Epistel (Predigttext): Römer 11,33

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Epistel (Predigttext): Römer 11,33
Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
Epistel (Predigttext): Römer 11,33‐36 33 O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! 34 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen«? (Jesaja 40,13) 35 Oder »wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müsste«? (Hiob 41,3) 36 Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. Evangelium: Johannes 3,1‐8 1 Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, einer von den Oberen der Juden. 2 Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. 3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde,1 so kann er das Reich Gottes nicht sehen. 4 Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden? 5 Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. 6 Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren ist, das ist Geist. 7 Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von neuem geboren werden. 8 Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist. Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
Predigt ‐ Sonntag Trinitatis, 20. Mai 2010, Abschluss des Elbjazz Festivals Die Gnade des Vaters, die Liebe unseres Herrn und Bruders Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! „Singet dem Herren ein neues Lied – denn er tut Wunder!“ (Psalm 98,1) Mit diesem Psalmwort, das Friedo Matthies in seiner Gospelmotette vertont hat, haben wir diesen Gottesdienst eröffnet. Und wer mitbekommen hat von dem, was dieses Wochenende hier in Hamburg geschehen ist auf der Elbe und an so vielen Orten rundherum – auch in St. Katharinen ‐ versteht, wovon diese Musik singt. Denn an diesem Wochenende war Hamburg an der Elbe eingetaucht in Jazz und damit erfüllt von einer Musik, die nach einem ganz ähnlichen Prinzip arbeitet, wie die biblischen Texte und die Traditionen unseres Glaubens. Weil guter Jazz nämlich mit jedem Mal und an allen Orten, an den Menschen ihn spielen oder hören, weil Jazz jedes mal ein neues Lied in diese Welt setzt. Neu aber nicht notwendigerweise nicht in einem Sinne, als wäre das, was wir hören, abgeschnitten von dem, was ihm voraus liegt oder was es umgibt. Das ist ja durchaus eine Sehnsucht, mit der gerade auch unsere Gegenwart immer wieder gerne spielt, wenn sie uns von einer Neuigkeit zur nächsten treibt und die Hoffung nährt, dass wir auf etwas ganz und gar Uniques stoßen und etwas nie Dagewesenes finden, etwas, das uns in seiner Brandaktuellen Neuigkeit Erlösung von den Beschwernissen unserer Erinnerung und unserer Geschichte bringt – endlich frei sein von allen Bezügen. Jazz ist ganz anders frei und frech, gerade darin nämlich, dass Jazz von Bezügen lebt, in sie hineingeht und mit ihnen spielt, mal zärtlich, mal kratzig, mal respektvoll, mal unverschämt, mal als Zustimmung, mal als Widerspruch, immer wieder mit Humor. Auch der Jazz kennt Pathos, lässt sich aber das Lachen, auch das Lachen über sich selbst nicht nehmen – das war auch hier in St. Katharinen an diesen Jazz‐Tagen zu erleben, so wie Freitagnacht bei dem norwegischen Musiker Bugge Wesseltoft, der die, die hier waren, mit seiner Melange aus Klavierimprovisationen und Elektronik verzauberte und immer wieder auch Lacher provozierte. Und diese Lacher waren nicht aus Albernheit oder Spott gelacht, sondern erlösende Lacher, charmante Irritationen, kleine Erleuchtungen, die Ihrerseits Einblicke gaben in die Seele des Künstlers, der nach eigenen Worten sehr inspiriert war von diesem Abend: „It is wonderfull to play in this church – people are ready to receive!“ So zeichnet Jazz aus, dass das neue Lied, das er spielt oder singt, meist ein ganz altes Lied ist. Nicht die Quantität, also der Zahl neuer Melodien macht guten Jazz aus, sondern die unerschöpfliche Fülle dessen, was Jazz aus wenigen Melodien oder gar nur aus einer Melodie zu machen versteht. Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut das Wunder. Das ist die große Güte des Jazz, die ihn Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
qualifiziert als Guckloch in die Klangwelt des Himmels, das ist die große Güte des Jazz, dass in dieser Musik der Weg zur Erlösung und zur Befreiung und zur Erleichterung und zum Jubel nicht darüber führt, dass wir vergessen müssen, was hinter uns liegt, sondern dass Jazz uns und alles, was uns berührt, verwandelt, so wir uns denn verwandeln lassen und manchmal auch unabhängig davon. Jazz spielen und hören verwandelt uns mit all dem, was wir sind, mit unseren Schatten und unserem Licht, mit unserem Wahnsinn und mit unserer Klarheit, mit unserer Schönheit und unserer Verunstaltung. Wie das geht? Diese Frage hat auch schon Nikodemus im Evangelium des heutigen Tages gefragt: „Wie kann ich neu geboren werden? Muss ich zurückkriechen in den Leib meiner Mutter?“ Und wir hören am Klang der Frage,, was er sagen will: „So ein Unsinn, Jesus. Das wird nie gehen.“ Stimmt, das ist Unsinn. In den Bauch der Mutter zurück führt kein Weg. Und, ganz ehrlich. Wer wollte da ernsthaft wieder rein? Das hieße doch, dass wir uns über die Maßen verkrümmen und klein machen müssten und das Licht des Tages eintauschen gegen die Dunkelheit der Bauchhöhle. Nein, auch wenn die Sehnsucht, bei all den Abspaltungen, aus denen unser Leben immer wieder besteht, zurückzukehren zu uns selbst, wie Katrin Wulff es eben gesungen hat, so können wir den Schritt weiter nur wünschen, die Rückkehr hinter unsere Geburt zurück, in den Leib der Mutter, wenn es so über die Maßen schlecht um uns bestellt ist, dass unsere Würde ganz und gar auf dem Spiele steht oder schon verloren ist. Und dennoch ist das mit der Neugeburt kein Unsinn. Davon weiß eben der Jazz ein Lied zu singen, dessen Talent und Herzstück doch genau darin besteht, dass er Neues aus Altem gebiert. So wie vergangene Nacht hier in st. Katharinen bei Heinz Sauer, der Vaterfigur des Jazz am Saxophon, und Michael Wollny, dem Jungstar am Klavier, wie es im Programmheft heißt. In Dunkelheit haben die beiden gespielt. Das einzige Licht, das brannte, war das Blau der Elbjazz‐Lampen und die Kerzen der Kirche, sonst war da kein Licht im Raum. In dieser blauen, kerzendurchleuchteten Dunkelheit war die Musik der beiden durch und durch Experiment und Improvisiert: Ich habe Heinz Sauer hinterher gefragt; und er hat mir erzählt, dass sie beide ohne Konzept in das Konzert gegangen sind. Sie haben einfach losgespielt. Aber am Grunde dieses ganz und gar Neuen, das da in dieser Stunde entstand, lag eine Blues‐Linie; die schien immer wieder kurz auf, bis sie sich in einem Stück einmal ganz ausleben durfte. Das war, als die beiden auf einmal alle Abstraktion, alle Brüche und Verschiebungen aufgaben und für ein Stück in einen ganz klaren Blues einstiegen, voller Wehmut, Frechheit und Vitalität, wie das bei Blues eben so ist. So ist die Sache des Jazz nicht die Trennung, nicht das Vergessen, nicht das Wegschauen, nicht die Flucht oder das Beweinen der Vergeblichkeit – so wenig, wie sie die Sache eines Lebens in Fülle sind – sondern das Hingehen, aufgreifen, Lachen und auch Klagen mit mal zärtlich, mal mit Macht, und sei sie gebrochen – in alledem die Gewissheit, dass größer als alle Vergeblichkeit in unserem Leben die Kraft der Poesie unseres Lebens ist. Diese Gewissheit und Verheißung, die wir in der Kirche mit dem Heiligen Geist identifizieren – diesem träger der Poesie unseres Lebens, derer wir in unserem Alltag Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
gewärtig werden jedes Mal, wenn Hoffnung und Frohsinn oder besser: Fülle unser Herz ergreift – oft ohne Grund oder sogar wider alle Realität – und doch nicht ohne Grund, weil da nämlich eine Melodie ist, die unser Herz anrührt oder unsere Seele, die uns Tränen in die Augen treibt oder Lachen auf die Lippen oder Durchatmen in unseren Lungen oder Wundern in unseren Köpfen oder Leuchten in die Augen oder Schnippen in die Finger oder Bewegung in die Glieder –Tanz der Finger oder des ganzen Körpers. Diese Poesie des Lebens kennt drei Gottesbeweise in dieser Welt: den ersten Gottesbeweis, dass wir nicht leben können ohne Poesie und das Worte, geschrieben, gesprochen, gehört uns zu berühren vermögen. Den Zweiten Gottesbeweis, dass in jedem von uns ein kleiner oder großer bildender Künstler steckt – kein Kind, das nicht von Herzen gerne malt – und den Dritten Gottesbeweis, dass Musik ein unverbrüchlicher Teil unseres Lebens ist, und dass wir mit dem singen oder musizieren oder Musikhören niemals aufhören können – weder im Himmel noch auf Erden – höchstens in der Hölle oder im Tode. Aber das ist ja genau die Hoffnung und die Verheißung, welche jede Musik uns in die Seele pflanzt, dass das Schweigen des Todes nichts ist gegen die Macht der Musik – nicht umsonst läutet der Klang der Glocken jeden Sonntag ein; und nicht umsonst singen wir dem Sprichwort nach, wenn Angst im Dunklen Walde uns bedrängt; und nicht umsonst stellen wir uns vor, dass am jüngsten Tage die Engel die Toten mit Trompetenkonzerten aus den Gräbern ins Leben rufen; und wer sagt denn, dass die Engel dann nicht als himmlische Bigband auftreten? Dafür spricht übrigens auch, dass im Evangelium des heutigen Sonntags Jesus in seiner Antwort auf Nikodemus Frage – eine Frage, die entweder in ihrer Naivität rührend oder in ihrer Dumpfheit erschreckend ist, weil dieser Mann keinen Sinn hat für die Poesie des Lebens, sondern gefangen ist in einem überengen Realismus – zur der Vorstellung von der Bigband der Engel am jüngsten tage also passt, dass Jesus in seiner Antwort auf Nikodemus Frage den Heiligen Geist ins Spiel bringt: „7 Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von neuem geboren werden. 8 Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.“ Wer wissen will, wie der Wind klingt, der hier durch Jesu rede weht, und der dabei weht, wo er will, darf sich dabei gerne erinnern an den Wind aus dem Atem in den Trompeten von Chat Baker oder Miles Davis hören, oder auch in Heinz Sauers Saxophon oder in all den anderen Saxophonen oder Trompeten dieses Elbjazz‐Wochendes in Hamburg. Mit Worten des Paulus: „33 O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!“ Genau: so unerforschlich und dennoch zugleich so klar wie die Weisheit und Erkenntnis Gottes ist eben auch guter Jazz, der genau darin guter Jazz ist, dass er sich so unvergleichlich wunderbar darauf versteht, das alte Lied unseres Lebens neu zu singen. Das durften wir erleben hier in Hamburg auf dem Elbjazz‐
Festival zwischen Stückgutfrachter Bleichen, Stage School und Katharinenschule, zwischen Marco Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
Polo Terrassen und Museumsschiff Cap San Diego, zwischen Blohm und Voss Werft und St. Katharinen und auch auf den Barkassen, die dazwischen hin und her fuhren: Singt dem Herrn ein neues Lied – denn wahrhaftig: er tut Wunder! Amen. Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
Texte der Gottesdienstmusik: Kantorei: Friedo Matthies (*1933): Gospelmotette Singet dem Herren ein neues Lied; denn er tut Wunder! Er sieget mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm. Der Herr ist groß und hoch zu loben, wunderbar über alle Götter. Gott, weil er groß ist, gibt am liebsten große Gaben. Ach, dass wir Armen nur so kleine Herzen haben! Herr, erbarme dich und hilf uns! Singet dem Herren ein neues Lied; denn er tut Wunder! Er lässet sein Heil verkündigen und richtet die Völker mit Recht. Singet dem Herren ein neues Lied; denn er tut Wunder! Singt! Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. Gott, weil er groß ist, schuf die Welt groß und erhaben. Ach, dass wir Menschen sie schon fast verdorben haben! Herr erbarme dich! Amen. Katrin Wulff: „People get ready“ (Eva Cassidy) People get ready / There's a train a‐coming / You don't need no baggage / You just get on board / All you need is faith / To hear diesels humming / You don't need no ticket / You just thank the Lord / Yeah yeah yeah People get ready / For the train to Jordan / Picking up passengers / From coast to coast / Faith is the key / Open the doors and board them / There's room for all / Among the loved and lost Now there ain't no room / For the hopeless sinner / Who hard on mankind / Just to save his own / Have pity on those / Whose chances are thinner / Cause there's no hiding place / From the Kingdom's Throne O people get ready / There's a train a‐coming / You don't need no baggage / You just get on board / All you need is faith / To hear diesels a‐ humming / You don't need no ticket / You just thank the Lord / Yeah yeah yeah I'm getting ready / I'm ready yeah yeah yeah / O I'm getting ready oh – o / I'm ready yeah Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
„Zurück zu mir“ (Katrin Wulff, 2009) Ich schliesse die Augen und werd langsam ruhig / Ich muss hier anhalten, das Thema ist durch / Zu viel gewollt und gelebt und getan / Zu viele Menschen, zu viel verplant Gut funktioniert, doch nichts mehr gespürt / Körper und Seele zu oft überhört / Die Maschine ist müde, der Akku längst leer / Ich muss hier anhalten, ich werde heimkehr’n Refrain: Ich will zurück zu mir / Klopfe sanft an meine Tür / Und ich frag wie geht es dir / du warst lange nicht mehr hier / Und ich will zurück zu mir / Öffne langsam meine Tür / Und ich glaube ich bleibe hier / Bei mir... Der Kampf ist vorbei und ich hab akzeptiert / Ich werd meine Grenzen nicht mehr ignorieren / Der Fels in der Brandung wackelt zu sehr / Ich muss hier umschwenken, ich werde heimkehr’n Refrain: Und ich will zurück zu mir … Wofür‐halten wir das Tempo bis wir einfach nicht mehr können / Wofür‐wollen wir den Schein bewahren und immer alles hinbekommen / Wofür‐sagen wir immer ja obwohl wir eigentlich nein meinen / Wofür wofür...? Refrain: Und ich will zurück zu mir … Now behold the Lamb (Gospel) Now behold the Lamb / the Precious Lamb of God / born into sin that I may live again / the Precious Lamb of God (2x) Holy is the Lamb / the Precious Lamb of God / Why You love me so, Lord / I shall never know / the Precious lamb of God (2X) Now behold the Lamb / the Precious Lamb of God / Born into sin that I may live again / He's the precious Lamb of God / When I always didn't do right / I went left when he told me to go right / Now I’m standing right here in the mist of my tears / Lord I thank you for being the lamb of God holy. Thank You for the Lamb / the Precious Lamb of God / Because of Your grace / I can finish this race / the Precious Lamb of God Even when I broke Your heart / It was my sins that tore us apart / But I'm standing right here / in the midst of my tears / I claim You to be the Lamb of God / Predigt von Pastor Frank Engelbrecht
New life can begin (yeah), / for You washed away, washed away every one of my sins / Whom the Son sets free, is truly free indeed / I claim You to be the Lamb of God Now behold the Lamb / the Precious Lamb of God / born into sin that I may live again / the Precious Lamb of God (2x) Why You love me so, Lord / I shall never know / Why You love me so, Lord / I shall never know / Why You love me so, Lord / I shall never know / the Precious Lamb of God Why You love me so, Lord / I shall never know / the Precious Lamb of God You love me, Jesus / You died for me, Jesus / You shed your blood for me, Jesus On Calvary. „Revelation yellowjackets“ I can remember the time / When I was at church all day / And I wondered what my friends / used to think / Used to think about me. / Can you remember the time / When service it seemed like it lasted so very long / If I knew what I know now / I would have stayed all day. / Come take me back / Where I come from / Haven't you heard that / Revelation is here / I'm so glad this revelation is here / I'm so glad this revelation is here. 

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