low charging Material ist nicht definiert und nicht erlaubt. Note 4: Die ESD-Schutzverpackung und die Kennzeichnung müssen in Übereinstimmung mit den Kundenverträgen, Einkaufsbestellungen, Zeichnungen oder anderen Dokumentationen erfolgen. Wenn in diesen Dokumenten keine Definitionen erfolgt sind, dann muss die Firma die Anforderungen für die ESD-Verpackungen in dem ESD-Kontrollprogrammplan festlegen. Wenn notwendig, muss die Verpackung für alle Materialbewegungen und Transporte innerhalb einer EPA, zwischen EPAs, zwischen Arbeitsstätten, zu Serviceaktivitäten außerhalb der Firma und zum Kunden definiert werden. 50 ESD-Arbeitsplatz oder einen ESD-Arbeitsbereich. Wenn Abweichungen zu diesen ESD-Maßnahmen festgelegt werden, sind diese zu begründen. Die Anforderungen weichen im Wesentlichen nicht von den früheren ESD-Anforderungen aus der vorhergehenden ESD-Norm ab. Das Bild 2 zeigt ein Erdungssystem für die EPA. Es wurde wesentlich vereinfacht. Die einzige Abweichung gibt es bei der ESD-Bekleidung. Hier wird zwischen leitfähiger und ableitfähiger Bekleidung unterschieden. Begründet ist dies dadurch, dass es ESD-Bekleidung mit z. B. Carbonund Metallfasern gibt, die außen zugängig sind, und es andere ESD-Bekleidung gibt, die aus einer sogenannten Core-Faser beseht. Diese Fasern besitzen einen leitfähigen Kern, der nicht durch eine Widerstandsmessung überprüft werden kann. Beide Materialien erfüllen aber die heutigen ESD-Anforderungen. Eine andere Besonderheit ist der Einsatz von Aluminium oder eloxiertem Material. Aluminium wird sehr oft verwendet. Vor vielen Jahren wurde es allerdings als ungeeignetes Material eingestuft. Trotzdem wird es weiter verwendet. Aluminium ist nach einer gewissen Zeit ein elektrostatisch isolierendes Material, Grund ist die Oxidschicht auf der Oberfläche, die sich durch den Kontakt mit der Umgebungsluft aufbaut und immer dicker wird. Die Dauer für die Bildung der Oxidschicht ist nicht abschätzbar. Sie hängt von den aktuellen Umgebungsbedingungen ab. Aus diesem Grund muss in Zukunft Aluminium in einer EPA vermieden werden. Unter dem Punkt 5.1.3. Anpassung oder besser wie im Englischen „Tailoring“ wird beschrieben, dass jede Firma (Organisation) ihre eigenen ESD-Anforderungen und -Kontrollmaßnahmen festlegen kann, je nachdem wie die Empfindlichkeit der verwendeten Bauelemente und Baugruppen eingestuft wurde. Voraussetzung ist die Analyse der vorhandenen ESDS, die verarbeitet werden. Dies ist schwierig, weil nicht jede Firma die ESDS analysieren kann und viele Hersteller machen nur ungenaue Angaben zur eigentlichen ESD-Empfindlichkeit. Dies ist zum einen darin begründet, dass „schlechte“ oder hohe ESD-Empfindlichkeit nicht gerade ein Verkaufsargument ist. productronic 11 - 2008 BAUGRUPPENFERTIGUNG Zum anderen ist die Frage nach dem verbindlichen Testmodell für die ESDS nicht endgültig geklärt. Jede Firma benutzt z. B. verschiedene CDM-Modelle. Das sogenannte Tailoring lässt die freie Gestaltung des ESD-Bereiches zu. Es ist zu beachten, dass aber eine umfangreiche Kenntnis des ESD-Problematik vorausgesetzt wird. Danach kann das ESD-Kontrollprogramm erstellt werden. Warum ESDKontrollmaßnahmen eingeführt oder nicht umgesetzt werden, ist in jedem Fall zu begründen. Sehr wichtig ist die Qualifikation und Erfahrung des ESD-Koordinators. Ein weiterer Nachteil ist, dass ESD-Kontrollmaßnahmen bzw. -Kontrollprogramme verschiedener Firmen nicht mehr vergleichbar sind, besonders wenn eine Firma z. B. Auftragsfertiger (EMS) ist und mehrere Kunden hat. Jeder Kunde hat ein eigenes ESD-Kontrollprogramm und der Auftragsfertiger muss die ESD-Anforderungen jedes Kunden erfüllen. Anforderungen an Verpackungsmaterialien Nach der neuen Norm gibt es für ESD-gerechtes Verpackungsmaterial drei zulässige Kategorien ˘ conductive (leitfähig), ˘ dissipative (ableitfähig) und ˘ shielding (abschrimend). Die Grenzwerte für die einzelnen Kategorien haben sich nicht geändert. Die Materialklassifikation, „low charging“ wurde entfernt. Mit den oben angegebenen drei Kategorien kann ESD-Verpackungsmaterial ausreichend klassifiziert werden. Alle drei Kategorien können durch Grenzwerte eindeutig definiert werden. Standardmessverfahren gestatten die Überprüfung der Grenzwerte. Die Eigenschaft „low charging“ wird also nicht mehr benötigt, außerdem war es immer schwierig Messungen zur Überprüfung dieser Kategorie durchzuführen. Grenzwerte konnten nicht festgelegt werden. Entscheidend ist aber auch der Einsatz der Materialien. In einer EPA dürfen alle drei Kategorien verwendet werden. Werden aber ESDS außerhalb der EPA transportiert, dann dürfen nur Materialien eingesetzt werden, die die Eigenschaften „abschirmend“ erfüllen. Materialien, die ableitfähig sind, sind aber nicht ausreichend abschirmend. productronic 11 - 2008 ˙ ÜBER BESTAT Die B. E. Stat Group liefert ein ESD-Komplettsystem beginnend bei der Erstellung des ESD-Kontrollprogramms, Lieferung der kompletten ESD-Ausrüstungen, Training und Qualifizierung der ESD-Koordinatoren sowie die Abnahme und Auditierung der fertiggestellten EPA. Bild 3: Kennzeichnung von ESDS Bild 4: Kennzeichnung von ESD-Material, das in eine EPA gebracht werden kann D. h. je nach Festlegung in der Verpackungsvorschrift der Firma „Organisation“, darf diese Art für den Transport von ESDS außerhalb einer EPA eingeschränkt verwendet werden. In der Tabelle 4 sind die Eigenschaften einschließlich den Standardgrenzwerten angegeben. Außerdem werden die normgerechten Messverfahren angegeben. Der Grenzwert „Static Decay Time“ oder Entladezeit/Ableitfähigkeit wird nicht mehr angegeben. Das hat zum einen den Vorteil, dass er nicht mehr gemessen werden muss (das Messverfahren ist sehr aufwendig und wenig reproduzierbar) aber oberhalb von einem Widerstandswert von 1 x 109 Ohm ist das Messverfahren auch sehr abhängig von verwendeten Messsystem und dem Messaufbau. Es ist nicht einfach, Hochohmwiderstände zu messen. Herkömmliche Hochohmmessgeräte haben gerade in diesem Bereich Messfehler von mehr als 20 %. Anforderung an die Kennzeichnung Alle ESDS müssen gekennzeichnet werden. Weiterhin gibt es die bekannten ESDKennzeichen für ESD-Ausrüstungen. Beide Kennzeichnungssymbole haben sich nicht geändert. Bild 3 zeigt die Kennzeichnung von elektrostatisch empfindlichen Bauelementen (ESDS) und das Symbol ist ein Symbol, das ESD-Ausrüstungen kennzeichnet, die die ESD-Anforderungen erfüllen. Bei Verpackungsmaterialien wird „EPA“ im Bild 4 durch S für Shielding Material, D für dissipatives Material und C für leitfähiges Material ersetzt. Zusammenfassung Mit den neuen ESD-Normen wurde alle verfügbaren weltweiten Normen angepasst. Jede Firma, die ESDS herstellt oder verarbeitet, muss jetzt ein eigenes ESDKontrollprogramm erstellen. In diesem sind alle notwendigen ESD-Maßnahmen festzulegen. Es ist eine große Eigen verantwortung jeder Firma notwendig. ESD-Koordinatoren müssen benannt und qualifiziert werden. Ein wesentlicher Bestandteil aller ESD-Maßnahmen ist das Training des Personals. Das Personal muss in die Einführung des ESD-Kontrollprogramms aktiv eingebunden werden. Einige Prüfnormen und -vorschriften liegen zur Zeit noch als amerikanischer ESD Association Standard vor. In den nächsten 2 Jahren sollen diese aber als IEC Standard veröffentlicht werden. Literatur [1] IEC 61340-5-1 Ed. 1 Electrostatics – Part 5-1: Protection of electronic devices from electrostatic phenomena – General requirements [2] IEC 61340-5-2 Ed. 1 Electrostatics – Part 5-2: Protection of electronic devices from electrostatic phenomena – User quide [3] DIN EN 61340-5-1 Ed. 1 Elektrostatik – Teil 5-1: Schutz von elektronischen Bauelementen gegen elektrostatische Phänomene – Allgemeine Anforderungen [4] DIN EN 61340-5-2 Ed. 1 Elektrostatik – Teil 5-2: Schutz von elektronischen Bauelementen gegen elektrostatische Phänomene - Benutzerhandbuch [5] H. Berndt: Electrostatic discharge (ESD), the Technology Roadmap of the Semiconductor Industries to 2020 and the development of PCB’s; APEX 2008, Las Vegas, NV, USA ˘ infoDIRECT 410pr1008 www.productronic.de ˘ Link zur Bestat 51