3·2012 - Brückner Maschinenbau

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3·2012 - Brückner Maschinenbau
E 12044
23. Jahrgang · Mai 2012
3·2012
Flexo Tief
Druck
Internationale technische
Fachzeitschrift für
Flexo- und Verpackungs-Tiefdruck
www.flexo-tief-druck.de
Eine G&K TechMedia Publikation
Made in Germany
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Über den aktuellen Stand der Barrierefolien für Verpackungsanwendungen
SUSANNA STOCK
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»Höher, schneller, weiter« - hinsichtlich der Entwicklung leistungsstarker Barrierefolien für Lebensmittelanwendungen wird ein ganzes Bündel unterschiedlichster Forderungen aus der Lieferkette gestellt. Ob Extrusion, Gießen, Recken, Beschichten oder Laminieren/Kaschieren, auf
verschiedenen Wegen schlagen Maschinenhersteller neue Wege ein, um
die Leistungsprofile von Verpackungsfolien zu optimieren. Für die angestrebten Ziele – längere Haltbarkeit von Lebensmitteln und mehr Sicherheit für Produkt und Verbraucher – entwickeln Material- und Maschinenhersteller wie auch Converter ständig neue Konzepte. Der
Kampf gegen Wasserdampf, Sauerstoff, Aromaverlust, Verderb durch
Lichteinflüsse etc. ist in vollem Gange und Begriffe wie »Ultrahochbarriere«, »Nanobeschichtung« sowie »funktionelle Barriere« kursieren
weltweit.
2004: Eine »funktionelle Barriere
aus Kunststoff«, besteht danach aus
einer oder mehreren Schichten
Kunststoff und stellt sicher, daß das
Material oder der Gegenstand im
fertigen Zustand Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des
Europäischen Parlaments und des
Rates und der Kunststoffrichtlinie
entspricht [2].
In Analogie zur funktionellen
Barriere innerhalb eines Materials
oder Gegenstands läßt sich deren
Konzept auf ein gesamtes Verpakkungssystem erweitern. Dazu ist es
sinnvoll, ein Verpackungssystem
als konzentrischen Mehrlagenaufbau zu betrachten, dessen einzelne
Lagen sich zumindest teilweise umgeben. Die jeweiligen Materialien
sind dabei teilweise nicht in direktem Kontakt miteinander, sondern
es befindet sich gegebenenfalls Luft
bzw. Gas dazwischen. Die Rahmenverordnung (EG) Nr. 1935/2004 gilt
or diesem Hintergrund sind Investitionsentscheidungen für
Hersteller und Verarbeiter von Folien nicht einfach. Dennoch verzeichnen die einschlägigen Maschinenbauunternehmen derzeit sehr
gute Verkaufserfolge, vor allem in
Asien.
Forderungen
von allen Seiten
Der Darstellung verschiedener Lösungsansätze wird zunächst eine
Begriffsdefinition vorangestellt,
entnommen aus einem von Dr. RAINER BRANDSCH verfaßten InnoLetter
des Beratungsunternehmens Innoform Consulting aus dem Jahr 2011,
in dem das aktuell gültige Recht zitiert wird [1]. Dabei handelt es sich
um die vierte Änderungsrichtlinie
2007/19/EG (Artikel 7a) der Kunststoffrichtlinie 2002/72/EG und die
Rahmenverordnung (EG) Nr. 1935/
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Freie Journalistin, Düsseldorf/D.
Sauerstoff-Durchlässigkeit (cm3/m2 dbar;
23 °C/50% relative Luftfeuchtigkeit)
Abbildung 1:
Sauerstoff- und Wasserdampfbarrierewerte. Das
Spektrum sogenannter
Barrierematerialien ist
groß und ihre Wirksamkeit weicht um etliche Faktoren voneinander ab. In
technischen Einsatzgebieten werden weitaus höhere Anforderungen gestellt
was sich entsprechend auf
die Bezugspreise auswirkt. (Quelle: Fraunhofer
Institut IVV)
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entsprechend Artikel 1 für Materialien und Gegenstände, einschließlich aktiver und intelligenter Materialien und Gegenstände mit Lebensmittelkontakt, die als Fertigerzeugnis
– dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, oder
– bereits mit Lebensmitteln in Berührung sind und dazu bestimmt
sind, oder
– vernünftigerweise vorhersehen
lassen, daß sie bei normaler oder
vorhersehbarer Verwendung mit
Lebensmitteln in Berührung
kommen oder ihre Bestandteile
an Lebensmittel abgeben [1].
Mit einschlägigen Sperrschichtmaterialien, allen voran den Aluminium-basierten, aber auch EVOH,
PA oder PET und metallisierten Folien sowie den verschiedensten
Polymerkombinationen in Mehrschichtfolien gibt es seit Jahren zuverlässige und beherrschbare Konzepte für Barrierefolien. Doch mit
dem zunehmenden Verlangen der
weltweiten Lebensmittelindustrie
wie auch des Handels, die CO2Bilanz von Unternehmen zu optimieren, sind auch Verpackungslösungen gefordert, die zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beizutragen oder nachwachsende Rohstoffe zu verwenden.
Darüber hinaus trägt der Kostendruck ein Übriges dazu bei,
nach neuen Lösungen zu suchen,
die mehr Leistung zu verbesserten
Kosten bieten und umweltrelevante
Optimierungen bieten. Daher verspricht sich die Lieferkette durch
den Verzicht auf Aluminium eine
verbesserte CO2–Bilanz und das Ersetzen teurer Sperrschichtmaterialien wie EVOH soll die Kostenstruktur verbessern. Außerdem ist der
sparsamere Einsatz von Rohstoffen
ein genereller Wunsch in der ge-
Anspruch und Wirklichkeit
V
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[1] BRANDSCH, Dr. RAINER; Funktionale
Barriere von Kunststoffen; Welche
Kunststoffe haben ausreichende funktionelle Barriereeigenschaften, um die
Migration von Kontaminanten wie z.B.
Mineralöl ins Füllgut zu verhindern;
InnoLetter Januar 2011.
[2] Richtlinie 2002/72/EG der Kommission vom 6. August 2002 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die
dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in
Berührung zu kommen.
Ultra-Barrierefolie für
technische Applikationen
Wasserdampf-Durchlässigkeit
(g/m2d; 23 °C/85% relative Luftfeuchtigkeit)
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Bestes Ergebnis was
bisher erzielt wurde
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Linien-Typen
Breite der Produktionslinie (m)
Dickenspektrum (µm)
Max. Geschwindigkeit (m/min)
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PP
4–10,4
4–60
525
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PET
3–8,7
2–200
450
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PA
3–5,1
10–30
200
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PS
2,7–4,2
25–800
200
Abbildung 2: Leistungsdaten biaxialer Reckanlagen.
(Quelle: Brückner).
wobei die verfügbaren Ausstoßleistungen mit über 6 to/h
zu den höchsten in der Kunststoffindustrie gehören. Anlagenbreiten bis 10,4 m und Produktions-Geschwindigkeiten
bis 525 m/min stellen dabei inzwischen den aktuellen Stand
der Technik dar (Abbildung 2).
Neben der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens ist auch der
Veredelungsprozeß durch die
damit verbundene Steigerung
aller für Verpackungsfolien
wichtigen Charakteristika relevant. Denn durch die Technologie des biaxialen Verstreckens
von Kunststoff-Folien und der
damit verbundenen Ausrichtung der Moleküle wird eine
deutliche Steigerung mechanischer, optischer und auch von
Barriere-Eigenschaften erzielt
(Abbildung 3).
Die am Beispiel von BOPP
aufgezeigten
Barrierewerte
sind für Wasserdampf (WVTR)
hervorragend, jedoch bezüglich
Sauerstoff (OTR) für einige Verpackungsanwendungen noch
nicht ausreichend und können
als Ausgangsbasis für weitere
Steigerungen dienen. Diese bezieht sich sowohl auf transparente wie opake Verpackungen,
zu denen auch metallisierte Folien gehören.
samten Lieferkette.
Insgesamt wird den Foliensubstraten für Lebensmittelverpackungen weiteres Wachstum
vorausgesagt. Dabei reichen die
Anwendungsbereiche von Tiefkühlkost über gekühlte bis hin
zu ungekühlt haltbaren Produkten. Diese Tendenz wird
durch Bestrebungen zusätzlich
verstärkt, klassische Konserven
(Glas oder Metall) zunehmend
durch Beutel bzw. tiefgezogene
oder thermogeformte Schalen
einschließlich Deckelmaterial
zu ersetzten. Abbildung 1 zeigt,
um wie viele Faktoren die Barrierewirkungen heute bekannter Materialien gegenüber Sauerstoff und Wasserdampf variieren.
Biaxial gereckte Folien
Die Firma Brückner in Siegsdorf/D ist seit Jahren auch im
Bereich der Recktechnologie
aktiv. Am Beispiel biaxial gereckter PP-Folien wird deutlich,
daß durch geeignete Strukturen
und Materialkombinationen
auch vergleichsweise kostengünstige BOPP-Folien mit guten Barriereeigenschaften ausgestattet werden können, besonders hinsichtlich Wasserdampf und Sauerstoff. So lassen sich mit coextrudierten
Reckfolien sowohl transparente
als auch metallisierte HochBarrierefolien herstellen.
BOPP-Folien werden heute
auf hochproduktiven Anlagen
mit vergleichsweise niedrigen
Produktionskosten produziert,
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Transparente BOPPHochbarriere-Folien (HB)
Um die Sauerstoff-Barriere von
BOPP-Folien zu steigern, ist die
Kombination des Basispolymers PP mit anderen, bessere
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Abbildung 3:
Eigenschaftsverbesserungen von CPP und BOPP
durch biaxiales Verstrekken. (Quelle: Brückner)
OTR-Werte aufweisenden Kunststoffen notwendig. Dies wird durch
Co-extrusion und anschließender
gemeinsamer Verstreckung erreicht. Als Barrierematerial hat sich
EVOH bestens bewährt, da es neben
der Sauerstoffbarriere auch eine
hervorragende Transparenz gewährleistet und die gemeinsame
Verstreckung mit PP erlaubt. Diese
EVOH-Schicht muß mit entsprechenden Haftvermittlern mit dem
PP verbunden werden. Da in den
meisten Fällen auch gute Siegeleigenschaften gewünscht werden,
sind auf den Außenschichten Copolymere vorzusehen, wodurch
sich bei einem symmetrischen Aufbau der Folie somit eine 7-LagenStruktur ergibt. Mit dieser Struktur
wurden auf der Brückner-Pilotanlage sowohl mit sequentieller als
auch simultaner Recktechnologie
transparente Barrierefolien hergestellt (Abbildung 4).
Brückner hat festgestellt, daß
mit simultaner Verstreckung alle
verfügbaren EVOH-Typen verarbeitet werden können während bei
sequentieller Verstreckung nur
EVOH–Typen mit höheren EthylenAnteilen in Frage kommen. Der
Ethylen-Gehalt hat Auswirkungen
auf das Reckverhalten wie auch auf
die Sauerstoffbarriere. Ein höherer
Ethylen-Anteil im EVOH bewirkt
ein besseres Orientierungsverhalten
der Folie, schwächt aber ihre Barriere-Wirkung gegenüber Sauerstoff. Bei simultaner Verstreckung
können mit extrem dünnen EVOHSchichten (etwa 1,5 µm) mit niedrigem Ethylenanteil schon Hochbarriere-Eigenschaften mit einem
OTR-Wert von <1,5 cm3/m2 dbar er-
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Zugfestigkeit
Reißdehnung
Trübung
Mechanische Eigenschaften
Glanz
WVTR
Optische Eigenschaften
OTR
Barriere Eigenschaften
Abbildung 4:
Transparente 7-Lagen
Barriere-Folie, simultan
verstreckt.
(Quelle: Brückner).
Einsatzmöglichkeiten
Eigenschaften
3
2
● Hochbarriere: OTR 1,2 cm /m dbar
● (23 °C/50% r.h.)
● Transparenz
● Siegelbarkeit
zielt werden. Wie das Unternehmen
erklärt, ermöglichen es neuere Rohstoffe, auch bei sequentieller Verstreckung ausreichend hohe OTRWerte zu erzielen. So wurden
EVOH-basierte BOPP-Barrierefolien mit dünner EVOH-Schicht
(etwa 3–4 µm) hergestellt, die Barrierewerte gegenüber Sauerstoff
von ≤ 10 cm3/m2/Tag erreichen. (Der
Anteil des Ethylens im EVOH betrug
38%). Die Folien sind damit geeignet für Anwendungen als Deckelmaterial oder für die Schalenherstellung.
Wie Brückner erläutert, eignet
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sich dieses Konzept damit auch für
Nachrüstungen vorhandener Anlagen. Dabei kommen insbesondere
ältere Anlagen in Frage, deren Ausstoßleistung nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entspricht
und die Produktion von 3-Schichten-Standard-BOPP-Folien daher
ansonsten ökonomisch nicht mehr
sinnvoll durchzuführen wäre.
Metallisierte BOPPUltra-Hochbarriere-Folien
(UHB)
Die Barriere-Eigenschaften von
Kunststoff-Folien lassen sich
grundsätzlich durch eine Metallisierung als weiteren Veredelungsschritt verbessern und die Auswahl
spezieller Oberflächen-Schichten
dadurch noch weiter steigern. So
konnte an der Brückner-Pilotanlage nachgewiesen werden, daß
eine Sauerstoffbarriere von 0,2 cm3/
m2 dbar durch die Synergie eines
dünnen Barriere-Polymers mit der
Metallisierung erreichbar ist. Hierzu
wird ein 5-Schicht-Aufbau als Folienstruktur verwendet, mit der sich
neben hervorragender Barrierewirkung auch eine gute Siegelfähigkeit
erreichen läßt (Abbildung 5).
Damit sind UHB-Folien für Ver○
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packungsaufgaben geeignet, bei
denen bisher wegen der notwendigen Barriereanforderung Aluminiumfolien zum Einsatz kamen. Das
ist nicht nur eine wirtschaftlichere
Lösung, sondern stellt auch bezüglich der CO2-Bilanz eine deutlich
bessere Alternative dar, da BOPPUHB-Folien im Vergleich zu Aluminium-Folien etwa 75% der CO2Emissionen einsparen.
Produktionskosten senken
Für die Zukunft sieht Brückner
Möglichkeiten, die Kosten der Folienherstellung noch weiter zu reduzieren, indem auf die Kaschierung/Laminierung völlig verzichtet
wird. Heute übliche Verfahren zur
Herstellung von Verbundfolien benötigen mehrere Arbeitsschritte
wie:
– Extrusion der Trägerfolie (z.B.
BOPP, BOPET, BOPA),
– Metallisierung der Trägerfolie,
– Extrusion der Siegelschicht (z.B.
PP, PE),
– Laminierung der Siegelschicht
auf die Trägerfolien (duplex/
triplex).
Um eine konsequente Verbesserung der Kostenstruktur zu erreichen, wäre es nach Einschätzung
von Brückner vorteilhaft, nicht nur
Material durch Dickenreduzierung
zu sparen, sondern eine Barrierefolie zu erzeugen, die alle geforderten Eigenschaften wie Barrierewerte, mechanische Eigenschaften sowie Siegeleigenschaften aufweist
und in einem durchgängigen Extrusionsprozeß mit anschließender
biaxialer Orientierung (simultanes
Recken) entsteht. Dieser integrierte
Prozeß erlaubt Einsparungen von
über 40%, beispielsweise bei einer
Verpackung für Erdnüsse, wobei
sich der Vergleich auf ein Triplex-
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Laminat (BOPET 12 µm/BOPETmet
12µm/PE-LD 50 µm) gegenüber einem 7-Schicht-BOPP-EVOH-Verbund (20 µm) mit BOPE-LLD (30
µm) bezieht. Somit stehen 76 µm
Gesamtdicke einer von 50 µm im
Endprodukt gegenüber und statt
eines Triplex-Compounds mit zwei
Laminiervorgängen wird nur ein
Prozeßschritt benötigt. In der Summe, so Brückner, stehen Kosten von
etwa EUR 198/1000 m2 für den Triplexverbund denen von nur etwa
EUR 100/1000 m2 für die 7-Schichtfolie gegenüber. Darüber hinaus is
auch in diesem Beispiel ein deutlicher Vorteil für die CO2-Bilanz
nachweisbar.
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Abbildung 5:
Metallisierte BOPP Ultrahoch-Barrierefolie (UHB).
(Quelle: Brückner)
Eigenschaften
– Hervorragende Gas- und Aroma● Barriere,
– OTR: 0,2 cm3/m2dbar,
– WVTR: 0,3 g/m2d.
Einsatzmöglichkeiten
Beschichtungen im
nanoskaligen Bereich
Die bereits mehrfach angesprochene Form der Beschichtung im nanoskaligen Bereich ist in vielerlei Hinsicht erfolgversprechend, auch
wenn es sich anwendungsspezifisch
durchaus rechnen kann, auf Coatingverfahren zu verzichten. Anders
als bei den klassisch notwendigen
Sperrwirkungen gegenüber Sauerstoff oder Wasserdampf, die haltbare Lebensmittel in unterschiedlichem Maß erfordern, bewirken
Oberflächenbeschichtungen interessante zusätzliche Eigenschaftsprofile der Verpackungsfolien. Die
Nanotechnologie ist in diesem Zusammenhang schon seit einiger Zeit
in Fachkreisen viel diskutiert worden. So auch anläßlich des BMBFBranchendialogs »NanoPackaging«
während der Verpackungsleitmesse
INTERPACK im Mai 2011.
In der Ankündigung der Veranstalter (VDI-ZTC Zukünftige Technologien Consulting, Düsseldorf)
hieß es: »Nanotechnologien und
»Neue Materialien« sind Innova-
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tionstreiber für die Entwicklung intelligenter und multifunktionaler
Verpackungen. Das Anwendungsspektrum reicht von verbesserter
Barriere- und Schutzfunktion über
neuartige Sicherheitsmerkmale für
den Fälschungsschutz bis hin zu
Smart Labels für intelligente Verpackungen der Zukunft.« Wie Dr.
WOLFGANG LUTHER im Namen des
VDI-ZTC ausführte, nahmen das
Informationsangebot etwa 80 Teilnehmer aus Industrie, Wissenschaft
sowie Behörden wahr. Auf sein persönliches Fazit der Veranstaltung
wie auch den dort geführten Diskussionen angesprochen, resümierte er, daß bei einer stimmigen Kostenstruktur großes Interesse an nanobeschichteten Materialien, speziell für Lösungen mit größerer Sicherheit für Lebensmittel, besteht.
In diesem Zusammenhang stehen
jedoch nicht nur bessere Barrierefunktionen von Verpackungen im
Vordergrund, sondern es wird auch
der Restentleerbarkeit (Beispiel Ketchup-Flaschen) große Bedeutung
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beigemessen. Darüber hinaus war
auch der Produkt- und Fälschungsschutz mit Hilfe neuer Sicherheitsmerkmale ein Thema. Diskutiert
wurde schließlich nicht nur über die
Chancen, sondern auch über künftige Herausforderungen der Nutzung von Nanotechnologien, etwa
über regulatorische Einschränkungen für Nanozusätze in Lebensmittelverpackungen.
Letztere Stichworte griff Prof.
Dr. HORST-CHRISTIAN LANGOWSKI,
Fraunhofer Institut IVV, Freising/D,
in seinem Vortrag auf. Er zitierte
u.a. die EU-Verordnung Nr. 10/2011
der Kommission vom 14. Januar
2011 (PIM Plastics Implementation
Measure): »Mit Hilfe neuer Technologien werden Stoffe in Partikelgröße, z.B. Nanopartikel, hergestellt, die wesentlich andere chemische und physikalische Eigenschaften haben als Stoffe, mit größerer
Struktur. Diese Eigenschaften können zu anderen toxikologischen
Charakteristika führen und deshalb
sollten diese Stoffe durch die Behörde einer Risikobewertung auf Einzelfallbasis unterzogen werden, bis
mehr Informationen über die betreffende neue Technologie vorliegen. Daher sollte klargestellt werden, daß Zulassungen, die auf
Grundlage der Risikobewertung der
konventionellen Partikelgröße eines Stoffes erteilt wurden, nicht für
künstlich hergestellte Nanopartikel
gelten« (Einleitung, Ziffer 23).
Diese rechtliche Haltung in der
EU läßt viele Fragen offen. Prof. Dr.
LANGOWSKI wies in seinem Vortrag
auch darauf hin, daß laut Angaben
des BUND derzeit schätzungsweise
400 bis 500 Nano-Verpackungen
auf dem Markt seien (auf Deutschland und Lebensmittelverpackungen bezogen). Im nächsten Jahrzehnt
wird eine Verbreitung von Nano-
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materialien in 25% aller Verpakkungen erwartet. Zur Verlängerung
der Haltbarkeit würden nanoskaliges Titanoxid sowie SiOx verwendet. Für die Ausstattung von
Verpackungen mit antibakteriell
wirksamen Substanzen würden Nano-Silber oder Nano-Zinkoxid verwendet, so der BUND weiter.
Der Referent zieht aus der beruflichen Perspektive und Erfahrung
eine ernüchternde Zwischenbilanz:
– Die derzeitige Anwendung der
Regelungen und ihre Auslegung
erfolgen zurückhaltend.
– Nanomaterialien werden de facto auf die gleiche Ebene gestellt
wie mutagene, karzinogene oder
reproduktionstoxische Substanzen.
– Es gibt derzeit sehr wenige Anträge auf Zulassung von Nanomaterialien (Abbildung 6).
Unter Berücksichtigung der
Grundfunktionen von Verpackungen wie der rechtlichen Rahmenbedingungen für Nanobeschichtungen geht Prof. Dr. LANGOWSKI davon
aus, daß dünne Barriereschichten
(anorganische Schichten, Lacke mit
Nanopartikeln) den größten Forschungsbedarf und die größten Erfolgsaussichten unter Aspekten der
Marktrelevanz aufweisen. Ihre
Hauptaufgaben werden Defektfreiheit und Schichthaftung sein, um
jede negative Beeinflussung von
Füllgut und/oder Konsument zu
verhindern. Er schlußfolgert, daß in
derzeitigen Verpackungsanwendungen mit Nanotechnologie gute
Verbesserungen der Barriereeigenschaften erreicht würden, aber keine »wesentlich anderen chemischen
und physikalischen Eigenschaften«.
Erfahrungen mit dieser Technik
werden bereits seit Jahrzehnten gesammelt, aber vor dem Erreichen
großer Marktvolumina sind Steige-
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rungen der Funktionalität notwendig. Die meisten in der Öffentlichkeit zitierten Anwendungen der Nanotechnologie im Verpackungsbereich existieren so gar nicht. Darüber hinaus verlangen die Einstellungen der Öffentlichkeit sowie die
geltenden Regelungen nach einem
sehr sorgfältigen Umgang mit der
Thematik. Daten über Diffusion und
Freisetzung von Nanopartikeln aus
Polymeren fehlen weitgehend.
Theoretische Abschätzungen lassen
zwar auf extrem niedrige Freisetzungsraten schließen, aber eine experimentelle Verifikation der Modelle steht noch aus.
Interessantes
Marktpotential
Trotz aller Unsicherheit, wie sie sich
speziell in Deutschland und Europa
mit Blick auf den Stand der Forschung wie auch der politischen
Regelungen ergibt, scheint ein weiteres Wachstum nanobasierter Verpackungslösungen nicht aufzuhalten zu sein. Die Marktforschungsfirma iRAP Inc gibt in einer Studie
an, daß nanobasierte Lebensmittelund Getränkeverpackungen inner-
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Abbildung 6:
Lebensmittel stellen sehr
unterschiedliche Anforderungen an die Verpakkung. Speziell haltbar
gemachte Produkte reagieren verschieden auf die
Einflüsse von Wasserdampf oder Sauerstoff.
(Quelle: Fraunhofer IVV)
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halb der nächsten Jahre ein Volumen von über USD 7 Mrd. (2008:
USD 4,13 Mrd.) erreichen werden.
Das jährliche Wachstum liegt laut
Studie bei etwa 11,65%, wobei dort
unterschieden wird zwischen »aktiven Verpackungen«, »intelligenten
Verpackungen« sowie »Verpackungen mit kontrollierter Barriere«, die
jeweils in speziellen Bereichen zum
Einsatz kommen. Die entsprechenden Stichworte lauten Sauerstoffscavenger, Feuchtigkeitsabsorber
sowie Zeit-/Temperatur-Indikatoren.
Die Entwicklungen in Asien,
Amerika und Europa verlaufen
durchaus uneinheitlich. In den Seg-
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menten Bäckerei- bzw. Fleischprodukte und Bier (Sauerstoffscavenger) wurden bereits in den USA, Japan und Australien nennenswerte
Mengen aktiver Verpackungen realisiert. In Europa konstatiert die
Studie die heftigste »Gegenwehr«
nanobasierten Verpackungslösungen gegenüber; hier soll aber das
Projekt »Actipack« in naher Zukunft zu mehr Aufklärung beitragen.
Parallel zu den Wachstumspotentialen im Lebensmittelsektor erwartet iRAP auch im Markt für
Pharmaverpackungen deutliche
Impulse für nanobasierte Verpakkungen. Für diesen Bereich sagt
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Welche Food-Segmente benötigen wirklich
neue, höhere Barriereleistungen und was ist
der bisherige Stand der Dinge?
Dr. JOHANNES BERGMAIR: Eigentlich sind es ohnedies die Food-Segmente, die jetzt schon Barriere brauchen. Prinzipiell steht immer die Frage der Lebensmittel-Sicherheit, ihre Qualität
bzw. der Wunsch nach längeren Haltbarkeiten
dahinter. Somit bedingt eine höhere Barriere bei
definierter Haltbarkeit eine höhere Qualität (1)
oder bei gleicher Qualität eine längere Haltbarkeit (2). Bei (1) ist die Frage, ob der Kunde diese
bessere Qualität überhaupt anerkennt und bereit ist, mehr dafür zu bezahlen. Punkt (2) ist
eine ständige Forderung des Handels und teilweise auch der Konsumenten, obwohl die Gleichung: »Länger haltbar = frischer« ein Trugschluß ist, der aber im Verkauf durchaus Wirkung zeigt. Bei verschiedenen Verpackungssystemen ist aktuell ein gewisser Nachholbedarf festzustellen. So stehen derzeit beispielsweise die Spritzgußunternehmen untereinander in Konkurrenz, wer als erster ein vernünftiges Barrierekonzept für Produkte wie Eimer,
Dosen oder Becher auf den Markt bringt, was im
Spritzguß technisch durchaus nicht einfach ist.
Liegt die Lösung von Haltbarkeitsproblemen
immer im Barriereprofil von Verpackungen?
Dr. JOHANNES BERGMAIR: Nein, denn entscheidend ist die Ausgangsqualität der Lebensmittel. Die Verpackung kann nicht nachträglich
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eine weitere Studie ein Marktvolumen von etwa USD 8 Mrd. bis 2014
voraus.
Aktuell hat in Deutschland der
Sachverständigenrat für Umweltfragen ein umfangreiches Sondergutachten zur Nano-Thematik vorgelegt, in dem »Vorsorgestrategien
für Nanomaterialien« beschrieben
werden. Die Wissenschaft ist sich
einig: Es besteht noch viel Forschungsbedarf hinsichtlich der zu
erwartenden Umweltbelastungen
oder Einflüsse auf die menschliche
Gesundheit, wenn zunehmend Produkte mit Nanopartikeln konsumiert werden.
■
Nachgefragt: Barriere um jeden Preis?
Im Gespräch mit Dr. JOHANNES BERGMAIR, Leiter Life
Science-Lebensmittel, Verpackung, Pharma,
Medizinprodukte, der ofi Technologie & Innovation GmbH, Wien/A, einem Tochterunternehmen des ofi Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik, geht es um die Sicht
des Wissenschaftlers und Begleiters neuer Verpackungstechnologien und seine Einschätzung, welche Leistungssteigerungen mit Barrierefolien in absehbarer Zeit vom Markt nachgefragt werden,
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steht hier in Kombination mit sinnvoller Energienutzung ein gutes Konzept.
Qualität, also auch Haltbarkeit, schaffen, die
ursprünglich nicht vorhanden war. Es gibt eine
Vielfalt funktionstüchtiger Barrierekonzepte
für Folien und wir sind in der Lage, das Ausmaß
der Permeabilität von Substanzen wie Sauerstoff, Wasserdampf oder Kohlendioxid durch
entsprechende Messungen genau zu bestimmen. Jedoch wissen wir noch sehr wenig darüber, wieviel Sauerstoff ein Füllgut überhaupt
verträgt, ab wann es zur Schädigung und in
welchem Ausmaß kommt sowie ab wann der
Konsument dies überhaupt bemerkt.
Am Fraunhofer Institut IVV in Freising/D
wurden zwar einige Werte für Produkte wie Bier,
Wein, Käse oder Ketchup ermittelt, entsprechende Ergebnisse für komplexere Lebensmittel liegen jedoch noch nicht vor. Das Institut
unternimmt aktuell wieder den Versuch, die
Sauerstoffempfindlichkeit von Lebensmitteln
genauer und umfassender zu bestimmen, doch
aus eigener Erfahrung weiß ich, daß es sehr
schwierig ist, die entsprechende und auch benötigte finanzielle Unterstützung seitens der
Industrie hierfür zu erhalten.
Welche Biofolien sind heute schon als Barrierefolien zu bezeichnen?
Dr. JOHANNES BERGMAIR: Nicht viele. Die Cellulosefolien wie beispielsweise Natureflex haben
überraschend gute Barrierewerte. Darüber hinaus gibt es die Konzepte mit anorganischen Beschichtungen wie beispielsweise SiOx oder AlOx
von PLA. Grundsätzlich sind gute Fortschritte
erkennbar, jedoch ist der Kostenfaktor noch ein
Hindernis für viele Anwendungsbereiche.
Bedeutet die Herstellung von Folien mit 9, 12
und mehr Lagen gleichzeitig auch die Entstehung neuer Probleme?
Dr. JOHANNES BERGMAIR: Aus meiner Sicht ist
dieses Szenario nicht kritisch. Zwar stimmt es,
daß mehr Schichten theoretisch auch eher das
Problem der Delamination verursachen könnten, aber das ist technisch lösbar. Andererseits
bedeuten mehr Schichten auch, daß eine kompliziertere Situation hinsichtlich der Migration
entstehen kann, da mehr migrationsfähige Substanzen vorhanden sind. Aber auch das ist lösbar. Damit bleibt noch der vielfach zitierte ÖkoNachteil, daß Verbundmaterialien schlecht bis
gar nicht stofflich recycelbar seien. Das ist aber
ein eher auf Zentraleuropa (speziell Deutschland und wenige andere Länder) zugespitztes
politisches Thema. Da in der Regel jedoch die
thermische Verwertung praktiziert wird, be-
Halten die Industrieversprechen den Überprüfungen im Labor stand?
Dr. JOHANNES BERGMAIR: Im Großen und Ganzen
schon. Aber es gibt auch immer wieder Überraschungen im Bereich der »üblichen Verdächtigen« wie beispielsweise Beschädigungen an
der Beschichtung oder auch Risse in der Barriereschicht der Kanten bzw. Eckenverläufe
thermogeformter Verpackungen. Doch es ergeben sich auch für uns immer wieder neue Erkenntnisse. So sind wir aktuell mit einem Fall
konfrontiert, bei dem durch reine Umgebungsfeuchte, also nicht durch Autoklavieren oder
ähnliches sowie ohne sichtbare mechanische
Beschädigung ein massiver Barriereverlust bei
einer EVOH-Schicht aufgetreten ist. Diese Herausforderung wird nicht die letzte sein, die in
Verbindung mit Material- und Verpackungsprüfungen auf uns zukommen wird.
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Rechtfertigen die Bemühungen um die Verbesserung von Packstoffen aus nachwachsenden
Rohstoffen jeden finanziellen Einsatz?
Dr. JOHANNES BERGMAIR: Jeden Einsatz sicher
nicht. Verpackung ist immer ein Optimum aus
vielen verschiedenen Faktoren und der finanzielle Faktor rangiert dabei sicherlich an vorderster Stelle! Aber ich glaube schon, daß die
Beschäftigung mit nachwachsenden Rohstoffen der richtige Weg ist, wenn auch kein Allheilmittel. Bei dieser Materialgruppe steht die Verbesserung der Barrierewerte ganz vorne.
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FLEXO+TIEF-DRUCK 3-2012
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