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Anmerkungen zur Dichteregulierung von Feldmäusen und Ackerschnecken bei reduzierter Bodenbearbeitung Prof. Dr. Gerhard Lauenstein, Justus-Liebig-Universität Gießen, IPAZ Feldmaus (Microtus arvalis) Besiedelungs- und Ernährungsverhalten 1. Etwa 30% der Population sind revierlose „Wanderer und Siedler“, die den Befall ausbreiten. 2. Erstbesiedelung im Bereich horstbildender Unkräuter oder in geschlossenen Bestandsteilen. 3. „Home-range“ einer Familie ca. 300 – 1000 m2. 4. Starke Bindung an Laufwege (eigentlich eine oberirdisch lebende Art). 5. Höchste während einer Massenvermehrung (auf Grünland) exakt erhobene Dichte: 5.000 Tiere/ha. 6. Feldmäuse legen aktiv ihre unterirdischen Gänge an und sind deshalb kaum auf spezielle Formen des Bodengefüges angewiesen. © Prof. Dr. G. Lauenstein Besiedelungs- und Ernährungsverhalten Zunächst werden primäre Biotope (Grabenkanten, Bermen, mehrjährige Grünlandflächen usw.) besiedelt. Sind diese durch (verteidigte) Reviere belegt, werden sekundäre Biotope (nur bedingt geeignet) besiedelt. Primärbiotop Sekundärbiotop Ackerflächen sind wegen der Bodenbearbeitung für Feldmäuse sekundäre Biotope. Sie werden zu primären Biotopen, wenn sie als Brache liegen oder auf wendende Bodenbearbeitung verzichtet wird. © Prof. Dr. G. Lauenstein Massenvermehrung und Zyklik © Prof. Dr. G. Lauenstein Massenvermehrung und Rhythmik ( Ergebnisse von Fallenfängen) Fallenbelegung in % 60 50 40 30 20 10 0 1977 1980 1983 1986 1989 fmab91.prs Tatsächlich erhobene Dichteentwicklung der Feldmäuse im Landkreis Wesermarsch (Niedersachsen) über 13 Jahre © Prof. Dr. G. Lauenstein Schäden © Prof. Dr. G. Lauenstein Schäden 1. Der durch Feldmäuse verursachte Ertragsausfall ist eine Funktion von Kultur, Befallszeitpunkt, Befallsdauer, Befallsstärke und der Kompensationsfähigkeit des Bestandes. Er kann bis zum Totalausfall gehen. Generelle „durchschnittliche“ Angaben können darum nicht gegeben werden. 2. Der von Feldmäusen verursachte wirtschaftliche Schaden lag 2006/2007 nach Buchführungsergebnissen geschätzt bei mehreren 100.000.000 .- € (BARTEN, 2008). © Prof. Dr. G. Lauenstein Peter Matthes; LLFG Sachsen-Anhalt; Dezernat Pflanzenschutz 01/2008 Bild: BEER © Prof. Dr. G. Lauenstein Schäden © Prof. Dr. G. Lauenstein Bekämpfung: Wann, wie und wo bekämpfen ? Die Möglichkeiten der Bekämpfung haben sich in einigen entscheidenden Punkten geändert: 1. Es ist gem. PflSchG nur noch zulässig, Kulturland mit rodentiziden Pflanzenschutzmitteln zu behandeln. Das lässt große Teile der Landschaft als besiedelte Biotope ungestört, von denen schnelle Wiederbesiedelungen ausgehen (Beispiele: Bracheflächen, Straßenränder, Bermen usw.). 2. Der Anteil von Flächen mit reduzierter Bodenbearbeitung bis hin zum „zero tillage“ hat insgesamt und bei regionaler Konzentration zugenommen. Der Verzicht auf tief wendende Bodenbearbeitung fördert den Befall. 3. Die Zulassungssituation ist sowohl hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Wirkstoffe/Mittel als auch hinsichtlich der zulässigen Anwendungstechniken ganz erheblich eingeschränkt worden. © Prof. Dr. G. Lauenstein Taktik der Bekämpfung: wie bekämpfen ? Möglichkeiten der Schadensminderung bei Feldmausbefall 1. „Habitat Management“ (Veränderung der Umwelt) 2. Förderung von natürlichen Gegenspielern 3. Einsatz von Rodentiziden © Prof. Dr. G. Lauenstein © Prof. Dr. G. Lauenstein Prof. Dr. G. Lauenstein Quelle: Rücknagel et al., 2008 © Prof. Dr. G. Lauenstein Aus: Rücknagel et al., 2008 © Prof. Dr. G. Lauenstein Einsatz von Mähwerken im Randbereich der Kulturflächen zur Minderung der Besiedelungswahrscheinlichkeit 2 Bilder: HERMES (2008) © Prof. Dr. G. Lauenstein „Habitat Management“ (Veränderung der Umwelt), Fazit Kernsatz 1: Es ist möglich, durch pflanzenbauliche und bearbeitungstechnische Maßnahmen den Befall und die Schadenswahrscheinlichkeit zu mindern. Kernsatz 2: Es ist genauso möglich, dass bestimmte Nutzungsformen den Lebensraum für die Feldmäuse günstiger gestalten. Jede wendende Bodenbearbeitung mit einer Tiefe von > 10 cm stellt für die Feldmäuse ein katastrophales Ereignis dar, weil die Nester und Nahrungsressourcen vernichtet werden, was jährlich zu einer Neubesiedelung vom Rand her zwingt (s.a. RÜCKNAGEL et al., 2008) . Dieser Effekt wird durch die einigen Modellen eigene Parallel-Anwendung von Totalherbiziden noch verstärkt (Vernichtung der Nahrungsressourcen). Der Wirkungsgrad der Maßnahme liegt bei ca. 70-80%. Jede Nutzungsform, die den Feldmäusen das (mehrjährige) Überleben erlaubt [Brache, Minimalbodenbearbeitung, Dauergrünland usw.] erhöht die Schadenswahrscheinlichkeit auf den Flächen und in der Umgebung sowie die Überlebensrate. Je höher der Flächenanteil von Ackerrandstreifen, Böschungen, Bermen, Brachen jeder Art ist, desto höher ist die Schadenswahrscheinlichkeit. © Prof. Dr. G. Lauenstein Taktik der Bekämpfung: wie bekämpfen ? Förderung von natürlichen Feinden (Prädatoren) Natürliche Feinde –je spezialisierter (stenophag) um so besser- üben natürlich einen Einfluss auf die Dichte der Feldmäuse aus, weil sie der Population Individuen entnehmen. Sie sind darum durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Aber: Je weiter fortgeschritten die Massenvermehrung ist, desto geringer ist der dichtemindernde Einfluss der Prädation. Die hohe Vermehrungsrate der Feldmäuse gleicht ab einem „Gleichgewichtspunkt“ in der Dichte den Verlust aus und lässt sogar noch erhebliche Dichtesteigerungen zu. Förderung von natürlichen Gegenspielern (hier Pathogenen) Der Einsatz von Krankheitserregern zu Bekämpfungszwecken ist in Deutschland seit 1936 verboten. Förderung von natürlichen Gegenspielern (hier Parasiten) In der Natur kommt bei den Feldmäusen eine Reihe von Parasiten vor, die sich aber (wie bei den Pathogenen) wegen mangelnder Spezifität nicht nutzen lassen. Sie stellen meist ( s. Fuchsbandwurm [Echinococcus granulosus]) auch eine Gefahr für Menschen dar. © Prof. Dr. G. Lauenstein Taktik der Bekämpfung: wie bekämpfen ? Direkte Bekämpfung © Prof. Dr. G. Lauenstein kurativ prophylaktisch © Prof. Dr. G. Lauenstein Prophylaktische Maßnahmen sollen die Besiedelung verhindern/verzögern. Beispiele: Aus Reimann & Götz, 2007 + Andere Formen von Köderstationen entlang der Schlaggrenzen © Prof. Dr. G. Lauenstein Taktik der Bekämpfung: wie bekämpfen ? Stand der Zulassung (15.01.2010) Taktik der Bekämpfung: wie bekämpfen ? Einsatz von Rodentiziden (Stand: 15.01.2010) Ungeklärte Fragen beim großflächigen Einsatz von „geeigneten Köderstationen“: 1. Pappe/Plastik/Holz/Metall ? (Haltbarkeit, Ökotoxikologie, Schäden an Erntemaschinen) !!! 2. Wiederaufnahme und Wiederauslegen erforderlich (Mehrfachbehandlung)? 3. Der Feldmausdichte (Abundanz) angepasste Stationendichte ? Welche? 4. Arbeitsleistung, ist großflächige Anwendung praktikabel ? 5. Ausbringungstechnik (vom Fahrzeug zu werfen/ „zu Fuß-Platzierung“) ? 6. Stellen sich unter extremen klimatischen Witterungsbedingungen auflösende Stationen ökotoxikologisch bedenkliche offen zugängliche „Häufchen“ von Ködern dar? Was geschieht bei Windverfrachtung oder Herumstoßen der Stationen durch größere Tiere? Herausfallen des Köders? © Prof. Dr. G. Lauenstein Anwendungstechniken Arbeitsleistung bei mittlerem Befall: ca. 1,5 ha/AK und Tag © Prof. Dr. G. Lauenstein Kurative Maßnahmen sollen den Befall in der Fläche tilgen/mindern. Beispiele für zulässige Anwendungstechniken 2 (hier Legeflinten): Anwendungsfehler (Bild: GÖTZ) © Prof. Dr. G. Lauenstein Was bewirkt der Winter 2009/2010 ? © Prof. Dr. G. Lauenstein Knappe Zusammenfassung • Bekämpfungsmaßnahmen sind schwer zu terminieren, sollten aber so früh wie möglich stattfinden, um den Populationsaufbau zu verhindern. Bei Herbstanwendungen besteht die Möglichkeit einer verzögerten Wirkung, weil die Köder gesammelt und eingetragen, aber zunächst nicht gefressen werden. Die Gefahr der erneuten Zuwanderung besteht immer, weshalb auch Mehrfachbehandlungen notwendig werden können. • Die für den Zweck zugelassenen Rodentizide haben 2 Wirkstoffe: entweder Chlorphacinon (Oberflächenanwendung nicht zulässig) oder Zinkphosphid (Oberflächenanwendung nicht zulässig.). Durch Probleme bei der Zulassung (auch n. §11 (2) PflSchG) sind die Möglichkeiten der Bekämpfung extrem eingeschränkt. • Die Auswirkungen der reduzierten Bodenbearbeitung richten sich nach der Dichte und der Aktivität der Feldmäuse. Bei hoher Dichte reicht die Bodenbearbeitung alleine nicht aus und muß durch gezielte Rodentizidanwendung ergänzt werden. • Auch bei reduzierter Bodenbearbeitung sollte in Zeiten sehr hoher Feldmausdichten geprüft werden, ob die Prinzipien (in Grenzen) für die Dauer der Massenvermehrung verlassen werden können. © Prof. Dr. G. Lauenstein Quelle: BBC © Prof. Dr. G. Lauenstein Ackerschnecken Genetzte Ackerschnecke (Deroceras reticulatum) © Prof. Dr. G. Lauenstein Wegschnecke (Arion ater rufus) Lebenszyklus der genetzten Ackerschnecke Fremdquelle, geändert Die Entwicklungsdauer der Schnecken ist stark temperatur- und feuchtigkeitsabhängig. © Prof. Dr. G. Lauenstein Einige Kerndaten - Die Nacktschnecken sind in besonderer Weise von der Umgebungsfeuchtigkeit abhängig. Der Körper enthält etwa 80% Wasser, die Eier etwa 85% Wasser. - Bei Verlust von > 20% Wasser sterben sowohl Eier als auch Schnecken ab. -Sie sind darum abhängig von vor Austrochnung schützenden „Verstecken“ (organische Auflage der Bodenoberfläche, Bodenrisse, unter Bodenplatten, in Bodenhohlräumen). Auch dichte Pflanzenbestände (Zwischenfrüchte, Raps) schaffen ein ausreichend feuchtes Mikroklima. - Geschlüpfte Jungtiere ernähren sich zunächst von organischem Material auf der Bodenoberfläche und Humus. Auch Alttiere können darauf zurückgreifen. Deshalb fördert ein hoher Humusanteil generell den Befall. - Die Genetzte Ackerschnecke ist bis zu Umgebungstemperaturen von 00 C aktiv. - Nacktschnecken sind nicht zu eigener aktiver Wühlarbeit befähigt. Sie sind auf vorhandene Hohlräume u.ä. angewiesen. © Prof. Dr. G. Lauenstein Schnecken verursachen den Schaden an Kulturpflanzen auf zwei Wegen: 1. Vernichtung des Embryos im Saatkorn und Fraß des Mehlkörpers bei Getreide (entscheidend). 2. Durch Fraß an oberirdischen Pflanzenteilen (weniger wichtig). © Prof. Dr. G. Lauenstein Schäden Der entstehende Schaden hängt ab: von der Toleranz (EEC) der Kulturpflanzen, der Zahl der Schnecken (Vorfrucht!) und ihrer Bewegungs- und Fraßaktivität. Die günstigsten Bedingungen für Schadfraß liegen deshalb in der Zeit Herbst/Winter jeden Jahres. © Prof. Dr. G. Lauenstein Bevorzugte Aufenthaltsorte von Nacktschnecken © Prof. Dr. G. Lauenstein Bodenphysikalische Grundlagen © Prof. Dr. G. Lauenstein Schadensminderung durch allgemeine ackerbauliche Maßnahmen a) Verringerung der Bodenhohlräume und der Pflanzenauflage (Saatfurche 2-3 Wochen v.S-, ggf. Walzen [diagonal zur Drillrichtung] mit Profilwalzen, auf leichten Böden mit Packer. Intensive wendende Bodenbearbeitung hat einen Wirkungsgrad von bis zu ca. 50%). b) Nicht zu flache Ablage des Saatguts. c) Beschleunigung der Keimung und Jugendentwicklung der Kulturpflanzen. © Prof. Dr. G. Lauenstein Bekämpfung mit Molluskiziden Der optimale Bekämpfungszeitraum bei Winterkulturen liegt in der Zeit von der Aussaat bis zum Winter. Empfohlen wird eine vorhergehende Befallsermittlung. Vorsicht bei Schwellenwerten! Die Befallserhebung ist zu ungenau. © Prof. Dr. G. Lauenstein © Prof. Dr. G. Lauenstein © Prof. Dr. G. Lauenstein Wirkstoffe in Molluskiziden Fremdquelle geändert, 2010 Nicht als Molluskizid zugelassen, aber mit positiver Nebenwirkung: 300-500 kg/ha Kalkstickstoff. © Prof. Dr. G. Lauenstein Bekämpfung von Ackerschnecken: Vergleich der Anwendungstermine (1999/2000) Durchschn. % Zunahme Zahl Pflanzen/m2 % Getreidepflanzen/m2 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Vor der Saat Nach der Saat Beidrillen Bekämpfung von Ackerschnecken: Vergleich der Wirkungsgrade (1999/2000) durchschn. % Zunahme Zahl GetrPfl/m2 50 40 30 20 10 0 Mesurol nS Skipper vS Mesurol vS Metarex vS Mesurol mS Skipper mS Skipper nS Metarex mS Metarex nS Was bewirkt der Winter 2009/2010 ? Eine allgemeine Befallsminderung, aber keine Problemlösung. © Prof. Dr. G. Lauenstein Kurzes Fazit: Nacktschnecken sind in besonderer Weise von der Umgebungsfeuchtigkeit abhängig und sehr empfindlich gegen Wasserverlust. Reduzierte Bodenbearbeitung erlaubt Schnecken in der Regel deutlich höhere Überlebensraten und erhöht damit die Schadenswahrscheinlichkeit. Maßnahmen zur Schadensminderung sind a) die Förderung des Jugendwachstums der Kulturpflanzen, b) die technische Verringerung von Bodenhohlräumen und c) die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, möglichst in Kombination. Eine Befallstilgung ist allerdings nicht möglich. © Prof. Dr. G. Lauenstein Danke für Ihre Aufmerksamkeit ! © Prof. Dr. G. Lauenstein